07/09 - Evangelische Kirchen in Erfurt
07/09 - Evangelische Kirchen in Erfurt
07/09 - Evangelische Kirchen in Erfurt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EVANGELISCHES MINISTERIUM 4<br />
Das <strong>Erfurt</strong>er Gremium<br />
besteht fast 500 Jahre<br />
Prof. Dr. Karl He<strong>in</strong>emeyer<br />
Der KKR stellte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sitzung vom<br />
26.5.08 den Antrag an die Föderationssynode<br />
der EKM und an die Teilkirchensynode<br />
der KPS, dass der Status des <strong>Evangelische</strong>n<br />
M<strong>in</strong>isteriums zu <strong>Erfurt</strong> <strong>in</strong> der<br />
neuen Verfassung unberührt bleibt. Zu<br />
diesem Beschluss schreibt Universitätsprofessor<br />
Dr. Karl He<strong>in</strong>emeyer folgende<br />
Stellungnahme.<br />
Das <strong>Evangelische</strong> M<strong>in</strong>isterium zu <strong>Erfurt</strong><br />
entstand <strong>in</strong> den ersten Jahren der Reformation.<br />
Bereits 1523 oder 1524 traten <strong>in</strong><br />
der kurma<strong>in</strong>zischen Stadt die der Lehre<br />
Mart<strong>in</strong> Luthers folgenden Pfarrer erstmals<br />
zu e<strong>in</strong>em Collegium m<strong>in</strong>istrorum zusammen.<br />
Die m<strong>in</strong>istri verbi div<strong>in</strong>i schufen mit<br />
diesem Konvent e<strong>in</strong> Gremium zur Leitung<br />
der evangelischen Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der<br />
Stadt. Schon 1524 veröffentlichte das<br />
Collegium mit dem <strong>Erfurt</strong>er Enchiridion<br />
das erste evangelische Gesangbuch;<br />
1525 errichtete es die erste deutschsprachige<br />
<strong>Erfurt</strong>er Gottesdienstordnung für die<br />
evangelischen Geme<strong>in</strong>den und teilte es<br />
die Stadt <strong>in</strong> neue, größere Pfarrsprengel,<br />
die erheblich von der ehemals sehr kle<strong>in</strong>teiligen<br />
Pfarre<strong>in</strong>teilung der vorreformatorischen<br />
Zeit abwichen.<br />
Seit dem Augsburger Religionsfrieden<br />
(1555) nannte sich das Gremium regelmäßig<br />
„<strong>Evangelische</strong>s M<strong>in</strong>isterium Augsburgischer<br />
Konfession“. Mit der Leitung<br />
und Aufsicht über die evangelischen Geme<strong>in</strong>den<br />
der Stadt, zu denen bald auch<br />
die des <strong>Erfurt</strong>er Landgebietes e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Stadt Sömmerda kamen, besaß<br />
das <strong>Erfurt</strong>er M<strong>in</strong>isterium dieselben Rechte<br />
und Pflichten, die <strong>in</strong> den evangelischen<br />
Territorialstaaten der jeweilige Landesherr<br />
als bischöflicher Leiter se<strong>in</strong>er Landeskirche<br />
wahrnahm.<br />
Das M<strong>in</strong>isterium handelte im E<strong>in</strong>vernehmen<br />
mit dem <strong>Erfurt</strong>er Stadtrat, der die<br />
zwar dem Kurfürsten von Ma<strong>in</strong>z als Landes-<br />
bzw. Stadtherrn untergeordnete, tatsächlich<br />
aber weitgehend unabhängige<br />
Stadt als e<strong>in</strong>e Art Stadtstaat selbständig<br />
regierte. Der Sprecher des M<strong>in</strong>isteriums,<br />
bald als Senior bezeichnet, wurde aus der<br />
Mitte der ihm angehörenden Pfarrer gewählt<br />
und vom Stadtrat e<strong>in</strong>gesetzt. Die<br />
acht städtischen Pfarreien blieben rechtlich<br />
selbständig und konnten ihre Angelegenheiten<br />
alle<strong>in</strong> regeln.<br />
Insbesondere konnten sie und bald auch<br />
die Geme<strong>in</strong>den des <strong>Erfurt</strong>er Landgebietes<br />
ihren Pfarrer aus e<strong>in</strong>em Dreiervorschlag,<br />
den M<strong>in</strong>isterium und Stadtrat geme<strong>in</strong>sam<br />
ihnen vorlegten, selbst auswählen;<br />
bei diesem Pfarrerwahlrecht handelte<br />
es sich um e<strong>in</strong> Recht, das seit dem 12.<br />
Jahrhundert zahlreiche mittelalterliche<br />
Städte als e<strong>in</strong>es der wichtigsten und vornehmsten<br />
Selbstverwaltungsrechte erworben<br />
und bewahrt hatten. Als der Erzbischof<br />
von Ma<strong>in</strong>z 1664 Stadt und Landgebiet<br />
<strong>Erfurt</strong> wieder ganz unter se<strong>in</strong>e<br />
Herrschaft als Landesherr zwang und hier<br />
e<strong>in</strong>e kurfürstliche Regierung unter e<strong>in</strong>em<br />
Statthalter e<strong>in</strong>richtete, blieben nicht nur<br />
die kirchlichen Verhältnisse <strong>in</strong> der Stadt,<br />
sondern auch das <strong>Evangelische</strong>n M<strong>in</strong>isterium<br />
unberührt.<br />
Nach dem endgültigen Übergang <strong>Erfurt</strong>s<br />
an das Königreich Preußen 1814/15 entstand<br />
im Rahmen der preußischen <strong>Kirchen</strong>verfassung<br />
der <strong>Kirchen</strong>kreis <strong>Erfurt</strong>.<br />
Gleichwohl blieb auch die ursprünglich<br />
stadtrepublikanische E<strong>in</strong>richtung des<br />
<strong>Evangelische</strong>n M<strong>in</strong>isteriums weiterh<strong>in</strong><br />
bestehen, trotz mehrfacher Versuche des<br />
Konsistoriums der Prov<strong>in</strong>z Sachsen <strong>in</strong>