07.03.2013 Aufrufe

Anja Christine Wagner | UEBERflow

Anja Christine Wagner | UEBERflow

Anja Christine Wagner | UEBERflow

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

© a c w Ko mp e t e n t e s L e rn e n in d e r N e t zw e r k g e s e l l sc h a f t 35<br />

selbstbestimmt innovativ oder passiv instruiert arbeiten kann.<br />

Dominiert wird diese neue Weltwirtschaftsordnung von den globalen Finanzmärkten,<br />

die sich nicht nach Marktgesetzen entwickeln, sondern per „Automaton“ 16 , der als<br />

nahezu unbeherrschbares Naturphänomen eine Art „chaotic complexity“ entstehen<br />

lässt und extrem flexible Unternehmen als Organisationsform fordert (Stalder 2006,<br />

54). Letztlich mündete diese Entwicklung auf den liberalisierten Finanzmärkten<br />

zunächst in einer wahnwitzigen Finanzblase und seit 2008 in einer Finanzkrise<br />

unermeßlichen Ausmaßes (Castells 2009b, 1:xix ff.). Dabei gebiert sich das System wie<br />

ein „Naturphänomen“, das weder kontrolliert noch vorhergesagt, sondern lediglich<br />

akzeptiert und gemanagt werden kann (Stalder 2006, 118).<br />

Und die produktiven Firmen agieren in diesem Stakeholder-Kontext. Es lässt sich seit<br />

geraumer Zeit ein Trend bei Firmen aller möglichen Größen feststellen, flexible<br />

Netzwerke zu entwickeln, die ihre konstituierenden Elemente in Echtzeit zu<br />

koordinieren vermögen, über Distanzen hinweg, je nach wechselnden Aufgaben und<br />

Gelegenheiten. Ein langsamer Wandel vollzieht sich von vertikalen Bürokratien hin zu<br />

horizontalen Korporationen, die auf Basis von Ad-hoc-Business-Netzwerken agieren<br />

(Stalder 2006, 57). So entstehen Netzwerkunternehmen, die -aus einzelnen Teilen<br />

eines Unternehmens und anderen Teilen verschiedener Firmen bestehend-<br />

projektbezogen arbeiten (ebd., 60) und eine Flexibilisierung und Individualisierung<br />

der Arbeit auf vier Ebenen fordern: Arbeitszeit, Job-Stabilität, Verortung der Arbeit<br />

und die sozialen Beziehungen zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen<br />

verändern sich im Zuge dieser Entwicklungsdynamik (ebd., 62). Zudem offenbart sich<br />

eine interne Fragmentierung der Arbeitskräfte: Diejenigen, die die Fähigkeit<br />

mitbringen, Innovation in ihre Berufsfelder einzubringen und damit als<br />

informationelle Produzenten Mehrwert schaffen - und die anderen, die keine an die<br />

Person gebundenen Fähigkeiten mitbringen und ersetzbare generische Arbeit leisten<br />

(Castells 2003, 3:397). Diese soziale Differenzierung trägt produktionsbedingt zur<br />

Individualisierung der Arbeit, Überausbeutung von Arbeitskräften, sozialer Exklusion<br />

und perversen Koppelung der Schattenökonomie bei.<br />

Soziale Exklusion definiert Castells dabei als den<br />

„(...) Prozess, durch den bestimmte Individuen und Gruppen<br />

systematisch der Zugang zu Positionen verstellt wird, die sie zu<br />

einem autonomen Auskommen innerhalb der gesellschaftlichen Standards<br />

befähigen würden, die in einem bestimmten Kontext durch<br />

Institutionen und Werte abgesteckt werden.“ (ebd., 76)<br />

Demgegenüber beziehen sich Ungleichheit, Polarisierung, Armut oder Elend auf die<br />

differenzielle Aneignung von Reichtum, also den Bereich der Distributions- und<br />

16 Mit „Automaton“ beschreibt Castells die global integrierte, digitale Finanzmaschinerie, die außerhalb<br />

jedweder institutionellen Kontrolle ihrer Eigenlogik entlang algorithmischer Impulse folgt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!