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Anja Christine Wagner | UEBERflow

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© a c w Ex p e r t I n n e n - B e f r a g u n g 206<br />

4.1.2.5 L EITBILDE R<br />

Eine Möglichkeit, potentielle Szenarien zu entwerfen, stellen Leitbilder dar. Ein<br />

Leitbild kennzeichnet einen übergeordneten Begriff, der verschiedene theoretische<br />

Modelle, Forschungs- und Entwicklungskonzepte beinhaltet. Allen gemeinsam ist eine<br />

„zukunftsgerichtete und handlungsrelevante Vorstellung davon, was erstrebt wird oder<br />

als erstrebenswert und zugleich als realisierbar angesehen wird“ (Giesel 2007, 38).<br />

Unterscheiden lassen sich die Leitbild-Typen entlang ihrer Erscheinungsform (mentale<br />

Vorstellungsmuster oder manifeste Dokumentationen) und ihrer<br />

Handlungswirksamkeit (bereits praktizierte Leitbilder oder propagierte Leitbilder als<br />

zukünftige Norm) (ebd., 39f.). Als sozialwissenschaftliches Instrument sind Leitbilder<br />

umstritten, da sie zur Analyse herrschender Werte und Normen überfordert seien,<br />

wenn sie mit breit interpretierbaren Metaphern einen neuen Entwurf vorbringen.<br />

Dann lassen sich dem aktuell vorherrschenden gesellschaftlichen Selbstverständnis<br />

kaum mögliche Wertvorstellungen mit normativer Kraft entgegen stellen (Heesen<br />

2005, 88f.).<br />

So werden in der Technikforschung unter Leitbildern „Vorstellungen über gleichzeitig<br />

erwünschte und für machbar gehaltene technische Zukünfte verstanden, die das<br />

Denken und Handeln der Akteure prägen“ (Giesel 2007, 167). Sie sollen in der<br />

Technikgenese sowohl Orientierung, Koordinierung als auch Motivation bieten.<br />

Gleichzeitig dienen sie in der Technikentwicklung als Verständigungsprozess<br />

hinsichtlich einer konsensual als sinnvoll erachteten Zielsetzung, da sie eine kulturelle<br />

„Übereinkunft mit hoher Verbindlichkeit und kollektiver Projektionskraft“ (ebd., 168)<br />

leisten können. „Leitbilder sind damit kollektiv geteilte, denk- und handlungsleitende<br />

technikbezogene Zukunftsentwürfe“ (ebd., 184), die aber nur ex-post entworfen<br />

werden können, wenn technische Entwicklungen bereits etabliert sind (vgl. Heesen<br />

2005, 89). Allerdings erleichtert das Leitbildkonzept „die theoretische Fundierung<br />

einer systematischen Ausarbeitung von Wertannahmen im Zusammenhang der<br />

Technikentwicklung“, die „auch für die Entstehung der anderen gesellschaftlichen<br />

Teilsystemen von grundlegender Bedeutung sind“ (ebd., 89).<br />

Mit der Delphi-Technik oder der Szenario-Methode lässt sich der Leitbild-Ansatz gut<br />

verbinden. Inhaltlich unterscheiden sich Leitbilder von wertneutralen<br />

Zukunftsszenarien aufgrund ihres normativen Gehalts. Sie „fallen begrifflich<br />

zusammen, wo Leitbilder nur als realisierbare, als mögliche Zukunftszustände<br />

beschrieben werden, nicht aber als anzustrebende oder erwünschte“ (Giesel 2007, 148,<br />

Anm. 144).

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