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Der ehemalige Hausierhandel der Erzgebirge - Geschichte-ana.de

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diese Gegenstän<strong>de</strong> anfänglich und später auch noch nebenbei im <strong>Hausierhan<strong>de</strong>l</strong> verkaufte. Unterstützt<br />

wird diese Annahme durch eine chronikalische Nachricht aus Bockau, nach welcher dortige<br />

Einwohner am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. und Anfange <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts außer Blechwaren beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auch<br />

hölzerne Schachteln, Kästchen und Schüsseln fertigten. Wie M. Georg Körner (Bockauische Nachrichten,<br />

1760. 375) schrieb, füllten später diese Kästlein- und Schachtelmacher die leeren Behältnisse,<br />

mit <strong>de</strong>nen sie, wie hervorgehoben wird, auf die Märkte zogen, mit leichten und gedörrten<br />

medizinischen Wurzeln und Kräutern; daraus entwickelte sich dann <strong><strong>de</strong>r</strong> ausge<strong>de</strong>hnte Arzneihan<strong>de</strong>l,<br />

welcher <strong>de</strong>n Ort zu einer Art Berühmtheit erhob, und auf <strong>de</strong>n ich später noch ausführlicher zurückkommen<br />

wer<strong>de</strong>. Während die Anfertigung einfacher Holzwaren die Entstehung eines ganz neuten<br />

Industriezweiges anbahnte, entwickelte sich aus gleichen o<strong><strong>de</strong>r</strong> doch ähnlichen Anfängen in Seifen,<br />

sowie in <strong>de</strong>n umliegen<strong>de</strong>n Orten Hei<strong>de</strong>lbach, Einsie<strong>de</strong>l, Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>seifenbach, Deutschneudorf,<br />

Olbernhau u.s.w. diese je<strong>de</strong>nfalls bereits im 16. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te begonnene Industrie weiter, so daß sie<br />

zu einem Drechslergewerbe mit Wasser- und selbst Dampfbetrieb wur<strong>de</strong> und ihre Erzeugnisse<br />

durch <strong>de</strong>n Großhan<strong>de</strong>l im In- und Auslan<strong>de</strong>, ja selbst in an<strong><strong>de</strong>r</strong>n Erdteilen absetzen konnte. Dabei hat<br />

jedoch auch gegenwärtig <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Hausierhan<strong>de</strong>l</strong> mit „Seifner Waren“ nicht gänzlich aufgehört, wenigstens<br />

hatte ich vor wenigen Jahren Gelegenheit einem alten Händler zu begegnen, <strong><strong>de</strong>r</strong> seine grellbemalten<br />

Schachteln, seine Quirle und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e vleichte hölzerne Wirtschaftsgegenstän<strong>de</strong> von Haus zu<br />

Haus feilbot. Dabei will ich nur flüchtig <strong><strong>de</strong>r</strong> noch gegenwärtig die Jahrmärkte besuchen<strong>de</strong>n Händler<br />

von wenig kunstgerechten hölzernen Steckenpfer<strong>de</strong>n, Zappelmännern und an<strong><strong>de</strong>r</strong>em Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>spielzeug<br />

ge<strong>de</strong>nken, welche ihre Waren auf aus Böcken und einigen Brettern aufgebauten Tischen feilbieten.<br />

Dieselben gehören wenigstens teilweise ebenfalls zu <strong>de</strong>n Hausierern, da sie mit ihren Waren in Körben<br />

von Ort zu Ort wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wie solches ihre Vorfahren vor 60 und 100 Jahren ebenfalls thaten.<br />

Nicht allein im angrenzen<strong>de</strong>n Vogtlan<strong>de</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch im <strong>Erzgebirge</strong> und hier beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im<br />

Amte Schwarzenberg fan<strong>de</strong>l viele Bewohner durch das Pechsie<strong>de</strong>n und Rußbrennen Beschäftigung<br />

und Verdienst. Nach<strong>de</strong>m man im Frühjahre mit einem Eisen die Fichtenstämme „gerissen“, d.h. <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Rin<strong>de</strong> in bestimmten Abstän<strong>de</strong>n in langen Streifen abgeschält hatte, so daß das Harz ausfließen<br />

konnte, wur<strong>de</strong> letzteres im Herbste abgeschabt und dann in kupfernen Kesseln gekocht und in<br />

Gruben ausgegossen. Das auf diese Weise gewonnene Pech wur<strong>de</strong> in viereckige Stücke zerschlagen<br />

und nach <strong>de</strong>m Gewichte verkauft. (Engelhardt a.a.O. I. 169.) War nun zwar das Pech nicht ein<br />

Gegenstand <strong>de</strong>s <strong>Hausierhan<strong>de</strong>l</strong>s, so stand doch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Pechgewinnung die Gewinnung von Ruß in<br />

Verbindung. Es wur<strong>de</strong>n nämlich die Abgänge vom Pechsie<strong>de</strong>n in einer Hütte verbrannt, und <strong>de</strong>n bei<br />

diesem Vorgange sich bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Ruß sammelte man in einem großen Sacke von Leinwand, aus <strong>de</strong>m<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>selbe dann zusammengeklopft wur<strong>de</strong>. Dieser Ruß wur<strong>de</strong> darauf in kleine hölzerne Fäßchen, die<br />

bekannten Rußbutten, gefüllt. Rußbuttenmänner zogen damit Han<strong>de</strong>l treibend im Lan<strong>de</strong> umher. Die<br />

Herstellung von Ruß war aber vielleicht eben so alt wie das Pechsie<strong>de</strong>n. Bereits 1501 erhielt Wilhelm<br />

von Tettau durch <strong>de</strong>n Kurfürsten Friedrich <strong>de</strong>n Weisen die Belehnung über die „Pechwäl<strong><strong>de</strong>r</strong>“<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Herrschaft Schwarzenberg (Richter a.a.O. II. 403), und es hatten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folge im 16. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

in genannter Herrschaft über 300 Personen gegen einen an <strong>de</strong>n Grundherrn zu entrichten<strong>de</strong>n<br />

Zins die Freiheit, in <strong>de</strong>n dortigen Wäl<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu harzen. (Engelhardt a.a.O. I. 169.) Im Jahre<br />

1533 wur<strong>de</strong> die Herrschaft Schwarzenberg von <strong><strong>de</strong>r</strong> Tettauischen Familie an <strong>de</strong>n Kurfürsten Johann<br />

Friedrich <strong>de</strong>n Großmütigen verkauft. Das Pechsie<strong>de</strong>n und Rußbrennen hörte damit nicht auf, wenn<br />

es auch im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre mehr und mehr beschränkt und endlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> neuern Zeit gänzlich untersagt<br />

wur<strong>de</strong>. Noch zu Anfang dieses Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts wird eine kurfürstliche Pechhütte zu Bermsgrün<br />

bei Schwarzenberg genannt (Engelhardt a.a.O. I. 169), und daraus ist zu folgern, daß daselbst auch<br />

noch Ruß gebrannt wor<strong>de</strong>n ist. Die erzgebirgischen Rußbuttenhändler, die beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s von Schönhei<strong>de</strong><br />

und Stützengrün kamen, und <strong>de</strong>nen man noch vor ungefähr 50 Jahren gar nicht selten im<br />

Lan<strong>de</strong> begegnete, wo sie an Tischler, Stubenmaler u.s.w. ihr Produkt absetzten, sieht man jetzt gar<br />

nicht mehr; aber die Erinnerung an dieselben ist noch im Lie<strong>de</strong> erhalten geblieben.<br />

Ebenso sind auch die Händler mit Feuerschwamm verschwun<strong>de</strong>n. Dieselben stammten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

aus Bernsbach, Beierfeld und Neuhausen, sowie aus <strong>de</strong>n Gerichtsbezirken Oberwiesenthal und<br />

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