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Der ehemalige Hausierhandel der Erzgebirge - Geschichte-ana.de

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freier Hand zu verkaufen, o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie arbeitete für einen Verleger, <strong><strong>de</strong>r</strong> ihr <strong>de</strong>n Zwirn und das auf einen<br />

Pappstreifen gezeichnete Muster, <strong>de</strong>n sogenannten Klöppelbrief lieferte und dann die fertige Arbeit<br />

bezahlte. Diese Verhältnisse fin<strong>de</strong>n sich noch gegenwärtig. Die Spitzen wur<strong>de</strong>n hierauf durch<br />

Spitzenhandlungen auf <strong>de</strong>n Messen zu Leipzig, Braunschweig, Frankfurt a.M. und a.a.O. verkauft<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> von Hausierern feilgetragen, da je<strong><strong>de</strong>r</strong> Erlaubnis zum Spitzenhan<strong>de</strong>l hatte. Daher wur<strong>de</strong>n auch<br />

auf letztgenanntem Wege viele Spitzen vertrieben. Wie be<strong>de</strong>utend und lohnend aber früher dieser<br />

Han<strong>de</strong>l gewesen ist, ersieht man aus einer Angabe Engelhardts (Erdbeschr. v. S. I. 222) zu Anfang<br />

dieses Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts, nach welcher allein im Amte Schwarzenberg gegen 20000 Klöppeln<strong>de</strong> und<br />

über die Hälfte soviel im Amte Wolkenstein gerechnet wur<strong>de</strong>n. In Jöhstadt klöppelten über<br />

1000 Personen, Erwachsene und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>, und ebenso war diese gegenwärtig wenig lohnen<strong>de</strong> und daher<br />

trotz aller Bemühungen durch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Industriezweige mehr und mehr verdrängte Kunst auch in<br />

<strong>de</strong>n Ämtern Grünhain, Wiesenburg, Altenberg, Freiberg, sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schönburg'schen Herrschaft<br />

Hartenstein verbreitet. Ein Stück Spitzen hielt damals 9 ½ bis 10 Ellen, und <strong><strong>de</strong>r</strong> Preis stieg nach<br />

Breite und Muster von 4 Groschen bis zu 15, 20 und 30 Thalern. (Engelhardt a.a.O. I. 221.)<br />

Im Anschlusse an das Spitzenklöppeln mag kurz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bandweberei gedacht wer<strong>de</strong>n, welche um<br />

das Jahr 1590 durch eingewan<strong><strong>de</strong>r</strong>te Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>län<strong><strong>de</strong>r</strong> in Buchholz aufkam und zu Anfang <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts<br />

von dort nach Annaberg verpflanzt wur<strong>de</strong>. Waren noch vor 80 bis 90 Jahren damit gegen<br />

400 Meister und überhaupt mehr als 800 Personen beschäftigt, so trat doch später an die Stelle<br />

dieses Gewerbes die Herstellung von Fransen, Bor<strong>de</strong>n, Quasten und Gorl. (Richter a.a.O. II. 300.)<br />

Die Bän<strong><strong>de</strong>r</strong> insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bil<strong>de</strong>ten übrigens früher ebenfalls einen Gegenstand <strong>de</strong>s <strong>Hausierhan<strong>de</strong>l</strong>s,<br />

und die Herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong>selben hatte sich auch noch an an<strong><strong>de</strong>r</strong>n Orten, z.B. in Schönhei<strong>de</strong> und Unterstützengrün<br />

eingebürgert. Von letztgenannten bei<strong>de</strong>n Orten kamen die „Bandbuben“, wie man insgesamt<br />

jene jungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> alten Händler nannte, welche mit Bän<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Jahrmärkte besuchten<br />

(Richter, a.a.O. II. 476) o<strong><strong>de</strong>r</strong> damit in Stadt und Dorf hausierten.<br />

Schönhei<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ssen Gründung erst im Jahre 1537 geschah, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptort <strong><strong>de</strong>r</strong> Bürsten-, Kehrbesen-<br />

und Pinselfabrikation. Die Zurichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Borsten fin<strong>de</strong>t hauptsächlich in Rothenkirchen und<br />

neuerdings auch in Stützengrün statt. (v. Süßmilch, das <strong>Erzgebirge</strong>, 612.) Wenn die gegenwärtig ungemein<br />

erweiterte und zum Teil auch mit Benutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Dampfkraft betriebene Fabrikation in<br />

Schönhei<strong>de</strong> ihren Anfang genommen hat, vermag ich nicht sicher anzugegen. Ältere Schriftsteller,<br />

z.B. Engelhardt in seiner Erdbeschreibung von Kursachsen und Schumann im 10ten 1823 erschienenem<br />

Ban<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lexikons von Sachsen führen diesen Erwerbszweig bei Schönhei<strong>de</strong> noch<br />

nicht an, wohl aber thut dies Richter (Beschr. v. Sachsen II.) 1846, und von Bose (Handbuch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geogr. v. Sachsen) nennt unter <strong>de</strong>n „Artikeln <strong><strong>de</strong>r</strong> von Alters her“ in Schönhei<strong>de</strong> und Stützengrün<br />

bestan<strong>de</strong>nen Hausindustrie auch Striegeln. Wenn nun zwar <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Bürsten, Kehrbesen,<br />

Striegeln und Pinsel gegenwärtig in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauotsache kaufmännisch geschieht, so ziehen doch noch<br />

immer ebenso, wie dies früher geschah, viele Bürstenhändler in die Welt hinaus, um <strong>Hausierhan<strong>de</strong>l</strong><br />

zu treiben. Bemerkt mag dabei wer<strong>de</strong>n, daß die Schönhei<strong><strong>de</strong>r</strong> Bürstenbin<strong><strong>de</strong>r</strong> für das lustigste Völkchen<br />

<strong>de</strong>s <strong>Erzgebirge</strong>s gelten.<br />

Heiter und mit ihrem oftmals nur geringen Verdienste zufrie<strong>de</strong>n waren im Durchschnitte jene<br />

<strong>Erzgebirge</strong>r, welche einst von Ort zu Ort zogen und, zu bestimmten Zeiten wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehrend, ihre<br />

Waren feil boten. Kamen sie mit ihren bepackten Körben und gefüllten Tragkästen in die Wirtsstuben,<br />

um dort vielleicht eine kurze Rast zu halten, so unterließen sie es nicht, <strong>de</strong>n Anwesen<strong>de</strong>n die<br />

mitgebrachten Gegenstän<strong>de</strong> anzubieten und anzupreisen; sie gingen in <strong>de</strong>n Dörfern von Haus zu<br />

Haus und breiteten die verschie<strong>de</strong>nsten Sachen aus, unter <strong>de</strong>nen selbst die Ba<strong>de</strong>schwämme (<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hundshübler) und die Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Patenbriefe (<strong><strong>de</strong>r</strong> Crottendorfer) nicht fehlten; sie waren dabei unbekümmert<br />

bei <strong>de</strong>n abwehren<strong>de</strong>n Bemerkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwesen<strong>de</strong>n, daß kein Bedarf vorhan<strong>de</strong>n sei.<br />

Aus Erfahrung wußten sie, daß gar oft <strong><strong>de</strong>r</strong> bloße Anblick mancher Sachen die Kauflust reizte und<br />

endlich doch ein kleines Geschäft abzuschließen war.<br />

Landreisen<strong>de</strong> gab es je<strong>de</strong>nfalls in <strong>de</strong>n meisten obererzgebirgischen Orten, in diesen mehr, in<br />

jenen weniger; nur von Bermsgrün und Crandorf bei Schwarzenberg mel<strong>de</strong>t Lindner (Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>un-<br />

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