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Serie Spurensuche: „Die Welchenberger Kristallsandwerke mit ...

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Betrieb. Anfangs wurden pro Tag 360 Tonnen Sand produziert und<br />

<strong>mit</strong> Hilfe der 18 hängenden Waggons (auch Loren genannt) Richtung<br />

Gustorfer Bahnhof befördert, eine für damalige Verhältnisse beachtliche<br />

Leistung.<br />

Tranchokarte<br />

Anfang des Jahres 1911 beschlossen die Verantwortlichen des Sandwerkes,<br />

ihr Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln. Einer vorausgegangenen<br />

Gesellschafterversammlung am 26. Januar 1911<br />

folgte einige Wochen später die Umfirmierung in die <strong>Welchenberger</strong><br />

Chrystallsandwerke GmbH. Franz Hubert Gottschalk bekleidete den<br />

Posten des Geschäftsführers, seine Ehefrau Auguste (geb. Kreifelts)<br />

sowie ihre Schwestern Maria und Josefine Kreifelts waren fortan<br />

Gesellschafterinnen.<br />

Die Sandgrube, die schräg gegenüber des heutigen RWE­Kraftwerkes<br />

Frimmersdorf lag, hatte einen guten Ruf und da<strong>mit</strong> auch Erfolg.<br />

Das Unternehmen florierte, zu Bestzeiten stieg die Gesamtleistung<br />

des Sandwerkes auf bis zu 500 Tonnen pro Arbeitstag. Die <strong>mit</strong>tlerweile<br />

aufgerüstete, <strong>mit</strong> 24 Loren ausgestattete Drahtseilbahn transportierte<br />

stündlich zwischen 45­50 Tonnen Fördererzeugnisse von<br />

der Beladestation am Welchenberg zur Entladestation am Bahnhof<br />

Gustorf. Bis zu 80 Mitarbeiter waren im Sandwerk beschäftigt.<br />

Der Erfolg der noch recht jungen <strong>Welchenberger</strong> Chrystallsandwerke<br />

GmbH blieb nicht unentdeckt – so geriet das Sandwerk in den<br />

Fokus der ebenfalls erfolgreichen Firma Lüngen GmbH, die seit<br />

Mitte der 20er Jahre eine Lackfabrik in direkter Nähe zum Gustorfer<br />

Bahnhof sowie zur Entladestation der Drahtseilbahn betrieb.<br />

Schnell ergaben sich Synergien. Kurze Zeit später wurde die Sandgrube<br />

der Familie Gottschalk angepachtet. Fortan lautete die gemeinsame<br />

Firmierung von Lackfabrik und Sandwerk <strong>Welchenberger</strong><br />

Cristall­Sandwerke GmbH. Wiederum einige Jahre später ­ nach<br />

zwei Gesellschafterversammlungen am 11. April und 15. Dezember<br />

1932 ­ lief das Sandwerk fortan vollkommen unter der Regie der<br />

Firma Lüngen GmbH.<br />

StattBlatt | Februar 2013 | Ausgabe 89 | 9<br />

Während und nach den schweren Zeiten des zweiten Weltkrieges<br />

kam das Unternehmen am Welchenberg nicht mehr richtig auf die<br />

Beine. Im Jahre 1949 verzeichnete das Sandwerk nur noch 10 Mitarbeiter.<br />

Mitte der 50er Jahre wurde der Sandbau Stück für Stück<br />

eingestellt. Das Unternehmen legte seinen Schwerpunkt immer<br />

mehr auf den chemischen Betrieb am Bahnhof Gustorf. Maßgeblich<br />

an der Einstellung des Sandabbaus war ebenfalls die wachsende<br />

Konkurrenz, die neben kostengünstigeren Versandmöglichkeiten<br />

und deutlich höherer Produktivität auch über bedeutend reinere<br />

Sandvorkommen verfügte. So<strong>mit</strong> wurde der Sandabbau am Welchenberg<br />

<strong>mit</strong> Ende des Jahres 1956 eingestellt. Auch die Drahtseilbahn<br />

musste schon bald dem damals geplanten RWE­Kraftwerk<br />

Frimmersdorf weichen.<br />

Die letzten und kritisch formulierten Worte zum Ende des Sandabbaus<br />

am Welchenberg sollten dem Grevenbroicher Heimatforscher<br />

Josef Decker gehören:<br />

„... ein riesiger Sandberg ist dieser Welchenberg, der am Sand sein<br />

Schicksal erleiden musste. An vielen Stellen ist er für die Zwecke<br />

der Sand­ und Kiesgewinnung angenagt. In un<strong>mit</strong>telbarer Nähe des<br />

ehemaligen Klosterbezirks, der auf den ersten Eindruck noch so<br />

daliegt, als seien die letzten Tertiarier erst vor kurzer Zeit fortgegangen,<br />

gähnt tief eine riesige Grube, die einen wertvollen Quarzsand<br />

hergegeben hat. Unschön umgreifen nach Westen und Süden<br />

die gänzlich ungestalteten Halden die Einfriedungsmauern. Der<br />

ehemals markanten Landschaft wurde hier Gewalt angetan. Die<br />

Ehrfurcht und Verantwortung vor der Landschaft ist unbeachtet geblieben,<br />

die gestellten Auflagen wurden ignoriert. Leicht wäre es<br />

hier zu heilen, das heißt, das Loch zu schließen [sic] ...“<br />

1937 Kippwagen über die Erft<br />

Die Neuenhausener Drahtseilbahn und ihre Geschichten<br />

Diverse Über<strong>mit</strong>tlungen liefern die abenteuerlichsten Geschichten<br />

über die Drahtseilbahn, die vom damaligen Sandwerk am Welchenberg<br />

zum Gustorfer Bahnhof führte. Joseph Bremer, einstiger Heimatforscher<br />

schrieb einmal treffend, dass sie „zur Freude der Kinder“<br />

in Betrieb sei. Und so war es auch: Die Drahtseilbahn hatte<br />

eine magnetische Wirkung auf die Kinder aus Neuenhausen und<br />

Umgebung. Das gesamte Areal versprühte einen unglaublichen<br />

Reiz, war ein gern genutzter, jedoch auch gefährlicher und zudem<br />

streng verbotener Spielplatz. Wohl wissend, in welche Gefahr sie<br />

sich begaben, kletterten die Kinder immer wieder in die Loren, um<br />

sich vom Sandwerk Richtung Gustorfer Bahnhof gondeln zu lassen.<br />

Es war der Schutz der Feldbahnloren, der es den Waghalsigen ermöglichte,<br />

sich unbemerkt bis zur Seilbahn zu schmuggeln. Meistens

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