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Serie Spurensuche: „Die Welchenberger Kristallsandwerke mit ...

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Gut Welchenberg Luftansicht<br />

wir <strong>mit</strong> Fassdauben die Terrassen der Sandgrube hinunter gerutscht<br />

oder <strong>mit</strong> den kleinen Kipploren gefahren, deren Schienen an der Sohle<br />

der Grube entlang verliefen. Ein unheimliches Vergnügen war das.<br />

Nur mussten wir uns immer vor den noch anwesenden Arbeitern hüten,<br />

die uns nicht nur einmal brüllend hinterher gelaufen sind. Erwischen<br />

lassen haben wir uns allerdings nie.“ Peter Nobis, der in seiner Kindheit<br />

für die Großgrundbesitzerfamilie Gottschalk auf den Feldern<br />

Rüben einzelte, hat viele Stunden in seiner Kindheit an der Sandgrube<br />

und auf dem historischen Gut verbracht. „Ich sehe Peter Gottschalk,<br />

den Landwirt und Sohn von Franz Hubert, heute noch <strong>mit</strong> seinem grünen<br />

Hut über die Felder laufen. Das war eine tolle Zeit. Es war jedes<br />

Mal aufs Neue beeindruckend, wenn ich dort oben ankam. Die malerische<br />

Umgebung hat mich gefesselt. Die drei Torbögen inklusive des<br />

großen Feldtores, die alten Klostergemäuer, der Weiher im Innenhof,<br />

die Stallungen. Ich habe in meinem Leben nie mehr eine größere<br />

Scheune gesehen“, schwärmt der Neuenhausener noch heute.<br />

Der vierfache Familienvater hat sich <strong>mit</strong> seinen Arbeiten im Dorf<br />

verewigt, erbaute gemeinsam <strong>mit</strong> Panne Franz (Franz Schiffer †)<br />

die Neuenhausener Dorfsäule am alten Denkmal auf der Hauptstraße.<br />

Im September 1996 wurde die Dorfsäule feierlich durch den<br />

Künstler Klaus­Peter Noever der Öffentlichkeit übergeben. Auf dem<br />

abschließenden Würfel der Säule sind die bedeutsamsten Teile der<br />

Neuenhausener Historie eingearbeitet ­ das Neuenhausener Wappen,<br />

das Wappen des Klosters Welchenberg, der Sandbauer sowie<br />

der heilige St. Willibrord.<br />

Heinrich Hassel, 85 Jahre<br />

„Der Welchenberg hat die Menschen schon immer angezogen, was<br />

ich persönlich sehr gut nachvollziehen kann. Was wir dort alles erlebt<br />

haben, glaubt einem beinahe kein Mensch. Das Areal des Sandwerkes<br />

war faszinierend. Mein Bruder Willi hat dort gearbeitet. Es<br />

war ein richtiger Knochenjob, damals wurden ja fast alle Arbeiten<br />

noch von Hand erledigt. Das ist heute gar nicht mehr vorstellbar.<br />

Freitags gab es immer Geld. Nach Feierabend gingen die Arbeiter<br />

Lackfabrik Lüngen GmbH, Gustorf<br />

StattBlatt | Februar 2013 | Ausgabe 89 | 11<br />

schnurstracks Richtung Kleinfelderhof. Nicht selten wurde dort<br />

dann der halbe Wochenlohn versoffen.“ Der heute 85­jährige Neuenhausener<br />

erinnert sich gerne an die alten Tage, war als junger Mann<br />

für Streiche zu haben. „Christian Dahmen war im Sandwerk der<br />

Mann für alle Fälle. Er und sein Pferd waren unzertrennlich. Als er<br />

einen Tag sein Pferd kurz unbeaufsichtigt ließ, schlichen wir uns an,<br />

haben es abgespannt und verkehrt herum wieder an den Wagen<br />

gespannt“, erzählt Hassel <strong>mit</strong> einem breiten Lächeln im Gesicht.<br />

„Wir Jungs waren im Dorf bekannt für Streiche. Das haben wir oft<br />

und gerne gemacht.“<br />

Es gab jedoch nicht nur leichte Tage für Heinrich Hassel. Ende des<br />

zweiten Weltkrieges drohte ihm die Einberufung. Zu dieser Zeit war<br />

Hassel der älteste Junge in Neuenhausen. „Alle anderen waren im<br />

Krieg. Unvorstellbar. Um der Einberufung irgendwie zu entkommen,<br />

habe ich mich tagelang im Keller meines Elternhauses versteckt.<br />

Meine Mutter hatte große Angst um mich. Wäre ich erwischt worden,<br />

hätte man mich als Deserteur vermutlich erschossen. Damals standen<br />

die Alliierten bereits vor den Toren Garzweilers. Von dort aus<br />

wurde auch Neuenhausen beschossen. Einige Tage später, es ging<br />

alles ganz schnell, war hier alles vorbei und ich habe es glücklicherweise<br />

verhindern können, noch in den Krieg ziehen zu<br />

müssen.“<br />

Die Zeiten nach dem Krieg waren hart – die Umstände und die umgreifende<br />

Not machten zwangsläufig erfinderisch. So zogen Heinrich<br />

Hassel und seine Freunde Krüppels Fritz und Reitze Adam los,<br />

um an der damals besetzten Gauführerschule (das heutige Haus<br />

Welchenberg) Kleidung zu stehlen. „Wir warteten, bis die Patrouille<br />

auf der anderen Seite des Geländes war, dann sind wir über den<br />

Zaun geklettert. Einer von uns entwendete dort Hosen, warf sie über<br />

die Umzäunung. Zu dumm nur, dass eine Hose sich im Zaun verfing.<br />

Dadurch wurde die Patrouille auf uns aufmerksam und wir wurden<br />

Sandgrube 1930

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