Osteoporose 1_2009
Osteoporose 1_2009
Osteoporose 1_2009
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SPECTRUM<br />
KONTINUIERLICHE FORTBILDUNG IM BEREICH DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER OSTEOPOROSE<br />
1/2010<br />
OSTEOPOROSE<br />
ao. Univ.-Prof. Dr.<br />
Rudolf W. Gasser Differenzialdiagnostik und Bone-Health-Management<br />
MedMedia<br />
Verlags Ges.m.b.H.<br />
Sekundäre<br />
<strong>Osteoporose</strong>n
EDITORIAL<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Es ist mir eine große Freude, Ihnen die<br />
nun bereits 3. Ausgabe des einzigen<br />
österreichischen und ausschließlich dem<br />
Thema <strong>Osteoporose</strong> gewidmeten Periodikums<br />
Spectrum <strong>Osteoporose</strong> präsentieren<br />
zu dürfen. Eine der ursprünglichen<br />
Zielsetzungen dieses Journals war es, jede<br />
Ausgabe mit einem spezifischen<br />
Schwerpunktthema zu versehen. In diesem<br />
Sinne haben wir uns entschlossen,<br />
die aktuelle und nun vorliegende Ausgabe<br />
ganz dem Thema „Sekundäre<br />
<strong>Osteoporose</strong>“ zu widmen.<br />
<strong>Osteoporose</strong> ist eine der bedeutendsten<br />
Erkrankungen weltweit. In Österreich<br />
sind nach aktuellen Schätzungen ungefähr<br />
700.000 Personen betroffen. Die<br />
überwiegende Mehrheit hiervon entfällt<br />
auf postmenopausale Frauen. Primäre<br />
Formen der <strong>Osteoporose</strong> spielen ätiologisch<br />
somit eine überragende Rolle. Es<br />
kann jedoch davon ausgegangen werden,<br />
dass in der täglichen Praxis die Anzahl<br />
von Patientinnen und Patienten mit<br />
sekundären Ursachen einer <strong>Osteoporose</strong><br />
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT<br />
Herausgeber:<br />
Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai<br />
Wissenschaftliche Beiräte:<br />
Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch<br />
erheblich unterschätzt wird. Nach derzeitigem<br />
Wissensstand weisen bis zu 64<br />
% aller Männer mit <strong>Osteoporose</strong> eine sekundäre<br />
Ursache auf, knapp 50 % aller<br />
prä- und perimenopausalen Frauen mit<br />
<strong>Osteoporose</strong> sowie rund 20–30 % aller<br />
postmenopausalen Frauen mit <strong>Osteoporose</strong>.<br />
Beim männlichen Geschlecht zählen<br />
zu den häufigsten Ursachen einer sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> der Hypogonadismus,<br />
die Behandlung mit systemischen<br />
Glukokortikoiden sowie der Alkoholismus.<br />
Beim weiblichen Gechlecht zählen<br />
der Östrogenmangel sowie ebenfalls die<br />
Behandlung mit Glukokortikoiden zu den<br />
häufigsten Ursachen.<br />
In der vorliegenden Ausgabe von Spectrum<br />
<strong>Osteoporose</strong> werden die wichtigsten<br />
und für den klinischen Alltag relevanten<br />
Ursachen der sekundären <strong>Osteoporose</strong> in<br />
übersichtlicher Form dargestellt. Der thematische<br />
Bogen umspannt hierbei Erkrankungen<br />
des endokrinen, rheumatischen,<br />
renalen und gastroenterologischen<br />
Formenkreises. Darüber hinaus werden<br />
Univ.-Doz. Dr. Astrid Fahrleitner-Pammer<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Wagner<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger<br />
ernährungs-, medikamenten- sowie immobilisationsbedingte<br />
Formen der sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> dargestellt.<br />
Wie auch schon in den Jahren zuvor<br />
konnten für die Verfassung der einzelnen<br />
Beiträge dieser Ausgabe hochrangige Expertinnen<br />
und Experten des jeweiligen<br />
Fachgebietes gewonnen werden, wodurch<br />
der hohe Qualitätsstandard dieses<br />
Periodikums unterstrichen wird.<br />
Ich darf Ihnen nun, liebe Leserin/lieber<br />
Leser, liebe Kollegin/lieber Kollege, mit<br />
der vorliegenden Ausgabe dieses Journals<br />
viel Freude wünschen.<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai<br />
Herausgeber<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
3
Fachkurzinformation siehe Seite 51
INHALT SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/2010<br />
Seite 3<br />
Editorial<br />
H. P. Dimai<br />
Seite 6<br />
Vorwort<br />
R. W. Gasser<br />
FOCUS<br />
Sekundäre <strong>Osteoporose</strong>n<br />
Knochenumbauvorgänge aus Sicht der<br />
physikalischen Medizin und Rehabilitation<br />
Seite 8<br />
Immobilisations-<strong>Osteoporose</strong><br />
E. Preisinger<br />
Kalzium-Malabsorption und diätetische Faktoren<br />
in der <strong>Osteoporose</strong>-Ätiologie<br />
Seite 10<br />
Gastrektomie und die Folgen für<br />
das Skelettsystem<br />
K. E. Schmidt<br />
Seite 12<br />
Osteologische Aspekte der<br />
Laktoseintoleranz<br />
B. Obermayer-Pietsch<br />
Freies Thema<br />
Seite 15<br />
Traditionell – das <strong>Osteoporose</strong>-Weekend<br />
2010 in Salzburg<br />
Seite 16<br />
<strong>Osteoporose</strong> als Komplikation bei Zöliakie<br />
A. Eser, H. Vogelsang<br />
Seite 18<br />
Anorexia nervosa und <strong>Osteoporose</strong><br />
E. Zwettler<br />
IMPRESSUM<br />
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
Seite 21<br />
Primärer Hyperparathyreoidismus in der<br />
Differenzialdiagnostik der <strong>Osteoporose</strong><br />
P. M. Bernecker<br />
Seite 24<br />
Renale Osteodystrophie<br />
K. Eller, A. R. Rosenkranz<br />
Seite 27<br />
Knochenstoffwechsel bei Hyperthyreose<br />
P. Mikosch<br />
Seite 29<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei Cushing-Syndrom<br />
H. Dobnig<br />
Seite 32<br />
Hypogonadismus und <strong>Osteoporose</strong><br />
R. W. Gasser<br />
Freies Thema<br />
Seite 35<br />
An Hypogonadismus denken<br />
Seite 36<br />
<strong>Osteoporose</strong> und Diabetes – eine<br />
komplexe Assoziation<br />
G. Holak<br />
Hüftfraktur unter antikonvulsiver Therapie<br />
<strong>Osteoporose</strong> auf dem Boden<br />
rheumatischer Erkrankungen<br />
Seite 38<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei ankylosierender<br />
Spondylitis – diagnostische und<br />
therapeutische Herausforderung<br />
J. Hermann, D. Zauner<br />
Freies Thema<br />
Seite 40<br />
Protelos ® – Überzeugende Langzeit -<br />
wirkung gegen osteoporosebedingte<br />
Frakturen<br />
Seite 41<br />
Diabolische Dualität: Entzündung und<br />
Glukokortikoide bei rheumatoider Arthritis<br />
K. Redlich<br />
Pharmaka mit erhöhtem <strong>Osteoporose</strong>risiko<br />
Seite 43<br />
Glukokortikoid-induzierte <strong>Osteoporose</strong><br />
S. Kudlacek, T. Puntus<br />
Seite 46<br />
Ossäre Nebenwirkungen von Antiepileptika<br />
C. Muschitz<br />
Freies Thema<br />
Seite 48<br />
Aclasta ® – Von der Frakturreduktion zur<br />
Mortalitätsreduktion<br />
Seite 49<br />
Bone-Health-Management unter<br />
Aroma tasehemmern bei Mammakarzinom<br />
B. Mlineritsch<br />
Seite 51<br />
Pharma-News<br />
Verlag und Medieninhaber: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, A-1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11-0; E-Mail: office@medmedia.at. Projektleitung:<br />
Judith Hafner. Redaktion/Lektorat: Peter Lex. Layout/DTP: Gerald Mollay. Coverfoto: Armin Plankensteiner. Print: „agensketterl“ Druckerei GmbH, Mauerbach. Grundsätze und Ziele von<br />
SPECTRUM OSTEOPOROSE: Kontinuierliche Fortbildung im Bereich Diagnostik und Therapie der <strong>Osteoporose</strong>. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche<br />
und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit „Freies Thema“ gekennzeichnete Beiträge<br />
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Seidengasse 9/Top 1.1, A-1070 Wien. Hersteller: „agensketterl“ Druckerei GmbH, Mauerbach.<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
5
VORWORT SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
ao. Univ.-Prof. Dr. Rudolf W. Gasser<br />
Universitätsklinik für Innere Medizin I,<br />
Medizinische Universität Innsbruck<br />
6 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
Systematische und sorgfältige<br />
Abklärung von größter Bedeutung<br />
Therapiestrategien<br />
so vielfältig wie die Ursachen<br />
Als „sekundäre <strong>Osteoporose</strong>n“ werden<br />
<strong>Osteoporose</strong>formen bezeichnet,<br />
die durch eine Erkrankung mit bekannt<br />
negativem Einfluss auf den Knochenstoffwechsel<br />
oder durch langfristige<br />
Einnahme von Medikamenten, die zu beschleunigtem<br />
Knochenverlust führen, bedingt<br />
sind. Insbesondere jüngere Patienten<br />
sollten stets genau auf das Vorliegen<br />
einer sekundären <strong>Osteoporose</strong> untersucht<br />
werden. Bei älteren Personen kann eine<br />
sekundäre <strong>Osteoporose</strong> eine so genannte<br />
„primäre <strong>Osteoporose</strong>“ (postmenopausal<br />
oder altersbedingt) aggravieren, sodass<br />
diese Patienten oft an Mischbildern aus<br />
beiden <strong>Osteoporose</strong>formen leiden.<br />
Das vorliegende Themenheft von „Spectrum<br />
<strong>Osteoporose</strong>“ widmet sich nun in<br />
Form von Kurzbeiträgen dieser Vielfalt von<br />
osteotropen Krankheiten und Medikationen<br />
mit negativem Effekt auf den Knochen. Für<br />
die Teilnahme an diesem Projekt möchte<br />
ich mich an dieser Stelle bei allen Autorinnen<br />
und Autoren sehr herzlich bedanken.<br />
Eine wesentliche Gruppe der sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong>n ist durch Erkrankungen<br />
bzw. Störungen im Gastrointestinaltrakt<br />
bedingt, einerseits durch Malabsorption<br />
und fallweise zusätzlich durch systemische<br />
Auswirkungen einer chronischen<br />
Entzündung. Dazu zählen alle chronischentzündlichen<br />
Darmerkrankungen (CED)<br />
sowie vorangegangene Operationen im<br />
Gastrointestinaltrakt (z. B. eine Gastrektomie);<br />
bei der Zöliakie und der Laktose -<br />
intoleranz führt vorwiegend die Malabsorption<br />
zur negativen Knochenbilanz.<br />
Ernährungsstörungen wie Fehl- oder Unterernährung<br />
(z. B. Anorexie) sind ebenfalls<br />
mit <strong>Osteoporose</strong> assoziiert. Auch<br />
chronische Lebererkrankungen führen zu<br />
Störungen des Knochenstoffwechsels<br />
(hepatische Osteodystrophie).<br />
Eine weitere wichtige Ursache sekundärer<br />
<strong>Osteoporose</strong>n sind endokrinologische<br />
Erkrankungen mit negativer Auswirkung<br />
auf die Knochenbilanz. Dazu
zählen der primäre und sekundäre Hyperparathyreoidismus,<br />
wenn auch mit<br />
unterschiedlichen pathophysiologischen<br />
Grundlagen. Beim Hyperkortizismus<br />
(Cushing-Syndrom) findet sich nicht selten<br />
schon als primäre Manifestation eine<br />
ausgeprägte <strong>Osteoporose</strong>. Der Hypogonadismus<br />
ist durch den Testosteronbzw.<br />
Östrogenmangel ebenfalls eine wesentliche<br />
Ursache sekundärer <strong>Osteoporose</strong>n.<br />
Die manifeste, aber auch die<br />
subklinische Hyperthyreose führen zu<br />
negativen Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel,<br />
ebenso der Diabetes<br />
mellitus Typ 1. Eine komplexe sekundäre<br />
<strong>Osteoporose</strong> findet sich bei chronischer<br />
Niereninsuffizienz (renale Osteopathie).<br />
Rheumatologische Erkrankungen führen<br />
vor allem durch die Wirkung von Entzündungsmediatoren<br />
bzw. Zytokinen zu gelenksnaher<br />
lokalisierter, aber auch zu<br />
sys temischer <strong>Osteoporose</strong>. Als Beispiele<br />
werden in dieser Übersicht die rheumatoide<br />
Arthritis und der Morbus Bechterew<br />
erläutert.<br />
Auch die COPD ist mit <strong>Osteoporose</strong> assoziiert,<br />
einerseits durch systemische<br />
Entzündungsmechanismen, andererseits<br />
durch Komorbiditäten (z. B. Nikotinabusus)<br />
oder eine Glukokortikoidtherapie.<br />
Bei den hämato-onkologischen Systemerkrankungen<br />
als Ursachen einer sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> ist in erster Linie das<br />
multiple Myelom zu erwähnen, nicht so<br />
selten verbirgt sich hinter der Zuweisungsdiagnose<br />
„<strong>Osteoporose</strong>“ diese schwerwiegende<br />
Erkrankung.<br />
Eine weitere klinisch sehr relevante Grup -<br />
pe der sekundären <strong>Osteoporose</strong>n ist die<br />
Medikamenten-assoziierte <strong>Osteoporose</strong><br />
durch langfristige Einnahme von Substanzen<br />
mit negativem Einfluss auf den<br />
Knochenstoffwechsel. Die klinisch-phar-<br />
Abb.: Schwangerschaftsosteoporose mit<br />
multiplen akuten und subakuten Wirbel -<br />
frakturen (32-jährige Patientin, Magnet -<br />
resonanztomographie der Wirbelsäule)<br />
makologische Wirkung dieser Medikamente<br />
auf den Knochen ist sehr heterogen.<br />
Abgehandelt werden in dieser Übersicht<br />
die Glukokortikoid-induzierte, die<br />
Antiepileptika-assoziierte und die durch<br />
Aromatasehemmer-Therapie beim Mammakarzinom<br />
bedingte <strong>Osteoporose</strong>. Da -<br />
rüber hinaus gibt es zahlreiche weitere<br />
Medikamente, die zur <strong>Osteoporose</strong> führen<br />
können, wie z. B. Protonenpumpenhemmer,<br />
Heparin, Glitazone, antiretrovirale<br />
Substanzen oder GnRH-Agonisten<br />
zur Androgensuppression.<br />
Eine spezielle Form der sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> ist die Transplantationsosteoporose,<br />
da die betroffenen Patienten<br />
meist schon durch ihre Grunderkrankung<br />
einen geschädigten Knochenstoffwechsel<br />
aufweisen (z. B. chronische<br />
Nieren- oder Lebererkrankungen) und<br />
durch die peri- und postoperative immunsuppressive<br />
Therapie bei Transplantationen<br />
(z. B. Glukokortikoide) einen<br />
weiteren Knochenverlust erfahren.<br />
Bei der Immobilitätsosteoporose ist eine<br />
zu geringe und inadäquate Belastung<br />
des Skeletts die Ursache für einen übermäßigen<br />
Knochenabbau, sie betrifft über<br />
längere Zeit bettlägerige Patienten.<br />
Schließlich sind auch toxische Einwirkungen<br />
auf den Organismus wie Nikotin-<br />
oder Alkoholabusus als häufige Ursachen<br />
einer sekundären <strong>Osteoporose</strong> zu<br />
erwähnen.<br />
Eine Sonderform der sekundären <strong>Osteoporose</strong><br />
ist die Schwangerschaftsosteoporose<br />
(siehe Abb.), die selten Frauen am<br />
Ende und nach der Schwangerschaft betrifft;<br />
die Ursachen dieser Erkrankung<br />
sind nicht restlos geklärt, und ein Prob -<br />
lem stellt die Prävention bei einer weiteren<br />
gewünschten Schwangerschaft dar.<br />
Durch eine gezielte Anamnese kann eine<br />
sekundäre <strong>Osteoporose</strong> gut erfasst werden.<br />
Durch entsprechende Laboruntersuchungen<br />
(Basislabor und erweitertes Labor) wird<br />
die Diagnose bestätigt. Da die Behandlungsmöglichkeiten<br />
je nach Ursache der sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> stark variieren, ist für<br />
die Betroffenen die sys tematische und genaue<br />
Abklärung von größter Wichtigkeit.<br />
Wie schon eingangs erwähnt, liegen nicht<br />
selten Mischformen aus primärer und sekundärer<br />
<strong>Osteoporose</strong> vor, sodass letztendlich<br />
die <strong>Osteoporose</strong> beim individuellen<br />
Patienten ein komplexes Krankheitsbild<br />
darstellen kann, worauf die individuelle<br />
Behandlung angepasst werden muss.<br />
Ich hoffe, dass die verschiedenen Beiträge<br />
zur „sekundären <strong>Osteoporose</strong>“ in diesem<br />
Themenheft Ihr Interesse finden und<br />
Sie für dieses Problem sensibilisieren. Ich<br />
wünsche Ihnen eine interessante Zeit bei<br />
der Lektüre der Artikel. ■<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
7
FOCUS<br />
Muskuloskelettale<br />
Veränderungen bei Immobilität<br />
In den unterschiedlichsten Vergleichs -<br />
studien der letzten Jahre konnte gezeigt<br />
werden, wie sensibel die Morphologie<br />
des Knochens auf mechanische Einflüsse<br />
reagiert. Astronauten verlieren während<br />
des Aufenthalts im Weltraum bis zu<br />
2 % an Knochendichte pro Monat im<br />
Hüftbereich. Aus diesem Grund hat in<br />
den letzten Jahrzehnten die Erforschung<br />
der Immobilität und der Schwerelosigkeit,<br />
deren Einfluss auf sämtliche Organsysteme<br />
des menschlichen Körpers, einen<br />
Höhepunkt erreicht. Alleine durch<br />
das Liegen über mehrere Wochen kommt<br />
es beim jungen Erwachsenen zu einem<br />
eklatanten Verlust an Knochen- und<br />
Muskelmasse, sodass diese nach 3-monatiger<br />
Bettruhe kaum noch stehen oder<br />
gehen können. In den von der ESA und<br />
NASDA organisierten Studien für die<br />
Raumfahrt konnte auch gezeigt werden,<br />
dass sich die Muskulatur durch Training<br />
sehr rasch erholt. Eine Zunahme des<br />
Muskelquerschnitts konnte bereits nach<br />
2 Wochen beobachtet werden. Nach 3<br />
Monaten erholte sich die Muskulatur nahezu<br />
vollständig. Der Knochenmasseverlust<br />
hält hingegen noch etwa 2 Wochen<br />
nach Bettruhe während der Remobilisierung<br />
an. Der komplette Wiederaufbau<br />
der Knochendichte benötigt bei gesunden<br />
Versuchspersonen etwa ein Jahr. Ein<br />
wertvoller Marker der Immobilisation ist<br />
Kalzium. Bereits in den ersten Tagen der<br />
Bettruhe wird Kalzium aus dem Knochen<br />
mobilisiert, das Serumkalzium und die<br />
Kalzium- und Hydroxyprolin-Ausscheidung<br />
steigen in der Folge an. Zudem<br />
8 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Knochenumbauvorgänge aus der Sicht der physikalischen Medizin und Rehabilitation<br />
Immobilisations-<strong>Osteoporose</strong><br />
Um der Stütz- und Schutzfunktion in vollem Umfang gerecht zu werden, passt sich der Knochen<br />
permanent dem Schwerefeld der Erde an. Wird durch Immobilisation die Muskelarbeit gegen die<br />
Schwerkraft ausgeschaltet, so nimmt die Knochenmasse ab.<br />
wird die Kalziumresorption aus dem<br />
Darm zunehmend vermindert. Nach Beendigung<br />
der Langzeit-Bettruhe, das<br />
heißt nach dem ersten Gehversuch, sinkt<br />
Serumkalzium innerhalb von 24 Stunden<br />
ab und bewirkt einen Anstieg des<br />
Parathormons.<br />
Mechanische Kräfte und Knochenformation<br />
nach dem Frost-Modell<br />
Den Einfluss von mechanischen Kräften<br />
auf den Knochen hat Frost mit seiner<br />
Mechanostat-Theorie beschrieben. Physikalisch<br />
gesehen hat der Knochen elas -<br />
tische Eigenschaften und kann sich somit<br />
in einem geringen Umfang verformen.<br />
Diese Verformung gibt Frost in<br />
Microstrain an. Erst wenn der Druck auf<br />
den Knochen eine bestimmte Höhe an<br />
Microstrain erreicht, kommt es zur Fraktur<br />
(Abb. 1). Nach der Mechanostat-Theorie<br />
hat der Knochen eine physiologische<br />
Verformungszone, in der sich Knochenresorption<br />
und Knochenformation die<br />
Waage halten. In der trivialen Zone ist<br />
Microstrain<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
Abb.: Mechanostat-Modell (nach Frost)<br />
Zone<br />
der pathologischen Überbelastung<br />
Zone der Mehrbelastung<br />
physiologische Belastungszone<br />
triviale Belastungszone<br />
Prim. a Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger<br />
Vorstand am Institut für Physikalische<br />
Medizin und Rehabilitation,<br />
Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem<br />
Zentrum Rosenhügel, Wien<br />
elisabeth.preisinger@wienkav.at<br />
die regelmäßige Knochenverformung,<br />
das heißt die tägliche Belastung für Knochen<br />
und Muskeln zu gering, sodass<br />
sich ein Ungleichgewicht zugunsten der<br />
Resorption und zum Nachteil der Knochenformation<br />
ergibt. Dazu kommt es<br />
bei längerer Bettruhe oder inaktivem Lebensstil.<br />
Nimmt hingegen eine wiederholte<br />
Knochenverformung, beispielswei-<br />
obere<br />
Grenze<br />
untere<br />
Grenze<br />
der<br />
minimalen<br />
effektiven<br />
Verformung
se durch ein Muskelaufbautraining, zu,<br />
dann überwiegt die Knochenformation.<br />
Bei pathologischer Überbelastung, wie<br />
zu großer Krafteinwirkung, beispielsweise<br />
beim Sturz aus großer Höhe oder<br />
durch lang andauernde Belastungen, wie<br />
bei einigen Ausdauersportarten, kommt<br />
es zur Fraktur respektive zur Ermüdungsfraktur.<br />
Die minimal effektiven Verformungszonen<br />
unterliegen auch hormonellen<br />
Einflüssen und verschieben sich<br />
beispielsweise in der Postmenopause.<br />
Was passiert auf<br />
der zellulären Ebene?<br />
Die Osteoblasten- und die Osteoklastenfunktion<br />
passt sich den mechanischen<br />
Stimuli an. Eine Schlüsselrolle kommt<br />
dabei den Osteozyten zu. Sie repräsentieren<br />
95 % der Skelettzellen beim Erwachsenen<br />
und sind über so genannte<br />
„gap junctions“ gut vernetzt. Mit zunehmendem<br />
Alter verschlechtern sich dieses<br />
Vernetzungssystem und damit die<br />
Sensitivität für chemische und physikalische<br />
Signale. Nicht nur Osteoblasten<br />
und Osteozyten werden durch mechanische<br />
Stimuli beeinflusst, sondern auch<br />
die Osteoklastenfunktion, deren Aktivität<br />
bei Immobilisation erhöht ist. Die Information<br />
der Mechanorezeptoren erfolgt<br />
im Wesentlichen über Flüssigkeitsverschiebungen<br />
an der Membranoberfläche<br />
der Zellen.<br />
Die Knochenresorption und die wesentlich<br />
länger dauernde Knochenformation<br />
laufen im Körper verteilt in so genanten<br />
BMUs (= Basic Multicellular Units) ab.<br />
Wird dieser als „Remodeling“ bezeichneter<br />
Knochenabbau- und -anbau erhöht,<br />
wie beispielsweise bei Immobilisierung,<br />
so entsteht eine negative Knochenbalance.<br />
Die Howship’schen Lakunen werden<br />
nicht mehr ausreichend gefüllt. Der<br />
Grund dafür liegt nicht alleine im Fehlen<br />
der Schwerkraft, sondern ist vor allem<br />
durch die verminderte oder fehlende<br />
Muskelarbeit gegen die Schwerkraft zu<br />
suchen. Dies erklärt auch den Verlust an<br />
Knochenmasse in den plegischen Extremitäten<br />
nach Schlaganfall, Querschnittsläsionen,<br />
bei Langzeit-Bettruhe und bei<br />
Astronauten.<br />
Tab.: Physiologische Veränderungen<br />
durch Bettruhe<br />
Plasmavolumen å 10–15 %<br />
maximale aerobe Kapazität å 25 %<br />
Erythrozyten å<br />
Blutviskosität õ<br />
Hämatokrit õ<br />
Fibrinogen õ<br />
Thromboserisiko õ<br />
linksventrikuläres enddiastolisches<br />
Volumen å 8–13 %<br />
Insulinresistenz õ<br />
Körpergewicht å 2 % / fettfreie<br />
Körpermasse å 4 %<br />
Körpergröße õ 1 cm<br />
Kalziumausscheidung õ<br />
Kalziumresorption å<br />
Knochendichte å 0,5–1 %/Monat<br />
Nierensteinrisiko õ<br />
Muskelmasse/Kraft å – nach 4 Monaten<br />
Degeneration der Muskeln<br />
orthostatische Intoleranz õ<br />
Vertigo õ 10 %<br />
Balance/Stabilität å<br />
Gangsicherheit å<br />
Rückenschmerzen õ<br />
depressive Stimmungslage<br />
Effekte abseits der<br />
muskuloskelettalen Systems<br />
Durch eine Immobilisation, wie bei<br />
Langzeit-Bettruhe, wird nicht allein der<br />
Knochen beeinflusst, sondern auch das<br />
gesamte Herz-Kreislauf- und endokrine<br />
System. Es entwickelt sich eine katabole<br />
Stoffwechsellage mit allen pathophysiologischen<br />
Konsequenzen. Bei überdurchschnittlicher<br />
Liegedauer nimmt die Flüssigkeits-<br />
und Elektrolytausscheidung über<br />
die Niere zu. Bereits nach mehr als 2 Tagen<br />
Bettruhe beträgt der Plasmaverlust<br />
bis zu 10 % und kann bis zu 15 % weiter<br />
ansteigen. Die Blutviskosität, der Hämatokrit,<br />
Fibrinogen und das Thromboserisiko<br />
steigen an. (Tab.). Das linksventrikuläre<br />
enddiastolische Volumen, die<br />
orthostatische Toleranz und die maximale<br />
Sauerstoffaufnahme (VO 2max) nehmen ab.<br />
Insgesamt verändert Immobilität, die fehlende<br />
Bewegung gegen die Schwerkraft,<br />
den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt<br />
beziehungsweise deren Anpassungsfähigkeit<br />
an jeglichen Wechsel der Körperposition.<br />
Durch die fehlende Stimulation des<br />
Gleichgewichtsorgans und der Propriozeptoren<br />
sowie durch die zunehmende Muskelatrophie<br />
kommt es zu einem Verlust<br />
der Körperbalance. Die Betroffenen verlieren<br />
bis zu 4 % an Körpergewicht, vorwiegend<br />
an fettfreier Körpermasse, d. h.<br />
Muskelmasse. Nach 4-monatiger Immobilisierung<br />
kann die Muskulatur bereits<br />
teilweise degeneriert und bindegewebig<br />
verändert sein. Die so genannten Antigravitationsmuskeln,<br />
wie beispielsweise die<br />
Waden- und Schienbeinmuskulatur sind<br />
davon besonders betroffen. Auch psychische<br />
Veränderungen, wie depressive<br />
Stimmungslage und Rückenschmerzen<br />
sind in Zusammenhang mit längerer Bettruhe<br />
beschrieben.<br />
Gegensteuerung durch<br />
physikalische Therapie<br />
In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt<br />
werden, dass eine Muskelatrophie<br />
während einer mehrmonatigen Bettruhe<br />
durch Training im Liegen nicht komplett<br />
vermieden, jedoch reduziert werden<br />
kann. Die kürzlich publizierte Berliner<br />
Bedrest-Studie hat gezeigt, dass der Muskelumfang<br />
der Wadenmuskulatur bei gesunden<br />
Männern zwischen 20 und 45<br />
Jahren nach 3 Monaten Rekonvaleszenz<br />
im Anschluss an eine 2-monatige Bettruhe<br />
messbar zunimmt. Durch ein 2-mal<br />
täglich durchgeführtes Training im Liegen<br />
mit seitenalternierender Ganzkörpervibration<br />
bis zu 30 Hz in Kombination mit Widerstandstraining<br />
bis zum 2-Fachen des<br />
Körpergewichts und Schnellkrafttraining<br />
konnte über eine 2-monatige Phase der<br />
Bettruhe bei gesunden Versuchpersonen<br />
ein Verlust der Knochenmasse vermieden<br />
werden. ■<br />
FACT-BOX<br />
Immobilitätsosteoporose kann lokal durch Gelenksruhigstellung,<br />
beispielsweise durch Gips,<br />
aufgrund von Arthritiden oder durch eine Para-,<br />
Tetra- und Hemiplegie, Langzeit-Bettruhe oder<br />
durch Probleme des Alters, wie Sarkopenie, bedingt<br />
sein. Sie ist zum Teil reversibel und kann<br />
durch nur gezieltes Training reduziert werden.<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
9
FOCUS<br />
ei nur geringerer Magensäureproduktion<br />
werden die Kalziumkomplexe<br />
schlecht gelöst und in Folge auch<br />
mangelhaft resorbiert. 1 Atrophische Gastritis,<br />
Magenoperationen und hoch dosierte<br />
lang anhaltende Protonenpumpen-Hemmer<br />
senken deutlich die Säureproduktion.<br />
Dieser Zustand kann zur Malabsorption<br />
von sowohl Nahrungskalzium als auch einer<br />
therapeutischen Kalziumsubstitution<br />
führen und so auf lange Sicht das <strong>Osteoporose</strong>risiko<br />
deutlich erhöhen. 2<br />
B<br />
Gastrektomie<br />
bei Magenkarzinom<br />
Das Magenkarzinom gehört trotz sinkender<br />
Inzidenz (in Österreich ca. 1.500<br />
Neuerkrankungen pro Jahr) immer noch<br />
zu den häufigsten Krebsarten und ist weltweit<br />
die zweithäufigste Ursache für Krebstod<br />
weltweit. Durch eine Gastrektomie<br />
kommt es zum Wegfall einerseits des Intrinsic<br />
Factors, was durch parentera le Vi -<br />
tamin-B 12-Substitution leicht beherrscht<br />
werden kann, andererseits auch zum<br />
Wegfall der Magensäure für die Aufschließung<br />
der Nahrung, was vielfache Auswirkungen<br />
auf den Metabolismus hat. In Bezug<br />
auf den Knochenstoffwechsel entwi -<br />
ckeln viele der langzeitüberlebenden<br />
Patienten eine hochgradige <strong>Osteoporose</strong>.<br />
<strong>Osteoporose</strong> nach Gastrektomie: Bereits<br />
1964 wurde eine wissenschaftliche Arbeit<br />
publiziert, welche zeigte, dass Gastrektomien<br />
zu einer Veränderung des Kalziumstoffwechsels<br />
und in der Folge zu <strong>Osteoporose</strong><br />
führen. 3<br />
10 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Kalzium-Malabsorption und diätetische Faktoren in der <strong>Osteoporose</strong>-Ätiologie<br />
Gastrektomie und die Folgen<br />
für das Skelettsystem<br />
Malabsorption von in Nahrung enthaltenem Kalzium ist eine bekannte Ursache von <strong>Osteoporose</strong>. Die<br />
Lösung von Kalziumkomplexen durch die Magensäure ist der erste Schritt für die aktive und passive<br />
Resorption von Kalzium als Kalzium-Ion im proximalen Dünndarm.<br />
Eine Studie aus Korea 4 aus dem Jahr<br />
2007 evaluierte die Prävalenz von<br />
<strong>Osteoporose</strong> 3 Jahre nach kurativer<br />
Gastrektomie bei Patienten mit einem<br />
Adenokarzinom des Magens. Es wurden<br />
die Auswirkungen des Tumorstagings,<br />
der Operationsart (subtotale und totale<br />
Gastrektomie) und von Risikofaktoren<br />
wie Alter, niedriger Body-Mass-Index<br />
(BMI), Typ-2-Diabetes, Anämie, erhöhte<br />
alkalische Phosphatase und Rückenschmerzen<br />
evaluiert. Insgesamt wurde<br />
bei 40 % der Patienten eine <strong>Osteoporose</strong><br />
mittels reduzierter Knochendichte und<br />
bei 14 % eine Osteomalazie diagnos -<br />
tiziert. Dabei zeigte sich ein signifikanter<br />
Zusammenhang der Knochendichte mit<br />
dem Alter sowie einem BMI < 18,5 und<br />
niedrigem Hämoglobinwert (Frauen<br />
< 11 g/dl, Männer < 13 g/dl). In multivarianten<br />
Analysen waren bei Männern<br />
ein Alter > 64 Jahre und eine Anämie,<br />
bei Frauen der Rückenschmerz unabhängige<br />
prädiktive Faktoren.<br />
Zusammenfassend bestätigt diese Studie<br />
die hohe Rate von <strong>Osteoporose</strong> bei Magenkarzinompatienten<br />
unabhängig von<br />
der Operationsart. Frühe Diagnose und<br />
Therapie der <strong>Osteoporose</strong> sind für langzeitüberlebende<br />
Gastrektomiepatienten<br />
unbedingt notwendig.<br />
Adipositas-Chirurgie<br />
Bei sinkender Inzidenz von Magenkrebs<br />
steigt jedoch weltweit die Anzahl der<br />
schwer adipösen Patienten. Aufgrund der<br />
Schwierigkeit, durch Lebensstiländerung<br />
oder medikamentöse Therapie alleine<br />
Mag. Dr. Karin Elisabeth Schmidt<br />
Chirurgische Abteilung, Sozialmed izinisches<br />
Zentrum Ost - Donauspital,<br />
Abteilungsvorstand: Univ.-Prof. Dr. Stephan<br />
Kriwanek, Wien<br />
karin.schmidt@wienkav.at<br />
langfristig wesentlich an Gewicht zu verlieren,<br />
hat die bariatrische Chirurgie im<br />
letzten Jahrzehnt einen großen Aufschwung<br />
erfahren. Alleine in den USA<br />
werden jährlich ca. 220.000 bariatrische<br />
Operationen durchgeführt. Auch in Österreich<br />
gewinnt die bariatrische Chirurgie<br />
zunehmend an Bedeutung. Die Gesamteingriffe<br />
liegen aktuell bei etwa 2.000 pro<br />
Jahr (persönliche Information von Herrn<br />
Univ.-Prof. Dr. Stephan Kriwanek). Patienten<br />
werden in der Regel ab einem<br />
BMI von 40, bei Adipositas-assoziierten<br />
Erkrankungen ab einem BMI von 35 operiert.<br />
5<br />
Als operative Verfahren 7 (siehe Abb.)<br />
werden laparoskopische restriktive Verfahren<br />
wie das verstellbare Magenband,<br />
die Sleeve-Gastrektomie und der Roux-<br />
Y-Magenbypass eingesetzt, welcher auch<br />
eine malabsorptive Komponente besitzt.
Abb.: Operative Verfahren der Adipositaschirurgie<br />
Dieser wird derzeit als der Goldstandard<br />
auf Grund seiner Effektivität und seiner<br />
Dauerhaftigkeit angesehen. Ein noch<br />
stärkerer malabsorptiver Effekt kann<br />
durch einen „Duodenal Switch“ mit biliopankreatischer<br />
Teilung erreicht werden.<br />
Metabolische Benefits und Gefahren der<br />
Malabsorption nach bariatrischen Operationen:<br />
Patienten mit Adipositas-assoziierten<br />
Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes,<br />
Hyperlipidämie, Bluthochdruck und<br />
Schlafapnoe erfahren durch bariatrische<br />
Eingriffe zu durchschnittlich 80 % eine<br />
deutliche Besserung ihres Zustandes und<br />
können in der Folge oft auf eine präoperativ<br />
notwendige medikamentöse Therapie<br />
verzichten. 6 Dies führt zu einer deutlichen<br />
Besserung der Lebensqualität und<br />
zur Senkung der Adipositas-assoziierten<br />
Mortalität.<br />
Bei adipösen Patienten besteht neben den<br />
erwähnten kardiovaskulären Risikofaktoren<br />
auch häufig bereits eine Prädisposition<br />
für eine sekundäre <strong>Osteoporose</strong> auf<br />
Grund von chronischem Vitamin-D-Mangel,<br />
inadäquater Kalziumaufnahme und<br />
daraus folgend ein sekundärer Hyperparathyreoidismus.<br />
8 Nach bariatrischen<br />
Operationen verlieren die Patienten häufig<br />
in kurzer Zeit sehr stark an Gewicht,<br />
oft 50–100 kg. Dies führt zu einem hohen<br />
Risiko für eine metabolische Knochenkrankheit.<br />
In einer großen Studie 9<br />
konnte nachgewiesen werden, dass 70 %<br />
der Patienten nach malabsorptiver Operation<br />
eine metabolische Knochenkrankheit<br />
entwickeln.<br />
Bariatrische Patienten bedürfen nach erfolgter<br />
gewichtsreduzierender Operation<br />
ein sorgfältiges, lebenslanges Monitoring<br />
ihres Vitamin- und Mineralstoffhaushaltes,<br />
FACT-BOX<br />
Langzeitüberlebende nach kurativen Gastrektomien<br />
bei Magenkarzinomen bedürfen<br />
einer sorgfältigen Überwachung des Knochenstoffwechsels<br />
mittels Knochendichte<br />
messung und häufig einer hoch dosierten<br />
Vitamin-D- und Kalziumsubstitution auf<br />
Grund der schlechteren Verwertbarkeit der<br />
Nahrung.<br />
Bariatrische Operationen führen zu einem<br />
ausgeprägten Gewichtsverlust in kurzer<br />
Zeit. Malabsorption und reduzierte Nahr -<br />
ungsaufnahme können bereits kurz postoperativ<br />
zu einer ausgeprägten sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> führen. Präoperatives Screen-<br />
ing und ausreichende Vitamin- und Mineralstoffsupplementierung<br />
sind ein essenzieller<br />
Bestandteil der langfristigen Betreuung<br />
bariatrischer Patienten.<br />
nur so kann eine sekundäre <strong>Osteoporose</strong><br />
verhindert werden.<br />
Das perioperative Management mit dem<br />
Fokus auf Prävention der metabolischen<br />
Knochenkrankeit kann in der letzten Literaturangabe<br />
nachgelesen werden. 10 ■<br />
1 Schinke T. et al.: Impaired gastric acidification negatively affects calcium<br />
homeostasis and bone mass. Nature Medicine <strong>2009</strong> June; 15 (6):674-681<br />
2 Sipponen P., Härkönen M.: Hypochlorhydric stomach: a risk condition for<br />
calcium malabsorption and osteoporosis? Scand J Gastroenerol 2010;<br />
45 (2):133-138<br />
3 Deller D.J. et al.: Metabolic effects of partial gastrectomy with special<br />
reference to calcium and folic acid. Gut 1964; 5:218<br />
4 Lim J. et al.: High prevalence of osteoporosis in patients with gastric<br />
adenocarcinoma following gastrectomy. World J of Gastroenerol 2007;<br />
13 (48):6492-6497<br />
5 Ott N. et al.: Trendanalyse der Adipositaschirurgie in Österreich – Update<br />
2004. Poster, Wien 2005<br />
6 Sjöstrom L. et al.: Lifestyle, Diabetes and Cardiovascular Risk Factors<br />
10 Years after Bariatric Surgery. NEJM 2004 Dec; 351 (26):2683-2693<br />
7 DeMaria E.J.: Bariatric Surgery for Morbid Obesity. NEJM 2007 May;<br />
365 (21):2176-2183<br />
8 Hamoui N. et al.: Calcium metabolism in the morbidly obese. Obes<br />
Surgery 2005; 15:330-335<br />
9 Galdner W.S. et al.: Severe metabolic bone disease as a long-term<br />
complication of obesity surgery. Obes Surgery 2002; 12:685-692<br />
10 Willams S. E. et al.: Perioperative management of bariatric surgery<br />
patients: Focus on metabolic bone disease. Cleveland Clinic J of<br />
Medicine 2008 May; 75 (5):333-349<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
11
FOCUS<br />
Kalzium-Malabsorption und diätetische Faktoren in der <strong>Osteoporose</strong>-Ätiologie<br />
Osteologische Aspekte<br />
der Laktoseintoleranz<br />
Knochendichte und Knochenmineralisation, wichtige Skeletteigenschaften, sind als Summe anlage- und<br />
umweltbedingter Faktoren über einen langen Zeitraum hinweg aufzufassen. Die genetische Anlage einer<br />
primären adulten Laktoseintoleranz (Hypolaktasie, Milchzuckerunverträglichkeit) ist dabei ein Beispiel<br />
für die Auswirkung einer genetischen Disposition, die bei unvorteilhaften Umweltbedingungen zum<br />
Auftreten einer sekundären <strong>Osteoporose</strong> führen kann.<br />
Natürliche Quellen des Kalziums in<br />
unserer Ernährung sind häufig<br />
Milch und Milchprodukte, die allerdings<br />
unterschiedliche Mengen an Laktose,<br />
dem Hauptkohlenhydrat der Milch, enthalten.<br />
Dabei sind Butter und die meisten<br />
Hartkäse eher laktosearm, Milch<br />
und viele Fertigprodukte mit über 4,5 g<br />
Laktose/100 g jedoch laktosereich und<br />
werden von laktoseintoleranten Personen<br />
nicht vertragen. Laktose selbst ist ein<br />
sehr häufiger, da kostengünstiger Bestandteil<br />
zahlreicher Nahrungsmittel, u.<br />
a. von Schokoladen, Keksen und Fertiggerichten,<br />
aber auch Saucen und Wurstwaren<br />
und ist vielen Medikamenten als<br />
Trägersubstanz zugesetzt.<br />
Laktoseintoleranz<br />
und -toleranz<br />
Laktose wird im Darm durch das wandständige<br />
Enzym Laktase in Glukose und<br />
12 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Galaktose gespalten. Nach der Stillperiode<br />
wird bei den meisten Säugetieren im<br />
Laufe der Entwicklung die Laktaseaktivität<br />
nach dem Abstillen rasch abgeschaltet.<br />
Dabei ist weder ein „Wieder-Anschalten“<br />
noch ein Training der Laktase-Expression<br />
möglich. In unterschiedlichen<br />
ethnischen Gruppen nimmt die Aktivität<br />
des Enzyms Laktase zu unterschied lichen<br />
Zeitpunkten ab, in unseren Breiten meist<br />
um das 5. bis 20. Lebensjahr. Oft wird<br />
die Veränderung aber auch erst später bemerkt,<br />
weil eine Laktosereduktion in der<br />
Nahrung schon unbewusst erfolgt ist.<br />
Mutation macht tolerant: Aktivierende<br />
Mutationen nahe dem Laktase-Gen (Laktase-Phlorizin-Hydrolase<br />
– LPH) am<br />
Chromosom 2q21-22 haben vor etwa<br />
10.000 Jahren in Europa (und vor etwa<br />
3.000 Jahren in Afrika und im Nahen<br />
Osten) die Fähigkeit zum Laktoseverdau<br />
auch im höheren Erwachsenenalter<br />
Tab.: Klinische Bedeutung der häufigsten Genotypen der primären adulten Laktoseintoleranz/<br />
Milchzuckerunverträglichkeit (C/T[–13910]-Polymorphismus)<br />
Genotyp (C/T –13910) Interpretation Klinische Symptomatik<br />
TT (homozygot) laktosetolerant nein<br />
TC (heterozygot) laktosetolerant nein, ev. minimal<br />
CC (homozygot) laktoseINtolerant Laktoseintoleranz<br />
Univ.-Prof. Dr. Barbara Obermayer-Pietsch<br />
Klinische Abteilung für<br />
Endokrinologie und Stoffwechsel,<br />
Universitätsklinik für Innere Medizin,<br />
Medizinische Universität Graz<br />
barbara.obermayer@medunigraz.at<br />
ermöglicht, wodurch etwa ein Drittel der<br />
Weltbevölkerung über eine zeitlebens<br />
stabile hohe Laktaseaktivität verfügt. Bei<br />
Heterozygoten dürfte das inaktive Allel<br />
zumindest teilweise kompensiert werden.<br />
Die häufigste zugrunde liegende Mutation,<br />
ein CT-Dimorphismus –13910 bp<br />
„upstream“ des eigentlichen Laktase-<br />
(LPH)-Gens, ist in Österreich bei etwa 75–<br />
80 % aller Personen vorhanden, was um -<br />
gekehrt jedoch auch eine primäre, adulte<br />
Laktoseintoleranz bei etwa jeder/-m 4.<br />
oder 5. ÖsterreicherIn – mit entsprechenden<br />
diätetischen Änderungen – zur Folge<br />
hat. Dabei hat die Frequenz der Lakto -<br />
seintoleranz keineswegs zugenommen,
nur die Wahrnehmung und Nachweisbarkeit<br />
haben sich deutlich verbessert.<br />
Klinisch manifestiert sich die Laktose -<br />
intoleranz durch Bauchkrämpfe, Bläh -<br />
ungen und Flatulenz bis zu Durchfällen<br />
und einer (un)bewussten Einschränkung<br />
der Laktosezufuhr, um diese Symptome<br />
zu vermeiden. Allerdings sind das Auftreten<br />
und das Ausmaß der klinischen Symp -<br />
tomatik sehr unterschiedlich und auch an<br />
die bakterielle Darmbesiedelung und die<br />
oroanale Transitzeit gebunden.<br />
Die Diagnostik der Laktoseintoleranz<br />
war bisher an indirekte Tests, wie den<br />
Laktosetoleranz-Test mit Blutzuckerbestimmung<br />
nach oraler Laktoseapplikation<br />
und den H 2-Atemtest gebunden. Diese<br />
Tests sind für die PatientInnen relativ<br />
(zeit-)aufwändig, im positiven Fall oft mit<br />
massiven Symptomen und zusätzlich mit<br />
einer Fehlerrate von bis zu 20 % falschpositiver<br />
oder -negativer Tests verbunden.<br />
Eine sekundäre Laktose intoleranz, etwa<br />
wegen entzündlicher Darmerkrank ungen<br />
oder postoperativ, führt zu einem verringerten<br />
Anstieg des Blutzuckerspiegels/der<br />
H 2-Abatmung wie die pri märe adulte<br />
Laktoseintoleranz. Eine his tologische<br />
Analyse von Disaccharasen, z. B. der Laktase/Saccharase-Relation<br />
(L/S-Ratio) aus<br />
intestinalen Biopsien wird wegen Kos ten<br />
und Aufwand kaum durchgeführt.<br />
Neue molekularbiologische Tests beruhen<br />
auf einer Genotypisierung der o. g.<br />
Mutation(en) und können eine genetische<br />
Disposition für eine primäre adulte<br />
Laktoseintoleranz nachweisen. Gentests<br />
werden u. a. im Labor für Endokrinologie<br />
und Stoffwechsel der Medizinischen<br />
Universität Graz (www.medunigraz.at)<br />
und in zahlreichen spezialisierten Labors<br />
in Österreich durchgeführt. Die Sensitivität<br />
der Genotypisierung liegt gegenüber<br />
dem H 2-Atemtest bei 96 %, die Spezifität<br />
bei 86 %. Sekundäre Formen der<br />
Laktoseintoleranz werden bei der Genotypisierung<br />
– die aber zur Ausschlussdiagnostik<br />
beitragen kann – naturgemäß<br />
nicht miterfasst.<br />
red<br />
6.000 -<br />
5.000 -<br />
4.000 -<br />
3.000 -<br />
2.000 -<br />
1.000 -<br />
-<br />
0 -<br />
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000 10.000<br />
-<br />
-<br />
Kontrolle<br />
-<br />
Abb. 1: Beispiel der Genotypisierung einer primär adulten Laktoseintoleranz/Milchzuckerunverträglichkeit<br />
(Hypolaktasie, Laktase-Gen-LCT/MCM6-C/T[–13910]-Polymorphismus)<br />
Laktoseintoleranz<br />
und Knocheneigenschaften<br />
-<br />
Allein schon wegen des naheliegenden<br />
Aspekts der fehlenden Kalziumzufuhr<br />
hat sich seit den 1960er-Jahren eine<br />
große Zahl von wissenschaftlichen Arbeiten<br />
mit Laktoseintoleranz und Knochendichte/Knochenfrakturen<br />
befasst.<br />
Verminderte Kalziumzufuhr mit der Nahrung:<br />
Ein genereller Konsensus besteht<br />
darin, dass eine verminderte Kalzium -<br />
zufuhr bei laktoseintoleranten Personen<br />
zu einer Verschlechterung der Knochendichte<br />
führen kann. Tatsächlich war bei<br />
selektierten laktoseintoleranten prä- und<br />
postmenopausalen Frauen und bei Männern<br />
die Knochendichte im Vergleich zu<br />
altersgleichen Personen signifikant reduziert.<br />
Neben dem Aspekt einer verminderten<br />
Knochenspitzenmasse, die bei früh auftretender<br />
ausgeprägter Laktoseintoleranz<br />
in Betracht gezogen werden muss, ist für<br />
große Teile der Bevölkerung eine vermehrte<br />
Knochendichteabnahme im höheren<br />
Lebensalter bedingt durch inadäquate<br />
Kalziumzufuhr von Bedeutung, zumal die<br />
Kalziumaufnahme im Alter bekannterweise<br />
zusätzlich abnimmt. Dabei ist die ge-<br />
CC<br />
●<br />
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LCT Genotypen PCR 1<br />
-<br />
green<br />
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TC<br />
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-<br />
nerelle Kalziumzufuhr in der Bevölkerung<br />
zu berücksichtigen – so ist in Ländern mit<br />
unterdurchschnittlicher Kalziumversorgung<br />
wie in Österreich von erheblichen<br />
Auswirkungen auf die Knochendichte auszugehen,<br />
während in Ländern mit generell<br />
hoher Kalziumzufuhr, wie etwa in<br />
Nordeuropa, die durch Laktoseintoleranz<br />
hervorgerufene Verminderung der Kalziumzufuhr<br />
eher weniger wichtig sein<br />
dürfte. Damit sind auch Kontroversen in<br />
der Literatur hinsichtlich des Auftretens<br />
einer sekundären <strong>Osteoporose</strong> durch<br />
Laktoseintoleranz zu erklären.<br />
Die Frage einer Häufung von Knochenfrakturen<br />
ist bei HochrisikopatientInnen<br />
in einigen Arbeiten positiv beurteilt worden,<br />
bei hochbetagten AltersheimpatientInnen<br />
mit Laktoseintoleranz zeigte sich<br />
ein deutlich erhöhtes Risiko speziell für<br />
Hüftfrakturen. Insbesondere bei ausgeprägtem<br />
Vitamin-D-Mangel war dieses<br />
Risiko noch weiter gesteigert, was durch<br />
eine weitere Verschlechterung der Kalziumresorption<br />
unter diesen Umständen<br />
erklärt werden kann. Eine Kalzium- und<br />
Vitamin-D-Supplementation sollte in dieser<br />
Bevölkerungsgruppe in Kenntnis der<br />
Häufigkeit der Laktoseintoleranz gezielt<br />
schwere Knochenfrakturen verhindern u<br />
TT<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
13
FOCUS<br />
helfen und wurde in bisherigen Studien<br />
bereits als risikovermindernder Faktor<br />
beschrieben.<br />
Die fehlende intestinale Kalziumresorption<br />
durch Beimengung von Laktose ist<br />
ein weiterer Aspekt der Laktoseintoleranz,<br />
wobei sowohl eine erhöhte intestinale<br />
Transitzeit bei Laktoseintoleranten<br />
als auch eine Änderung des intestinalen<br />
Resorptionsmilieus dafür verantwortlich<br />
gemacht werden könnten.<br />
Generell werden vergorene Milchprodukte<br />
bei Laktoseintoleranz besser vertragen<br />
und wurden auch bisher bei laktoseintoleranten<br />
Personen (auch ohne das Wissen<br />
um die Pathophysiologie!) über Jahrhunderte<br />
erfolgreich eingesetzt. Insbesondere<br />
im Mittelmeerraum mit sehr<br />
hohen Inzidenzen der Laktoseintoleranz<br />
von 50–70 % der Bevölkerung sind Zubereitungsverfahren<br />
von Käse und Joghurt<br />
mit fast vollständigem Laktaseabbau<br />
üblich, da die Bevölkerung keine<br />
laktosehaltigen Nahrungsmittel konsumieren<br />
würde. Prinzipiell ist eine „Symbioselenkung“<br />
durch spezielle Keimspektren<br />
(Probiotika) derzeit noch im experimentellen<br />
Stadium, eine generelle<br />
14 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Intron 13<br />
… C G/C TAAGTTACCA ………………… AAGATAA T/G GTAG C/T CC C/G TG …<br />
–14010 bp<br />
Ostafrika vor<br />
3.000 Jahren<br />
Ostafrika vor<br />
3.000 Jahren<br />
–13915 bp –13910 bp –13907 bp<br />
Europa von<br />
10.000 Jahren<br />
Ostafrika vor<br />
3.000 Jahren<br />
Ausgewiesen ist der CT-13910-Polymorphismus „upstream“ des Laktase-Gens, der in Europa seit etwa 10.000 Jahren eine<br />
lebenslange Laktaseaktivität und Laktosetoleranz bei AllelträgerInnen ermöglicht. Ausgewiesen sind weitere neu entdeckte intro -<br />
nische Mutationen in unmittelbarer Nähe, die zu späteren Zeitpunkten in Afrika aufgetreten und aktuell nachweisbar sind – alle<br />
ermöglichen eine Laktosetoleranz.<br />
Nach: Tishkoff S. et al., Nat Genet 2006<br />
Abb. 2: Genlocus der primären adulten Laktoseintoleranz im Intron 13 des MCM6-Gens am<br />
Chromosom 2q21<br />
Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen<br />
werden.<br />
Die Behandlung der Laktoseintoleranz<br />
und die Vermeidung einer sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> beruhen auf der diätetischen<br />
Vermeidung von Milchzucker und<br />
Milchzucker-haltigen Speisen, der eventuellen<br />
Zufuhr von Laktase in den handelsüblichen<br />
oralen Formen etwa entsprechend<br />
den gängigen Pankreasenzym-<br />
Präparaten und dem Zusatz von Kalzium<br />
(und Vitamin D! bei Mangel), um eine<br />
adäquate Kalziumversorgung sicherzustellen.<br />
AUSBLICK: Unter zahlreichen möglichen<br />
Einflussfaktoren für die Knochendichte ist<br />
die Laktoseintoleranz ein seit langem vermuteter,<br />
bisher in seiner Häufigkeit aber<br />
wenig bekannter Faktor. Aufgrund von<br />
neuen molekularbiologischen Nachweismethoden<br />
ist es nun möglich, eine genetische<br />
Disposition eindeutig nachzuweisen,<br />
zumal im klinischen Alltag die Symp -<br />
tome der Laktoseintoleranz sehr breit<br />
gestreut sind.<br />
Klinisch ist dies sowohl für osteologische<br />
als auch für gastroenterologische Frage-<br />
stellungen besonders wichtig, da die Häufigkeit<br />
der Laktoseintoleranz mit 20–25 %<br />
eine wichtige Größe unter den angeborenen<br />
Stoffwechselveränderungen darstellt.<br />
Die Genotypisierung kann in nach<br />
Gentechnikgesetz autorisierten Labors<br />
mit einer PCR-basierten Methode jederzeit<br />
leicht und kostengünstig durchgeführt<br />
werden und sollte daher im Laktoseintoleranz-<br />
und <strong>Osteoporose</strong>-Screening<br />
bei Verdacht noch vor indirekten, aufwändigen<br />
und kostenintensiven Methoden<br />
eingesetzt werden.<br />
Wichtig ist, die Laktoseintoleranz nicht<br />
als „persönliche Befindlichkeitsstörung“<br />
abzuqualifizieren, weil es sich um eine<br />
echte Stoffwechselveränderung handelt.<br />
Dieser bedeutende Faktor für eine erniedrigte<br />
Knochendichte sollte daher erfasst<br />
werden, damit im Kontext mit allen klinischen<br />
Befunden eine angemessene Prophylaxe<br />
bzw. Therapie zum Erhalt einer<br />
ausgeglichenen Kalziumbilanz eingeleitet<br />
werden kann. ■<br />
Literatur bei der Verfasserin<br />
FACT-BOX<br />
Die primäre adulte Laktoseintoleranz (Hypo -<br />
laktasie, Milchzuckerunverträglichkeit) ist eine<br />
erbliche Stoffwechselveränderung und bei 20<br />
bis 25 % der Bevölkerung in Österreich vorhanden.<br />
Durch den zugrunde liegenden Enzymmangel<br />
(Laktase) kann Milchzucker (Laktose) nicht<br />
mehr verdaut werden – es entsteht ein breites<br />
Spektrum gastrointestinaler Unverträglichkeits-<br />
Symptome. Die Diagnose erfolgt direkt über<br />
einen Gentest oder indirekt über Belastungstests.<br />
Eine laktosearme Ernährung, Laktase-Enzymzusätze<br />
und/oder zusätzliche Kalziumquellen<br />
können einen möglichen Kalziummangel mit<br />
konsekutiver sekundärer <strong>Osteoporose</strong> ausgleichen<br />
helfen.
FREIES THEMA<br />
Traditionell – das <strong>Osteoporose</strong>-Weekend<br />
2010 in Salzburg<br />
Zwei Tage prall gefüllt mit Informationen hochkarätiger Experten bot auch heuer wieder<br />
das traditionelle <strong>Osteoporose</strong>-Weekend in Salzburg. Redaktion: Livia Rohrmoser<br />
Von Sport (Prim. Univ.-Prof. DDr. Anton<br />
Wicker) und Ernährung (Univ.-<br />
Prof. Dr. Regina Roller-Wirnsberger) über<br />
Kalzium- und Vitamin-D-Versorgung<br />
(Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig) bis zu –<br />
last not least – dem therapeutischen Ansatz<br />
(Univ.-Doz. Dr. Astrid Fahrleitner-<br />
Pammer) wurde kein Aspekt ausgelassen.<br />
Dazu gehörten Vorträge zur Diagnostik<br />
(Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Pirich),<br />
zum FRAX (Univ.-Prof. Dr. Hans Peter<br />
Dimai) und zur Grundlagenforschung<br />
(Prim. Univ.-Doz. Dr. Ludwig Erlacher) sowie<br />
Fallbeispiele aus der Praxis (OA Dr.<br />
Christian Muschitz) und eine kleine Indus -<br />
trieausstellung mit Trainingsgeräten.<br />
Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig, OA Dr.<br />
Christian Muschitz und Prim. Univ.-Prof.<br />
Dr. Johann Bröll führten als Vorsitzende<br />
durch das Programm.<br />
Frakturrisiko beginnt erst<br />
ab 75 % Compliance zu sinken<br />
Fahrleitner-Pammer berichtete über die aktuellen<br />
therapeutischen Möglichkeiten im<br />
Hinblick auf deren Einsatz in der Praxis.<br />
Die verschiedenen Arzneimittel lassen sich<br />
nach zahlreichen Kriterien ordnen: nach<br />
dem Boxensystem (Alendronat, Risedronat,<br />
Raloxifen und HRT in der Grünen<br />
Box; Ibandronat, Zoledronat, Strontium<br />
und rhPTH in der Gelben Box), nach dem<br />
Wirkmechanismus (anabol und antikatabol)<br />
und nach der Applikationsform (oral<br />
und parenteral). Zu den parenteralen Therapiemöglichkeiten<br />
der <strong>Osteoporose</strong> gehören<br />
die Parathormone (tägliche Injektion)<br />
sowie die zwei parenteralen Bisphosphonate<br />
in Form der Quartalsspritze oder der<br />
jährlichen Infusion.<br />
Mehr als 95 % der behandelten Patienten<br />
erhalten – State of the Art – Bisphosphonate,<br />
etwa jeder 5. erhält bereits ein parenterales.<br />
Bei der Gegenüberstellung der<br />
beiden intravenösen Bisphosphonate wird<br />
immer wieder die häufigere Gabe (4-mal<br />
jährlich) von Bonviva ® bevorzugt. Fahrleitner-Pammer:<br />
„Es ist sicherlich kein<br />
Nachteil, wenn Sie den Patienten 4-mal<br />
im Jahr sehen, so können die Compliance<br />
auch hinsichtlich der Vitamin-D- und<br />
Kalziumgabe überprüft und Themen wie<br />
Bewegung, Ernährung und so weiter angesprochen<br />
werden.“ Dazu kommt ein<br />
besseres Nebenwirkungsprofil für die<br />
Quartalsspritze gegenüber der jährlichen<br />
Gabe, vor allem hinsichtlich Nierenverträglichkeit<br />
und dem Auftreten grippeähnlicher<br />
Symptome nach Verabreichung.<br />
„Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch die<br />
Steuerbarkeit durch die geringere Halbwertszeit<br />
von Bonviva ® “, so die Expertin.<br />
Auch die Patienten schätzen es, dass sie<br />
den Arzt/die Ärztin regelmäßig sehen und<br />
nicht nur mit einem Rezept konfrontiert<br />
werden, und schließlich sind i. v. Injektionen<br />
in den Augen der Patienten generell<br />
wirksamer als Tabletten.<br />
Da die <strong>Osteoporose</strong> eine asymptomatische<br />
Erkrankung ist, hat ein heimliches<br />
Absetzen der oralen Bisphosphonate<br />
durch den Patienten – was erfahrungsgemäß<br />
in der Praxis sehr häufig passiert –<br />
keine unmittelbare Auswirkung, außer<br />
vielleicht der Erleichterung, die komplizierten<br />
Einnahmevorschriften nicht mehr<br />
einhalten zu müssen und eventuelle Nebenwirkungen<br />
nicht mehr zu spüren. „Das<br />
Frakturrisiko sinkt aber bei diesen oralen<br />
Therapien selbst bei einer Compliance<br />
von 50 % kaum“, warnt Fahrleitner-Pam-<br />
mer. „Es müssen mindes tens 75 % der<br />
Tabletten korrekt eingenommen werden,<br />
und zwar so korrekt, dass das<br />
Bisphosphonat den Knochen erreicht.“ 1<br />
Wann dürfen aber die parenteralen<br />
Bisphosphonate aus der Gelben Box verschrieben<br />
werden? Die Verschreibungsregel<br />
sagt im Wesentlichen: wenn die<br />
orale Einnahme nicht möglich ist. In der<br />
Praxis betrifft das alle Ösophagus- und<br />
Magenerkrankungen (Fahrleitner-Pammer:<br />
„Wenn Sie einen PPI geben, dürfen Sie<br />
kein orales Bisphosphonat verschreiben“),<br />
Patienten nach Operationen im Magen-<br />
Darm-Trakt oder mit Malabsorptionen und<br />
schließlich alle, die kognitiv die Vorschriften<br />
nicht einhalten können, etwa aus<br />
Überforderung bei einer Fülle von Medikamenten.<br />
ZUSAMMENFASSUNG: Die 150 Teilnehmer<br />
des diesjährigen <strong>Osteoporose</strong>-Weekends<br />
in Salzburg boten den hochkarätigen<br />
Referenten ein entsprechendes Auditorium.<br />
Von der Diagnose über die Therapie bis<br />
hin zur Bewegung und Ernährung wurden<br />
alle Aspekte zum Thema <strong>Osteoporose</strong><br />
angesprochen, sowohl Altbewährtes als<br />
auch Neues. Die modernen parenteralen<br />
Bisphosphonate (z. B. Bonviva ® Quartalsspritze)<br />
bieten Ärzten und Patienten die<br />
Chance einer verbesserten Therapietreue<br />
und damit gesicherten Wirksamkeit.<br />
In einem waren sich Referenten und Teilnehmer<br />
einig: Die <strong>Osteoporose</strong> bedarf<br />
einer umfassenden Therapie und diese<br />
sollte möglichst patientenorientiert gewählt<br />
werden! ■<br />
1 Siris E.S. et al., Mayo Clin Proc 2006; 81:1013-1022<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
Entgeltliche Einschaltung Fachkurzinformation siehe Seite 51<br />
15
FOCUS<br />
öliakie (früher: einheimische Sprue)<br />
unterscheidet sich markant von anderen<br />
Autoimmunerkrankungen dadurch,<br />
dass das auslösende Agens (= Gliadin)<br />
identifiziert und damit eine kausale Therapie<br />
möglich ist. Vor dem Hintergrund<br />
einer genetischen Prädisposition führt der<br />
Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel zu<br />
einer anhaltenden intestinalen Entzündung,<br />
deren Endstrecke ein reversibler<br />
Umbau der Mikroarchitektur der Dünndarmschleimhaut<br />
ist. Unter Verlust der<br />
Zotten und Hyperplasie der Krypten<br />
(„Kolonisierung der Intestinalmukosa“)<br />
kann ein klinisch der tropischen Sprue<br />
ähnliches Syndrom entstehen, welches<br />
gekennzeichnet ist von Durchfall, Malabsorption<br />
und Gewichtsverlust (in ca.<br />
30 %). Heute werden darüber hinaus<br />
auch atypische, oligosymptomatische bis<br />
stumme Verläufe der Zöliakie beobachtet<br />
(bei > 60 %). Sie stellen ein besonderes<br />
diagnostisches Problem dar, da trotz fehlender<br />
intestinaler Symptomatik vor allem<br />
mit extraintestinalen Manifestationen<br />
(EIM) wie Dermatitis herpetiformis Duhring,<br />
Hepatopathie etc. gerechnet werden<br />
muss. 1 Z<br />
Neben den EIM verdienen bedeutende<br />
Komplikationen der Zöliakie besondere<br />
Beachtung, insbesondere Malignome<br />
(Non-Hodgkin-Lymphome) und Störungen<br />
im Knochenstoffwechsel. 2, 3<br />
16 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Kalzium-Malabsorption und diätetische Faktoren in der <strong>Osteoporose</strong>-Ätiologie<br />
<strong>Osteoporose</strong> als<br />
Komplikation bei Zöliakie<br />
Zöliakie galt lange als pädiatrisches Krankheitsbild. Tatsächlich aber ist eine Erstdiagnose in jedem<br />
Lebensalter möglich. Auch kann Zöliakie nicht länger als seltene Erkrankung gelten. Betroffen ist<br />
mittlerweile mindestens 1 % der Bevölkerung europäischer Herkunft. 4–6 Über die intestinale Symptomatik<br />
hinaus erfordern auch Störungen des Knochenstoffwechsels die ärztliche Aufmerksamkeit: Bei der<br />
Erstdiagnose weisen zahlreiche Patienten eine osteopenische oder osteoporotische Knochendichte auf.<br />
<strong>Osteoporose</strong>-Epidemiologie<br />
bei Zöliakie<br />
Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose weisen<br />
zahlreiche Patienten mit Zöliakie osteopenische<br />
oder osteoporotische Knochendichtwerte<br />
auf. 7, 8 Wird konsequent dietätisch<br />
(strikte glutenfreie Diät) therapiert,<br />
kehrt die gemessene Knochendichte<br />
häufig wieder in den Normal- oder normnahen<br />
Bereich zurück. 9 Dieser Effekt ist<br />
besonders bei Kindern mit Zöliakie ausgeprägt<br />
und betrifft vor allem das erste Jahr<br />
nach Beginn der glutenfreien Diät. 10, 11<br />
Allerdings ist nicht bei allen Patienten<br />
eine Wiederherstellung der Knochendichte<br />
zu erreichen.<br />
Bleibt die Zöliakie lange Zeit unentdeckt<br />
und daher unbehandelt, kommt es zum<br />
Teil zu einer beträchtlichen Reduktion<br />
der Knochendichte. Dies konnte in zahlreichen<br />
Arbeiten hinreichend belegt werden.<br />
3, 7, 12, 13 Fasst man die vorliegenden<br />
Studien zusammen, so ergeben sich ein<br />
mittlerer lumbaler T-Score von –1,91, ein<br />
lumbaler Z-Score von –1,42, ein Hüft-T-<br />
Score von –1,72 und ein Hüft-Z-Score<br />
von –1,14. Aus den gepoolten Daten ergibt<br />
sich eine Prävalenz der <strong>Osteoporose</strong><br />
im unbehandelten Patientengut von 28 %<br />
an der Wirbelsäule und von 0 % an der<br />
Hüfte (T-Score < –2,5). Im Vergleich zu<br />
Dr.<br />
Alexander Eser<br />
ao. Univ.-Prof. DI Dr.<br />
Harald Vogelsang<br />
KIM III. Abteilung Gastroenterologie & Hepatologie,<br />
Medizinische Universität Wien<br />
alexander.eser@meduniwien.ac.at<br />
harald.vogelsang@meduniwien.ac.at<br />
einem Alters- und geschlechtsgematchten<br />
Kollektiv (Z-Score < –2) war bei 40 % an<br />
der Wirbelsäule und 15 % der Patienten<br />
an der Hüfte eine deutliche Reduktion der<br />
Knochendichte festzustellen. 14<br />
Eine präzise Einschätzung der Frakturinzidenz<br />
bei Zöliakiepatienten ist schwerer<br />
zu treffen. Zusammenfassend scheint<br />
das Frakturrisiko gegenüber der Normalbevölkerung<br />
nur moderat erhöht zu sein<br />
(13–27 % Risikoerhöhung nach Korrektur<br />
für Alter, Geschlecht, BMI und Nikotin -<br />
abusus) 15, 16 , wobei hier nach neueren<br />
Studien insbesondere Männer betroffen<br />
sind.
Pathogenese<br />
der <strong>Osteoporose</strong> bei Zöliakie<br />
Nach Einleitung einer glutenfreien Ernährung<br />
verbessert sich die gemessene<br />
Knochendichte im Allgemeinen. Einige<br />
Arbeiten konnten keinen Unterschied<br />
mehr zum gesunden Kontrollkollektiv<br />
nachweisen 17–19 ,während sich in der<br />
Mehrzahl der publizierten Studien die<br />
Knochendichte nicht vollständig erholte.<br />
7, 8, 20, 21 Eine Substitution mit Vitamin<br />
D und Kalzium ist üblicherweise nur bei<br />
schweren Fällen mit <strong>Osteoporose</strong> (z. B.<br />
Frakturen) notwendig. Allerdings ist eine<br />
vollständige histologische Restitution der<br />
Dünndarmschleimhaut kein Garant für einen<br />
gesunden Knochen. 3 Bis zu 17 % der<br />
Patienten weisen trotz suffizienter diätetischer<br />
Einstellung weiterhin osteoporotische<br />
Dichtewerte an der Wirbelsäule auf.<br />
Hauptverantwortlich für den Knochendichteverlust<br />
bei Zöliakie sind einerseits der bei<br />
Zöliakie verbreitete Mangel an Kalzium<br />
und Vitamin D sowie des Kalzium-bindenden<br />
Proteins Calbindin. Letzterer Umstand<br />
führt dazu, dass in der Situation des sekundären<br />
Hyperparathyreoidismus vermehrt<br />
Kalzium aus dem Knochen mobilisiert,<br />
jedoch nicht mehr Kalzium über den<br />
Darm resorbiert werden kann. Darüber<br />
hinaus verschiebt sich der Knochemetabolismus<br />
zu Gunsten vermehrten Abbaus,<br />
ablesbar an der signifikant höheren<br />
RANKL/OPG-Ratio bei unbehandelten<br />
Zöliakiepatienten 22 (erhöhtes c-Telopeptid<br />
im Serum).<br />
Screening, Therapie,<br />
Prophylaxe<br />
Die Britische Gesellschaft für Gastroenterologie<br />
publizierte in ihren Leitlinien für<br />
das Management der <strong>Osteoporose</strong> bei<br />
Zöliakie von 1998 die Empfehlung, alle<br />
Patienten zu Zeitpunkt der Erstdiagnose<br />
mittels DEXA zu screenen. Diese Empfehlung<br />
basiert auf der damals verfügbaren<br />
Evidenz, für die zwar Studien zur Kno-<br />
Basisprogramm:<br />
Nikotinabstinenz,<br />
regelmäßige<br />
körperliche Betätigung,<br />
ausreichende Zufuhr von<br />
Kalzium und Vitamin D,<br />
Steroidrestriktion<br />
T > –1<br />
chendichte, nicht aber zur Frakturprävalenz<br />
zur Verfügung standen. Im Lichte der<br />
rezenteren Daten, welche ein nur mäßig<br />
erhöhtes Frakturrisiko bei Zöliakie nahe<br />
legen, überprüften die damaligen Autoren<br />
ihre Empfehlungen anhand der seit<br />
damals routinemäßig durchgeführten<br />
Knochendichtemessungen. Die Ergebnisse<br />
stellten den Wert einer „screen all“-<br />
Strategie bei Zöliakie in Frage. Aus diesem<br />
Grund kann keine allgemeine Empfehlung<br />
mehr für ein <strong>Osteoporose</strong>screening bei<br />
Zöliakie ausgesprochen werden. 23 Die<br />
Leitlinien der American Gastroenterologic<br />
Association schlagen ein Screening der im<br />
Erwachsenenalter erstdiagnostizierten Patienten<br />
erst 1 Jahr nach Initiierung einer<br />
glutenfreien Diät vor, um Übertherapie der<br />
meisten Knochenheilungen unter glutenfreier<br />
Diät zu vermeiden (Abb.). ■<br />
1 Green P.H.: The many faces of celiac disease: clinical presentation of<br />
celiac disease in the adult population. Gastroenterology 2005;128:S74-78<br />
2 Holmes G.K., Prior P., Lane M.R., Pope D., Allan R.N. Malignancy in coeliac<br />
disease--effect of a gluten free diet. Gut 1989;30:333-338<br />
3 Kemppainen T., Kroger H., Janatuinen E. et al.: Osteoporosis in adult<br />
patients with celiac disease. Bone 1999; 24:249-255<br />
4 Fasano A., Berti I., Gerarduzzi T. et al.: Prevalence of celiac disease in<br />
at-risk and not-at-risk groups in the United States: a large multicenter<br />
study. Arch Intern Med 2003; 163:286-292<br />
5 Maki M., Mustalahti K., Kokkonen J. et al.: Prevalence of Celiac disease<br />
among children in Finland. N Engl J Med 2003; 348:2517-2524<br />
Zöliakie:<br />
alle Erwachsenen 1 Jahr nach Beginn<br />
der glutenfreien Ernährung<br />
Abb.: Empfehlungen zum <strong>Osteoporose</strong>screening bei Zöliakie-Patienten<br />
DXA<br />
–1 > T > –2,5 T < –2,5<br />
Frakturanamnese, Steroidgebrauch<br />
oder andere Risikofaktoren<br />
Basisprogramm<br />
+<br />
Bisphosphonattherapie<br />
oder patientenspezifische<br />
Alternative<br />
(z. B. Hormontherapie)<br />
DEXA-Kontrolle<br />
nach 1–2 Jahren<br />
A. Eser, H. Vogelsang<br />
6 West J., Logan R.F., Hill P.G. et al.: Seroprevalence, correlates, and characteristics<br />
of undetected coeliac disease in England. Gut 2003; 52:960-965<br />
7 Gonzalez D., Mazure R., Mautalen C., Vazquez H., Bai J.: Body composition<br />
and bone mineral density in untreated and treated patients with celiac<br />
disease. Bone 1995; 16:231-234<br />
8 McFarlane X.A., Bhalla A.K., Reeves D.E., Morgan L.M., Robertson D.A.:<br />
Osteoporosis in treated adult coeliac disease. Gut 1995; 36:710-714<br />
9 Arden N.K., Cooper C.: Assessment of the risk of fracture in patients with<br />
gastrointestinal disease. Eur J Gastroenterol Hepatol 2003; 15:865-868<br />
10 Mora S., Barera G., Ricotti A. et al.: Reversal of low bone density with a<br />
gluten-free diet in children and adolescents with celiac disease. Am J<br />
Clin Nutr 1998; 67:477-481<br />
11 Bai J.C., Gonzalez D., Mautalen C. et al.: Long-term effect of gluten<br />
restriction on bone mineral density of patients with coeliac disease.<br />
Aliment Pharmacol Ther 1997; 11:157-164<br />
12 Mustalahti K., Collin P., Sievanen H., Salmi J., Maki M.: Osteopenia in<br />
patients with clinically silent coeliac disease warrants screening. Lancet<br />
1999; 354:744-745<br />
13 Valdimarsson T., Toss G., Ross I., Lofman O., Strom M. Bone mineral<br />
density in coeliac disease. Scand J Gastroenterol 1994; 29:457-461<br />
14 Bernstein C.N., Leslie W.D., Leboff M.S.: AGA technical review on osteo -<br />
porosis in gastrointestinal diseases. Gastroenterology 2003; 124:795-841<br />
15 Thomason K., West J., Logan R.F., Coupland C., Holmes G.K.: Fracture<br />
experience of patients with coeliac disease: a population based survey.<br />
Gut 2003; 52:518-522<br />
16 Olmos M., Antelo M., Vazquez H. et al. Systematic review and metaanalysis<br />
of observational studies on the prevalence of fractures in<br />
coeliac disease. Dig Liver Dis 2008; 40:46-53<br />
17 Walters J.R., Banks L.M., Butcher G.P., Fowler C.R.: Detection of low<br />
bone mineral density by dual energy x ray absorptiometry in unsuspected<br />
suboptimally treated coeliac disease. Gut 1995; 37:220-224<br />
18 Selby P.L., Davies M., Adams J.E., Mawer E.B.: Bone loss in celiac disease<br />
is related to secondary hyperparathyroidism. J Bone Miner Res 1999;<br />
14:652-657<br />
19 Molteni N., Caraceni M.P., Bardella M.T. et al.: Bone mineral density in<br />
adult celiac patients and the effect of gluten-free diet from childhood.<br />
Am J Gastroenterol 1990; 85:51-53<br />
20 Keaveny A.P., Freaney R., McKenna M.J., Masterson J., O'Donoghue D.P.:<br />
Bone remodeling indices and secondary hyperparathyroidism in celiac<br />
disease. Am J Gastroenterol 1996; 91:1226-1231<br />
21 Corazza G.R., Di Sario A., Cecchetti L. et al.: Bone mass and metabolism<br />
in patients with celiac disease. Gastroenterology 1995; 109:122-128<br />
22 Taranta A., Fortunati D., Longo M. et al.: Imbalance of osteoclastogenesisregulating<br />
factors in patients with celiac disease. J Bone Miner Res 2004;<br />
19:1112-1121<br />
23 Lewis N.R., Scott B.B.: Should patients with coeliac disease have their bone<br />
mineral density measured? Eur J Gastroenterol Hepatol 2005; 17:1065-1070<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
17
FOCUS<br />
Mädchen und Frauen sind 10–20mal<br />
häufiger betroffen als Jungen<br />
und Männer, die Zahlen nehmen in der<br />
westlichen Welt aber bei beiden Geschlechtern<br />
zu. Je nach Bevölkerungsgruppe<br />
variieren sie zwischen 0,2 % und<br />
bis zu 4 % bei College-Besucherinnen in<br />
den USA (zu den ICD-10-Diagnosekriterien<br />
siehe Tab. 1).<br />
Für Österreich verfügt die Statistik Austria<br />
über die Zahlen der Krankenhausaufenthalte<br />
mit der Hauptdiagnose AN (ICD-10:<br />
F50.0 und F50.1 [atypische AN]) (Tab. 2).<br />
In nur 7 Jahren haben die Spitalsaufenthalte<br />
bei Frauen um 24 %, bei Männern<br />
um 70 % zugenommen.<br />
Spezifische Gefahr<br />
für das Skelettsystem<br />
Zusammentreffen mit vulnerabler Entwicklungsphase:<br />
Zumeist beginnt die Er-<br />
18 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Kalzium-Malabsorption und diätetische Faktoren in der <strong>Osteoporose</strong>-Ätiologie<br />
Anorexia nervosa und <strong>Osteoporose</strong><br />
Anorexia nervosa (AN), eine Erkrankung mit ausgeprägter Unterernährung, geht sowohl bei<br />
Jugendlichen als auch bei Erwachsenen mit einer verminderten Knochenmineraldichte (KMD)<br />
und dem Risiko für eine erhöhte Frakturrate einher.<br />
Tab. 1: ICD-10-Diagnosekriterien für Anorexia nervosa<br />
krankung in der Pubertät mit 2 Häufigkeitsgipfeln<br />
um das 14. und das 18. Lebensjahr,<br />
wobei in der Literatur auch erkrankte<br />
Kinder ab 8 Jahren beschrieben sind.<br />
In dieser Zeit geschieht viel mit dem Skelett.<br />
Einerseits ist die Zeit der Perimenarche<br />
(bei Mädchen meist zwischen 11<br />
und 14 Jahren, bei Buben zwischen 13<br />
und 16 Jahren) durch die größten Zuwächse<br />
an Knochenmasse gekennzeichnet<br />
(die genetisch festgelegte Peak Bone<br />
Mass wird aufgebaut), andererseits findet<br />
in dieser Phase ein letzter Wachstumsschub<br />
statt. Initiiert werden diese<br />
Vorgänge durch steigende Sexualhormonspiegel,<br />
rasch gefolgt von einem Anstieg<br />
des Wachstumshormons (GH) und<br />
Insulin-like Growth Factor 1 (IGF-1). Sowohl<br />
das periostale Knochenwachstum<br />
als auch die Längenzunahme durch Beeinflussung<br />
der Wachstumsfuge werden<br />
dadurch mitgefördert.<br />
tatsächliches Körpergewicht mindestens 15 % unter dem zu erwartenden Gewicht oder Body-Mass-Index<br />
von 17,5 oder weniger (bei Erwachsenen)<br />
der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch Vermeidung von hochkalorischer Nahrung und zusätzlich<br />
mindestens eine der folgenden Möglichkeiten:<br />
- selbstinduziertes Erbrechen<br />
- selbstinduziertes Abführen<br />
- übertriebene körperliche Aktivität<br />
- Gebrauch von Appetitzüglern und/oder Diuretika<br />
Körperschemastörung in Form einer spezifischen psychischen Störung<br />
endokrine Störungen, bei Frauen manifest als Amenorrhö<br />
bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklung gestört<br />
OÄ Dr. Elisabeth Zwettler<br />
Osteologisch-endokrinologische Ambulanz,<br />
4. Medizinischen Abteilung und Ludwig-<br />
Boltzmann-Institut für Osteologie,<br />
Hanusch-Krankenhaus, Wien<br />
elisabeth.zwettler@osteologie.at<br />
Verminderte KMD und erhöhtes Frakturrisiko:<br />
30–50 % der PatientInnen mit AN<br />
weisen eine verminderte Knochenmineral -<br />
dichte auf und ihr Frakturrisiko ist nach<br />
einer durchschnittlichen Krankheitsdauer<br />
von 5,8 Jahren um das 7-Fache höher als<br />
das gesunder Gleichaltriger.<br />
Die Frakturen betreffen meist die für<br />
<strong>Osteoporose</strong> typischen Stellen: Wirbelkörper,<br />
Radius und Hüfte.<br />
Tab. 2: Krankenhausaufenthalte mit der<br />
Diagnose Anorexia nervosa in Österreich<br />
aICD10 2001 2008<br />
F M F M<br />
F50.0 870 51 1155 83<br />
F50.1 184 5 152 12<br />
Quelle: Statistik Austria
Komplexe Pathogenese<br />
der <strong>Osteoporose</strong>entwicklung bei AN<br />
Die Pathogenese der verminderten KMD und des hohen<br />
Fraktur risikos von AN-PatientInnen ist multifaktoriell: Hypogonadismus,<br />
Mangelernährung, niedere, da nahrungsabhängige<br />
IGF-1-Spiegel, eine erworbene GH-Resistenz, Hyperkortisolismus,<br />
exzessiver Sport und Störungen der die Nahrungsaufnahme<br />
regulierenden Hormone (wie Leptin, Ghrelin und PYY)<br />
sind vermutlich für die niedere KMD verantwortlich.<br />
Während bei erwachsenen Frauen mit AN zumeist Knochenabbau<br />
und Knochenaufbau entkoppelt sind (gesteigerte Resorption,<br />
verminderte Formation, durch Surrogatmarker des Knochenumbaus<br />
gemessen), findet sich bei Jugendlichen ein gesamt<br />
verminderter Knochenumbau mit niedrigen Aufbau- und<br />
niedrigen Abbaumarkern.<br />
PatientInnen mit Bulimie und anderen Essstörungen weisen,<br />
so sie keine Phasen von Anorexie hatten, keine verminderte<br />
KMD auf.<br />
Hypogonadismus: Die Gonadenhormone Östrogen und Testosteron<br />
spielen eine kritische Rolle beim Erreichen der optimalen<br />
KMD. Zu Pubertätsbeginn wird die hemmende Kontrolle<br />
der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse aufgehoben<br />
und es werden vermehrt Gonadotropine ausgeschüttet. Die steigenden<br />
Spiegel der Gonadenhormone ziehen einen Anstieg von<br />
GH und IGF-1 nach sich. Die knochenanabolen Effekte von<br />
GH und IGF-1 und die antiresorp tiven Effekte der Östrogene<br />
(verminderte Sekretion proinflammator ischer Zytokine – IL-<br />
1beta, IL-6, Tumor-Nekrose-Faktor alpha –, welche die Osteoklastendifferenzierung<br />
fördern und das Überleben der Osteoklasten<br />
verlängern, vermehrte Sekretion von Osteoprotegerin<br />
und Transforming Growth Factor beta, welche die Osteoklas -<br />
tenaktivität reduzieren und ihre Apoptose beschleunigen) dürften<br />
für den deutlichen Knochenmasseerwerb in der Adoleszenz<br />
verantwortlich sein.<br />
Für Mädchen und Frauen mit AN sind niedrige Östrogen-,<br />
Tes tosteron- und DHEA-Spiegel typisch. Unterernährung ist<br />
häufig mit einem erworbenen hypogonadotropen Hypogonadismus<br />
vergesellschaftet. Das Alter beim Beginn der Menarche<br />
ist in allen Studien ein unabhängiger Prädiktor einer niedrigen<br />
KMD, die Dauer der Amenorrhö korreliert gut mit dem<br />
Ausmaß der erniedrigten KMD.<br />
Ein Hinweis auf die Wichtigkeit der Ernährung im Zusammenhang<br />
mit der niedrigen KMD bei anorektischen Frauen ist, dass<br />
amenorrhöische Frauen mit ident niedrigen Östrogenwerten,<br />
aber normalem Körpergewicht signifikant höhere KMD-Werte<br />
aufweisen.<br />
Ein weiterer Hinweis auf die multifaktorielle Genese der niedrigen<br />
KMD bei AN sind die enttäuschenden Ergebnisse der Studien<br />
mit Östrogenersatztherapie bei erwachsenen und bei jugendlichen<br />
Patientinnen mit AN (kein Anstieg der KMD nach<br />
12–18 Monaten Therapie – wobei für Jugendliche keine placebokontrollierten,<br />
randomisierten Untersuchungen vorliegen). u<br />
Fachkurzinformation siehe Seite 51
FOCUS<br />
Die Wirkung von Androgenersatztherapie<br />
bei Männern ist nicht ausreichend untersucht.<br />
Eine Gabe von DHEA über 1 Jahr<br />
verlor ihren Effekt auf den Anstieg der<br />
KMD, nachdem für die Gewichtszunahme<br />
korrigiert wurde.<br />
Unterernährung und niedrige IGF-1-Spie -<br />
gel: Zwischen Kennzahlen des Ernährungsstatus,<br />
wie Body Mass Index<br />
(BMI), Muskelmasse, Fettmasse, IGF-1<br />
und der KMD werden starke Korrelationen<br />
beobachtet. Besonders die Muskelmasse<br />
ist ein starker und unabhängiger<br />
Prädiktor der KMD bei Jugendlichen und<br />
Erwachsenen, dem Gesetz der Transformation<br />
der Knochen beziehungsweise<br />
dem Mechanostat-Prinzip folgend.<br />
In vielen, aber nicht allen Studien bewirkt<br />
eine Gewichtszunahme eine signifikante<br />
Erhöhung der KMD (noch vor<br />
neuerlichem Einsetzen der Menstruation).<br />
Zumindest bewirkt die Gewichtszunahme<br />
keinen weiteren Abfall der KMD,<br />
wie sie bei Frauen mit konstant niederem<br />
Gewicht beobachtet wurde.<br />
Langzeitbeobachtungen zeigen, dass trotz<br />
Gewichtszunahme und auch Besserung<br />
der KMD ein gewisser Prozentsatz an<br />
Frauen nie eine mit immer gesund Gewesenen<br />
vergleichbare KMD erreicht.<br />
Dies unterstreicht die Wichtigkeit der frühzeitigen<br />
Diagnose und Therapie der AN.<br />
Bei Unterernährung werden die GH-Rezeptoren<br />
in der Leber hinunterreguliert mit<br />
der Folge niedrigerer IGF-1-Spiegel bei<br />
normalen oder erhöhten GH-Spiegeln.<br />
Durch Stimulation der Osteoblastendifferenzierung<br />
und Proliferation sowie ihren<br />
Einfluss auf die Kollagensynthese wirken<br />
diese Hormone knochenanabol. In einer<br />
Querschnittsstudie mit 133 AN-PatientInnen<br />
war IGF-1 stark für die Unterschiede<br />
der KMD der Hüfte verantwortlich.<br />
Obwohl eine Untersuchung Hinweise auf<br />
20 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
eine Zunahme der KMD nach 2-mal täglicher<br />
IGF-1-Administration gab, fehlen<br />
kontrollierte, größere Studien, wodurch<br />
es derzeit keine Therapieoption darstellt.<br />
Vermindertes Längenwachstum ist, wenn<br />
die Erkrankung vor dem Epiphysenschluss<br />
beginnt, möglich. Es sind häufiger<br />
junge Männer betroffen.<br />
Kalzium- und Vitamin-D-Status: Die Un -<br />
te r suchungen zu Kalzium und Vitamin<br />
D bei AN sind widersprüchlich. Bei den<br />
meisten AN-PatientInnen trat Vitamin-<br />
D-Mangel nicht häufiger auf als bei der<br />
gesunden Kontrollgruppe. Ein Vitamin-<br />
D-Status im Normbereich (> 50 nmol/l,<br />
optimal > 75 nmol/l) und eine tägliche<br />
Kalziumzufuhr von 1.000 mg sind, von<br />
den Studien unabhängig, zu empfeh -<br />
len.<br />
Bewegung: Auch zum Zusammenhang<br />
von Bewegung und niedriger KMD bei<br />
AN sind die Studien widersprüchlich.<br />
Eine Untersuchung wies geringe körperliche<br />
Aktivität (weniger als 3 Stunden)<br />
als Risikofaktor für niedrige BMD aus,<br />
andere konnten diesen Zusammenhang<br />
nicht zeigen. Exzessive Bewegung kann<br />
das Risiko für Stressfrakturen erhöhen.<br />
Hyperkortisolismus: Da die einzelnen<br />
Untersuchungen sehr unterschiedliche<br />
Häufigkeiten von Hyperkortisolämie (vermehrte<br />
Kortisolausschüttung bei erhöhtem<br />
ACTH und verminderter Abbau bei<br />
AN) angeben (bis nur 22 %), dürfte der<br />
Kortisoleffekt auf den Knochen bei AN<br />
von untergeordneter Bedeutung sein.<br />
Leptin, Ghrelin, PYY: Leptin ist eines der<br />
Schlüsselhormone zur Nahrungsaufnahme<br />
und Leistungserbringung, hat aber<br />
auch neuroendokrine und immunmodulatorische<br />
Funktionen und spielt eine<br />
Rolle im Glukose- und Fettmetabolismus.<br />
Bei AN ist ein Leptinmangel mit einer erniedrigten<br />
KMD verknüpft, welche ex -<br />
perimentell nach Leptingabe gebessert<br />
werden konnte.<br />
Ghrelin ist ein ACTH- und GH-Sekretagog<br />
und unterdrückt die pulsatile LH-Ausschüttung,<br />
einen verminderten Sexualhormonstatus<br />
bewirkend. Ghrelinspiegel sind<br />
bei AN erhöht.<br />
Von PYY, aus den L-Zellen der Kolonschleimhaut<br />
sezerniert und bei AN erhöht,<br />
wird ebenfalls eine Rolle im Knochenstoffwechsel<br />
angenommen.<br />
Bisphosphonat-Therapie<br />
bei AN-assoziierter <strong>Osteoporose</strong><br />
Bei erwachsenen AN-PatientInnen wurde<br />
in einer nicht-randomisierten Studie<br />
nach 6 bzw. 9 Monaten Therapie mit<br />
oralen Bisphosphonaten ein Zuwachs<br />
von 4 % bzw. 5 % an KMD gemessen.<br />
Eine andere Studie bei Jugendlichen<br />
konnte nach Korrektur für die Gewichtszunahme<br />
keinen Benefit der Therapie erkennen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG: Anorexia nervosa<br />
und der Zustand nach Anorexia nervosa<br />
sind häufig mit deutlich verminderter<br />
Knochenmineraldichte und erhöhter Frakturrate<br />
assoziiert.<br />
Die niedrige KMD hat multifaktorielle Ursachen<br />
und korreliert mit dem Alter zu<br />
Krankheitsbeginn und der Dauer der<br />
Amenorrhö.<br />
Es gibt derzeit keine zufrieden stellenden<br />
evidenzbasierten medikamentösen Therapieoptionen<br />
für einen bereits eingetretenen<br />
Knochenmasseverlust, weshalb eine<br />
frühe Diagnosestellung, Einleitung einer<br />
Psychotherapie und möglichst rasches<br />
Wiedererreichen des Normalgewichts von<br />
grundlegender Bedeutung sind. ■
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
Primärer Hyperparathyreoidismus in der<br />
Differenzialdiagnostik der <strong>Osteoporose</strong><br />
Störungen des Kalzium-Stoffwechsels sollten im Rahmen einer differenzialdiagnostischen Abklärung der<br />
<strong>Osteoporose</strong> stets mit bedacht werden. Eine Überfunktion der Nebenschilddrüse mit einer übermäßigen<br />
Produktion von Parathormon (PTH) ist dabei ein sehr häufig zu erhebender Befund.<br />
Der primäre Hyperparathyreoidismus<br />
(pHPT) ist eine Erkrankung der Nebenschilddrüsen,<br />
die charakterisiert ist<br />
durch eine autonome Überproduktion von<br />
PTH und eine dadurch verursachten Hyperkalzämie.<br />
In etwa 80–85 % der Fälle<br />
liegt ein singuläres Adenom vor; in etwa<br />
10 % der Fälle findet sich eine so genannte<br />
4-Drüsen-Hyperplasie, in 4–5 % ein<br />
Doppeladenom – Karzinome der Parathyroidea<br />
sind selten und liegen in weniger<br />
als 1 % der Fälle vor. Die Inzidenz des<br />
pHPT liegt bei etwa 2 % und mehr bei<br />
den über 55-Jährigen – somit ist diese Erkrankung<br />
nicht selten. Frauen sind etwa<br />
2–3-mal häufiger betroffen als Männer.<br />
Pathophysiologie des pHPT<br />
Pathophysiologisch liegt eine Störung des<br />
Calcium-sensing Receptor vor, sodass sich<br />
eine autonome PTH-Sekretion entwickelt.<br />
Die Auswirkungen eines permanent erhöhten<br />
PTH-Spiegels betreffen hauptsächlich<br />
das Skelettsystem, die Niere und den Gas -<br />
trointestinaltrakt – letzteren direkt über die<br />
Hyperkalzämie als auch indirekt über die<br />
Erhöhung der Vitamin-D-Aktivierung in der<br />
Niere, was zu einer vermehrten Kalziumabsorption<br />
führt („bone, stone and groan<br />
disease“). Im Skelett kommt es zu einer<br />
lang dauernden Stimulation des Knochenumbaus,<br />
verbunden mit einer erhöhten<br />
Tätigkeit der Osteoklasten, die Knochengewebe<br />
vermehrt abbauen – im Unterschied<br />
zur <strong>Osteoporose</strong> ist der kortikale periphere<br />
Knochen hier von Anfang an stark<br />
mitbetroffen. Es kommt zu langen, tunnelartigen<br />
Resorptionszonen in der Compacta,<br />
die in weiterer Folge eine dras tische<br />
Verschlechterung der Biomechanik und<br />
eine erhöhte Sprödigkeit des Knochens<br />
bewirken und eine Erhöhung des Frak-<br />
turrisikos neben Wirbel und Hüfte vor allem<br />
am Radius bedeutet. An der Niere<br />
selbst bewirkt ein erhöhter PTH-Spiegel<br />
eine Hyperkalzurie trotz einer hohen tubulären<br />
Reabsorption von Kalzium – was die<br />
beim pHPT erhöhte Inzidenz von Nierensteinen<br />
erklärt. Jeder Patient mit solchen<br />
kalziumhältigen Nierensteinen sollte auf<br />
das Vorhandensein eines pHPT untersucht<br />
werden.<br />
Diagnostisches Vorgehen<br />
Welche klinischen Symptome sind zu<br />
erwarten? Die Diagnose des pHPT ist<br />
durch zuverlässige Laborkits einfacher<br />
geworden; meist wird eine Hyperkalzämie<br />
ohne weitere Symptome im Rahmen<br />
einer Routinekontrolle entdeckt. Liegen<br />
zusätzliche Symptome vor, handelt<br />
es sich meist um die schon erwähnten<br />
Nierensteine in der Anamnese sowie Lethargie,<br />
Depression, Müdigkeit und Muskelschwäche<br />
als Manifestation der Hyperkalzämie<br />
im ZNS und an der Muskelfaser.<br />
Gelegentlich können auch diffuse<br />
Knochenschmerzen angegeben werden –<br />
die aus dem Pathologiestudium bekannten<br />
diaphysär auftretenden „braunen Tumoren“<br />
des pHPT werden heute infolge<br />
der besseren Diagnostik nur mehr sehr<br />
selten gesehen. Am Gastrointestinaltrakt<br />
kann die Hyperkalzämie zu dyspeptischen<br />
Beschwerden, zur gelegentlichen<br />
Entstehung von Magengeschwüren und<br />
mitunter auch zu einer Pankreatitis führen.<br />
Weitere Auswirkungen erhöhter<br />
PTH-Spiegel auf andere Organsysteme<br />
werden diskutiert: so gibt es deutliche<br />
Hinweise auf eine erhöhtes kardiovaskuläres<br />
Risiko – eventuell indirekt mediiert<br />
durch Beeinflussung der Glukosetoleranz,<br />
Hypertonie und Veränderungen des Li-<br />
Prim. Dr. Peter M. Bernecker<br />
Geriatriezentrum Baumgarten,<br />
Wien<br />
peter.bernecker@wienkav.at<br />
pidstoffwechsels – alle diese Wirkungen<br />
sind nachgewiesen worden. Einige Daten<br />
zeigen sogar eine Verkürzung der Lebenserwartung<br />
bei pHPT um bis zu 10 Jahre;<br />
wobei sich die Lebenserwartung nach<br />
erfolgreicher chirurgischer Sanierung wieder<br />
normalisiert. Prospektive Studien zu<br />
dieser Problematik fehlen jedoch bisher.<br />
Die Laborbestimmung von Kalzium und<br />
intaktem PTH im Serum liefert die Diagnose:<br />
beweisend für einen pHPT sind<br />
wiederholt gemessene überhöhte bzw.<br />
hochnormale Serumkalziumwerte bei<br />
gleichzeitig gemessenen inadäquat erhöhten<br />
oder hochnormalen PTH-Spiegeln. Inadäquat<br />
erhöht bedeutet, dass die enge<br />
inverse Korrelation zwischen PTH und (ionisiertem)<br />
Kalzium nicht mehr festzustellen<br />
ist – zwischen ionisierten Kalziumspiegeln<br />
von 1,15 und 1,3 mmol/l fällt<br />
die PTH-Konzentration bei normalen Individuen<br />
nahezu linear ab. Da routinemäßig<br />
Gesamt-Kalziumspiegel und nicht ionisiertes<br />
Kalzium gemessen werden, ist<br />
der Kal z iumspiegel in der Praxis in Relation<br />
zur Albuminkonzentration im Serum<br />
zu sehen. Bei normalen Eiweißwerten ist<br />
ein grenzwertig hoher oder überhöhteru<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
21
Fachkurzinformation siehe Seite 51<br />
FOCUS<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Kalziumspiegel (2,6–2,7 mmol/l) verbunden mit gleichzeitig<br />
bestimmten PTH-Werten von 60 pg/ml und darüber zumindest<br />
verdächtig auf das Vorliegen eines pHPT. Eine zusätzliche Bestimmung<br />
der erhöhten Kalzium/Kreatinin-Exkretion im Sammelharn<br />
kann die Diagnose weiter absichern und gegen die<br />
seltene familiäre hyperkalzämische Hypokalzurie (FHH) abgrenzen,<br />
bei der ebenfalls mild erhöhte Kalzium-und PTH-Werte gefunden<br />
werden können. Zudem weist eine sehr hohe Harnkalzium-Ausscheidung<br />
auf zu erwartende Komplikationen wie Nierensteine<br />
hin und kann bei der Entscheidung zur chirurgischen<br />
Therapie ein Faktor sein.<br />
Bildgebende Verfahren haben zwar bei der Diagnose des pHPT<br />
keine Bedeutung, dennoch werden zur Operationsplanung Ultraschall-<br />
und nuklearmedizinische Verfahren (Sestamibi-Scan)<br />
angewandt. Eine negative Bildgebung bei weiterhin persistierenden<br />
hyperkalzämischen und erhöhten PTH-Werten erlaubt<br />
jedoch kein Ausschluss des pHPT, kann auflösungsbedingt<br />
falsch-negativ sein und sollte die Entscheidung für oder gegen<br />
ein operatives Vorgehen nicht beeinflussen.<br />
Knochendichtemessung: Alle Patienten mit diagnostiziertem<br />
pHPT sollten einer Knochendichtemessung nach dem DEXA-<br />
Verfahren unterzogen werden. Sollte ein deutlicher Verlust an<br />
Knochenmasse vorliegen (nach der <strong>Osteoporose</strong>-Kriterien bei<br />
Patienten über 50 Jahre ein T-Score < –2,5 an einer Messstelle<br />
aus LWS, Hüfte oder distalem Radius; bei jüngeren Patienten<br />
wird ein Z-Score < –2,5 empfohlen), so ist ebenfalls<br />
die chirurgische Intervention zu empfehlen.<br />
Therapeutisches Vorgehen<br />
Die kurative Therapie der Wahl stellt beim pHPT die chirurgische<br />
Sanierung mittels einer Parathyroidektomie durch einen erfahrenen<br />
Chirurgen dar. Die Operation ist nicht nur mit einer relativ<br />
geringen Komplikationsrate und extrem geringen Mortalität<br />
vergesellschaftet, sondern auch von der Kosteneffektivität her<br />
äußerst sinnvoll. Zudem erreicht man mit einer Operation eine<br />
tatsächliche Heilung; Daten zeigen, dass etwa der Verlust an<br />
Knochenmasse in der Knochendichtemessung auch in fortgeschrittenerem<br />
Alter wieder zu einem guten Teil reversibel zu sein<br />
scheint. Auch im Hinblick auf die Verbesserung der Lebensqualität<br />
ist die chirurgische Therapie den konservativen Therapieansätzen<br />
offenbar überlegen. Ganz klar sollten alle Patienten mit<br />
Symptomatik wie Hyperkalzämie, Nephrolithiasis oder deutlich<br />
verminderter Knochendichte oder nach Radiusfraktur einer operativen<br />
Sanierung zugeführt werden.<br />
Konservativ oder operativ bei „asymptomatischem“ pHPT?<br />
Immer wieder diskutiert wird das Vorgehen beim so genannten<br />
„asymptomatischen“ pHPT – ob hier nicht eine OP vermieden<br />
werden kann, insbesondere wenn es sich um ältere Patienten<br />
handelt und nur eine milde oder keine Hyperkalzämie vorliegt.<br />
Ein adäquates konservatives Vorgehen umfasst eine Behandlung<br />
des Frakturrisikos – hier konnte gezeigt werden, dass<br />
Bisphosphonattherapie den Knochendichteverlust zumindest<br />
deutlich verzögern kann, ohne jedoch einen Einfluss auf PTH-
Spiegel oder Hyperkalzämie zu haben. Weiters ist auf eine ausreichende<br />
Hydratation Wert zu legen; bei gut hydrierten Patienten<br />
kann mittels Furosemid der Serum-Kalziumspiegel gesenkt<br />
werden. Neu und für die Behandlung des pHPT zugelassen ist<br />
Cinacalcet – ein Kalzimimetikum, das zu einer deutlichen Senkung<br />
des PTH-Spiegels und der Serum-Kalziumwerte führt. Allerdings<br />
ist aufgrund des hohen Preises die Substanz derzeit<br />
nicht in dieser Indikation in den Erstattungskodex der Sozialversicherungen<br />
aufgenommen und nur für Patienten mit chronischer<br />
Niereninsuffizienz verschreibbar. Langzeitdaten für diese<br />
Substanz und Daten über die Auswirkungen auf Frakturrate oder<br />
andere Symptome des pHPT liegen noch nicht vor, dennoch ist<br />
der Ansatz dieser Therapie viel versprechend.<br />
Immer mehr diskutiert wird jedoch, ob es so etwas wie einen<br />
„asymptomatischen“ pHPT überhaupt gibt: bei längerem Be -<br />
obachtungszeitraum scheint die Knochendichte auch bei diesen<br />
Patienten abzunehmen und das Frakturrisiko zu steigen; die Hinweise<br />
auf eine kardiovaskuläre Komplikation bei dieser Form<br />
des pHPT verdichten sich; auch bei normalen Gesamt-Kalziumwerten<br />
scheint das ionisierte Kalzium schon leicht erhöht zu<br />
sein, und das soll in Zusammenhang mit neurologischen und<br />
neuropsychiatrischen Manifestationen stehen. Die gegenwärtigen<br />
Guidelines für die Entscheidung für ein operatives Vorgehen<br />
beim „asymptomatischen“ pHPT werden aufgrund neuer Daten<br />
weiter aktualisiert; gegenwärtig gelten eine deutliche Hyperkal -<br />
zämie (> 0,25 mmol/l über dem oberen Normwert), eine wie<br />
im Detail oben beschriebene reduzierte Knochendichte bzw. eine<br />
Fragilitätsfraktur und ein Alter unter 50 Jahren als klare Indikationen<br />
zur Opera tion auch bei diesen Patienten.<br />
FAZIT: Bei allen Patienten mit <strong>Osteoporose</strong>verdacht ist daher eine<br />
Abklärung in Richtung pHPT unabdingbar und eine Kalziumbestimmung<br />
im Serum Pflicht. Die Diagnose eines pHPT ist<br />
leicht zu stellen, wenn man als behandelnder Arzt daran denkt<br />
und sich vor Augen hält, dass die Inzidenz nicht niedrig ist und<br />
es sich um eine relativ häufige altersassoziierte Erkrankung handelt.<br />
Frühzeitiges Erkennen ermöglicht auch frühzeitige Operation<br />
– je älter der Patient bei Diagnosestellung, umso schwieriger<br />
ist in aller Regel die Entscheidung zum chirurgischen Vorgehen.<br />
Ob neuere kalzimimetische Substanzen wie Cinacalcet eine tatsächliche<br />
Verhinderung der pHPT-assoziierten Symp tome über<br />
längere Zeiträume ermöglichen und ein kosteneffektiver Einsatz<br />
solcher Medikamente möglich ist, wird die Zukunft zeigen. ■<br />
Literatur beim Verfasser<br />
FACT-BOX<br />
Die primäre Form des Hyperparathyreoidismus (pHPT) – der in den meis -<br />
ten Fällen ein Nebenschilddrüsenadenom zugrunde liegt – geht mit<br />
einer Hyperkalzämie einher und kann neuro logische, renale und ossäre<br />
Symptome verursachen. Der pHPT geht wahrscheinlich auch mit einem<br />
erhöhten kardiovaskulären Risiko einher und kann die Lebenserwartung<br />
verkürzen. Die chirurgische Sanierung als kurative Behandlung stellt das<br />
Mittel der Wahl dar – bei asymp tomatischen Formen können die gegenwärtigen<br />
Guidelines als Entscheidungshilfe für oder gegen ein operatives<br />
Vorgehen herangezogen werden.<br />
Fachkurzinformation siehe Seite 51
FOCUS<br />
Im Folgenden wird auf die häufigsten<br />
Formen der renalen Osteodystrophie<br />
näher eingegangen. Weiters werden die<br />
neu entdeckten Proteine Fibroblast Growth<br />
Factor 23 (FGF-23) und sein Bindungspartner<br />
klotho, die früh und entscheidend<br />
in der Kalzium-Phosphat-Homöostase beteiligt<br />
sind, vorgestellt.<br />
Der Begriff der renalen Osteodystrophie<br />
wird heute nicht mehr ausschließlich als<br />
eigenständiges Krankheitsbild gesehen,<br />
sondern geht aufgrund der engen Verknüpfung<br />
zwischen Frakturrate, kardiovaskulärer<br />
Mortalität und Morbidität und<br />
extraskelettaler Kalzifizierung in dem neu<br />
geprägten Begriff der „Chronic Kidney<br />
Disease – Mineral and Bone Disorder“<br />
(CKD-MBD) auf.<br />
In einer rezenten internationalen Initiative,<br />
der „Kidney Disease Improving Global Outcome<br />
(KDIGO)“, wird die renale Osteodystrophie<br />
neu definiert. Der Begriff wird<br />
ausschließlich für Veränderungen der<br />
Knochenmorphologie bei Patienten mit<br />
CKD auf Basis einer Knochenstanze verwendet.<br />
Die Knochenmorphologie sollte<br />
histomorphometrisch evaluiert werden<br />
und folgende Parameter inkludieren:<br />
Knochenumsatz („Turnover“), Mineralisation<br />
und Volumen (TMV-Klassifikation)<br />
(Abb. 1).<br />
Das KDIGO-„Position-Statement“ aus dem<br />
Jahre 2006 unterscheidet basierend auf<br />
der TVM-Klassifikation die Osteitis fibrosa<br />
24 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
Renale Osteodystrophie<br />
Störungen des Mineral- und Knochenstoffwechsels sind bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz<br />
(CKD) häufig. Diese Veränderungen stellen eine wichtige Ursache für Morbidität, verminderte Lebensqualität<br />
sowie extraskelettale Kalzifizierung, welche wiederum als Ursache einer erhöhten kardio -<br />
vaskulären Mortalität gilt, dar.<br />
(OF) mit „high turnover“, normaler Mineralisierung<br />
und hohem Knochenvolumen;<br />
die gemischte Knochenläsion (Mixed<br />
Uremic Osteodystrophy – MUO) mit „high<br />
turnover“, Mineralisationsdefekt und normalem<br />
Knochenvolumen; die Osteomalazie<br />
mit „low turnover“ und abnormer Mineralisierung;<br />
und die adyname Knochenerkrankung<br />
mit „low turnover“, normaler<br />
Mineralisierung und reduziertem Knochenvolumen.<br />
Die NKF/KDOQI-Leitlinien<br />
aus dem Jahr 2003 unterscheiden zusätzlich<br />
noch 2 Sonderformen: Amyloidablagerungen<br />
im Knochen und Aluminium-induzierte<br />
Knochenerkrankung.<br />
Adyname Knochenerkrankung<br />
Die Prävalenz dieser Erkrankung steigt<br />
seit einigen Jahren und ist mit einer extraossären<br />
Kalzifikation und mit einem<br />
verminderten Überleben der Patienten<br />
assoziiert und nimmt damit an Wichtigkeit<br />
zu. Die adyname Knochenerkrankung<br />
ist charakterisiert durch eine „low<br />
bone turnover“ mit einer reduzierten Aktivität<br />
an Osteoblasten und Osteoklasten<br />
und der Osteoidsaum zeigt sich vermindert.<br />
Die Definitionskriterien setzen sich<br />
aus einer erniedrigen Knochenneu -<br />
bildungsrate, einer geringen Osteoidakkumulation<br />
und dem Fehlen von Fibrose<br />
zusammen. Die Patienten mit adynamer<br />
Knochenerkrankung präsentieren<br />
sich mit einem vermehrten Auftreten von<br />
Dr.<br />
Kathrin Eller<br />
Innere Medizin IV – Nephrologie<br />
und Hypertensiologie,<br />
Medizinische Universität Innsbruck<br />
kathrin.eller@i-med.ac.at<br />
alexander.rosenkranz@i-med.ac.at<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Alexander R. Rosenkranz<br />
Hyperkalzämie, ektopen Kalzifikationen<br />
inkl. Gefäßverkalkungen, einer erhöhten<br />
Frakturneigung und einer erhöhten Mortalität<br />
und Morbidität.<br />
Zur Diagnosesicherung ist die Knochenstanze<br />
der Goldstandard und es ist eine<br />
vorausgehende Tetrazyklinmarkierung<br />
nötig. Nach aktuellen Knochenbiopsie-<br />
Studien kann jedoch auch von einer adynamen<br />
Knochenerkrankung ausgegangen<br />
werden, wenn der intakte PTH-Spiegel<br />
unter 100 pg/ml liegt.<br />
Die Ursachen der adynamen Knochenerkrankung<br />
sind noch unklar. Einerseits<br />
wird hypothetisiert, dass der Low-Turn -<br />
over-Knochenstoffwechsel den natürlichen<br />
Knochenstatus bei zunehmender
Urämie darstellt und der sekundäre Hyperparathyreoidismus<br />
bis zu einem gewissen<br />
Grad ein sinnvoller Kom -<br />
pensations mechanismus ist. Urämietoxine<br />
sollen zu einer Reduktion der<br />
Osteoblastenaktivität, unveränderter oder<br />
reduzierter Osteoklastenaktivität und somit<br />
verminderter Knochenbildungsrate<br />
führen. Passend zur Hypothese stellt ein<br />
relativer Hypoparathyreoidismus einen<br />
zentralen Risiko faktor für die Entwicklung<br />
der adynamen Knochenerkrankung dar.<br />
Die steigende Prävalenz der adynamen<br />
Knochenerkrankung kann allerdings auch<br />
auf eine PTH-Übersuppression durch den<br />
Einsatz hoher Dosierungen von aktivem<br />
Vitamin D, der hohen Kalziumzufuhr<br />
durch die Verwendung von kalziumhaltigen<br />
Phosphatbindern oder hohen Dialysat-Kalzium<br />
konzentrationen zurückgehen.<br />
Weitere klinische Risikofaktoren für das<br />
Auftreten der adynamen Knochenerkrankung<br />
sind das Bestehen eines Diabetes<br />
mellitus Typ 2 und ein hohes Alter.<br />
Die therapeutischen Optionen sind bei Patienten<br />
mit einer adynamen Knochenerkrankung<br />
deutlich limitiert. Die derzeitigen<br />
Guidelines beschränken sich auf die Empfehlung,<br />
die Kalziumzufuhr zu minimieren,<br />
aktives Vitamin D und Kalzimimetika<br />
zu meiden. Bezüglich des Einsatzes von<br />
osteoanabolen Substanzen wie Teriparatid<br />
und Parathormon bei nachgewiesender<br />
adynamer Knocherkrankung gibt es derzeit<br />
noch keine publizierten Daten.<br />
Osteitis fibrosa<br />
Beim Hyperparathyreoidismus kommt es<br />
zu einer vermehrten Produktion und Freisetzung<br />
von Parathormon (PTH), das am<br />
Knochen zu einer Zunahme der Anzahl<br />
der Osteoklasten und reaktiv auch der<br />
Osteoblasten führt. Schließlich überwiegt<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
niedrig<br />
OM<br />
OM = Osteomalazie; AD = adyname Knochenerkrankung; mild HPT = milde Hyperparathyreoidea-assoziierte Knochenerkrankung;<br />
OF = Osteitis fibrosa; MUO = gemischte urämische Osteodystrophie<br />
Abb. 1: TMV-Klassifikation der renalen Osteodystrophie<br />
die gesteigerte Knochenresorption. Die<br />
Osteoklastenaktivität führt in ausgeprägten<br />
Fällen zu subperiostalen Resorptionslakunen<br />
und Akroosteolysen an Händen<br />
und Füßen. Dies ist aber heutzutage aufgrund<br />
der therapeutischen Möglichkeiten<br />
klinisch nicht mehr zu sehen.<br />
Die Pathophysiologie des sekundären<br />
Hyperparathyreoidismus beruht auf der<br />
Abnahme der Nierenfunktion mit in der<br />
Folge einer geringeren Expression und<br />
Funktion der 1-Hydroxylase. Dadurch<br />
wird signifikant weniger aktives Vitamin<br />
D 3 gebildet. Weiters steigt mit sinkender<br />
Nierenfunktion das Serum-Phosphat an,<br />
was wiederum die Calcitriolproduktion<br />
bzw. die Kalziumfreisetzung aus dem<br />
Knochen hemmt. Durch diese zwei Prozesse<br />
kommt es über eine Gegenregula -<br />
tion durch die Niere und Darm zu vermin-<br />
AD<br />
mild<br />
HPT<br />
MUO<br />
Umsatz hoch<br />
-<br />
-<br />
OF<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
abnormal normal<br />
Mineralisation<br />
hoch<br />
Knochenvolumen<br />
niedrig<br />
Adaptiert nach: Moe S. et al., Kidney International 2006; 69:1945-1953<br />
derten Serum-Kalziumspiegeln. Dadurch<br />
wird über den Calcium-Sensing-Rezeptor,<br />
der in den Nebenschilddrüsen lokalisiert<br />
ist, eine vermehrte PTH-Synthese, -Freisetzung<br />
und Zellproliferation vermittelt.<br />
Parallel dazu aggravieren die verminderten<br />
Spiegel von aktivem Vitamin D und<br />
die hohen Serum-Phosphat-Werte diesen<br />
Prozess.<br />
Therapeutisch stehen orale Phosphatbinder<br />
zur Verfügung, wobei neben kalziumhältigen<br />
Phosphatbindern die kalziumfreien<br />
Phosphatbinder wie Sevelamer zuletzt<br />
größere klinische Bedeutung erlangt<br />
haben. Basierend auf Studiendaten kann<br />
aber derzeit nicht gesagt werden, dass<br />
die verschiedenen Phosphatbinder hinsichtlich<br />
des klinischen Outcomes (Mortalität<br />
und kardiovaskuläre Ereignisse)<br />
unterschiedlich wären. Weiters werdenu<br />
-<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
25
FOCUS<br />
26 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Abb. 2: Die Phosphat-FGF-23-Achse<br />
aktives Vitamin D und Kalzimimetika zur<br />
Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus<br />
verwendet. Durch die Kalzimimetika<br />
ist die operative Entfernung der<br />
Nebenschilddrüsen deutlich seltener geworden.<br />
Letztere stellt aber noch immer<br />
eine Therapieoption beim therapieresis -<br />
tenten Hyperparathyreoidismus dar.<br />
FGF-23 und klotho<br />
In den letzten Jahren sind zwei neue<br />
Spieler in der Regulation der Kalzium-<br />
Phosphat-Homöostase ins Spiel gekommen.<br />
Die Entdeckung von FGF-23 im<br />
Jahr 2000 revolutionierte das Verständnis<br />
im Phosphat- und Vitamin-D-Meta-<br />
Adaptiert nach: www.renalfellow.blogspot.com/2008_08_01_archive.html<br />
bolismus entscheidend. FGF-23 hat die<br />
Funktion eines phosphaturischen Hormons<br />
und ist essenziell, um die Serum-<br />
Phosphatspiegel niedrig zu halten: Es<br />
wird von Osteozyten gebildet, bei erhöhten<br />
Serum-Phosphat-Spiegeln vermehrt<br />
sezerniert und führt nach Bindung an seinen<br />
Rezeptor (FGF-binding Receptor) –<br />
der mit klotho komplexieren muss, um<br />
FGF-23 binden zu können – zu einer<br />
Phosphaturie. Parallel dazu führt FGF-23<br />
zu einer verminderten Aktivität der 1-<br />
Hydroxylase und damit zu erniedrigten<br />
aktiven Vitamin-D 3-Spiegeln (Abb. 2). Bei<br />
chronisch niereninsuffizienten Patienten<br />
zeigen sich die FGF-23-Spiegel schon<br />
sehr früh im Stadium 2–3 erhöht. Dies<br />
ist lange, bevor die Serum-Phosphat- und<br />
Serum-PTH-Spiegel ansteigen. Damit ist<br />
FGF-23 ein attraktives Ziel für neue Therapieoptionen<br />
und auch die frühe und<br />
rechtzeitige Therapie der Serum-Phosphatwerte<br />
wird in ein neues Licht gebracht.<br />
Die Wichtig keit von FGF-23 wird<br />
durch epidemiologische Untersuchungen<br />
bestätigt, die zeigen, dass erhöhte FGF-<br />
23-Spiegel mit einer erhöhten Mortalität<br />
bei Patienten an der Hämodialyse assoziiert<br />
sind und auch einen wesentlichen<br />
Faktor in der Progression der CKD darstellen.<br />
ZUSAMMENGEFASST lässt sich sagen,<br />
dass die Therapie der renalen Osteodystrophie<br />
und damit der CKD-MBD von essenzieller<br />
Wichtigkeit für die Patienten mit<br />
chronischer Niereninsuffizienz ist. Nur<br />
durch die weitere Erforschung der Pathogenese<br />
und damit der Möglichkeit einer<br />
Entwicklung neuer Therapieoptionen lässt<br />
sich langfristig die Mortalität in diesem<br />
komplexen Krankheitsbild reduzieren. ■<br />
FACT-BOX<br />
Die renale Osteodystrophie stellt ein heterogenes<br />
Krankheitsbild bei Patienten mit chronischen<br />
Nierenerkrankungen dar. Sie treten gemeinsam<br />
mit Auslenkungen von Kalzium, Phosphat und<br />
Parathormon sowie mit vaskulären Kalzifikationen<br />
auf und bilden zusammen das Krankheitsbild<br />
der „Chronic Kidney Disease – Mineral and<br />
Bone Disorder“ (CKD-MBD). Die zwei häufigsten<br />
renalen Osteodystrophien sind die adyname<br />
Knochenerkrankung und die Osteitis fibrosa. Mit<br />
der Entdeckung von FGF-23 wurden entscheidende<br />
Fortschritte im Verstehen der Pathogenese<br />
der renalen Osteodystrophie gemacht und<br />
neue Therapiemöglichkeiten eröffnet.
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
Knochenstoffwechsel<br />
bei Hyperthyreose<br />
Eine Hyperthyreose stellt eine häufige endokrine Fehlfunktion dar, die Auswirkungen auf verschiedene<br />
Organsysteme hat. Am Knochen kommt es bei Hyperthyreose zu einer Beschleunigung des Knochenstoffwechsels,<br />
wobei die gesteigerte Aktivität der Osteoklasten jene der Osteoblasten übersteigt. Die<br />
Folge ist eine zunehmende <strong>Osteoporose</strong>. 1<br />
Wirkung von Schilddrüsenhormonen<br />
am Knochen<br />
Mehrere Mechanismen bedingen die<br />
Entstehung einer <strong>Osteoporose</strong> bei Hyperthyreose.<br />
Tetrajodthyronin (T 4) wird von<br />
der Schilddrüse gebildet und in der Körperperipherie<br />
durch die Dejodase in das<br />
aktive Hormon L-3,5,3 -Trijodthyronin<br />
(T 3) umgewandelt. Osteoblasten besitzen<br />
nukleäre T 3-Rezeptoren, die zu einer<br />
Aktivierung der Osteoblasten führen. Obwohl<br />
Osteoklasten ebenso Schilddrüsenhormon-Rezeptoren<br />
besitzen, ist bislang<br />
keine direkte stimulierende Wirkung von<br />
T 3 an Osteoklasten in der Literatur belegt.<br />
Vielmehr dürfte die Aktivierung der<br />
Osteoklasten indirekt über das „Coupling“<br />
der Osteoblasten- und Osteoklastenaktivität<br />
ablaufen. Neben der Wirkung der peripheren<br />
Schilddrüsenhormone hat jedoch<br />
auch das Thyreoidea-stimulierende Hormon<br />
(TSH) eine Wirkung auf die Osteoblasten<br />
und Osteoklasten, da sowohl<br />
Osteoblasten- als auch Osteklastenvorstufen<br />
TSH-Rezeptoren exprimieren 2, 3 . Über<br />
den TSH-Rezeptor übt TSH einen unterdrückenden<br />
Effekt auf die Osteoblastenund<br />
Osteoklastendifferenzierung aus. Bei<br />
Hyperthyreose entfällt dieser unterdrückende<br />
Effekt, da TSH erniedrigt bzw. supprimiert<br />
ist. Die Folge ist ein gesteigerter Knochenstoffwechsel<br />
(„high bone turnover“),<br />
wobei die Aktivität der Osteoklasten jene<br />
der Osteoblasten überwiegt.<br />
Hyperthyreose führt auch zu Veränderungen<br />
des Kalziumstoffwechsels. Erhöhte<br />
Kalziumspiegel bedingen eine Senkung<br />
des Parathormons und verminderte Konversion<br />
von 25-OH-Vitamin-D zu 1,25-<br />
(OH) 2-Vitamin D, wodurch die Kalziumresorption<br />
im Darm vermindert und die<br />
Kalziumausscheidung über die Nieren<br />
und den Darm gesteigert wird.<br />
Knochenstoffwechselparameter,<br />
Knochendichtewerte, Frakturrisiko<br />
Bei der Betrachtung der Veränderungen<br />
am Knochen durch Hyperthyreose muss<br />
der Ausprägungsgrad der Schilddrüsenfehlfunktion<br />
berücksichtigt werden. Zu<br />
unterscheiden ist zwischen einer latenten<br />
Hyperthyreose (T 3, T 4 im Normbereich,<br />
TSH erniedrigt – nicht messbar) und einer<br />
manifesten Hyperthyreose (T 3 und/oder T 4<br />
erhöht, TSH nicht messbar). Allgemein<br />
kann gesagt werden, dass je ausgeprägter<br />
und je länger anhaltend die Hyperthyreose,<br />
desto eher sind pathologische Veränderungen<br />
des Knochenstoffwechsels<br />
sowie Minderungen der Knochendichte<br />
(BMD) zu erwarten.<br />
Manifeste Hyperthyreose: Eine unbehandelte<br />
längerfristige manifeste Hyperthyreose<br />
führt zu einer Verminderung der<br />
BMD bzw. <strong>Osteoporose</strong> und erhöhter<br />
Frakturneigung. Dazu korrelierend sind<br />
auch Laborwerte des Knochenan- und<br />
des Knochenabbaus erhöht und eine<br />
Hyperkalziämie kommt in bis zu 50 %<br />
der Fälle vor, wobei diese selten symp -<br />
tomatisch ist. Die negativen Auswirk -<br />
ungen einer unbehandelten manifesten<br />
Hyperthyreose wurden hinreichend schon<br />
Univ.-Doz. Dr. Peter Mikosch<br />
1. Medizinische Abteilung,<br />
Landeskrankenhaus Klagenfurt<br />
peter.mikosch@lkh-klu.at<br />
bei Autopsien von Patienten mit Hyperthyreose<br />
Ende des 19. und Anfang des<br />
20. Jahrhunderts beschrieben (Von Recklinghausen,<br />
1891: junge Patientin mit<br />
Hyperthyreose und „wurmzerfressenem<br />
Knochen“; Plummer, 1928: Patienten mit<br />
Hyperthyreose, multiplen Frakturen und<br />
ausgeprägt „fragilen, fast durchsichtigen<br />
Knochen“). 4, 5 Durch die verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten<br />
(Thyreostatika,<br />
Radiojodtherapie, chirurgische Thyroidektomie)<br />
sollten derartig ausgeprägte ossäre<br />
Veränderungen bedingt durch eine langfristige<br />
Hyperthyreose heute nicht mehr<br />
angetroffen werden. Die historischen Beschreibungen<br />
zeigen uns jedoch, wie ausgeprägt<br />
die Veränderungen am Skelett<br />
durch Hyperthyreose sein können.<br />
Bei latenter Hyperthyreose, ob durch eine<br />
endogene Schilddrüsenerkrankung bedingt<br />
(toxische Struma, Mb. Basedow)<br />
oder durch suppressive L-Thyroxin-Medi- u<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
27
FOCUS<br />
kation (nach Operation und Radiojodtherapie<br />
von Schilddrüsenkarzinom), sind die<br />
Studienergebnisse zu messbaren Erhöhungen<br />
von Knochenstoffwechselparametern<br />
unterschiedlich und nicht einheitlich.<br />
Rezente Ergebnisse haben jedoch auch<br />
bei latenter Hyperthyreose eine Steigerung<br />
des Knochenstoffwechsels aufgezeigt. 6<br />
In einer Metaanalyse von weiblichen Patienten<br />
unter suppressive L-Thyroxin-Medikation<br />
zeigte sich, dass es langfristig<br />
bei prämenopausalen Frauen zu keiner,<br />
bei postmenopausalen Frauen jedoch zu<br />
einer BMD-Minderung kommt. 7 Bei<br />
Männern konnte eine kleine Studie geringe<br />
BMD-Verminderungen feststellen,<br />
in einer zweiten Studie mit gut eingestellter<br />
suppressiver L-Thyroxin-Medikation<br />
(keine Erhöhungen der peripheren<br />
Schilddrüsenhormone) zeigte sich demgegenüber<br />
keine signifikante BMD-Verminderung.<br />
Betreffend das Frakturrisiko hatten Frauen<br />
über 65 Jahre mit einem TSH < 0,1 mU/l<br />
ein 3-fach erhöhtes Frakturrisiko an der<br />
Hüfte und ein 4-fach erhöhtes Risiko für<br />
vertebrale Frakturen. 8 Eine weiter Studie<br />
an über 16.000 Patienten in Dänemark<br />
konnte ebenfalls ein bis auf das 2,29-Fache<br />
gesteigertes Hüftfrakturrisiko bei Hyperthyreose<br />
erheben. 9 In einem Kollektiv<br />
von Patienten mit Hüftfraktur hatten diese<br />
2,5-fach häufiger eine Hyperthyreose als<br />
ein Kontrollkollektiv ohne Hüftfraktur. 10<br />
DVO-Richtlinie zur Einschätzung des<br />
Frakturrisikos bei Hyperthyreose: In der<br />
DVO-Leitlinie 11 wird eine manifeste Hyperthyreose<br />
mit einem stark erhöhten<br />
Frakturrisiko für periphere Frakturen und<br />
Wirbelkörperfrakturen belegt. Auch bei<br />
latenter Hyperthyreose mit einem TSH-<br />
Wert < 0,3 mU/l ist ein erhöhtes Frakturrisiko<br />
gegeben.<br />
Therapieansätze bei benigner<br />
Schilddrüsenerkrankung<br />
Die häufigsten Ursachen einer Hyperthyreose<br />
benigner Schilddrüsenerkrankungen<br />
28 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
stellen die Struma mit Autonomie (diffus<br />
oder knotig) sowie der Mb. Basedow dar.<br />
Auch eine Immunthyreopathie Hashimoto<br />
kann mit einer Hyperthyreose einher -<br />
gehen, die jedoch meistens zeitlich begrenzt<br />
und in der Regel nicht sehr ausgeprägt<br />
ist.<br />
Durch die Behandlung einer Hyperthyreose<br />
können die BMD und das erhöhte Frakturrisiko<br />
wieder normalisiert werden. 12 Neben<br />
frühzeitiger Erkennung der Hyperthyreose<br />
müssen auch aus osteologischer<br />
Sicht die therapeutischen Ansätze somit<br />
auf die rasche Normalisierung der Schilddrüsenfunktion<br />
abzielen. Dazu stehen<br />
kurzfristig Thyreostatika und langfristig die<br />
chirurgische Sanierung sowie die Radiojodtherapie<br />
zur Verfügung.<br />
Zu nennen ist auch die übermäßige Gabe<br />
von L-Thyroxin mit Erhöhung der peripheren<br />
Schilddrüsenhormone T 3 und T 4 (Hyperthyreosis<br />
factitia) zur Wachstumsprophylaxe<br />
bei Struma. Die übermäßige<br />
Wachstumsprophylaxe der Struma benigna<br />
ist in diesen Fällen durch Dosisreduktion<br />
der L-Thyroxin-Gaben anzupassen.<br />
Basierend auf der DVO-Leitlinie 11<br />
sollten auch TSH-Werte < 0,3 mU/l, die<br />
mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert<br />
sind, vermieden werden.<br />
Therapieansätze bei maligner<br />
Schilddrüsenerkrankung<br />
Nach der chirurgischen Thyroidektomie<br />
und Radiojodtherapie ist die langfristige<br />
suppressive L-Thyroxin-Gabe ein weiterer<br />
relevanter Behandlungsteil beim differenzierten<br />
Schilddrüsenkarzinom. Durch die<br />
erforderliche suppressive L-Thyroxin-Medikation<br />
sind diese Patienten einem erhöhten<br />
Frakturrisiko ausgesetzt. Aus thyreologischer<br />
Sicht sind übermäßige suppressive<br />
L-Thyroxin-Gaben zu vermeiden,<br />
des Weiteren kann beim papillären Schilddrüsenkarzinom<br />
mit niedrigem Tumor -<br />
stadium und Rezidivfreiheit nach einigen<br />
Jahren eine Lockerung der L-Thyroxin-<br />
Gaben auf nicht-suppressive TSH-Werte<br />
erwogen werden, wobei dies nur in Ab-<br />
sprache mit einem Kompetenzzentrum<br />
zur Betreuung von Schilddrüsenkarzinomen<br />
erfolgen sollte.<br />
Neben der gezielten Behandlung der Hyperthyreose<br />
sind natürlich auch alle spezifischen<br />
osteologischen Therapien entsprechend<br />
den Therapierichtlinien zur<br />
Behandlung von Osteopenie und <strong>Osteoporose</strong><br />
anzuwenden. ■<br />
1 Mikosch P.: Auswirkungen von Schilddrüsenfehlfunktionen auf den Knochen.<br />
Wien Med Wochenschr 2005; 155:444-53<br />
2 Abe E. et al.: TSH is a negative regulator of skeletal remodelling. Cell<br />
2003; 115:151-62<br />
3 Zaidi M. et al.: Paradigm shift in the pathophysiology of postmenopausal<br />
and thyrotoxic osteoporosis. Mt Sinai J Med <strong>2009</strong>; 76:474-83<br />
4 Von Recklinghausen F.D.: Die fibröse oder deformierende Ostitis, die Osteomalazie<br />
und die osteoplastische Carzinose in ihren gegenseitigen Beziehungen.<br />
Festschrift Rudolf Wirchow 1891, Georg Riemer, Berlin, pp 1-889<br />
5 Plummer W.A.: Cases showing osteoporosis due to decalcification in exophthalmic<br />
goiter. Staff Meet Mayo Clin 1928; 3:119-21<br />
6 Wesche M.F. et al.: A randomised trial comparing levothyroxine with radioactive<br />
iodine in the treatment of sporadic non-toxic goiter. J Clin Endorinol<br />
Metab 2003; 86:998-1005<br />
7 Uzzan B. et al.: Effects on bone mass of long term treatment with thyroid<br />
hormones: a meta analysis. J Clin Endorinol Metab 1996; 81:4278-89<br />
8 Bauer D.C. et al.: Risk for fracture in women with low serum levels of<br />
thyroid stimulating hormone. Ann Intern Med 2001; 134:561-8<br />
9 Vestergaard P. et al.: Fractures in patients with hyperthyroidism and hypothyroidism.<br />
A nationwide follow-up study in 16,249 patients. Thyroid<br />
2002; 12:411-9<br />
10 Wejda B. et al.: Hip fractures and the thyroid: a case-control study. J Intern<br />
Med 1995; 237:241-7<br />
11 Dachverband Osteologie e. V.: DVO-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik<br />
und Therapie der <strong>Osteoporose</strong> bei Erwachsenen (Langfassung). Osteologie<br />
<strong>2009</strong>; 18:304-28<br />
12 Vestergaard P. et al.: Hyperthyroidism, bone mineral, and fracture risk –<br />
a meta analysis. Thyroid 2003; 13:585-93<br />
FACT-BOX<br />
Hyperthyreose stellt eine relevante endokrine Ursache<br />
für <strong>Osteoporose</strong> dar. Hyperthyreose führt<br />
zu gesteigertem Knochenstoffwechsel, wobei der<br />
Knochenabbau den Knochenanbau überwiegt.<br />
<strong>Osteoporose</strong> und ein gesteigertes Frakturrisiko<br />
sind die Folge. Durch Behandlung der Hyperthyreose<br />
sind Minderungen der BMD und die Erhöhung<br />
des Frakturrisikos reversibel. Bei Patienten,<br />
die wegen einem Schilddrüsenkarzinom<br />
langfristig eine suppressive L-Thyroxin-Medikation<br />
einnehmen müssen, ist die zur TSH-Suppression<br />
erforderliche Dosis so niedrig wie möglich<br />
zu wählen, sofern von thyreologischer Seite her<br />
vertretbar, auch eine nicht-suppressive Dosis.<br />
Bei erforderlicher suppressiver Therapie und erniedrigter<br />
BMD ist zusätzlich auch eine gezielte<br />
osteologische Therapie einzuleiten.
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei Cushing-Syndrom<br />
Die Knochenumbauaktivität reagiert empfindlich auf Erhöhungen des Kortisolspiegels. In relativ<br />
kurzer Zeit kann der Patient oft viel an Knochenmasse einbüßen. Diagnostiziert wird eine überschießende<br />
Kortisolproduktion zumeist anhand eines so genannten Dexamethason-Hemmtests, einem erhöhten<br />
mitternächtlichem Kortisol und/oder erhöhter freier Kortisolausscheidung im 24-Stunden-Harn.<br />
ie <strong>Osteoporose</strong> gehört mit zu den<br />
Kardinalsymptomen der Cushing-<br />
Erkrankung oder ganz allgemein von<br />
Krankheitsbildern, die mit einer erhöhten<br />
endogenen Kortisolsekretion einhergehen.<br />
Man nimmt an, dass rund 48 bis<br />
90 % 1 der Patienten mit Hyperkortisolismus<br />
von Knochenschwund betroffen sind<br />
und etwa 30–50 % Frakturen erleiden2 .<br />
Das absolute Ausmaß des Knochensubstanzverlusts<br />
zum Zeitpunkt der Erstpräsentation<br />
beträgt an der Lendenwirbelsäule<br />
etwa 20 %, das sind ungefähr 2<br />
Standard- oder T-Score Einheiten3–4 D<br />
.<br />
Fraktur-Spektrum: Das am meisten betroffene<br />
Knochenkompartment ist dabei<br />
der trabekuläre Knochen. Allen voran<br />
sind die Wirbelkörperfrakturen auch das<br />
größte klinische Problem und betreffen<br />
oftmals gleich mehrere Segmente gleichzeitig<br />
oder unmittelbar hintereinander.<br />
Im eigenen Patientenkollektiv sind Wirbelkörperfrakturen<br />
die mit Abstand häufigste<br />
Frakturlokalisation. Es traten aber<br />
auch Rippen- und Beckenfrakturen und<br />
in einem Fall eines männlichen Patienten<br />
mit Bronchuskarzinom und ektopem<br />
ACTH-Syndrom extensive Knochennekrosen<br />
im Bereich beider Hüftköpfe,<br />
Oberschenkelschäfte sowie beider distaler<br />
Femurenden auf. Wir hatten auch einen<br />
Fall einer Patientin mit hypophysärem<br />
Cushing-Syndrom, die sich unmittelbar<br />
nach erfolgreicher Operation eines<br />
ACTH-produzierenden Adenoms bei einem<br />
Bagatelltrauma zwei Wirbelköperfrakturen<br />
zugezogen hat.<br />
<strong>Osteoporose</strong> oft erstes klinisches Cu -<br />
shing-Symptom: Bemerkenswert erscheint<br />
die Tatsache, dass die <strong>Osteoporose</strong><br />
die führende klinische Symptomatik<br />
darstellen und den eigentlichen phäno -<br />
typischen Veränderungen im Rahmen der<br />
Cushing-Erkrankung zeitlich vorausgehen<br />
kann. Daraus folgt, dass der differen -<br />
zialdiagnos tischen Abklärung einer <strong>Osteoporose</strong><br />
speziell bei Adipösen und Diabetikern<br />
große Bedeutung hinsichtlich einer<br />
Früherkennung eines endogenen Hyperkortisolismus<br />
zukommt.<br />
Bei Kindern mit endogenem Hyperkortisolismus<br />
sind die Knochenveränderungen<br />
noch ausgeprägter als bei Erwachsenen,<br />
da bei ihnen neben den Frakturen eine<br />
Wachstumsverzögerung bzw. sogar ein<br />
Wachstumsstillstand eintreten kann. Die<br />
führt häufig zu einer Reduktion der Erwachsenengröße.<br />
Vermutlich bleibt auch<br />
nach erfolgreicher Behandlung der Ursache<br />
des Hyperkortisolismus die so genannte<br />
„peak bone mass“ erniedrigt, was<br />
letztlich ein bleibend erhöhtes Fraktur -<br />
risiko darstellen kann 5 .<br />
Unterschiede zur Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> (GIO): Pathophysiologisch<br />
betrachtet ist die Entstehung<br />
der <strong>Osteoporose</strong> nicht unähnlich zur GIO.<br />
Im Unterschied zu letzterer ist jedoch der<br />
Effekt auf den Knochen ein insgesamt<br />
„homogenerer“, da die häufig vorhandene<br />
Immobilität, eine unterschiedlich ausgeprägte<br />
Entzündungsreaktion und verschiedene<br />
Organbeeinträchtigungen, wie sie oft<br />
typisch sind z. B. für den rheumatolo -<br />
ao. Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig<br />
Klinische Abteilung für<br />
Endokrinologie und Stoffwechsel,<br />
Universitätsklinik für Innere Medizin,<br />
Medizinische Universität Graz<br />
harald.dobnig@medunigraz.at<br />
gischen oder pneumologischen Patienten<br />
mit Kortisontherapie, bei Patienten mit<br />
Hyperkortisolismus nicht in diesem Ausmaß<br />
vorkommen.<br />
Charakteristische Osteoblastenhemmung<br />
mit „Entkoppelung“ des Knochenumbaus:<br />
Endogen im Überschuss<br />
produziertes Kortison hat direkte Effekte<br />
auf die Osteoblastentätigkeit, die zumeist<br />
deutlich reduziert ist. Typischerweise<br />
sind der Serumosteocalcin-Wert, aber<br />
auch die alkalische Phosphatase um<br />
mehr als 50 % gegenüber vergleichbaren<br />
Kontrollpersonen zum Zeitpunkt der<br />
Diagnosestellung vermindert 6 . Der Knochenabbau<br />
ist nicht unbedingt reduziert,<br />
so dass man von einer „Entkoppelung“<br />
des Knochenumbaus sprechen kann.<br />
Osteocalcin- und Serum-Crosslaps-Konzentrationen,<br />
die in gesunden Kollekti - u<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
29
FOCUS<br />
ven mit Korrelationskoeffizienten um 0,8<br />
üblicherweise hochsignifikant miteinander<br />
korrelieren, zeigen bei betroffenen<br />
Patienten hingegen keine Korrelation als<br />
Ausdruck einer gestörten Interaktion zwischen<br />
Osteoblasten und Osteoklasten 6 .<br />
Potenzial von Osteocalcin für die Cu -<br />
shing-Diagnose: Interessanterweise hat<br />
sich in einer vergleichsweise großen Untersuchung<br />
bei 87 Cushing-Patienten gezeigt,<br />
dass die Sensitivität und Spezifität<br />
eines Osteocalcinwertes hinsichtlich Diskriminierung<br />
von Patienten mit Cushing-<br />
Syndrom und gesunden Kontrollen nahezu<br />
gleichwertig war im Vergleich zum<br />
mitternächtlichen Serumkortisol, dem<br />
freien Harnkortisol oder den Ergebnissen<br />
des 2-mg-Dexamethason-Hemmtests 6 .<br />
Interessanterweise lagen die so genannten<br />
AUC-Flächen unter der Osteocalcinkurve<br />
bzw. bei den genannten Testverfahren<br />
bei Werten um 0,92 bis 0,97, also<br />
sehr hoch. Demnach könnte eventuell in<br />
Zukunft, bei Bestätigung dieser Ergebnisse,<br />
ein Osteocalcinwert im mittleren bzw.<br />
höheren Bereich als Ausschlusskriterium<br />
für das Vorliegen einer Cushing-Erkran -<br />
k ung herangezogen werden.<br />
<strong>Osteoporose</strong>fördernde Mechanismen abseits<br />
der Osteoblastenhemmung: Neben<br />
den Effekten auf den Osteoblasten gibt es<br />
eine ganze Reihe anderer pathyphysiologisch<br />
relevanter Mechanismen, die letztlich<br />
zu einer Beeinträchtigung des Knochenstoffwechsels<br />
führen. Hyperkortisolismus<br />
scheint kortikale Osteozyten zu<br />
beeinträchtigen und dort Reparationsvorgänge<br />
zu verhindern. Zu den direkten Wirkungen<br />
der Glukokortikoide auf die Osteoblasten<br />
zählt auch eine ausgeprägtere<br />
Hemmung der Synthese von Kollagen -<br />
fibrillen. Die parallele Entwicklung eines<br />
Wachstumshormonmangels, aber auch<br />
die Reduktion der Geschlechtshormonproduktion<br />
dürften ebenfalls zum Knochenschwund<br />
beitragen 5 . Unabhängig vom<br />
Vitamin-D-Status inhibieren Glukokortikoide<br />
die intestinale Kalziumabsorption<br />
sowie die Reabsorption von Kalzium in<br />
den Nierentubuli, fördern also die Kalziumexkretion.<br />
Eine Erhöhung des Parathormonspiegels<br />
ist nicht obligat in der Pa-<br />
30 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Abb.: Laterale Röntgenaufnahme der LWS<br />
und kaudalen BWS eines 41-jährigen männlichen<br />
Patienten, der über viele Jahre an<br />
einem okkult verlaufenden ektopen ACTH-<br />
Syndrom litt. Zu sehen sind multiple leichte<br />
bis mittelgradige Wirbelkörper-Kompressionsfrakturen.<br />
Betroffen sind BWK 11 und<br />
12 sowie LWK 1, 2 und 4. Dieser von seiner<br />
Grunderkrankung schwer betroffene Patient<br />
entwickelte multiple Osteonekrosen an<br />
mehreren Stellen des Skeletts.<br />
thogenese der unter Umständen erhöhten<br />
Knochenresorption bei Patienten mit Hyperkortisolismus<br />
7 .<br />
Nach erfolgreicher Operation und deutlichem<br />
Absinken der Kortisolwerte in den<br />
Normalwertbereich kommt es zu einem<br />
sehr raschen und häufig markantem Anstieg<br />
der Osteocalcinwerte als Ausdruck<br />
des Wegfalls der Osteoblastenhemmung<br />
und eines wiedererlangten „Mechano-<br />
Sensings“. Die Serumwerte erreichen ihren<br />
Maximalwert etwa 6 Monate nach<br />
der Operation und haben erst nach rund<br />
2 Jahren wieder ein stabiles Plateau und<br />
Absolutwerte erreicht, die etwa das 2bis<br />
3-Fache über dem Ausgangsniveau<br />
vor der Operation liegen 6 . Langzeitstudien<br />
haben gezeigt, dass sich die Knochendichtewerte<br />
erfolgreich behandelter<br />
Patienten bessern oder sich über eine<br />
durchschnittliche Beobachtungszeit von<br />
9 Jahren sogar normalisieren können 8 .<br />
Diese Beobachtung konnten wir an einer<br />
unserer Patientinnen, die an einem ACTHproduzierenden<br />
Appendix-Karzinoid und<br />
schwerem Cushing-Syndrom litt, nachvollziehen<br />
9 . Diese Patientin hatte keinerlei<br />
Frakturen zum Zeitpunkt der Diagnose -<br />
stellung, jedoch einen T-Wert an der LWS<br />
von –4,3 SD. Über mehrere Messungen<br />
im Laufe von 3 postoperativen Jahren<br />
zeigte sich bei der Patientin eine Zunahme<br />
der Knochenmasse an der LWS von 79 %<br />
(DEXA) und ein Zuwachs von 15,8 % im<br />
Bereich des radialen trabekulären Knochenkompartments<br />
(periphere QCT-Methode).<br />
Auch bei ihr konnten wir einen<br />
Osteocalcin-Peak um den 8. postoperativen<br />
Monat feststellen sowie eine Rückkehr<br />
zu einer stabilen Phase der Knochenumbaumarker<br />
nach etwa 3 Jahren.<br />
Im Vergleich zu einer „normalen“ <strong>Osteoporose</strong><br />
erscheint es ungewöhnlich, dass<br />
Knochenmasse derart dramatisch zunehmen<br />
kann. Man nimmt an, dass ähnlich<br />
zur GIO auch bei Patienten mit endogenem<br />
Hyperkortisolismus die Trabekelstruktur<br />
relativ lange erhalten bleibt und<br />
es, zumindest über die anfängliche Zeit<br />
der Erkrankung, überwiegend zu einer<br />
Verschmälerung und weniger zu einer<br />
Perforation der Knochentrabekel kommt.<br />
Dadurch ist relativ lange eine massenreduzierte,<br />
jedoch noch vernetzte Trabekelstruktur<br />
vorhanden, auf der appositionell<br />
Masse aufgebaut werden kann.<br />
Antiosteoporotische Therapie – Substanzen<br />
und Timing: Patienten mit Cushing-<br />
Syndrom haben in der Phase vor der Diagnostik<br />
dieser Erkrankung, aber auch<br />
noch unmittelbar postoperativ ein deutlich<br />
erhöhtes Frakturrisiko und sollten,<br />
auch wenn es dazu keine aussagekräftigen<br />
Studien gibt, zumindest in der präoperativen<br />
Zeit mit einem Bisphosphonat<br />
behandelt werden. Da die Verabreichung<br />
von Parathormon bei Patienten mit GIO
erfolgreich und in einem direkten Vergleich<br />
der Wirkung mit Alendronat hinsichtlich<br />
der Inzidenz von Wirbelkörperfrakturen<br />
überlegen war 10 , wäre diese<br />
Therapieform vermutlich beim schwer betroffenen<br />
präoperativen Patienten die<br />
Therapie der ersten Wahl. Für die postoperative<br />
Phase gibt es ebenfalls keine<br />
gesonderten Untersuchungen, aber es erscheint<br />
einleuchtend, die enthemmende<br />
Wirkung der Kortisolabsenkung auf die<br />
Osteoblastentätigkeit und das intrinsische<br />
Erholungspotenzial des Knochens abzuwarten<br />
und in dieser Phase kein Antiresorptivum<br />
zu verwenden. Eine Anhebung<br />
der Knochenumbauaktivität erscheint<br />
hier wünschenswert.<br />
Knochendichte als Verlaufskontrolle: Die<br />
Knochendichte ist ein guter integraler Parameter<br />
für die Wirkung des Kortisols auf<br />
den Knochen und die erfolgreiche Behandlung<br />
der Grunderkrankung des Patienten.<br />
Aus unserer Erfahrung heraus ist<br />
die Knochendichte durchaus auch als Verlaufsparameter<br />
in der Zeit der Nachsorge<br />
einzubeziehen. Bei Patienten mit Rezidiven<br />
hypophysär bedingter Cushing-Erkrankung<br />
konnten wir wiederholt feststellen, auch bei<br />
z. T. unschlüssiger ACTH/Kortisol-Hormonkonstellation<br />
oder diskordanten Stimulations-<br />
und Suppressionstesten, dass ein<br />
neuerlicher Abfall der Knochendichte mit<br />
der danach gesicherten Diagnose eines<br />
Erkrankungsrezidivs einherging.<br />
ZUSAMMENFASSEND ist ein Knochenmassenverlust<br />
ein recht häufig auftretendes<br />
Zeichen bei endogenem Hyperkor -<br />
tisolismus und kann zu schweren Wirbelkörper-Kompressionsfrakturen<br />
führen.<br />
Der kortikale Knochen scheint dabei weniger<br />
in Mitleidenschaft gezogen zu wer-<br />
FACT-BOX<br />
Eine Knochenbeteiligung beim endogenen Hyperkortisolismus<br />
ist häufig und die Pathogenese<br />
des Knochenschwundes mannigfaltig. Die häufigste<br />
Komplikation ist die Wirbelkörperfraktur.<br />
Endogener Hyperkortisolismus geht überwiegend<br />
mit sehr niedrigen Osteocalcinwerten einher. Der<br />
Knochenumbau erholt sich postoperativ, ebenso<br />
wie die Knochenmasse. In dieser Phase sollte<br />
primär nicht mit Antiresorptiva behandelt werden,<br />
um das Erholungspotenzial des Knochens<br />
nicht zu unterdrücken.<br />
www.mondial-medica.at/schmerz-von-kopf-bis-fuss-10<br />
den als der trabekuläre. Mit Beseitigung<br />
des Hyperkortisolismus tritt wieder ein<br />
normales „Sensing“ der Mechanotransduktionssignale<br />
auf und es resultiert daraus<br />
in vielen Fällen ein großes Potenzial<br />
verlorene Knochenmasse wieder aufzubauen.<br />
Damit sinkt auch das Frakturrisiko<br />
wieder merklich ab. ■<br />
1 Williams G., Spinks T.J., Freemantle C., Sandler L., Joplin G.F.: Total body<br />
calcium measurements using neutron-activation analysis in Cushing's<br />
syndrome. Calcif Tissue Int 1986 Sep; 39 (3):145-150<br />
2 Arnaldi G., Angeli A., Atkinson A.B. et al.: Diagnosis and complications of<br />
Cushing’s syndrome: a consensus statement. J Clin Endocrinol Metab<br />
2003 Dec; 88 (12):5593-5602<br />
3 Sambrook P., Birmingham J., Kempler S. et al.: Corticosteroid effects on<br />
proximal femur bone loss. J Bone Miner Res 1990 Dec; 5 (12):1211-1216<br />
4 Seeman E., Wahner H.W., Offord K.P., Kumar R., Johnson W.J., Riggs B.L.:<br />
Differential effects of endocrine dysfunction on the axial and the appendicular<br />
skeleton. J Clin Invest 1982 Jun; 69 (6):1302-1309<br />
5 Leong G.M., Mercado-Asis L.B., Reynolds J.C., Hill S.C., Oldfield E.H.,<br />
Chrousos G.P.: The effect of Cushing’s disease on bone mineral density,<br />
body composition, growth, and puberty: a report of an identical adolescent<br />
twin pair. J Clin Endocrinol Metab 1996 May; 81 (5):1905-1911<br />
6 Szappanos A., Toke J., Lippai D. et al.: Bone turnover in patients with endogenous<br />
Cushing’s syndrome before and after successful treatment.<br />
Osteoporos Int 2010 Apr; 21 (4):637-645<br />
7 Rubin M.R., Bilezikian J.P.: Clinical review 151: The role of parathyroid<br />
hormone in the pathogenesis of glucocorticoid-induced osteoporosis: a<br />
re-examination of the evidence. J Clin Endocrinol Metab 2002 Sep; 87<br />
(9):4033-4041<br />
8 Manning P.J., Evans M.C., Reid I.R.: Normal bone mineral density following<br />
cure of Cushing’s syndrome. Clin Endocrinol (Oxf) 1992 Mar; 36<br />
(3):229-234<br />
9 Dobnig H., Stepan V., Leb G., Wolf G., Buchfelder M., Krejs G.J.: Recovery<br />
from severe osteoporosis following cure from ectopic ACTH syndrome caused<br />
by an appendix carcinoid. J Intern Med 1996 Apr; 239 (4):365-369<br />
10 Saag K.G., Shane E., Boonen S. et al.: Teriparatide or alendronate in glucocorticoid-induced<br />
osteoporosis. N Engl J Med 2007 Nov; 357<br />
(20):2028-2039
FOCUS<br />
Ein primärer, sekundärer oder tertiärer Hypogonadismus kann Ursache für eine sekundäre <strong>Osteoporose</strong><br />
sein. Bei zahlreichen endokrinen Erkrankungen mit konsekutivem Hypogonadismus bei Frauen und<br />
Männern ist an das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen <strong>Osteoporose</strong> zu denken.<br />
Rolle der Sexualhormone in der<br />
Pathogenese der <strong>Osteoporose</strong><br />
Sowohl Östrogen als auch Testosteron<br />
spielen eine zentrale Rolle im Knochenstoffwechsel.<br />
1 Östrogen bewirkt die Differenzierung<br />
von Osteoblasten aus Knochenmarksstromazellen<br />
und hemmt die<br />
Apoptose von Osteoblasten und Osteo -<br />
zyten. Östrogen steigert die Bildung osteoblastärer<br />
Wachstumsfaktoren (IGF-1,<br />
TGF-) und die Synthese von Prokollagen.<br />
Östrogen spielt auch eine essenzielle Rolle<br />
in der Regulation der Osteoklasten, es<br />
unterdrückt die RANKL-Bildung und stimuliert<br />
die OPG-Produktion und bewirkt<br />
damit eine hemmende Regulation der<br />
Osteoklastenbildung. Aus einem Östrogenabfall<br />
resultiert eine vermehrte Bildung<br />
und Aktivität von Osteoklasten.<br />
Auch verschiedene knochenresorbierende<br />
Zytokine stehen unter einem hemmenden<br />
Einfluss von Östrogen. Schließlich bewirkt<br />
Östrogen auch eine vermehrte Apoptose<br />
der Osteoklasten. Der Wegfall der Östrogene<br />
führt über diese Mechanismen zu<br />
einer sekundären <strong>Osteoporose</strong> und zur<br />
postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong>.<br />
Testosteron spielt eine Rolle in der Knochenneubildung<br />
und hat einen leicht an-<br />
1,05 -<br />
1,00 -<br />
0,95 -<br />
0,90 -<br />
0,85 -<br />
0,80 -<br />
0,75 -<br />
0,70 -<br />
32 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
Hypogonadismus und <strong>Osteoporose</strong><br />
Bone Mineral Density (g/cm 2 )<br />
*<br />
*<br />
tiresorptiven Effekt. Beim Mann kommt<br />
es ab etwa dem 50. Lebensjahr – individuell<br />
sehr unterschiedlich – zu einem<br />
langsamen Abfall von Testosteron, vor allem<br />
des bioverfügbaren freien Testosterons.<br />
Das aus Testosteron über die Aromatase<br />
gebildete Östrogen spielt auch<br />
beim Mann eine dominierende Rolle in<br />
der Aufrechterhaltung der skelettalen Integrität.<br />
Der Anstieg der Knochenmineraldichte<br />
in jungen Jahren und der Abfall im<br />
Alter ist auch beim Mann enger mit dem<br />
Spiegel an bioverfügbarem Östrogen als<br />
mit dem Testosteronspiegel assoziiert.<br />
Hypogonadismus<br />
bei der Frau<br />
Prämenopausale Frauen mit Östrogenmangel<br />
haben eine signifikant niedrigere<br />
Knochendichte als Frauen mit normaler<br />
Ovarialfunktion 2 (siehe Abb. 1), in der Folge<br />
entwickelt sich eine sekundäre <strong>Osteoporose</strong>.<br />
Bei jeder Frau mit einem Östrogenmangel<br />
vor dem 51. Lebensjahr (Hypogonadismus<br />
bei der Frau – siehe Tab. 1)<br />
besteht daher die Indikation zu einer<br />
Östrogensubstitution zur Erhaltung der<br />
Knochengesundheit, falls keine Kontraindikation<br />
gegen eine Östrogengabe vorliegt,<br />
primäre Ovarialinsuffizienz (n = 353)<br />
konkurrente Kontrollen (n = 70)<br />
NHANES-Kontrollen (n = 353)<br />
Femurhals Hüfte gesamt LWS<br />
Popat V.B. et al., J Clin Endocrinol Metab <strong>2009</strong>; 94:2277-2283<br />
Abb. 1: Knochendichte bei jungen Frauen (Alter 18–42 Jahre) mit primärer Ovarialinsuffizienz<br />
(POI) im Vergleich zu einem Normalkollektiv 2<br />
*<br />
Univ.-Prof. Dr. Rudolf W. Gasser<br />
Universitätsklinik für Innere Medizin I,<br />
Medizinische Universität Innsbruck<br />
Rudolf.Gasser@i-med.ac.at<br />
bei vorhandenem Uterus ist eine Kombination<br />
mit einem Gestagen obligatorisch.<br />
Nach der Menopause ist der Östrogenmangel<br />
hauptverantwortlich für die Abnahme<br />
der Knochendichte und somit für<br />
die erhöhte Frakturinzidenz im Rahmen<br />
der postmenopausalen (primären) <strong>Osteoporose</strong>.<br />
Die positive Wirksamkeit eineru<br />
Tab. 1: Hypogonadismus bei der Frau<br />
Primäre Ovarialinsuffizienz<br />
(gonadale Dysfunktion):<br />
Gonadendysgenesie<br />
Turner-Syndrom<br />
Resistant-Ovary-Syndrom<br />
Ovarialinsuffizienz nach Beckenbestrahlung<br />
oder Chemotherapie<br />
Z. n. beidseitiger Ovarektomie<br />
Autoimmunendokrinopathie mit antiovariellen<br />
Antikörpern<br />
Aromatasehemmer-Therapie beim Mammakarzinom<br />
Sekundäre/tertiäre Ovarialinsuffizienz<br />
(hypophysär-hypothalamische Dysfunktion):<br />
Hypophyseninsuffizienz (z. B. Kraniopharyngeom,<br />
Adenom, Z. n. Hypophysenoperation)<br />
Hyperprolaktinämie<br />
funktionelle hypothalamische Störungen<br />
(z. B. Anorexia nervosa)<br />
medikamentös bedingte hypothalamische Störungen
Fachkurzinformation siehe Seite 51, 52
FOCUS SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Hormonersatztherapie auf den Surrogatparameter<br />
Knochendichte und auf die<br />
Primärprophylaxe osteoporotischer Frakturen<br />
ist durch mehrere randomisierte<br />
Studien belegt, insbesondere mit der Women’s<br />
Health Initiative wurde der Nachweis<br />
einer Frakturrisikosenkung für Oberschenkelhals-<br />
und Wirbelkörperfrakturen<br />
erbracht. Wegen des negativen Nutzen-<br />
Risiko-Verhältnisses wird der Hormonersatz<br />
jedoch nicht zur <strong>Osteoporose</strong>therapie<br />
in der Menopause empfohlen. 3 Postmenopausale<br />
Frauen, die primär wegen<br />
vasomotorischer Symptome mit Östrogen<br />
(± Gestagen) substituiert werden, erhalten<br />
jedoch damit eine wirksame <strong>Osteoporose</strong>behandlung.<br />
Dabei ist die orale<br />
oder transdermale Anwendung von<br />
Östrogenen als gleichwertig anzusehen.<br />
Aromatasehemmer-Therapie: In der adjuvanten<br />
Behandlung des hormonrezeptorpositiven<br />
Mammakarzinoms werden bei<br />
postmenopausalen Frauen Aromatasehemmer<br />
eingesetzt. 4 Die so genannten<br />
„Aromatasehemmer der 3. Generation“<br />
(Anastrozol, Exementan, Letrozol) bewirken<br />
eine fast vollständige Suppression der<br />
endogenen Östrogenbildung (Ovar, Nebenniere)<br />
und führen über die Aktivierung<br />
der Knochenresorption zu einer Abnahme<br />
der Knochendichte und zu erhöhter Frakturgefährdung;<br />
bei Osteopenie/<strong>Osteoporose</strong><br />
und in Abhängigkeit weiterer Risikofaktoren<br />
ist bei diesen Patientinnen eine<br />
Tab. 2: Hypogonadismus beim Mann<br />
Primäre Hodeninsuffizienz<br />
(gonadale Dysfunktion):<br />
Anorchie<br />
Klinefelter-Syndrom<br />
Hodeninsuffizienz nach Beckenbestrahlung<br />
oder Chemotherapie<br />
Z. n. beidseitiger Orchidektomie<br />
ablative Hormontherapie beim Prostatakarzinom<br />
Sekundäre/tertiäre Hodeninsuffizienz<br />
(hypophysär-hypothalamische Dysfunktion):<br />
Hypophyseninsuffizienz (z. B. Kraniopharyngeom,<br />
Adenom, Z. n. Hypophysenoperation)<br />
Hyperprolaktinämie<br />
Kallmann-Syndrom<br />
Störung der hypothalamischen GnRH-Sekretion<br />
medikamentös bedingte hypothalamische Störungen<br />
34 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
Nicht-korrigierte frakturfreie<br />
Überlebensrate (%)<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
1 2<br />
-<br />
Abb. 2: Frakturrisiko und ablative Hormontherapie bei Prostatakarzinom 4<br />
antiresorptive Therapie mit Bisphosphonaten<br />
indiziert. 4<br />
Hypogonadismus<br />
beim Mann<br />
keine Androgen-Deprivation (n = 32.931)<br />
-<br />
GnRH-Agonist,<br />
5–8 Dosen<br />
(n = 2.171)<br />
-<br />
Wie eingangs erwähnt, ist Testosteron<br />
beim Mann essenziell für die Erhaltung<br />
der Knochengesundheit, wobei ein wesentlicher<br />
Teil der Wirkung auf aus Tes -<br />
tosteron gebildetem Östrogen beruht.<br />
Tes tosteronmangel ist eine wichtige Ursache<br />
für die sekundäre <strong>Osteoporose</strong><br />
beim Mann (Hypogonadismus beim<br />
Mann – siehe Tab. 2). Beim hypogonaden<br />
Mann ist der Testosteronmangel assoziiert<br />
mit niedriger Knochendichte, Testosteronersatz<br />
führt zur Zunahme der Knochendichte.<br />
5 Niedrige Testosteron- als auch<br />
Östrogenspiegel beim Mann sind assoziiert<br />
mit einem erhöhten Frakturrisiko. Bei<br />
Männern mit einer symptomatischen Wirbelfraktur<br />
besteht bei ca. 20 % ein Hypogonadismus,<br />
bei Männern mit einer Hüftfraktur<br />
bei ca. 50 %. 6 Eine klinisch relevante<br />
Ursache für den schweren<br />
Hypogonadismus beim Mann ist die Androgen-Ablationstherapie<br />
des Prostatakarzinoms,<br />
entweder durch eine Orchidektomie<br />
oder durch eine medikamentös<br />
induzierte nahezu komplette Absenkung<br />
der zirkulierenden Testosteronspiegel. 4<br />
Unter einer GnRH-Agonisten-Therapie<br />
wurde eine dosisabhängig erhöhte Frakturinzidenz<br />
nachgewiesen 4 (Abb. 2). Die<br />
indi viduell unterschiedliche Abnahme<br />
von Testosteron im Alter ist mitverantwortlich<br />
für die altersassoziierte <strong>Osteoporose</strong><br />
des Mannes.<br />
Spezifische Therapie der <strong>Osteoporose</strong><br />
des Mannes: Sowohl Bisphosphonate<br />
als auch Parathormon erhöhen beim hypogonaden<br />
Mann die Knochendichte.<br />
-<br />
-<br />
GnRH-Agonist, 1–4 Dosen (n = 3.763)<br />
GnRH-Agonist,<br />
> 9 Dosen<br />
(n = 5.061)<br />
-<br />
3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Jahre seit der Diagnose<br />
Nach: Shahinian V.B. et al., N Engl J Med 2005; 352:154<br />
-<br />
Orchidektomie<br />
(n = 3.399)<br />
-<br />
-<br />
Bisphosphonate können effizient den<br />
Knochendichteverlust einer Androgen-<br />
Ablationstherapie beim Prostatakarzinom<br />
verhindern. Eine Testosteronersatztherapie<br />
führt zu einer Verbesserung der Knochendichte<br />
beim manifesten Hypogonadismus,<br />
ob dadurch auch das Frakturrisiko<br />
sinkt, ist durch Studien nicht<br />
eindeutig belegt. Bei Männern mit symptomatischem<br />
Hypogonadismus (Tab. 2)<br />
besteht die Indikation zum Testosteronersatz,<br />
falls dafür keine Kontraindikation<br />
besteht. Damit erfolgt auch eine Behandlung<br />
der <strong>Osteoporose</strong>. Bei älteren Männern<br />
mit niedrigem Testosteronspiegel<br />
ohne Hypogonadismus-Syndrom wird eine<br />
Bisphosphonat- oder Parathormontherapie<br />
der <strong>Osteoporose</strong> empfohlen. 5<br />
ZUSAMMENFASSUNG: Die Sexualhormone<br />
(Östrogene und Androgene) spielen<br />
eine zentrale Rolle in der Knochengesundheit,<br />
ein Mangel an Sexualhormonen führt<br />
zu einer sekundären <strong>Osteoporose</strong>. Ein Hypogonadismus<br />
bei der prämenopausalen<br />
Frau sollte, wenn keine Kontraindikation<br />
besteht, durch Hormonersatz behandelt<br />
werden, auch zur Prävention und Therapie<br />
der <strong>Osteoporose</strong>. Ebenso ist beim<br />
Mann ein symptomatischer Hypogonadismus<br />
(Hypogonadismus-Syndrom) durch<br />
Testosteronersatz zu behandeln, wenn<br />
keine Kontraindikation besteht, auch im<br />
Sinne der Knochengesundheit. Alternativ<br />
kann die sekundäre <strong>Osteoporose</strong> bei Hypogonadismus<br />
auch mit einer Bisphos -<br />
phonat- oder Parathormontherapie behandelt<br />
werden. ■<br />
1 Drake M.T. et al.: Primer on the Metabolic Bone Diseases and Disorders of<br />
Mineral Metabolism, 7th Edition. ASBMR 2008, p. 208<br />
2 Popat V.B. et al., J Clin End Metab <strong>2009</strong>; 94:2277<br />
3 Rossouw J.E. et al., JAMA 2002; 288:321<br />
4 Meier C., J Mineralstoffwechsel 2010; 17(Suppl. 1):21<br />
5 Orwoll E.S.: Primer on the Metabolic Bone Diseases and Disorders of Mineral<br />
Metabolism, 7th Edition. ASBMR 2008, p. 286<br />
6 Tuck S.R. et al., Front Horm Res <strong>2009</strong>; 37:123
FREIES THEMA<br />
<strong>Osteoporose</strong><br />
An Hypogonadismus denken<br />
Bei der <strong>Osteoporose</strong> des Mannes mit oder ohne osteoporotische<br />
Frakturen ist vorrangig an die Möglichkeit einer sekundären<br />
<strong>Osteoporose</strong> zu denken. Ein wichtiger Grund für eine sekundäre<br />
Osteo porose beim Mann ist der Hypo gonadismus.<br />
Redaktion: Mag. Sandra Standhartinger<br />
enau wie bei Östrogen ist die<br />
Hauptaktion von Testosteron auf<br />
Gewebeebene die Reduktion der Knochenresorption1<br />
. Ein Großteil dieser Aktion erfolgt<br />
indirekt durch Aromatisierung von<br />
Testosteron zu Östrogen2 durch die Inhibition<br />
der Knochenresorption durch Senkung<br />
der IL-6-Produktion, ähnlich wie es<br />
durch Östrogen der Fall ist. Ebenso hat<br />
Testosteron genau wie auch Östrogen die<br />
Eigenschaft, die Lebensspanne von Osteoblasten<br />
zu verlängern3 und die Apoptoserate<br />
von Osteoklasten zu beeinflussen. Als<br />
weiterer Aspekt wird für Testosteron auch<br />
ein leichter Effekt auf die Osteoblastenproliferation<br />
beschrieben4,5 . Diese beiden Wirkungsweisen,<br />
Stimulation der Proliferation<br />
von Osteoblasten und die Beeinflussung<br />
der Osteoklastenapoptose, führen zu der<br />
Eigenschaft von Testosteron, die Knochenmasse<br />
zu erhöhen. Des Weiteren<br />
scheint sich Testosteron von Östrogen<br />
dahin gehend zu unterscheiden, als dass<br />
es in anderen Stadien der Osteoblastendifferenzierung<br />
eingreift und Osteoblasten<br />
an differierenden Orten des Skelett -<br />
systems affektiert. So steigert Testosteron<br />
z. B. den periostalen Knochenabbau6 ,<br />
während Östrogen auf diesen inhibitorisch<br />
wirkt7 G<br />
.<br />
Behre et al. untersuchten die Langzeitwirkung<br />
einer Testosteronsubstitution<br />
(bis zu 16 Jahre) auf die Knochenmineraldichte<br />
bei 72 hypogonadalen Männern8.<br />
In einjährigen Intervallen wurde<br />
die trabekuläre Knochenmineraldichte<br />
der Lendenwirbelsäule mittels quantitativer<br />
Computertomographie (QCT) gemessen.<br />
Bei 32 Patienten erfolgte eine<br />
QCT bereits vor Therapiebeginn. Im Ergebnis<br />
zeigte sich, dass die Serum-Tes -<br />
,, OA<br />
Dr.<br />
Christian Muschitz<br />
II. Medizinische<br />
Abteilung, Krankenhaus<br />
der Barmherzigen<br />
Schwestern Wien<br />
Die Behandlung eines Hypogonadismus<br />
mit Testosteron<br />
sollte ab einer Serumkonzentration<br />
von < 200 mg/dl (< 6,9 nmol/l) und<br />
Hormonmangel-typischen Beschwerden<br />
unter Abwägung von Vor- und<br />
Nachteilen und Berücksichtigung der<br />
Kontraindikationen in Erwägung gezogen<br />
werden. Bei einem hohen Frakturrisiko<br />
ist die Kombination mit einem<br />
Bisphosphonat zu empfehlen, da es<br />
noch keine Studien gibt, die belegen,<br />
dass Testosteron alleine zu einer Verminderung<br />
von Frakturen führt.<br />
,,<br />
tosteronspiegel bei allen behandelten hypogonadalen<br />
Männern in den Normbereich<br />
zurückkehrten. Der eindeutigste<br />
Anstieg der Knochenmineraldichte wurde<br />
im ers ten Therapiejahr verzeichnet,<br />
dies bei jenen Patienten, die bis zur ers -<br />
ten QCT keine Substitution erhielten. Bei<br />
allen Probanden konnte eine Lang zeit-<br />
Testosterontherapie die Knochenmineraldichte<br />
im altersabhängigen Referenzbereich<br />
halten. Neuere Arbeiten legen nahe,<br />
dass eine Testosteron behandlung bei hypogonadalen<br />
Männern nicht nur die Knochenmineraldichte<br />
erhöhen, sondern<br />
Werner Reiter<br />
F.E.B.U,<br />
Facharzt für Urologie,<br />
Wien<br />
,,Univ.-Doz. Dr.<br />
Ein Drittel der Patienten mit<br />
traumatischen Knochenschäden<br />
insbesondere Schenkelhalsfrakturen<br />
im Alter ist männlich. Der<br />
Zusammenhang Knochen, Unfallhäufigkeit<br />
und daraus entstehende Kos -<br />
ten für das österreichische Gesundheitssystem<br />
ist eindeutig. Endokri -<br />
nologisch gibt es dennoch keinen<br />
Therapie ansatz, ein Umstand, der<br />
schade ist, da Bisphosphonate teuer<br />
sind und die Nebenwirkungsrate im<br />
Vergleich zu einer Testosterontherapie<br />
hoch ist. Aus urologischer Sicht wäre<br />
es wichtig, bei einem Patienten mit<br />
über 65 Jahren (willkürlicher Cut-off)<br />
mit Hormonmangelsymptomen, die im<br />
Labor bestätigt werden, unbedingt einen<br />
Knochendichte-Check durchzuführen.<br />
Aus eigener Erfahrung in der<br />
Ordination kann ich sagen, dass bei<br />
Patienten mit Testosteronmangel-<br />
Symptomen und einem Testosteronspiegel<br />
unter dem Normwert in über<br />
50 % eine Knochenmangel situation<br />
der Fall ist. Alle Knochendichtemessgeräte<br />
haben Referenzdatenbanken<br />
für Frauen und Männer. Der Befunder<br />
sollte immer darauf schauen, ob auch<br />
die männliche Referenzpopulation bei<br />
der Berechnung richtig eingestellt ist.<br />
auch die trabekuläre Architektur verbessert<br />
9 . Dass Testosteron allein zu einer Verminderung<br />
von Frakturen führt, ist bis dato<br />
nicht belegt. ■<br />
1 Bellido T. et al., J Clin Invest 1995: 95, 2886-2895<br />
2 Falahati-Nini A. et al., J Clin Invest 2000;106:1553-1560<br />
3 Manolagas S.C., Endocr Rev 2000; 21:115-137<br />
4 Bucay N. et al., Genes Dev 1998; 12:1260-1268<br />
5 Kasperk C.H. et al., Endocrinology 1989; 124:1576-1578<br />
6 Wakley G.K. et al., J Bone Miner 1991; Res 6: 325-330<br />
7 Turner R.T. et al., Endocrinology 1990; 127:1346-1351<br />
8 Behre H. et al., J Clin Endocrinol Metab 1997; 82: 2386-2390<br />
9 Benito M. et al., J Bone Miner Res 2005; 20:1785-1791<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
35<br />
Entgeltliche Einschaltung ,,
FOCUS<br />
Eine Assoziation zwischen <strong>Osteoporose</strong><br />
und Diabetes ist auf den ersten<br />
Blick nicht ohne Weiteres zu erkennen,<br />
sieht man davon ab, dass sich beide<br />
Krankheitsentitäten im stetigen<br />
Zuwachs befinden. Bei jeweils ca. 200<br />
Mio. Betroffenen weltweit ist der Begriff<br />
„Volkskrankheit“ wohl kaum treffender zu<br />
vergeben.<br />
Das Wissen um den Einfluss von Zuckerkrankheit<br />
auf die Knochenbeschaffenheit<br />
lässt sich über 80 Jahre zurückverfolgen.<br />
Bereits 1927 erkannte eine Arbeitsgruppe<br />
in Boston an 68 diabetischen Kindern<br />
so auffällige radiologische Abnormalitäten<br />
der Knochenentwicklung, dass sie ihre<br />
ursprüngliche Absicht – primär lag die Intention<br />
des Artikels nämlich in der Erforschung<br />
atherosklerotischer Gefäßveränderungen<br />
– kurzerhand änderten und die<br />
erste Beschreibung Diabetes-induzierter<br />
Knochenpathologien publizierten. Rund<br />
20 Jahre später schrieb Fuller Albright,<br />
einer der endokrinologischen Pioniere<br />
des letzten Jahrhunderts, in einem Buch<br />
bereits von der „Knochenatrophie“ und<br />
„Retardierung der Knochenentwicklung“<br />
bei an Typ-1-Diabetes erkrankten<br />
Kindern.<br />
Konnex bei Typ-1-Diabetes<br />
Das genaue Ausmaß des Einflusses von<br />
Diabetes auf den Knochenmetabolismus<br />
und ganz besonders die Konsequenz auf<br />
das damit verbundene Frakturrisiko werden<br />
bis heute kontrovers diskutiert. Beim<br />
Typ-1-Diabetes hat die überwiegende Anzahl<br />
an Studien ein signifikantes Defizit<br />
im Bereich der Knochenmasse wie auch<br />
knochenspezifischer Marker festgestellt,<br />
so dass man hier von einem Konsens<br />
sprechen kann. Mehrere Studien haben<br />
36 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Endokrinologische Grunderkrankungen<br />
<strong>Osteoporose</strong> und Diabetes –<br />
eine komplexe Assoziation<br />
Der behandelnde Arzt eines Diabetikers ist heute gefordert, zusätzlich zu etablierten Screeningmaßnahmen<br />
auch den Knochen nicht aus den Augen zu verlieren. Das Wissen um pathophysiologische Vorgänge und<br />
die rechtzeitige Ergreifung von Maßnahmen sind unverzichtbare Bestandteile zur erfolgreichen Aufgabenbewältigung.<br />
besonders am Schenkelhals, aber auch<br />
Unterarm niedrigere Knochendichtewerte<br />
gemessen, das Achsenskelett scheint<br />
weniger betroffen.<br />
Man kennt im Vergleich zu Nicht-Diabetikern<br />
sowohl eine Reduktion der maximalen<br />
Knochendichte („peak bone mass“)<br />
als auch einen rascheren Verlust von Knochenmasse<br />
über die Jahre. Welcher dieser<br />
beiden Faktoren der wichtigere ist,<br />
lässt sich nach derzeitiger Datenlage nicht<br />
beantworten.<br />
Die Ursachen des Phänomens sind multifaktoriell<br />
bedingt: Den bedeutends ten<br />
Pathomechanismus stellen dabei mit<br />
Sicherheit die autoimmun bedingte hormonelle<br />
Depletion der Betazelle mit konsekutiver<br />
Insulinopenie sowie der Mangel<br />
an IGF-1 (Insuline-like Growth Factor) dar,<br />
der die Osteoblastenfunktion beeinträchtigt.<br />
Ein weiterer Faktor ist die Störung der<br />
Kalziumhomöostase, die sowohl aus einer<br />
erhöhten Exkretion über den Harn, aber<br />
auch gestörten Resorption rührt und bis<br />
hin zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus<br />
führen kann. Es existieren<br />
auch Daten, dass der Vitamin-D-Stoffwechsel<br />
bei Diabetikern in komplexer,<br />
noch nicht genau verstandener Weise gestört<br />
ist. Zuletzt scheinen deutlich erhöhte<br />
Zuckerspiegel über längere Zeit die Glykosylierung<br />
von Quervernetzungen im<br />
Knochenkollagen zu bewirken, was sich<br />
naturgemäß auf die mechanische Festigkeit<br />
auswirkt. Dazu kommen auch noch<br />
indirekte Einflüsse der Zuckerkrankheit auf<br />
die Frakturrate, wenn nämlich die typischen<br />
Spätfolgen, wie Neuropathie und<br />
Retinopathie, das Sturzrisiko beeinflussen.<br />
Die aktuellen Leitlinien des deutschen<br />
Dachverbands für Osteologie sprechen von<br />
einer Risikoerhöhung bei Typ-1-Diabeti-<br />
Ass. Dr. Gregor Holak<br />
5. Medizinische Abteilung mit<br />
Rheumatologie, Stoffwechsel -<br />
erkrankungen und Rehabilitation,<br />
Wilhelminenspital der Stadt Wien<br />
gregor.holak@wienkav.at<br />
kern um das 2–3-Fache für vertebrale<br />
Frakturen bzw. das 7-Fache für proximale<br />
Femurfrakturen.<br />
Konnex bei Typ-2-Diabetes<br />
Etwas anders stellt sich die Situation beim<br />
Typ-2-Diabetiker dar: Der erhöhte Insulinspiegel<br />
wie auch das häufig begleitende<br />
Übergewicht besitzen einen prinzipiell<br />
protektiven Effekt auf die Knochensubstanz.<br />
Erhöhte Frakturrate trotz erhöhter Dichte:<br />
In der Mehrheit der Studien wurden<br />
auch erhöhte Knochendichtewerte bei<br />
Männern und Frauen bestätigt, was den<br />
wesentlichsten Unterschied zwischen den<br />
zwei großen Diabetesentitäten in diesem<br />
Zusammenhang reflektiert (eine Zusammenfassung<br />
der relevantesten Faktoren<br />
bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes liefert die<br />
Tab.). Die erhöhten Dichtewerte schlagen<br />
sich aber leider nicht, wie man fälschlicherweise<br />
meinen könnte, in einer geringeren<br />
Frakturrate nieder. In der „Women’s<br />
Health Initiative Observational Study“, ei-
Tab.: Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes in Bezug auf den Knochenstoffwechsel<br />
Typ 1 Diabetes Typ 2 Diabetes<br />
Knochendichte erniedrigt normal bis erhöht<br />
Pathomechanismen Insulindefizit, anaboler Effekt durch Insulinresistenz,<br />
Kalziurie, Kalziurie,<br />
glykosilierte Stoffwechselendprodukte glykosilierte Stoffwechselendprodukte<br />
Frakturrisiko erniedrigter Knochenumsatz erniedrigter Knochenumsatz<br />
Medikamenteneinfluss anaboler Effekt durch Insulin anaboler Effekt von Insulin durch – häufig – damit assoziierte lange<br />
Krankheitsdauer gemindert, gesteigertes Frakturrisiko durch Glitazone<br />
Begleitende Risikofaktoren erhöhtes Sturzrisiko durch Retinopathie, erhöhtes Sturzrisiko durch Retinopathie, Neuropathie, zerebrovaskuläre<br />
bei langer Krankheitsdauer Neuropathie, zerebrovaskuläre Schäden Schäden, erhöhtes Sturzrisiko bei Übergewicht<br />
ner prospektiven Studie mit fast 100.000<br />
Typ-2-Diabetikerinnen, wurde eine relative<br />
Risikoerhöhung von immerhin 20 %<br />
dokumentiert.<br />
Janghorbani et al. stellten in einer großen<br />
Metaanalyse aus 2007 eine Risikoerhöhung<br />
für Hüftfrakturen in beiden Diabetesgruppen<br />
fest, wenn auch mit Gewichtung<br />
für Typ-1-Diabetiker. Über die<br />
genauen Ursachen kann nur spekuliert<br />
werden, sekundäre Spätschäden, wie<br />
oben beschrieben, dürften einen wesentlichen<br />
Einfluss besitzen. Es gibt auch<br />
Hinweise, dass die Dauer der Erkrankung<br />
einen Einfluss auf die Frakturhäufigkeit<br />
haben könnte, genauso wie die Anzahl<br />
der Medikamente, die die Patienten insgesamt<br />
einnehmen müssen.<br />
Über die therapeutische Implikation aller<br />
genannten Daten gibt es zurzeit keine stringenten<br />
Richtlinien. Die komplexen Vorgänge<br />
und die Vielzahl von direkten und indirekten<br />
Einflussnahmen legen aber nahe,<br />
dass eine „Universaltherapie“ wenig Sinn<br />
macht, ein individualisierter Ansatz daher<br />
zielführender erscheint. Es lässt sich derzeit<br />
auch keine zu bevorzugende Medikamentenklasse<br />
herausheben, so dass das<br />
klassische Vorgehen mit einem kombinierten<br />
Ansatz aus Training, gesunder Ernährung,<br />
Kalzium/Vitamin-D-Prophylaxe und<br />
einem modernen Bisphosphonat in der Basisüberlegung<br />
als geeignet anzusehen ist.<br />
Einfluss von Antidiabetika<br />
Auch die Behandlung des Diabetes birgt<br />
Gefahren für den Knochen, wie sich am<br />
Beispiel der Thiazolidindione (Glitazone)<br />
in den letzten Jahren trefflich demons -<br />
trieren ließ.<br />
Knochenkatabole Effekte der Glitazone:<br />
Glitazone sind als wertvolle Partner in der<br />
Behandlung des – vor allem übergewichtigen<br />
– Typ-2-Diabetikers seit ca. 10 Jahren<br />
in Verwendung. Diese Medikamenten-<br />
gruppe fungiert als Ligand am nukleären<br />
Rezeptor PPAR gamma (PPAR-), der die<br />
Gentranskription im Zellkern reguliert und<br />
damit für die Zelldifferenzierung in verschiedenen<br />
Geweben verantwortlich<br />
zeichnet. Im Knochenmark beeinflussen<br />
sie die Entwicklung mesenchymaler<br />
Stammzellen und hemmen die Bildung<br />
von Osteoblasten.<br />
Speziell ins mediale Rampenlicht gerieten<br />
die für die Knochen katabolen Eigenschaften<br />
im Zuge einer Subgruppenanalyse des<br />
„Diabetes Outcome Progression Trial“<br />
(ADOPT-Studie), wo – unerwarteterweise<br />
– eine Frakturerhöhung für Rosiglitazon<br />
bei Frauen um das immerhin Doppelte im<br />
Vergleich zu Metformin und Glibenclamid<br />
beschrieben wurde. Für Pioglitazon deuten<br />
Daten auf ähnliche Effekte hin, so<br />
dass eher von einem Klasseneffekt, denn<br />
einer substanzspezifischen Wirkung auszugehen<br />
ist. Auch die noch rezenteren<br />
Daten der RECORD-Studie zeigen eine<br />
Verdoppelung von Frakturen im Bereich<br />
der oberen/unteren Extremitäten für Rosiglitazon.<br />
Warum ausgerechnet diese für<br />
<strong>Osteoporose</strong> eher ungewöhnlichen Stellen<br />
fragiler werden, ist nicht erschöpfend<br />
geklärt. Es könnte aber das Alter eine Rolle<br />
spielen, bedenkt man, dass die Teilnehmer<br />
der ADOPT-Studie im Mittel zwischen<br />
50 und 60 Jahren alt waren, also „jung“<br />
in Bezug auf osteoporotische Ereignisse.<br />
Mit zunehmendem Alter scheinen sich<br />
die Prädilektionsstellen auf „klassische“<br />
osteoporotische Lokalisationen wie den<br />
Schenkelhals zu verschieben, wie 2008<br />
FACT-BOX<br />
Diabetes hat auf mehreren Ebenen einen relevanten<br />
Einfluss auf den Knochenmetabolismus<br />
und das Frakturrisiko. Angesichts der explodierenden<br />
Prävalenzen beider Krankheitsentitäten<br />
ist eine genaue Kenntnis der Berührungspunkte<br />
zur optimalen Prophylaxe als relevant anzusehen.<br />
in einer retrospektiven Datenanalyse zu<br />
66.000 Diabetikern in England festgestellt<br />
werden konnte. In dieser Arbeit wurde<br />
auch festgehalten, dass das 2–3-fach<br />
erhöhte Risiko unabhängig von Komorbiditäten,<br />
Krankheitsdauer, der Verwendung<br />
anderer oraler Antidiabetika und auch<br />
vom Geschlecht bestand.<br />
Kritische Risikoabschätzung: Eine allgemeine<br />
Empfehlung hinsichtlich <strong>Osteoporose</strong><br />
und der Verwendung von Thiazolidindionen<br />
existiert vorläufig nicht. Die<br />
Summe der Daten legt aber nahe, dass<br />
ihr Einsatz bei einer Population mit hohem<br />
Risikoprofil sorgfältig abzuwägen ist.<br />
Der Einsatz von Glitazonen ist bei postmenopausalen<br />
Frauen und <strong>Osteoporose</strong><br />
besonders kritisch zu sehen, insbesondere<br />
da der protektive Effekt gängiger <strong>Osteoporose</strong>therapien<br />
noch nicht nachgewiesen<br />
ist, genauso wenig wie die Reversibilität<br />
des Frakturrisikos nach Beendigung<br />
einer Glitazontherapie.<br />
Aus heutiger Sicht sind sicherlich weitere<br />
prospektive, randomisierte Endpunkt -<br />
studien abzuwarten, um eine endgültige<br />
Aussage hinsichtlich des tatsächlichen<br />
Risikos treffen zu können. ■<br />
Literatur:<br />
1 Janghorbani M., Van Dam R.M., Willett W.C., Hu F.B.: Systematic Review of<br />
Type 1 and Type 2 Diabetes Mellitus and Risk of Fracture. Am J Epidemiol<br />
2007 Sep 1; 166 (5):495-505<br />
2 Meier C., Kraenzlin M.E., Bodmer M., Jick S.S., Jick H., Meier C.R.: Use of thiazolidinediones<br />
and fracture risk. Arch Intern Med. 2008 Apr 28;168(8):820-5<br />
3 Carnevale V., Romagnoli E., D’Erasmo E.: Skeletal involvement in patients with<br />
diabetes mellitus. Diabetes Metab Res Rev 2004 May-Jun; 20 (3):196-204<br />
4 Tuominen J.T., Impivaara O., Puukka P., Rönnemaa T.: Bone mineral density<br />
in patients with type 1 and type 2 diabetes. Diabetes Care 1999 Jul; 22<br />
(7):1196-200<br />
5 Vestergaard P.: Bone metabolism in type 2 diabetes and role of thiazolidinediones.<br />
Curr Opin Endocrinol Diabetes Obes <strong>2009</strong> Apr; 16 (2):125-31<br />
6 Hofbauer L.C., Brueck C.C., Singh S.K., Dobnig H.: Osteoporosis in patients<br />
with diabetes mellitus. J Bone Miner Res 2007 Sep; 22 (9):1317-28<br />
7 ADOPT Study Group: Glycemic durability of rosiglitazone, metformin, or glyburide<br />
monotherapy. N Engl J Med 2006 Dec 7; 355 (23):2427-43<br />
8 RECORD Study Team: Rosiglitazone evaluated for cardiovascular outcomes<br />
in oral agent combination therapy for type 2 diabetes (RECORD): a multicentre,<br />
randomised, open-label trial. Lancet <strong>2009</strong> Jun 20; 373<br />
(9681):2125-35<br />
9 Albright F., Reifenstein E.C.: The Parathyroid Glands and Metabolic Bone<br />
Disease: Selected Studies. Williams & Wilkins: Baltimore, 1948<br />
10 Morrison L.B., Bogan I.K.: Bone development in diabetic children: a roentgen<br />
study. Am J Med Sci 1927; 174: 313-19<br />
11 Bonds D.E., Larson J.C., Schwartz A.V., Strotmeyer E.S., Robbins J., Rodriguez<br />
B.L., Johnson K.C., Margolis K.L.: Risk of fracture in women with type<br />
2 diabetes: the Women's Health Initiative Observational Study. J Clin Endocrinol<br />
Metab 2006 Sep; 91 (9):3404-10<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
37
FOCUS<br />
Die Angaben zur Prävalenz der<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei ankylosierender<br />
Spondylitis schwanken zwischen 19 %<br />
und 62 %, wofür vor allem die unterschiedliche<br />
Wertigkeit der verwendeten<br />
diagnostischen Methoden, aber auch fehlende<br />
standardisierte alterskorrigierte<br />
Normwerte für die Knochendichte bei<br />
Männern eine Rolle spielen dürften. Die<br />
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten<br />
osteoporotischer Wirbelkörperfrakturen<br />
liegt etwa bei 20 %, wobei zwischen klinisch<br />
stummen und symptomatischen<br />
Frakturen unterschieden werden muss.<br />
Schenkelhalsfrakturen und Unterarmfrakturen<br />
treten nicht signifikant häufiger auf.<br />
Insgesamt sind Männer mit ankylosierender<br />
Spondylitis häufiger von <strong>Osteoporose</strong><br />
betroffen als Frauen; auch Wirbelkörperfrakturen<br />
treten bei Männern häufiger<br />
auf.<br />
Erschwerte<br />
<strong>Osteoporose</strong>-Diagnostik<br />
In verschiedenen Studien konnte gezeigt<br />
werden, dass die Knochendichtemessung<br />
am Femur mittels Dual Energy X-<br />
Ray Absorptiometry (DEXA) bei Patienten<br />
mit ankylosierender Spondylitis am<br />
aussagekräftigsten ist. An der Lendenwirbelsäule<br />
werden mit zunehmender Krankheitsdauer<br />
aufgrund der Verknöcherungen<br />
und eventuell zusätzlich vorliegenden Wirbelkörperfrakturen<br />
vor allem im anterior-<br />
38 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
<strong>Osteoporose</strong> auf dem Boden rheumatischer Erkrankungen<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei ankylosierender Spondylitis –<br />
diagnostische und therapeutische Herausforderung<br />
Die ankylosierende Spondylitis ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die durch subchondrale<br />
Osteitis und Enthesitiden vorwiegend im Bereich des Achsenskeletts charakterisiert ist. Im Laufe der<br />
Erkrankung kommt es zu Verknöcherungen von Sehnenansätzen, Bändern und Periost und zur Bildung<br />
von Knochenbrücken (Syndesmophyten, Ankylosierung), aber auch zu einer axial betonten Verminderung<br />
der trabekulären Knochendichte mit erhöhtem Risiko für Wirbelkörperfrakturen.<br />
Dieser Artikel soll einen Überblick über die Störungen des Knochenstoffwechsels und die Mechanismen<br />
der <strong>Osteoporose</strong>entstehung bei ankylosierender Spondylitis geben.<br />
posterioren Strahlengang falsch-hohe<br />
Werte gemessen. Mit Hilfe der quantitativen<br />
Computertomographie ist eine bessere<br />
Einschätzung des Grades der Verminderung<br />
der trabekulären Knochensubstanz<br />
an der Wirbelsäule möglich, die<br />
Methode ist aber bisher noch nicht ausreichend<br />
standardisiert. Die ebenfalls untersuchte<br />
Messung der Knochendichte<br />
am Calcaneus mittels Ultraschall eignet<br />
sich nur zur Ausschluss einer schweren<br />
<strong>Osteoporose</strong>.<br />
Die Diagnostik osteoporotischer Frakturen<br />
ist ebenfalls nicht einfach, da viele klinisch<br />
relevante Frakturen auf konventionellen<br />
Röntgenaufnahmen nicht zu sehen sind.<br />
Pathogenese<br />
und Lokalisation<br />
Das Nebeneinander von Verminderung<br />
der Knochensubstanz einerseits und<br />
überschießender Knochenneubildung andererseits<br />
stellt eine Besonderheit dar,<br />
deren pathophysiologische Zusammenhänge<br />
bisher noch nicht ausreichend geklärt<br />
sind.<br />
Die primäre Annahme einer Inaktivitätsosteoporose<br />
aufgrund der zunehmenden<br />
Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule<br />
wurde durch Studien widerlegt, die<br />
bereits bei Patienten im Frühstadium der<br />
Erkrankung ohne nachweisliche Verknöcherungen<br />
eine deutlich verminderte<br />
Knochendichte an Wirbelsäule und Fe-<br />
Dr.<br />
Dorothea Zauner<br />
mur zeigen konnten. Es liegt offenbar<br />
eine in der Nähe des entzündlichen<br />
Geschehens lokalisierte Form der <strong>Osteoporose</strong><br />
vor, da in den übrigen Bereichen<br />
des Skeletts (z. B. Radius) eine normale<br />
Knochendichte gefunden wurde.<br />
Risikofaktoren<br />
und Spätkomplikationen<br />
Priv.-Doz. OA Dr.<br />
Josef Hermann<br />
Abteilung für Rheumatologie, Universitätsklinik für<br />
Innere Medizin, Medizinische Universität Graz<br />
dorothea.zauner@medunigraz.at<br />
josef.hermann@meduni-graz.at<br />
Das Auftreten einer <strong>Osteoporose</strong> ist mit<br />
einer erhöhten Krankheitsaktivität, erhöhten<br />
Entzündungsparametern und einem<br />
niedrigen Körperfettanteil bzw. Body-<br />
Mass-Index assoziiert.<br />
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten<br />
von Wirbelkörperfrakturen steigt mit zunehmender<br />
Krankheitsdauer, wobei ne-
en der verminderten Knochendichte<br />
auch die veränderte Statik und die besonderen<br />
strukturellen Eigenschaften der<br />
ankylosierten Wirbelsäule eine Rolle<br />
spielen. Die häufigsten Formen spinaler<br />
Frakturen sind Wirbelkörperkompressionsfrakturen,<br />
Keilwirbelbildung, Frakturen<br />
des Arcus dorsalis und Frakturen im Bereich<br />
der extraskelettalen Knochenneubildungen.<br />
Neben der klinisch relevanten<br />
Schmerzsymptomatik trägt vor allem die<br />
Keilwirbelbildung zu der zunehmenden<br />
Hyperkyphose im Spätstadium der Erkrankung<br />
bei.<br />
Osteoimmunologie<br />
und Knochenstoffwechsel<br />
Die Interaktion zwischen Immunsystem<br />
und Knochenmetabolismus spielt bei der<br />
Entstehung osteoporotischer Veränderungen<br />
bei entzündlich-rheumatischen<br />
Erkrankungen eine entscheidende Rolle.<br />
Bei der ankylosierenden Spondylitis sind<br />
die Zusammenhänge zwar zum Teil noch<br />
ungeklärt, es mehren sich jedoch die<br />
Hinweise, dass Entzündung und Knochenneubildung<br />
zumindest teilweise<br />
voneinander unabhängig stattfinden.<br />
Verschiedene Proteine und biochemische<br />
FACT-BOX<br />
Marker des Knochenstoffwechsels wurden<br />
auch bei der ankylosierenden Spondylitis<br />
untersucht. Dabei wurde bei Patienten mit<br />
niedriger Knochendichte eine vermehrte<br />
Ausscheidung von Pyridinolin-Crosslinks<br />
im Urin als Zeichen eines gesteigerten<br />
Knochenumsatzes gefunden, während<br />
Osteoprotegerin-Serumspiegel erniedrigt<br />
waren. Osteoprotegerin (OPG) ist ein<br />
wichtiger Gegenspieler von Receptor Activator<br />
of Nuclear Factor Kappa B Ligand<br />
(RANKL), welches von aktivierten T-Zellen<br />
produziert wird und die Funktion von<br />
Osteoklasten reguliert. Das Gleichgewicht<br />
zwischen RANKL und OPG scheint in der<br />
Pathogenese entzündlicher Knochenerkrankungen<br />
eine wichtige Rolle zu spielen.<br />
Bei Patienten mit ankylosierender<br />
Spondylitis wurden neben erniedrigten<br />
OPG-Serumspiegeln erhöhte RANKL-<br />
Serumspiegel als Hinweis auf eine Dys -<br />
balance zugunsten eines Knochenmasseverlustes<br />
gefunden.<br />
Unklare Rolle<br />
von Vitamin D<br />
Vitamin D nimmt aufgrund seiner dualen<br />
Funktion als „Knochenhormon“ und Regulator<br />
des Immunsystems eine Sonder-<br />
<strong>Osteoporose</strong> und osteoporotische Frakturen der Wirbelsäule sind bei Patienten mit ankylosierender<br />
Spondylitis häufig, können jedoch schwierig zu diagnostizieren sein und werden oft nicht erkannt.<br />
Risikofaktoren sind eine lange Krankheitsdauer, hohe Krankheitsaktivität, niedriger Body-Mass-<br />
Index und eine deutliche Erhöhung der Entzündungsparameter. Ein zusätzlicher Vitamin-D-Mangel<br />
oder Hypogonadismus kommt bei 20 % der Patienten zusätzlich vor und sollte bei Diagnosestellung<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Die Messung der Knochendichte mittels DEXA am Femur ist auch bei Patienten mit früher axialer<br />
Spondyloarthritis fester Bestandteil des klinischen Managements.<br />
Bei neu auftretenden akuten Rückenschmerzen muss auch an die Möglichkeit einer osteoporotischen<br />
Fraktur gedacht und der entsprechende Wirbelsäulenabschnitt geröntgt werden. Bei unauffälligem<br />
Röntgenbefund sollte eine Magnetresonanztomographie des klinisch auffälligen Wirbelsäulen -<br />
abschnittes angefertigt werden.<br />
Die Therapie der mit der ankylosierenden Spondylitis assoziierten <strong>Osteoporose</strong> erfolgt nach Ausschluss<br />
eines Vitamin-D- oder Hormonmangels entsprechend den Richtlinien für die idiopathische<br />
<strong>Osteoporose</strong>, wobei Bisphosphonate möglicherweise zusätzlich eine symptomatische Therapie der<br />
ankylosierenden Spondylitis darstellen.<br />
stellung ein. Unter anderem hat Vitamin<br />
D offenbar einen hemmenden Effekt auf<br />
aktivierte T-Zellen. Die Studienlage ist jedoch<br />
in Bezug auf die Zusammenhänge<br />
zwischen Vitamin-D-Serumspiegeln und<br />
Krankheitsaktivität bzw. Vorliegen einer<br />
<strong>Osteoporose</strong> sehr widersprüchlich. Ein<br />
Vitamin-D-Rezeptor-Polymorphismus<br />
zeigte eine Assoziation mit der Höhe der<br />
Entzündungsparameter und der Knochendichte<br />
bei Patienten mit ankylosierender<br />
Spondylitis.<br />
Bei etwa 20 % aller männlichen Patienten<br />
mit ankylosierender Spondylitis liegen<br />
zusätzliche Risikofaktoren für die Entwicklung<br />
einer <strong>Osteoporose</strong> wie Vitamin-D-<br />
Mangel oder Hypogonadismus vor, ein<br />
diesbezügliches Screening scheint somit<br />
jedenfalls angebracht.<br />
Prävention<br />
und Therapiemaßnahmen<br />
Eventuell vorliegende Hormonmängel<br />
sollten aufgrund des erhöhten Osteo -<br />
poroserisikos ausgeglichen werden. Die<br />
Empfehlung einer präventiven Vitamin-<br />
D-Gabe kann aus der derzeitigen Studienlage<br />
jedoch nicht abgeleitet werden. Auch<br />
für eine präventive Kalziumsubstitution<br />
gibt es bisher keine Evidenz.<br />
Bei Patienten mit nachweislich verminderter<br />
Knochendichte gelten die üblichen<br />
Therapierichtlinien für Osteopenie bzw.<br />
<strong>Osteoporose</strong>. Bisphosphonate nehmen<br />
dabei in der Therapie der ankylosierenden<br />
Spondylitis insofern eine Sonderstellung<br />
ein, als in zwei Studien auch eine<br />
Reduktion der Entzündungsaktivität durch<br />
die monatliche Gabe von 60 mg Pamidronat<br />
erreicht werden konnte.<br />
Die Therapie mit einem TNF-alpha-Blocker<br />
reduziert nachweislich die entzündliche<br />
Aktivität und kann offenbar auch die Verminderung<br />
der Knochendichte verlangsamen,<br />
während bisher kein Einfluss auf die<br />
überschießende Knochenneubildung gezeigt<br />
werden konnte. In den vorliegenden<br />
Studien hatte eine Behandlung mit NSAR<br />
keinen Einfluss auf die Knochendichte. ■<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
39
FOCUS<br />
on den derzeit verfügbaren Osteoporsetherapeutika,<br />
die entweder<br />
ana bol oder resorptionshemmend wirken,<br />
unterscheidet sich Strontiumranelat durch<br />
seine duale Wirkung, betonte Univ.-Prof.<br />
Dr. Peter Pietschmann, Institut für Pathophysiologie,<br />
Medizinische Universität<br />
Wien, bei einem Satellitensymposiums<br />
anlässlich des Geriatrie-Kongresses in Bad<br />
Hofgastein. „Neben der Verminderung der<br />
Osteoklastenaktivität wird gleichzeitig die<br />
Proliferation und die Aktivität der Osteoblasten<br />
gesteigert. Daraus resultiert eine<br />
Neueinstellung des Gleichgewichts des<br />
Knochenumbaus zugunsten des Knochenaufbaus.<br />
1 Dank des einzigartigen<br />
Wirkmechanismus kommt es aber nicht<br />
nur zu einem Zuwachs der Knochendichte,<br />
sondern es wird auch die Knochenqualität<br />
verbessert: Unter Strontiumranelat<br />
wird neuer, stabiler Knochen gebildet.<br />
Wie histomorphometrische Untersuchungen<br />
von Beckenkammbiopsien zeigten,<br />
nahm nach 3-jähriger Therapie die Zahl<br />
der Knochentrabekel um 14 % (p = 0,05)<br />
und die Kortikalisdicke um 18 % (p = 0,008)<br />
zu. 2 Redaktion: Dr. Anita Kreilhuber<br />
V<br />
In experimentellen Untersuchungen<br />
führte die Gabe von Strontiumranelat zu<br />
einer erhöhten Widerstandskraft des neu<br />
gebildeten Knochens gegenüber mechanischen<br />
Belastungen.<br />
Langzeitwirkung<br />
über 8 Jahre bestätigt<br />
In klinischen Studien schlugen sich die<br />
positiven Effekte von Strontiumranelat in<br />
Form eindrucksvoller Antifrakturdaten<br />
nieder. Nach 5 Jahren hatten die Patientinnen<br />
im Vergleich zu Placebo ein um<br />
24 % verringertes Risiko für vertebrale<br />
Frakturen und ein um 15 % verringertes<br />
Risiko für nicht-vertebrale Frakturen. 3 Bei<br />
Hochrisikopatientinnen (> 74 Jahre,<br />
T-Score < 2,4, Durchschnittsalter 79,2)<br />
40 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSE / FREIES THEMA<br />
Triple-A-Klassifikation für Strontiumranelat (Protelos ® )<br />
Überzeugende Langzeitwirkung<br />
gegen osteoporosebedingte Frakturen<br />
Strontiumranelat (Protelos ® ) ist eine Substanz zur Behandlung der postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong>,<br />
deren Wirksamkeit hinsichtlich der Senkung sowohl des vertebralen als auch des peripheren Frakturrisikos<br />
durch Klasse-A-Daten belegt ist. Seine langfristige Wirkung ist unabhängig von Risikofaktoren und Alter. 6<br />
ermöglichte die Behandlung mit Strontiumranelat<br />
eine 43%ige Reduktion des<br />
Hüftfrakturrisikos. 4 Daten zum Followup<br />
über 8 Jahre bestätigen die Wirksamkeit<br />
des Wirkstoffes über die gesamte<br />
Therapiedauer. 5<br />
Umfassende<br />
Antifrakturwirkung<br />
Eine Analyse der gepoolten Daten der<br />
Studien SOTI und TROPOS bestätigt zudem,<br />
dass weder der Ausgangswert der<br />
Knochendichte noch eine familiäre Vorbelastung<br />
oder das Alter den positiven<br />
Effekt von Strontiumranelat beeinflussen.<br />
Im Gegenteil: Die Gabe von Strontiumranelat<br />
erwies sich selbst bei älteren Patientinnen<br />
als sehr wirksam. Innerhalb<br />
von 3 Jahren konnte eine Risiko -<br />
re duktion von vertrebralen Frakturen um<br />
32 % und von nicht-vertebralen Frakturen<br />
von 31 % erreicht werden. 7 Die 5-Jah-<br />
Strontiumranelat: Fakten<br />
Dualer Wirkmechanismus: Förderung<br />
des Knochenaufbaus und Reduktion<br />
des Knochenabbaus<br />
Aktiver Knochenaufbau<br />
Breite Evidenz für anhaltende und<br />
umfassende Antifrakturwirkung bei<br />
postmenopausalen Frauen<br />
Nachgewiesene Wirkung auch bei<br />
Frauen über 80 Jahren<br />
Verbesserung des Knochenvolumens<br />
auch nach langjähriger Bisphosphonat -<br />
therapie<br />
Triple-A-Klassifikation und damit<br />
höchstmögliche Evidenz für Antifraktur -<br />
wirkung in allen drei Bereichen:<br />
vertebral, peripher und Hüfte<br />
(Patientinnen > 74 a; T-Score –3)<br />
Niedrige „Number Needed to Treat“<br />
res-Daten dazu wurden kürzlich elektronisch<br />
publiziert. Sie liefern neuerlich den<br />
Beweis für eine anhaltende signifikante<br />
Wirkung bei betagten und hochbetagten<br />
Patientinnen. 8 „Für eine Therapie mit<br />
Strontiumranelat ist es somit nie zu spät“,<br />
fasste Prof. Pietschmann zusammen.<br />
1A-Qualität<br />
der Datenlage<br />
„Aufgrund der Studienergebnisse ist<br />
Strontiumranelat als First-Line-Therapie<br />
der <strong>Osteoporose</strong> einzustufen“, verwies<br />
der Experte auf den „Österreichischen<br />
Leitfaden zur medikamentösen Therapie<br />
der postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong> –<br />
Update <strong>2009</strong>“. Darin wird die Datenlage<br />
mit dem höchsten Evidenzlevel und<br />
Empfehlungsgrad (A) beurteilt. 9 Strontiumranelat<br />
reduziert das Risiko für vertebrale,<br />
periphere und auch Hüftfrakturen<br />
(Patientinnen > 74 a; T-Score –3) und<br />
erfüllt damit die Kriterien einer Triple-A-<br />
Klassifikation. Zudem ist die „Number<br />
Needed to Treat“ für Strontiumranelat vergleichsweise<br />
gering. Um bei postmenopausalen<br />
Frauen mit niedriger Knochendichte<br />
das Auftreten einer neuerlichen Wirbelkörperfraktur<br />
zu verhindern, müssen<br />
lediglich 9 Patient innen 3 Jahre lang behandelt<br />
werden. 10 Das sei ein weiterer Beleg<br />
für die aus gesprochen hohe Effektivität<br />
von Strontiumranelat, so Prof. Pietschmann<br />
abschließend. ■<br />
Quelle: Satellitensymposium der Firma Servier, anlässlich des Forums für<br />
Geriatrie und Gerontologie, Bad Hofgastein, März 2010<br />
1 European Summary of Product Characteristics, 2004<br />
2 Arlot M. et al., J Bone Mineral Res 2008; 23:215-222<br />
3 Reginster J. Y. et al., TROPOS, J Clin Endocrinol Metab 2005;<br />
90(5):2816-2822<br />
4 Reginster J. Y. et al., Arthritis Rheum 2008; 58(6):1687–1695<br />
5 Reginster J. Y. et al., Osteoporos Int 2008; 19(Suppl1):131<br />
6 Roux C. et al., J Bone Miner Res 2006; 21:536-542<br />
7 Seeman E. et al., J Bone Miner Res 2006; 21:1113-1120<br />
8 Seeman E. et al., Bone 2010 (Epub ahead of print)<br />
9 Dimai H. P. et al., Wien Med Wochenschr <strong>2009</strong>; 159(Suppl 122):1-34<br />
10 Ringe J. D. et al., Rheumatol Int 2010<br />
Entgeltliche Einschaltung Fachkurzinformation siehe Seite 52
<strong>Osteoporose</strong> auf dem Boden rheumatischer Erkrankungen<br />
Diabolische Dualität: Entzündung und<br />
Glukokortikoide bei rheumatoider Arthritis<br />
Die Knochenintegrität von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) leidet nicht nur unter direkt<br />
durch die Entzündung hervorgerufenen destruierenden Mechanismen, sondern auch unter einer<br />
Vielzahl anderer Faktoren, die sich negativ auf die Knochenstabilität auswirken. Zu den bekanntesten<br />
zählen Medikamente, die RA-Patienten häufig nehmen müssen, darunter natürlich vor allem die<br />
Glukokortikoide.<br />
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die<br />
häufigste chronisch-entzündliche<br />
Gelenkerkrankung. Ihre Inzidenz beträgt<br />
0,5–1 %. Man kann also davon ausgehen,<br />
dass allein in Österreich in etwa<br />
40.000–80.000 Menschen an dieser Erkrankung<br />
leiden, wobei Frauen 2–3-mal<br />
häufiger von der RA betroffen sind als<br />
Männer.<br />
Die RA ist durch eine chronische Entzündung<br />
der Gelenkinnenhaut (Synovia) vor<br />
allem, aber keineswegs ausschließlich<br />
der Gelenke der Hand gekennzeichnet.<br />
Durch diese Polyarthritis kommt es zu<br />
einer progredienten Zerstörung der Gelenkarchitektur.<br />
Die Folgen sind schwere<br />
Funktionseinschränkungen und Immobilität.<br />
Weniger bekannt ist, dass Patienten,<br />
die an einer RA leiden, auch eine<br />
erhöhte Mortalität aufweisen, wenn die<br />
Erkrankung nicht adäquat behandelt<br />
wird.<br />
Paradigma für Knocheneffekte<br />
der chronischen Entzündung<br />
Die RA ist als Erkrankung das beste Beispiel<br />
für die Auswirkungen einer chronischen<br />
Entzündung auf das Knochengewebe.<br />
Sie beeinflusst die Knochenhomöostase<br />
auf vielfältige Weise.<br />
Subchondrale Gelenkknochenzerstörung<br />
und gelenknahe <strong>Osteoporose</strong>: Die<br />
bekannteste Wirkung der RA auf den<br />
Knochen ist die durch die chronische<br />
Synovitis verursachte lokale, umschriebene<br />
subchondrale Gelenkknochenzerstörung.<br />
Diese bildet sich im Röntgen als<br />
so genannte Erosion oder Usur ab und<br />
ist geradezu ein Markenzeichen der RA.<br />
Diese lokalen Erosionen haben daher<br />
auch Eingang in die Klassifikationskriterien<br />
dieser Erkrankung gefunden. Die RA<br />
verursacht auch einen diffusen Verlust<br />
von Knochenmasse in den gelenknahen<br />
Knochen der Hände und Füße, die als<br />
gelenknahe Osteopenie beschrieben<br />
wird. Darüber hinaus wirkt die RA aber<br />
auch auf den systemischen Knochen.<br />
Die zentrale Rolle der Osteoklasten: Wäh -<br />
r end die Bedeutung der Osteoklasten bei<br />
der Entstehung des systemischen Knochenschwundes<br />
lange bekannt ist, wurde<br />
ihre Rolle bei der lokalen, entzündlich<br />
bedingten Gelenkzerstörung erst in den<br />
letzten Jahren zunehmend aufgeklärt.<br />
Zunächst konnte Ende der 1990er-Jahre<br />
nicht nur die Anwesenheit von Osteoklasten<br />
im synovialen Pannusgewebe<br />
von RA-Patienten gezeigt werden, sondern<br />
es wurde auch durch den Nachweis<br />
des Calcitoninrezeptors bewiesen, dass<br />
diese Zellen tatsächlich funktionell knochenresorbierenden<br />
Zellen entsprachen.<br />
Von entscheidender Bedeutung für das<br />
Verständnis der Osteoklastogenese war<br />
Univ.-Prof. Dr. Kurt Redlich<br />
Klinische Abteilung für Rheumatologie,<br />
Universitätsklinik für Innere Medizin III,<br />
Medizinische Universität Wien<br />
kurt.redlich@meduniwien.ac.at<br />
weiters die Endeckung der RANKL-<br />
RANK-Interaktionen.<br />
RANKL (Receptor Activator of NF-kappaB<br />
Ligand) wird nämlich unter dem Einfluss<br />
verschiedener proinflammatorischer Zytokine<br />
(z. B. TNF, IL-1 oder auch IL-6)<br />
vermehrt von T-Zellen (aber auch von<br />
synovialen Fibroblasten) gebildet und<br />
bindet in weiterer Folge an RANK (Receptor<br />
Activator of NF-kappaB) welches<br />
an den hämatopoetischen, mononukleären<br />
Osteoklastenvorstufen vorkommt.<br />
Diese RANKL-RANK-Bindung als der entscheidende<br />
Schritt in der Osteoklastogenese<br />
kann durch das Molekül Osteoprotegerin<br />
(OPG) blockiert werden. Unsere<br />
Arbeitsgruppe hat die Hypothese verfolgt,<br />
dass es bei RA-Patienten im entzündli- u<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
41
FOCUS<br />
chen Pannus, durch vermehrte Bildung<br />
von proinflammatorischen Zytokinen, zu<br />
einer vermehrten RANKL-Expression<br />
kommt, die in weiterer Folge durch Bindung<br />
an RANK-positiven Monozyten zu<br />
einer vermehrten Osteoklastogenese<br />
führt. Diese Hypothese konnte im Mausmodell<br />
bestätigt werden. Behandelt man<br />
nämlich TNF-überexprimierende Mäuse,<br />
die in der Folge an einer erosiven Arthritis<br />
erkranken, mit OPG, kommt es zu einem<br />
deutlichen Rückgang der Erosionen, während<br />
die Gelenkentzündung unverändert<br />
bestehen bleibt.<br />
Um zu zeigen, dass die Osteoklasten für<br />
die Entstehung der lokalen Gelenkerosionen<br />
alleinverantwortlich sind, haben wir<br />
die oben beschriebenen TNF-transgenen<br />
Mäuse mit genetisch veränderten Mäusen<br />
gekreuzt, die keine Osteoklasten bilden<br />
können. Tatsächlich konnte in diesen<br />
Mäusen, bei unveränderter Gelenkentzündung,<br />
keinerlei Gelenkzerstörung mehr<br />
nachgewiesen werden.<br />
TNF-Überexpression und systemischer<br />
Knochenschwund: Von Interesse ist in<br />
diesem Zusammenhang aber auch, dass<br />
es durch die Überexpression von TNF<br />
auch – wie bei Patienten, die an einer<br />
RA leiden – zu einem systemischen Knochenschwund<br />
kommt. Behandelt man<br />
diesen systemischen Knochenschwund<br />
in späten Stadien mit TNF-blockierenden<br />
Substanzen, die auch zur Behandlung<br />
42 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
FACT-BOX<br />
RA-Patienten haben ein hohes <strong>Osteoporose</strong>risiko.<br />
Ein Knochenverlust tritt schon sehr früh<br />
nach Erkrankungsbeginn auf.<br />
Als diabolisches Duo wirken systemische<br />
Entzündung und Glukokortikoide.<br />
der RA eingesetzt werden, so lässt er<br />
sich erstaunlicherweise nicht umkehren,<br />
während direkt auf die Osteoklasten wirkende<br />
Substanzen sehr wohl einen knochenprotektiven<br />
Effekt haben.<br />
Studiendaten zu den Einflussfaktoren<br />
auf das Frakturrisiko bei RA<br />
Schnittmenge aus RA und postmenopausaler<br />
<strong>Osteoporose</strong> bei Frauen: Aggravierend<br />
bei Frauen kommt dazu, dass<br />
diese ohnedies schon von der <strong>Osteoporose</strong><br />
schwerer Betroffenen auch häufiger<br />
an einer RA leiden und somit gleichsam<br />
„doppelt bestraft“ sind.<br />
So konnte in einer Studie mit über 900<br />
Patientinnen, die an einer RA litten, gezeigt<br />
werden, dass die Prävalenz der<br />
<strong>Osteoporose</strong> am vertebralen Knochen bei<br />
29 % lag und am Schenkelhals 36 %<br />
betrug. Immerhin 8 % der Patientinnen<br />
hatten eine oder mehrere vertebrale<br />
Frakturen erlitten. Dabei dürfte die<br />
<strong>Osteoporose</strong> schon sehr früh im Laufe<br />
der Erkrankung auftreten. Findet sich<br />
doch schon im ersten Jahr der Erkrank -<br />
ung ein Knochenmasseverlust von bis zu<br />
5 %.<br />
Zusammenwirken RA-spezifischer und<br />
-un spezifischer Risikofaktoren: Interessant<br />
ist in diesem Zusammenhang auch<br />
eine Studie mit mehr als 350 Patienten<br />
mit frisch diagnostizierter RA. Es konnte<br />
nämlich gezeigt werden, dass schon zu<br />
diesem frühen Zeitpunkt 11 % der Patienten<br />
an einer <strong>Osteoporose</strong> leiden, und das,<br />
obwohl die Patienten zu diesem Zeitpunkt<br />
noch keine Glukokortikoide einnahmen.<br />
An unabhängigen Risikofaktoren fanden<br />
sich zwar auch die „üblichen Verdächtigen“<br />
wie BMI oder Postmenopause, aber<br />
auch RA-spezifische Risikofaktoren wie<br />
positiver Rheumafaktor oder Krankheitsdauer.<br />
CRP und Frakturrisiko: Wie stark systemische<br />
Entzündungsreaktionen sich auch<br />
auf das – letzten Endes entscheidende –<br />
Frakturrisiko auswirken können, zeigt<br />
auch eine Studie, bei der schon bei gering<br />
erhöhten CRP-Werten ein deutliches<br />
Ansteigen der Frakturraten gefunden wurde.<br />
Dazu passend wurde in einer Studie<br />
mit über 30.000 RA-Patienten ein erhöhtes<br />
Frakturrisiko nachgewiesen. Auch hier<br />
waren einerseits die Krankheitsdauer,<br />
aber auch die Glukokortikoidmedikation<br />
unabhängige Risikofaktoren.<br />
Die diabolische Dualität aus Entzündung<br />
und Glukokortikoidverbrauch bei der Entstehung<br />
osteoporotischer Frakturen lässt<br />
sich auch sehr gut aus einer Studie von<br />
Kanis et al. ableiten, in der Patienten, die<br />
sowohl an einer RA litten als auch Glukokortikoide<br />
einnahmen, das weitaus höchs -<br />
te Risiko hatten, innerhalb der nächsten<br />
10 Jahre eine Fraktur zu erleiden.<br />
<strong>Osteoporose</strong>therapie<br />
bei RA-Patienten<br />
Die Medikamente zur Therapie der <strong>Osteoporose</strong><br />
von RA-Patienten unterscheiden<br />
sich bis dato nicht von der <strong>Osteoporose</strong>therapie<br />
bei nicht an RA Erkrankten. Neben<br />
Kalzium und Vitamin D kommen<br />
Bisphosphonate, PTH-Analoga, SERMs<br />
oder das Strontiumranelat zum Einsatz.<br />
Spannend bleibt die Frage, ob sich zukünftig,<br />
abseits der jetzt schon bestehenden<br />
Empfehlungen für die Risikostratifizierung<br />
nach Glukokortikoidgabe und Erkrankung,<br />
auch spezielle medikamentöse<br />
Therapien für die Hochrisikogruppe der<br />
RA-Patienten herausbilden. ■
Pharmaka mit erhöhtem <strong>Osteoporose</strong>risiko<br />
Glukokortikoid-induzierte <strong>Osteoporose</strong><br />
Glukokortikoide werden bei verschiedenen Krankheitsentitäten zur Immunsuppression seit vielen Jahren<br />
erfolgreich eingesetzt. Eine kontinuierliche und hoch dosierte Applikation kann allerdings zu relevanten<br />
Nebenwirkungen, unter anderem zur <strong>Osteoporose</strong> mit Frakturen führen. Die adäquate Prophylaxe beziehungsweise<br />
die rechtzeitige Therapie helfen unnötige Frakturen zu verhindern und somit die Mobilität<br />
des oft multimorbiden Patienten zu erhalten.<br />
K ortison ist ein Oxidationsprodukt<br />
des eigentlichen Hormons Kortisol<br />
und wurde erstmals 1948 einem Menschen<br />
mit rheumatoider Arthritis injiziert.<br />
Damals konnten erstmals unbehandelbare<br />
Schmerzen des rheumatischen Formenkreises<br />
deutlich gelindert werden.<br />
Weiters war bei den behandelten Patienten<br />
kurzzeitig auch die Beweglichkeit der<br />
deformierten Gelenke verbessert worden.<br />
Reichstein und Hench erhielten für ihre<br />
Entdeckungen der Struktur und der biologischen<br />
Wirkung der Nebennierenrindenhormone<br />
im Jahr 1951 gemeinsam<br />
den Nobelpreis. Bei peroraler oder intravenöser<br />
Aufnahme wird Kortison enzymatisch<br />
in der Leber zu Kortisol metabolisiert.<br />
Relative Rate<br />
vertebraler Frakturen<br />
-<br />
7 -<br />
6 -<br />
■<br />
5 -<br />
▲<br />
■<br />
▲<br />
▲<br />
4 -<br />
■<br />
3 -<br />
2 -<br />
■<br />
▲●<br />
●<br />
●<br />
1 - ▲● ■<br />
●<br />
0 -<br />
1 Jahr zuvor 0–3 3–6 6–9<br />
Monate<br />
9–12<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Osteokatabole Glukokortikoide<br />
Die Überdosierung manifestiert sich als<br />
iatrogenes Cushing-Syndrom mit Muskelatrophie,<br />
<strong>Osteoporose</strong>, aseptischen Knochennekrosen<br />
sowie charakteristischen<br />
Hautveränderungen.<br />
Der osteokatabole Effekt ist vor allem am<br />
trabekulären Knochen ausgeprägt, das<br />
kortikale Knochengewebe wird kaum beeinträchtigt.<br />
Somit sind bei der Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> vor allem<br />
Wirbelkörperfrakturen und weniger<br />
Frakturen der langen Röhrenknochen klinisch<br />
relevant. In prospektiven Longitudinalstudien<br />
wurde gezeigt, dass eine<br />
hoch dosierte Glukokortikoidtherapie<br />
(ca. 20 mg Prednison/Tag) zu einem<br />
Abb. 1: Zunahme des Risikos für Wirbelkörperfrakturen bei Glukokortikoid-induzierter <strong>Osteoporose</strong><br />
-<br />
-<br />
Prednison-Dosis:<br />
< 2,5 mg/d<br />
2,5–7,5 mg/d<br />
> 7,5 mg/d<br />
Modifiziert nach: van Staa et al., Osteoporosis Int 2002; 13:777-787<br />
●<br />
■<br />
▲<br />
Cand. med.<br />
Thomas Puntus<br />
Univ.-Doz. Dr.<br />
Stefan Kudlacek<br />
Medizinische Abteilung, Krankenhaus<br />
der Barmherzigen Brüder, Wien<br />
(Vorstand: Univ.Prof. J.Meran)<br />
abteilung.interne@bbwien.at<br />
durchschnittlichen Verlust der lumbalen<br />
Knochendichte von 27 % bereits im ers -<br />
ten Jahr führt. Das Frakturrisiko ist durch<br />
eine länger dauernde Behandlung mit<br />
Glukokortikoiden deutlich erhöht und<br />
von der applizierten Dosis und Dauer der<br />
Kortisontherapie abhängig (Abb. 1). u<br />
Tab. 1: Mechanismus der Glukokortikoidinduzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong><br />
Hemmung der Aktivität und Apoptose der<br />
Osteoblasten<br />
gesteigerte Bildung der Osteoklasten<br />
verminderte intestinale Kalziumresorption<br />
gesteigerte renale Kalziumelimination<br />
verminderte Bildung der Sexualhormonen<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
43
FOCUS<br />
Aggravierende Faktoren der kortisonpflichtigen<br />
Grunderkrankung: Noch bevor<br />
die Therapie mit Glukokortikoiden<br />
begonnen wird, kann bereits durch die<br />
entzündliche Aktivität bei Patienten mit<br />
Polyarthritis ein gesteigerter Knochenabbau<br />
beobachtet werden. Der deutlich erhöhte<br />
Knochenstoffwechsel manifestiert<br />
sich in diesem Stadium oft bereits als<br />
Osteopenie oder mit bereits prävalenten,<br />
klinisch wenig symptomatischen Frakturen.<br />
Im Serum der Patienten finden sich<br />
körpereigene inflammatorische Substanzen,<br />
die Zytokine wie z. B. Interleukin 1<br />
und 6 oder Tumornekrosefaktor alpha.<br />
Mit der direkten Wirkung auf Knochenabbauzellen,<br />
die Osteoklasten, führen<br />
die Entzündungsmediatoren, die Interleukine,<br />
allmählich zur <strong>Osteoporose</strong> mit<br />
erhöhtem Frakturrisiko (Tab. 1). Gleichzeitig<br />
sind Muskelkraft und körperliche Aktivität<br />
vermindert, was zu einem erhöhten<br />
Frakturrisiko führt. Somit ist die verminderte<br />
Muskelkraft bei Patienten mit<br />
einer kortisonpflichtigen Grunderkrankung<br />
für die Progression der <strong>Osteoporose</strong><br />
mitverantwortlich. Gelenksschmerzen bei<br />
der rheumatoiden Arthritis oder die verminderte<br />
Belastbarkeit bei Patienten mit<br />
COPD unter Kortisontherapie potenzieren<br />
44 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Tab. 2: Medikamenten-induzierte <strong>Osteoporose</strong><br />
Glukokortikosteroide rheumatische Arthritis, COPD, Transplantationsmedizin<br />
Aromataseinhibitoren Mammakarzinom<br />
Antiandrogene Therapie Prostatakarzinom<br />
Glitazone Diabetes mellitus Typ 2<br />
Protonenpumpenhemmer gastroösophageale Refluxerkrankung<br />
Antiepileptika Epilepsie<br />
Tab. 3: Glukokortikoid-Äquivalenzdosen: vereinfachte Fünfer-Regel<br />
1 mg Dexamethason, Betamethason (Fortecortin ® , Betnesol ® , Celestan ® , Diprophos ® )<br />
5 mg Prednisolon, Methylprednisolon, Triamcinolon (Aprednislon ® , Solu-Dacortin ® , Urbason ® , Volon A ® )<br />
25 mg Hydrokortison (Hydrocortone ® )<br />
den Knochendichteverlust und das damit<br />
einhergehende Frakturrisiko.<br />
Neue Therapieansätze, um die Osteoklas -<br />
tenaktivität zu reduzieren, ohne sie zu<br />
inaktivieren, beschäftigen sich mit dem<br />
Chemokinrezeptor 2 (CCR2). Ansonsten<br />
vermittelt er zwischen immunkompetenten<br />
Zellen, spielt aber auch bei der Entstehung<br />
der Osteoklasten eine wichtige<br />
Rolle. Fehlt CCR2 auf den Vorläuferzellen<br />
des Immunsystems, werden weniger<br />
Osteoklasten gebildet und der Knochen-<br />
T-Score unter –1,5<br />
Therapie<br />
1. Bisphosphonate peroral, intravenös<br />
2. Parathormon ** (Denosumab s. c.)<br />
DXA (Knochendichtemessung) *<br />
ausreichende Supplementation mit Vitamin D und Kalzium<br />
abbau wird verlangsamt, was zu einer<br />
erhöhten Knochendichte führt. Offensichtlich<br />
beeinflusst CCR2 den Osteo -<br />
klasten-Differenzierungs-Faktor RANK.<br />
CCR2 konnte daher als Regulator der Expression<br />
von RANK und als Katalysator<br />
des Knochenabbaus identifiziert werden.<br />
Durch eine therapeutische Block ade von<br />
CCR2 könnte der gesteigerte Knochenabbau<br />
im Rahmen einer Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> zielgerichtet blo -<br />
ckiert werden, ohne den physiologischen<br />
Knochenumbau zu gefährden.<br />
Allerdings wissen wir auch von einer<br />
Vielzahl anderer Medikamente, wo ebenfalls<br />
ein erhöhtes Frakturrisiko nachweisbar<br />
ist. Resorptionsstörungen, erhöhte<br />
Sturzneigung und unzureichende Vitamin-D-Serumspiegel<br />
werden als Ursachen<br />
diskutiert (Tab. 2).<br />
Therapiestandard der Gluko -<br />
kortikoid-induzierten <strong>Osteoporose</strong><br />
Bei Diagnostik und Therapie der Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> ist an<br />
den rapiden Verlust von Knochenmineralgehalt<br />
zu denken (Abb. 1). Die Wirksamkeit<br />
der einzelnen Kortikosteroide ist<br />
unterschiedlich und damit auch ihr potenzielles<br />
Nebenwirkungsprofil (Tab. 3).<br />
T-Score über –1,5<br />
Kontrolle in 12 Monaten<br />
T-Score unter –1,5 T-Score über –1,5<br />
Kontrolle in 12 Monaten<br />
* zur Beurteilung des Knochenstoffwechsels sollten Biomarker (Cross-Laps) standardmäßig bestimmt und<br />
kurzfristig (6-monatlich) kontrolliert werden (Anstieg unter Parathormon, Abfall unter Bisphosphonaten!)<br />
** bei massiv verminderter Knochendichte mit hohem Glukokortikoidbedarf bzw. bei neu aufgetretenen<br />
Frakturen sollte mit Parathormon sofort behandelt werden<br />
Abb. 2: Beurteilung des Knochenstoffwechsels bei länger dauernder Glukokortikoidtherapie
Sämtliche Bisphosphonate (Etidronat, Risedronat,<br />
Alendronat, Ibandronat) konnten<br />
in Studien eine signifikante Redukt ion<br />
des Frakturrisikos bei Glukokortikoidinduzierter<br />
<strong>Osteoporose</strong> nachweisen und<br />
ihr Einsatz ist in diversen Leitlinien abgesichert.<br />
Somit sind Substanzen mit einer<br />
Osteoklasteninhibition bei gleichzeitiger<br />
osteoanaboler Wirkung ideal.<br />
Kriterien für den Beginn einer antiosteoporotischen<br />
Therapie: Eine medikamentöse<br />
Therapie wird empfohlen bei einer<br />
Tagesdosis von oralen Glukokortikoiden<br />
ab 7,5 mg Prednisolonäquivalent für 3<br />
oder mehr Monate, wenn gleichzeitig ein<br />
T-Wert von –1,5 oder geringer vorliegt.<br />
Drei Monate nach Beginn einer hoch dosierten,<br />
oralen Glukokortikoidtherapie<br />
sollte deshalb immer eine Reevaluierung<br />
erfolgen, ob und in welcher Dosis eine<br />
Fortführung der Steroidtherapie erforderlich<br />
ist (vgl. auch Abb. 2).<br />
Alendronat, Risedronat, Zoledronat und<br />
Teriparatid sind zur Therapie einer Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> zugelassen.<br />
Teriparatid hat in einer Studie bei<br />
Glukokortikoid-induzierter <strong>Osteoporose</strong><br />
vertebrale Frakturen wirksamer verhindert<br />
als das Bisphosphonat Alendronat. Saag<br />
et al. konnten in einem kontrollierten Vergleich<br />
zwischen Parathormon (Teriparatid)<br />
und einem Bisphosphonat (Alendronat)<br />
FACT-BOX<br />
Eine bereits mittelfristige, kontinuierliche Glukokortikoidtherapie<br />
verursacht einen relevanten<br />
Verlust des Knochenmineralgehalts, das Frakturrisiko<br />
steigt. Eine Prävention mit Kalzium/Vitamin<br />
D ist obligat, die Therapie mit Bisphosphonaten<br />
oder Parathormon wird von der gemessenen<br />
Knochendichte abhängig gemacht. Regelmäßige<br />
Evaluierungen des Patienten und seines Krankheitsverlaufs<br />
sollen die Folgekrankheit Osteo -<br />
porose verhindern.<br />
die Überlegenheit für Parathormon bei<br />
schweren Formen der Glukokortikoid-induzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> nachweisen. Der<br />
Anstieg der Knochendichte sowohl an der<br />
Wirbelsäule als auch am Schenkelhals war<br />
in der Parathormongruppe signifikant<br />
höher und radiologisch nachgewiesene<br />
vertebrale Frakturen bereits nach 12 Monaten<br />
vermindert. Der günstige osteoanabole<br />
Effekt von Parathormon spiegelt sich<br />
auch durch einen Anstieg der Biomarker<br />
bereits nach 6 Monaten wider, während<br />
unter Alendronat erwartungsgemäß ein<br />
Abfall gemessen wurde. Das unterschiedli-<br />
che Verhalten der Biomarker bei verschiedenen<br />
Therapieansätzen ist bei der Routine -<br />
bestimmung zu beachten und kann zur<br />
Therapieentscheidung beitragen. ■<br />
Literatur:<br />
- Saag K., Shane E., Boonen S., Marín R. et al.: Teriparatide or Alendronate<br />
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- Steinbach I.: Die glukokortikoidinduzierte <strong>Osteoporose</strong> – Pathogenese,<br />
Diagnostik und Therapie. J Miner Stoffwechs 2008; 15:34-37<br />
Fachkurzinformation siehe Seite 52
FOCUS<br />
J eder 10. bis 20. Mensch ist im Laufe<br />
seines Lebens von einer Epilepsie<br />
betroffen. Bei jeder 20. Person ist eine<br />
Veranlagung zur Epilepsie zu erwarten.<br />
Diese Erkrankung kann prinzipiell in<br />
jedem Lebensalter auftreten, allerdings<br />
gibt es einen ersten Altersgipfel vor dem<br />
20. Lebensjahr mit 90 Neuerkrank -<br />
46 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Pharmaka mit erhöhtem <strong>Osteoporose</strong>risiko<br />
Ossäre Nebenwirkungen<br />
von Antiepileptika<br />
Die Epilepsie gehört zu den häufigsten chronisch verlaufenden Krankheiten des Gehirns. In verschiedenen<br />
Regionen der Erde oder unter den einzelnen ethnischen Gruppen lassen sich keine wesentlichen Unterschiede<br />
in der Häufigkeit der Epilepsie ausmachen. Insgesamt kommt die Epilepsie mit einer Prävalenz<br />
von 7 bis 8 ‰ vor. 1<br />
Abb.: Unter einer antikonvulsiven Therapie ist<br />
das Hüftfrakturrisiko 5–6-fach erhöht. 2, 3<br />
ungen/100.000 Einwohner und einen<br />
zweiten Altersgipfel ab dem 60. Lebensjahr<br />
mit 60 Neuerkrankungen/100.000<br />
Einwohner. In Österreich leiden ca.<br />
65.000 Menschen an dieser Erkrankung.<br />
Frakturrisiko, Osteopenie- und <strong>Osteoporose</strong>-Prävalenz<br />
bei Epilepsie: Die Erkrankung<br />
ist per se aufgrund der Sturzneigung<br />
sowie aufgrund der medikamentösen<br />
Therapie als starker Risikofaktor für<br />
Frakturen zu werten. Das relative Risiko<br />
für alle Frakturen ist 2–3-fach, für Radius -<br />
frakturen 2-fach, für hüftgelenksnahe<br />
Frakturen 5–6-fach und für Wirbelkörperfrakturen<br />
6–7-fach erhöht. 2, 3 Rezente<br />
Studiendaten zeigen, dass die Knochenmineraldichte<br />
(BMD) bereits bei jungen<br />
Patienten in mehr als 50 % osteopenisch<br />
ist. 4 Bei Patienten, die sich im zweiten<br />
Häufigkeitsgipfel befinden, ist die Prävalenz<br />
der der Osteopenie bzw. <strong>Osteoporose</strong><br />
noch höher. 5<br />
Pathophysiologische Hypothese zu den<br />
ossären Nebenwirkungen von Antikonvulsiva:<br />
In den letzten 20 Jahren wurde<br />
eine Reihe von Medikamente zugelassen,<br />
wobei diese grob in zwei Gruppen eingeteilt<br />
werden: Die Breitspektrum-Antiepileptika<br />
Valproat, Lamotrigin, Topiramat,<br />
Zonisamid und Levetiracetam werden<br />
meist primär bei erwachsenen Patienten<br />
OA Dr. Christian Muschitz<br />
II. Medizinische Abteilung mit Osteologie,<br />
Gastroenterologie und Rheumatolgie<br />
Krankenhaus Barmherzige Schwestern, Wien<br />
christian.muschitz@bhs.at<br />
unabhängig von der Art des Anfalls oder<br />
Symptoms eingesetzt. Zu den Antiepileptika<br />
mit engem Spektrum zählen Phenytoin,<br />
Carbamazepin, Phenobarbital, Gabapentin,<br />
Oxcarbazepin und Pregabalin. Ihr<br />
Einsatzgebiet sind fokale Anfälle mit partiellen<br />
oder sekundär generalisierten<br />
Krampfanfällen. 6, 7 Im akuten Anfall sind<br />
zusätzlich Benzodiazepine indiziert. Phenytoin<br />
wird seit 1938 als häufigste Subs -<br />
tanz eingesetzt.<br />
Alle Antikonvulsiva beeinflussen das hepatische<br />
Cytochrom-P450-System durch<br />
Verstärkung der systemischen Oxidation<br />
und Konversion steroidaler Hormone einschließlich<br />
der Metaboliten des Vitamin<br />
D in biologisch inaktive Abbauprodukte. 8<br />
Diese Störung der hepatischen Aktivierung
von Vitamin D ist beim Phenytoin und<br />
auch beim Carbamazepin eine mögliche<br />
Erklärung für eine verminderte Knochendichte<br />
und ein stark erhöhtes Fraktur -<br />
risiko. 9, 10 Diese pharmakologische Vi -<br />
tamin-D-Defizienz mit Störung des Kalziumstoffwechsels<br />
kann unter Umständen<br />
ohne ausreichende Substitution zu schleichender<br />
Rachitis bei jungen Patienten bis<br />
hin zur Osteomalazie bei älteren Patienten<br />
führen. 11, 12<br />
Veränderungen der BMD, Knochenstoffwechselmarker<br />
und Histomorphometrie:<br />
Die genauen Veränderungen der<br />
Knochendichte unter antikonvulsiver<br />
Therapie sind nach wie vor nicht geklärt.<br />
Mehrere Studien konnten den Verlust der<br />
BMD unter antikonvulsiver Therapie mittels<br />
DXA vor allem an der Hüfte nachweisen,<br />
wobei der Vergleich der BMD zu<br />
Gesunden etwa 0,5 bis 1 Standardabweichungen<br />
beträgt. Es muss daher von<br />
einer jährlichen Abbaurate von etwa<br />
0,35–0,55 % ausgegangen werden. Innerhalb<br />
der ersten 5 Jahre Therapie ist<br />
der Verlust besonders stark. 13, 14, 15, 16<br />
Die Knochenstoffwechselmarker im Serum<br />
und Harn sind nur bedingt für individuelle<br />
diagnostische Zwecke verwertbar. In<br />
Studien konnte im Tiermodell und beim<br />
Menschen ein Dysbalance zwischen Resorption<br />
und Formation gefunden werden.<br />
Marker für Knochenformation (BALP,<br />
Osteocalcin) blieben auf einem einer gesunden<br />
Population entsprechenden Niveau<br />
stabil, die Resorptionsmarker (TRAP,<br />
NTX) hingegen zeigten tendenziell höhere<br />
Aktivitäten, was auf ein Uncoupling von<br />
Formation und Resorption hinweist. Die<br />
PTH-Spiegel sind zumeist normal, allerdings<br />
sind diese bei Patienten mit Phenytoin<br />
im oberen Referenzbereich. 17<br />
Humane transiliakale Knochenbiopsien<br />
und rezente Tiermodelle zeigen bei Patienten<br />
mit einer Phenytoin-Therapie im<br />
Vergleich zu unbehandelten Personen<br />
sowohl eine Vermehrung des Oberflächenosteoids<br />
als auch des gesamten Osteoides.<br />
Es finden sich zusätzlich vermehrte<br />
mineralisierte Oberflächen sowie eine<br />
Zunahme der osteoklastischen Resorp -<br />
tionslakunen bei normaler Mineralanbaurate.<br />
Somit könnte ein erhöhter Knochenumsatz<br />
mit geringgradiger Osteo -<br />
malazie auch die erhöhte Frakturinzidenz<br />
erklären. 17, 18<br />
KONKLUSION: Patienten unter einer antikonvulsiven<br />
Therapie haben ein deutlich<br />
erhöhtes Risiko für alle osteoporotischen<br />
Frakturlokalisationen. Die Knochendichtemessung<br />
spiegelt nur einen Teil des Risikos<br />
wieder, ebenso sind die Knochenstoffwechselmarker<br />
oft im Normbereich. Ein<br />
möglicher Pathomechanismus ist eine<br />
verminderte Aktivierung von Vitamin D<br />
durch pharmakologische Inaktivierung der<br />
Metaboliten und Vorstufen.<br />
Aus diesen Gründen ist eine frühzeitige<br />
FACT-BOX<br />
In Österreich leiden etwa 65.000 Menschen an<br />
Epilepsie. Unter einer antikonvulsiven Therapie<br />
kann es zu einer Erhöhung des Frakturrisikos<br />
um das 2–6-Fache abhängig von der Frakturlokalisation<br />
kommen. Neben einer frühzeitigen<br />
osteologischen Basisdiagnostik ist ein suffizienter<br />
25-OH-Vitamin-D Spiegel (> 30 ng/ml)<br />
mit Normokalzämie anzustreben. Für eine spezifische<br />
medikamentöse Therapie zur Frakturprophylaxe<br />
bei Risikopatienten gibt es allerdings<br />
noch keine entsprechende Leitlinien-<br />
Empfehlung.<br />
Prophylaxe dieser Patienten mit ausreichend<br />
Kalzium und Vitamin D mit Normokalzämie<br />
und physiologischen 25-<br />
OH-Vitamin-D-Spiegeln ( 30 ng/ml)<br />
anzustreben. 10<br />
Für eine spezifische osteologische Therapieschwelle<br />
bei Patienten unter antikonvulsiver<br />
Therapie gibt es im deutschen<br />
Sprachraum allerdings noch keine allgemein<br />
gültigen Empfehlungen in den Leitlinien.<br />
Es wird allerdings empfohlen, Patienten<br />
unter antikonvulsiver Therapie<br />
rasch einer osteologischen Basisdiagnos -<br />
tik zuzuführen. 19 ■<br />
1 http://www.oegn.at/mitglieder/uploads/Kap_001.pdf<br />
2 Vestergaard P.: Epilepsy, osteoporosis and fracture risk – a meta-analysis.<br />
Acta Neurol Scand 2005 Nov; 112 (5):277-86<br />
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9 Livingston S., Berman W., Pauli L.L.: Anticonvulsant drugs and vitamin D<br />
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10 Hofbauer L.C., Hamann C., Ebeling P.R.: Approach to the patient with<br />
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11 Tolmann K.G., Jubbiz W., Sannella J.J. et al.: Osteomalacia associated<br />
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13 Nakken K.O., Taboell E.: Bone loss associated with use of antiepileptic<br />
drugs. Expert Opin Drug Saf 2010 Mar 4 [Epub ahead of print]<br />
14 Ensrud K.E., Walczak T.S., Blackwell T.L. et al.: Antiepileptic drug use<br />
increases rates of bone loss in older women: a prospective study. Neurology<br />
2004 Jun 8; 62 (11):2051-7<br />
15 El-Hajj Fuleihan G., Dib L., Yamout B. et al.: Predictors of bone density in<br />
ambulatory patients on antiepileptic drugs. Bone 2008 Jul; 43 (1):149-55<br />
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Pharmacother 2010 Feb; 8 (1):34-46<br />
17 Moro-Alvarez M.J., Díaz Curiel M., de la Piedra C. et al.: Bone disease<br />
induced by phenytoin therapy: clinical and experimental study. Eur Neurol<br />
<strong>2009</strong>; 62 (4):219-30<br />
18 Parfitt A.M.: Osteomalacia and phenytoin therapy. Ann Intern Med 1995;<br />
122:632<br />
19 http://www.dv-osteologie.org/uploads/leitlinien/DVO-Leitlinie_Kurzfassung_Druck.pdf<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
47
FOCUS<br />
Modernes Management der <strong>Osteoporose</strong> mit Zoledronsäure (Aclasta ® )<br />
Von der Frakturreduktion<br />
zur Mortalitätsreduktion<br />
Primäres Ziel der <strong>Osteoporose</strong>therapie ist es, Frakturen zu verhindern. Die Wirkung von Zoledronsäure<br />
(Aclasta ® ) geht noch darüber hinaus. Denn Zoledronsäure ist das einzige <strong>Osteoporose</strong>therapeutikum,<br />
das nachweislich die Gesamtmortalität nach Hüftfraktur reduziert 1 . Redaktion: Dr. Claudia Uhlir<br />
n der Evidence-based Medicine ist die<br />
Mortalität der härteste Parameter, an<br />
dem eine therapeutische Intervention gemessen<br />
wird. Für die <strong>Osteoporose</strong>therapie<br />
war eine Mortalitätssenkung lange Zeit<br />
eine Utopie. Nun steht mit Zoledronsäure<br />
das bisher einzige <strong>Osteoporose</strong>thera -<br />
peutikum zur Verfügung, für das ein Überlebensvorteil<br />
nachgewiesen ist.<br />
Wie Lyles und Kollegen anhand von<br />
HORIZON RFT (Recurrent Fracture Trial)<br />
zeigten, verringert Zoledronsäure bei Patientinnen<br />
mit postmenopausaler Osteo -<br />
porose nach Hüftfraktur nicht nur die Zahl<br />
klinischer Frakturen um 35 % gegenüber<br />
Placebo (8,6 % vs. 13,9 %; p = 0,001),<br />
sondern senkt darüber hinaus das Mortalitätsrisiko<br />
innerhalb von 3 Jahren um<br />
28 % (9,6 % vs. 13,3 %; p = 0,01), dies<br />
bei einer Number Needed to Treat (NNT)<br />
von nur 271 . In der Praxis müssen also<br />
nur 27 <strong>Osteoporose</strong>patientinnen nach Hüftfraktur<br />
3 Jahre lang mit Zoledronsäure<br />
behandelt werden, um einen Todesfall zu<br />
verhindern.<br />
Das Studienergebnis kann ohne Abstriche<br />
auf die Praxis umgelegt werden. Denn die<br />
nur 1-mal jährliche Gabe von Aclasta ®<br />
I<br />
sichert die 100%ige Compliance für ein<br />
ganzes Jahr. Da damit das bei oraler<br />
Bisphosphonattherapie ungelöste Problem<br />
der mangelnden Compliance wegfällt,<br />
werden die ausgezeichneten Daten für<br />
Zoledronsäure zur klinischen Realität.<br />
Triple A<br />
bei <strong>Osteoporose</strong><br />
Die hohe Qualität der wissenschaftlichen<br />
Evidenz spiegelt sich im „Österreichischen<br />
Leitfaden zur medikamentösen Therapie<br />
48 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN / FREIES THEMA<br />
Mortalitätsrate (%)<br />
14 -<br />
12 -<br />
10 -<br />
8 -<br />
6 -<br />
4 -<br />
2 -<br />
0 -<br />
13,3<br />
Placebo<br />
(141/1.057)<br />
28 %<br />
Reduktion* NNT<br />
27<br />
Number<br />
Needed to Treat<br />
9,6<br />
Aclasta ®<br />
(101/1.054)<br />
* p = 0,01 relative Risikoreduktion versus Placebo<br />
Abb.: Aclasta ® verringert die Reduktion der<br />
Gesamtmortalität nach Hüftfraktur. 1<br />
der postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong> – Update<br />
<strong>2009</strong>“ wider 2 . Als einziges parenterales<br />
Bisphosphonat erhielt Zoledronsäure<br />
mit einer Triple-A-Bewertung den höchsten<br />
Empfehlungsgrad in allen relevanten<br />
Frakturbereichen, von vertebralen über<br />
nicht-vertebrale bis hin zu Hüftfrakturen.<br />
Zoledronsäure hat zudem das breiteste<br />
Zulassungsspektrum. Dieses umfasst die<br />
Behandlung der <strong>Osteoporose</strong> bei postmenopausalen<br />
Frauen, der <strong>Osteoporose</strong> bei<br />
Männern, die Therapie von Patienten mit<br />
einer kürzlich erlittenen niedrig-traumatischen<br />
Hüftfraktur, der glukokortikoidinduzierten<br />
<strong>Osteoporose</strong> sowie des Morbus<br />
Paget des Knochens.<br />
Drastisch weniger vertebrale<br />
und nicht-vertebrale Frakturen<br />
Die „Triple-A-Bewertung“ für Zoledronsäure<br />
basiert auf den Ergebnissen des<br />
HORIZON-Studienprogramms. In HO-<br />
RIZON 23013 erhielten mehr als<br />
7.700 Frauen mit postmenopausaler<br />
Osteo porose über 3 Jahre 1-mal jährlich<br />
eine i. v. Infusion von 5 mg Zoledronsäure.<br />
Im Vergleich zu Placebo führte die Therapie<br />
mit Zoledronsäure zu einer<br />
70%igen Verringerung morphometrischer<br />
vertebraler Frakturen (3,3 % vs.<br />
10,9 % unter Placebo; p < 0,001) und<br />
zu einer 41%igen Verringerung von<br />
Hüftfrakturen (1,4 % vs. 2,5 %; p <<br />
0,001). Nicht-vertebrale Frakturen, klinische<br />
Frakturen und klinische Wirbelfrakturen<br />
wurden um 25 %, 33 % bzw.<br />
77 % reduziert (jeweils p < 0,001).<br />
Hohe Sicherheit durch<br />
richtige Anwendung<br />
Eine Behandlung mit Zoledronsäure bedeutet<br />
für Patienten nicht mehr als eine<br />
15-minütige Infusion 1-mal jährlich.<br />
Mögliche, meist leichte Postinfusions-<br />
Symptome können durch Paracetamol<br />
oder Ibuprofen reduziert bzw. vermieden<br />
werden. Davor sollte, wie vor Beginn jeder<br />
Bisphosphonattherapie, der Nierenstatus<br />
erhoben und für eine ausreichende<br />
Hydratation (2 Glas Wasser) gesorgt<br />
werden.<br />
Eine ausreichende Versorgung mit Kalzium<br />
oral (500–1.000 mg pro Tag additiv<br />
je nach alimentärer Versorgung) und Vitamin<br />
D (400–2.000 IE pro Tag) wird<br />
empfohlen. ■<br />
1 Lyles K.W. et al., N Engl J Med 2007; 357 (18):1799-809<br />
2 Dimai H.P. et al., Wiener Medizinische Wochenschrift <strong>2009</strong>;<br />
159/Suppl 122:1-34<br />
3 Black D.M. et al., NEJM 2007; 356:1809-1822<br />
Entgeltliche Einschaltung mit freundlicher Unterstützung der Novartis GmbH Fachkurzinformation siehe Seite 51 NOV-PH/V10/5155
Pharmaka mit erhöhtem <strong>Osteoporose</strong>risiko<br />
Bone-Health-Management unter<br />
Aromatasehemmern bei Mammakarzinom<br />
Mammakarzinome in der Postmenopause sind zu ungefähr 75 % Hormonrezeptor-positiv. Östrogen<br />
stimuliert diese Rezeptoren als entscheidender Faktor für die Entstehung und das Wachstum des<br />
Karzinoms. Seit vor etwa einem Jahrhundert entdeckt wurde, dass Ovarektomie eine Rückbildung<br />
von Mammakarzinomen bewirkt, ist die Inhibierung des Östrogen-Signalweges ein wesentlicher<br />
Bestandteil der Behandlung des Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms.<br />
Aromatasehemmer<br />
und Knochenstoffwechsel<br />
Sinkende Östrogenspiegel als Gefahr<br />
für den Knochen: Aromatase, ein Enzym<br />
der Cytochrom-P-450-Superfamilie<br />
und ein Produkt des CYP19-Gens,<br />
ist für die Umwandlung von Androgenvorstufen<br />
in Östrogene sowohl im Ovar<br />
als auch in der Nebenniere, in Fett,<br />
Muskel, Haut und in der Leber verantwortlich.<br />
Dies ist jedoch nur in der<br />
Postmenopause in ausreichendem Ausmaß<br />
der Fall. Aromatasehemmer (AI)<br />
haben aufgrund ihrer besseren Wirksamkeit<br />
und der geringeren Nebenwirkungen<br />
Tamoxifen sowohl im metastasierten<br />
als auch im adjuvanten Setting<br />
bei der postmenopausalen Patientin ersetzt.<br />
Da Östrogene einen negativ-regulatorischen<br />
Effekt auf die Knochenresorption<br />
ausüben, verursacht jede<br />
Senkung des Östrogenspiegels ein Absinken<br />
der Knochendichte.<br />
Evidenz für ein erhöhtes Frakturrisiko: Da<br />
AI die Östrogenproduktion – in der Postmenopause<br />
– bis zu 90 % senken, können<br />
sie Osteopenie, <strong>Osteoporose</strong> und eine<br />
erhöhte Frakturrate verursachen. In-vitro-<br />
Untersuchungen konnten auch im Knochengewebe<br />
(in den Osteoblasten) Aromataseaktivität<br />
nachweisen, sodass AI nicht<br />
nur durch Senkung des peripheren Östrogenspiegels<br />
auf das Knochengewebe<br />
wirken. Dies wurde von 6 großen randomisierten<br />
Studien (ATAC, BIG 1-98, IES,<br />
ABCSG-8/ARNO 95, MA.17) und deren<br />
Knochensubprotokollen sowohl für steroidale<br />
als auch nicht-steroidale AI gezeigt.<br />
Generell kann man davon ausgehen, dass<br />
AI die Knochendichte nach 2-jähriger Einnahme<br />
um ca. 5 % senken, aber nach 5jähriger<br />
Einnahme das Frakturrisiko um<br />
denselben Prozentsatz ansteigt. Nach 5jähriger<br />
AI-Therapie entwickeln ca. 20 %<br />
der Frauen mit normaler Knochendichte<br />
am Beginn der Therapie eine Osteopenie,<br />
jedoch bei keiner Patientin trat eine mani-<br />
Tab.: Risikofaktoren für eine erhöhte Frakturrate bei Patientinnen mit Mammakarzinom<br />
Validierte Risikofaktoren a Mögliche Risikofaktoren b<br />
AI-Therapie Chemotherapie<br />
T-Score < –1,5 Radiotherapie<br />
Alter > 65 Jahre niedriges Körpergewicht<br />
niedriger BMI (< 20 kg/m2 )<br />
Hüftfraktur in der Familienanamnese<br />
eigene Fragilitätsfraktur nach dem 50. Lebensjahr<br />
orale Kortikoidtherapie über > 6 Mon.<br />
Rauchen (aktuell oder früher)<br />
a validiert in großen klinischen Studien bei gesunden postmenopausalen Frauen (ausgenommen AI-Therapie)<br />
b kein ausreichendes Datenmaterial zur Evaluierung<br />
Nach: Hadji P. et al., Ann Oncol 2008; 19:1407-1416<br />
Priv.-Doz. Dr. Brigitte Mlineritsch<br />
III. Medizinische Universitätsklinik mit<br />
Hämatologie, internistischer Onkologie,<br />
Hämostaseologie, Infektiologie und Rheumatologie,<br />
Onkologisches Zentrum, Labor für<br />
Immunologie und Molekulare Krebsforschung<br />
(Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Richard Greil)<br />
b.mlineritsch@salk.at<br />
feste <strong>Osteoporose</strong> auf. Somit nimmt Bone-<br />
Health-Management in der Behandlung<br />
des Mammakarzinoms einen wichtigen<br />
Platz ein.<br />
Kriterien für begleitende<br />
Bisphosphonat-Therapie<br />
Die ASCO-Guidelines zur Aufrechterhaltung<br />
der Knochendichte bei Frauen mit<br />
Mammakarzinom nehmen als Indikator<br />
für eine antiresorptive Therapie nur den<br />
T-Score –2,5. Die Osteoporosis Treatment<br />
Guidelines der National Osteoporosis<br />
Foundation (NOF) und der WHO<br />
betonen die Wichtigkeit, andere Risikofaktoren<br />
zu beachten (Abb. 1).<br />
P. Hadji konnte in einem Review 8 Risikofaktoren<br />
identifizieren, die eine erhöhte<br />
Frakturrate erwarten lassen und eineu<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
49
FOCUS<br />
Bisphosphonattherapie neben einer Aromatasehemmertherapie<br />
nahe legen (Tab.).<br />
Wirksamkeitsevidenz für eine antiresorp -<br />
tiven Therapie unter AI: Die derzeitige<br />
Evidenz aus klinischen Studien zeigt,<br />
dass Patientinnen mit Mammakarzinom,<br />
die AI erhalten, ein mehrfach erhöhtes<br />
Risiko für Frakturen haben. Auch die<br />
Auswahl der therapeutischen Konsequenzen<br />
ergibt sich auf Basis von großen<br />
prospektiven Studien. Kalzium-, Vitamin-<br />
D-Einnahme und sportliches Training<br />
konnten die Knochendichte bei gesunden<br />
postmenopausalen Frauen aufrechterhalten<br />
(NORA-Studie). Orale und intravenöse<br />
Bisphosphonate konnten therapiebedingte<br />
Osteopenie und <strong>Osteoporose</strong><br />
bei Frauen mit Mammakarzinom und endokriner<br />
Therapie verhindern (ABCSG-<br />
12). Die Identifikation von Patientinnen<br />
mit einer AI-Therapie, die eine antiresorptive<br />
Therapie benötigen, sollte aufgrund<br />
der Risiko faktoren und der Knochendichtemessung<br />
entschieden werden<br />
(Abb. 2).<br />
Osteoprotektive Therapie und Monitoring:<br />
Alle Patientinnen, die mit einer Aromatasehemmertherapie<br />
beginnen, sollten den<br />
T-Score –2,0,<br />
keine zusätzlichen Risikofaktoren<br />
Kalzium- und Vitamin-D-<br />
Supplementierung<br />
Monitoring des Risikostatus und<br />
der BMD alle 1–2 Jahre<br />
50 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
SEKUNDÄRE OSTEOPOROSEN<br />
Mammakarzinom-Patientin unter laufender<br />
oder beginnender AI-Therapie<br />
2 der folgenden Risikofaktoren:<br />
T-Score < –1,5<br />
Alter > 65<br />
BMI < 20 kg/m 2<br />
Hüftfraktur in der Familienanamnese<br />
Fragilitätsfraktur nach dem 50. Lebensjahr<br />
orale Kortikoidtherapie über > 6 Mon.<br />
Rauchen (derzeit oder früher)<br />
ASCO-Guidelines entsprechend Kalziumund<br />
Vitamin-D-Substitution erhalten. Jede<br />
Patientin mit einem T-Score > –2 und<br />
keinen Risikofaktoren sollte alle 2 Jahre<br />
die Knochendichte überprüfen lassen.<br />
Sollte die Knochendichte um mehr als<br />
5 % absinken, ist eine Bisphosphonattherapie<br />
indiziert, wobei alle 2 Jahre eine<br />
Kochendichtemessung durchgeführt<br />
werden sollte.<br />
Nach: Hadji P. et al., Ann Oncol 2008; 19:1407-1416<br />
Abb. 2: Empfohlene Richtlinien für Patientinnen mit Mammakarzinom, die eine Aromatase -<br />
hemmertherapie erhalten<br />
Rate an Hüftfrakturen/1.000 Frauenjahre<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
unteres<br />
Drittel<br />
2,6<br />
BMD (Calcaneus)<br />
mittleres<br />
Drittel<br />
* Risikofaktoren: Alter > 80; geringe körperliche Aktivität; Familienanamnese; Hyperthyroidismus;<br />
Komorbiditäten; übermäßiger Koffeingenuss; langjährige Benzodiazepin- oder antiepileptische Therapie<br />
Abb. 1: Jährliches Frakturrisiko, in Abhängigkeit von der Anzahl der Risikofaktoren<br />
T-Score < –2,0<br />
4,0<br />
1,1<br />
Bisphosphonattherapie<br />
plus Kalzium- und Vitamin-D-<br />
Supplementierung<br />
(Zoledronsäure 4 mg/6 Mon.)<br />
Monitoring der BMD alle 2 Jahre<br />
27,3<br />
5,6<br />
oberes<br />
Drittel<br />
1,1<br />
14,7<br />
1,9<br />
0–2<br />
9,4<br />
Bisphosphonate schon „upfront“? Patientinnen<br />
mit AI-Therapie, die 2 zusätzliche<br />
Risikofaktoren aufzeigen, sollten „upfront“<br />
eine Bisphosphonattherapie erhalten. Die<br />
Ergebnisse der 36-Monate-Analyse der Z-<br />
FAST-Studie ergaben einen Trend für eine<br />
Reduzierung der Frakturrate unter einer<br />
generellen Upfront-Zoledronat-Gabe. Es<br />
müssen jedoch die Langzeitdaten der großen<br />
Studien Z-FAST, ZO-FAST und E-ZO-<br />
FAST abgewartet werden.<br />
Da in der metastasierten Erkrankung Denosumab,<br />
ein RANKL-Antikörper, eine gewisse<br />
Überlegenheit gegenüber Bisphos -<br />
phonaten gezeigt hat, darf man gespannt<br />
auf die Ergebnisse der ABCSG-18-Studie<br />
warten, die den Stellenwert von Deno -<br />
sumab in der adjuvanten Situation überprüft.<br />
■<br />
Literatur bei der Verfasserin<br />
3–4<br />
Risikofaktoren*<br />
FACT-BOX<br />
5<br />
Nach: Cummings, 1995<br />
Alle Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem<br />
Mammakarzinom mit adjuvanter Aromatasehemmertherapie<br />
sollten Kalzium und Vitamin D<br />
erhalten. Bei Patientinnen mit Osteopenie oder<br />
2 Risikofaktoren sollte eine Upfront-Bisphosphonat-Therapie<br />
verordnet werden. Unter einer AI-<br />
Therapie sind regelmäßige Knochendichtemessungen<br />
in 1–2-jährigen Abständen zu empfehlen.<br />
Bei Absinken der Knochendichte um 5 %<br />
sind ebenfalls Bisphosphonate indiziert.
PHARMA-NEWS<br />
Cal-D-Vita ®<br />
Osteopenie: Risikofaktoren frühzeitig erkennen<br />
Eine adäquate Kalzium/Vitamin-D-Substitution kann nicht nur das erhöhte Frakturrisiko im höheren<br />
Alter signifikant vermindern 1 , sondern auch das ebenfalls mit zunehmendem Alter erhöhte Sturzrisiko<br />
positiv beeinflussen 2 . Ein Blick in den aktuellen österreichischen Ernährungsbericht (2008) zeigt aber,<br />
dass die Versorgung gerade mit Kalzium und Vitamin D quer durch die Bevölkerung defizitär ist.<br />
Risikofaktoren frühzeitig erkennen: Nicht erst <strong>Osteoporose</strong>,<br />
auch schon Osteopenie (T-Wert von –1 bis –2,5) kann mit einem<br />
erhöhten Frakturrisiko einhergehen. Es ist daher besonders<br />
wichtig, entsprechende Risikofaktoren wie familiäre Vorbelastung,<br />
bestimmte Medikamente oder kalziumarme Ernährung<br />
frühzeitig zu erkennen, um ein Fortschreiten der<br />
Erkrank ung zu verhindern.<br />
Versorgung mit Kalzium und Vitamin D: Die regelmäßige Zufuhr<br />
ausreichender Mengen an Kalzium und Vitamin D hat bekanntermaßen<br />
großen Einfluss auf die Knochenmasse. Umso<br />
alarmierender sind vor diesem Hintergrund die Ergebnisse des<br />
aktuellen Ernährungsberichts, der in jeder untersuchten Altersklasse<br />
teilweise extreme Defizite bei der Zufuhr von Kalzium und<br />
Vitamin D aufzeigt. Besonders dramatisch ist die Situation bei<br />
den Menschen, die diese Vitalstoffe am dringendsten brauchen,<br />
Frauen und Männer zwischen 65–85 Jahren. Das durchschnitt-<br />
Aclasta ® 5 mg Infusionslösung.<br />
QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG: Eine Flasche mit 100 ml Lösung enthält 5 mg Zoledronsäure (wasserfrei),<br />
entsprechend 5,330 mg Zoledronsäuremonohydrat. Ein ml der Lösung enthält 0,05 mg Zoledronsäure (wasserfrei), entsprechend<br />
0,0533 mg Zoledronsäuremonohydrat. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Natriumcitrat, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete:<br />
Behandlung der <strong>Osteoporose</strong>: bei postmenopausalen Frauen; bei Männern mit einem erhöhten Risiko für Frakturen,<br />
einschließlich bei Patienten mit einer kürzlich erlittenen niedrig-traumatischen Hüftfraktur. Behandlung der <strong>Osteoporose</strong> in<br />
Zusammenhang mit einer systemischen Langzeit-Glukokortikoid-Therapie bei postmenopausalen Frauen und bei Männern mit einem<br />
erhöhten Frakturrisiko. Behandlung von Morbus Paget des Knochens. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff<br />
oder einen der sonstigen Bestandteile oder andere Bisphosphonate. Aclasta® ist kontraindiziert bei Patienten mit Hypokalzämie<br />
(siehe Abschnitt 4.4). Aclasta® ist während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.6). IN-<br />
HABER DER ZULASSUNG: Novartis Europharm Limited, Wimblehurst Road, Horsham, West Sussex, RH12 5AB, Vereinigtes<br />
Königreich. Pharmakotherapeutische Gruppe: Bisphosphonat, ATC-Code: M05 BA 08. VERSCHREIBUNGSPFLICHT / APOTHEKEN-<br />
PFLICHT: Rp, apothekenpflichtig. Informationen betreffend Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkung<br />
mit anderen Mitteln, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.<br />
Stand der Information: 06/<strong>2009</strong>. Novartis Pharma GmbH, 1020 Wien, Stella-Klein-Loew-Weg 17, Tel.: +43 1 866 57-0, Fax:<br />
+43 1 866 57-739, www.novartis.at.<br />
1) Lyles K W et al. Zoledronic Acid and Clinical Fractures and Mortality after Hip Fracture. NEJM. 2007; 10.1056/ NEJMOa074941:<br />
1-11<br />
*Laut Black D M et al. verringert die Behandlung mit Aclasta® das Risiko für morphometrische Wirbelfrakturen signifikant um<br />
60% bereits nach einem Jahr, 71% nach zwei Jahren und 70% nach drei Jahren im Vergleich zu Plazebo. Nicht-vertebrale Frakturen,<br />
klinische Frakturen und klinische Wirbelfrakturen wurden unter Aclasta® um 25%, 33% bzw. 77% reduziert (Black D M<br />
et al. Once-Yearly Zoledronic Acid for Treatment of Postmenopausal Osteoporosis. NEJM. 2007; 356; 18: 1809-1822).<br />
** Laut Fachinformation ist Aclasta® nur einmal jährlich zu verabreichen und ist das einzige Bisphosphonat, das nur einmal<br />
jährlich verabreicht werden muss (Fachinformation Aclasta ® ).<br />
Alendronsäure „Interpharm“ 70 mg einmal wöchentlich-Tabletten Qualitative und quantitative Zusammensetzung Eine Tablette<br />
enthält 70 mg Alendronsäure (als Natriumalendronattrihydrat). Anwendungsgebiete Therapie der postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong>.<br />
Alendronsäure vermindert das Risiko für Wirbel- und Hüftfrakturen. Gegenanzeigen: -Erkrankungen des Ösophagus und<br />
andere Faktoren, welche die ösophageale Entleerung verzögern, wie Strikturen oder Achalasie; -Unfähigkeit, für mindestens 30<br />
Minuten aufrecht zu stehen oder zu sitzen; -Überempfindlichkeit gegenüber Alendronsäure, anderen Bisphosphonaten oder einem<br />
der sonstigen Bestandteile; -Hypokalzämie. Hilfsstoffe: Mikrokristalline Zellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium,<br />
Magnesiumstearat. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Interpharm ProduktionsgmbH,<br />
1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Wirkstoffgruppe: Arzneimittel zur Behandlung<br />
von Knochenerkrankungen, Bisphosphonate. Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen und<br />
Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information: 11/2006<br />
Bonviva ® 3 mg Injektionslösung.<br />
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Fertigspritze mit 3 ml Lösung enthält 3 mg Ibandronsäure (entsprechend<br />
3,375 mg Mononatriumibandronat 1 H2O). Die Konzentration an Ibandronsäure in der Injektionslösung beträgt 1 mg pro ml. Anwendungsgebiete:<br />
Therapie der <strong>Osteoporose</strong> bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko (siehe veröffentlichte Fachinformation<br />
Abschnitt 5.1 "Pharmakodynamische Eigenschaften"). Eine Reduktion des Risikos vertebraler Frakturen wurde gezeigt,<br />
eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht ermittelt worden. Gegenanzeigen: - Hypokalzämie (siehe veröffentlichte<br />
Fachinformation Abschnitt 4.4 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung"). - Überempfindlichkeit<br />
gegen Ibandronsäure oder einen der sonstigen Bestandteile. Liste der sonstigen Bestandteile: Natriumchlorid, Eisessig,<br />
liche Defizit betrug bei diesen Menschen beinahe 80 % bezüglich<br />
der DGE-Empfehlung. Ein weiteres Warnsignal ist darüber<br />
hinaus die Verschlechterung der Versorgung seit dem letzten Ernährungsbericht<br />
aus dem Jahr 2003.<br />
Cal-D-Vita ® enthält in der Tagesdosis von 2 Kautabletten<br />
1.200 mg Kalzium und 800 IE Vitamin D und entspricht damit<br />
exakt der in der Chapuy-Studie nach EBM-Kriterien geprüften<br />
Substitution. Die einfache Einnahme und nicht zuletzt der angenehme<br />
Geschmack der Kautablette unterstützen darüber hi -<br />
naus die wichtige Patienten-Compliance.<br />
Auf einem Rezept können OP II à 60 Kautabletten kassenfrei<br />
verordnet werden.<br />
1 Chapuy M. et al.: Vitamin D3 and Calcium to prevent hip fractures in elderly women. New Eng J Med, Vol. 327;<br />
23:1637-1642<br />
2 Pfeifer M. et al.: Effects of a short-term Vitamin D and Calcium supplementation on body sway and secondary hyperparathyroidism<br />
in elderly women. J Bone Miner Res 2000; 15:1113-1118<br />
Natriumacetat 3 H2O, Wasser für Injektionszwecke. Inhaber der Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park,<br />
Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte<br />
Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Bisphosphonate, ATC-Code: M05B A06. Besondere Warnhinweise und<br />
Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen<br />
zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
CAL-D-VITA ® - Kautabletten.<br />
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Kautablette enthält Kalzium 600 mg als Calciumcarbonat 1500 mg, Colecalciferol<br />
(Vitamin D3) 400 I.E. (äquivalent zu 10 Mikrogramm) Sonstige Bestandteile: Aspartam (E 951) 6 mg, Saccharose 3<br />
mg, Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1. Liste der sonstigen Bestandteile: Mannitol, Povidon,<br />
Talkum, Magnesiumstearat, Aspartam (E 951), Wasserfreie Citronensäure, Aromastoff (Orangenaroma), · Tocopherol, Nahrungsfette,<br />
Fischgelatine, Maisstärke, Saccharose; Pharmakotherapeutische Gruppe: Mineralstoffe ATC-Code: A12AX; Anwendungsgebiete:<br />
Korrektur von kombinierten Vitamin D- und Kalziummangelzuständen bei älteren Patienten. Vitamin D- und Kalzium-Supplementierung<br />
als Zusatz zu einer spezifischen <strong>Osteoporose</strong>behandlung bei Patienten, bei denen ein kombinierter Vitamin<br />
D- und Kalziummangel diagnostiziert wurde oder ein hohes Risiko für solche Mangelzustände besteht. Gegenanzeigen: Hyperkalzämie,<br />
schwere Hyperkalzurie, Nierensteine, Langzeitimmobilisation in Kombination mit Hyperkalzurie und/oder Hyperkalzämie,<br />
Hypervitaminose D, Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile. Inhaber der Zulassung:<br />
Bayer Austria Ges.m.b.H, Herbststraße 6-10, 1160 Wien Verschreibungs-/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig;<br />
Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln<br />
und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten<br />
Fachinformation. Stand der Information: Oktober 2007.<br />
Ciprofloxacin „Interpharm“ 250 < 7500 mg-Filmtabletten Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und<br />
Menge): Eine Filmtablette Ciprofloxacin „Interpharm“ 250 mg enthält: Ciprofloxacin 250 mg als Ciprofloxacinhydrochlorid Eine<br />
Filmtablette Ciprofloxacin „Interpharm“ 500 mg enthält: Ciprofloxacin 500 mg als Ciprofloxacinhydrochlorid Anwendungsgebiete:<br />
Behandlung folgender Infektionen, die durch Ciprofloxacin-empfindliche Erreger hervorgerufen werden:Infektionen der oberen und<br />
unteren Harnwege, z.B. akute, unkomplizierte Cystitis, komplizierte Infektionen und Pyelonephritis; Schwere Haut- und Weichteilinfektionen<br />
verursacht durch gram-negative Bakterien; Osteomyelitis verursacht durch gram-negative Bakterien; Schwere systemische<br />
Infektionen verursacht durch gram-negative Bakterien, z.B. Septikämie, Infektionen bei immunsuppressiven Patienten;<br />
Schwere bakterielle Enteritis; Infektionen der Geschlechtsorgane inkl. akuter unkomplizierter Gonorrhoe, chronische Prostatitis;<br />
Infektionen der Atemwege inkl. einer Pneumonie verursacht durch aerobe gram-negative Bakterien. Bei der Behandlung von<br />
Pneumokokken-Pneumonien im ambulanten Bereich ist Ciprofloxacin nicht das Mittel der Wahl; Kinder und Jugendliche; Akute,<br />
durch Pseudomonas aeruginosa verursachte pulmonale Exazerbation einer zystischen Fibrose bei Kindern und Jugendlichen (5 –<br />
17 Jahre). Ciprofloxacin ist nicht für andere Indikationen in dieser Altersgruppe bestimmt. Die offiziellen Richtlinien über die geeignete<br />
Verwendung von antibakteriellen Wirkstoffen sind zu berücksichtigen. Gegenanzeigen: Ciprofloxacin ist kontraindiziert bei:<br />
Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Ciprofloxacin, anderen Chinolonen oder anderen Inhaltsstoffen; Patienten, bei<br />
denen in der Vorgeschichte im Zusammenhang mit der Gabe von Fluorochinolonen Sehnenerkrankungen; Schwangerschaft und<br />
Stillzeit; Kindern und heranwachsenden Jugendlichen außer bei der Behandlung von akuten Exazerbationen einer zystischen Fibrose<br />
bei Kindern von 5 – 17 Jahren; Kinder unter 5 Jahren. Hilfsstoffe: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Maisstärke,<br />
Magnesiumstearat, Talkum, kolloidales wasserfreies, Siliciumdioxid, Natriumstärkeglykolat (Typ A), Film: Hypromellose, Titandioxid<br />
(E171), Macrogol 400, Talkum Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Interpharm ProduktionsgmbH,<br />
1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten Wirkstoffgruppe:<br />
Antibiotikum Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind der<br />
veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
1/10 SPECTRUM OSTEOPOROSE<br />
51
Duokliman Filmtabletten Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge): Eine Filmtablette enthält:<br />
2 mg Estradiol (als Estradiol Hemihydrat), 1 mg Norethisteron Acetat. Anwendungsgebiete: Hormonersatztherapie (HRT) zur Behandlung<br />
von Östrogenmangelsymptomen bei Frauen mit intaktem Uterus, die mindestens ein Jahr in der Menopause sind. Als<br />
alternative Therapie zur Vorbeugung der post-menopausal <strong>Osteoporose</strong> bei Frauen mit einem erhöhten Risiko von durch <strong>Osteoporose</strong><br />
bedingten Frakturen bei bestehender Unverträglichkeit oder bei Kontraindikation anderer Präparate, welche zur Therapie<br />
der <strong>Osteoporose</strong> erlaubt sind. Die Erfahrungen bei der Behandlung von Frauen im Alter von über 65 Jahren sind begrenzt. Gegenanzeigen:<br />
Verdacht auf oder bekannter Brustkrebs, ebenso eine entsprechende Vorgeschichte oder andere bekannter- oder vermuteterweise<br />
östrogenabhängige Tumore (z. B. Endometriumkarzinom).Undiagnostizierte Genitalblutungen. Dokumentierte aktive<br />
venöse Thromboembolien (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie) in den letzten 2 Jahren. Eine Vorgeschichte rezidivierender venöser<br />
Thrombembolien oder bekannter thrombophiler Erkrankungen einer Patientin, die nicht bereits Antikoagulansbehandlung.<br />
Aktives oder rezentes arterielles Thrombembolieleiden. Porphyrie. Unbehandelte Endometriumhyperplasie Akute Lebererkrankung<br />
oder Berichte über eine Lebererkrankung, in deren Verlauf sich in Funktionstests keine Normalwerte mehr einstellten. Überempfindlichkeit<br />
gegen Estradiol, Norethisteron oder einen der Hilfsstoffe. Hilfsstoffe: Laktose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon, Talk<br />
(gereinigt), Magnesiumstearat, Macrogol 400, Hypromellose (E464), Titandioxid (E 171), Eisenoxid schwarz (E 172) Name oder<br />
Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: F.Joh.Kwizda Ges.m.b.H., 1010 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht:<br />
Rp, apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe: Hormone Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen<br />
und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
EVISTA 60 mg Filmtabletten.<br />
Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 60 mg Raloxifenhydrochlorid. Das entspricht 56 mg Raloxifen-Base. Sonstiger Bestandteil:Lactose<br />
(149,40 mg). Anwendungsgebiete: EVISTA ist angezeigt zur Behandlung und Prävention der <strong>Osteoporose</strong> bei<br />
postmenopausalen Frauen. Es wurde eine signifikante Verminderung in der Inzidenz von vertebralen Frakturen, aber nicht von<br />
Hüftfrakturen, nachgewiesen. Wenn bei einer postmenopausalen Frau eine Entscheidung zwischen EVISTA und anderen Therapiemöglichkeiten,<br />
einschließlich einer Östrogenbehandlung, getroffen werden soll, sind im individuellen Fall klimakterische Symptome,<br />
Auswirkungen auf das Uterus- und Brustgewebe sowie kardiovaskuläre Risiken und Nutzen zu berücksichtigen. Gegenanzeigen:<br />
Überempfindlichkeit gegenüber Raloxifen oder einen der sonstigen Bestandteile. Darf nicht von noch gebärfähigen Frauen<br />
eingenommen werden. Bestehende oder in der Vorgeschichte aufgetretene venöse thromboembolische Ereignisse, einschließlich<br />
tiefer Venenthrombose, Lungenembolie und Retina-Venenthrombose. Eingeschränkte Leberfunktion einschließlich Cholestase.<br />
Schwere Nierenschädigung. Ungeklärte Uterusblutungen. EVISTA soll bei Patientinnen mit klinischen Zeichen oder Symptomen eines<br />
Endometriumkarzinoms nicht eingesetzt werden, da die sichere Anwendung in dieser Patientinnengruppe bislang nicht ausreichend<br />
untersucht wurde. Hilfsstoffe: Tablettenkern: Povidon, Polysorbat 80, Lactose, Lactose-Monohydrat, Crospovidon, Magnesiumstearat.<br />
Tablettenfilm: Titandioxid (E171), Polysorbat 80, Hypromellose, Macrogol 400, Carnaubawachs. Tinte: Schellack,<br />
Propylenglycol, Indigocarmin (E132). Wirkstoffgruppe: Selektiver Östrogenrezeptor-Modulator (SERM). ATC-Code: G03X C01- Name<br />
und Anschrift des Pharmazeutischen Unternehmers: DAIICHI SANKYO EUROPE GmbH, Zielstattstraße 48, 81379 München,<br />
Deutschland. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Vertrieb in Österreich:DAIICHI SANKYO AU-<br />
STRIA GmbH Effingergasse 21, 1160 Wien. Telefon: (01) 485 86 42-0, Fax DW: 345. Die Informationen zu den Abschnitten Dosierung,<br />
Warnhinweise, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind der veröffentlichten Fachinformation zu<br />
entnehmen.<br />
Flucosept 50 / 100 / 150 mg / 200 mg-Kapseln Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge):1<br />
Kapsel enthält 50 mg / 100 mg / 150 mg / 200 mg Fluconazol. Anwendungsgebiete: Behandlung von Mykosen, die durch Fluconazol-empfindliche<br />
Pilze hervorgerufen werden. Die Therapie mit Flucosept kann eingeleitet werden, noch bevor die Ergebnisse<br />
von Kulturen oder anderen Laboruntersuchungen bekannt sind. Nach deren Vorliegen sollte die Therapie entsprechend angepasst<br />
werden. Schleimhaut-Candidosen einschließlich oropharyngealer, ösophagealer, mukokutaner und chronisch-atrophischer oraler<br />
Candidose (Stomatopathie bei Zahnprothesenträgern), nichtinvasive bronchopulmonale Candidosen, Candidurie. Es können sowohl<br />
Patienten mit normaler als auch geschwächter Immunabwehr behandelt werden; Rezidivprophylaxe oropharyngealer Candidiasis<br />
bei AIDS-Patienten; Systemcandidosen einschließlich Candida-Sepsis, disseminierte und andere invasive Candida-Infektionen<br />
(Infektionen des Peritoneums, des Endokards, der Augen, der Lunge und des Harntrakts); auch im Rahmen der<br />
Behand¬lung von malignen Erkrankungen, unter zytostatischer oder immunsuppressiver Therapie oder beim Vorliegen anderer<br />
prädisponierender Faktoren für eine Candida-Infektion (z.B. Patienten auf Intensivstationen); Kryptokokkose, einschließlich Kryptokokken-Meningitis<br />
sowie Infektionen anderer Organe (z.B. Lunge, Haut). Es können sowohl Patienten mit normaler als auch geschwächter<br />
Immunabwehr behandelt werden; Dauerbehandlung zur Rezidivprophylaxe der Kryptokokkose bei AIDS-Patienten;<br />
Prophylaxe von Pilzinfektionen bei Patienten mit malignen Erkrankungen, die aufgrund einer Zytostatika- oder Strahlentherapie<br />
für Pilzinfektionen prädisponiert sind. Dermatomykosen, wie z.B. Tinea pedis, Tinea corporis, Tinea cruris, Tinea versicolor, Tinea<br />
unguium (Onychomykose), in Fällen, wo eine systemische Behandlung angezeigt ist; Tiefe endemische Mykosen, einschließlich<br />
Kokzidioidomykose, Parakokzidioidomykose, Sporotrichose und Histoplasmose bei immunkompetenten Patienten; Genitalcandidiasis:<br />
akute oder rezidivierende Vaginalcandidiasis, Prophylaxe bei rezidivierender Vaginalcandidiasis (3 oder mehr Schübe pro<br />
Jahr); Candida-Balanitis; Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Fluconazol, einem Bestandteil des Präparates<br />
oder anderen Azolen; Gleichzeitige Anwendung von Cisaprid aufgrund des Auftretens kardialer Nebenwirkungen einschließlich<br />
Torsade de pointes. Vorsicht bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörungen.Basierend auf den Ergebnissen einer Multiple-Dose-Studie<br />
ist die gleichzeitige Anwendung von Terfenadin kontraindiziert bei Patienten, die Fluconazol in täglichen Dosen<br />
von 400 mg oder mehr, an einem oder mehreren Tagen, erhalten (siehe Wechselwirkungen). Hilfsstoffe: Laktose, Maisstärke, Povidon,<br />
Talk, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Gelatine, Titandioxid (E171), Indigo Carmin (E132) Name oder Firma<br />
und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Kwizda Pharma GmbH, 1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht:<br />
Rezept- und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe: Antimykotikum (Triazolderivat) Die Informationen zu den Abschnitten<br />
Warnhinweise, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information:<br />
01/2006.<br />
Klimapur 1 mg-Filmtabletten Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge): Eine Filmtablette<br />
enthält 1 mg Estradiol (als Estradiol hemihydrat). Anwendungsgebiete: Hormonsubstitutionstherapie zur Behandlung von Menopausensymptomen<br />
wie z.B. Schweißausbrüche und Hitzewallungen. Prophylaxe und Therapie der postmenopausalen Folgen des<br />
Östrogenmangels, wie atrophische Vaginitis oder atrophische Urethritis. Gegenanzeigen: Bestehende oder vermutete Schwangerschaft,<br />
Stillzeit. Diagnostizierter Brustkrebs bzw. Verdacht darauf. Bestehende oder vermutete östrogenabhängige Neoplasie. Abnorme<br />
genitale Blutungen, Endometriose. Akute tiefe Venenthrombose, thromboembolische Störungen, auch in der Anamnese<br />
(einschließlich Koronarthrombosen, Hirndurchblutungsstörungen usw.). Schwere Herz- oder Nierenerkrankungen, Sichelzellanämie.<br />
Angeborene Störungen des Fettstoffwechsels, schwerer Diabetes mit Gefäßveränderungen. Akute oder chronische Lebererkrankungen<br />
oder Lebererkrankungen in der Anamnese, sofern sich die Leberwerte nicht normalisiert haben. Schwere Leberfunktionsstörungen<br />
(einschließlich Porphyrie). Vorangegangene oder bestehende Lebertumore. Rotor-Syndrom oder Dubin-Johnson-<br />
Syndrom. Ikterus oder generalisierter Pruritus während einer früheren Schwangerschaft. Herpes gestationis in der Anamnese<br />
oder Otosklerose mit Verschlechterung während früherer Schwangerschaften. Bekannte Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile.<br />
Frauen mit intaktem Uterus sollten ohne zusätzliche Gabe eines Gestagens nicht mit Östrogenen behandelt werden. Hilfsstoffe:<br />
Lactose, Maisstärke, Povidon, Talk, Magnesiumstearat, Hydroxypropylmethylcellulose, Titandioxid (E171), Polyethylenglycol. Name<br />
oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: F.Joh.Kwizda Ges.m.b.H., 1010 Wien<br />
Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe: Hormone Die Informationen zu den Abschnitten<br />
Warnhinweise, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind der veröffentlichten Fachinformation<br />
zu entnehmen.<br />
Liberel ® -Filmtabletten/Liberel ® mite-Filmtabletten<br />
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält: Desogestrel 0,15 mg, Ethinylestradiol 0,03 mg/1 Filmtablette<br />
enthält: Desogestrel 0,15 mg, Ethinylestradiol 0,02 mg.Anwendungsgebiete: Orale Konzeptionsverhütung<br />
Gegenanzeigen:Kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) dürfen nicht bei Vorliegen einer der unten angeführten Bedingungen angewandt<br />
werden. Sollte eine der aufgelisteten Bedingungen zum ersten Mal während der Einnahme eines KOK auftreten, muss die<br />
Einnahme sofort beendet werden.Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen oder einen der sonstigen Bestandteile;Bestehende<br />
oder vermutete Schwangerschaft;Bestehende oder vermutete maligne Erkrankungen (z.B. der Genitalien oder der Mammae),<br />
die Sexualhormon-abhängig sind; Nicht abgeklärte vaginale Blutungen; Bestehende oder vorausgegangene Prodrome einer<br />
Thrombose (z. B. transitorische ischämische Attacken, Angina pectoris);Angeborene oder erworbene Prädisposition für venöse<br />
oder arterielle Thrombosen, wie z.B. APC-Resistenz,, Antithrombin-III-Mangel, Protein C- und Protein S-Mangel, Hyperhomocysteinämie<br />
und Antiphospholipidantikörper (Antikardiolipidantikörper, Lupus koagulans);Angeborene oder bestehende Fettstoff-<br />
52 SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/10<br />
wechselstörungen; Schwere Hypertonie;Diabetes mellitus mit Gefäßveränderungen;Bestehende oder vorausgegangene venöse<br />
oder arterielle thrombotische/thrombo-embolische Ereignisse (z. B. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie, Myokardinfarkt) oder<br />
zerebrovaskuläre Ereignisse; das Vorliegen eines schweren oder mehrerer Risikofaktoren für eine venöse oder arterielle Thrombose<br />
(siehe Abschnitt 4.4 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung") kann ebenfalls eine Gegenanzeige<br />
darstellen;Bestehende oder vorausgegangene Pankreatitis im Zusammenhang mit schwerer Hypertriglyzeridämie;Gelbsucht<br />
oder anhaltendem Juckreiz während einer früheren Schwangerschaft, Dubin-Johnson- und Rotor-Syndrom;Bestehende oder vorausgegangene<br />
schwere Lebererkrankung, solange sich die Leberfunktionswerte noch nicht normalisiert haben;Bestehende oder<br />
vorausgegangene benigne oder maligne Lebertumore;Migräne mit fokalen neurologischen Symptomen in der Anamnese; Porphyrie;<br />
Herpes gestationis; Otosklerose mit Verschlechterung des Hörvermögens in vorangegangenen Schwangerschaften. Liste der<br />
sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: Lactose-Monohydrat, Kartoffelstärke, Povidon K30, Stearinsäure, Siliciumdioxid, ·-Tocopherol,<br />
Magnesiumstearat (Liberel mite: zusätzl.: Chinolingelb (E104)).Tablettenfilm: Hypromellose, Macrogol 6000, Propylenglycol.<br />
Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Kwizda Pharma GmbH, 1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht:Rezept-<br />
und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe: Gestagene und Estrogene, fixe Kombinationen Die Informationen<br />
zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation<br />
zu entnehmen. Stand: 10/2007.<br />
Madonella-Dragees Qualitative und quantitative Zusammensetzung: 1 Dragee enthält 0,15 mg Levonorgestrel und 0,03 mg Ethinylestradiol<br />
Anwendungsgebiete: Orale Kontrazeption Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einen Bestandteil des Präparates;<br />
Schwangerschaft; hormonabhängige Tumore, insbesondere bestehendes, vermutetes oder behandeltes Mamma- oder Endometriumkarzinom;<br />
nicht abgeklärte Genitalblutungen; vorausgegangene oder bestehende thromboembolische Prozesse; Thrombophlebitis,<br />
nach Schlaganfall oder Herzinfarkt; Antithrombin III-Mangel; Sichelzellanämie; schwerer Diabetes mit<br />
Gefäßveränderungen; Hyperlipoproteinämie; schwere Leberfunktionsstörungen; Gelbsucht oder Pruritus während einer früheren<br />
Schwangerschaft; Dubin-Johnson-Syndrom, Rotor-Syndrom; vorausgegangene oder bestehende Lebertumore; Herpes gestationis<br />
in der Anamnese; Otosklerose mit Verschlechterung in einer früheren Schwangerschaft. Liste der sonstigen Bestandteile: Laktose-Monohydrat,<br />
Maisstärke, Talk, Magnesiumstearat, Silicium colloidal anhydrous, Saccharose, Calciumcarbonat, Copovidon,<br />
Macrogol, Povidon, Natriumcarmellose, Titandioxid (E171). Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers:<br />
Kwizda Pharma GmbH, 1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe<br />
Orale Estrogen-Gestagen-Kombinationskontrazeptiva Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen<br />
und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand: 05/2007.<br />
Maxi-Kalz Vit. D3 500 mg/400 I.E. - Kautabletten.<br />
Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge) 1 Kautablette zu 2500 mg enthält: 1250 mg Calciumcarbonat<br />
(entspr. 500 mg Calcium), Colecalciferol 400 I.E. (entspr. 10 mg Vitamin D3). Als Hilfsstoffe a-Tocopherol, partiell hydriertes<br />
Sojaöl, hydrolysierte Gelatine, Saccharose, Maisstärke, Mannitol, DL-Äpfelsäure, Povidon, Avicel CL (bestehend aus: mikrokristalliner<br />
Cellulose, Carmellose-Natrium), wasserfreie Zitronensäure, Magnesiumstearat, Aspartam, Aroma Aprikose (bestehend<br />
aus: Sorbit, Mannit, D-Glucono-1,5-Lacton, hochdisperses Siliciumdioxid, Maltodextrin, arabisches Gummi,<br />
natürliches/naturidentes Flüssigaroma Aprikose, natürliches/naturidentes Pulveraroma Aprikose). Anwendungsgebiete: Vorbeugung<br />
und Behandlung von Vitamin D- und Calcium-Mangelzuständen bei älteren Menschen. Ergänzende Vitamin D- und Calcium-Behandlung<br />
bei <strong>Osteoporose</strong>patienten, für die ein Risiko von Vitamin D- und Calcium-Mangelzuständen besteht. Gegenanzeigen:<br />
Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile, Hypercalcämie, Hypercalciurie bzw. Krankheitszustände, die Hypercalcämie<br />
oder Hypercalciurie zur Folge haben, Calcilithiasis (Nephrocalcinosis), Hypervitaminose D, schwere Nierenfunktionsstörungen.<br />
Pharmakotherapeutische Gruppe: Mineralpräparate, ATC-Code: A12AX. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmens:<br />
Meda Pharma GmbH, Wien. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Angaben über<br />
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkung mit anderen Mitteln, Schwangerschaft und Stillzeit,<br />
Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.<br />
Perikliman-Filmtabletten Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge) Eine orange Tablette enthält<br />
2 mg Estradiol (als Estradiolhemihydrat). Eine graue Tablette enthält 2 mg Estradiol (als Estradiolhemihydrat) und 1 mg Norethisteronacetat.<br />
Anwendungsgebiete: Hormonersatztherapie (HRT) zur Behandlung von Estrogenmangelsymptomen bei postund<br />
perimenopausalen Frauen. Prävention einer <strong>Osteoporose</strong> bei postmenopausalen Frauen, die ein hohes Risiko zukünftiger<br />
Frakturen haben und die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber anderen, zur <strong>Osteoporose</strong>prävention zugelassenen<br />
Arzneimitteln aufweisen. Die Erfahrungen bei der Behandlung von Frauen im Alter von über 65 Jahren sind begrenzt. Gegenanzeigen:<br />
Bestehendes oder vermutetes Mammakarzinom oder Mammakarzinom in der Anamnese; Bestehende oder vermutete<br />
estrogenabhängige maligne Tumoren (z.B. Endometriumkarzinom); Diagnostisch nicht abgeklärte Genitalblutung; Unbehandelte<br />
Endometriumhyperplasie; Vorangegangene idiopathische oder bestehende venöse Thromboembolie (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie);<br />
Bestehende oder kürzlich aufgetretene arterielle thromboembolische Erkrankung (z.B. Angina pectoris, Myokardinfarkt);<br />
Akute Lebererkrankung oder Lebererkrankung in der Anamnese, solange sich die Leberfunktionswerte noch nicht normalisiert<br />
haben; Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber einem der Wirkstoffe oder einem der sonstigen Bestandteile; Porphyrie.<br />
Hilfsstoffe: Tablettenkern: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon 25, Talkum (gereinigt) und Magnesiumstearat. Filmüberzug:<br />
(orange) Tabletten, die ausschließlich Estradiol enthalten: Hydroxypropylmethylcellulose, Titandioxid (E171), Macrogol 400 und<br />
Sunsetgelb (E110). (graue) Tabletten, die Estradiol und Norethisteronacetat enthalten: Hydroxypropylmethylcellulose, Titandioxid<br />
(E171), Macrogol 400, Eisenoxid schwarz (E172). Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers:<br />
F.Joh.Kwizda Ges.m.b.H., 1010 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe:<br />
Hormone Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind<br />
der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
Postinor 1500 Mikrogramm-Tablette Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge):1 Tablette enthält<br />
1500 Mikrogramm Levonorgestrel. Anwendungsgebiete: Notfallkontrazeption innerhalb von 72 Stunden nach ungeschütztem<br />
Geschlechtsverkehr oder bei Versagen einer Verhütungsmethode. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Levonorgestrel<br />
oder einen der sonstigen Bestandteile. Hilfsstoffe: Kartoffelstärke, Maisstärke, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat,<br />
Talkum, Lactose-Monohydrat. Inhaber der Zulassung: Medimpex UK Limited 127 Shirland Road London W9 2EP Großbritannien<br />
Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rp, apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Wirkstoffgruppe: Gestagene.<br />
PROTELOS 2 g Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen.<br />
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jeder Beutel enthält 2 g Ranelicsäure, Distrontiumsalz. Sonstiger Bestandteil:<br />
enthält ebenfalls 20 mg Aspartam (E951). Hilfsstoffe: Aspartam (E951), Maltodextrin, Mannitol (Ph.Eur.) (E 421). Anwendungsgebiete:<br />
Behandlung der postmenopausalen <strong>Osteoporose</strong> zur Reduktion des Risikos von Wirbelsäulen- und Hüftfrakturen (siehe<br />
Abschnitt 5.1). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Wirkstoffgruppe:<br />
Pharmakotherapeutische Gruppe: Mittel zur Behandlung von Knochenerkrankungen - Andere Mittel mit Einfluss auf die Knochenstruktur<br />
und Mineralisation, ATC-Code: M05BX03. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: LES<br />
LABORATOIRES SERVIER, 22, rue Garnier, 92200 Neuilly-sur-Seine, Frankreich. Rezeptpflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig.<br />
Weitere Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit<br />
anderen Mitteln und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
Yris/Yris mite-Dragees Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge): 1 Dragee enthält 0,075 mg<br />
Gestoden und 0,03 mg / 0,02 mg Ethinylestradiol. Anwendungsgebiete: Hormonale Konzeptionsverhütung Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit<br />
gegen einen der Bestandteile; Schwangerschaft; hormonabhängige Tumore (wie z. B. Mamma- oder Endometriumkarzinom<br />
bestehend, behandelt oder klinisch vermutet); nicht geklärte Genitalblutungen; bestehende oder vorausgegangene<br />
arterielle oder venöse thrombotische oder embolische Prozesse sowie prädisponierende Erkrankungen, z.B. Gerinnungsstörungen,<br />
Herzklappenerkrankungen oder Vorhofflimmern; Thrombophlebitis; Antithrombin-III-Mangel; Sichelzellenanämie; Zustand nach<br />
Herzinfarkt; schwerer Diabetes mellitus mit Gefäßveränderungen; Hyperlipoproteinämie; Fettstoffwechselstörungen; schwere Leberfunktionsstörungen;<br />
Gelbsucht oder anhaltender Juckreiz während einer früheren Schwangerschaft; Dubin-Johnson-Syndrom.<br />
Rotor-Syndrom; vorausgegangene oder bestehende Lebertumore; Herpes gestationis in der Anamnese; Otosklerose mit Verschlechterung<br />
in vorausgegangenen Schwangerschaften. Hilfsstoffe: Kern: Natriumcalciumedetat, Magnesiumstearat, Siliziumdioxid,<br />
Povidon, Maisstärke, 37,16 mg / 37,17 mg Lactose-Monohydrat. Hülle: Chinolingelb E 104, Povidon, Titandioxid E171, Macrogol<br />
6000, Talk, Calciumcarbonat, Saccharose. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Kwizda<br />
Pharma GmbH, 1160 Wien Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht:Rezept- und apothekenpflichtig Wirkstoffgruppe: Hormonelle<br />
Kontrazeptiva Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten<br />
Fachinformation zu entnehmen.Stand: 04/2007
19:00–21:00 Uhr<br />
Weitere Informationen und Anmeldung:<br />
Tel.: +43/1/408 68 24-0, E-Mail: office@fischill.at; www.knochenundmineralstoffwechsel.at
Fachkurzinformation siehe Seite 52