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Marburger Einstellungs-Inventar für Liebesstile (MEIL ... - ZPID

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PSYNDEX Tests-Dokument: 2387 (Manuskriptfassung)<br />

Deutscher Test-Kurzname und Test-Langname:<br />

<strong>MEIL</strong> - <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong> (PSYNDEX Tests Review)<br />

Englischer Testname:<br />

Marburg Attitude Scales towards Love Styles/zpid<br />

Bibliografische Quelle:<br />

Bierhoff, H.W., Grau, I. & Ludwig, A. (1993). <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong>.<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Autorenanschrift (Stand: 31.05.2012):<br />

Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät <strong>für</strong> Psychologie, Arbeitseinheit<br />

Sozialpsychologie, Universitätsstr. 150, Gebäude GAFO, Ebene 04, D-44801 Bochum,<br />

hans.bierhoff@rub.de, http://www.ruhr-uni-bochum.de/soc-psy/team/bierhoff<br />

1. Testkonzept<br />

Beschreibung des Verfahrens<br />

(Manfred Eberwein, 15.08.1004; Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff, 31.05.2012)<br />

1.1 Theoretischer Hintergrund<br />

Zwischengeschlechtliche Partnerschaft sichert auf einer rein biologischen Ebene das Überleben der<br />

Menschheit (zumindest bis jetzt) und stellt in Form von Liebe gleichzeitig eine wesentliche<br />

Komponente individueller Lebensgestaltung und -zufriedenheit dar. Verschiedene psychologische<br />

Ansätze haben Liebe entweder als globale Einstellung gegenüber einer Person definiert (Murstein,<br />

1988; Rubin, 1970) oder als mehrdimensionales <strong>Einstellungs</strong>system mit verschiedenen Komponenten<br />

oder Liebestypen (Kelley, 1983; Steck, Levitan, McLane & Kelley, 1982). Bezugsrahmen <strong>für</strong> das<br />

vorliegende Verfahren ist die Theorie der <strong>Liebesstile</strong> von Lee (1973), die als persönliche<br />

Vorstellungen von Liebe verstanden werden und das tatsächliche Verhalten in Partnerschaften<br />

beeinflussen. Lee konnte aus ganzheitlichen Interviews drei primäre <strong>Liebesstile</strong> und aus<br />

Kombinationen daraus drei weitere sekundäre <strong>Liebesstile</strong> ableiten:<br />

Primäre <strong>Liebesstile</strong>:


(1) Romantische Liebe (Eros): Unmittelbare Anziehung durch eine Person des anderen Geschlechts<br />

mit physiologischer Erregung und sexuellem Interesse ("to see her is to love her");<br />

(2) Spielerische Liebe (Ludus): Liebe als Spiel mit verschiedenen Partnern, gekennzeichnet durch<br />

Verführung und die Idee der sexuellen Freiheit;<br />

(3) Freundschaftliche Liebe (Storge): Liebe als Resultat einer engen, länger dauernden Freundschaft,<br />

ohne sehr intensive Gefühle.<br />

Sekundäre <strong>Liebesstile</strong>:<br />

(4) Besitzergreifende Liebe (Mania, aus Eros und Ludus kombiniert): Liebe als alles beherrschendes<br />

Gefühl, das den Partner idealisiert und ihm wenig Freiraum lässt;<br />

(5) Pragmatische Liebe (Pragma, aus Ludus und Storge kombiniert): rationale Partnerwahl;<br />

Zusammenpassen der Partner und gegenseitige Bedürfnisbefriedigung aus realistischen<br />

Zielvorstellungen heraus sind wichtiger als starke Gefühle;<br />

(6) Altruistische Liebe (Agape, aus Storge und Eros kombiniert): Die Sorge um den Partner und das<br />

Bemühen, seine Probleme zu überwinden, stehen im Mittelpunkt.<br />

Analog zu Farben lassen sich aus den drei Primärstilen und Sekundärstilen neue Muster<br />

zusammenstellen. Auch andere Klassifikationen, z.B. von Sternberg (1986), lassen sich mit den<br />

Begriffen von Lee (1973) beschreiben. Hendrick und Hendrick (1986) entwickelten Skalen <strong>für</strong> die<br />

Erfassung von <strong>Liebesstile</strong>n, die den Ausgangspunkt der Skalenentwicklung von Bierhoff und Klein<br />

(1991) bzw. Bierhoff, Grau und Ludwig (1993) <strong>für</strong> den deutschsprachigen Raum bilden.<br />

1.2 Testaufbau<br />

Das Verfahren umfasst 60 Items, wobei auf jede der sechs Subskalen 10 Items entfallen. Die Skalen<br />

entsprechen den primären und sekundären <strong>Liebesstile</strong>n von Lee (1973):<br />

(1) Romantische Liebe (Eros; Items 1-10);<br />

(2) Spielerische Liebe (Ludus; Items 11-20);<br />

(3) Freundschaftliche Liebe (Storge; Items 21-30);<br />

(4) Pragmatische Liebe (Pragma; Items 31-40);<br />

(5) Besitzergreifende Liebe (Mania; Items 41-50);<br />

(6) Altruistische Liebe (Agape; Items 51-60).<br />

Die Items sind auf 9-Punkte-Skalen einzuschätzen, wobei 1 "absolut falsch" kennzeichnet und 9<br />

"absolut richtig". Männern und Frauen wird eine lediglich in den geschlechtsbezogenen<br />

Formulierungen unterschiedliche Fassung vorgegeben.<br />

1.3 Auswertungsmodus<br />

Für die Auswertung werden die den Antworten zugeordneten Punktescores separat <strong>für</strong> jede Skala<br />

aufaddiert und über alle beantworteten Items gemittelt. Bei zwei oder mehr fehlenden Antworten<br />

auf einer Skala sollte die Interpretation der Skala nur unter Vorbehalt erfolgen. Die Interpretation<br />

kann über den Vergleich mit Mittelwerten und Streuungen der Normstichprobe erfolgen, über


Staninewerte oder kritische Differenzen; die Werte sind der Handanweisung (Bierhoff et al., 1993) zu<br />

entnehmen.<br />

1.4 Auswertungshilfen<br />

Für die Auswertung stehen Schablonen zur Verfügung. Als Interpretationshilfen werden kritische<br />

Differenzen mitgeteilt und im Zusammenhang bisheriger Befunde kurz diskutiert (Bierhoff et al.,<br />

1993, S. 17).<br />

1.5 Auswertungszeit<br />

Da die Auswertung nur im Addieren von Punktwerten <strong>für</strong> die einzelnen Antworten besteht, kann sie<br />

sehr rasch durchgeführt werden.<br />

1.6 Itembeispiele<br />

(angeführt sind die jeweils ladungsstärksten Items mit den Ladungen)<br />

Skala Eros: 2. Unser Sexualleben ist sehr intensiv und befriedigend (a = .82).<br />

Skala Ludus: 12. Manchmal musste ich verhindern, dass zwei meiner Partner etwas übereinander<br />

erfahren (a = .58).<br />

Skala Storge: 26. Erst wenn eine gewisse Vertrautheit besteht, kann ich jemanden wirklich lieben (a =<br />

.63).<br />

Skala Pragma: 32. Ich versuche mein Leben sorgfältig zu planen, bevor ich meinen Partner wähle (a =<br />

.68).<br />

Skala Mania: 49. Wenn ich in meiner Liebesbeziehung Ärger habe, färbt das auf alle anderen<br />

Lebensbereiche ab (a = .64).<br />

Skala Agape: 56. Ich würde alles aushalten <strong>für</strong> das Wohl meines Partners (a = .77).<br />

1.7 Items<br />

2. Durchführung<br />

2.1 Testformen<br />

Das Verfahren liegt im Paper-and-Pencil-Format sowie als Computertest innerhalb des Hogrefe-<br />

Testsystems vor. Es kann als Einzel- oder Gruppentest durchgeführt werden. Parallelformen liegen<br />

nicht vor. Die Fassungen <strong>für</strong> Männer und <strong>für</strong> Frauen unterscheiden sich nur in den Formulierungen<br />

("Mein Partner...", "Meine Partnerin..."). Die deutsche Version entspricht nur teilweise der<br />

englischen Originalfassung von Hendrick und Hendrick (1986).<br />

2.2 Altersbereiche<br />

Das <strong>MEIL</strong> kann von Erwachsenen bearbeitet werden.


2.3 Durchführungszeit<br />

Die Bearbeitungsdauer <strong>für</strong> das <strong>MEIL</strong> beträgt etwa 10 bis 15 Minuten.<br />

2.4 Material<br />

Es werden lediglich Fragebogen und Schreibgerät benötigt. Das vollständige Testmaterial inklusive<br />

Handanweisung kann in einer Testmappe bezogen werden.<br />

2.5 Instruktion<br />

Dem Fragebogen ist eine ausführliche Instruktion vorangestellt.<br />

2.6 Durchführungsvoraussetzungen<br />

Für die Durchführung des Verfahrens werden keine besonderen Qualifikationen vorausgesetzt.<br />

3. Testkonstruktion<br />

Die Testkonstruktion orientierte sich an den Kriterien der Klassischen Testtheorie. Eine erste Version<br />

(Bierhoff, Fink & Montag, 1988) bestand aus den übersetzten Items der amerikanischen Skalen von<br />

Lasswell und Lasswell (1976) bzw. Hendrick und Hendrick (1986). Da die inneren Konsistenzen wenig<br />

zufriedenstellend ausfielen, wurde eine erweiterte zweite Fassung erstellt, wobei 42 uebersetzte und<br />

43 neuformulierte Items gleichmäßig auf die a priori-Skalen verteilt wurden. Folgende fünf<br />

Stichproben wurden damit untersucht (insgesamt N = 339):<br />

- n = 55 Psychologiestudierende;<br />

- n = 137 Personen (Psychologiestudenten, andere Studenten, Lehrer, andere Berufstätige);<br />

- n = 45 Psychologiestudenten und Berufstätige;<br />

- n = 47 Personen ohne nähere Angaben;<br />

- n = 57 Psychologiestudenten.<br />

In einer Hauptachsenanalyse mit Varimaxrotation konnten die a priori gebildeten Skalen<br />

überzeugend bestätigt werden. Für die Skalen der Endfassung wurden jeweils die ladungsstärksten<br />

Items (> .40) ausgewählt. Nur ein Item weist eine geringere Ladung auf. Von den sechs Faktoren<br />

werden 44.5% der Gesamtvarianz erklärt (14.3%, 10.0%, 6.2%, 4.9%, 4.5%, 4.5%). Größere<br />

Unterschiede in der Struktur von Männern und Frauen fanden sich nicht. Auch eine Faktorenanalyse<br />

nach der Maximum-Likelikood-Methode mit Varimaxrotation erbrachte keine abweichenden<br />

Ergebnisse, ebenso wenig wie eine weitere Hauptachsenanalyse mit den Ergebnissen von n = 168<br />

<strong>Marburger</strong> Bürgern, denen das Verfahren im Rahmen einer Untersuchung zur Prävention von AIDS<br />

vorgegeben wurde.


Von den 60 Items der Endfassung, die von Bierhoff und Klein (1991) als "Skala zur Erfassung von<br />

<strong>Liebesstile</strong>n" bezeichnet wurde, stammen noch 31 aus der amerikanischen Ursprungsskala. Die<br />

Korrelationen der Ausgangsskalen mit den Endskalen liegen im Bereich .83 < = r < = .94. Die<br />

Skaleninterkorrelationen sind niedrig, fallen aber z.T. sehr signifikant aus und bewegen sich in<br />

ähnlichen Bereichen wie in einer amerikanischen Untersuchung an Studentenpaaren (Davis & Latty-<br />

Mann, 1987; siehe auch Bierhoff et al., 1993, S. 20, <strong>für</strong> eine größere deutsche Stichprobe). Sie sind in<br />

Tabelle 1 aufgeführt. Die Trennschärfen der Items der Endfassung liegen im Bereich von .33 < = rit < =<br />

.71. Der Antwortbereich wurde bei allen Skalen ausgeschöpft.<br />

Tabelle 1<br />

Interkorrelationen der Liebesstilskalen <strong>für</strong> Männer und Frauen (Bierhoff & Klein, 1991, S. 64)<br />

------------------------------------------------------------------------------------<br />

1 2 3 4 5 6<br />

------------------------------------------------------------------------------------<br />

1 - 37*** -25*** 45*** 36*** -05<br />

2 37*** - -04 27*** 08 -27**<br />

3 29** -07 - 19** 28*** 17*<br />

4 30*** 18* 16* - 13* -08<br />

5 27*** 10 29*** 05 - 01<br />

6 -19** -45*** 14* 02 -08 -<br />

------------------------------------------------------------------------------------<br />

Anmerkungen. 1=Agape, 2=Eros, 3=Pragma, 4=Mania, 5=Storge, 6=Ludus. Dezimalpunkte wurden<br />

weggelassen. Oberhalb der Diagonale sind die Interkorrelationen der Männer genannt (n = 189),<br />

unterhalb der Diagonale die der Frauen (n = 150). * p < .05; ** p < .01; *** p < .001.<br />

Da Planung, Erhebung und Auswertung der zugrundeliegenden Studien überwiegend am Fachbereich<br />

Psychologie der Universität Marburg durchgeführt wurden, publizierten Bierhoff et al. (1993) das<br />

Verfahren als <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong>. Geändert wurden dabei lediglich die<br />

Anordnung der Items, die Formulierung der Antwortvorgaben ("absolut richtig/falsch" statt "absolut<br />

zutreffend/unzutreffend") und zwei Skalenbezeichnungen ("besitzergreifende" statt<br />

"leidenschaftliche", "altruistische" statt "aufopferungsvolle" Liebe). Die dort referierte Untersuchung<br />

der Faktorenstruktur an insgesamt 1308 Personen aus 13 Studien konnte die von Bierhoff und Klein<br />

(1991) gefundenen Faktoren voll bestätigen (Bierhoff et al., 1993, S. 12).


4. Gütekriterien<br />

4.1 Objektivität<br />

Aufgrund der Fragebogenform mit gebundener Beantwortung und der schriftlichen Instruktion<br />

können Durchführung und Auswertung als objektiv gelten.<br />

4.2 Reliabilität<br />

Zum Nachweis der Zuverlässigkeit wurde Cronbachs Alpha errechnet sowie die<br />

Wiederholungsreliabilität nach 6 Wochen ermittelt (siehe Tabelle 2).<br />

Tabelle 2<br />

Reliabilitätsmaße <strong>für</strong> den Skala zur Erfassung von <strong>Liebesstile</strong>n (Bierhoff & Klein, 1991, S. 65; Bierhoff,<br />

Grau & Ludwig, 1993, S. 20; Hendrick & Hendrick, 1986, S. 397)<br />

---------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Skala Cronbachs Alpha Retest<br />

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)<br />

---------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Eros .88 .87 .87 .70 .86 .68 .74<br />

Ludus .76 .78 .71 .74 .79 .79 .82<br />

Storge .82 .82 .83 .69 .70 .68 .74<br />

Pragma .85 .83 .84 .74 .89 .67 .71<br />

Mania .80 .82 .84 .72 .79 .68 .70<br />

Agape .90 .87 .89 .83 .83 .81 .81<br />

---------------------------------------------------------------------------------------------<br />

n 1205 339 168 567 50 209 55<br />

---------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Anmerkungen. 1) Gesamtstichprobe von Bierhoff et al. (1993). 2) Gesamtstichprobe von Bierhoff und<br />

Klein (1991). 3) Replikationsuntersuchung von Bierhoff und Klein (1991). 4) Originalversion mit 42<br />

Items von Hendrick und Hendrick (1986). 5) Retestreliabilität nach 6 Wochen bei Bierhoff und Klein<br />

(1991). 6) Retestreliabilität nach 12 Monaten bei Bierhoff et al. (1993). 7) Originalfassung, Retest<br />

nach 4-6 Wochen.<br />

4.3 Validität<br />

Das Verfahren besitzt inhaltlich-logische Gültigkeit. Aufgrund des faktorenanalytischen Vorgehens bei<br />

der Testkonstruktion ist faktorielle Validität gegeben.


Folgende weitere Ergebnisse verweisen auf die Gültigkeit des Verfahrens (Bierhoff & Klein, 1991;<br />

Bierhoff et al., 1993):<br />

- Zwischen den Skalen finden sich hochsignifikante Mittelwertsunterschiede, während die<br />

Streuungen der Skalen nahezu übereinstimmen (Varianzanalyse mit wiederholten Messungen,<br />

Newman-Keuls-Tests).<br />

- Die Liebesstilsubskalen erweisen sich als abhängige Variablen des Geschlechts: Männer zeigen<br />

höhere Werte in Agape und Ludus, während <strong>für</strong> Frauen in den Subskalen Storge und Mania höhere<br />

Werte auftreten (ein- und mehrfaktorielle Varianzanalysen). Von Bailey, Hendrick und Hendrick<br />

(1987) berichtete Geschlechtsunterschiede werden damit bestätigt.<br />

- Die Intra-Paar-Korrelationen von drei Stichproben von Paaren unterschiedlichen Alters (37 < = n < =<br />

130 Paare) weisen <strong>für</strong> die Skalen Eros (rmax = .54, p < .01), Pragma (rmax = .55, p < .01) und Agape<br />

(rmax = .56, p < .01) hohe Übereinstimmungen auf.<br />

- Zum Alter ergeben sich nur minimale Korrelationen zwischen r = .03 und r = -.14. Aufzeigen lassen<br />

sich jedoch typische Altersverläufe der <strong>Liebesstile</strong>.<br />

- Bei der Retestuntersuchung nach 6 Wochen bei n = 50 Personen wurde wie bei der<br />

Erstuntersuchung auch die Kurzform der Eigenschaftswörterliste (EWL-K; Janke & Debus, 1978) zur<br />

Erfassung des augenblicklichen Befindens vorgegeben. Während die Retestkoeffizienten der<br />

Liebesstilsubskalen mindestens r = .70 erreichen, liegen sie <strong>für</strong> die 14 Unterskalen der EWL-K bei<br />

maximal .43 (Aktivation), überwiegend jedoch sehr viel niedriger. Die sechs Liebesspielskalen und die<br />

14 Befindensskalen weisen untereinander nur wenige signifikante Korrelationen auf, überwiegend<br />

sind es Nullkorrelationen:<br />

i) Ludus/Erregbarkeit: r = .36 bzw. r = .25 zur 1. und 2. Messung (p < .01 bzw. p < .05);<br />

ii) Ludus/Ärger: r = .21 bzw. .29 (p < .10 bzw. p < .05);<br />

iii) Mania/Empfindlichkeit: r = .26 bzw. .36 (p < .05 bzw. p < .01).<br />

Diese Ergebnisse zeigen deutlich die Unabhängigkeit der Liebesstilskalen von der aktuellen<br />

Befindlichkeit.<br />

- Bei n = 137 Personen wurde zusätzlich zu den Liebesstilskalen ein Fragebogen zur Messung der<br />

sozialen Erwünschtheit zur Anwendung gebracht (SDS-CM; Lück & Timäus, 1969). Dabei ergab sich<br />

ein maximaler Zusammenhang von r = .33 (p < .001) zu Agape, während sonst nur Mania Signifikanz<br />

erreichte (r = -.18; p < .05) und die Zusammenhänge sehr gering ausfielen (<strong>für</strong> die Frauen waren sie<br />

etwas deutlicher).<br />

- Unter Einbeziehung der Variablen Alter, Beziehungsdauer und Heirat lässt sich feststellen, "dass die<br />

romantischen und spielerischen Anteile der Liebe in stabilen Beziehungen bzw. in Beziehungen, die<br />

sich durch staerkere Bindung auszeichnen, eine geringere Rolle spielen, während die pragmatischen<br />

und kameradschaftlichen Aspekte sowie die gegenseitige Sorge bei festerer Bindung zunehmen"<br />

(Bierhoff et al., 1993, S. 22).<br />

Weitere Zusammenhänge wurden untersucht zu Variablen wie Zusammenwohnen, Bildungsstand,<br />

Geburtsposition, Vorhandensein und Zahl von Kindern, fester Partner, Anzahl der Partner überhaupt<br />

und im letzten Jahr, Eine-Nacht-Beziehungen, Einschätzung des in der Partnerschaft erlebten Glücks,<br />

Vertrauen und Selbstöffnung, Bindung und Investment, positive und negative Emotionen, Streit,<br />

Zärtlichkeit, Gemeinsamkeit/Kommunikation, Eifersucht und Selbstwertgefühl, Bindungsstile (sicher,


ängstlich-ambivalent, vermeidend), Partnerschaftsprobleme usw. Bei Bierhoff et al. (1993) sind alle<br />

Ergebnisse im Einzelnen und in einer Übersicht zusammengestellt. Insgesamt ergeben sich die<br />

wenigsten Korrelate <strong>für</strong> freundschaftliche Liebe (Storge), während <strong>für</strong> die anderen <strong>Liebesstile</strong> eine<br />

ganze Reihe von Zusammenhängen gefunden werden konnte.<br />

4.4 Normierung<br />

Angegeben werden Mittelwerte und Standardabweichungen sowie Staninewerte <strong>für</strong> Männer und<br />

Frauen verschiedener Altersgruppen auf der Grundlage der bisher untersuchten Stichproben (19-25<br />

Jahre, 26-30 Jahre, 31-54 Jahre; 156 < = n < = 284; N-gesamt = 1 308). Die Repräsentativität wird<br />

eingeschränkt durch die überproportionalen Anteile von Studenten und Personen mit Abitur.<br />

5. Anwendungsmöglichkeiten<br />

Mit dem <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong> lassen sich sechs weitgehend unabhängige<br />

Facetten der Liebe und Zuneigung in heterosexuellen Paarbeziehungen erfassen und in ein<br />

interpersonelles Orientierungssystem <strong>für</strong> die Partnerschaft einordnen. <strong>Liebesstile</strong> sind dabei als<br />

persönliche Vorstellungen von Liebe zu verstehen, die das tatsächliche Verhalten in<br />

Liebesbeziehungen bestimmen. Anwendungen ergeben sich im Bereich von Beratung und Therapie<br />

bei Partnerschaftskonflikten (Ausprägung der <strong>Liebesstile</strong>, Vergleich von Einstellungen und<br />

Erwartungen bei beiden Partnern) oder in der Forschung zum Thema enge Beziehung/Partnerschaft.<br />

6. Kurzfassung<br />

Diagnostische Zielsetzung:<br />

Das <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong> dient der differenzierten Erfassung von Liebe und<br />

Zuneigung in heterosexuellen Paarbeziehungen. Die <strong>Liebesstile</strong> lassen sich als persönliche<br />

Vorstellungen zum Thema Liebe verstehen, die mit dem tatsächlichen Verhalten in<br />

partnerschaftlichen Beziehungen in Zusammenhang stehen. Sie stellen soziale Konstruktionen dar,<br />

die die Partner auf der Grundlage von kulturell vorgegebenen Mustern über ihre Beziehung bilden<br />

und die sich in einem interpersonellen Orientierungssystem verdichten, das mit dem <strong>MEIL</strong> erfasst<br />

werden kann. Das <strong>MEIL</strong> misst sechs Dimensionen der Liebe (romantische, spielerische,<br />

freundschaftliche, pragmatische, leidenschaftliche und altruistische), die sich aus theoretischen und<br />

empirischen Analysen ableiten lassen und die voneinander relativ unabhängig sind. Insgesamt kann<br />

davon ausgegangen werden, dass ein weites Spektrum von interpersonellen Einstellungen in<br />

Paarbeziehungen Berücksichtigung findet. Anwendungsmöglichkeiten bestehen in der Beratung und<br />

Therapie bei Partnerschaftskonflikten sowie in der Forschung zum Thema enge<br />

Beziehung/Partnerschaft.<br />

Aufbau:<br />

Der Fragebogen besteht aus 6 Skalen mit jeweils 10 Items. Für die Durchführung des Fragebogens<br />

stehen Versionen <strong>für</strong> Männer und Frauen zur Verfügung, die sich nur durch den Bezug auf die<br />

Partnerin bzw. den Partner unterscheiden. Die Items werden in der Reihenfolge romantische,<br />

spielerische, freundschaftliche, pragmatische, besitzergreifende und altruistische Liebe vorgegeben.


Die Antworten werden auf einer 9-stufigen Skala erhoben, wobei höhere Werte größere Zustimmung<br />

bedeuten. Die Endpunkte der Skala werden mit "absolut falsch" und "absolut richtig"<br />

gekennzeichnet.<br />

Grundlagen und Konstruktion:<br />

Die theoretische Grundlage <strong>für</strong> das <strong>MEIL</strong> bildet die Theorie der <strong>Liebesstile</strong> von Lee (1973), der aus<br />

Inhaltsanalysen und Interviews drei primäre <strong>Liebesstile</strong> und aus Kombinationen daraus drei weitere<br />

sekundäre <strong>Liebesstile</strong> ableiten konnte:<br />

Primäre <strong>Liebesstile</strong>:<br />

(1) Romantische Liebe (Eros): Unmittelbare Anziehung durch eine Person des anderen Geschlechts<br />

mit physiologischer Erregung und sexuellem Interesse ("to see her is to love her");<br />

(2) Spielerische Liebe (Ludus): Liebe als Spiel mit verschiedenen Partnern, gekennzeichnet durch<br />

Verführung und die Idee der sexuellen Freiheit;<br />

(3) Freundschaftliche Liebe (Storge): Liebe als Resultat einer engen, länger dauernden Freundschaft,<br />

ohne sehr intensive Gefühle.<br />

Sekundäre <strong>Liebesstile</strong>:<br />

(4) Besitzergreifende Liebe (Mania; aus Eros und Ludus kombiniert): Liebe als alles beherrschendes<br />

Gefühl, das den Partner idealisiert und ihm wenig Freiraum lässt;<br />

(5) Pragmatische Liebe (Pragma; aus Ludus und Storge kombiniert): rationale Partnerwahl;<br />

Zusammenpassen der Partner und gegenseitige Bedürfnisbefriedigung aus realistischen<br />

Zielvorstellungen heraus sind wichtiger als starke Gefühle;<br />

(6) Altruistische Liebe (Agape; aus Storge und Eros kombiniert): Die Sorge um den Partner und das<br />

Bemühen, seine Probleme zu überwinden, stehen im Mittelpunkt.<br />

Empirische Prüfung und Gütekriterien:<br />

Reliabilität: Für das <strong>MEIL</strong> konnten gute Werte <strong>für</strong> die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha a) der<br />

einzelnen Subskalen ermittelt werden: Romantische Liebe a = .87-.88; Spielerische Liebe a = .71-.78,<br />

Freundschaftliche Liebe a = .82-.83; Pragmatische Liebe a = .83-.85, Besitzergreifende Liebe a = .80-<br />

.84; Altruistische Liebe a = .87-.90 (Bierhoff, Grau & Ludwig, 1993; Bierhoff und Klein, 1991). Die<br />

Retest-Reliabilität nach 6 Wochen liegt bei Werten zwischen r =.70 (Storge) und r =.89 (Pragma)<br />

(Bierhoff und Klein, 1991), nach 12 Monaten zeigen sich noch immer stabile Retest-Koeffizienten von<br />

r = .67 (Pragma) bis r = .81 (Agape). Insgesamt kann damit sowohl die interne Konsistenz, als auch die<br />

Wiederholungsreliabilität als hoch bezeichnet werden.<br />

Interkorrelationen: Die sechs Liebesskalen sind relativ unabhängig voneinander. Die höchsten<br />

Korrelationen treten mit altruistischer Liebe auf. Die Richtung der Korrelation unter den Skalen ist<br />

positiv, außer bei spielerischer Liebe, die in der Tendenz negativ mit den anderen Skalen korreliert.<br />

Validität: Das Verfahren besitzt inhaltlich-logische Gültigkeit. Die Kriteriumsvalidität ist gegeben.<br />

Aufgrund des faktorenanalytischen Vorgehens bei der Testkonstruktion ist zudem eine faktorielle<br />

Validität anzunehmen.<br />

Normen: Angegeben werden Mittelwerte und Standardabweichungen sowie Stanine-Werte <strong>für</strong><br />

Männer und Frauen verschiedener Altersgruppen auf der Grundlage der bisher untersuchten<br />

Stichproben (19-25 Jahre, 26-30 Jahre, 31-54 Jahre; 156 < = n < = 284; N gesamt = 1 308). Die


Repräsentativität wird teilweise durch die überproportionalen Anteile von Studierenden und<br />

Personen mit Abitur in der Gesamtstichprobe eingeschränkt.<br />

7. Bewertung<br />

Das <strong>MEIL</strong> ermöglicht eine differenzierte Erfassung von Liebe und Zuneigung anhand von sechs<br />

Dimensionen. Die sechs Subskalen sind nur gering miteinander korreliert und erfassen somit<br />

weitgehend unabhängige Aspekte der Einschätzung der Liebesbeziehung. Mit lediglich zehn Items<br />

pro Skala handelt es sich bei dem <strong>MEIL</strong> um ein ökonomisches Messinstrument, das schnell bearbeitet<br />

werden kann. Von Bierhoff und Neumann (2000) liegt zudem eine Kurzfassung des <strong>MEIL</strong> vor, bei der<br />

jeder Liebesstil mit fünf Items erfasst wird. Einschränkend ist zu beachten, dass mit diesem<br />

Messinstrument Selbstberichte hinsichtlich der Liebesbeziehung erhoben werden. Allerdings zeigen<br />

experimentelle Ergebnisse unter Verwendung der bogus pipeline, dass der Einfluss der sozialen<br />

Erwünschtheit auf die Beantwortung der Items gering ist (Biehler, Schmohr & Bierhoff, 1995).<br />

8. Literatur<br />

Biehler, M., Schmohr, M. & Bierhoff, H.W. (1995). Merkmale der Partnerwahl und <strong>Liebesstile</strong>:<br />

Erfassung unter Standardbedingungen und bogus pipeline. In O. Güntürkün, R. Guski, C. Walter<br />

& A. Wohlschläger (Hrsg.), Experimentelle Psychologie (S. 30). Regensburg: Roderer.<br />

Bierhoff, H.W., Fink, A. & Montag, E. (1988). Vertrauen, Liebe und Zufriedenheit in<br />

partnerschaftlichen Beziehungen. In W. Schönpflug (Hrsg.), Bericht über den 36. Kongress der<br />

Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Psychologie in Berlin 1988 (Band 1, S. 409-419). Göttingen: Hogrefe.<br />

Bierhoff, H.W., Grau, I. & Ludwig, A. (1993). <strong>Marburger</strong> <strong>Einstellungs</strong>-<strong>Inventar</strong> <strong>für</strong> <strong>Liebesstile</strong>.<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Bierhoff, H.W. & Klein, R. (1991). Dimensionen der Liebe: Entwicklung einer deutschsprachigen Skala<br />

zur Erfassung von <strong>Liebesstile</strong>n. Zeitschrift <strong>für</strong> Differentielle und Diagnostische Psychologie, 12,<br />

53-71.<br />

Bierhoff, H.W. & Neumann, E. (2000). Die Facetten der Liebe. Bild der Wissenschaft Special: Leben,<br />

Liebe, Partnerschaft, 6-9.<br />

Davis, K.E. & Latty-Mann, H. (1987). Love styles and relationship quality: A contribution to validation.<br />

Journal of Social and Personal Relationships, 4, 409-428.<br />

Hendrick, C. & Hendrick, S. (1986). A theory and method of love. Journal of Personality and Social<br />

Psychology, 50, 392-402.<br />

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