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Als Kfz-Mechatroniker nach Japan - handfest-online.de

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28 Arbeiten im Ausland<br />

<strong>Als</strong> <strong>Kfz</strong>-<strong>Mechatroniker</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>Japan</strong><br />

Text: Stefan Rensch | Fotos: Daniel Neumann<br />

Daniel Neumann kommt aus Korschenbroich,<br />

hat sein Abitur in Kleinenbroich gemacht und<br />

arbeitet in Willich. Das klingt auf <strong>de</strong>n ersten<br />

Blick nicht ganz so spannend. Doch Herr<br />

Neumann war in <strong>Japan</strong>. Wie es dazu kam und<br />

was er dort erlebt hat, will er gerne erzählen<br />

und wir haben gerne zugehört.


Daniel in <strong>Japan</strong>...<br />

Die Vorbereitung<br />

Schon von klein auf hat Daniel Neumann (24)<br />

gerne gebastelt, Mo<strong>de</strong>lle von Autos, Eisenbahnen<br />

und Flugzeugen, die geleimt, gesteckt<br />

und schön bemalt wur<strong>de</strong>n. „Die Begeisterung,<br />

etwas selber zu erstellen bzw. zu bauen und es<br />

dann zu nutzen, hat mich schon immer fasziniert.“<br />

Und so machte <strong>de</strong>r Heimwerker sein<br />

Hobby zum Beruf und wur<strong>de</strong> <strong>Kfz</strong>-<strong>Mechatroniker</strong>.<br />

Ausgesucht und genommen wur<strong>de</strong> er<br />

von einer sportiven E<strong>de</strong>lmarke: Porsche. Nach<br />

<strong>de</strong>r Gesellenprüfung, die er als Jahrgangsbester<br />

abgeschlossen hat, wur<strong>de</strong> die Handwerkskammer<br />

Düsseldorf auf ihn aufmerksam<br />

und schlug <strong>de</strong>r Deutsch-<strong>Japan</strong>ischen Gesellschaft<br />

vor, ihn für vier Wochen <strong>nach</strong> <strong>Japan</strong> zu<br />

schicken, was Daniel Neumann wie<strong>de</strong>rum<br />

großartig fand. Um nicht im Kulturschock<br />

orientierungslos durch Pappwän<strong>de</strong> zu mar-<br />

schieren, wur<strong>de</strong> schon im Vorhinein das frem<strong>de</strong><br />

Leben studiert. Neben einer ausführlichen Internet-Recherche<br />

hat Daniel Neumann ein viertägiges<br />

Vorbereitungsseminar in Düsseldorf<br />

absolviert, das ihm Einblicke in die japanische<br />

Kultur, Religion, Wirtschaft und das tägliche<br />

Leben ermöglichte. Die Sprache war dabei eine<br />

<strong>de</strong>r größten Hür<strong>de</strong>n und so wur<strong>de</strong>n täglich<br />

Vokabeln gebüffelt, um notdürftig die grundlegen<strong>de</strong>n<br />

Umgangsformen zu meistern. „Zu-<br />

sätzlich habe ich mir noch ein <strong>Japan</strong>ischbuch<br />

zugelegt, welches auf <strong>de</strong>r Reise mein treuer<br />

Begleiter war.“<br />

Die Arbeit<br />

In Tokio hat Daniel Neumann ein dreitägiges<br />

Praktikum bei „Tokio Toyopet“, einer Toyota-<br />

Nie<strong>de</strong>rlassung, absolviert und die Bereiche<br />

Verkauf, Kun<strong>de</strong>ndienst und Werkstatt durch-<br />

Deutsch-<strong>Japan</strong>ische Freundschaft | Toyota in <strong>Japan</strong>| Fisch für Daniel | Die Kollegen in <strong>Japan</strong><br />

...und sein Schulterblick!<br />

laufen. Und dort hat er auch die kleinen Unterschie<strong>de</strong><br />

zum <strong>de</strong>utschen Service-Verhalten<br />

kennen gelernt: „Im Kun<strong>de</strong>ndienst ist <strong>de</strong>r<br />

Kun<strong>de</strong> wirklich noch König. Er kann genau verfolgen,<br />

was mit seinem Auto geschieht, da er<br />

über einen großen Bildschirm im Verkaufsraum<br />

<strong>de</strong>n Status seiner Reparatur o<strong>de</strong>r Inspektion<br />

an seinem Fahrzeug verfolgen kann. Auch<br />

sonst ist man sehr serviceorientiert und es<br />

wird versucht, <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n bei je<strong>de</strong>m Wunsch<br />

<strong>Japan</strong> Größe: 377.835 km 2 | 127 Millionen Einwohner | Hauptstadt Tokio<br />

<strong>Japan</strong> ist eine Inselkette im Pazifischen Ozean vor <strong>de</strong>r Küste Ostasiens. Obwohl <strong>Japan</strong> aus mehr als 6.800 Inseln besteht, verteilen sich 98% <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s auf die<br />

vier Hauptinseln. <strong>Japan</strong> ist vollständig vom Wasser umgeben und da sich <strong>de</strong>r 3.800 km lange Bogen über mehrere Breitengra<strong>de</strong> streckt, reicht das Klima von kalten<br />

und schneereichen Wintern bis hin zu subtropischen Gegen<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Taifun-Saison können bis zu zwanzig Wirbelstürme jährlich schwere Schä<strong>de</strong>n anrichten.<br />

Es wird angenommen, dass von etwa 10.000 bis 300 v. Chr. Menschen aus Zentralasien, Sibirien und <strong>de</strong>m südpazifischen Raum in das Gebiet <strong>de</strong>s heutigen<br />

<strong>Japan</strong> einwan<strong>de</strong>rten. Die be<strong>de</strong>utsamsten Glaubensformen sind <strong>de</strong>r Shinto, <strong>de</strong>r sich von <strong>de</strong>r japanischen Urreligion herleitet, und <strong>de</strong>r Buddhismus, <strong>de</strong>r im 5. o<strong>de</strong>r<br />

6. Jh. in <strong>Japan</strong> aufkam. Taoismus und Konfuzianismus sind chinesische Einflüsse, die integriert wur<strong>de</strong>n. Das Christentum spielt kaum eine Rolle. Heute ist <strong>Japan</strong><br />

eine <strong>de</strong>r größten Wirtschaftsnationen <strong>de</strong>r Welt.<br />

Interessante Webseiten www.botschaft-japan.<strong>de</strong> Die japanische Botschaft in Deutschland mit vielen Tipps über Stipendien, Wettbewerbe und<br />

Praktika | www.jdzb.<strong>de</strong> <strong>Japan</strong>isch-Deutsches Zentrum in Berlin mit Informationen zum Jugendaustausch | www.jki.<strong>de</strong> <strong>Japan</strong>isches Kulturinstitut in Köln |<br />

www.djg-duesseldorf.<strong>de</strong> Deutsch-<strong>Japan</strong>ische Gesellschaft am Nie<strong>de</strong>rrhein | www.goethe.<strong>de</strong>/ins/jp/tok/<strong>de</strong>in<strong>de</strong>x.htm Goethe-Institut in Tokio<br />

zu helfen.“ In <strong>de</strong>r Werkstatt durfte er seine<br />

Fähigkeiten lei<strong>de</strong>r nicht unter Beweis stellen,<br />

da es entwe<strong>de</strong>r versicherungstechnische Probleme<br />

gab o<strong>de</strong>r weil man ihn einfach nicht<br />

richtig verstand und <strong>de</strong>r einzige, <strong>de</strong>r Englisch<br />

sprach, gleichzeitig <strong>de</strong>r stellvertreten<strong>de</strong><br />

Geschäftsführer war, <strong>de</strong>r aber <strong>de</strong>mentsprechend<br />

wenig Zeit hatte. Das sollte sich in <strong>de</strong>r<br />

zweiten Woche än<strong>de</strong>rn, bei einem Praktikum<br />

29


30 Arbeiten im Ausland<br />

<strong>Japan</strong> heute:<br />

Kimono &<br />

Designerjeans.


in einer kleinen Werkstatt in Tokamachi, einer<br />

Kleinstadt mit ca. 80.000 Einwohnern im<br />

Nordwesten südlich von Nagano. Mehr Zeit<br />

hatte man dort für <strong>de</strong>n jungen Mann aus<br />

Deutschland und als Übersetzer wur<strong>de</strong> flugs<br />

ein Nachbarsjunge angeheuert, <strong>de</strong>m die englische<br />

Sprache nicht ungeheuer war. „Dort durfte<br />

ich seltsamerweise auch mit anfassen und<br />

arbeiten, was mir auch großen Spaß gemacht<br />

hat.“ Und wie sind die japanischen Autos so?<br />

„Zuverlässig und preisorientiert, für mich aber<br />

in <strong>de</strong>r Verarbeitung teilweise ein bisschen<br />

dürftig im Vergleich zu europäischen Marken.<br />

Vielleicht bin ich von Porsche auch einfach nur<br />

ein bisschen verwöhnt.“ Am liebsten arbeitet<br />

Daniel Neumann an Autos, die so alt sind wie<br />

er selbst o<strong>de</strong>r noch älter, die ein eigenwilliges<br />

Fahrverhalten haben, die nicht so direkt reagieren,<br />

wie beispielsweise <strong>de</strong>r Porsche 356 Bj.<br />

’58, mit 60 PS. „Die heutigen Autos sind nur<br />

noch mit elektronischem Motormanagement,<br />

Komfortelektrik so wie allem an<strong>de</strong>ren elektrischen<br />

bzw. technischen Schnickschnack ausgestattet.“<br />

Das Leben<br />

Daniel Neumann hat natürlich die üblichen<br />

Touristenattraktionen besucht, <strong>de</strong>n Kaiserpalast,<br />

<strong>de</strong>n Tokio Tower, das Elektronikviertel<br />

Akihabara, Kyoto mit <strong>de</strong>m alten Kaisersitz Nijo<br />

Castle, diverse Tempel und Schrein-Anlagen,<br />

Himeji Castle, „ein mittelalterliches Schloss<br />

mit einem vergleichbaren Stellenwert wie das<br />

Schloss Neuschwanstein“, Hiroshima, mit <strong>de</strong>m<br />

Frie<strong>de</strong>nsmuseum und <strong>de</strong>r alten, als Mahnmal<br />

erhaltenen Industrie- und Han<strong>de</strong>lskammer.<br />

Doch die japanische Mentalität hat er durch<br />

das U- und S-Bahnfahren und natürlich durch<br />

die Begegnungen in <strong>de</strong>r Arbeitswelt kennen<br />

gelernt. „Manchmal ist <strong>de</strong>r <strong>Japan</strong>er, wie ich<br />

fin<strong>de</strong>, ein wenig umständlich, wenn z.B. <strong>de</strong>r<br />

eine das Getriebe <strong>de</strong>r zweite die Kupplung und<br />

<strong>de</strong>r dritte <strong>de</strong>n Dichtring ausbaut und <strong>de</strong>r Einbau<br />

dann genau wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rsherum geht. In<br />

Deutschland wür<strong>de</strong> diese Arbeit ein einzelner<br />

Mechaniker erledigen.“ Auffallend waren auch<br />

die vielen Kontraste, das Gegensätzliche im<br />

Verhalten und Entäußern <strong>de</strong>r stets freundlichen<br />

Inselbewohner. „In U- und S-Bahnen<br />

herrschte eher Stille, da je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mitfahren<strong>de</strong>n<br />

wohl ein bisschen Ruhe genießen möchte,<br />

aber in Einkaufsstraßen und sonst ist es eher<br />

laut, schrill und grell, wo je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Personen seine Individualität in Kleidung und<br />

Sein ausdrücken möchte. Da kann es dann<br />

schon mal vorkommen, dass eine Überschneidung<br />

von Alt und Neu stattfin<strong>de</strong>t, wenn z.B.<br />

die Mutter im Kimono und die Tochter in <strong>de</strong>n<br />

neusten Designer-Mo<strong>de</strong>n shoppen gehen.“ Von<br />

<strong>de</strong>n kulinarischen Experimenten war Daniel<br />

Neumann begeistert, gab es doch allerhand<br />

Kurioses zu ent<strong>de</strong>cken, jenseits von Eisbein<br />

mit Sauerkraut. „Da ich ein begeisterter<br />

Fischesser bin und auch sonst vor kulinarischen<br />

Grausamkeiten nicht zurückschrecke,<br />

war es ein ganz beson<strong>de</strong>res Erlebnis, mich<br />

durch die japanische Speisekarte zu essen.<br />

Allgemein gesagt wird fast alles gegessen, was<br />

die Natur in und um <strong>Japan</strong> herum so hergibt,<br />

von Blumenblüten über Algen und Seetang,<br />

Deutschland in <strong>Japan</strong> | Der Meister und seine Schüler | Die Schüler <strong>de</strong>s Meisters | Abschlussessen mit Freun<strong>de</strong>n<br />

Wurzeln, Fisch, Qualle, Seeigelinnereien,<br />

Süßkartoffeln und natürlich Reis in allen er<strong>de</strong>nklichen<br />

Varianten, um nur mal einige zu<br />

nennen. Zu meinen persönlichen Favoriten<br />

zählten natürlich Sushi sowie Tenpura (frittiertes<br />

Gemüse, Fisch) und Ramen (Nu<strong>de</strong>ltopf).“<br />

Die Zukunft<br />

Beim Leistungswettbewerb <strong>de</strong>r Handwerksjugend<br />

hat Daniel Neumann erste und zweite<br />

Plätze belegt und eigentlich wollte er die<br />

handwerkliche Ausbildung als praktische<br />

Grundlage für das <strong>nach</strong>folgend geplante Studium<br />

nutzen, „Aber als mir bewusst wur<strong>de</strong>,<br />

dass man auch als Handwerker bzw. im Handwerk<br />

erfolgreich sein kann und Spaß hat, habe<br />

ich meine Pläne umgeworfen und bil<strong>de</strong> nun<br />

mein handwerkliches Geschick und Wissen in<br />

<strong>de</strong>r Meisterschule weiter.“ Und irgendwann in<br />

ferner Zukunft, wenn alles so reibungslos<br />

weiterläuft wie bisher, soll dann auch das<br />

Traumauto vor <strong>de</strong>r Tür stehen: „Porsche GT3 RS<br />

Bj. 04 o<strong>de</strong>r Land Rover Defen<strong>de</strong>r - Gegensätze<br />

ziehen sich an!“ Aber wie war das jetzt mit<br />

<strong>de</strong>m Ausland, das natürlich eine großartige<br />

Erfahrung war, aber kann er sich auch vorstellen,<br />

dorthin auszuwan<strong>de</strong>rn? „Nach <strong>Japan</strong> <strong>de</strong>finitiv<br />

nicht, mal sehen was die Zeit noch alles<br />

so mit sich bringt, und wenn, dann eher <strong>nach</strong><br />

Australien o<strong>de</strong>r Neuseeland. Erstmal die<br />

Meisterschule abschließen und ein bisschen<br />

Geld verdienen. Wenn ich Rentner bin, kann<br />

ich das immer noch.“<br />

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