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Pflegepreis 2009 - Rheinisches Institut für Fort - Landschaftsverband ...

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<strong>Pflegepreis</strong> der LVR- Kliniken<br />

Der <strong>Pflegepreis</strong> der Rheinischen Kliniken wurde erstmalig zu den 40. Bedburger <strong>Fort</strong>bildungstage<br />

2003 als Jubiläumspreis verliehen. Er ist jetzt zu einer dauerhaften Einrichtung<br />

geworden und wurde am 1.April <strong>2009</strong> zum 5. Mal verliehen.<br />

Mit dem <strong>Pflegepreis</strong> der Rheinischen Kliniken wollen wir herausragende Pflegeleistungen<br />

würdigen, Kreativität und Engagement Pflegender fördern und unterstützen sowie eine breitere<br />

Fachöffentlichkeit über Modelle herausragender psychiatrischer Praxis informieren.<br />

Gleichzeitig sollen die eingereichten Projekte zur Nachahmung und Unterstützung eigener<br />

kreativer Pflegeprojekte anregen.<br />

Bewerbungsverfahren:<br />

Für den Preis bewerben können sich einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Teams<br />

aus dem Bereich des Pflege- und Erziehungsdienstes der Rheinischen Kliniken. Die schriftliche<br />

Darstellung sollte folgende Teile beinhalten:<br />

• Angaben zur Person/zum Team, die/das sich um den Preis bewirbt<br />

• kurze Beschreibung des Behandlungsrahmen in dem das Projekt realisiert wird<br />

• Beschreibung der pflegerischen Leistung bzw. des Projektes mit Zielsetzung, Struktur,<br />

Inhalt, Auswertung<br />

• Erfahrungen und evt. Konsequenzen <strong>für</strong> die Zukunft<br />

• Die schriftliche Darstellung sollte sechs DIN A4 Seiten nicht überschreiten und muss<br />

in Maschinenschrift vorgelegt werden (12 Pkt. einzeilig). Die Arbeit kann auch durch<br />

Medien wie Foto-, Ton-, oder Videomaterial ergänzt werden. Sie muss in fünffacher<br />

Ausfertigung vorliegen.<br />

Der Jury gehören an:<br />

• Isolde Schmid-Rüther, stellv. Pflegedirektorin, Rheinische Kliniken Langenfeld<br />

• Jörg Mielke, Pflegedirektor, Rheinische Kliniken Viersen<br />

• Karl Schneider, Qualitätsbeauftragter, IBF, Rheinische Kliniken Köln<br />

• Dr. Susanne Schoppmann. Pflegewissenschaftlerin, Fachkrankenschwester <strong>für</strong><br />

Psychiatrie, Moers<br />

• Christel Wenke, Leiterin der Weiterbildungsstätte <strong>für</strong> psychiatrische Pflege, Neuss<br />

Bewertungskriterien:<br />

• Das Praxisprojekt leistet einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung der Pflege und<br />

Betreuung psychisch kranker Menschen und deren Umfeld.<br />

• Das Projekt verbreitert/ergänzt das Spektrum von Handlungsstrategien psychiatrischer<br />

Pflege und trägt zur Professionalisierung bei<br />

• Das Projekt hat eine pflegefachliche Begründung<br />

• Die Maßnahme wurde geplant, systematisch vorbereitet, umgesetzt und umgesetzt<br />

• Die Maßnahme ist in den Pflegealltag integriert und hat sich bewährt.<br />

Die Geschäftsführung <strong>für</strong> den <strong>Pflegepreis</strong> wird von Frau Christa Neumann, LVR- Akademie<br />

<strong>für</strong> seelische Gesundheit.


<strong>Pflegepreis</strong> der LVR- Kliniken <strong>2009</strong><br />

- 2 -<br />

1. Preis<br />

Pflegetherapeutische Gruppenaktivität „Bauerngarten“ Wie wachsen eigentlich Kartoffeln?<br />

LVR-Klinik Bedburg Hau, Station 15 (Ansprechpartnerin, Renate Wüllenweber,<br />

02821-81 2850)<br />

Das Projekt wird mit minderbegabten Patienten im MRV durchgeführt. Da die unterschiedlichen<br />

Arbeiten immer andere Anforderungen an die Gruppenmitglieder stellen und Gartenarbeit<br />

langzeitig angelegt ist, ergeben sich spezielle Chancen in der Behandlung des Einzelnen<br />

und mit Blick auf das Gruppenklima.<br />

2. Preis<br />

Die Ohrakupunktur nach dem Nada-Protokoll auf einer allgemeinpsychiatrischen Aufnahmestation.<br />

LVR-Klinik Langenfeld Station 5. (Ansprechpartnerin, Frau Hülsen,<br />

02173-102 2605)<br />

Das Projekt beinhaltet die Planung, Durchführung und Auswertung der Ohrakupunktur auf<br />

einer allg. psych. Station. Sie ist dort ein fester Bestandteil des pflegerischen Angebotes und<br />

findet drei mal wöchentlich statt.<br />

Sonderpreis (Christa.Timmermanns@lvr.de)<br />

Der Sonderpreis geht nach Düren, an Frau Timmermanns <strong>für</strong> die Studie zur Überprüfung<br />

der Pflegedokumentationsqualität vor und nach der Einführung rechnergestützter Pflegediagnosen.<br />

Einen Sonderpreis deswegen, weil die Bewertungskriterien nicht ganz auf eine<br />

wissenschaftliche Arbeit passten, denn der <strong>Pflegepreis</strong> der LVR- Kliniken fokussiert an sich<br />

auf innovative Praxismodelle. So trifft z.B. das Kriterium “ Die Maßnahme ist in den Pflegealltag<br />

integriert und hat sich bewährt“ nicht recht auf eine wissenschaftliche Studie zu.<br />

Die Jury war aber der Meinung, dass in indirekter Form die Pflegequalität verbessert wird<br />

und das Qualitätsmanagement fundierte Daten <strong>für</strong> Veränderung hat .Das Hinterfragen des<br />

eigenen Tuns führt immer zur Professionalisierung.<br />

Weitere eingereichte Arbeiten:<br />

Das Lebenspanorama – „Ein Element der Integrativen Therapie in der Nachsorge psychiatrischer<br />

Patienten nach Behandlung in einer allgemeinpsychiatrischen Tagesklinik“<br />

LVR-Klinikum Essen, TK ( Ansprechpartnerin, Waltraud Etse, 0201-8707 350<br />

In der Gestaltung einer Nachsorgegruppe bereichern Instrumente der Integrativen Therapie<br />

das pflegerische Handwerkszeug gestaltet wird. Dargestellt wird insbesondere, wie die Teilnehmer/innen<br />

der Gruppe in ihrem Alltag von dieser eingesetzten Methodik profitieren.<br />

Yoga als eine gesundheitsfördernde Maßnahme auf dem Weg zur Selbstregulation.<br />

LVR-Klinikum Düsseldorf, TK KJP (Ansprechpartnerin, Jutta Behrendt, 0211-922 4550)<br />

Dies ist ein Projekt in der KJP, in dem Jugendliche an Yoga herangeführt werden. Die Jugendlichen<br />

nutzen dieses Gruppenangebot zur Entspannung und Selbstregulierung im stationären<br />

Bereich wie auch außerhalb der Station.<br />

Wachsen mit Wachs. LVR-Klinikum Düsseldorf, Soziale Rehabilitation, Haus 15 (Ansprechpartnerin,<br />

Margarete Schwarz, 0211-922 48 22)<br />

Menschen in der sozialen Rehabilitation brauchen eine sinnvolle Beschäftigung. Aus dieser<br />

Notwendigkeit heraus entstand die „Kerzenwerkstatt“. In diesem Projekt wird aufgezeigt,<br />

welche positivenen Auswirkungen „Arbeit“ auf den psychisch kranken Menschen hat.


Bewerbung um den <strong>Pflegepreis</strong> der LVR Kliniken <strong>2009</strong><br />

Für das Team der Station 15<br />

Abteilung Forensische Psychiatrie IV<br />

LVR Klink Bedburg-Hau<br />

Pflegetherapeutische Gruppenaktivität<br />

„Bauerngarten“<br />

Wie wachsen eigentlich Kartoffeln?<br />

Durchführung Frühjahr/Sommer 2007<br />

Renate Wüllenweber, Pflegerische Stationsleitung


Vorstellung des Hauses<br />

Die Station 15 ist eine geschlossene forensische Station <strong>für</strong> 18 Männer, die gemäß<br />

§ 63 StGB untergebracht sind, mit sozio- und milieutherapeutischem Charakter. Es<br />

werden im Wesentlichen chronisch, erheblich und mehrfach, zum Teil nicht nur<br />

psychisch gestörte beziehungsweise kranke Maßregelpatienten betreut.<br />

Diagnostisch handelt es sich dabei vorwiegend um, im Sinne der ICD-10,<br />

intelligenzgeminderte und zudem verhaltens-, persönlichkeits- beziehungsweise auch<br />

sexuell gestörte, sowie um hebephrene beziehungsweise chronisch-rezidivierend<br />

psychotische Patienten. Oft kommt es vor, dass die aufgeführten Krankheitsbilder in<br />

Mischformen auftreten.<br />

In dem sozio- und milieutherapeutischen Setting sind die Patienten wegen mehr oder<br />

weniger schwerwiegender Delikte untergebracht. Seit längerer Zeit leben 22<br />

Patienten, im Alter von 20 bis 65 Jahren, im Haus.<br />

Betreut werden die Patienten durch ein multiprofessionelles Team bestehend aus 16<br />

Mitarbeitern des Pflege- und Erziehungsdienstes, einer Psychologin, einem<br />

Ergotherapeuten, einer Kreativtherapeutin, einem Sozialarbeiter, einem Diplom-<br />

Pädagogen und einer Ärztin (therapeutische Leitung).<br />

Idee zur pflegetherapeutischen Gruppenaktivität<br />

Der Anstoß und die Idee zur Durchführung der Gruppenaktivität erfolgte durch die<br />

Patienten selbst, beziehungsweise durch die Frage: „Wie wachsen eigentlich<br />

Kartoffeln?“<br />

Im Gespräch mit den Patienten wurde ein reges Interesse, nicht nur an dem Anbau<br />

von Kartoffeln, deutlich.<br />

Planung<br />

Um die Gruppenaktivität durchführen zu können, mussten verschiedene<br />

Überlegungen im Vorfeld angestellt werden:<br />

• Welche Patienten nehmen teil?<br />

• Welche Ziele kann/soll die Gruppe erreichen?<br />

• Zu welcher Tageszeit steht welcher Zeitraum zur Verfügung?<br />

• Wer übernimmt die Betreuung der Gruppe, steht mit ausreichendem<br />

Fachwissen zur Verfügung?<br />

• Welches Material steht aktuell zur Verfügung?<br />

• Gibt es im Stationsgarten einen geeigneten Platz?<br />

Für die Gruppenaktivität meldeten sich 7 Patienten, die alle einer geregelten Tätigkeit<br />

im Rahmen der Arbeitstherapie beziehungsweise der WfbM (Werkstatt <strong>für</strong> behinderte<br />

Menschen) nachgehen. Einer der Patienten war bereits in eine Gartengruppe<br />

integriert.


Ziel war es, den Patienten ein Lernfeld zur Verfügung zu stellen, in dem sie<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben können, Unterstützung einzufordern<br />

beziehungsweise zu erhalten, wo diese erforderlich war und den Austausch von<br />

Erfahrungen untereinander zu fördern. Des Weiteren hatten sie die Möglichkeit<br />

Informationen einzuholen, mit zu entscheiden und Verantwortung zu tragen.<br />

Ein weiteres Ziel war es, durch das Lernen am Modell, der Gruppe die Möglichkeit<br />

zur Freizeitgestaltung und Ideenentwicklung zu geben.<br />

Gemeinsames Ziel sollte die Lösung individueller und kollektiver Aufgaben im<br />

Gruppenverband sein.<br />

Die Betreuung der Gruppenaktivität sollte den aktuellen Ereignissen, den Witterungsverhältnissen,<br />

sowie der Anwesenheit der Teilnehmer angepasst werden.<br />

Die Leitung der Gruppenaktivität erfolgte durch die pflegerische Stationsleitung,<br />

sowie weitere Mitarbeiter des Pflege- und Erziehungsdienstes, die über<br />

entsprechende Kenntnisse im Gemüseanbau und der Blumenpflege verfügten. Als<br />

weitere fachliche Beraterin, stand die therapeutische Stationsleitung zur Verfügung.<br />

Die materielle Ausstattung zur Durchführung der Gruppenaktivität war sehr gering.<br />

Für den geeigneten Standort des „Bauerngartens“ wurde ein Stück der Rasenfläche<br />

des Stationsgartens ausgewählt, wo Licht und Schatten <strong>für</strong> das Gedeihen der<br />

Pflanzen in ausreichendem Maße vorhanden waren.<br />

Planung<br />

In der Planungsphase waren wiederum einige Überlegungen notwendig, um die<br />

Gruppenaktivität durchführen zu können:<br />

• Wie kann die materielle Ausstattung verbessert werden?<br />

• Welches Pflanz- und Saatgut soll und kann kostengünstig besorgt werden?<br />

• Wie kann der ausgesuchte Platz vorbereitet werden und wer kann uns<br />

dabei unterstützen?<br />

• Wie teilen wir die vorbereitete Fläche auf und wie kann jeder Patient seine<br />

Parzelle kennzeichnen?<br />

• Welche Kenntnisse über Pflanzen und deren Wuchseigenschaften sind bei<br />

den teilnehmenden Patienten vorhanden, was muss noch vermittelt<br />

werden?<br />

• Wie soll die Gruppenaktivität dokumentiert werden?<br />

Um die materielle Ausstattung zu verbessern, wurden benötigte Gartengeräte<br />

bestellt.<br />

Pflanz- und Saatgut konnte aus Privatbeständen oder von der Klinikgärtnerei<br />

kostengünstig zur Verfügung gestellt werden. Bei einem gemeinsamen Treffen der<br />

Teilnehmer wurde eine Auswahl des Pflanz- und Saatgutes getroffen und jeder der<br />

teilnehmenden Patienten konnte seine persönliche Auswahl treffen. Hierbei wurde<br />

auf Bekanntes zurückgegriffen, aber auch Pflanzen, die den Teilnehmern unbekannt<br />

waren, wurden ausgewählt.


Der ausgesuchte Platz im Stationsgarten wurde mit Hilfe der AT-Gartengruppe<br />

vorbereitet. Auf einem ca. 3x4 m großen Rasenstück wurde der Rasen abgetragen<br />

und umgegraben.<br />

Dann erfolgte durch die Teilnehmer der Gruppenaktivität das Aufbringen und<br />

unterhacken des Mutterbodens, sowie das Düngen.<br />

Die vorbereitete Fläche wurde in 7 Parzellen aufgeteilt, wobei 6 rechteckige Flächen<br />

von ca. 1,2x1 m entstanden, sowie eine runde Fläche in der Mitte von ca. 1 m<br />

Durchmesser. Zwischen den einzelnen Parzellen wurden schmale Pfade angelegt.<br />

Jeder Teilnehmer suchte sich ein Teilstück aus und kennzeichnete dieses mit einem<br />

wetterfesten Namensschild, welches sowohl mit dem Namen, als auch mit Bildern<br />

der ausgesuchten Gemüse-, Kräuter- und/oder Blumenpflanzen gekennzeichnet war,<br />

da mehrere Teilnehmer der Gruppe des Lesens und Schreibens nicht kundig waren.<br />

Bei einem weiteren vorbereitenden Treffen der Teilnehmer wurden deren Kenntnisse<br />

eruiert und fehlendes Wissen, zum Beispiel über Wuchs- und Pflegeeigenschaften,<br />

vermittelt.<br />

Des Weiteren wurde vereinbart, die Gruppenaktivität photodokumentarisch<br />

festzuhalten und im Rahmen des geplanten Stationsfestes in Form einer Ausstellung<br />

zu präsentieren und das schönste Beet zu prämieren. Die notwendigen Einverständniserklärungen<br />

<strong>für</strong> die Veröffentlichung der Bilder wurden im Planungszeitraum<br />

eingeholt.<br />

Durchführung<br />

Nach Beendigung der vorbereitenden Tätigkeiten pflanzten die Teilnehmer unter<br />

Anleitung der Gruppenleiterin und Mitarbeitern des Pflege- und Erziehungsdienstes<br />

zunächst um alle Parzellen eine Einfassung mit Steckzwiebeln.<br />

Danach wurden gemeinsam die ausgesuchten Sämereien in Reihen ausgesät und<br />

von einigen Teilnehmern Kartoffelsetzlinge gepflanzt. Die Aussaat und das Pflanzen<br />

erfolgten hier schrittweise unter Anleitung. Auch bei den übrigen Pflanzarbeiten<br />

bedurften die meisten Teilnehmer einer ausführlichen Anleitung und Erklärung<br />

hinsichtlich einzelner Handgriffe, der richtigen Saattiefe, des korrekten Reihenabstands<br />

und der Platzierung der Pflanzen. Auf Wunsch der Teilnehmer wurden<br />

auch Gurken, Tomaten, Melonen, Erdbeeren, Zucchini, Kohlrabi, Fenchel, Salat,<br />

Erbsen, Bohnen, Spinat und verschiedene Kräuter, wie Petersilie und Schnittlauch<br />

gepflanzt.<br />

Die Gruppe übernahm selbständig Pflegearbeiten, wie Wässern und Beobachtung<br />

des Beetes auf Schädlingsbefall. Als Gegenmaßnahme wurde das Beet mit einem<br />

Flies gegen Vogelfraß abgedeckt oder gefährdete Pflanzen mit Schneckenkorn<br />

versehen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die gesamte Anbaufläche noch mit<br />

einem Zaun versehen, um die Enten, die sich im Garten eingefunden hatten, von der<br />

Anbaufläche fernzuhalten.<br />

An den Wochenenden wurden die umfangreicheren Pflegearbeiten, wie Unkrautzupfen,<br />

Boden auflockern etc., unter Anleitung oder nach Erläuterung durchgeführt.


Das geerntete Gemüse und die Früchte wurden in der Stationsküche in Kleingruppen<br />

zubereitet und anschließend gemeinsam eingenommen.<br />

Während der regelmäßigen, ein Mal wöchentlich stattfindenden Visiten, fanden die<br />

Tätigkeiten und <strong>Fort</strong>schritte Beachtung und wurden jeweils von den teilnehmenden<br />

Patienten erläutert.<br />

Erfahrungen<br />

Auswirkungen auf die Patienten<br />

• Die gemeinsame Planung und Vorbereitung erfolgte durch die Teilnehmer<br />

ohne Streitigkeiten, trotz der sehr unterschiedlichen Fähigkeiten und<br />

Kenntnisse sowie der geringen Belastbarkeit, insbesondere der<br />

psychotischen Teilnehmer.<br />

• Die Arbeiten erfolgten mit Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft<br />

gegenüber schwächeren Personen.<br />

• Die Teilnehmer übernahmen, ihren Fähigkeiten entsprechend,<br />

Verantwortung.<br />

• Geerntetes Gemüse und Früchte wurden geteilt und zubereitet und der<br />

Unterschied zu dem in der Großküche gekochten Essen wurde<br />

wahrgenommen und geschätzt.<br />

• Die Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten in Kleingruppen wurde als<br />

Kontrast zum Stationsalltag empfunden.<br />

Auswirkungen auf den Stationsalltag<br />

• Der Bauerngarten war Gesprächsthema bei den Patienten untereinander,<br />

in Stationsversammlungen, aber auch an den Arbeitsplätzen außerhalb<br />

des Hauses.<br />

• Bei Abwesenheit der teilnehmenden Patienten übernahmen Patienten, die<br />

nicht außer Haus waren, die Beobachtung der Anbaufläche hinsichtlich der<br />

Pflanzenvernichtung durch anwesende Vögel oder Enten.<br />

• Von den Teilnehmern, aber auch von den nicht teilnehmenden Patienten,<br />

wurden regelmäßig neue Ideen und Vorschläge eingebracht, unter<br />

anderem Neubepflanzungen der abgeernteten Flächen und die Pflege des<br />

restlichen Gartenbereichs.<br />

• Anfallende Arbeiten im Stationsgarten wurden vermehrt von den Patienten<br />

selbst durchgeführt.<br />

• Es zeigten sich deutlich weniger Streitigkeiten der Patienten untereinander,<br />

sie wirkten ausgeglichener und waren stolz auf bereits erzielte Erfolge.<br />

• Die wöchentlich stattfindenden Visiten gaben die Möglichkeit, über Erfolge<br />

Auskunft zu geben und die Arbeiten zu präsentieren.<br />

• Auch im Stationsalltag zeigten sie Bereitschaft, Verantwortung zu<br />

übernehmen und Verständnis aufzubringen. Gemeinsam wurden Defizite<br />

der einzelnen Teilnehmer ausgeglichen.


Dokumentation des Gruppengeschehens<br />

Die schriftliche Dokumentation des Gruppengeschehens erfolgte in der täglichen<br />

Dokumentation, um so über den gesamten Behandlungszeitraum zur Verfügung zu<br />

stehen.<br />

Die Fotodokumentation erfolgte kontinuierlich und fand ihren Höhepunkt in einer<br />

Ausstellung während des Stationsfestes. Hier konnten die Patienten und ihre Gäste<br />

den Ablauf der Gruppenaktivität nachvollziehen.


LVR-KLINIK LANGENFELD:<br />

Die Ohrakupunktur nach dem<br />

NADA-Protokoll<br />

auf der allgemeinpsychiatrischen<br />

Aufnahmestation 5


1. Begründung der Preiswürdigkeit:<br />

Die Ohrakupunktur nach dem NADA-Protokoll wird seit Dezember 2006 auf unserer<br />

allgemeinpsychiatrischen Station drei mal pro Woche angeboten.<br />

Vor allem auf beständige Anfrage unserer Patienten und der eigenen Suche nach<br />

weiteren pflegerischen Angeboten neben der bereits zwei mal wöchentlich<br />

stattfindenden progressiven Muskelrelaxation nach Jakobsen und möglichen<br />

Alternativen zu einer Bedarfsmedikation ( hinsichtlich psychomotorischer Unruhe,<br />

Angstzuständen, psychischer Ausgeglichenheit, Entzugssymptomatik etc.), entschied<br />

sich das gesamte Behandlungsteam <strong>für</strong> die <strong>Fort</strong>bildung und zum Erlangen des<br />

Zertifikats.<br />

Da die Akupunktur überwiegend non verbal und non konfrontativ stattfindet,<br />

erreichen wir eine bessere und schnellere Interaktion und Behandlungsteilnahme in<br />

Bezug auf Patienten, die nicht behandlungseinsichtig bzw. mit anderen Angeboten<br />

überfordert sind.<br />

Im Hinblick auf die zunehmende Anzahl von Patienten mit sog. Doppeldiagnosen<br />

(psychische und suchtspezifische Erkrankung) haben wir ein Angebot etabliert,<br />

welches es ermöglicht, den Pat. direkt in seiner Gesamterkrankung zu behandeln<br />

bzw. eine bereits begonnene Akupunkturbehandlung auf einer Suchtstation, bei<br />

Verlegung, weiterzuführen.<br />

Die bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv. Die Akupunktur wurde und wird von<br />

unseren Patienten sehr schnell angenommen und als sehr nützlich und hilfreich<br />

beurteilt.<br />

Unserer Meinung nach haben wir unsere Zielsetzung erreicht und haben ein<br />

kontinuierliches Angebot geschaffen, welches z. Zt. einmalig in unserer Klinik und,<br />

nach unserem Kenntnisstand, wenig in anderen Kliniken verbreitet ist ( in Bezug auf<br />

eine allgemein psychiatrische Aufnahmestation).<br />

1


2. Beschreibung des Behandlungsteams, der Station und des Patientenklientel:<br />

Die Station 5 ist eine fakultativ geschlossene allgemeinpsychiatrische<br />

Aufnahmestation <strong>für</strong> den Einzugsbereich Mettmann (Langenfeld, Hilden, Haan,<br />

Erkrath, Mettmann).<br />

Die stationäre Bettenkapazität beträgt 23.<br />

Für max. 3 Patienten bieten wir eine teilstationäre Behandlung an.<br />

Wir behandeln männliche und weibliche Patienten im Alter von 18 bis 60 Jahren,<br />

die überwiegend an Depression, Manie, Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen<br />

leiden.<br />

Für kurzfristigen Krisenintervention weiblicher Patienten steht ein Krisenbett zur<br />

Verfügung.<br />

Außerdem sind wir <strong>für</strong> die Behandlung von forensischen Patienten in der Abteilung<br />

Psych. 2 zuständig.<br />

Unser multiprofessionelles Team besteht aus 13 Pflegekräften, 2 Stationsärzten, 1<br />

Oberärztin und 1 Chefarzt, 1 Sozialarbeiter und 1 Ergotherapeuten. Zusätzlich 1<br />

Zivildienstleistender und Krankenpflegeschüler/Innen.<br />

3. Grundlagen des NADA-Protokolls:<br />

3.1 Geschichte/Hintergründe:<br />

Das NADA- Protokoll (= National Acupuncture Detoxification Association) bezeichnet<br />

ein standardisiertes Verfahren der Akupunkturbehandlung. Es wurde in den 70er<br />

Jahren in New York entwickelt von Michael Smith und Mitarbeitern. Anfangs wurde<br />

das Verfahren zur Behandlung von Heroinabhängigen eingesetzt. Die Erfolge waren<br />

so überzeugend, dass die Behandlung als Modell <strong>für</strong> viele andere <strong>Institut</strong>ionen<br />

diente. Heute wird das Nada- Protokoll weltweit in ca. 1500 Programmen eingesetzt.<br />

Die Erfahrung zeigte, dass die regelmäßige Akupunktur nicht nur<br />

Entzugsbeschwerden und den Suchtdruck verminderte, sondern insgesamt eine<br />

stabilisierende, ausgleichende Wirkung hat. Dies macht man sich bei der Behandlung<br />

von psychiatrischen Patienten, Trauma- und Stressopfern zu Nutze.<br />

2


3.2 Akupunktur – Definition und Entstehung:<br />

Akupunktur bezeichnet das Einbringen von Metallnadeln in anatomisch definierte<br />

Areale eines Organismus, die so genannten Akupunkturpunkte.<br />

Der gezielte Stich stellt ein Mikrotrauma dar, das biochemische und biophysikalische<br />

Reaktionen im Körper in Gang setzt und damit die Selbstheilungskräfte aktiviert.<br />

Diese Vorgänge sind messbar und <strong>für</strong> den Patienten spürbar.<br />

Die Akupunktur ist eine Komponente der Traditionellen Chinesischen Medizin,<br />

der die Vorstellung einer universellen Lebenskraft, genannt Qi, zugrunde liegt,<br />

die Körper, Geist und Seele durchdringt.<br />

Gerät das körpereigene Qi aus dem Gleichgewicht, wird der Mensch geschwächt<br />

und krank.<br />

Akupunktur hilft dem Körper wieder in sein Gleichgewicht zurückzufinden, das<br />

Qi zu regulieren.<br />

Dies wird durch eine Stimulation aller fünf Funktionskreise, in denen das Qi im<br />

Körper kreist, erreicht.<br />

Diese Funktionskreise lassen sich in verschiedenen Körperregionen nachweisen,<br />

z.B. in den Händen, Füßen und Ohren.<br />

Die bei der Ohrakupunktur zu stechenden fünf Punkte Leber, Niere, Lunge, Herz<br />

und Milz stehen <strong>für</strong> jeweils einen Funktionskreis, wobei die Funktionskreise neben<br />

den körperlichen Funktionen auch die emotionalen Prozesse darstellen.<br />

3.3 Detox Tee:<br />

Zur Verstärkung der Akupunkturwirkung wird eine Teemischung gereicht.<br />

Man bezeichnet diese Kräutermischung als „DETOX-Tee“ und sie besteht aus<br />

- Kamille<br />

- Pfefferminz<br />

- Schafgarbe<br />

- Hopfen<br />

und - Helmkraut<br />

Sie wurde zusammen mit der Akupunktur getestet und die Mischung optimiert.<br />

3.4 Indikation:<br />

Diese Art von Akupunktur am Ohr eignet sich <strong>für</strong> alle Menschen, die erheblich unter<br />

• Stress<br />

• Schlafstörungen<br />

• Traumata ( z.B. bei Persönlichkeitsstörungen )<br />

• innerer Unruhe/Anspannung ( z.B. bei Manie, Schizophrenie )<br />

• Ängstlichkeit ( z.B. bei Depression, Wahngedanken )<br />

• Depression<br />

• die unter einer Alkohol- oder Drogenproblematik<br />

leiden.<br />

3


4. Wirkung und Charakteristika des NADA-Protokolls:<br />

Die allgemein stressmindernde, entspannende und angstlösende Wirkung leistet in<br />

folgenden Bereichen einen effektiven Beitrag zur Genesung.<br />

Sie wirkt körperlich und seelisch ausgleichend, stabilisierend und weckt Offenheit <strong>für</strong><br />

innere Prozesse und unterstützt so verbale Therapieformen bzw. schafft Complience.<br />

Die Punkte sind klar definiert:<br />

• Punkt 51: Vegetativum<br />

• Punkt 55: Shen Men<br />

• Punkt 95: Niere<br />

• Punkt 97: Leber<br />

• Punkt 101: Lunge<br />

a) Vegetativum : Punkt 51<br />

„Erdpunkt“, „symathetic point“<br />

Funktionskreis: Milz – Magen<br />

- repräsentiert das sympathische Nervensystem<br />

- Regulation und Ausgleich gestörter vegetativer Funktionen:<br />

beruhigend, entspannend, analgetisch<br />

- günstige Wirkung auf Schwitzen, tränende Augen, Speichelfluss, Darmkrämpfe<br />

- analgetisch<br />

- vasodilatierend<br />

- relaxierend, beruhigend<br />

- angst- und krampflösend<br />

4


) Shen Men: Punkt 55<br />

„Tor des Geistes“ , „Tor zur Seele“, „Feuerpunkt“<br />

Funktionskreis: Herz<br />

- beruhigend, klärend: „klärt den Kopf“, zentriert<br />

- macht wach und aufmerksam, belebend<br />

- Schlaf fördernd<br />

- stärkt den Geist<br />

- mindert Ängstlichkeit und Nervosität , wirkt entspannend<br />

- analgetisch, insbesondere bei Kopf- und Rückenschmerzen<br />

- entzündungshemmend<br />

c) Niere: Punkt 95<br />

„Wasserpunkt“<br />

Funktionskreis: Niere<br />

- reduziert Ängstlichkeit<br />

- stärkt Regenerationsfähigkeit<br />

- belebend bei chronischer Müdigkeit<br />

- „Öffner“ der Niere > es ist „an die Niere gegangen“<br />

- stärkt Lebensenergie und Lebenswillen<br />

- analgetisch, insbesondere Rücken-, Kopf- und Gelenkschmerzen)<br />

- antiallergisch<br />

- Regulation sexueller Funktionen<br />

- günstig wirkend auf funktionelle Störungen der Niere, Nebenniere und Blase<br />

d) Leber: Punkt 97<br />

„Holzpunkt“<br />

Funktionskreis: Leber<br />

Funktion: Beweglichkeit, Entscheidungskraft, Muskelfunktion<br />

- Förderung des freien Flusses der Emotion ( aggressive Funktion<br />

sich wehren und abgrenzen)<br />

- Muskelentspannung<br />

- Regulation von Ärger, Wut und Aggression<br />

- entgiftend<br />

e) Lunge: Punkt 101<br />

„Metallpunkt“<br />

Funktionskreis: Lunge<br />

Funktion: Atmung, Austausch, Loslassen, Abschied nehmen<br />

- Linderung von Entzugssymptomen<br />

- Förderung der Alkoholausscheidung über die Atemwege<br />

- Beschleunigung der Entgiftung<br />

- Förderung von Trauer / Loslassen können<br />

- antidepressiv<br />

- schmerzlindernd<br />

5


5. Formale Organisation:<br />

• Die Patienten werden im Rahmen des pflegerischen Aufnahmegespräches<br />

bzw. im Verlauf ihrer Behandlung über das Therapieangebot informiert.<br />

• Bei Interesse und gegebener Indikation werden die Patienten vom Pflegeteam<br />

über die Ohrakupunktur aufgeklärt und erhalten zusätzlich ein<br />

Aufklärungsbogen inklusive Einverständniserklärung (s. Anlage 1 und 2).<br />

• Zusammen mit dem behandelnden Arzt wird die Indikation überprüft und die<br />

Zustimmung <strong>für</strong> die Durchführung eingeholt.<br />

• Die Patienten haben die Möglichkeit, an einer Akupunktursitzung probeweise<br />

teilzunehmen, ohne sich selbst akupunktieren zu lassen.<br />

Dies wirkt positiv auf Patienten, die zunächst Bedenken, Ängste, Vorurteile etc. bzgl.<br />

der Akupunktur haben.<br />

6. Ablauf der Ohrakupunktur:<br />

Es werden, ca. 2 mm tief, 5 sehr feine, speziell <strong>für</strong> die Akupunktur entwickelte Nadeln<br />

in beide Ohrmuscheln gestochen.<br />

• Die Akupunktur findet regelmäßig 3x pro Woche statt (Mo, Mi und Sa jeweils<br />

um 10.30 h).<br />

• Es handelt sich um ein Gruppenangebot.<br />

• Die Gruppengröße liegt zwischen 1-11 Patienten.<br />

• Sie wird von 1 – 2 Pflegekräften (je nach Gruppengröße) durchgeführt.<br />

• Die Akupunktur findet in einem separaten Raum, außerhalb der Station statt.<br />

• Die Nadeln bleiben ca. 30-45 Minuten in den Ohrmuscheln.<br />

• Um die Wirkung zu unterstützen, bieten wir DETOX-Tee an. Zusätzlich wird<br />

die Behandlung von Entspannungsmusik begleitet.<br />

• Während der gesamten Behandlung ist eine Pflegekraft anwesend.<br />

• Im Anschluss an die Akupunktur findet ein freiwilliges kurzes<br />

Reflektionsgespräch statt.<br />

6


7. Zielsetzung:<br />

Im Laufe des Jahres erhält die Abteilung einen finanziellen Bonus, der von den<br />

Stationen individuell genutzt werden kann.<br />

Das gesamte Team hat im Jahr 2005 an der <strong>Fort</strong>bildung zum Thema<br />

Muskelrelaxation nach Jakobsen teilgenommen, um dieses Angebot regelmäßig 2<br />

mal wöchentlich unseren Patienten anbieten zu können.<br />

Das Gruppenangebot fand großen Zuspruch.<br />

Da diese <strong>Fort</strong>bildung von allen Teammitgliedern besucht wurde, waren wir in der<br />

Lage, die PMR immer, auch unabhängig von Urlaubszeiten und Krankheitsausfällen,<br />

stattfinden zu lassen.<br />

Auf Grund dieser positiven Erfahrung suchten wir nach einem weiteren<br />

reizabgeschirmten Angebot, um die Entspannungsfähigkeit unserer Patienten zu<br />

fördern und deren Wohlbefinden zu steigern und entschlossen uns 1 Jahr später die<br />

Ohrakupunktur zu erlernen.<br />

Auch dieses Mal gelang es, das gesamte Team zum gleichen Zeitpunkt an der<br />

<strong>Fort</strong>bildung teilzunehmen zu lassen, was einen hohen organisatorischen Aufwand<br />

beinhaltet.<br />

Nach 32 Unterrichtsstunden Theorie und Praxis, 20 Hospitationsstunden mit<br />

anschließender Prüfung erlangten wir alle das Zertifikat.<br />

Seit diesem Zeitpunkt bieten wir als einzige allgemeinpsychiatrische Aufnahmestation<br />

in der LVR-Klinik Langenfeld kontinuierlich 3 mal wöchentlich die<br />

Ohrakupunktur an, was uns sehr stolz macht.<br />

Für die Zukunft wünschen wir uns ambulante Ohrakupunktursitzungen im Rahmen<br />

einer Überleitungspflege anzubieten, da die Nachfrage, das Angebot auch nach der<br />

Entlassung weiter wahrnehmen zu können, sehr groß ist.<br />

Außerdem können wir uns weiter vorstellen, die Ohrakupunktur auch den Patienten<br />

anzubieten, die sich auf anderen Stationen in Behandlung befinden.<br />

8. Auswertung der Fragebögen:<br />

Um die positive Wirkung unserer Patienten besser zu erfassen und nachzuweisen,<br />

haben wir über den Zeitraum vom 15.09.08 bis 02.12.08 eine Patientenbefragung<br />

und Teilnahmestatistik durchgeführt.<br />

In dem o.g. Zeitraum wurden 55 Termine von insgesamt 307 Patienten / Patientinnen<br />

wahrgenommen. Es wurde nicht erhoben, wie oft ein Patient / Patientin an dem<br />

Angebot teilgenommen hat.<br />

Im Durchschnitt haben 6 TN an einer Gruppensitzung teilgenommen. Die Gruppengrösse<br />

schwankte von 1 – 11 TN.<br />

Der Fragebogen zur Ohrakupunktur wurde von 21 Patienten / Patientinnen ausgefüllt.<br />

7


Anzahl<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

20<br />

0<br />

wirkte entspannend<br />

/ beruhigend<br />

10<br />

wirkte anregend im<br />

positiven Sinn<br />

7<br />

6 6<br />

wirkte Schlaf<br />

fördernd<br />

Auswertung Ohrakupunktur<br />

1<br />

13<br />

bewirkte, dass ich<br />

weniger<br />

Medikamente nahm<br />

19 19<br />

1<br />

hat mir einfach gut<br />

getan<br />

2<br />

würde ich jederzeit<br />

als Angebot wieder<br />

nutzen<br />

Zustimmung: ja<br />

Nicht zugestimmt : nein<br />

RK Langenfeld_Station 5


Evaluation des Projektes „Einführung von<br />

Pflegediagnosen“ in den Rheinischen Kliniken<br />

Düren<br />

Eine deskriptive Studie zur Überprüfung der Pflegedokumentationsqualität vor und<br />

nach der Einführung rechnergestützter Pflegediagnosen<br />

durchgeführt von:<br />

Christa Timmermanns BSc<br />

Krankenschwester an den Rheinischen Kliniken Düren<br />

begleitet durch die<br />

Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

August 2008


Zusammenfassung<br />

Zusammenfassung<br />

Ob die Erhebung von Pflegediagnosen zu einer Qualitätsverbesserung in der Pflege führt,<br />

wird in der Literatur vielfach diskutiert. Die Rheinischen Klinken Düren haben durch das<br />

Projekt „Einführung von Pflegediagnosen“ ihre Pflegedokumentation von zuvor frei for-<br />

mulierter und in Papierform dokumentierter Pflegeplanung auf nun rechnergestützte Pfle-<br />

gediagnosen der NANDA-Taxonomie 2 umgestellt.<br />

Mittels einer Vergleichsstudie wird der Frage nachgegangen, ob diese Umstellung mit ei-<br />

ner Qualitätsverbesserung der Pflegedokumentation einhergeht. Im Detail werden quantita-<br />

tive und qualitative Aspekte der Pflegedokumente einer Abteilung miteinander verglichen<br />

und Qualitätsveränderungen tendenziell dargestellt.<br />

Methode<br />

Anhand einer ergebnisevaluierenden, deskriptiven Studie mit einem Eingruppen-Prätest-<br />

Posttest-Design werden die Pflegedokumente einer Zufallsstichprobe (n = 20) der Abtei-<br />

lung Forensik I (N = 120) vor der Umstellung mit den Pflegedokumenten einer Zufalls-<br />

stichprobe (n = 20) dieser Abteilung (N = 120) nach der Umstellung auf rechnergestützte<br />

Pflegediagnosen anhand eines standardisierten Erhebungsinstruments miteinander vergli-<br />

chen. Veränderungstendenzen bezogen auf die Qualität der Pflegedokumente werden dar-<br />

gestellt.<br />

Ergebnisse<br />

Die Einführung rechnergestützter Pflegediagnosen führte in der Abteilung Forensik I zu<br />

einer Verbesserung der formalen Vollständigkeit des Pflegeprozesses sowie zu einer Ver-<br />

besserung der Nachvollziehbarkeit, Verständlichkeit und Lesbarkeit der Pflegedokumente.<br />

Die Qualität des Pflegeassessments konnte insgesamt durch die Umstellung verbessert<br />

werden. Die Erwartungen des Patienten an den Krankenhausaufenthalt und die vorhande-<br />

nen Ressourcen werden nach der Umstellung weniger erfasst, bezogen auf diese beiden<br />

Kriterien liegt eine Verschlechterung vor.<br />

Die Evaluation des Pflegeprozesses wird nach der Umstellung häufiger durchgeführt. Die<br />

Adaption des Pflegeprozesses an die aktuelle Situation des Patienten erfolgt nach der Um-<br />

stellung jedoch seltener und insgesamt zu wenig.<br />

Diskussion und Schlussfolgerung<br />

Rechnergestützte Pflegediagnosen können die Qualität der Pflegedokumentation in den<br />

meisten zugrunde gelegten Kriterien verbessern. Die Analyse der Dokumente deckt jedoch<br />

deutliche Schwächen in der Pflegeprozessmethode auf, die auf eine zum Teil mangelnde<br />

individuelle Kompetenz der Pflegenden im Umgang mit dem Pflegeprozess hinweisen.<br />

Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass die wechselnde Verantwortung zwischen den Pfle-<br />

II


Zusammenfassung<br />

genden <strong>für</strong> einen Pflegeprozess zu einem Bruch in der Kontinuität des Pflegeprozesses<br />

führt. Hier besteht ein Handlungsbedarf.<br />

III


Zusammenfassung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Zusammenfassung ......................................................................................................... II<br />

1 Einleitung ............................................................................................................. 1<br />

2 Konzeptteil ........................................................................................................... 2<br />

2.1 Pflegerische Leistung ............................................................................................ 2<br />

2.2 Fragestellung ......................................................................................................... 2<br />

2.3 Zielsetzung ............................................................................................................ 3<br />

2.4 Struktur.................................................................................................................. 3<br />

2.5 Ressourcen............................................................................................................. 4<br />

2.6 Evaluation.............................................................................................................. 4<br />

3 Fazit ...................................................................................................................... 4<br />

4 Ausblick in die Zukunft ...................................................................................... 6<br />

IV


1 Einleitung<br />

Der <strong>Landschaftsverband</strong> Rheinland hat im Jahr 2000 beschlossen, in allen ihm angehörigen<br />

Rheinischen Klinken bis 2008 Pflegediagnosen nach der Klassifikation der Nanda 1 -<br />

Taxonomie 2 zu erheben. Mit diesem Beschluss standen die Rheinischen Kliniken Düren<br />

vor dem Problem, dass eine Veränderung notwendig wurde, die nicht innerhalb der Klinik<br />

entwickelt, sondern extern entschieden wurde. Sie haben diesen von außen vorgegebenen<br />

Beschluss mit dem Projekt „Einführung von Pflegediagnosen“ umgesetzt. Die Pflegediag-<br />

nosen wurden zeitgleich mit einem Krankenhausinformationssystem implementiert. Das<br />

Projekt startete 2005 und benötigte bis zur vollständigen Umstellung in allen Bereichen<br />

einen Zeitraum von zwei Jahren. Aus ökonomischer Sicht mussten hier<strong>für</strong> umfassende per-<br />

sonelle und materielle Ressourcen bereitgestellt werden.<br />

Das Thema dieser Arbeit ist die Evaluation des Projektes „Einführung von Pflegediagno-<br />

sen“ <strong>für</strong> die Abteilung Forensik I der RKD 2 in Form einer ergebnisevaluierenden, deskrip-<br />

tiven Studie. Zur Durchführung der Studie wird nur eine Abteilung ausgewählt, da eine<br />

Evaluation des Projektes unter Einbeziehung mehrerer oder aller Abteilungen der Klinik<br />

den zeitlich vorgegebenen Rahmen der Bachelorarbeit sowie die zur Verfügung stehenden<br />

Ressourcen sprengen würde. Zur Durchführung der Studie wurde die Abteilung Forensik I<br />

gewählt, da die Anzahl der dort untergebrachten Patienten 3 vor und nach der Umstellung<br />

gleich groß ist und damit die in der Studie zu vergleichenden Grundgesamtheiten konstant<br />

bleiben.<br />

Die Studie soll nach wissenschaftlichen Kriterien prüfen, ob die Umstellung von zuvor frei<br />

formulierter und in Papierform dokumentierter Pflegeplanung auf nun rechnergestützte<br />

Pflegediagnosen Auswirkungen auf die Qualität der Pflegedokumentation hat.<br />

Aus Sicht der Qualitätssicherung hat diese Problemstellung eine besondere Relevanz.<br />

Durch den hohen Ressourceneinsatz seitens der Klinik und der daraus resultierenden hohen<br />

Strukturqualität ist die Frage nach der Ergebnisqualität des Projektes von besonderer Be-<br />

deutung. Ob die Einführung von Pflegediagnosen zu einer Verbesserung der Prozess- und<br />

Ergebnisqualität und somit zu einer qualitativ besseren Pflege führt, wird in der Literatur<br />

vielfältig diskutiert und bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit. Da die Umstellung auf die<br />

EDV 4 und die Implementierung der Pflegediagnosen zeitgleich umgesetzt wurden, werden<br />

beide in die Studie einbezogen.<br />

1 North American Nursing Diagnoses Association<br />

2 Rheinische Kliniken Düren<br />

3 Das Wort Patient(en) wird im Folgenden sowohl die weibliche als auch die männliche Form verwandt.<br />

4 Elektrische Datenverarbeitung


Konzeptteil<br />

Die Rheinischen Kliniken Düren sind als KTQ 5 -rezertifizierte Klink zu einem kontinuierli-<br />

chen Verbesserungsprozess verpflichtet. Aus der Evaluation des Projektes können notwen-<br />

dige Verbesserungen abgeleitet werden.<br />

Die Idee zur Durchführung der Projektevaluation kommt aus den Reihen der Pflege selber.<br />

Die Berufsgruppe Pflege ist mit dieser Idee an die Betriebsleitung der RKD herangetreten,<br />

die daraufhin der Profession Pflege die offiziellen Auftrag erteilte, das Projekt „Einführung<br />

von Pflegediagnosen“ nach wissenschaftlichen Kriterien zu überprüfen und notwendige<br />

Verbesserungsinterventionen abzuleiten.<br />

2 Konzeptteil<br />

2.1 Pflegerische Leistung<br />

Die pflegerische Leistung der vorliegenden Arbeit liegt darin, dass die Profession Pflege<br />

einen wissenschaftlichen Anspruch an die in der Praxis durchgeführte Pflege stellt. Mit<br />

dem Messen pflegerischer Interventionen nach wissenschaftlichen Kriterien und den dar-<br />

aus abgeleiteten Interventionen zeigt die Berufsgruppe Pflege, dass ihr Handeln begründ-<br />

bar und die Qualität messbar ist. Eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung wird somit<br />

möglich.<br />

2.2 Fragestellung<br />

Welche Qualität weist die Pflegedokumentation vor und nach Einführung rechnergestützter<br />

Pflegediagnosen auf?<br />

Diese übergeordnete Fragestellung untergliedert sich in drei konkrete Forschungsfragen:<br />

F1: Worin unterscheiden sich die Pflegedokumentationen vor und nach Einführung rech-<br />

nergestützter Pflegediagnosen in Bezug auf Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Ver-<br />

ständlichkeit des Pflegeprozesses sowie auf ihre Lesbarkeit?<br />

F2: Worin unterscheiden sich die Pflegedokumentationen vor und nach Einführung rech-<br />

nergestützter Pflegediagnosen bezogen auf die Erfassung der Individualität, des individuel-<br />

len Pflegebedarfs und der individuellen Ressourcen des Patienten?<br />

F3: Worin unterscheiden sich die Pflegedokumentationen vor und nach Einführung rech-<br />

nergestützter Pflegediagnosen bezogen auf die Evaluation des Pflegeprozesses und des<br />

begründeten An- und Absetzens von Pflegeproblemen/Pflegediagnosen?<br />

5 Kooperation <strong>für</strong> Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen<br />

2


Konzeptteil<br />

2.3 Zielsetzung<br />

Untersuchung der Qualitätsmerkmale in der Pflegedokumentation vor und nach der Ein-<br />

führung rechnergestützter Pflegediagnosen in Hinblick auf eine Evaluierung.<br />

Die Analyse erfolgt in Form eines Vergleichs der Pflegedokumentationen vor und nach der<br />

Umstellung.<br />

Gegenstand der Analyse ist nicht die Handlung selbst, sondern die in der Pflegedokumen-<br />

tation abgebildete Handlung.<br />

2.4 Struktur<br />

Zur Überprüfung der Pflegedokumentationsqualität wird eine ergebnisevaluierende, de-<br />

skriptive Studie mit einem Eingruppen-Prätest-Posttest-Design. Dazu wird eine repräsenta-<br />

tive Zufallsstichprobe der Pflegedokumentationen der Abteilung Forensik I, einmal vor<br />

und einmal nach der Einführung rechnergestützter Pflegediagnosen, untersucht. Als Stich-<br />

tag <strong>für</strong> den Prätest wird der 01.06.2005 und <strong>für</strong> den Posttest der 01.06.2007 festgelegt. Die<br />

Umstellung auf IT-gestützte Pflegediagnosen ist hier das so genannte Treatment.<br />

Designskizze<br />

Prätest<br />

Pflegedokumentationsanalyse<br />

einer repräsentativen Stichprobe<br />

Stichtag: 01.06.2005<br />

Treatment<br />

Einführung rechnergestützter<br />

Pflegediagnosen<br />

Zeitraum: 2005 bis 2007<br />

Posttest<br />

Pflegedokumentationsanalyse<br />

einer repräsentativen Stichprobe<br />

Stichtag: 01.06.2007<br />

Für die Datenerhebung wird eine Zeitspanne von je 10 Arbeitstagen <strong>für</strong> zwei Prüfer festge-<br />

legt. Es werden zunächst die Pflegedokumente der Zufallsstichprobe vom 01.06.2005 ana-<br />

lysiert. Hierzu müssen die Papierakten zum Teil in der Abteilung Forensik I und zum Teil<br />

im Archiv beschafft werden. Nach der Analyse der Papierakten erfolgt die Erhebung der<br />

Daten <strong>für</strong> die rechnergestützten Pflegedokumente. Alle Dokumente werden von beiden<br />

Prüfern im Dialog und anhand eines standardisierten Erhebungsinstrumentes überprüft.<br />

Nach Erhebung der Datenlage erfolgt die Auswertung und Darstellung der Ergebnisse.<br />

Die durch die Studie ermittelten Ergebnisse werden mit dem aktuellen in der Literatur dar-<br />

gestellten Forschungsstand, bezogen auf themenrelevante internationale Studien, vergli-<br />

chen.<br />

Die Forschungsfrage können auf Grund dieser Ergebnisse beantwortet werden und not-<br />

wendige Verbesserungsmaßnahmen <strong>für</strong> die Rheinischen Kliniken werden abgeleitet.<br />

3


Fazit<br />

2.5 Ressourcen<br />

Die Rheinischen Klinken Düren stellten <strong>für</strong> die Durchführung der Projektevaluation alle<br />

notwendigen Ressourcen zur Verfügung. Alle weiteren Mittel zur Auswertung und Aufbe-<br />

reitung der Daten und zur Kooperation mit der Hochschule Magdeburg wurden ebenfalls<br />

bereit gestellt.<br />

2.6 Evaluation<br />

Im Rahmen der Projektevaluation wurde ein standardisiertes Erhebungsinstrument modifi-<br />

ziert und steht somit <strong>für</strong> weitere gezielte Qualitätsmessungen zu Verfügung.<br />

Dies ermöglicht es, nach Einsetzung von Verbesserungsinterventionen, die Messung erneut<br />

durchzuführen und so festzustellen, ob die abgeleiteten Verbesserungsmaßnahmen zu einer<br />

kontinuierlichen Qualitätsverbesserung der Pflegedokumentation führen.<br />

Die Möglichkeit weiterer Evaluationen ist somit gewährleistet.<br />

3 Fazit<br />

Die durchgeführte Studie weist eine qualitative Verbesserung der Pflegedokumentation in<br />

17 von 25 zu Grunde gelegten Analysekriterien <strong>für</strong> die Abteilung Forensik I der RKD, er-<br />

zielt durch die Einführung rechnergestützter Pflegediagnosen, nach. In zwei Analysekate-<br />

gorien liegt keine Veränderung vor und in vier Kategorien zeigt sich eine Verschlechterung<br />

der Pflegedokumentationsqualität.<br />

Besonders deutlich zeigt sich die Verbesserung der formalen Vollständigkeit der einzelnen<br />

Schritte im Pflegeprozess, die vor allem durch die Einführung des rechnergestützte Pflege-<br />

system erzielt wird. Die Verbesserung der inhaltlichen Qualität kann auf die Einführung<br />

der Pflegediagnosen der NANDA-Taxonomie 2 zurückgeführt werden.<br />

Obwohl eine Qualitätsverbesserung vorliegt, deckt die durchgeführte Studie dennoch deut-<br />

liche Mängel in der Pflegedokumentation auf.<br />

Der gravierendste Mangel liegt in der fehlenden Prozesshaftigkeit der meisten Pflegedo-<br />

kumentationen. Das auch im Qualitätsmanagement angewandte Arbeiten nach der Pro-<br />

zessmethode wird in der dokumentierten Pflege weitgehend nicht umgesetzt. So weisen die<br />

Ergebnisse der Studie einen fehlenden Bezug vor allem zwischen dem Pflegeassessment<br />

und den Pflegediagnosen auf. Die Pflegediagnose wird in den meisten Fällen nicht aus dem<br />

erhobenen individuellen Pflegebedarf abgeleitet. Weiterhin zeigt sich deutlich der fehlende<br />

Bezug zwischen der Pflegediagnose und dem Pflegeverlauf. Die Eintragungen im Pflege-<br />

verlauf beziehen sich nur selten auf die geplanten Pflegemaßnahmen bzw. auf die Pflege-<br />

4


Fazit<br />

diagnose, und die Auswirkungen von Maßnahmen werden nur in seltenen Fällen dokumen-<br />

tiert. Dies weist auf eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis hin.<br />

Die Evaluation des Pflegeprozesses erfolgt nach der Einführung rechnergestützter Pflege-<br />

diagnosen zwar deutlich häufiger als zuvor, sie wird aber meist nur formal durchgeführt,<br />

und eine Adaption des Pflegeprozesses an die aktuelle Situation des Patienten erfolgt ins-<br />

gesamt nur in sehr geringem Maße.<br />

Diese in allen Analysedimensionen erkennbare fehlende Kontinuität der Prozessmethode<br />

ist zum Teil auf eine fehlende individuelle Kompetenz mancher Pflegenden zurückzufüh-<br />

ren, was durch den aktuellen Forschungsstand bestätigt wird. Weiterhin zeigt sich, dass<br />

ein häufiger Wechsel der Verantwortung der Pflegekräfte <strong>für</strong> den Pflegeprozess sich<br />

nachteilig auf die Pflegedokumentation auswirkt.<br />

Auf Grund der Ergebnisse ist es notwendig gezielte Schulungsinterventionen der Pflegen-<br />

den im Umgang mit dem Pflegeprozess durchzuführen. Die Abteilung „innerbetriebliche<br />

<strong>Fort</strong>bildung“ der RKD bietet diese <strong>Fort</strong>bildungen an. Die Durchführung dieser Schulungen<br />

auf dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse, ist ein erster Schritt zur Umsetzung<br />

des theoretisch gewonnenen Wissens in die Praxis.<br />

Abschließend soll an dieser Stelle noch einmal das in der Einleitung beschriebene Aus-<br />

gangsproblem aufgegriffen werden. Demnach wurde die Entscheidung zur Einführung der<br />

Pflegediagnosen nach der NANDA-Taxonomie 2 vom <strong>Landschaftsverband</strong> Rheinland und<br />

nicht innerhalb der RKD getroffen; dies war somit eine externe Entscheidung. Es können<br />

Verbesserungen nicht von einem Ort außerhalb der Organisation eingeführt werden, sie<br />

müssen innerhalb einer Organisation hervorgebracht werden. Nach der systemischen Or-<br />

ganisationsberatung reagiert ein soziales System, wie die RKD es darstellen, „auf eine In-<br />

tervention von außen in einer Weise, die von den internen Mustern und jeweiligen Zustän-<br />

den des Systems determiniert sind“. Eine von außen vorgegebene Intervention kann in ei-<br />

ner ausgeprägten Unternehmenskultur, wie sie in den RKD herrscht, zu einem Verände-<br />

rungsdruck bei den Mitarbeiten führen. Eine mögliche Reaktion wäre dann die Ablehnung<br />

gegenüber dem Projekt. Diese ablehnende Haltung kann sich zusätzlich neben den be-<br />

schrieben Problemen auch noch einmal auf die Qualität der Pflegedokumentation negativ<br />

auswirken. Scala bringt dies mit dem grundlegenden Paradox therapeutischen Handelns<br />

auf den Punkt.<br />

Dieses lautet:<br />

<br />

Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Projekt „Einführung von Pflegediag-<br />

nosen“ soll dieser Gedanke das Projekt abschließend noch einmal kritisch beleuchten.<br />

5


Ausblick in die Zukunft<br />

4 Ausblick in die Zukunft<br />

Innerhalb des <strong>Landschaftsverband</strong>es Rheinland wird durch die vorliegende Studie erstma-<br />

lig in einer Klinik nach wissenschaftlichen Kriterien evaluiert, ob mit der Einführung rech-<br />

nergestützter Pflegediagnosen eine Qualitätsveränderung einhergeht. Dies kann <strong>für</strong> die Ab-<br />

teilung Forensik I der RKD fundiert nachgewiesen werden.<br />

Auf Grund der Erfahrungen bei der Durchführung der vorliegenden Studie und anhand des<br />

standardisierten Erhebungsinstrumentes bietet sich den Rheinischen Kliniken Düren die<br />

Möglichkeit, diese Veränderungstendenzen auch <strong>für</strong> die Pflegedokumentationen der ge-<br />

samten Klinik zu überprüfen.<br />

Wenn die Ergebnisse einer klinikweiten Messung die gleichen Tendenzen aufweisen, wie<br />

die vorliegende Studie, was zu vermuten ist, dann wäre die Einführung des Pflegesystems<br />

Primary Nursing unter kontrollierten Bedingungen ein Weg, die Qualität der Pflegedoku-<br />

mentation nachhaltig zu verbessern.<br />

Ob eine Qualitätsverbesserung durch das Pflegesystem Primary Nursing dann tatsächlich<br />

erfolgt, könnte wiederum anhand einer Studie gemessen werden. Durch die Erhebung der<br />

Pflegedokumentationsqualität <strong>für</strong> die gesamte Klinik vor der Einführung von Primary Nur-<br />

sing lägen Ergebnisse einer Ist-Analyse vor, die mit einer erneuten Ist-Analyse nach der<br />

Einführung des Pflegesystems verglichen werden könnten.<br />

Den Rheinischen Kliniken Düren bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, gezielte<br />

Schulungsinterventionen durchzuführen, um einen kompetenteren Umgang der Pflegenden<br />

mit dem Pflegeprozess zu erreichen. Mit einer Messung der Pflegedokumentationsqualität<br />

der gesamten Klinik vor dem Start der Schulungsinterventionen wäre es auch hier mit einer<br />

erneuten Messung nach den Schulungsinterventionen möglich zu prüfen, ob solche Inter-<br />

ventionen erfolgreich sind.<br />

Anhand von empirischen Studien in der Praxis, wie auch die vorliegende Arbeit sie dar-<br />

stellt, wird Pflegequalität messbar und gezielt steuerbar. Dies zeigt, dass die mit dem Pfle-<br />

geberuf verbundenen Tätigkeiten nicht wie sie vielfach erscheinen unkonturiert sind son-<br />

dern dass eine Verwissenschaftlichung des Pflegehandelns stattgefunden hat.<br />

6


- Das Lebenspanorama -<br />

„ Ein Element der Integrativen Therapie,<br />

in der Nachsorge psychiatrischer Patienten<br />

nach Behandlung in einer allgemeinpsychiatrischen<br />

Tagesklinik“.<br />

P r o j e k t a r b e i t<br />

vorgelegt<br />

von<br />

Waltraud Etse<br />

Krankenschwester<br />

Soziotherapeutin<br />

45143 Essen<br />

Styrumer Sr. 18<br />

w-etse@arcor.de<br />

Praxisbeispiel: Allgemeinpsychiatrische Tagesklinik<br />

der Rheinischen Kliniken Essen<br />

Wickenburgstraße 23, 45147 Essen<br />

Essen, Dezember 2008<br />

Tel.: 0201-8707-350


1. Einleitung …………………………. Seite 2<br />

1.1. Zu meiner Person…………………… Seite 4<br />

1.2. Vorstellung der Einrichtung.. ……………………… Seite 4<br />

1.3. Zielsetzung der Nachsorge-Gruppe……………….. Seite 6<br />

2. Theorie Seite 7<br />

2.1. Integrative Therapie………………… Seite 7<br />

2.2. Soziotherapie – allgemein…………………. Seite 8<br />

2.3. Soziotherapie in der Integrativen Therapie Seite 8<br />

3. Praxisbeispiel……………………………... Seite 8<br />

3.1. Fragebogen zum Lebenspanorama………………… Seite 8<br />

3.2 Nachbetrachtung…… ……………………………… Seite 10<br />

4. Fazit: Seite 11<br />

4.1. Einblicke – Ausblicke:………………………….. Seite 11<br />

4.2. Persönliches Nachwort:………………………… Seite 11<br />

5. Literaturangabe: Seite 12<br />

6. Anhang: Praxisbeispiel Seite 13<br />

6.1. Zusammensetzung der Gruppe…………….. Seite 13<br />

6.2. Auswahl der Patienten mit Krankheitsbild:……… Seite 13<br />

6.3. Vorstellung des Fragebogens mit Rückmeldung…. Seite 14<br />

2


1. Einleitung:<br />

Patienten, die während eines Klinikaufenthaltes psychotherapeutisch behandelt<br />

werden, haben nach der Entlassung oft Schwierigkeiten, das Erlernte im Alltag<br />

umzusetzen.<br />

Es ist darum <strong>für</strong> den Langzeiterfolg unerlässlich, dass Patienten die Techniken und<br />

Fähigkeiten anwenden, die sie sich in der Therapie angeeignet haben, damit das<br />

Selbstmanagement weiterentwickelt und gestärkt werden kann.<br />

Zudem bestehen oftmals lange Wartezeiten bis zu den ambulanten therapeutischen<br />

Anbindungen bei zu wenig stützendem Umfeld, sodass es recht bald wieder zu<br />

Schwierigkeiten bis hin zu kritischen Situationen führen kann.<br />

Diese Beobachtung konnten wir als Behandlungs-Team in der allgmeinpsychiatrischen<br />

Tagesklinik ebenso bei unseren Patienten machen, sodass ich mit meinem Vorschlag,<br />

eine Nachsorge-Gruppe (im Rahmen meiner Graduierungsarbeit als Soziotherapeutin)<br />

<strong>für</strong> entlassene Patienten aus der tagesklinischen Behandlung anzubieten, positive<br />

Resonanz bekam.<br />

Das Behandlungskonzept in der Tagesklinik stützt sich auf das sog. Vulnerabilitäts-<br />

Stress-Modell.<br />

Patienten sollen gefördert werden, die eigene Erkrankung und deren Folgen sowie die<br />

Bedeutung von Behandlung zu verstehen. Früh-Symptome und krankheitsauslösende<br />

Faktoren sollen erkannt werden und es soll die Fähigkeit zur Bewältigung aktueller<br />

Lebensprobleme wiedererlangt, bestärkt bzw. ausgebildet werden.<br />

Das therapeutische Angebot ist schwerpunktmäßig gruppenorientiert, beinhaltet aber<br />

auch integrative Einzelgespräche mit psychoedukativen, verhaltenstherapeutischen,<br />

klientenorientierten psychodynamischen Elementen.<br />

Als ich im Januar 2005 meine Arbeit als Krankenschwester in der Tagesklinik mit der<br />

am Fritz Perls <strong>Institut</strong> absolvierten soziotherapeutischen Zusatzausbildung aufnahm,<br />

bestand meinerseits die Hoffnung, dass ich Elemente aus der Integrativen Therapie im<br />

Rahmen der Gesprächsgruppe, im sozialen Kompetenztraining und in Einzelgesprächen<br />

einbringen könnte.<br />

Dass ich es dann einsetzen konnte verdanke ich den damaligen Oberärzten, Herrn<br />

Dr. med. Hashemi und Herrn Dr. med. Nyhuis, der Klinikleitung, dem damaligen<br />

Klinikdirektor, Herrn Prof. Dr. med. Gastpar, der Pflegedirektorin Frau Pohl und der<br />

Stationsleitung, Frau Schlebusch sowie dem Team der Tagesklinik.<br />

Davon möchte ich ein Element - das Lebenspanorama – vorstellen:<br />

Das Lebenspanorama ist ein diagnostisches Instrument aus der Integrativen<br />

Therapie nach Petzold/Heinl 1983 (in Rahm 1993 S. 420)<br />

Es wird z. B. eingesetzt als Gesundheits/-Krankheitspanorama, Arbeitspanorama,<br />

Familienpanorama und zur Ressourcenanalyse, zur Wiederentdeckung bzw.<br />

Entdeckung von Talenten, Begabungen und Fähigkeiten.<br />

Es ist eine entwickelte Technik, die die Möglichkeit bietet, verschiedene<br />

themenspezifische Lebenssituationen und Lebensbefindlichkeiten im Lebensganzen<br />

verstehen zu lernen, d.h. dass sie sich retrospektiv auf die Vergangenheit bezieht,<br />

3


aspektiv die Gegenwart ausleuchtet und prospektiv die Zukunft antizipatorisch<br />

vorwegnimmt (Petzold/Orth 1990, S. 624-636).<br />

In der Tagesklinik bzw. in der von mir durchgeführten Nachsorge-Gruppe kam und<br />

kommt das Lebenspanorama als Möglichkeit zur Wiederentdeckung bzw. Entdeckung<br />

von Talenten, Begabungen und Fähigkeiten zur Anwendung.<br />

In der Rückschau werden frühere Lebens-Situationen erinnert und somit Sozialisationseinflüsse<br />

fühlbar, es werden Erinnerungsspuren mit Gefühlen, Stimmungen und<br />

Atmosphären deutlich, aus denen sich durch Selbstbildern und Fremdbildern die<br />

eigene Identität entwickelt hat.<br />

In dieser eigenen Analyse wird erkannt, welche Ressourcen noch vorhanden sind und<br />

zur Verfügung stehen, welche evtl. wieder aufgenommen werden könnten - und<br />

welche nicht.<br />

Es erweitert die Interessenbereiche und bringt einen eigenen Blick „<strong>für</strong> sich“, der zu<br />

mehr Verständnis führt in Bezug auf die eigene Konflikt- und Problemanalyse und<br />

somit hilft, das eigene Konfliktmuster zu verstehen und zudem Hilfestellung bietet <strong>für</strong><br />

mögliche Bewältigungsstrategien.<br />

Dieses autobiographische Gedächtnis – „innere Tagebuch“ - bietet die Grundlage <strong>für</strong><br />

ein sinnvolles Selbstverständnis und hat somit eine identitätsstärkende Wirkung, die<br />

durch den Rückblick auf die eigene Geschichte erfahrbar wird. Es bekräftigt die<br />

Selbstbewertung und trägt auf diese Weise zu Differenzierungsprozessen bei, die<br />

wiederum zu neuen Integrationsleistungen führt und ein Zugewinn an Selbstwert und<br />

Selbstbewusstsein bedeutet und somit zur Stabilisierung beirägt.<br />

1.1. Zu meiner Person:<br />

Kurzbeschreibung:<br />

Seit dem 1.1.1984 in den Rhein. Kliniken Essen als Krankenschwester tätig<br />

davon in der Zeit<br />

von 1984 – 1992 Klinik <strong>für</strong> Psychotherapie und Psychosomatik Essen<br />

von 1992 - 2004 Klinik <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie Essen<br />

auf Stationen mit psychotherapeutischem Schwerpunkt<br />

(von 1990 - 2002) Ausbildungszeit im Bereich „Integrative<br />

Soziotherapie“ am Fritz Perls <strong>Institut</strong> in Hückeswagen<br />

mit erfolgreichem Abschlusskolloquium<br />

seit Jan. 2005 Allgemeinpsychiatrische Tagesklinik der Rheinischen<br />

Kliniken Essen<br />

mit der Zusatz-Ausbildung als Integrative<br />

Soziotherapeutin<br />

1.2. Vorstellung der Einrichtung:<br />

Die Eröffnung der „allgemeinpsychiatrischen Tagesklinik“ der<br />

Rheinischen Kliniken in Essen im Oktober 2004 und die tagesklinische<br />

Behandlung sollten eine Alternative zur vollstationären Therapie werden,<br />

wenn ambulante Therapie (z.B. Hausarzt, Nervenarzt, psychologischer<br />

Psychotherapeut) nicht mehr ausreicht und intensivere Therapieangebote<br />

4


notwendig werden, jedoch der tägliche Kontakt eines psychisch Kranken zu<br />

seinen Angehörigen und zu seinem sozialen Umfeld erhalten bleiben soll.<br />

Wesentliche Vorteile einer tagesklinischen Behandlung liegen in der Möglichkeit,<br />

an der gegenwärtigen Lebenssituation des Patienten anzusetzen,<br />

Bindungen und soziale Kontakte zu erhalten und natürlich auch eine<br />

Kostenreduktion zu erzielen.<br />

Die Tagesklinik bietet sowohl in diagnostischer wie auch therapeutischer<br />

Hinsicht vergleichbare Leistungen wie die vollstationäre Behandlung an<br />

(Pharmakotherapie, Psychotherapie, Soziotherapie sowie die üblichen<br />

medizinischen Leistungen wie Laboruntersuchungen, EKG, EEG, Röntgen<br />

u.s.w.).<br />

Die allgemeinpsychiatrische Tagesklinik der Rheinischen Kliniken Essen<br />

verfügt über 18 Behandlungsplätze.<br />

Die Tagesklinik ist eine 7-Tage-Tagesklinik.<br />

Konzept der Tagesklinik mit Zielsetzung:<br />

Das Behandlungskonzept stützt sich auf das sog. Vulnerabilitäts-Stress-Modell.<br />

Demnach kann sich auf dem Boden genetischer, neurobiologischer und lebensgeschichtlicher<br />

innerer und äußerer Faktoren (somatische und psychische<br />

Entwicklungsschäden) eine sog. Vulnerabilität entwickeln.<br />

Wenn auf eine verletzliche (vulnerable Person) innere und äußere Belastungen<br />

(seelisch/sozialsomatisch) treffen, können diese akuten oder chronischen<br />

Stress auslösen. Bei nicht ausreichender Unterstützung und mangelnden<br />

Stressbewältigungsmöglichkeiten können in deren Folge psychopathologische<br />

Phänomene als Krankheitssymptome auftreten. Diese wiederum haben im<br />

Sinne einer Wechselwirkung Auswirkungen auf die Gesundheit, das Bewältigungverhalten<br />

und die soziale wie berufliche Lebenssituation eines Menschen.<br />

Zielgruppe:<br />

Zielgruppe sind Menschen mit psychischen Erkrankungen aus der Gruppe<br />

affektiver Störungen, Angst-, Zwangs- und somatoforme Störungen, der<br />

Psychosen des schizophrenen Formenkreises und der Persönlichkeits-<br />

Störungen.<br />

Behandlung und Behandlungsbausteine:<br />

Durch eine adäquate Behandlung soll versucht werden, die psychobiologische<br />

Vulnerabilität, die aufgetretene Symptomatik, die eingetretenen psychosozialen<br />

Einschränkungen und Behinderungen durch milieutherapeutische,<br />

psychopharmakologische, psychotherapeutische und psychosoziale Maßnahmen<br />

zu heilen oder zu lindern.<br />

Familienangehörige und andere wichtige Bezugspersonen – wenn gewünscht -<br />

sollen darin unterstützt werden, den Genesungsprozess zu begleiten und die<br />

Wiedereingliederung zu erleichtern.<br />

Milieu-, Ergo-, Bewegungstherapie:<br />

• Tägliche medizinisch-klinische Diagnostik (Morgenrunde, Gruppen-<br />

/Einzelvisite mit wöchentlicher Oberarztvisite<br />

5


• Bezugspflege<br />

• Bewegungstherapie<br />

• Entspannungstraining (musikal.- und Jacobson Entspannung)<br />

• Individuell ausgewählte Ergotherapie sowie Ergotherapie-Projektarbeit<br />

• Soziales Kompetenztraining<br />

• Kognitives Training (Cogpack)<br />

• Gemeinsames Kaffeetrinken<br />

• Hausdienste<br />

• Stationsversammlung<br />

Psychotherapie:<br />

• Psychoedukative Gruppenarbeit zum Verständnis und zur Bewältigung der<br />

Erkrankung<br />

• Skill-Module nach Bedarf (nach M. Linehan )<br />

• Soziales Kompetenztraining<br />

• Kognitiv-behaviorale Therapie therapieresistenter Symptomatik<br />

• Angehörigengespräche<br />

• Integrative Einzelgespräche mit psychoedukativen,<br />

verhaltenstherapeutischen, klientenorientierten psychodynamischen<br />

Elementen<br />

1.3. Zielsetzung der Nachsorge-Gruppe:<br />

Wie schon in der Einleitung dargestellt, wollte ich mit dem Angebot der<br />

Nachsorge-Gruppe, zur weiteren Stabilisierung der Patienten beitragen.<br />

Ein wichtiger Faktor der Stabilisierung des psychischen sowie auch körperlichen<br />

Wohlbefindens ist das soziale Netzwerk, das weiter ausgebaut werden<br />

soll und die Gruppe über die Gruppenerfahrung ein Bewusstsein entwickelt,<br />

welches sich auf die Alltagsbewältigung auswirkt.<br />

Des weiteren wurden während des tagesklinischen Aufenthaltes Erfahrungen<br />

gemacht, dass die Umwelt weitgehend unverändert geblieben ist und es darum<br />

notwendig wird, durch eine kritische Selbstreflexion Fähigkeiten zu entwickeln,<br />

um den Alltag zu meistern und sich mit den gelernten Kompetenzen<br />

auf die reagierende Umgebung einzustellen, sich auseinandersetzen und zu<br />

lernen, sich selbst mit eigenen Verhaltens-Intentionen zu verstehen.<br />

Meine Herangehensweise ist insbesondere durch die „Integrative Therapie“<br />

geprägt, d.h. dass ich mein Beziehungsangebot „ko-respondierend“ im Sinne<br />

der Bezogenheit und Interaktion gestalte, dabei dem Patienten Sympathie und<br />

Verständnis entgegenbringe im Sinne von Ferenczi („ohne Sympathie keine<br />

Heilung“). Dieses bedeutet zunächst, dass ich jeden Patienten versuche da<br />

abzuholen, wo er gerade steht, um mit ihm in einen dialogischen Austausch im<br />

„Hier und Jetzt“ zu kommen (Petzold 1991a, S. 53/54). Im weiteren geht es<br />

darum, dass Grundvertrauen zu stärken, die Identität zu fördern und durch die<br />

gemeinsamen Erfahrungen, das Vertrauen zu den personalen, sozialen und<br />

lebenspraktischen Kompetenzen zu entdecken und weiterzuentwickeln. Dabei<br />

greife ich auf die in der Integrativen Therapie angewandten Interventionen und<br />

Techniken zurück, die durch „gemeinsames Erleben (z. B. im Rollenspiel,<br />

Lebenspanorama sowie den 5 Säulen der Identität in Blick nehmend) und<br />

6


Umsetzen im Lebensalltag“ im weiteren Verlauf auch zur lebenspraktischen<br />

Umsetzung führen soll.<br />

1.4. Zusammensetzung der Gruppe:<br />

Die Gruppenzusammensetzung erfolgte in Absprache mit dem Team - und im<br />

weiteren Verlauf durch Absprache mit den jeweiligen Patienten – wo ich ein<br />

Anschreiben <strong>für</strong> die Patienten entwickelte , in dem die Möglichkeit der Nachsorge-Gruppe<br />

<strong>für</strong> ein 3/4 Jahr festgelegt wurde mit der ausdrücklichen kontinuierlichen<br />

Teilnahme an der Gruppe, den festen Gruppenzeiten und dem<br />

Gruppensetting.<br />

Von den angedachten 10 Patienten nahmen 8 Patienten das Nachsorgegruppen-<br />

Angebot an.<br />

2. Theorie:<br />

2.1.„Integrative Therapie“<br />

Der Name <strong>für</strong> diese Therapieform – das therapeutische Verfahren der<br />

Integrativen Therapie – wurde Ende der 60 Jahre von Hilarion Petzold<br />

entwickelt und geprägt. Es kam im weiteren Verlauf noch Hildegund Heinl<br />

und Johanna Sieper hinzu.<br />

Die staatlich anerkannte Einrichtung der Weiterbildung EAG (Europäische<br />

Akademie <strong>für</strong> psychosoziale Gesundheit und Kreativitätsförderung) in der<br />

Trägerschaft des „Fritz Perls <strong>Institut</strong>“ (FPI, gegründet 1972 – aus dem die<br />

Akademie hervorging) bekam 1982 durch das Land Nordrhein-Westfalen die<br />

staatliche Anerkennung.<br />

2007 konnte die „europäische Akademie <strong>für</strong> soziale Gesundheit (EAG) auf ein<br />

25jähriges Bestehen zurückblicken.<br />

„Der Integrative Ansatz ist keine Kombination oder Aneinanderreihung therapeutischer<br />

Verfahren und Methoden, sondern er sucht in diesen nach spezifischen<br />

und allgemeinen Wirkmomenten und Konzepten, um auf dieser Grundlage<br />

eigenständige, schulenübergreifende Theoriekonzepte und Praxisstrategien<br />

zu entwickeln, in denen die besten Elemente der traditionellen Schulen – sich<br />

wechselseitig ergänzend – einbezogen sind und aus dieser Synergie eine neue,<br />

mehrspektivistische Sicht und ein neuer Weg der Behandlung entstehen kann:<br />

Integrative Therapie (Petzold 1991a, S. 91 - 151)“.<br />

Die an der Europäischen Akademie und am Fritz Perls <strong>Institut</strong> angebotenen<br />

Methoden sind dem neuen Integrationsparadigma in der Psychotherapie,<br />

der Klinischen Psychologie und Gesundheitspsychologie zugehörig und<br />

den Erkenntnissen der Psychotherapieforschung (Baby- und Kleinkindforschung)<br />

und den Neurowissenschaften verpflichtet.<br />

Die Diagnostik am FPI geht von den Phänomenen aus, von dem, was im<br />

Vordergrund steht, was zunächst im „Hier und Jetzt“ gezeigt wird.<br />

Es wird versucht, nicht zu einer festgeschriebenen Diagnose zu kommen,<br />

sondern zum Wahrnehmen, Beschreiben und möglichst ganzheitlichen<br />

Erfassen.<br />

7


2.2. Soziotherapie – allgemeine Erklärung:<br />

Zur Definition: Soziotherapie ist eine nervenärztlich/psychiatrisch verordnete<br />

Unterstützung und Handlungsanleitung <strong>für</strong> chronisch-psychisch Kranke zur<br />

Überwindung krankheitsspezifischer Defizite und daraus entstehender<br />

Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld.<br />

Soziotherapie soll psychisch Kranke dazu befähigen, in möglichst kurzer Zeit<br />

von fremder Hilfe unabhängig zu werden.<br />

Der Gesetzgeber hatte schon früh erkannt, dass psychisch Kranke einer besonderen<br />

Behandlung bedürfen. Die Expertenkommission des Bundesgesundheitsministeriums<br />

hatte schon 1988 die charakteristischen Problembereiche<br />

chronisch psychisch Kranker dargelegt.<br />

Diese bestehen in Kontaktstörungen, dem Verlust sozialer Bezüge, der reduzierten<br />

Fähigkeit, den Lebensalltag eigenständig zu bewältigen, in Einschränkung<br />

der Erwerbsfähigkeit, inadäquatem Hilfesuchverhalten und in<br />

sozialer Isolation mit nachfolgenden Rückfällen.<br />

2.3. Soziotherapie in der Integrativen Therapie:<br />

Soziotherapie – als methodischer Ansatz in der Integrativen Therapie:<br />

Definition: Soziotherapie und psychosoziale Beratung wird verstanden als<br />

theoriegeleitete, planvolle Arbeit mit Menschen in sozialen Systemen und die<br />

Beeinflussung solcher Systeme und Kontexte auf der Mikro- (unmittelbarer<br />

persönlicher Bereich) und Mesoebene (das Milieu mit seinen Werten und<br />

Normen, die soziale Lage mit ihren beruflichen Perspektiven) durch Interventionsmethoden,<br />

die Problemsituationen strukturieren.<br />

Damit sollen die sozialen Fähigkeiten (Kompetenzen) und Fertigkeiten<br />

(Performanzen) von Einzelnen und Gruppen <strong>für</strong> den Umgang mit der<br />

persönlichen und gemeinschaftlichen Lebenswirklichkeit im Sinne ihrer<br />

Bewältigung, aber auch ihrer Gestaltung gefördert und die Möglichkeiten zu<br />

solidarischem Handeln und der Ko-kreativität entwickelt werden.<br />

3. Praxisbeispiel<br />

3.1. Fragebogen zum Lebenspanorama:<br />

Der Einsatztort des Lebenspanoramas kann sowohl in einem Gruppengeschehen<br />

oder aber in einem Einzelgespräch bzw. durch eine Hausaufgabe<br />

erfolgen.<br />

Das Durchsprechen im Anschluss ist dann dringend notwendig.<br />

Wenn ein Patient sein eigenes Lebenspanorama in der Gruppe vorstellt, stellt er<br />

sich selbst, in seiner Lebensgeschichte, vor.<br />

Die Mitpatienten der Gruppe haben dann die Möglichkeit einfühlsame Rückmeldungen<br />

zu geben, Fragen zu stellen oder auch evtl. Parallelen aufzuzeigen,<br />

wodurch sich dann ein gegenseitiger Verständigungssprozess entwickelt.<br />

8


L e b e n s p a n o r a m a:<br />

(Die Lebensweltanalyse/Ressourcenanalyse ist ein diagnostisches Instrument (aus der<br />

Integrativen Therapie nach Petzold/Heinl 1983 – in Rahm 1993, S. 420)<br />

Es geht hier um die Wiederentdeckung bzw. Entdeckung von eignen Ressourcen<br />

T a l e n t e B e g a b u n g e n F ä h i g k e i t e n<br />

und um diese zu<br />

schätzen und zu fördern:<br />

1. L e b e n s v i s i o n en:<br />

Was waren Ihre Wünsche – Vorstellungen – Fähigkeiten – Talente....,<br />

wovon haben Sie geträumt......,<br />

was wollten Sie unbedingt ausprobieren......erlernen........können ....?<br />

2. L e b e n s e n t s c h e i d u n g e n:<br />

welche Ereignisse traten ein.....und Sie mussten einen anderen Weg<br />

wählen...bzw. gehen...,<br />

welche Faktoren waren störend......,<br />

verhinderten,<br />

dass Sie ihre Vorstellungen nicht umsetzen konnten...?<br />

Nehmen Sie sich ein Blatt Papier und bunte Farben/Buntstifte oder eine<br />

geeignete Schreibmöglichkeit. Wählen Sie dann eine ruhige Rückzugsmöglichkeit,<br />

wo Sie in Ruhe ...und ungestört sitzen können.<br />

Als nächstes setzen Sie sich entspannt hin, achten auf Ihren Atem ..und<br />

nehmen über Ihre Atmung Kontakt zu Ihrem Körper auf.<br />

Machen sich bewusst, heute ist Samstag, der...... ich bin soundsoviele Jahre alt<br />

und werde gleich im 7-Jahres-Rhythmus Rückschau halten auf mein Leben.<br />

Was war....bis 7Jahren.....was mit ca. 14 Jahren......was passierte in den<br />

Jahren, als ich 21 Jahre wurde....., wie war es mit 28 Jahren......usw.,<br />

bis Sie zu Ihrem JETZT-ZUSTAND gelangt sind.<br />

Dann blicken Sie in Ihrer Vorstellung auf die n a h e Z u k u n f t<br />

f e r n e Z u k u n f t<br />

jeweils bzgl. Lebensvision .....oder was wird Ihre Lebensentscheidung sein.....?<br />

Es bleibt Ihnen überlassen, in welcher Ausdrucksform Sie Ihre Erfahrungen zu<br />

Papier bringen.<br />

Sie können es aufschreiben...oder auch aufmalen...in verschiedenen<br />

Farben...oder Symbolen mit jeweiligen Beschreibungen...oder eine ablesbare<br />

Kurve aufmalen, ganz, wie Sie es wünschen...oder womit Sie sich am besten<br />

fühlen.<br />

9


Grundsätzliches:<br />

Wenn Sie beim Rückschauhalten in Lebensszenen geraten sollten, die Sie<br />

ängstigen oder belasten ...,schreiben Sie diese nur kurz auf.....und gehen dann<br />

weiter....oder machen ggf. eine Pause bzw. brechen ganz ab und besprechen<br />

dies dann im weiteren mit Ihrer Bezugsperson....Bezugstherapeutin/ten.<br />

Seien Sie liebevoll, behutsam und achtsam mit sich..., versuchen Sie sich zu<br />

verstehen......., wenn Sie Ihre Rückschau gehalten haben.<br />

Seien Sie im Weiteren neugierig auf sich.....und hören in sich hinein, was lockt<br />

Sie jetzt..., was springt sie an..., was ist Ihre Sehnsucht......was sind Ihre<br />

Träume.....und was möchten Sie <strong>für</strong> Ihr Leben unbedingt umsetzen...!!!<br />

---------------------------------------------------<br />

In der Nachsorge-Gruppe hatten alle Patienten bis auf Frau B (die sich nicht in<br />

der Lage fühlte – und wo es kontraindiziert gewesen wäre - weil sie zu instabil<br />

war) und Frau P.( die nur die Ressourcen-Analyse machte) das Lebenspanorama<br />

– Lebensvisionen> Lebensentscheidungen bezogen auf Talente und<br />

Fähigkeiten - durchgeführt.<br />

Dabei machten die Patienten nach anfänglichen Ängsten die Erfahrung, dass<br />

sie sich selbst viel besser im Lebenszusammenhang mit ihren Schwierigkeiten,<br />

aber auch mit ihren Stärken verstehen konnten und zudem herausfanden, dass<br />

neue Energien freigesetzt wurden und so wurde es scheinbar als Herausforderung<br />

gesehen, die sich lohnt.<br />

Patienten zeigten sich zudem bei den Feedbacks gegenseitig auf, dass sie nun<br />

auch den jeweiligen Mitpatienten jetzt viel besser mit seinen Verhaltensweisen<br />

nachvollziehen und begreifen konnten und dass sie ihre Ressourcen<br />

wiederentdecken und sich trauten, diese wieder aufzunehmen.<br />

3.2. Nachbetrachtung:<br />

Aus den Rückmeldungen der Lebenspanoramen ist zu erkennen, wie eindrucksvoll<br />

Patienten sich selbst in frühere Lebenszusammenhängen hineinfühlen<br />

und sich dabei an frühere Gefühle, Stimmungen, Szenen und Atmosphären<br />

erinnern konnten. Es entstand dadurch die Möglichkeit, sich selbst in<br />

der Rückschau neu in den Blick zu nehmen , sich dabei in ihrem Gewordensein<br />

zu verstehen und zu erkennen, wann – wie - und wo sie ihre vernachlässigten<br />

Talente und Fähigkeiten verloren haben aber auch, was sie ihnen früher bedeuteten.<br />

Sie entdeckten somit ihre früheren Ressourcen und waren dann im wieteren<br />

Verlauf sich selbst gegenüber verständnisvoller, selbstbewusster und<br />

selbstsicherer, lernte ihre früheren Fähigkeiten zu schätzen und waren dann in<br />

der Lage, sie wieder aufzunehmen. Es wird dabei deutlich, wie heilsam diese<br />

Rückblicke sind, wie sie dann zur Verstärkung von Vertrauen zu sich selbst<br />

führen und schließlich durch die Rückmeldungen von Mitpatienten zu einem<br />

weiteren Zugewinn an Selbstsicherheit und Selbstvertrauen werden.<br />

10


4. Fazit:<br />

4.1. Einblicke – Ausblicke:<br />

Das Praxisbeispiel dieser Arbeit hat aufgezeigt, dass die aus der Integrativen<br />

Therapie in Einsatz gebrachten Interventionen und Techniken positive<br />

individuelle Veränderungsprozesse bewirkt haben.<br />

Dieses hat sich ganz besonders in den Lebenspanoramen gezeigt bzw.<br />

wurde von den Patienten auch explizit ausgedrückt.<br />

In der Integrativen Therapie durch Hilarion Petzold ist die Beziehung –<br />

„Intersubjektivität „ (Petzold 1991a, S.59) und die Fähigkeit des Menschen,<br />

sich in den anderen hineinzuversetzen – „Empathie“, in seine Haut zu<br />

schlüpfen und während der Dauer des Tausches die Welt aus seiner Sicht zu<br />

erleben (Rahm .a., 1993, S. 81) ein bestehender Bestandteil und findet sich in<br />

den Interventionen und Techniken wieder.<br />

Die im Gruppenverlauf entstandenen intersubjektiven Austauschprozesse<br />

hatten eine identitätsstärkende Wirkung. Durch das gegenseitige Berührtwerden<br />

entstanden gemeinsame Erfahrungen, die wiederum das gegenseitige<br />

Vertrauen zueinander und das Zutrauen zu sich selbst` und somit das Selbstvertrauen<br />

verstärkte. Es wurde die Erfahrung des „sich-gegen-seitig Stützens“<br />

gemacht, (ein Gruppengefühl – ein „Wir“ hatte sich entwickelt) die äußeren<br />

Beistände konnten verinnerlicht werden zu „inneren Beiständen“ und diese<br />

verstärkten die Selbstwirksamkeit im Sinne „sich-selber zum Gefährten<br />

werden“ (Stern, D. N. 1985 und in Petzold 1995, Seite 193 - 218).<br />

Diese Erfahrungen hatten wiederum Einfluss auf das Selbstgefühl und führten<br />

zu mehr innerer Selbstsicherheit verbunden mit der guten Erfahrung „vom Bild<br />

des Anderen“.<br />

4.2. Persönliches Nachwort:<br />

In den vielen Jahren der soziotherapeutischen Arbeit mit Patienten habe ich<br />

mich immer wieder neu gefragt, was hat wirklich gewirkt - was hat zum<br />

Heilungsprozess beigetragen?<br />

Neben den bekannten Parametern zum Erfassen der Wirkfaktoren bin ich auch<br />

durch persönliche Erfahrungen immer mehr zu der Erkenntnis gekommen, dass<br />

eine gelungene Beziehung als eine heilsame Neu-Erfahrung das Allerwichtigste<br />

war neben dem Gefühl, sich verstanden, akzeptiert und angenommen zu<br />

fühlen.<br />

Natürlich ist und bleibt es subjektiv, sich in den anderen hineinzufühlen, was<br />

aber sicher als positiv erlebt wird, ist der Versuch des Verstehens, das sich „in-<br />

Beziehung-setzen“, der Austausch, um ein besseres Verständnis zu<br />

bekommen, was letztlich dem Verständigungsprozess dienlich ist und das<br />

Gefühl vermittelt, ein wirkliches Interesse am Gegenüber zu haben – offen <strong>für</strong><br />

einen Dialog zu sein, eine verständnisvolle Begleiterin „auf Zeit“ zu sein.<br />

11


5. Literaturangabe:<br />

Ferenczi, S., „Ohne Sympathie keine Heilung“,<br />

S. Fischer-Verlag 1988 – und in Petzold, H. G.. „Integrative Therapie“,<br />

Klinische Praxeologie, Seite 296, 1080, 1181, Bd. II/3.<br />

Junfermann-Verlag, 1993a.<br />

Rahm, Dorothea, Hilka Otte, Susanne Bosse, Hannelore Ruhe-<br />

Hollenbach, „Einführung in die Integrative Therapie,<br />

Seite 81, Intersubjektivität,<br />

Seite 416 - 422 Kreative Medien /Arbeit mit Übergangs- und<br />

Intermediärobjekten,<br />

Junfermann Verlag, 1993.<br />

Seite 416 - 422 Kreative Medien /Arbeit mit Übergangs- und<br />

Intermediärobjekten.<br />

Petzold, H. G., Ilse Orth, „Die neuen Kreativitätstherapien“ Bd. II,<br />

Seite 622 - 637,“ Praxeologie“ Junfermann-Verlag, 1990.<br />

Petzold, H. G., „Integrative Therapie“, Bd. II/1, Klinische Philosophie,<br />

Seite 7, Vorwort,<br />

Seite 52 – 61, „Das Modell der Ko-respondenz als Methode der<br />

Konsensfindung, Konzeptbildung und Vorbereitung von<br />

Kooperation<br />

Seite 91 – 151, „Konzepte zu einer mehrperspektivischen Hermeneutik<br />

leiblicher Erfahrung und nicht-sprachlichen Ausdrucks in der<br />

Integrativen Therapie.<br />

Seite 52 – 61, „Das Modell der Ko-respondenz als Methode der<br />

Konsensfindung, Konzeptbildung und Vorbereitung von<br />

Kooperation.<br />

Stern, D. N., „Die Lebenserfahrung des Säuglings“,<br />

Klett-Cotta 1992 – und in Petzold, H. G, 1995,<br />

„Die Kraft liebevoller Blicke“, Seite 193 - 218,<br />

Junfermann - Verlag<br />

12


6. Anhang: Praxisbeispiel<br />

6.1. Zusammensetzung der Gruppe<br />

Die Gruppenzusammensetzung erfolgte in Absprache mit dem Team - und im<br />

weiteren Verlauf durch Absprache mit den jeweiligen Patienten – wo ich ein<br />

Anschreiben <strong>für</strong> die Patienten entwickelte , in dem die Möglichkeit der Nachsorge-Gruppe<br />

<strong>für</strong> ein 3/4 Jahr festgelegt wurde mit der ausdrücklichen kontinuierlichen<br />

Teilnahme an der Gruppe, den festen Gruppenzeiten und dem<br />

Gruppensetting.<br />

Von den angedachten 10 Patienten nahmen 8 Patienten das Nachsorgegruppen-<br />

Angebot an.<br />

6.2. Auswahl der Patienten mit Krankheitsbild:<br />

Die in Absprache zusammengesetzte Pat.-Gruppe ergab eine nicht homogene<br />

Pat.-Klientel mit 4 weiblichen und 4 männlichen Teilnehmern in<br />

nachfolgender Reihenfolge:<br />

1.Frau B., 27 Jahre rezidiv. Depressive Störung<br />

ledig, (mittelgrad. Episode)<br />

leitende (ICD10:F33.10)<br />

Schneiderin im emotional instabile Persönlichkeits-<br />

Theater Störung v. Borderline-Typ<br />

(ICD10:F60.31)<br />

57 Tage in der Tagesklinik<br />

2.Herr B., 41 Jahre rezidiv. Depressive Störung<br />

verheiratet (mittelgrad. Episode)<br />

2 Kinder (ICD10F60.10)<br />

12 und 15 Jahre soziale Phobie, ( ICD10:F40.1)<br />

Kaufm. Lehre ängstlich vermeidende<br />

z. Zt. Schichtarbeit Persönlichkeitsstörung (ICD10:F60.6)<br />

schädlicher Gebrauch von Alkohol<br />

(ICD10:F10.1)<br />

46 Tage in der Tagesklinik<br />

3.Frau P., 32 Jahre bipolare affektive Störung, gegenwärtig<br />

ledig schwere depressive Episode mit<br />

berufliche Rehabilitat.- psychotischen Symptomen<br />

Maßnahme (ICD10:F31.5)<br />

72 Tage in der Tagesklinik<br />

13


4. Herr P., 44 Jahre rezidiv. Depressive Störung, gegenwärtig<br />

getrennt lebend mittelgrad. Episode (saisonal bedingte<br />

17jähr. Sohn Depression (ICD10:F33.10)<br />

Polizeikommissar 47 Tage in der Tagesklinik<br />

5.Herr Sch., 30 Jahre rezidiv. Depressive Störung, gegenwärtig<br />

ledig mittelgrad. Episode (ICD10:F33.10)<br />

abgeschloss. Sport- (saisonal abhängige Depression)<br />

Studium 59 Tage in der Tagesklinik<br />

Zusatzausbildung z.<br />

Physiotherapeut.<br />

6.Frau T., 39 Jahre mittelgrad. depressive Episode<br />

Ledig (ICD10:F32.1)<br />

Justizangestellte 65 Tage in der Tagesklinik<br />

7. Frau R., 49 Jahre mittelgrad. depressive Episode<br />

verheiratet (ICD10:F32.10)<br />

2 Söhne 17 u. 21 J. Agoraphobie mit Panikstörung<br />

Steuerfachgehilfin (ICD10:F40.01)<br />

z. Zt. ohne Arbeit soziale Phobie (ICD10:F40.1)<br />

(selbst gekündigt) Alkoholmissbrauch (aktuell schädlicher<br />

Gebrauch) (ICD10:F10.1)<br />

Nikotinabhängigkeit (ICD10.F17.25)<br />

62 Tage in der Tagesklinik<br />

8. Herr W., 29 Jahre rezidiv. Depressive Störung, gegenwärtig<br />

ledig mittelgrad. Episode (ICD10:F33.10)<br />

Werbekaufmann Migräne „on A“ (ICD10:G43.9)<br />

seit 2005 gekündigt Dysthymia (ICD10:F34.1)<br />

berufsrehabilit. 44 Tage in der Tagesklinik<br />

Maßnahme<br />

6.3. Vorstellung des Fragebogens mit Rückmeldung<br />

14


Vorstellung des Lebenspanorama:<br />

Frau T. schildert anschaulich wie schön und idyllisch sie als Kind in einem<br />

villaähnlichen Haus gewohnt und diesen<br />

Status genossen habe bis zum Zeitpunkt der Scheidung ihrer<br />

Eltern. Den Vater habe sie liebevoll in Erinnerung, durch den Umzug<br />

wurde sie nicht nur von ihrem Vater getrennt, sondern auch von ihren<br />

Freunden, mit denen sie bis zur 2. Schulklasse aufgewachsen sei. Sie sei<br />

dann zusammen mit ihrem Bruder zu ihrer Mutter in eine 3 1/2 Zimmerwohnung<br />

nach Essen gezogen. Dort sei sie schnell in die Situation gekommen,<br />

Verantwortung <strong>für</strong> ihren Bruder übernehmen zu müssen ohne<br />

Anerkennung oder liebevolle Zuwendung ihrer Mutter, auch nicht über ihre<br />

guten Leistungen in der Schule.<br />

Sie habe sich Geld über Nachhilfe hinzuverdient und sich dadurch ein<br />

Fahrrad selbst verdient.<br />

Ihr großes Interesse sei Ägypten gewesen, sie wollte Ägyptologie<br />

studieren, was aus finanziellen – aber aus Rücksichtnahme aufgrund von<br />

Verantwortung <strong>für</strong> Bruder und Mutter – nicht realisierbar wurde.<br />

15


Pat. hat sich dann zusammen mit einer Freundin als Verwaltungs-<br />

Angestellte im Gericht beworben, wurde angenommen und fühlte sich<br />

damit dann auch OK.<br />

Pat. nimmt beim Schildern selbst wahr, wie ungerecht oftmals Situationen<br />

waren bzgl. ihres Bruders, der einfach Dinge geschenkt bekam. (Neid<br />

wurde nicht geäußert!)<br />

Pat. gibt weiterhin an, dass sie aus Rücksichtnahme ihrer Mutter gegenüber<br />

nicht aus der gemeinsamen Wohnung auszog, um diese nicht allein zu<br />

lassen.<br />

Pat. reflektiert selbst, dass sie immer gelernt habe, den Blick <strong>für</strong> Andere zu<br />

haben, weg vom eigenen Gefühl, „das sei ein erlernter Modus“.<br />

Es habe dann die 1. Liebe gegeben zu einem Nachbarn, die sich ganz<br />

langsam entwickelt habe, die dann durch sein Studium (er habe sich selbst<br />

verwirklicht) in eine freundschaftliche Beziehung verwandelt habe.<br />

Pat. zeigt auf, dass sie durch frühe Schwierigkeiten finanzieller Art gelernt<br />

habe, zielstrebig und sparsam zu sein. Dass die Arbeit <strong>für</strong> sie viel Raum in<br />

ihrem Leben hatte und dass sie dabei über ihre eigenen Grenzen gegangen<br />

ist, um nicht zu fühlen (Trauer, Ärger etc.):<br />

Sie sei über Anerkennung und Verantwortung geprägt gewesen.<br />

Sie habe dann im Weiteren ihren jetzigen Ehemann kennen gelernt, auch<br />

diese Beziehung habe sich langsam entwickelt.<br />

Durch ihre Überforderungs-Situation habe sich im Sinne des Burnout-<br />

Syndrom ihre Krankheit entwickelt, die sie als Chance erkennt.<br />

Achtet jetzt immer besser auf ihre Grenzen, ist dabei sehr an ihre Gefühle<br />

gekommen, habe Lebens-Sinn und -Freude entwickeln können und gelernt,<br />

sich selbst wichtig zu nehmen.<br />

8. Pat. Herr W. – Lebenspanorama:<br />

16


Vorstellung des Lebenspanorama:<br />

Herr W. gibt an, dass man ihn früher in der Schule „den Reporter“ genannt<br />

habe, weil er viel redete, von den Neuigkeiten berichtete und ihn alles<br />

interessierte.<br />

In der Pubertät sei er dann still und zurückhaltend geworden.<br />

Es gab von Seiten seiner Mutter viele Erwartungen,<br />

er habe sich nicht entscheiden können. Seine Homosexualität<br />

habe er im Kreis seiner Gemeinschaft dann „bunt und aktiv“ auffällig<br />

ausgelebt, was dann aber nicht reichte.<br />

Es entstand der Wunsch nach einer Beziehung, die ihm Halt und Sicherheit<br />

geben sollte in seinem „etwas chaotischen Leben“. Dieses war auch zunächst in<br />

seiner Beziehung der Fall. Inzwischen erlebe er aber seine Beziehung als starr,<br />

rigide und lieblos und fühle sich nicht mehr wohl.<br />

Durch das Aufschreiben im Lebenspanorama sei ihm deutlich geworden, dass<br />

Veränderungen anstehen.<br />

Habe entdeckt, dass er wieder an seine Wünsche und Vorstellungen kommen<br />

muss.<br />

Will niederländisch lernen, plant in geraumer Zeit nach Holland zu gehen und<br />

dort zu leben.<br />

Möchte sich weiter <strong>für</strong> Design interessieren.<br />

Stellt die Überlegung an, allein leben zu wollen, was er noch nie in seinem<br />

Leben geschafft hat, sondern abhängig war.<br />

Pat. 2 Herr B. – Lebenspanorama:<br />

. Vorstellung des Lebenspanorama:<br />

Herr B. schildert, dass er mit 4 Jahren seine Mutter verlor, sein Vater dann mit<br />

ihm umzog in das Haus seiner Großeltern.<br />

Dort habe er oftmals geweint und geschrieen, wenn sein Vater in der Nacht<br />

arbeitete.<br />

Seine Großeltern – Oma – hörte es, ließ ihn aber allein.<br />

Habe damals schon große Ängste gehabt und sich allein gefühlt. Sein Großvater<br />

sei ein strenger und dominierender Mensch gewesen, es habe viel Ärger<br />

zwischen seinem Vater und ihm gegeben. Er habe sich oftmals so<br />

„dazwischen“ gefühlt, aber auch wohl bei seinen Großeltern.<br />

Dann habe sein Vater seine Stiefmutter kennen gelernt, die eine 11-jährige<br />

Tochter mitbrachte, die dann viel Aufmerksamkeit vom Vater bekam.<br />

Er selbst wollte zu ihr und zu seiner Stiefmutter keinen Kontakt haben, dadurch<br />

wurde der Kontakt zum Vater auch weniger, fühlte sich von ihm alleingelassen.<br />

Hatte auch kaum Kontakt zu Mitschülern.<br />

Begann in Kaufhäusern zu stehlen, fiel auf, bekam zunächst eine Verwarnung,<br />

später eine Anzeige.<br />

In der Schule habe er große Schwierigkeiten gehabt, da<strong>für</strong> habe er aber das<br />

Fußballspielen entdeckt, was vom Großvater gefördert wurde. Er habe dadurch<br />

Anerkennung bekommen.<br />

Mit 15 Jahren war der Beginn von Alkoholkonsum mit Bier und Wodka, es<br />

habe aber auch glückvolle Momente gegeben durch die gute Beziehung zum<br />

Großvater.<br />

17


Dieser sei ein Mann mit Einfluss im Ort gewesen, er habe auch über ihn die<br />

Lehre bei VEBAG vermittelt bekommen, was <strong>für</strong> ihn ein Glücksfall war.<br />

Der Alkoholkonsum wurde jetzt nur noch auf das Wochenende verlegt, dann<br />

aber exzessiv.<br />

Mit 20 Jahren habe er dann seine jetzige Frau kennen gelernt, die einen guten<br />

Einfluss auf ihn hatte.<br />

Er sei jetzt nicht mehr allein gewesen und habe sich von ihr verstanden gefühlt,<br />

jedoch erst nach ca. einem ½ Jahr sei Liebe entstanden. Habe zuvor nur<br />

kurzfristige Beziehungen gehabt, konnte sich nicht entscheiden, sie waren ihm<br />

nicht seriös genug, waren keine Frauen zum Heiraten.<br />

Zu dem Zeitpunkt habe er dennoch immer recht viel getrunken und sein<br />

Großvater sowie seine Familie haben das mit Sorge betrachtet, dann habe ihn<br />

sein Großvater vor die Frage gestellt, ob er Interesse habe ein bald leer<br />

werdendes großes Haus zu kaufen, an dem er sich zu einem Teil beteiligen<br />

wollte unter der Bedingung, dass er keinen Alkohol mehr trinkt und er allein<br />

die Verantwortung <strong>für</strong> das Haus hat. Er habe eine Überlegungszeit bekommen,<br />

sei dann drauf eingegangen und sei somit eine sehr wichtige und gute Entscheidung<br />

<strong>für</strong> sein Leben geworden.<br />

Er habe keinen Alkohol mehr getrunken, in 3 Schichtdiensten hart gearbeitet<br />

und wird das Haus <strong>2009</strong> abgezahlt haben.<br />

Seine 2 Töchter wurden geboren, sind jetzt 13 und 15 Jahre, denen versuche er,<br />

ein guter Vater zu sein.<br />

Zeigt dann auf: „Schule ist nicht alles – ein Ziel haben ist wichtig“. Pat.<br />

schildert im Weiteren, dass seine Ehefrau <strong>für</strong> ihn ein sehr wichtiger Mensch in<br />

seinem Leben ist. Sie gebe ihm Halt und Sicherheit; obwohl es in den letzten<br />

Jahren viel Streit gegeben habe, z. B. wegen unterschiedlicher Erziehungsstile.<br />

Er fühle sich durch die Ängste seiner Ehefrau eingeschränkt, wünschte sich,<br />

dass sie einer Arbeit nachgehen würde, was sie aber zu verhindern weiß.<br />

Dennoch liebe er seine Frau wenngleich er auch manchmal das Gefühl des<br />

„Nebeneinanderher-lebens“ habe, im Moment sei es wieder besser.<br />

Er hoffe, dass er weiter arbeiten kann, damit das Haus bezahlt wird und dass er<br />

gesund bleibt, um noch sein Leben mit seiner Familie genießen zu können.<br />

4. Pat. Herr P. – Lebenspanorama:<br />

Vorstellung des Lebenspanorama:<br />

Herr P. schildert eindrücklich, dass er nicht das werden konnte, was er wollte.<br />

Sein Vater bestand darauf, dass er schon vor Schulbeginn das ABC lernen<br />

musste, er sollte besonders schlau werden, damit er es besser haben würde als<br />

er. Ihm habe das keinen Spaß gemacht, er erinnere sich noch daran, dass er<br />

zum Teil unter Tränen an einer Kinderschultafel stand und das ABC übte.<br />

Für Fehler sei er getadelt, angeschrieen und unter Druck gesetzt worden mit<br />

Sprüchen wie: „Stell dich nicht so an, du kannst das, konzentriere dich“.<br />

Er sei dabei oftmals sehr nervös geworden, habe Ängste gehabt sogar<br />

Versagensängste bekommen.<br />

Es habe diese Dinge immer wieder erleben müssen, sein Vater habe die<br />

Meinung vertreten, dass seine Hausaufgaben verbesserungs-würdig seien, er<br />

musste dann seitenweise aus Pitje Puck Büchern abschreiben, um seine Schrift<br />

zu verbessern.<br />

18


Es habe aber auch zu der Zeit positive Dinge gegeben, er habe sich vom 1.<br />

Schultag in eine Heike verliebt. Diese Verliebtheit hielt 7 Jahre lang an und<br />

war immer ein Grund, warum er gerne in die Schule ging, aus diesem Grund<br />

ging er auf die gleiche weiterführende Schule wie sie.<br />

Er habe mit der Zeit gelernt, Dinge zu tun, um Lob und Anerkennung von<br />

seinen Eltern zu bekommen, er war dann „der Beste“ <strong>für</strong> sie. Insgesamt habe er<br />

dass Gefühl, dass er möglicherweise schon im Vorfeld sich Dinge<br />

zurechtgelegt habe, warum er was gemacht habe, weil er ja wusste, welchen<br />

Bewertungen er unterliegen würde.<br />

So hat es ständige Diskussionen und Kämpfe gegeben, sei es nun wegen seiner<br />

langen Haaren, er wäre ein Zausel und Nichtsnutz, oder wegen Jeans, da habe<br />

er sich dann aber durchgesetzt und war stolz auf seine 1.Wrangler.<br />

Seine Wünsche waren als Kind, dass er Tarzan sein kann, er wollte in den<br />

Dschungel gehen und ein starker Held sein.<br />

Als er eine Art Jugendgruppe gründete, wäre er gerne der Chef gewesen, es<br />

kam aber nicht so.<br />

Er konnte gut klettern und war auch gut in Körperbeherrschung und Turnen. Er<br />

habe gerne Fahrrad gefahren, habe Völkerball und Fußball gespielt, aber sich<br />

ungern geprügelt, da<strong>für</strong> lieber mit Mädchen Glanzbilder getauscht. Im<br />

Weiteren lernte er Gitarre und spielte mit in einer Rockband, träumte davon,<br />

ein bekannter Gitarrist und Sänger zu werden und dadurch Bewunderung zu<br />

bekommen.<br />

Es machte sich aber auch langsam der Wunsch breit, endlich freier leben zu<br />

können und nicht den ständigen Kämpfen und Zwängen unterworfen zu sein,<br />

darum wollte er dann auch von Zuhause ausziehen.<br />

Seine berufliche Ausbildung begann mit 16 Jahren. Er bewarb sich bei der<br />

Polizei, dieser Beruf hatte ihn schon immer gereizt. Außerdem kam er durch<br />

das hohe Anfangsgehalt schnell seinem Wunsch nahe, bei seinen Eltern<br />

auszuziehen. Er ist dann in den mittleren Dienst gegangen, um Kommissar zu<br />

werden.<br />

Privat habe er dann seine Frau kennengelernt, mit ihr sei es im Oktober 2005<br />

nach 19 Ehejahren zur Trennung gekommen; die Trennung sei von seiner Frau<br />

ausgegangen.<br />

Seine Frau habe ihm vorgeworfen, dass es immer mehr emotionale Distanz<br />

gegeben habe und er oftmals gereizt und unzufrieden gewesen sei. Er selbst<br />

habe im Laufe der Zeit immer mehr seine Gefühle zurückgehalten, habe<br />

Schuldgefühle entwickelt die im weiterer zu einer Depression führten.<br />

Herr P. gibt an, dass er im Laufe der Zeit gelernt habe, seine Gefühle immer<br />

besser zuzulassen. Zudem habe er neue Aktivitäten entdeckt, die ihm Freude<br />

machen, wie z. B. Kochen, Malen und Musizieren und kann das Segeln auch<br />

ganz allein genießen.<br />

Möchte einfach noch ganz viel Dinge ausprobieren, sich seinen Wünschen und<br />

Gefühlen überlassen und möchte gesund und aktiv leben, aber besonders das<br />

Gefühl haben und sich selbst den Raum dazu lassen > „ich darf so sein – wie<br />

ich bin“.<br />

. 5. Pat. Herr Sch. – Lebenspanorama:<br />

Vorstellung des Lebenspanorama:<br />

Herrn Sch. schildert, dass Sport schon als Kind seine große<br />

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Leidenschaft war – und ist. Habe Rennsport bereits im Alter von 7 Jahren<br />

begonnen und dieses ca. 14 Jahre ausgeübt. War in dieser Zeit mit sich<br />

zufrieden, hatte Freunde, eine Liebesbeziehung zu einer Frau.<br />

Habe sich auch von seinen Eltern unterstützt gefühlt, war nicht belastet. Auch<br />

als er das Studium „Sport“ aufgenommen habe, sei noch alles gut gegangen,<br />

habe den Abschluss gemacht .Schwierig wurde es, als er dann keine Arbeit<br />

bekam. Habe ein Praktikum in der Klinik sowie den Zivil-Dienst im<br />

Krankenhaus gemacht .Möchte wieder im Sportwesen etwas machen, seine<br />

Wohnung gemütlicher gestalten, wieder mit dem Schreiben anfangen und eine<br />

„Liebesbeziehung“ leben. Freut sich, dass er wieder im Arbeitsleben angekommen<br />

ist, möchte sich evtl. mal selbstständig machen.<br />

Es sei ihm während des Aufschreibens deutlich geworden, dass ihm seine<br />

Ressourcen bewusster sind, dass habe ihm neues Selbstvertrauen gegeben mit<br />

Energiezuwachs.<br />

Wünscht sich <strong>für</strong> die Zukunft Erfolg im Arbeitsleben, wird den Radsport<br />

wieder aufnehmen und möchte eine Familie gründen.<br />

7. Pat. Frau R. – Lebenspanorama:<br />

Vorstellung des Lebenspanoramas:<br />

Frau R. macht deutlich, wie sehr sie durch die Angst beeinflusst war, ihr<br />

Lebenspanorama vorzustellen.<br />

(Dabei gestaltete sie es recht authentisch, nah bei ihren Gefühlen –<br />

berührend, aber durchaus nicht ängstlich wirkend, man hörte ihr spannend<br />

zu.)<br />

Pat. gab an, dass sie schon als Kind Ängste hatte und eine Mutter, die ihre<br />

Ängste nicht annahm, sie sogar lächerlich machte.<br />

Sie habe als Kind die Erfahrung gemacht, dass es sich nicht<br />

lohnt, Wünsche zu äußern. Es wurden ihr stattdessen Dinge übergestülpt, die<br />

ihr dann auch keinen Spaß oder Freude machten. Zudem kam hinzu, dass sie<br />

noch zusätzlich Ärger und Druck bekam, es wurde ihr Dummheit unterstellt.<br />

Sie konnte ihre Berufswahl nicht selber wählen, musste Steuerfachgehilfin<br />

werden, da<strong>für</strong> sei sie richtig, <strong>für</strong> ihren Berufswunsch jedoch zu dumm.<br />

Sie habe dann später die Fachschulreife nachgeholt, stellt sich dann selbst die<br />

Frage: „Da war ich dann ja doch nicht zu dumm“.<br />

Hat dann ihren Ehemann kennengelernt, kann selbst sagen, dass es eine Flucht<br />

war, von Zuhause wegzukommen.<br />

Habe nie wirklich allein gelebt und sich dann auch von ihm<br />

bestimmen lassen.<br />

Dann sind ihre Kinder gekommen, Pat. hat nebenbei hinzuverdient, der<br />

Ehemann machte ein Studium.<br />

Sie kann sehen, dass sie selbst auf der Strecke geblieben ist.<br />

Es habe dann mal einen Flirt mit einem Mann aus dem Freundeskreis gegeben,<br />

der jedoch nicht weiter intensiviert wurde. Sie habe es allerdings ihrem Ehemann<br />

gesagt, woraufhin ein großer Konflikt entstand. Er habe ihr Schuldgefühle<br />

gemacht, es dem Freundeskreis erzählt, obwohl besagter Mann<br />

geheiratet habe.<br />

Sie habe darunter sehr gelitten, sich geschämt, habe nicht zu ihren eigenen<br />

Gefühlen stehen und sie genießen können, sah die Schuld nur bei sich.<br />

20


Ihr Ehemann hingegen ließ sie in dieser Zeit viel allein, arbeitete viel und so<br />

zog sie sich immer mehr zurück, isolierte sich, dabei verstärkten sich dann<br />

auch ihre Ängste.<br />

Im weiteren Verlauf hatte sie dann eine ½ Stelle in der Buchhaltung<br />

übernommen, dort übernahm sie dann mehr und mehr Verantwortung, hatte<br />

fast Prokura, unterschrieb <strong>für</strong> die<br />

Bank, zahlte Gehälter aus, machte alles bis zum Zeitpunkt, als die Firma<br />

Konkurs anmelden musste.<br />

Pat. gibt an, dass sie während dieser Zeit sogar noch kurze Zeit weitergearbeitet<br />

habe, brachte sogar eigenes Geld mit, damit die Angestellten<br />

bezahlt werden konnten.<br />

Mit ihrem Ehemann habe sie nicht darüber gesprochen, „der hätte mich da<br />

herausgeholt“.<br />

Sie wäre darüber zunehmend kränker geworden, habe Ängste gehabt, musste<br />

oftmals falsche Angaben machen <strong>für</strong> die Firma, habe sich sehr schlecht gefühlt<br />

dabei.<br />

Pat. kann sehen, dass sie aus der Krankheit gelernt hat.<br />

Möchte jetzt erstmal <strong>für</strong> sich selbst da sein, eigene Wünsche erfüllen. Will<br />

Gitarre lernen, Dinge tun, die ihr Freude machen und hat sich vorgenommen<br />

nur Schritte zu tun, die sie wirklich tun möchte.<br />

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