Kreatin-Phosphat
Kreatin-Phosphat
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Einleitung:<br />
Der geheime Kraftstoff der<br />
Muskelzellen<br />
KREATIN<br />
von Gilles Klein<br />
<strong>Kreatin</strong> leitet sich von (griech. creas = Fleisch) ab und ist eine Substanz, die schon seit 150<br />
Jahren bekannt ist. Sie wurde vom Franzosen Chevreul 1834 in der Fleischbrühe entdeckt.<br />
Creatin ist eine körpereigene Substanz, die zum Teil im Körper selbst gebildet, oder über die<br />
Nahrung von Fleisch und Fisch aufgenommen wird. Diese Substanz findet man vor allem in<br />
der Skelettmuskulatur, aber auch in Herz, Gehirn und Hoden.<br />
Strukturformel von <strong>Kreatin</strong><br />
<strong>Kreatin</strong> (N-Methylguanidoessigsäure) und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> (auch noch unter Phosphokreatin<br />
bekannt, aber nach der Regelung der Genfer Nomenklatur werden die Säureanteile einer chemischen<br />
Substanz ´´at´´ oder ´´it´´ an das Ende geschrieben Dimethylsulfat, Adenintriphosphat<br />
usw. Daher lautet der korrekte Name <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> und wird im Folgenden auch nur<br />
noch als <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> bezeichnet) sind wichtige Metaboliten in hoch energetischen Vorgängen<br />
des Phosphor-Metabolismus. Sie sind zusammen mit Kohlenhydraten, Fetten und<br />
Proteinen die zentralen Stoffe des Metabolismus der zuständig für die Energielieferung bei<br />
körperlicher Arbeit und Sport ist.<br />
Seit mehr als 30 Jahre haben unzählige Forscher sich diesem Thema gewidmet. Mit Hilfe von<br />
Protonen- und 31 P-Kernresonanzspektroskopie lassen sich Moleküle in vivo messen, sowohl<br />
qualitativ, als auch quantitativ messen. Ebenfalls wurden die therapeutischen Wirkungen von<br />
<strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> unter die Lupe genommen, wie z.B. in kardiovaskulären<br />
Erkrankungen. In den letzten Jahren bekommt <strong>Kreatin</strong> im Sport immer eine größere Rolle<br />
zugesprochen, da es die körperliche Leistung fördern soll.<br />
In meiner Arbeit möchte ich gerne auf die verschiedenen Aspekte von <strong>Kreatin</strong> näher eingehen,<br />
damit man dieses wichtige Molekül unseres Körpers verstehen und wieder eine hervorragende<br />
Leistung unseres menschlichen Organismus betrachten kann.
Rollen des <strong>Kreatin</strong>s im Organismus:<br />
- ´´Kraftstoff´´:<br />
<strong>Kreatin</strong> (Cr) bzw. <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> (PCr) sind Phosphagene, also Moleküle die in der Lage<br />
sind, <strong>Phosphat</strong>atome zu binden und an andere Moleküle wieder abzugeben. So wurde <strong>Kreatin</strong><br />
als Vorstufe von <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> sehr lange nur als Lieferant und ´´Kraftstoff´´ für die<br />
schnelle Phosphorylierung von Adenosindiphosphat (ADP) angesehen. ADP entsteht wenn<br />
Adenosintriphosphat (ATP) beispielsweise bei einer Muskelkontraktion hydrolysiert wird.<br />
Das Bedeutendste an dieser Rolle von <strong>Kreatin</strong>/ <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> ist, dass es im Gegensatz zu<br />
ATP im Muskel gespeichert werden kann und im Bruchteil einer Sekunde bereit und für die<br />
Phosphorylierung von ADP genutzt werden kann. Die Menge an PCr im Muskel ist aber sehr<br />
gering, so dass bei einem 100m Sprint, also bei sehr hohem ATP-Verbrauch, das PCr nicht<br />
länger als 5 Sekunden genutzt werden kann, da es vollständig verbraucht ist und die Muskelzelle<br />
auf anaeroben Stoffwechsel umschalten muss um genügend ATP zu bekommen.<br />
- ATP und ADP Puffer<br />
Ein Forscher namens Watts postulierte, dass nicht die Regeneration von ATP aus ADP die<br />
wichtigste Rolle von Phosphagenen sei. Er behauptet, Phosphagenen wären wichtig, um die<br />
ADP-Konzentration in den Zellen so niedrig wie möglich zu halten, denn ein hoher ADP-<br />
Spiegel wirkt inhibitorisch auf sehr viele Vorgänge, die ATP-abhängig sind. Hinzu kommt,<br />
dass eine erhöhte Konzentration an ADP die Myokinase aktiviert. Dieses Enzym konvertiert<br />
zwei ADP´s in einen ATP und ein Adenosinmonophosphat (AMP). AMP, seinerseits ein<br />
Inhibitor der Myokinase (negatives Feedback) und anderen metabolischen Wegen wie die<br />
Gluconeogenese, wird in Inosinmonophosphat (IMP) und Ammoniak (NH3) durch die AMP-<br />
Deaminase umgewandelt. IMP and AMP können auch von der 5’-Nucleotidase, die sich in<br />
der Plasmamembran der Muskelzelle (Sarkolemm) befindet, dephosphoryliert werden. Bei<br />
diesem Vorgang entstehen die zwei Nukleotide Adenosin und Inosin. Beide Nukleotide sind<br />
Plasmamembrangängig. Erhöhtes ADP würde so über einen längeren Zeitpunkt einen Verlust<br />
von Adenosin Nukleotiden verursachen. Eine hohe ADP-Konzentration hindert lebenswichtige<br />
Prozesse in den Zellen und führt zum Absterben. Phosphagenen können also als Puffer<br />
für ADP und ATP angesehen werden.<br />
- ´´Phosphagen-Shuttle´´<br />
Die Hydrolyse von ATP findet im Muskel an den Myofibrillen statt, die ATP-Synthese<br />
hingegen in den Mitochondrien von aeroben Geweben. Deshalb ist eine Diffusion oder ein<br />
spezifischer Transport von ATP aus den Mitochondrien zu den Myofibrillen notwendig.<br />
Einige Forscher behaupten, dass so ein Transportprozess <strong>Kreatin</strong>-Kinasen (CK) beinhaltet und<br />
dass Cr und PCr leichter diffundieren als ADP oder ATP, der sogenannte ´´Phosphagen-<br />
Shuttle´´ (nach Gercken und Schlette 1968). <strong>Kreatin</strong>-Kinase ist ein Enzym, das die Übertragung<br />
des <strong>Phosphat</strong>s vom <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> auf ADP katalysiert zu ATP und <strong>Kreatin</strong> und<br />
umgekehrt (siehe Abb. 1).
1971 haben jedoch Newsholme et al. herausgefunden, dass bei einer hohen Muskelaktivität in<br />
aeroben Muskelzellen der ``Phosphagen-Shuttle´´ nicht genügend ATP liefern könnte, um<br />
den ATP-Verbrauch an den Myofibrillen zu decken. Daraus schlossen die Forscher, dass zumindest<br />
unter Bedingungen mit hohem ATP-Verbrauch, Phosphagen-Kinasen keine Rolle<br />
spielen. Es ist aber möglich dass der ``Shuttle´´, der offensichtlich existiert, über Cr und PCr<br />
funktioniert und ist unabhängig von der Entfernung des Ortes der Produktion von ATP, also<br />
Mitochondrium, und des Ortes der Hydrolyse von ATP, z.B. Myofibrillen. Als wichtiger<br />
´´Energie-Shuttle´´, wird das Cr/PCr-System in Spermatozoen gesehen wo die Entfernung<br />
vom Mitochondrium zu den ATP-verbrauchenden Stellen sehr groß ist (nach Juretschke und<br />
Kamp 1990).<br />
Abbildung 1: Der <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> -Weg für den intrazellulären Energie-Transport ANT, adenine<br />
nucleotide translocase; CK mito und CK, mitochondriale und myofibrilläre <strong>Kreatin</strong>-Kinasen; PCr und<br />
Cr, <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> und <strong>Kreatin</strong> (nach R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson: Creatine; from basic<br />
science to clinical application)<br />
Es wird angenommen, dass die Rollen von Phosphagenen in unterschiedlichen Geweben verteilt<br />
sind. In glatten Muskelzellen, genau wie in der Skelettmuskulatur, dienen sie vor allem<br />
als Energiereserve, auf die bei erhöhtem ATP-Bedarf sehr schnell zugegriffen werden kann.<br />
Hingegen spielen die Phosphagene in der Herzmuskelzelle die Rolle des Puffers von ADP<br />
und ATP (nach Watts). Eine erhöhte ADP-Konzentration hemmt nämlich die myofibrilläre<br />
ATP-ase und eine Kontraktion des Herzmuskels wäre nicht möglich. Die allgemeine Rolle der<br />
Phosphagene ist eine Konstanthaltung der Konzentrationen von ATP zu ADP in den Zellen.<br />
Kleinere Rollen:<br />
- Inhibition der Phosphofructokinase:<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> inhibiert die Phosphofructokinase, ein regulatorisches und wichtiges Enzym<br />
der Glykolyse. Dies könnte zur Folge haben, dass bei sinkender PCr-Konzentration die Phosphofructokinase-Aktivität<br />
steigt und so der Verbrauch von Glucose als Energiequelle für die
ATP-Synthese angekurbelt wird. Einen ähnlichen Effekt, scheint PCr auch auf die Pyruvatkinase<br />
zu haben, das letzte Enzym der Glykolyse.<br />
- Rollen in anderen Geweben wie Muskelzellen:<br />
Ennor und Rosenberg (1952) haben festgestellt, dass PCr eine andere Funktion als nur ein<br />
Reservoir für bereitstehende energiereiche <strong>Phosphat</strong>bindungen hat. Es kann nämlich auch<br />
direkt seine Energie an endergonische Reaktionen ohne über den Weg von ADP und ATP<br />
bereitstellen.<br />
Biosynthese von <strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>:<br />
<strong>Kreatin</strong> ist keine künstliche Substanz wie von der Allgemeinheit angenommen, sondern wird<br />
selbst vom Körper produziert. <strong>Kreatin</strong> wird allerdings nur in kleinen Mengen vom Organismus<br />
hergestellt (1-2 g pro Tag), der Tagesbedarf liegt aber bei 2-5 g pro Tag. <strong>Kreatin</strong> ist<br />
hauptsächlich in tierischen Produkten wie Fleisch und Fisch zu finden und auf diesem Weg<br />
kann man den Tagesbedarf mit der Nahrungsaufnahme decken.<br />
<strong>Kreatin</strong>biosynthese:<br />
Abbildung 2: Biosynthese von <strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>in (nach Hans Trachsel; Institut für Biochemie und<br />
Molekularbiologie, Universität Bern)
Das <strong>Kreatin</strong> wird vorwiegend in der Niere (proximaler Tubulus) und in der Leber synthetisiert,<br />
aber auch im Pankreas oder im Gehirn können Teilreaktionen der Biosynthese ablaufen.<br />
Das <strong>Kreatin</strong> wird aus drei Aminosäuren hergestellt; aus Arginin, Glycin und Methionin.<br />
Methionin ist eine essentielle Aminosäure, kann also nicht vom Körper selbst hergestellt<br />
werden, sondern über die Nahrung aufgenommen werden muss. Die erste Reaktion findet<br />
überwiegend im proximalen Tubulus der Niere (innere mitochondriale Membran) und im<br />
Pankreas statt. Es handelt sich um eine reversible Reaktion, die von der Arginin-Glycin-<br />
Amidinotransferase (AGAT), eine Transaminase, katalysiert wird. Bei dieser Reaktion wird<br />
die Guanidino-Gruppe des Arginins auf das Glycin übertragen. Hierbei entsteht das Guanidinoacetat<br />
und Ornithin, eine wichtige Substanz des Harnstoff-Cyklus. Das Guanidinoacetat<br />
kann jetzt in einer zweiten Reaktion zu <strong>Kreatin</strong> weiterverarbeitet werden, nachdem es über<br />
den Blutweg zur Leber transportiert wurde. Diese Reaktion ist irreversibel und wird von einer<br />
Transmethylase katalysiert, die Guanidinoacetat-Methyltransferase (GAMT). Das Guanidoacetat<br />
wird mit Hilfe des Coenzyms S-Adenosyl-Methionin (SAM) N-methyliert, wobei<br />
<strong>Kreatin</strong> als Endprodukt entsteht und das Coenzym S-Adenosyl-Methionin (SAM) in S-<br />
Adenosyl-Homocystein (SAH) umgewandelt wird. Das <strong>Kreatin</strong> verlässt wieder über den<br />
Blutweg die Leber und kann in die Gewebe eingeschleust werden, die <strong>Kreatin</strong> benötigen. Im<br />
Körper eines 70 kg schweren Erwachsenen sind ungefähr 100-120 g <strong>Kreatin</strong> gespeichert,<br />
davon 95% in der Skelettmuskulatur und der Rest in glatter Muskulatur, Herzmuskulatur,<br />
Knochen und Gehirn. Die Aufnahme in die Zelle erfolgt über einen NaCl-abhängigen Transporter.<br />
Der Transport baut einen osmotischen Gradienten auf, wenn mehr <strong>Kreatin</strong> zugeführt<br />
wird z. B. bei einer <strong>Kreatin</strong>-Ernährungsergänzung. Dies führt zu einer Wasseraufnahme in die<br />
Gewebe (siehe <strong>Kreatin</strong> im Sport).<br />
Ist das <strong>Kreatin</strong> nun in der Zelle angelangt (meistens Muskelzelle), kann das wichtigste Enzym<br />
des ganzen <strong>Kreatin</strong>/Phopsphokreatin-Systems, die <strong>Kreatin</strong>-Kinase (CK) oder <strong>Kreatin</strong>-Phosphokinase<br />
(CPK), das <strong>Kreatin</strong> mit einem energiereichen <strong>Phosphat</strong> phosphorylieren und in<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> umwandeln. Gleichzeitig wird ein ATP zu ADP. Diese Reaktion ist<br />
reversibel, die <strong>Kreatin</strong>-Kinase kann die Reaktion auch umgekehrt katalysieren indem sie<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> dephosphoryliert und in <strong>Kreatin</strong> umwandelt, wobei aus einem ADP ein<br />
ATP hergestellt wird. Die Richtung der Reaktion katalysiert hängt vom Arbeitszustand des<br />
Muskels ab, also ob er gerade Arbeit leisten muss oder nicht (siehe Abb. 3 und Details unter<br />
<strong>Kreatin</strong>-Kinase).<br />
Der Abbau von <strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> erfolgt spontan über eine nicht-enzymatische<br />
Reaktion zu <strong>Kreatin</strong>in. Bei dieser Nebenreaktion zyklisieren ständig kleine Mengen von<br />
<strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> zu <strong>Kreatin</strong>in, das nicht mehr phosphoryliert werden kann und<br />
schließlich mit dem Urin ausgeschieden wird (siehe unter <strong>Kreatin</strong>in).<br />
<strong>Kreatin</strong>-Kinase:<br />
Wir haben schon gesehen, dass die <strong>Kreatin</strong>-Kinase (CK) eine energiereiche <strong>Phosphat</strong>gruppe<br />
von ATP auf <strong>Kreatin</strong> überträgt. Das Enzym findet man in allen Muskelzellen, aber auch im<br />
Gehirn.<br />
Studien mit klassischen Inhibitoren haben ergeben, dass CK ein so genanntes ´´Thiol-<br />
Enzym´´ ist. Es bedeutet, dass das Aktivitätszentrum des Enzyms einer oder mehreren Thiol-
Gruppen besteht. Thiole sind Thioalkohole, d.h. das Sauerstoffatom einer Alkoholfunktion ist<br />
gegen ein Schwefelatom ausgetauscht. Die Thiolgruppe soll nach neusten Ergebnissen von<br />
der Nebenkette der 283. Aminosäure des Enzyms stammen, dem Cystein-283 (nach Buechter<br />
et al., 1992). Allerdings brauch das Cystein-283 noch die positive Ladung einer Nebenkette<br />
einer anderen Aminosäure um ihre Funktion vollständig zu entfalten, nämlich das Arginin-<br />
292.<br />
Abbildung 3: Funktion der <strong>Kreatin</strong>-Kinase im Muskel (nach Hans Trachsel; Institut für Biochemie und<br />
Molekularbiologie, Universität Bern)<br />
Es gibt Isoformen der CK, die in cytosolische CK´s und mitochondriale CK´s unterteilt<br />
werden. Die cytosolischen CK´s bilden immer Dimere und sind spezifisch für unterschiedliche<br />
Gewebe. Die Dimere werden von 2 Isoenzymen gebildet, nämlich von ´´M´´ für<br />
´´muscle´´ und ´´B´´ für ´´brain``. Insgesamt können drei verschiedene cytosolische Dimere<br />
gebildet werden und somit gibt es auch 3 verschiedene CK´s: CK-MM im Skelettmuskel, CK-<br />
BB im Gehirn und CK-MB im Herzmuskel. Die mitochondriale CK (CK-MiMi) kann<br />
entweder in Dimeren oder in Octameren vorkommen, so dass man bis Heute zwei Isoformen<br />
der mitochondrialen CK kennt.<br />
Somit wird die CK zu einem wichtigen Laborparameter in der Diagnostik von Herzschädigungen<br />
(Herzinfarkt) aber auch von Skelettmuskelschädigungen. Die Erhöhung der CK<br />
korreliert mit der Schädigung am (Herz)-Muskel. Hierbei wird die Gesamt-CK gemessen und<br />
wenn nun eine Isoform um eine gewisse Prozentzahl an der Gesamt-CK erhöht ist, dann kann<br />
man dies auf eine Schädigung im spezifischen Gewebe zurückführen. Zum Beispiel ist bei<br />
einem Herzinfarkt der Anteil der CK-MB höher als 6% an der Gesamt-CK, so kann man von<br />
einer Herzmuskelschädigung ausgehen. Heute hat die Gesamt-CK allerdings keinen so hohen<br />
Stellenwert mehr in Labordiagnostik, da es andere Möglichkeiten für die Diagnostik eines
Herzinfarktes gibt, wie das Troponin oder die CK-MB-Masse. Gleichwohl gilt für eine<br />
Erhöhung der Gesamt-CK eine Schädigung des Muskel- oder Herzgewebes bei einem<br />
überschreiten des Referenzwertes von:<br />
Frauen > 167 U/l<br />
Männer > 190 U/l<br />
<strong>Kreatin</strong>in:<br />
Das <strong>Kreatin</strong>in entsteht durch eine spontane und nicht-enzymatische irreversible Reaktion aus<br />
kleineren Mengen von <strong>Kreatin</strong> und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>. Da es nicht mehr phosphoryliert werden<br />
kann, kann man es als ``Abbauprodukt´´ des <strong>Kreatin</strong>-Stoffwechsels betrachten. <strong>Kreatin</strong>in<br />
kann nicht weiter abgebaut werden, sondern muss über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden<br />
werden. Der Körper produziert davon etwa täglich 1,5 g. Da <strong>Kreatin</strong>in ein geringes Molekulargewicht<br />
hat, wird es im Glomerulus der Niere frei filtriert. Zwar kann es bei höheren<br />
Konzentrationen auch in die Nierentubuli sezerniert werden, aber nur geringfügig. Man macht<br />
sich die freie Filtration des <strong>Kreatin</strong>ins in den Glomeruli der Nieren in der Labordiagnostik zu<br />
Nutze indem man das <strong>Kreatin</strong>in im Blutplasma bestimmt. Man kann so indirekt die glomeruläre<br />
Filtrationsrate (GFR) in den Nieren abschätzen und auch die so genannte Clearance, die<br />
Klärfähigkeit der Nieren bestimmen. Da die Produktion von <strong>Kreatin</strong>in im Körper nicht<br />
konstant ist und vom Körperbau und der jeweiligen körperlichen Aktivität des Individuums<br />
abhängt, kann es bei der Bestimmung zu Fehlergebnissen kommen. Der <strong>Kreatin</strong>in-Test gilt<br />
jedoch wegen seiner Einfachheit als grober Indikator für Störungen in den Nierenkörperchen<br />
und wird daher verbreitet in der Medizin eingesetzt. (Der <strong>Kreatin</strong>in-Wert im Blutplasma liegt<br />
bei ungefähr 0,7 mg/100ml (50-120micromol/l)<br />
Der ´´<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>-Shuttle´´:<br />
Eine wichtige Rolle des <strong>Kreatin</strong>/<strong>Kreatin</strong>phosphat-Systems müssen wir noch einmal näher im<br />
Detail besprechen, nämlich den Transport vom energiereichen <strong>Phosphat</strong> (ATP) aus dem<br />
Mitochondrium an die Stelle wo es gebraucht wird, die Myofibrillen. Man stellt sich das so<br />
vor, dass das <strong>Kreatin</strong> (Cr) und das <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> (PCr) zwischen den beiden Strukturen<br />
hin und her diffundieren können.<br />
Wie wir wissen, brauch jede Zelle Energie, um ihre Funktionen ausüben zu können und diese<br />
Energie wird im Mitochondrium unter der oxydativer Phosphorylierung (= Atmungskette) in<br />
Form von ATP gewonnen. Forscher (Jacobus und Lehninger 1973; Bessman und Geiger<br />
1981; Bessman und Carpenter 1985) haben herausgefunden, dass ATP sehr schlecht im<br />
Cytoplasma diffundieren kann. Das energiereiche ATP versorgt alle ATPasen in der Zelle mit<br />
Energie und stellt auch für andere Enzyme eine wichtige Schlüsselfunktion dar. Das ATP<br />
werden an sehr viele Proteine der Zelle gebunden. Hinzu kommt noch, dass das ATP mit<br />
vielen negativen Ladungen bestückt ist. Es wäre nicht möglich, dass jedes Enzym bei der<br />
Diffusion der ATP-Moleküle genügend Energie abbekommen würde, um bestmöglich zu<br />
funktionieren. Außerdem würde nach der Hydrolyse von ATP das ADP entstehen, das die<br />
ATPasen in hohen Konzentrationen hemmen würde und für ein negatives Feedback sorgen.<br />
Es würde bei hoher körperlicher Arbeit in der Zelle zum Stillstand kommen, denn die ATPasen<br />
würden sich selber durch den Verbrauch von ATP zu ADP hemmen. Nachdem ADP
entstanden ist, muss es wieder phosphoryliert werden zu ATP, damit es wieder Energie liefern<br />
kann, was allerdings nur im Mitochondrium möglich ist. ADP müsste wieder zurück ins<br />
Mitochondrium diffundieren, was sehr schwierig ist, denn auch ADP hat eine hohe Affinität<br />
für ATPasen und Proteine der Zelle und ist sehr negativ geladen. Es wäre nicht sehr effektiv<br />
nur über ATP und ADP die Energie durch die Zelle zu transportieren.<br />
Aus diesem Grund hat die Zelle einen Mechanismus erfunden, mit dem sie die Energie<br />
schnell und effektiv liefern kann, aber auch, wenn nicht die ganze produzierte Energie<br />
gebraucht wird speichern. Die Zelle behilft sich dem <strong>Kreatin</strong>/<strong>Phosphat</strong>-Shuttle (siehe Abb. 4).<br />
Cr und PCr können sehr gut durch das Cytoplasma diffundieren und sie werden vor allem<br />
nicht an die Proteine der Zelle gebunden, sondern ausschließlich nur an einer <strong>Kreatin</strong>-Kinase<br />
(CK). Zusätzlich sind sie weniger geladen als die ATP- und ADP-Moleküle.<br />
Wir haben bei der Funktion der CK gesehen, dass das Enzym an Stellen mit hoher metabolischer<br />
Aktivität das <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> dephosphorylieren und gleichzeitig das energiereiche<br />
<strong>Phosphat</strong> auf ADP übertragen kann, wobei ATP entsteht. Aus <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> wird dadurch<br />
das dephosphorylierte <strong>Kreatin</strong>, das jetzt ins Mitochondrium zurückdiffundieren kann. An der<br />
äußeren Oberfläche der inneren Membran befindet sich ein CK-Isoform, nämlich die CK-<br />
MiMi (man kennt bis jetzt zwei Isoformen dieser CK-MiMi), die das <strong>Kreatin</strong>in wieder in<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> umwandeln kann, indem ein energiereiches <strong>Phosphat</strong> vom ATP, produziert<br />
durch die Atmungskette, auf das <strong>Kreatin</strong> überträgt. Hierbei wird ATP zu ADP und kann durch<br />
die oxidative Phosphorylierung im Mitochondrium wieder zu ATP werden. Das <strong>Kreatin</strong>-<br />
<strong>Phosphat</strong> verlässt nun das Mitochondrium, diffundiert zu der Stelle wo Energie bereitgestellt<br />
werden muss und bindet an eine cytoplasmatische CK-Isoform (CK-MM im Skelettmuskel,<br />
CK-MB im Herzmuskel oder CK-BB im Gehirn). Der ganze Zyklus beginnt aufs Neue. Man<br />
spricht bei Zellen mit hohem Energieverbrauch von ´´micro-compartments´´, die einerseits<br />
im Mitochondrium für die Produktion von Energie und das Ablösen des <strong>Phosphat</strong>s vom ATP<br />
sorgen und andererseits am Ort des Energieverbrauchs, die das <strong>Phosphat</strong> wieder an ATP<br />
binden können. Dazwischen ist der <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>-Shuttle geschaltet.<br />
Abbildung 4: Schematische Darstellung der 2 Hauptfunktionen des <strong>Kreatin</strong> (Cr)/ <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong><br />
(PCr)-System in einer Muskelfaser. Die erste ist die des zeitlichen Energiepuffers für die Adenosin<br />
Triphosphat (ATP) Regeneration. Die zweite Hauptfunktion ist der Transport von energiereichem<br />
<strong>Phosphat</strong> vom Ort der Energieproduktion (Mitochondrium) zum Ort des Energieverbrauchs<br />
(Myofibrille) (nach R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson: Creatine; from basic science to clinical<br />
application)
Der Shuttle sorgt dafür, dass das Verbrauchte ATP, also das ADP, sofort wieder durch die<br />
cytoplasmatische CK in ATP phosphoryliert wird und somit die Konzentration des ADP´s<br />
nicht auf zu hohe Werte ansteigt. Es wird verhindert, dass ADP die Funktionen der ATPasen<br />
hemmen kann und kein negatives Feedback entsteht bei hoher konstanter metabolischer<br />
Aktivität in der Zelle.<br />
<strong>Kreatin</strong> im Sport:<br />
Die Rolle des <strong>Kreatin</strong>s im Muskelstoffwechsel:<br />
95% des ganzen <strong>Kreatin</strong>gehalts finden wir in der Skelettmuskulatur, wovon 60% bei ruhendem<br />
Muskel im phosphorylierten Zustand sind. Das <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> repräsentiert 70% des<br />
direkten hoch-energetischen Speichers im Muskel. In einem gestreiften Muskel befinden sich<br />
etwa 30 µmol/g <strong>Kreatin</strong>phosphat, umgerechnet 4 g/kg Muskel. Das <strong>Kreatin</strong> muss mit Hilfe<br />
eines spezifischen Transporters aktiv gegen einen hohen Konzentrationsgradienten in die<br />
Muskelzellen eingeschleust werden (ca. 200:1). Dies geschieht in einem Co-Transport mit<br />
Na + -Ionen entlang dessen Konzentrationsgefälle. Einmal in der Zelle angelangt, geht nur sehr<br />
wenig <strong>Kreatin</strong> verloren (ca. 2 g/Tag in einem 75 kg schweren Mann). <strong>Kreatin</strong> wird nicht aus<br />
der Zelle transportiert, sondern kann nur in zyklisierter Form das Cytoplasma verlassen, dem<br />
<strong>Kreatin</strong>in. Die <strong>Kreatin</strong>-Kinase (CK) ist das Schlüsselenzym des ganzen Systems und ihre<br />
Konzentration hängt vom Aktivitätszustand des Muskels ab.<br />
Um das Verhalten des <strong>Kreatin</strong>s im Muskel besser verstehen kann ist es sinnvoll die Einteilung<br />
der verschiedenen Muskelfasern zu erläutern. Man unterscheidet zwei Typen von Fasern:<br />
Typ І-Fasern oder ´´slow twitch´´-Fasern (ST-Fasern)<br />
Typ ІІ-Fasern oder ´´fast-twitch´´-Fasern (FT-Fasern)-->2 Subtypen:<br />
Typ ІІA-Fasern --> schnell und über eine längere Dauer (´´fast, fatigue-resistant´´)<br />
Typ ІІB-Fasern --> schnell, aber nur über kurze Dauer (´´fast, fast-fatigue´´)<br />
Ein großer Unterschied der beiden Fasertypen ist, dass die ST-Fasern nur einen aeroben<br />
Metabolismus, unter Sauerstoffverbrauch, und die FT-Fasern beides, einen aeroben und<br />
anaeroben Metabolismus zur Energiegewinnung steuern können (Typ ІІA-Fasern machen<br />
gemischten Stoffwechsel, hingegen Typ ІІB-Fasern weisen nur einen sehr geringen oxidativen<br />
Stoffwechsel auf).<br />
Auch in der Ausstattung mit dem <strong>Kreatin</strong>/<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>-System unterscheiden sich die<br />
beiden Fasertypen. Die FT-Fasern zeigen eine höhere Konzentration an <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong><br />
unter Ruhebedingungen auf als ST-Fasern und auch die Aktivität der CK ist deutlich höher.<br />
Dazu kommt, dass FT-Fasern eine höhere Degradationsrate von <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> aufweisen,<br />
hingegen die Resynthese von <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> in den ST-Fasern schneller von statten geht<br />
(siehe Abb. 5). Dies ist möglicherweise auf den erhöhten aeroben Stoffwechsel in den ST-<br />
Fasern zurückzuführen, der schneller und mehr ATP bringt als ein gemischter aerober und<br />
anaerober Stoffwechsel wie bei den FT-Fasern. Hinzu kommt noch, dass die Kapillarversorgung<br />
der ST-Fasern besser ist und auch eine höhere Dichte an Mitochondrien aufweist.<br />
Die eine Hauptfunktion des Energiepuffers des Cr/PCr-Systems, den wir bei den Rollen<br />
besprochen hatten (siehe unter ATP und ADP Puffer), ist sehr prominent in den FT-Fasern
(siehe auch Abb. 5), was sich in der hohen Konzentration an CPr, aber auch an der hohen<br />
cytosolischen CK-Dichte widerspiegelt und der Prozentsatz der mitochondrialen CK´s nur 5-<br />
10% der ganzen CK´s ausmacht. Während harter Arbeit, stammt die Energie für die Synthese<br />
von ATP gleichzeitig aus der anaeroben Glycolyse, wie auch aus der Pufferfunktion des<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>s. Man nimmt an, dass die Pufferfunktion des Cr/PCr-Systems etwa 1/3 der<br />
benötigten Energie liefert.<br />
Abbildung 5: Darstellung der Konzentration an <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> bei Ruhe, direkt nach maximaler<br />
Anstrengung und nach einer 60-sekündigen Erholung in den zwei Muskelfaser-Typen: Typ І-Fasern<br />
´´slow-twitch´´ (ST) und Typ ІІ-Fasern ´´fast twitch´´ (FT) im Vergleich (nach R. Paoletti, A. Poli und A.S.<br />
Jackson: Creatine; from basic science to clinical application)<br />
Die andere Hauptfunktion des Cr/PCr-Systems, das Energie-Transport-System, ist seinerseits<br />
mehr in den ST-Fasern repräsentiert und im Herzmuskel. Dies ist auf eine kleinere Konzentration<br />
von PCr im Vergleich zu den FT-Fasern und einen höheren Prozentsatz von mitochondrialen<br />
CK´s, um die 30% der gesamten CK´s, zurückzuführen. Die cytosolischen CK´s sind<br />
demzufolge in den ST-Fasern erniedrigt. Mitochondriale CK´s kurbeln dazu die oxidative<br />
Phosphporylierung in den Mitochondrien an, da sie zum einen ADP regenerieren und zum<br />
anderen dabei H + entsteht, die alle beide wichtige Substanzen bei der Bildung von ATP durch<br />
die Atmungskette sind.<br />
Daneben haben Experimente ergeben, dass die nicht-kontraktilen Prozesse 20-40% des<br />
gesamten Energieverbrauchs einer Muskelkontraktion darstellen. Dazu gehören die Ionen-<br />
Pumpen Na + /K + -ATPase und Ca 2+ -ATPase. Ihre Pumparbeit ist notwendig für die Erhöhung<br />
der cytoplasmatischen Konzentrationen von Na + und Ca 2+ , damit überhaupt eine Kontraktion<br />
zustande kommen kann.<br />
Die Funktion des Systems, die ADP-Konzentration niedrig zu halten, ermöglicht dem Muskel<br />
während seiner Arbeit eine hohe ATP Konzentration gegenüber dem ADP, also eine ständig<br />
sich erneuernde Energiequelle. Natürlich nur bei nicht sehr lang andauernden Anstrengungen.<br />
Eine maximale ATP-Regeneration ist bei sehr raschen aber maximalen Anstrengungen<br />
notwendig. In den ersten Sekunden einer maximalen Anstrengung, wird die notwendige<br />
Energie durch den raschen Verbrauch von PCr und einer gesteigerten anaeroben Glykolyse<br />
geliefert. Es wurde bewiesen, dass während eines 6-sekündigen Sprints auf einem Fahrrad-
Ergometer, etwa 50% der ATP-Regeneration vom PCr kamen und die anderen 50% von der<br />
anaeroben Glykolyse. Hier ist eine sehr hohe Rate der PCr-Nutzung in den ersten paar<br />
Sekunden der Arbeit zu beobachten, so dass bei einer hohen anaeroben ATP-Regeneration<br />
die Rate des PCr um 60-80% abfällt (siehe Abb. 6). Man glaubt, dass der Aufbrauch des PCr-<br />
Speichers während einer harten Arbeit mit der Muskelermüdung in Verbindung steht.<br />
Abbildung 6: Schematische Darstellung wie sich die Konzentration von ATP und <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> (PCr)<br />
während eines 10-12-seküdigen Sprints verhält. Die vollen Linien zeigen was passiert ohne oralen<br />
<strong>Kreatin</strong>zusatz. Wenn PCr sinkt, dann bleibt ATP relativ konstant bis PCr einen sehr niedrigen Level<br />
erreicht. Merke, dass nach 10 s maximaler Anstrengung unter anaerobischen Verhältnissen ATP und PCr<br />
erniedrigt sein können. Die gestrichelten Linien zeigen was passiert mit oralem <strong>Kreatin</strong>zusatz beim selben<br />
Sprint. Anfangs-PCr ist erhöht und brauch länger um niedrige Werte zu erlangen; ATP kann länger<br />
konstant gehalten werden durch den PCr-Puffer. Für einen 100m-Sprinter ist dies gleichzusetzen mit<br />
einem zusätzlichen Energieschub auf den letzen 20m (nach Michael A. Conway und Joseph F. Clark:<br />
Creatine and Creatine <strong>Phosphat</strong>e; scientific and clinical perspectives)<br />
Man kann einen Schluss ziehen, dass <strong>Kreatin</strong> und seine phosphorylierte Form eine essentielle<br />
Rolle im Muskelenergiestoffwechsel spielen und ihre Konzentrationen bei hoher Anstrengung<br />
in kritische Bereiche fallen.<br />
Zudem regt ein hoher PCr-Spiegel die Biosynthese von Proteinen in den Mikrosomen am<br />
rauen endoplasmatischen Reticulum (RER) an, was zu einem Zellwachstum führt.<br />
Auch verbraucht die cytoplasmatische CK bei der Resynthese von ATP einen H + -Ion und<br />
kann so, während der körperlichen Arbeit den pH-Wert etwas Puffern.<br />
Zusätzliche <strong>Kreatin</strong>zunahme im Sport (Supplementation):<br />
In den letzten Jahren und Jahrzehnten, hat <strong>Kreatin</strong> auch in der Sportwelt für Interesse gesorgt,<br />
da sich die Sportler positive Effekte auf ihre Muskelleistungen erhofften, nachdem es möglich<br />
war <strong>Kreatin</strong> im Labor herzustellen und es oral einzunehmen.
Abbildung 7: Über die letzten Jahrzehnte wurde das synthetische <strong>Kreatin</strong> im Sport zu einem wichtigen<br />
Bestandteil, wenn es um Leistungssteigerung geht (nach www.bodybuilding.com/<br />
store/ast/microcreatine.html)<br />
Wir wollen uns jetzt die Aufnahme des Supplement-<strong>Kreatin</strong>s im Magen-Darm-Trakt über die<br />
Aufnahme in die Muskelgewebe bis hin zu den wissenschaftlich belegten Effekten einer<br />
<strong>Kreatin</strong>-Supplementation in der Muskelzelle selber näher betrachten, um herauszufinden ob<br />
ein Sportler in irgendeiner Form seine Leistung steigern kann.<br />
Aufgrund der Ähnlichkeit des <strong>Kreatin</strong>s zu Aminosäuren wie zum Beispiel Arginin und Lysin<br />
kommt es zu einem Transport über Aminosäure-Transporter aus dem Darmlumen ins Blut.<br />
Hinzu kommt noch ein Transport über GABA- oder Taurin-Transporter, die dem spezifischen<br />
<strong>Kreatin</strong>-Transporter in den Muskeln sehr ähnlich sind. Schlussendlich ist der parazelluläre<br />
Weg, also am Darmepithel vorbei, auch eine Möglichkeit um das aufgenommene <strong>Kreatin</strong> ins<br />
Blut zu bekommen. Die Muskelaufnahme erfolgt über den schon angesprochenen spezifischen<br />
<strong>Kreatin</strong>-Transporter (Cr-T), der Na + -abhängig ist, und identisch mit den Transportern<br />
für Dopamin, GABA und Taurin ist. Da das <strong>Kreatin</strong> osmotisch wirksam ist, wegen seiner<br />
elektrischen Beladung und zusammen mit Na + in das Cytoplasma gelangt, zieht es Wasser mit<br />
sich in die Zelle nach. Man kann dieses Phänomen durch ein Aufpumpen der Muskeln beobachten<br />
und es macht sich auch in einer Gewichtzunahme in den ersten paar Tagen der Supplementation<br />
sichtbar. Es gibt die Gefahr von Ödemen (Wasseransammlungen im Gewebe),<br />
welche aber nur sehr selten vorkommen. Allerdings ist es wichtig genügend Wasser zu sich zu<br />
nehmen, weil die extrazelluläre Flüssigkeit vermehrt in die intrazelluläre übergeht und es so<br />
zu Kreislauf- und Nierenschäden kommen kann.<br />
Die Verteilung der Transporter ist nicht gleich für die verschiedenen Typen von Muskelfasern.<br />
So haben Typ ІІ -Fasern deutlich mehr Cr-T in ihren Zellwänden, was die logische Erklärung<br />
ist für den höheren <strong>Kreatin</strong>- bzw. <strong>Kreatin</strong>phosphatgehalt in diesem Typen von Muskelfaser,<br />
als bei den Typ І-Fasern. Es besteht die Gefahr einer ´´Downregulation´´ der Cr-T,<br />
was bedeutet, dass eine hohe Plasmakonzentration im Blut die Cr-T negativ beeinflussen<br />
kann, so dass weniger <strong>Kreatin</strong> in die Zelle eingeschleust werden kann. Allerdings wurden<br />
diese Versuche an Ratten durchgeführt und mit sehr hohen Dosen an <strong>Kreatin</strong>. Die Gruppe um<br />
den Wissenschaftler Tarnopolsky hat beim Menschen ähnliche Versuche durchgeführt und<br />
herausgefunden, dass bei einer Supplementation von 0.125 g/kg Körpergewicht/Tag (das sind<br />
etwa 8 g bei einem 70 kg schweren Mann) nicht zu einer Downregulation der Transporter<br />
kommt. Der <strong>Kreatin</strong>-Transport ist demzufolge Energie- und Na + -abhängig und ab einem<br />
bestimmten Wert gesättigt.
Die erhöhte exogene Zufuhr (von Außen kommend) von <strong>Kreatin</strong> in den Körper, hemmt<br />
reversibel das wichtige Enzym der endogenen (im Körper produzierten) Synthese von<br />
<strong>Kreatin</strong>, die Arginin-Glycin-Amidinotransferase (AGAT). Es gibt also eine negative Rückkopplung<br />
(negatives Feedback) der endogenen <strong>Kreatin</strong>synthese, bei erhöhter exogener<br />
Zufuhr. Am Rande sei noch erwähnt, dass Urinproben von Vegetariern verminderte <strong>Kreatin</strong><br />
und <strong>Kreatin</strong>in-Werte haben, was auf eine verminderte exogene Zufuhr zurückzuführen ist und<br />
nicht durch die endogene Synthese kompensierbar ist.<br />
Nach diesen Ergebnissen ist man zu der Schlussfolgerung gekommen, dass eine ideale Dosis<br />
an <strong>Kreatin</strong>-Supplementation pro Tag einen tiefen zweistelligen Grammwert nicht<br />
überschreiten soll und am Besten unter 10 g am Tag bleiben soll.<br />
<strong>Kreatin</strong>-Ladung:<br />
Die <strong>Kreatin</strong>-Ladung während einer Supplementation, ist in den ersten Tagen am höchsten, mit<br />
30% der eingenommenen Dosis in den ersten 2 Tagen, verglichen mit nur 15% in den Tagen<br />
2-4 nach dem Anfang der Supplementation. Es wurde auch bewiesen, dass die initiale <strong>Kreatin</strong>-Konzentration<br />
vor der Einnahme von <strong>Kreatin</strong> entscheidend für die spätere Ansammlung in<br />
der Zelle ist (nach Harris et al.). Klar ist noch nicht warum eine Person einen hohen oder<br />
niedrigen <strong>Kreatin</strong>gehalt hat. Interessanterweise, haben Frauen einen höheren Gehalt an <strong>Kreatin</strong><br />
als Männer, was womoöglich auf ihre Muskelmasse zurückzuführen ist, und daher die<br />
<strong>Kreatin</strong>-Verteilung sich auf einem engeren Raum abspielt.<br />
Abbildung 8: Totale Muskelkreatin-Konzentration vor und nach 34 Tagen einer <strong>Kreatin</strong>-<br />
Supplementation. Es wurde eine Rate von 20 g/Tag die ersten 6 Tage gegeben, danach nur noch 2 g/Tag<br />
(nach R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson: Creatine; from basic science to clinical application)<br />
Hultman et al. demonstrierten, dass der Muskelkreatin-Speicher beibehalten werden kann,<br />
wenn man nach einer hohen Konzentration von 20g/Tag eine niedrigere Dosis von nur 2g/Tag<br />
einnimmt. Interpretieren kann man dieses Resultat folgenderweise: mit den 20g/Tag bringt<br />
man den Speicher auf seine Sättigung und nach dieser Sättigung, brauch man nur noch etwa
die Dosis zuzugeben, die durch den Abbau von <strong>Kreatin</strong> zu <strong>Kreatin</strong>in pro Tag verloren geht<br />
(ca. 2g/Tag) (siehe Abb. 7).<br />
Zusätzlich haben die gleichen Forscher herausgefunden, dass die <strong>Kreatin</strong>in-Konzentration im<br />
Urin mit dem Anstieg der <strong>Kreatin</strong>-Konzentration in der Muskelzelle korreliert ab einem<br />
bestimmten Überschreiten eines Grenzwertes. Nach Abbruch der Supplementation von z. B.<br />
20 g <strong>Kreatin</strong>/Tag über 6 Tage, braucht es mindestens 3 Wochen, damit eine bemerkenswerte<br />
Abnahme des <strong>Kreatin</strong>in-Gehalts im Urin festszutellen ist. Ein Beweis dafür, dass das <strong>Kreatin</strong><br />
nur über die <strong>Kreatin</strong>in-Produktion aus der Zelle herausgeschleust werden kann und diese trotz<br />
hoher <strong>Kreatin</strong>-Konzentrationen nur sehr langsam vonstatten geht.<br />
Ein schneller Weg um die <strong>Kreatin</strong>-Speicher aufzuladen und konstant zu halten ist demnach zu<br />
erreichen, wenn man in den ersten 5-6 Tage hohe Dosen einnimmt, um danach auf kleinere<br />
Dosen umzusteigen. Es macht also keinen Sinn, wie bei vielen Sportlern üblich, über eine<br />
längere Dauer hohe Quantitäten an <strong>Kreatin</strong> zu sich zu nehmen, um seinen Speicher auf hohen<br />
Werten zu halten.<br />
Optimierung der <strong>Kreatin</strong>-Ladung:<br />
Die höchste Konzentration an <strong>Kreatin</strong> im Muskel, also die maximale Beladung der Muskelzelle<br />
(Sättigung), kann bis auf 160 mmol/kg trockener Muskelmasse steigen als Resultat einer<br />
<strong>Kreatin</strong>-Supplementation. Allerdings wird diese maximale Beladung nur bei 20% der<br />
Versuchspersonen erreicht, 20-30 % scheinen nicht wirklich auf die Supplementation zu<br />
reagieren, da sie nur eine Steigerung von weniger als 10 mmol/kg trockener Muskelmasse<br />
erreichen.<br />
Abbildung 9: Totale Muskelkreatin-Konzentration vor und nach einer <strong>Kreatin</strong> (Cr)-Supplementation: A)<br />
5 Tage <strong>Kreatin</strong> (20 g/Tag)-Einnahme und B) 5 Tage <strong>Kreatin</strong> (20 g/Tag)-Einnahme mit Kohlenhydraten<br />
(CHO) (370 g/Tag) (nach R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson: Creatine; from basic science to clinical<br />
application)
Nach diesen Resultaten wollten die Wissenschaftler (nach Green et al.) herausfinden, wie es<br />
möglich ist eine optimale <strong>Kreatin</strong>-Ladung zu erreichen. Sie fanden heraus, dass eine Aufnahme<br />
des <strong>Kreatin</strong>s in einer kohlenhydratreichen Lösung über 5 Tage von 20 g <strong>Kreatin</strong>/Tag<br />
und 370 g Kohlenhydrate/Tag einen Zuwachs von über 60% herbeiführt. In allen Versuchspersonen<br />
wurde das Maximum von 160 mmol/kg trockener Muskelmasse annähernd erreicht<br />
(siehe Abb. 8).<br />
Jetzt musste eine Erklärung für diese Ergebnisse gefunden werden und Green et al. fanden<br />
schnell die Lösung. Sie experimentierten mit dem durch Kohlenhydrate ausgelösten hohen<br />
Spiegel an Insulin (Hormon das bewirkt, dass Glucose in die Zellen aufgenommen wird).<br />
Insulin soll einen stimulierenden Effekt auf den <strong>Kreatin</strong>-Transporter in den Muskelzellen<br />
haben. Nach Experimenten mit der gleichen <strong>Kreatin</strong>-Konzentration, aber verschiedenen<br />
Insulin-Werten, fanden sie raus, dass bei einer hohen physiologischen Konzentration von<br />
Insulin (~100 mU/l) oder überphysiologische Werte (~200 mU/l) die erhöhte Ansammlung<br />
von <strong>Kreatin</strong> in der Zelle; nicht aber bei niedrigeren Werten wie die physiologischen. Diese<br />
Antwort ist nicht direkt auf das Insulin zurückzuführen, sondern Insulin steigert die Na + /K + -<br />
ATPase (Ionen-Pumpe, die 2 K + in und 3 Na + aus der Zelle transportiert). Somit steigt die<br />
extrazelluläre Na + -Konzentration und es entsteht ein höheres Konzentrationsgefälle für Na+.<br />
Da jetzt der <strong>Kreatin</strong>-Transporter Na + -abhängig ist, Na + vermehrt in die Zelle einströmen kann<br />
(wegen des hohen Konzentrationsgefälle), kann mehr <strong>Kreatin</strong> in die Zelle transportiert<br />
werden. Es erfolgt somit eine indirekte Stimulation des Na + -abhängigen <strong>Kreatin</strong>-Transporters<br />
und nicht eine direkte erhöhte <strong>Kreatin</strong>-Lieferung durch Insulin.<br />
Weitere neuere Experimente zeigen, dass nicht nur Insulin, sondern auch Catecholamine (wie<br />
Adrenalin und Noradrenalin), IGF-1 (Insulinähnliches-Wachstumshormon 1) und Trijodthyronin<br />
(Schildrüsenhormon, auch unter dem Namen T3 bekannt) den gleichen Effekt<br />
zeigen.<br />
Auswirkungen einer <strong>Kreatin</strong>-Supplementation auf den Muskel<br />
während des Trainings und der Erholung:<br />
- Effekte einer kurzzeitigen <strong>Kreatin</strong>-Supplementation:<br />
Die Probanden dieser Studie waren Elite-Radfahrer und bekamen einen <strong>Kreatin</strong>-Zusatz von<br />
25 g/Tag über 5 Tage oral verabreicht. Nach dieser kurzen Ladungszeit mussten sie sich<br />
einem physischen Test unterziehen, der aus einem Ausdauertraining auf einem Fahrradergometer<br />
gefolgt von kurzen aber maximalen Sprints von 10 Sekunden mit jeweils 2 Minuten<br />
Pause dazwischen und einer Resistenz von 6 kg am Fahrrad. Daneben gab es eine Kontrollgruppe,<br />
die nur ein Placebo verabreicht bekamen und den gleichen Test durchführen mussten,<br />
damit man die Resultate vergleichen konnte.<br />
Zuerst sollten die Radfahrer so lange wie möglich unter Maximalkraft bis zur Erschöpfung<br />
fahren. Ihr Laktatwert der Aufschlüsse auf die Erschöpfung gibt und vorher bestimmt wurde<br />
(hier 4 mmol als Anfangswert), konnte nach diesem Test geprüft werden und ergab, dass die<br />
Placebo-Gruppe 3,4 min. schaffte und einen Laktatwert von 11 mmol hatte; die <strong>Kreatin</strong>-<br />
Gruppe 2,8 min. bei einem Laktatwert von 12,7 mmol, was keinen signfikanten Unterschied<br />
zeigt. Somit hat die kurzzeitige <strong>Kreatin</strong>-Supplementation keine Auswirkungen auf die<br />
Ausdauer.
Da die Sprints direkt nach dem Ausdauertraining gemacht wurden; jeweils 5, waren die<br />
<strong>Kreatin</strong>-Gruppe gegenüber der Placebo-Gruppe um 9-10% besser was den ´´Kraft-Output´´<br />
betrifft.<br />
Diese Studie zeigt, dass kurzzeitige <strong>Kreatin</strong>-Supplementation also nicht die Ausdauer fördert,<br />
sondern während oder nach einem Ausdauertraining die gelieferte Kraft bei Sprints verbessert<br />
wird.<br />
- Effekte auf die Muskelrelaxation und die Resynthese von <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong><br />
Man hat herausgefunden, dass eine kurzzeitige <strong>Kreatin</strong>-Ladung eine Erhöhung des gesamten<br />
Muskelkreatin-Gehalts um 10-15% bringt, was gleichermaßen das freie <strong>Kreatin</strong> und das<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> betrifft. Allerdings gibt es keine Beweise dafür, dass die Resynthese von<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> schneller abläuft in Muskelzellen mit hohem kurzzeitigem <strong>Kreatin</strong>-Gehalt,<br />
als in Muskelzellen ohne <strong>Kreatin</strong>-Supplement. Es gibt demnach kein Effekt auf die<br />
Resynthese von <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong>.<br />
Anders sieht es bei der Muskelrelaxation aus, wo wieder Probanden Placebo oder <strong>Kreatin</strong>-<br />
Supplement über 5 Tage und 20 g/Tag bekamen um danach einen Test durchzuführen. Es<br />
wurde die Zeit gemessen die ein Muskel brauch um sich nach einer maximalen isometrischen<br />
Muskelkontraktion zu entspannen. Die Versuchspersonen mussten 12 maximale isometrische<br />
Flexionen des Ellenbogens machen von 3 Sekunden mit Intervallen von 10 Sekunden auf<br />
einem Dynamometer. Die Entspannungszeit des Muskels wurde definiert als Zeit die der<br />
Muskel brauch um von 75% auf 25% seines Drehmoments zu verlieren. Für die Placebo-<br />
Gruppe kam man auf etwa 8,6 ms, hingegen bei der <strong>Kreatin</strong>-Gruppe auf etwa 4,0 ms nach der<br />
ersten Kontraktion. Nach Anstieg der Wiederholungen stieg auch die Relaxationszeit des<br />
Muskels aufgrund der Ermüdung, war jedoch immer kleiner bei der <strong>Kreatin</strong>-Gruppe als bei<br />
der Placebo-Gruppe. Diese Studie zeigt, dass die Entspannungszeit des Muskels abnimmt bei<br />
einer <strong>Kreatin</strong>-Supplementation.<br />
Da eine langsame Muskel-Entspannungszeit karakteristisch für oxidative Muskelfasern, also<br />
für Typ І-Fasern, kann dies bedeuten, dass Menschen mit höherer Konzentration an diesen<br />
Muskelfasern am Besten auf eine <strong>Kreatin</strong>-Supplementation ansprechen. Aber Typ ІІ-Fasern,<br />
wie wir gesehen haben, haben eine höhere <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> -Konzentration als Typ І-Fasern.<br />
Deshalb erreichen Muskeln mit gemischten Fasern den größten <strong>Kreatin</strong>-Speicher bei einem<br />
Zusatz an <strong>Kreatin</strong>.<br />
Diese kurzzeitige <strong>Kreatin</strong>-Supplementation wird eigentlich in der Praxis bei Sportlern nicht<br />
angewendet, sondern es dient mehr Forschungszwecken. Wie wir gesehen haben geht man<br />
davon aus, dass es am Besten ist, wenn man zuerst eine kurze Ladephase mit hohen Dosen<br />
von 4-5 Tagen und 20-25 g <strong>Kreatin</strong>/Tag macht um die Speicher zu Sättigen und dann nur<br />
noch die kleine Dosis (1,5-8 g/Tag je nach Training) zu sich nehmen, damit der <strong>Kreatin</strong>abbau<br />
von etwa 2 g/Tag kompensiert wird und die Speicher nicht leer laufen. Im nächsten Abschnitt<br />
wollen wir uns dann auch diesen Effekten widmen.<br />
- Effekte einer chronischen <strong>Kreatin</strong>-Supplementation:<br />
Eines der ersten bekannten Phänomene die eine längere <strong>Kreatin</strong>-Zunahme bewirken sollen, ist<br />
der Effekt, dass es auf das neuromuskuläre System wirkt und eine Muskelhypertrophie<br />
stimuliert. Hierfür wurde eine Studie durchgeführt, in der wieder eine Placebo-Gruppe
teilnahm und eine <strong>Kreatin</strong>-Gruppe die zuerst 20 g <strong>Kreatin</strong>/Tag über 5 Tage bekamen und dann<br />
während 10 Wochen eine tägliche Dosis von 5 g. Die Freiwilligen waren alle untrainierten<br />
Frauen. Nach der Ladungsphase starteten die Frauen ein Krafttraining-Programm das 3x die<br />
Woche stattfand. Es bestand aus 7 Übungen, mit jeweils 5 Serien und 12 Wiederholungen mit<br />
einem Gewicht von 70% des Maximalgewichtes. Die hohe Dosis am Anfang brachte eine<br />
Steigerung der <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> -Konzentration von 6% bei der <strong>Kreatin</strong>-Gruppe, relativ zu<br />
der Placebo-Gruppe und wurde während der 10 Wochen beibehalten. Krafttraining in Kombination<br />
mit der oralen <strong>Kreatin</strong>-Zunahme zeigt eine Steigerung der fettfreien Körpermasse<br />
(siehe Abb. 9), gegenüber der Gruppe die kein <strong>Kreatin</strong> zusätzlich genommen hat. Am Ende<br />
der 10 Wochen sieht man in der Placebo-Gruppe eine durchschnittliche Steigerung von 1,6 kg<br />
fettfreier Körpermasse wo hingegen in der <strong>Kreatin</strong>-Gruppe eine durchschnittliche Steigerung<br />
von 2,6 kg zu verzeichnen ist. <strong>Kreatin</strong> hat aber keine Auswirkungen auf den Prozentsatzverlust<br />
von Körperfett. Des Weiteren stimulierte <strong>Kreatin</strong> den Gewinn von Muskelkraft und<br />
Energie während des Trainings.<br />
Abbildung 10: Gewicht, Prozentsatz von Körperfett und fettfreier Köpermasse vor Beginn eines<br />
Krafttraining-Programms (3 Stunden/Woche), nach 5 Wochen und nach 10 Wochen. Vergleich einer<br />
Placebo-Gruppe zu einer <strong>Kreatin</strong>-Gruppe (5 g <strong>Kreatin</strong>/Tag) (nach R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson:<br />
Creatine; from basic science to clinical application)<br />
Eine andere Studie hat zudem noch beweisen können, dass <strong>Kreatin</strong> eine Verbesserung des<br />
Aufbaus von Muskelmasse und deren funktionale Kapazität aufgrund eines Trainings mit<br />
hohen Widerständen hervorruft. Diese Stimulation der Muskelhypertrophie durch <strong>Kreatin</strong> ist<br />
maßgebend an einer Leistungssteigerung bei kraft- und energieleistenden Sportlern beteiligt.<br />
Man kann sich sogar diese Stimulation in der heutigen Medizin zu Nutze machen, indem es<br />
der Muskelatrophie entgegen wirken könnte in verschiedenen Krankheiten.
Nebenwirkungen der <strong>Kreatin</strong>-Supplementation:<br />
Es gibt viele Anekdoten über die Nebenwirkungen einer <strong>Kreatin</strong>-Supplementation bei Sportlern,<br />
doch bis jetzt wurden keine wirklich schwerwiegenden Nebenwirkungen wissenschaftlich<br />
festgestellt.<br />
Es kann vorkommen, dass man durch orale Einnahme von <strong>Kreatin</strong> leichte Blähungen oder<br />
Magenkrämpfe bekommen kann. Sie ist auf eine gleichzeitig verminderte Wasseraufnahme<br />
zurückzuführen. Das relativ schlecht lösliche Pulver im sauren Milieu des Magens verweilt<br />
länger.<br />
Vor allem in der Ladephase, kann es zu Muskelkrämpfen in den Beinen kommen. Das<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> bindet Magnesium und somit ein Magnesiummangel in der Muskelzelle<br />
auslöst. Ein ausreichende Flüssigkeitseinnahme oder gegebenenfalls eine Magnesiumergänzung<br />
kann hier für nötige Abhilfe sorgen.<br />
Eine Gewichtszunahme bei oraler <strong>Kreatin</strong>anwendung ist wahrscheinlich auf die Steigerung<br />
der fettfreien Körpermasse zurückzuführen, da das <strong>Kreatin</strong> dafür sorgt, dass eine größere<br />
muskuläre Arbeit während des Trainings durchgeführt werden kann und dadurch auch ein<br />
Wachstum der Muskulatur zustande kommt. Vor allem wieder in der Ladephase haben wir<br />
eine vermehrte Gewichtszunahme. Dieser Effekt ist zu erklären durch die vermehrte Wasserretention<br />
in den Muskelgeweben durch die osmotische Wirkung des <strong>Kreatin</strong>s. Um Krämpfe<br />
und Blähungen so gering wie möglich zu halten, soll ein Sportler in dieser Phase sehr viel<br />
Wasser zu sich nehmen, das in den Muskelgeweben gespeichert wird. Es ist also wichtig viel<br />
Flüssigkeit zu sich zu nehmen, wenn man eine <strong>Kreatin</strong>-Supplementation durchführt.<br />
Eine durch <strong>Kreatin</strong> ausgelöste renale Dysfunktion konnte bisher nicht nachgewiesen werden,<br />
auch wenn davon immer wieder berichtet wird. Es wurde nur festgestellt, dass eine Vorschädigung<br />
der Nieren zu einer renalen Dysfunktion führen kann, diese aber reversibel ist, wenn<br />
das <strong>Kreatin</strong> sofort wieder abgesetzt wird.<br />
Klinische Anwendung von <strong>Kreatin</strong>:<br />
<strong>Kreatin</strong> kann nicht nur in der Sportmedizin angewendet werden, sondern werden auch in der<br />
Humanmedizin in verschiedenen Bereichen erfolgreich eingesetzt:<br />
- Positive Effekte auf den Herzmuskel:<br />
Zwar hat die <strong>Kreatin</strong>-Supplementation keine direkte signifikante Einwirkung auf die Herzvolumen-Leistung,<br />
doch kann bei herzkranken Patienten die Beinmuskulatur deutlich gestärkt<br />
werden, was zu einer höheren Lebensqualität führt (Andrews et al., 1998). Außerdem hat man<br />
bei Herzoperationen festgestellt, dass wenn man in die kardioplege Lösung (Lösung die zum<br />
Herzstillstand führt) <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> zuführt, sich der Herzmuskel schneller erholt nach der<br />
Operation (Tronconi und Saks, 1989). Positive Wirkung wurde auch bei Patienten mit chronischem<br />
Herzversagen erreicht (Grazioli et al., 1992) und bei der Behandlung von Herzrythmusstörungen<br />
und nach Herzinfarkten (Ruda et al., 1988)
- Positive Effekte auf die glatte Muskulatur:<br />
Auch die glatte Muskulatur profitiert anscheinend von einem <strong>Kreatin</strong>-Zusatz. So wurde festgestellt,<br />
dass Patienten mit Muskelschwund, die unter anderem mit <strong>Kreatin</strong> behandelt wurden,<br />
nachher eine verbesserte Darmmotilität aufwiesen. Da <strong>Kreatin</strong> auch in den Blutgefäßen und<br />
Lungenbronchioli vorkommt, erhofft man sich dadurch eine Verbesserung des Kreislaufsystems<br />
bei Hypertonie (Bluthochdruck) und bei obstruktiven Lungenerkrankungen wie z. B.<br />
Asthma.<br />
- Effekte auf das Wachstum von Knochen und Knorpel:<br />
Zellkulturen mit Osteoblasten haben bewiesen, dass <strong>Kreatin</strong> auch hier eine Förderung beim<br />
Aufbau von Knochensubstanz fördert. Es wird angenommen, dass das <strong>Kreatin</strong>-System hilft<br />
die für das Wachstum wichtige Energie zu liefern, denn die ganzen Prozesse der Mineralisierung<br />
und Umbau von Knochen- und Knorpelgewebe ist sehr energieraubend für den Organismus.<br />
In Experimenten bei Ratten mit <strong>Kreatin</strong>analoga (z.B.Guanidino-Propionsäure), die<br />
das <strong>Kreatin</strong>-System hemmen, wurde gezeigt, dass die Abwesenheit von <strong>Kreatin</strong> zu schweren<br />
Missbildungen führt. <strong>Kreatin</strong> kann also bei der Heilung von Knochenbrüchen oder nach<br />
Prothese-Operationen eingesetzt werden, um die Heilungsprozesse zu beschleunigen und zu<br />
optimalisieren. Auch der Verlauf von Osteoporose könnte mit Hilfe von <strong>Kreatin</strong> gebremst<br />
werden (nach Gerber und Wallimann, 1998).<br />
Allerdings ist die Wirkungsweise von <strong>Kreatin</strong> im Knochen noch nicht erforscht und bedarf<br />
noch einiger wissenschaftlicher Studien.<br />
- Effekte auf Gehirn und neurodegenerative Erkrankungen:<br />
Das ganze <strong>Kreatin</strong>-System wird auch vermehrt im Gehirn gefunden, vor allem in den Nervenzellen<br />
die wichtig für Bewegung und Koordination (Purkinje-Zellen im Kleinhirn) oder für<br />
Lernen und Gedächtnis (Nervenzellen des Hippocampus) sind (Kaldis et al., 1996). Folglich<br />
kann <strong>Kreatin</strong> eine Leistungssteigerung dieser Gehirnbereiche hervorrufen. Bei einem Gendefekt<br />
in der <strong>Kreatin</strong>-Synthese, die Guanidinoacetat-Aminotransferase, zeigen Kinder viele<br />
neuronale Störungen wie Entwicklungs- und Bewegungsstörungen, aber auch autistisches<br />
Benehmen und Hypotonie. Diesen Störungen konnte mit einer <strong>Kreatin</strong>-Supplementation<br />
entgegen gewirkt werden und sogar teilweise ganz verschwinden lassen. Neuste Befunde<br />
zeigen sogar, dass neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder auch<br />
Chorea Huntington ein wenig gemildert werden konnten (Matthews et al., 1998).<br />
<strong>Kreatin</strong> hat also eine Schutzfunktion im Gehirn die auch vor Sauerstoffradikalen oder Sauerstoffmangel<br />
schützen soll. Man konnte auch noch beweisen, dass die mitochondriale <strong>Kreatin</strong>-<br />
Kinase eine wesentliche Rolle im programmierten Absterben von Zellen (Apoptose) spielt, da<br />
dieser ganze Prozess unter anderem vom Mitochondrium ausgelöst wird. In dieser Richtung<br />
sind der Forschung über <strong>Kreatin</strong> noch keine Grenzen gesetzt (O´Gorman et al., 1997 und<br />
Brdizca et al., 1998)<br />
- Effekte in der Gynäkologie:<br />
Das Vorkommen der CK-BB (Isoform der <strong>Kreatin</strong>-Kinase) und mitochondrialer CK in hohen<br />
Konzentrationen in der Gebärmutter und der Placenta bei einer Schwangerschaft wird genau<br />
reguliert und ist vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft überproportional in diesen
Geweben repräsentiert. Tatsächlich ist die <strong>Kreatin</strong>-Kinase das am Besten von Oestrogenen<br />
regulierte Protein (Thomure et al., 1994).<br />
Es ist also denkbar, dass eine <strong>Kreatin</strong>-Supplementation im letzten Abschnitt der Schwangerschaft<br />
eine bevorstehende Geburt erleichtern könnte. Vor allem der Geburtsvorgang kann<br />
durch gestärkte Gebärmuttermuskulatur erleichtert werden, aber auch dem Foetus bei Wachstum<br />
und neuronaler Entwicklung helfen. Es gibt jedoch noch keine Studien am Menschen<br />
über diese Effekte.<br />
Wir haben auch schon gesehen, dass in Spermien das <strong>Kreatin</strong>-System auch vorhanden ist und<br />
hier zumindest bei Tieren eine wesentliche Energiequelle für die Fortbewegung der Spermien<br />
darstellt. Wissenschaftler streiten noch über die Wirkung von <strong>Kreatin</strong> bei menschlichen<br />
Spermien und den Einfluss auf die männliche Fruchtbarkeit.<br />
- Effekte auf das Immunsystem:<br />
Macrophagen, die Fresszellen des Körpers, die wichtig in der Eliminierung von unerwünschten<br />
Eindringlingen sind (wie Bakterien oder Viren), besitzen auch das <strong>Kreatin</strong>-System. Bei<br />
der Phagozytose benutzen sie vorwiegend dieses System als Energiequelle. Besonders bei<br />
systemischen Infektionen soll eine <strong>Kreatin</strong>-Supplementation eine positive Schutzfunktion<br />
darbieten und als Energiepuffer dienen (Lara et al., 1998)<br />
- Effekte auf Blutfettwerte und Entzündungen:<br />
Eine Studie hat ergeben, dass <strong>Kreatin</strong> mit einer täglichen Dosis von 5 g über 56 Tage<br />
eingenommen, die Cholesterinwerte um 6%, die Triacylglyceride um 23% und auch das LDL-<br />
C (Low Density Lipoprotein-C, Transportiert das Cholesterin von der Leber zu den Zellen im<br />
ganzen Körper) um 22% senken konnten (Earnest et al.,1996).<br />
Eine indische Forschergruppe konnte nachweisen, dass <strong>Kreatin</strong> eine entzündungshemmende<br />
und schmerzlindernde Wirkung haben kann (Khanna und Madan, 1978). Kurz sei noch<br />
erwähnt, dass es in Tiermodellen sogar gelungen ist mit <strong>Kreatin</strong> oder <strong>Kreatin</strong>analoga das<br />
Wachstum von Tumoren zu bremsen oder sogar ganz zu stoppen. Diese Forschung steckt aber<br />
noch in den Kinderschuhen, so dass erste Resultate beim Menschen erst in ein paar Jahren zu<br />
erwarten sind.<br />
Ermittlung der <strong>Kreatin</strong>/ <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> -<br />
Konzentrationen mittels 31P-MR-Spektroskopie:<br />
Wir haben gesehen, dass im Muskel etwa 95 % des Gesamtkreatins vorhanden sind und der<br />
Rest in glatter Muskulatur, Herzmuskulatur, Gehirn und kleine Mengen in anderen Organen,<br />
die energetisch aktiv sind. Wie ist man eigentlich auf diese Resultate gekommen? Man hat<br />
extra dazu eine Methode entwickelt um den Energiestoffwechsel einer Zelle genau unter die<br />
Lupe zu nehmen. Bei dieser Methode handelt es sich um die 31 P-NMR-Spektroskopie in der<br />
das Verhalten von Phosphor-Atomen in einem sehr starken Magnetfeld aufgezeichnet werden<br />
können. Da das Phosphor-Atom das wichtigste Atom des ganzen Energiestoffwechsels darstellt,<br />
schaut man sich eben das Verhalten dieses Atoms in so einem Magnetfeld an. Eine
solche Methode ermöglicht eine nicht-invasive, in vivo Darstellung der Moleküle die mit dem<br />
Energiestoffwechsel in Verbindung stehen; also vor allem ATP und freies Phopsphat aber<br />
eben auch das <strong>Kreatin</strong>/<strong>Kreatin</strong>phosphat-System kann hiermit erfasst werden und Konzentrationen<br />
errechnet werden. Zusätzlich kann man auch den Laktat-Wert in der Zelle bestimmen<br />
und daraus einen intrazellulären pH-Wert errechnen. Man kann also mit dieser Methode<br />
einem Muskel bei seiner Arbeit indirekt ´´zusehen´´ und die Veränderungen des Stoffwechsels<br />
während körperlicher Arbeit oder in der Regenerationsphase feststellen. Nicht nur<br />
experimental ist diese Art der Untersuchung ein wichtiges Standbein, sondern auch in der<br />
praktischen Medizin bei der Diagnose von Muskelerkrankungen, Herzerkrankungen oder<br />
auch neurologische Erkrankungen, da oft der verminderte energetische Stoffwechsel in diesen<br />
Geweben Aufschluss auf Pathologien gibt.<br />
In Abbildung 10 sieht man ein solches Spektrum was mit einer 31 P-NMR-Spektroskopie<br />
erfasst wurde. In der Klinik wird sie seit geraumer Zeit zur Bestimmung von Herzhypertrophien<br />
und Herzinsuffizienzen oder Herzversagen benutzt. Sie erlaubt eine recht gute, nichtinvasive<br />
Diagnose einer solchen Pathologie.<br />
Abbildung 11: 31P-MR-Spektroskopie isolierter Rattenherzen, perfusiert mit Glucose und an einer<br />
isometrischen Kraft von 70 cm H2O. Das Spektrum A ist von einer Kontrollratte und Spektrum B von<br />
einem hypertrophen Rattenherzen. Man kann an den <strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> (PCr)- und ATP-Peaks (-<br />
Spitzen) feststellen, dass das hypertrophe Herz ein niedrigeres PCr/ATP-Verhältnis hat (nach Michael A.<br />
Conway und Joseph F. Clark: Creatine and Creatine <strong>Phosphat</strong>e; scientific and clinical perspectives)
Ein kleiner Einblick in die Evolution..<br />
Meyerhof und Lohmann (1928) entdeckten in den Muskeln von Garnelen, dass bei einer Muskelkontraktion<br />
der Spiegel von Arginin-<strong>Phosphat</strong> sank, so wie man es bei Wirbeltieren mit<br />
<strong>Kreatin</strong>-<strong>Phosphat</strong> schon lange vorher festgestellt hatte. Etwas später (Elodi und Szorenyim,<br />
1956; Morrison et al., 1957) fand man auch das Enzym das zuständig für die Phosphorylation<br />
der Aminosäure Arginin ist, die Arginin-Kinase und stellte fest, dass sie eine sehr ähnliche<br />
Struktur und Funktionsweise wie die <strong>Kreatin</strong>-Kinase hat. Dies Arginin-Kinase und das<br />
Arginin-<strong>Phosphat</strong> sind also spezifisch für die wirbellosen Tiere, da sie auch in Insekten und<br />
anderen wirbellosen Tieren wie die Garnele gefunden wurde. Die Arginin-Kinase wurde noch<br />
nicht bei einem Wirbeltier nachgewiesen, doch es gibt offensichtlich wirbellose die auch eine<br />
<strong>Kreatin</strong>-Kinase besitzen (z.Bsp Schwämme, Ringelwürmer, Stachelhäuter und Chordatieren)<br />
(Watts, 1971).<br />
Abbildung 12: Caridina japonica, die Amanogarnele. Sie besitzt wie alle wirbellosen Tiere das Arginin-<br />
<strong>Phosphat</strong>-System (aus der Wikipedia-Datenbank)<br />
Die Phosphagene und Kinasen der Vertebraten befinden sich nicht nur im Muskel, sondern<br />
wurden auch in anderen nicht-muskulären Geweben wie Leber, Nieren, Milz und Hoden<br />
gefunden. Da die Leber und Milz sehr gut durchblutet sind, geht man davon aus, dass die<br />
hohen Konzentrationen des <strong>Kreatin</strong>-Systems in diesen Geweben durch die glatte Muskulatur<br />
der Gefäße zustande kommen. Bei Invertebraten wurden nur Aktivitäten des Systems in den<br />
Gameten (Spermien und Eier) gefunden. Bei Seeigel, die zu den Stachelhäutern gehören und<br />
deswegen beide Arten von Kinasen besitzen (Arginin- und <strong>Kreatin</strong>-Kinase) wurden zum<br />
Beispiel in den Spermatozoen nur <strong>Kreatin</strong>-Kinasen festgestellt und in den Eiern nur Arginin-<br />
Kinasen, aber später in den Muskeln des Erwachsenen konnten beide Spezies nachgewiesen<br />
werden (Moreland, 1967).<br />
Den Grund für den Unterschied in der Ausstattung des Phosphagen-Systems zwischen<br />
Wirbeltieren und wirbellosen Tieren ist noch nicht völlig geklärt. Man weiß noch nicht so<br />
richtig warum die Evolution sich bei den sich später entwickelnden Vertebraten ein neues
System ´´überlegt´´ hat. Es ist möglich, dass der Transport von energiereichen <strong>Phosphat</strong>en ein<br />
Vorteil des <strong>Kreatin</strong>-Systems gegenüber dem Arginin-System, da <strong>Kreatin</strong> nur in Verbindung<br />
mit Energie eingeschaltet wird, hingegen Arginin noch in vielen anderen metabolischen<br />
Reaktionen eine große Rolle spielt. Da die Vertebraten immer kompliziertere Organismen<br />
wurden im Vergleich zu den Invertebraten, könnte eine große Variation des Arginin-Spiegels<br />
bei den Wirbeltieren zu schwerwiegenden Problemen geführt haben. Wenn man zum Beispiel<br />
bedenkt, das Arginin wichtig in der Bildung von NO (Stickstoffmonoxid) ist:<br />
Arginin --> NO + Citrullin<br />
Dieses Stickstoffmonoxid hat eine große Bedeutung in der Übertragung von lokalen Zellantworten<br />
und kann eine Vasodilatation der Gefäßmuskulatur auslösen über die Produktion in<br />
den Endothelzellen. Wenn der Arginin-Spiegel eben gerade in dem Augenblick, also bei<br />
körperlicher Anstrengung, niedrig wäre, weil es im Energietransport gebraucht wird, könnte<br />
keine genügende Gefäßerweiterung für die nötigen Metabolite wie Sauerstoff oder Glucose<br />
stattfinden.<br />
Somit hat sich die Evolution für ein spezifisches System bei den Vertebraten ´´entschieden´´.<br />
Literatur:<br />
- Michael A. Conway und Joseph F. Clark:<br />
Creatine and Creatine <strong>Phosphat</strong>e; scientific and clinical perspectives, 1996 (Academic Press,<br />
Harcourt Brace & Company, Publishers; San Diego, London, New York, Boston, Sydney,<br />
Tokyo und Toronto)<br />
- R. Paoletti, A. Poli und A.S. Jackson:<br />
Creatine; from basic science to clinical application, 2000 (Kluwer Academic Publishers;<br />
Dordrecht, Boston und London)<br />
- Jan Koolman und Klaus-Heinrich Röhm:<br />
Taschenatlas der Biochemie, 2003 (Georg Thieme Verlag; Stuttgart und New York)<br />
- Deetjen, Speckmann, Hescheler:<br />
Physiologie, 2005 (Urban & Fischer; München und Jena)<br />
- http://www.myogenic.de/artikel/creatin/<br />
- http://www.leistungssport.com/index.php?site=72&unav=1234567942<br />
- http://www.wikipedia.org/<br />
- http://gin.uibk.ac.at/thema/sportundernaehrung/kreatin.html<br />
- http://ntbiouser.unibe.ch/trachsel/teaching/creatin/CreatinCreatinin.html#Stoffwechsel<br />
- http://www.svl.ch/reports/kreatin_wallimann_mt.html