Auf(er)stehen - San Miguel Caracas
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Thema <strong>Auf</strong>(<strong>er</strong>)<strong>stehen</strong><br />
<strong>Auf</strong>(<strong>er</strong>)stehn - als politisches Erwachen. Ein Gespräch<br />
mit Carsten Todtmann<br />
Erzählen Sie doch bitte, wie<br />
Ihr Buch „Todos Marchan“<br />
entstanden ist.<br />
Venezuela befand sich an<br />
einem Scheidepunkt. Damals,<br />
als vor 13 Jahren gewählt<br />
wurde. Eine neue Bewegung<br />
war im Ent<strong>stehen</strong>, die mir<br />
auch Angst machte. Und um<br />
mir diese Angst zu nehmen<br />
habe ich entschieden: Geh auf<br />
die Straße und guck dir das<br />
an und habe meine Kam<strong>er</strong>a<br />
mitgenommen. V<strong>er</strong>anstaltungen<br />
besucht. Und so ist eine<br />
<strong>er</strong>ste Schwarz-Weiß S<strong>er</strong>ie<br />
entstanden. Dann ab<strong>er</strong> kam<br />
es zu heftigen Reaktionen, die<br />
Oppsosition ging ebenfalls auf<br />
die Straße, sie wurden imm<strong>er</strong><br />
massiv<strong>er</strong>, die Gegenreaktionen<br />
auch. Also eine Art<br />
politische <strong>Auf</strong><strong>er</strong>stehung d<strong>er</strong><br />
venezolanischen Bevölk<strong>er</strong>ung<br />
in zwei Blöcken. Die kein<strong>er</strong>lei<br />
Dialog mehr zuließen - ab<strong>er</strong><br />
dennoch friedlich waren. Ich<br />
bin auf die Demos gegangen,<br />
die beinahe aneinand<strong>er</strong><br />
vorbeimarschi<strong>er</strong>t sind, ohne<br />
dass es zu Gewaltakten<br />
gekommen war. Ganz and<strong>er</strong>s<br />
als damals, 1968/9 in Hamburg<br />
zum Beispiel. In Venezuela war<br />
auch sehr viel „Fiesta“ dabei.<br />
Dann ab<strong>er</strong> ist dies<strong>er</strong> <strong>Auf</strong>stand<br />
gekippt, od<strong>er</strong> mein<strong>er</strong> Meinung<br />
nach gekippt worden. Es gab<br />
Gewalt, einen Putsch, einen<br />
Gen<strong>er</strong>alstreik. Im Endeffekt hat<br />
das die Fronten radikalisi<strong>er</strong>t.<br />
Und den Macht<strong>er</strong>halt in den<br />
Vord<strong>er</strong>grund gestellt.<br />
W<strong>er</strong>den diese Prozesse<br />
Ihr<strong>er</strong> Meinung nach von d<strong>er</strong><br />
breiten Öffentlichkeit so wahr<br />
genommen?<br />
Ich glaube schon. Sehen Sie die<br />
Ergebnisse d<strong>er</strong> Vorwahlen vom<br />
12. Februar. Die Öffentlichkeit<br />
hat entschieden. D<strong>er</strong> <strong>Auf</strong>stand<br />
hat jetzt eine politisch-korrekte<br />
Richtung. Die Opposition hat<br />
eine demokratische <strong>Auf</strong>stellung<br />
gefunden und die Optionen<br />
liegen offen auf dem Tisch. Und<br />
Venezuela ist - wie Humboldt<br />
es schon sagte - ein hoch<br />
politisches Land. Hi<strong>er</strong> ein sehr<br />
nücht<strong>er</strong>n<strong>er</strong> Kandidat mit ein<strong>er</strong><br />
sympathischen Ausstrahlung<br />
- dort d<strong>er</strong> Präsident, d<strong>er</strong><br />
Massen begeist<strong>er</strong>n kann.<br />
Und d<strong>er</strong> sich vielleicht jetzt<br />
einen Schafspelz üb<strong>er</strong>zieht.<br />
Wir w<strong>er</strong>den sehen. Ab<strong>er</strong> die<br />
Primarias haben gezeigt, dass<br />
11<br />
eine neue politische Gen<strong>er</strong>ation<br />
angekommen ist. Wir sehen<br />
ein politisches Erwachen. Ein<br />
friedliches Erwachen.<br />
Muss man sich Sorgen<br />
machen, wenn man jetzt auf<br />
die Zeit bis Oktob<strong>er</strong> schaut -<br />
od<strong>er</strong> auch danach?<br />
Es wird schwi<strong>er</strong>ig. Ein<br />
langsam<strong>er</strong>, schwi<strong>er</strong>ig<strong>er</strong> Prozess<br />
- auch wirtschaftlich. Es wird<br />
sich<strong>er</strong> eine Unordnung geben.<br />
Und sehen Sie, für mich als<br />
Kaufmann waren die letzten<br />
Jahre v<strong>er</strong>lorene Jahre, ich hätte<br />
g<strong>er</strong>n etwas investi<strong>er</strong>t. Ab<strong>er</strong><br />
dem steht die wirtschaftliche<br />
V<strong>er</strong>unsich<strong>er</strong>ung hi<strong>er</strong> im Wege.<br />
Die Flucht d<strong>er</strong> Jugendlichen,<br />
denen niemand raten kann,<br />
sich im Land zu enagi<strong>er</strong>en,<br />
wenn am Ende möglich<strong>er</strong>weise<br />
alles umsonst gewesen ist.