Nicht nur Bremslok
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Die Neubaukessel-45 als H0-Modell von Liliput<br />
<strong>Nicht</strong> <strong>nur</strong> <strong>Bremslok</strong><br />
Aller guten Dinge sind drei: Zählt man die Modelle der 45-Vorserie<br />
aus Wiener Liliput-Produktion mit, ist die jetzt vorgestellte<br />
45 023 nach den Maschinen mit Serienkessel (s. MIBA 11/2002)<br />
nun schon die dritte Kesselvariante dieser Baureihe. Doch das<br />
Modell stellt keineswegs <strong>nur</strong> eine Formänderung dar: Liliput hat<br />
eine komplett neue Konstruktion nach aktuellen Baugrundsätzen<br />
auf die Schienen gestellt – sehr löblich, wie Martin Knaden und<br />
Bernd Zöllner finden.<br />
Eine Zugpferd, das weniger zum Ziehen,<br />
sondern überwiegend zum<br />
Bremsen eingesetzt wurde – ja, das hat<br />
es wirklich gegeben. Die besonderen<br />
Anforderungen, die das Eisenbahnzentralamt<br />
Minden an diese schweren<br />
Dampflokomotiven stellte, geben auch<br />
im Modell die Gelegenheit, etwas Besonderes<br />
auf die Strecke zu schicken.<br />
Eine Diesellok, ein oder zwei Messwagen<br />
und am Zugschluss die 45 023<br />
– das ist als Hingucker jetzt auch auf<br />
Modellbahnstrecken möglich. Doch<br />
auch wer lieber einen schweren Güterzug<br />
befördern möchte, handelt vorbildgerecht:<br />
Die Loks des BZA halfen immer<br />
mal wieder im Güterverkehr aus.<br />
Werfen wir zuerst einen Blick auf<br />
den neuen Kessel. Er ist charakterisiert<br />
durch den eckigen Kasten des<br />
Heißdampfreglers und die drei Dome<br />
(zwei Sanddome, ein Dampfdom). Von<br />
den Sanddomen gehen die aus Kunststoff<br />
gefertigten Sandfallrohre zur Vor-<br />
derseite aller fünf Treibräder. Darüber<br />
sind die Betätigungsstange für den<br />
Heißdampfregler, eine Griffstange und<br />
die Stange für das Ventil der Gegendruckbremse<br />
verlegt. Die Reglerstange<br />
ist mehrfach gekröpft, obwohl sie<br />
beim Original ziemlich gerade verlief.<br />
<strong>Nicht</strong> dargestellt ist die Stellstange für<br />
das Ventil der Speisepumpe und die<br />
Pfeife ist zu klein. Sämtliche Ventile<br />
sind sehr zierlich ausgeführt und<br />
schmiegen sich vorbildgerecht an die<br />
Kesselrundung.<br />
Die Heizerseite wird dominiert von<br />
den Versorgungseinrichtungen. Das<br />
minutiös nachgebildete Speiseventil ist<br />
über eine lange Leitung von der Strahlpumpe<br />
aus angeschlossen; Letztere<br />
liegt als Zurüstteil bei und muss unterhalb<br />
des Führerstandes eingeklipst<br />
werden. Auffällig auch der massive<br />
Heißdampfverteilerflansch, der Dynamo,<br />
Hilfsbläser und Speisepumpe bedient.<br />
Die Hilfsbläserleitung führt als<br />
Gravur am Kessel entlang; die darüber<br />
liegende Griffstange folgt diesem Verlauf<br />
auf ganzer Länge. Die Leitungsführung<br />
an den beiden Nassdampfverteilern<br />
und zum Heißdampfverteiler ist<br />
nicht ganz vorbildgerecht.<br />
Korrekt hingegen das Führerhaus mit<br />
seinen feinen Nietreihen. Wer genau<br />
hinsieht, wird bemerken, dass auch das<br />
Führerhaus aus einer völlig neuen Form<br />
ist. Wie schon bei der 45 011 wurden<br />
auch hier die hinteren Führerstandsfenster<br />
geschlossen dargestellt.<br />
Auch der Tender ist aus einer neuen<br />
Form, denn in dieser Modellausführung<br />
zeigt er unverkleidete Kohlenkastenrippen.<br />
Zudem hat er ein Metallgehäuse<br />
im Unterschied zum Kunststoffgehäuse<br />
der 45 011. Am Tender findet<br />
man beidseitig unter dem Wasserkasten<br />
feine Dampf- bzw. Elektroleitungen<br />
sowie die obligatorischen Leitern und<br />
Griffstangen an der Vorderseite.<br />
Auch der Rahmen der Lok ist nicht<br />
vom Vorgängermodell übernommen,<br />
sondern komplett neu erstellt. Die Vorlaufachse<br />
hat nun deutlich mehr Bewegungsfreiheit.<br />
Blickt man von vorn auf<br />
den Rahmen, sind Zylinder- bzw.<br />
Schieberdeckel und das Kolbenstangenschutzrohr<br />
erkennbar. Nahezu unverändert<br />
sind Räder und Steuerung<br />
geblieben. Das Bremsgestänge ist hingegen<br />
hier aus mehreren Teilen zusammengesetzt.<br />
Die Bedruckung ist vollständig und<br />
inhaltlich korrekt. Sie weist das Modell<br />
als Maschine der BD München (Bremsuntersuchung<br />
am 17.6.64) aus. Da das<br />
Vorbild am Führerhaus keine Schilder<br />
hatte, sind diese zu Recht nicht als<br />
schwarze Fläche dargestellt. MK<br />
20 MIBA-Miniaturbahnen 10/2010
Technik<br />
Lok und Tender bestehen in wichtigen<br />
Baugruppen aus Metall und sind durch<br />
eine lösbare Kupplung miteinander<br />
verbunden. Der Antrieb befindet sich<br />
wieder im Tender, der im grundsätzlichen<br />
Aufbau mit dem Tender der BR 05<br />
identisch ist. Bei der Lok lassen sich<br />
der Kessel aus Metall samt Umlauf und<br />
Führerhaus (beides aus Kunststoff)<br />
nach dem Lösen von insgesamt vier<br />
Schrauben leicht vom Fahrwerk abheben.<br />
Dies ist insbesondere zum Einbau<br />
eines Rauchentwicklers notwendig.<br />
Zwei Gewindeschrauben gehen von<br />
unten direkt in den Kessel und sorgen<br />
für eine sichere und zuverlässige<br />
Schraubverbindung, während zwei<br />
weitere winzige Selbstschneideschrauben<br />
zusätzlich das Führerhaus auf dem<br />
Rahmen fixieren.<br />
Beim Tender genügt es, zum Einbau<br />
eines Decoders den aufgerasteten Kohlenkastenaufsatz<br />
aus Kunststoff nach<br />
oben abzuziehen, da die Hauptplatine<br />
über dem Motor samt der 21-poligen<br />
Schnittstelle dann direkt zugänglich ist.<br />
Dies gilt auch für einen kleinen Schalter,<br />
mit dem ein eingebauter Rauchentwickler<br />
zu- und abgeschaltet werden<br />
kann. Im Digitalbetrieb kann der<br />
Rauchentwickler somit auf einen Decoderausgang<br />
gelegt werden. Für den<br />
Einbau eines Lautsprechers oder zu<br />
Wartungszwecken kann der gesamte<br />
aus Metall bestehende Tenderaufbau<br />
nach dem Lösen von vier kleinen<br />
Schrauben abgehoben werden.<br />
Im Metallfahrwerk ist ein kräftiger<br />
5-poliger Motor mit einer sehr großen<br />
Schwungscheibe gelagert. Er treibt über<br />
Der eckige Kasten<br />
des Heißdampfreglers<br />
weist den<br />
Kessel als Neubaukonstruktion<br />
aus.<br />
Die Druckausgleichsventile<br />
auf den Zylindern<br />
hätten kleiner<br />
sein müssen.<br />
Der Lok-Tender-Abstand<br />
ist konstruktionsbedingt<br />
etwas<br />
erweitert. Die achtpolige<br />
Verbindung<br />
zwischen Lok und<br />
Tender kommt ohne<br />
sichtbare Kabel aus.<br />
Die Leitungsführung<br />
auf beiden Kesselseiten.<br />
Am Heißdampfverteiler<br />
ist<br />
normalerweise das<br />
Handrad berücksichtigt;<br />
es fehlt lediglich<br />
an unserem Testmuster.<br />
MIBA-TEST<br />
MIBA-Miniaturbahnen 10/2010 21
Lok und Tender im demontierten<br />
Zustand. Beide Gehäuse sind durch jeweils<br />
vier Schrauben mit dem Fahrwerk verbunden. Die beiden Schräubchen<br />
am Führerhaus greifen in kleine, angeklebte Gegenstücke aus Kunststoff.<br />
Die achtpolige Verbindung zwischen Lok und Tender kommt<br />
ohne sichtbare Kabel aus. Zudem ist sie lösbar und ermöglicht<br />
so eine einfachere Handhabung des Modells.<br />
Antrieb und Verteilerplatine liegen im Tender. Zum<br />
Einbau eines Decoders muss <strong>nur</strong> der Kohlenkasten<br />
abgehoben werden.<br />
Unten: An der Unterkante des Wasserkastens sind<br />
feine Leitungen angesetzt.<br />
je ein Schnecken-Stirnrad-Getriebe die<br />
zweite und fünfte Tenderachse an. Die<br />
erste Tenderachse ist schwenkbar in einer<br />
Kunststoffdeichsel gelagert, die restlichen<br />
Achsen lagern in einem durchgehenden<br />
Metallrahmen, die angetriebenen<br />
in soliden Messingbuchsen.<br />
Die dritte und vierte Achse liegen<br />
durch druckfederbelastete, höhenbewegliche<br />
Lagereinsätze immer sicher<br />
auf dem Gleis und werden zusätzlich<br />
zur Stromabnahme herangezogen. Dadurch<br />
wird gleichzeitig erreicht, dass<br />
nahezu das gesamte Gewicht des Tenders<br />
als Reibungsgewicht ausschließlich<br />
den beiden angetriebenen Achsen zugutekommt.<br />
Bei der Lok sind alle Treibräder mit<br />
viel Seitenspiel für den obligatorischen<br />
360-mm-Mindestradius im Lokrahmen<br />
aus Zinkdruckguss gelagert. Eine besondere<br />
Höhenbeweglichkeit oder Abfederung<br />
einzelner Achsen gibt es<br />
nicht. An allen Treib- und Kuppelrädern<br />
wird von der Rückseite mit<br />
Radschleifern der Strom abgenommen.<br />
Vor- und Nachlaufachse werden in<br />
Deichseln aus Kunststoff geführt, die<br />
durch Bronzefedern auf das Gleis gedrückt<br />
werden. Die elektrische Verbindung<br />
zwischen Lok und Tender ist in<br />
die lösbare Kupplungsdeichsel integriert,<br />
was sich vorteilhaft auf die Optik<br />
zwischen Lok und Tender auswirkt.<br />
Unterstützt durch die sehr große<br />
Schwungscheibe lässt sich die Lok im<br />
Fahrbetrieb feinfühlig regeln, weil so<br />
eine gewisse Massenträgheit simuliert<br />
wird. Obwohl das Vorbild mit 90 km/h<br />
für eine Güterzuglok verhältnismäßig<br />
schnell war, wurde bei der Höchstgeschwindigkeit<br />
die nach NEM zulässige<br />
Überhöhung voll ausgenutzt. Wegen<br />
der Größe der Schwungscheibe kommt<br />
es in der Folge zu einem sehr großen<br />
Auslauf. Auch der Auslauf bei Vorbildgeschwindigkeit<br />
ist noch in Ordnung,<br />
sodass kurze, durch Schmutz auf den<br />
22 MIBA-Miniaturbahnen 10/2010
Schienen stromlose Abschnitte auch<br />
bei Vorbildgeschwindigkeit noch sicher<br />
überwunden werden. Aufgrund des hohen<br />
Tendergewichts und der richtigen<br />
Konstru ktion für die Lastverteilung ist<br />
die ermittelte Zugkraft auch für einen<br />
langen Güterzug vollkommen ausreichend.<br />
Die mit der Fahrtrichtung wechselnde<br />
(leider gelbe) Stirnbeleuchtung erfolgt<br />
bei Lok und Tender mit LEDs. Sowohl<br />
die Kupplungsdeichsel zwischen<br />
Lok und Tender als auch der Normschacht<br />
an der Lokstirnseite und der<br />
Tenderrückseite sind in Kulissen geführt.<br />
Das Modell ist in einer Faltblisterverpackung<br />
gut vor Transportschäden geschützt.<br />
Die ausführliche Bedienungsanleitung<br />
mit vielen dreidimensionalen<br />
Darstellungen ist für die technische<br />
Aufrüstung und Wartungsarbeiten sehr<br />
instruktiv. Sie wird durch eine ausführliche<br />
Ersatzteilliste ergänzt. bz<br />
Messwerte BR 45<br />
Gewicht Lok / Tender: 343 / 289 g<br />
Haftreifen: 4<br />
Messergebnisse Zugkraft<br />
Ebene: 147 g<br />
30‰ Steigung: 133 g<br />
Geschwindigkeiten (Lokleerfahrt)<br />
Vmax: 128 km/h bei 12,0 V<br />
VVorbild: 90 km/h bei 8,5 V<br />
Vmin: ca. 9 km/h bei 2,1 V<br />
NEM zulässig: 126 km/h bei 12,0 V<br />
Auslauf<br />
aus Vmax: 445 mm<br />
aus VVorbild: 228 mm<br />
Stromaufnahme<br />
Leerfahrt: 105 mA<br />
Volllast: 400 mA<br />
Lichtaustritt: ab 31 km/h bei 4,0 V<br />
Schwungscheibe<br />
Anzahl: 1<br />
Durchmesser: 23,8 mm<br />
Länge: 3,2 mm<br />
Art.-Nr. L131723 (Gleichstrom) uvP: € 267,50<br />
Art.-Nr. L131726 (Wechselstrom) uvP: € 299,95<br />
Der Antrieb<br />
verfügt über eine<br />
große und somit besonders<br />
effiziente Schwungmasse aus Messing.<br />
Fazit<br />
Zwei der fünf<br />
Tenderachsen<br />
sind federnd gelagert.<br />
Fotos: MK<br />
Die neue 45 023 ist in technischer Hinsicht<br />
eine solide Konstruktion, die im<br />
Betrieb gewiss viel Freude machen<br />
wird. Eine üppige Detaillierung von<br />
Lok und Tender in Kombination mit einem<br />
recht günstigen Preis – dafür bekommt<br />
man ein gewaltiges Trumm<br />
von Lok! MK<br />
Maßtabelle Baureihe 45 in H0 von Liliput<br />
Vorbild 1:87 Modell<br />
Längenmaße<br />
Länge über Puffer: 25 645 294,77 294,6<br />
Lok-Pufferträger bis Kuppelkasten: 16 000 183,91 183,9<br />
Abstand Lok–Tender: 175 2,01 3,4<br />
Tender-Kuppelkasten bis Pufferträger:<br />
Puffermaße<br />
8 170 93,91 93,1<br />
Pufferlänge Lok : 650 7,47 7,3<br />
Pufferlänge Tender: 650 7,47 6,9<br />
Puffermittenabstand: 1 750 20,11 20,0<br />
Pufferhöhe Lok: 1 025 11,78 12,45<br />
Pufferhöhe Tender: 1 025 11,78 11,95<br />
Pufferteller-Durchmesser:<br />
Höhenmaße über SO<br />
450 5,17 4,3<br />
Schlotoberkante: 4 550 52,30 53,0<br />
Kesselmitte:<br />
Breitenmaße<br />
3 060 35,17 35,5<br />
Breite Führerhaus: 2 970 34,14 35,6<br />
Breite Tender: 3 100 35,63 35,7<br />
Zylindermittenabstand:<br />
Achsstände Lok<br />
2 240 25,75 29,4<br />
Gesamtachsstand: 13 600 156,32 156,25<br />
Vorlaufachse zu Kuppelachse 1: 3 000 34,48 35,5<br />
Kuppelachse 1 zu Kuppelachse 2: 1 850 21,26 21,1<br />
Kuppelachse 2 zu Kuppelachse 3: 1 850 21,26 21,1<br />
Kuppelachse 3 zu Kuppelachse 4: 1 850 21,26 21,1<br />
Kuppelachse 4 zu Kuppelachse 5: 1 850 21,26 21,1<br />
Kuppelachse 5 zu Nachlaufachse: 3 200 36,78 36,3<br />
Nachlaufachse zu Tenderachse 1:<br />
Achsstände Tender<br />
2 175 25,00 26,0<br />
Gesamtachsstand: 6 000 68,97 68,6<br />
Achse 1 zu Achse 2: 1 750 20,11 19,9<br />
Achse 2 zu Achse 3: 1 500 17,24 17,2<br />
Achse 3 zu Achse 4: 1 375 15,80 15,75<br />
Achse 4 zu Achse 5:<br />
Raddurchmesser<br />
1 375 15,80 15,75<br />
Laufräder vorn: 1 000 11,49 10,8<br />
Treib- und Kuppelräder: 1 600 18,39 18,4<br />
Nachlaufräder: 1 250 14,37 14,4<br />
Tenderräder:<br />
Speichenzahl<br />
1 000 11,49 11,5<br />
Laufräder: 9 – 9<br />
Treib- und Kuppelräder: 17 – 17<br />
Nachlaufräder: 11 – 11<br />
Tenderräder:<br />
Radsatzmaße entsprechend NEM<br />
12 – 12<br />
Radsatzinnenmaß: – 14,3min 14,25<br />
Spurkranzhöhe (Lok/Tender): – 1,2max 0,9<br />
Spurkranzbreite: – 0,9max 0,9<br />
Radbreite: – 2,8min 2,8<br />
MIBA-Miniaturbahnen 10/2010 23