Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

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92 III. Schlussfolgerungen Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland Voraussetzung dafür, die Angebotsvielfalt für die originär in Deutschland entstehende Nachfrage wirtschaftlich realisieren zu können. [Abb. 2] Das Segment der Originärnachfrage ist nur eines von zwei großen Verkehrssegmenten. Das zweite Segment bilden die umsteigenden Passagiere. Dieses Segment wird in seiner Bedeutung häufig unterschätzt. Die Bedeutung des Umsteigeverkehrs spiegelt sich aber z.B. in einer Rate von über 50% umsteigender Passagiere in Frankfurt wider. In Abbildung 2 werden deshalb die Volumina der an den europäischen Hubs umsteigenden Passagiere miteinander verglichen. Während Deutschland, wie oben dargelegt, aufgrund der multizentrischen Wirtschaftsstruktur nur bedingt auf Originäraufkommen setzen kann, zeigt dieser Vergleich die hervorragende Marktposition des deutschen Luftverkehrssystems im nicht weniger wichtigen Segment der Umsteigeverkehre. Durch die hervorragende Vernetzung mit den anderen deutschen und mit europäischen Flughäfen transferiert kein anderer Hub in Europa mehr Umsteigepassagiere als Frankfurt, erst mit deutlichem Abstand gefolgt von London Heathrow. Der junge Hub München hat sich bereits auf einen sechsten Platz im europäischen Wettbewerb um Umsteigepassagiere vorgeschoben. Zusammen ziehen Frankfurt und München mehr Umsteigepassagiere an als Paris Charles de Gaulle und Amsterdam zusammen und 50% mehr als London Heathrow. In internationalen Passagierbefragungen rangiert München als einer der weltweit beliebtesten Umsteigeflughäfen und Frankfurt London Heathrow Paris Charles de Gaulle Amsterdam Madrid München Abb. 2: Umsteigende Passagiere an wichtigen europäischen Hubs 2006 (in Tsd.) Quellen: ACI (Werte für FRA, LHR, AMS, MUC), airconomy (Werte für MAD, CDG) 0 5.000 wurde bereits zum vierten Mal in Folge zum besten Flughafen in Europa gewählt. 3 Die Stärke des Standortes Deutschland im europäischen Vergleich der Umsteigeverkehre ist unerreicht. Umsteigende Passagiere entscheiden sich für oder gegen eine bestimmte Routenführung im Wesentlichen aufgrund von drei Kriterien: Produktangebot, Preis und Umsteigekomfort. ■ Welcher Flugplan ist optimal hinsichtlich der angebotenen Destinationen, der Flugdichte, der Abflugtage, -zeiten und -frequenzen sowie erforderlicher Umsteigezeiten, etc? ■ Welcher Reiseweg ist am billigsten? ■ Welcher Reiseweg bietet den größten Umsteige-Komfort, also insbesondere schnelle und reibungslose Umsteigeabläufe, gute Lounges, ansprechendes Ambiente des Flughafens? Alle drei Dimensionen eines qualitativ hochwertigen Angebotes müssen zusammenkommen, um Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen bzw. abzusichern. Für Flughäfen und Fluggesellschaften als Anbieter ist dabei ökonomisch entscheidend, die fixen Kosten aus Infrastruktur und z.B. Flugzeugflotte durch einen möglichst attraktiven Flugplan auszugleichen, so dass dieser ohne Zugeständnisse an den Preis vom Markt aufgenommen wird. Die Nachfragesicht hat naturgemäß ein Interesse, zwischen möglichst attraktiven Flugplänen zu möglichst niedrigen Preisen auswählen zu können. Für 10.400 18.295 17.604 16.473 23.570 10.000 15.000 20.000 27.783 25.000 30.000
die multizentrische und weltweit vernetzte deutsche Exportwirtschaft besteht aber keine Alternative zu einem insgesamt erstklassigen Angebot an dichten Flugverbindungen in die ganze Welt. Die Infrastrukturpolitik hat einen erheblichen Einfluss auf die mögliche Vielzahl und Vielfalt von Flugverbindungen wie auch auf regulative Einschränkungen, diese zu nutzen. Dies ist vor allem begründet in der Verantwortung der Infrastrukturpolitik für Kapazität und Kapazitätsentwicklungen bei Flughäfen und der Flugsicherung. Auf die Preisbildung hat Luftverkehrspolitik innerhalb der EU keinen Einfluss, dort ist die Preissetzung liberalisiert. Außerhalb der EU gelten bilaterale Vereinbarungen zwischen Staaten, die nach teilweise sehr komplizierten Verfahren die möglichen Preise regeln. Open-Skies-Abkommen sind wichtige, aber nur vereinzelte Schritte in die richtige Richtung. Immerhin: Der Luftverkehr zwischen der EU und den USA ist hinsichtlich Preisbildung und Angebotsmenge bereits umfassend liberalisiert. Preisgestaltung bleibt in einem liberalisierten Markt eine unternehmerische Kernaufgabe und sollte nur dann Gegenstand luftverkehrspolitischer Überlegungen sein, wenn es um die ordnungspolitische Sicherung der Chancengleichheit insgesamt und die gebotene Entwicklung von Wettbewerb auf jeder Stufe entlang der Wertschöpfungskette geht. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die regulierten Kostenbestandteile, also insbesondere Luftsicherheitsgebühren, Flughafenentgelte oder Flugsicherungsgebühren mögliche Preisspielräume für deutsche Marktteilnehmer stärker begrenzen, als dies vor allem bei außereuropäischen Wettbewerbern der Fall ist. 4 Dies ist immer dann ein Wettbewerbsnachteil des Standortes Deutschland, wenn deutsche Luftverkehrsunternehmen im direkten Wettbewerb stehen mit Unternehmen aus weniger regulierten Standorten, an denen die standortspezifischen Kosten für den Luftverkehr vielfach durch günstigere Lohnkosten, Steuern und Abgaben deutlich unter dem Niveau in Deutschland liegen. Diesbezüglich sei auch auf die entsprechende Diskussion im Teil II.2.6 „Ordnungspolitische und gesetzliche Rahmenbedingungen“ verwiesen. Gleiches gilt für die Wettbewerbsfähigkeit der 3 Skytrax 2004, 2005, 2006, 2007. 4 Siehe Kapitel II.2.5 Ordnungspolitische und gesetzliche Rahmenbedingungen. III. Schlussfolgerungen 93 Aspekte des Umsteige-Komforts einer Reise: Hier greifen rechtlich vorgegebene Sicherheitsprozeduren zum Teil sehr tief in alle möglichen Passagierprozesse ein. Es bleibt unternehmerische Verantwortung, Passagierprozesse wettbewerbsfähig zu gestalten. Es bleibt politische Verantwortung, die Rahmenbedingungen hierzu frei von Diskriminierungen oder Wettbewerbsbeschränkungen zu halten. Deutsche Luftverkehrsunternehmen sind insgesamt in allen drei Dimensionen – Produktangebot, Preis, Umsteigekomfort – wettbewerbsfähig aufgestellt. Deutsche Fluggesellschaften gelten als besonders zuverlässig, die Deutsche Flugsicherung gilt als einer der sichersten Anbieter der Welt. Die Flughäfen in Deutschland sind ausgesprochen gut miteinander vernetzt. München gilt als einer der beliebtesten, und Frankfurt als einer der größten Umsteigeflughäfen weltweit. Düsseldorf und sein Einzugsgebiet tief in das Ruhrgebiet hinein ist ein positives Beispiel dafür, wie die Nachfrage auch für einzelne Langstrecken außerhalb der großen Hubs entstehen und sich entwickeln kann. Andere deutsche Verkehrsflughäfen bedienen die Nachfrage der Passagiere bedarfsgerecht über Direktflüge oder Verbindungen über die großen Drehkreuze. Wegen der herausragenden Relevanz der infrastrukturellen Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb um umsteigende Passagiere steht dieser Aspekt in diesem Bericht im Vordergrund. Eine dichte und weltweite Vernetzung des Flugangebotes ist für die deutsche Wirtschaft insgesamt strukturell unverzichtbar. Wegen der großen Bedeutung der infrastrukturellen Rahmenbedingungen für eine solche Vernetzung wird im Folgenden die Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland vor allem anhand der stabilen Wettbewerbsfähigkeit des Flugangebotes überprüft. Stärke im Wettbewerb um umsteigende Passagiere erfordert große Drehkreuze. Die Flugpläne an diesen Hubs werden dabei so gestaltet, dass die ankommenden und abfliegenden Flugsegmente wichtiger Umsteigeverbindungen zeitlich nah beieinander liegen. Ein einzelner Langstreckenflug wird z.B. in Frankfurt auf diese Weise von bis zu 75 Zubringer-
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