Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

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86 II. Entwicklungen und Trends Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland anderen europäischen Organisationen, die bereits heute aufgrund der jeweils geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Lage sind, eigenständig ihre Dienste auch in anderen Ländern zu erbringen, Kooperationen und Beteiligungen einzugehen sowie unternehmerische Wettbewerbsgeschäfte zu tätigen, enthält das deutsche Luftverkehrsgesetz keinerlei wettbewerbliche Aspekte. Die europäische Konstruktion mit wettbewerblichen Elementen ist dem deutschen Recht in seinem Verständnis von Flugsicherung als Hoheitsaufgabe sogar fremd. In diesem Bereich besteht eindeutiger Handlungsbedarf. Um mit anderen Anbietern in Wettbewerb treten zu können, ist ein unabhängiges wirtschaftliches Agieren der DFS Grundvoraussetzung. Aufgrund der derzeitigen Stellung der DFS als bundeseigene Luftverkehrsverwaltung ist unternehmerisches Handeln allerdings kaum möglich. Beispielsweise sind Beteiligungen, die der Realisierung von Skaleneffekten und damit der Erzielung von Einsparungen dienen könnten, nach den derzeit geltenden Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung einem strengen Prüfverfahren zu unterziehen. Das bedeutet letztlich, dass Verbindungen zwischen den europäischen Flugsicherungsorganisationen unter Beteiligung der DFS kaum zeitgerecht umzusetzen sind, solange Staatsverträge oder die Genehmigung des in diesem Fall verantwortlichen Bundesfinanzministeriums ausstehen. Damit sich die DFS dem internationalen Wettbewerb im Markt für Flugsicherungsdienstleistungen erfolgreich stellen kann, wird es erforderlich sein, durch eine Rechts- und Strukturanpassung sowie Kapitalprivatisierung die Konkurrenzfähigkeit der DFS zu erhalten und zu stärken. 5.3 Vereinigte Staaten von Amerika Die Air Transport Association of America (ATA) bemängelt, dass mit der veralteten Technik des USamerikanischen Flugsicherungssystems keine adäquate Flugverkehrskontrolle seitens der Lotsen mehr möglich sei. Folglich würden Flugzeuge auf suboptimale Routen gelenkt, potenzielle Zeitersparnisse ließen sich ebenso wenig realisieren wie die daraus resultierenden Verringerungen von Schadstoffemissionen. 136 Die Notwendigkeit der Modernisierung der Flugsicherung ist in den Vereinigten Staaten weitestgehend anerkannt. So wurde auf staatlicher Seite im Jahr 2005 ein Programm namens NextGen (Next Generation Air Transport System) entwickelt, welches das Ziel verfolgt, in den nächsten 20 Jahren nicht nur die Flugsicherung in den USA sondern das gesamte Lufttransportsystem zu modernisieren. 137 Die Kosten für dieses Projekt belaufen sich auf geschätzte 15Mrd. USD. Der Realisierung des Projekts und der Verbesserung der Situation steht jedoch die seit Jahren herrschende Uneinigkeit zwischen den unterschiedlichen politischen Gruppierungen und den zahlreichen Lobbyvereinigungen entgegen. 138 Den Kern der Auseinandersetzungen bilden die Governance-Struktur 139 sowie das Finanzierungssystem der Federal Aviation Administration (FAA). Eine möglichst baldige Beilegung dieses Konfliktes erscheint zur Sicherung einer langfristig funktionsfähigen Flugsicherung in den Vereinigten Staaten erforderlich. 136 Vgl. Air Transport Association of America (2007): Balancing the Aviation Equation – 2007 Economic Report, S.15. 137 Vgl. Joint Planning and Development Office (2007): Concepts of Operations for the Next Generation Air Transport System, Version 2.0, 13.06.2007. 138 Vgl. ter Kuile (2008): Are we at the dawn of a new era for Global Air Traffic Management, Amsterdam. 139 Obwohl in zahlreichen Studien die Privatisierung der Flugsicherung in den USA angemahnt wurde, konnte bisher keine Entscheidung in dieser Frage herbeigeführt werden. Vgl. Executive Oversight Committee (1994): Air Traffic Control Corporation Study, Report to the US Secretary of Transportation. US Department of Transportation, Washington, DC; National Civil Aviation Review Commission (1997): Avoiding Aviation Gridlock & Reducing the Accident Rate. NCARC, Washington; Poole/Butler (2001): How to commercialize air traffic control, Reason Public Policy Institute, Los Angeles (Policy Study 278) http://www.rppi.org/ps278.htm. 140 Vgl. International Business Strategies (2005): Air Traffic Control in India, Gaithersburg; International Business Strategies (2004): Air Traffic Control Market in China, Gaithersburg, S.5 ff.
5.4 Asien European Center for Aviation Development – ECAD II. Entwicklungen und Trends 87 In Asien wird das stark wachsende Luftverkehrsaufkommen ähnlich wie im Nahen Osten unzureichend durch Flugverkehrsmanagementsysteme unterstützt. Eine effektive regionale Koordination zwischen den unterschiedlichen Akteuren erscheint allerdings aufgrund der enormen Wachstumsraten unverzichtbar, wenn ein Erreichen der Kapazitätsgrenzen des asiatischen Luftraums vermieden werden soll. 140 Um den regulatorischen und den zivilen sowie militärischen Anforderungen gerecht werden zu können wird zunehmend die Forderung nach einem starken institutionellen Rahmen laut. 141 Unabhängig von den Herausforderungen einer regionalen Zusammenarbeit haben China und Indien auch mit individuellen Problemen im Bereich ihrer Flugsicherungen zu kämpfen. Für China wird zukünftig aufgrund des dortigen Luftverkehrswachstums ein steigender Bedarf an Fluglotsen erwartet. Vor diesem Hintergrund wird eine angemessene sowie zeitnahe Rekrutierung und vor allem Ausbildung von zahlreichen Mitarbeitern notwendig. 142 Erschwerend kommt hinzu, dass die Fluglotsen in China häufig vermeiden, in den weniger attraktiven westlichen Provinzen des Landes oder aber in den arbeitsreichen ATC-Centern in Peking, Schanghai und Guangzhou eingesetzt zu werden. 5.5 Naher Osten Die Länder des Nahen Ostens (Vereinigte Arabische Emirate, Katar, Bahrain) sehen sich zukünftig hinsichtlich der Thematik der Flugsicherung folgenden Problemen gegenüber: Die Golfregion zeichnet sich derzeit durch ein beispielloses Wachstum bei der Anzahl der Flugbewegungen aus, 143 welches in absehbarer Zeit zu Kapazitätsengpässen seitens der lokalen Flugsicherungen führen wird. Während die Fluggesellschaften wie Emirates, Etihad sowie Qatar Airways erhebliche Wachstumsraten ihrer Passagieraufkommen verzeichnen und die einzelnen Golf- Staaten in riesige Flughafenprojekte investieren, ist auffällig, dass Investitionen in die Flugsicherung und die entsprechende Infrastruktur am Boden und in der Luft zur Gewährleistung notwendiger Kapazitäten im Luftraum weitgehend fehlen. 144 Zudem leidet der Nahe Osten – in ähnlicher Form wie Europa – unter der Fragmentierung des Luftraums. Diese resultiert unter anderem aus einer starken militärischen Präsenz mit einem hohen Bedarf an Lufträumen für die militärische Nutzung. Sollten die Staaten des Nahen Ostens in der nahen Zukunft nicht in der Lage sein, ein regionales Projekt zur Optimierung des Luftraums zu initiieren, wird das Luftverkehrswachstum in der Golf-Region schnell an seine Grenzen stoßen. 141 Vgl. ter Kuile (2008), a.a.O. 142 Vgl. Vijayaraghavan (2005): A Shortage of Air Traffic Controllers in China, India and The Philippines, Frost&Sullivan, Palo Alto. 143 Vgl. Airbus (2006): General Market Forecast 2006–2025, Blagnac, S.54 f. 144 Vgl. ter Kuile (2008), a.a.O.
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