Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

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76 II. Entwicklungen und Trends Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland 2.5 Fazit: Rahmenbedingungen im Vergleich Ordnungspolitische und gesetzliche Rahmenbedingungen Im folgenden Abschnitt werden zentrale Aspekte, denen für den Standortwettbewerb von Volkswirtschaften eine besondere Bedeutung zukommt, zusammenfassend analysiert. Zu nennen sind diesbezüglich insbesondere die Aspekte Infrastrukturentwicklung, Arbeitsbedingungen und Arbeitsmarkt sowie standortspezifische Kosten. Infrastrukturentwicklung Zwar verfügen die europäischen Länder (und insbesondere Deutschland) derzeit über eine im internationalen Vergleich hochwertige Infrastruktur, jedoch ist zu beobachten, dass sich im Gegensatz zu den Ländern Asiens oder des Nahen Ostens Planungs- und Genehmigungsprozesse oft als langwierige, komplexe und mehrstufige Prozesse mit unterschiedlich starker Beteiligung der Öffentlichkeit gestalten, weshalb oftmals kein zeit- und bedarfsgerechter Infrastrukturausbau erfolgen kann. Auch in den Vereinigten Staaten gelten komplexe Planungs- und Genehmigungsprozesse als eine der Hauptursachen der Kapazitätsengpässe im Bereich Luftverkehr. Sowohl für die europäischen Länder als auch die USA gilt: Umfangreiche Umweltprüfungen und Lärmschutzvereinbarungen sowie lang andauernde Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Interessengruppen haben üblicherweise lange Verzögerungen des Infrastrukturausbaus zur Folge. Mitunter lässt sich aber über einen Ausgleich mit Anrainern eine Beschleunigung eines Planungs- und Genehmigungsverfahrens erzielen. In Deutschland haben die Dauer der Genehmigungsverfahren zum Bau des Flughafens München im Erdinger Moos in den 1970er und 1980er Jahren sowie zur nun Ende des Jahres 2007 genehmigten Erweiterung des Flughafens Frankfurt die Notwendigkeit von Reformen des Planungs- und Genehmigungsverfahrens sehr deutlich gemacht. Mit dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungs- gesetz für die neuen Bundesländer und dem Planungsvereinfachungsgesetz wurden erste Reformschritte eingeleitet. 93 Bei der Beantragung von Infrastrukturmaßnahmen in den VAE und Katar handelt es sich hingegen auf Grund der klaren strategischen Ausrichtung und Fokussierung des jeweiligen Staates um eher formlose und damit zügige Vorgänge. Die Planung und Realisierung von Großprojekten in China war bis 2004 langwierig, da sie zahlreiche Prüfschritte, Bewilligungen sowie umfangreiche Kontrollrechte der staatlichen Stellen beinhaltete. Seit 2004 wurden jedoch zahlreiche Reformmaßnahmen verabschiedet, nach denen Projekte (auch mit staatlicher Beteiligung) nun einen vereinfachten und standardisierten Prozess durchlaufen. Auch in Indien wird versucht, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu straffen und zu vereinfachen. 94 Diese Maßnahme soll insbesondere privates Kapital mobilisieren. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Planungsund Genehmigungsverfahren in der Mehrzahl der Länder des Nahen Ostens und Asiens, wenn auch unter teilweiser Inkaufnahme geringerer gesellschaftlicher Partizipationsmöglichkeiten, schneller und wesentlich kostengünstiger abgewickelt werden können als in den Ländern Europas und in den USA. Arbeitsbedingungen / Arbeitsmarkt Die Arbeitsbedingungen variieren sowohl in Europa als auch in Asien. Während Deutschland und Frankreich aber auch Indien über ein vergleichsweise umfangreiches Arbeitsrecht mit umfangreichen Schutzrechten der Arbeitnehmer verfügen, ist das Arbeitsrecht der VAE und Katars relativ flexibel. Ähnlich wie in den USA und dem Vereinigten Königreich existieren dort keine oder nur geringe Vorgaben zum Inhalt von Arbeitsverträgen. Auch Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter wie z.B. ein Kündigungsschutz existieren nicht. In China sind im Bereich der Arbeitsgesetzgebung starke Modernisierungsbemühungen feststellbar. Durch neue arbeitsrechtliche Bestimmungen und Regelungen (z.B. PRC Labour Contract Law) nähert sich China, 93 Gesetz zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin, vom 16.12.1991 und Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege vom 17.12.1993. 94 Vgl. Reuters India (2008): Government to expedite airport project approval, Abruf am 29.02.2008.
European Center for Aviation Development – ECAD II. Entwicklungen und Trends 77 ebenfalls wie VAE und Katar, bei denen langsam ähnliche Maßnahmen vollzogen werden, an internationale Standards an. Hintergrund ist in China, ähnlich wie in den VAE und Katar, dass sich ein immer größerer Fachkräfte- und Arbeitermangel bemerkbar macht, der die Expansionspläne dieser boomenden Volkswirtschaften hemmt. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich die VAE und Katar zunehmend mit verschiedenen Menschenrechtsorganisationen auseinandersetzen müssen, die die mangelhafte Behandlung ausländischer Billiglohn-Arbeitskräfte kritisieren. 95 Zur Deckung des Fachkräfte- und Arbeitermangels greifen die VAE und Katar in großem Umfang auch auf andere, in und durch ihre Heimatländer qualifizierte und gut ausgebildete Kräfte zurück; beispielsweise auf Piloten und Fluglotsen. Standortspezifische Kosten Bei Betrachtung der Steuergesetzgebung in den untersuchten Ländern fallen lediglich die VAE auf, in denen keine Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer erhoben wird. Ausnahmen bestehen nur für Niederlassungen ausländischer Banken sowie für Unternehmen der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie. 96 Eine der deutschen Gewerbesteuer ähnliche Steuer ist in den Emiraten unbekannt. Zudem gibt es dort bislang keine Mehrwertsteuer. Langfristig plant die Regierung der Vereinigten Emirate jedoch die Einführung einer 5%-igen Umsatzsteuer. Diese soll die aufgrund der zunehmenden Freihandelsabkommen rückläufigen Zolleinnahmen kompensieren. 97 In den übrigen betrachteten Ländern liegt der Körperschaftssteuersatz zwischen 15% (USA, seit 2007 auch Deutschland) und 33% (Frankreich). In Indien und China werden Körperschaftssteuersätze von 30% bzw. 25% erhoben und auch in Katar sind Gesellschaften mit ausländischer Kapitalbeteiligung steuerpflichtig. Der von den betroffenen Unternehmen zu versteuernde Gewinnanteil wird dabei der Höhe der ausländischen Beteiligung entsprechend festgesetzt. Die jeweiligen Steuersätze sind progressiv gestaffelt und liegen zwischen 10 und 35%. 98 Angehörige anderer Golf-Staaten sind steuerrechtlich den Katarern gleichgestellt. Die Einkünfte aus nicht-selbstständiger Arbeit unterliegen in Katar auch im Unterschied zu Deutschland keiner Besteuerung. Im Gegensatz zu den europäischen Ländern, aber auch China, Indien und den USA existieren derzeit weder in den VAE noch in Katar indirekte Steuern wie Umsatz- oder Verbrauchsteuern. 99 Ein weiterer wichtiger Aspekt des Standortes ist neben den Arbeitskosten auch das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte. So verfügt Deutschland im internationalen Vergleich über ein hohes Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte. Mit hohen Arbeitskosten, vor allem im verarbeitenden Gewerbe, befindet sich Deutschland im Vergleich industrialisierter Volkswirtschaften in der Spitzengruppe, noch vor Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten. 100 Während die Arbeitskosten in den europäischen Ländern aufgrund von Lohnnebenkosten und Mindestlöhnen (Großbritannien) auf recht hohem Niveau liegen, sind diese in den USA, Indien, China, VAE und Katar äußerst wettbewerbsfähig. In den USA sind die Personalzusatzkosten vergleichsweise gering, zur Krankenversicherung besteht ebenfalls keine gesetzliche Pflicht. In Indien hat sich das Lohnniveau im Vergleich zu China dynamischer entwickelt. 101 Löhne und Lohnnebenkosten vari- 95 Vgl. amnesty international Deutschland (2008): Länderkurzinfo Vereinigte Arabische Emirate (VAE). 96 Vgl. Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry e.V. (2007): Vereinigte Arabische Emirate Wirtschaftshandbuch, S.77ff. 97 Vgl. Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry e.V. (2007): Vereinigte Arabische Emirate Wirtschaftshandbuch, S.77ff. 98 Vgl. bfai (2006): Recht kompakt Katar, S.9ff. 99 Vgl. bfai (2006): Recht kompakt Katar, S.9ff. 100 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2007): Industrielle Arbeitskosten im internationalen Vergleich, IW Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 34. Jahrgang, Heft 4/2007, S.8 ff. 101 Vgl. www.mercer.de (2006): Lohnkosten sind in China höher als in Indien, Abruf am 01.03.2008.
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