Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland
Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland
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IV. Resümee und Handlungsempfehlungen <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Luftverkehrsstandortes</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Gestaltungsinstrumente in <strong>Deutschland</strong> sind aber<br />
weder materiell noch hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit<br />
ausreichend stark, um die <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong><br />
im Umsteigeverkehr wirksam absichern<br />
zu können. Dadurch kommt es zu Zeitverlusten,<br />
hohen Planungskosten und fehlgeleiteten Investitionen<br />
in fragwürdige Infrastrukturprojekte.<br />
Gestaltungsinstrumente wie das Flughafenkonzept<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Masterplan Güterverkehr<br />
und Logistik sind <strong>des</strong>halb Schritte in die<br />
richtige Richtung. Diese Instrumente müssen aber<br />
sowohl materiell als auch hinsichtlich ihrer politischen<br />
Verbindlichkeit verstärkt werden, um die<br />
<strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> mit zentral gesteuerten<br />
Märkten in anderen europäischen Ländern dauerhaft<br />
aufrecht erhalten zu können. Solche übergeordneten<br />
Gestaltungsinstrumente müssen dabei<br />
jeder Versuchung widerstehen, Rahmenbedingungen<br />
der internationalen <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> der<br />
Luftverkehrs-Wertschöpfungskette in <strong>Deutschland</strong><br />
durch zusätzliche Auflagen weiter zu<br />
erschweren.<br />
Luftverkehr braucht Nachtflüge<br />
Drei Nachfragesegmente erfordern Nachtflüge:<br />
■ Langstreckenflüge müssen aus <strong>Deutschland</strong><br />
nachts abfliegen, damit Fluggäste am Zielort<br />
zur nachgefragten Zeit ankommen oder umsteigen<br />
können, oder sie müssen nachts<br />
ankommen dürfen, wenn sie nachgefragte<br />
Abflugzeiten bedienen wollen. Zugleich müssen<br />
Langstreckenflüge nachfragegerecht<br />
durch Zu- und Abbringerflüge bedient werden<br />
können. Durch Nachtflugverbote wird<br />
Nachfrage nicht „umgewöhnt“, sondern zu<br />
bzw. über Wettbewerberstandorte umgeleitet.<br />
Beispielsweise werden über Dubai heute<br />
schon sehr viele Umsteigeverbindungen über<br />
Nacht angeboten und entziehen so dem<br />
deutschen Luftverkehrssystem wichtige<br />
Nachfrage. Abflüge aus der Golfregion nach<br />
<strong>Deutschland</strong> starten typischerweise schon<br />
gegen 2.00 oder 3.00 Uhr in der Nacht, um<br />
zu Geschäftsbeginn in <strong>Deutschland</strong> ankommen<br />
oder die erste Welle der Umsteigemöglichkeiten<br />
erreichen zu können. Der Rückflug<br />
in die Golfregion startet dann optimal zu Geschäftsbeginn<br />
am Morgen. Der umgekehrte<br />
Fall ist nicht möglich.<br />
■ Luftfracht ist per Definition zeitkritisch. Immer<br />
mehr werden Lieferzeiten am frühen Morgen<br />
verlangt, die nur möglich sind, wenn die<br />
(insbesondere z.B. verderbliche) Fracht über<br />
Nacht zum Zielort geflogen werden kann. Die<br />
gesamten Logistikketten der großen Produktionsunternehmen<br />
am Export-Standort<br />
<strong>Deutschland</strong> werden heute auf just-in-time<br />
feingesteuert. Dabei sind die Logistikketten<br />
typischerweise über viele beteiligte Unternehmen<br />
verteilt. Der Golf in Wolfsburg kann nur<br />
dann pünktlich ausgeliefert werden, wenn die<br />
Chips aus Übersee für die Produktion der<br />
elektronischen Motorsteuerung in Stuttgart<br />
auf die Minute pünktlich angeliefert werden<br />
und das Steuerungsmodul dann pünktlich in<br />
Wolfsburg ankommt. Pünktlichkeit ist Voraussetzung<br />
für das notwendige Ineinandergreifen<br />
der vielfach verketteten, modernen<br />
Produktionsverfahren und Transportwege.<br />
Luftfracht ist die einzige Möglichkeit, eine<br />
solche Pünktlichkeit für Transporte über längere<br />
Distanzen und/oder mit der Notwendigkeit<br />
sehr kurzer Transportzeiten sicherzustellen.<br />
Nachtflugverbote brechen solche Ketten<br />
aber rücksichtslos und mit erheblichen potenziellen<br />
Folgewirkung auf die <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong><br />
aller betroffenen Produktionsketten<br />
auf. Auch hier gilt: Nachtflugverbote reduzieren<br />
nicht die Nachfrage, sondern verlagern sie<br />
lediglich. Nachtflugverbote können die Standortqualität<br />
und damit Standortentscheidungen<br />
erheblich beeinflussen.<br />
■ Ferienflüge können wegen der relativ langen<br />
Flugwege von <strong>Deutschland</strong> zu den typischen<br />
Mittelmeer<strong>des</strong>tinationen (2 bis 5 Stunden)<br />
nur dann eine wirtschaftlich vertretbare Flugzeugauslastung<br />
erreichen, wenn die Flüge<br />
sehr früh am Morgen starten, im Laufe <strong>des</strong><br />
Tages mehrere vollständige Umläufe (häufig<br />
zu unterschiedlichen Destinationen mit<br />
unterschiedlicher Fluglänge als wichtigem<br />
Optimierungsinstrument) in die Zielgebiete<br />
fliegen und sehr spät am Abend wieder in<br />
<strong>Deutschland</strong> landen können. Reicht die Zeit<br />
nicht mehr für einen weiteren vollständigen<br />
Umlauf wegen zu knapper Nachtflugbeschränkungen,<br />
muss das Flugzeug am Boden<br />
bleiben, Passagiere können nicht mehr transportiert<br />
werden. Damit reduziert sich die