06.03.2013 Aufrufe

Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

116<br />

IV. Resümee und Handlungsempfehlungen <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Luftverkehrsstandortes</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Gestaltungsinstrumente in <strong>Deutschland</strong> sind aber<br />

weder materiell noch hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit<br />

ausreichend stark, um die <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong><br />

im Umsteigeverkehr wirksam absichern<br />

zu können. Dadurch kommt es zu Zeitverlusten,<br />

hohen Planungskosten und fehlgeleiteten Investitionen<br />

in fragwürdige Infrastrukturprojekte.<br />

Gestaltungsinstrumente wie das Flughafenkonzept<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Masterplan Güterverkehr<br />

und Logistik sind <strong>des</strong>halb Schritte in die<br />

richtige Richtung. Diese Instrumente müssen aber<br />

sowohl materiell als auch hinsichtlich ihrer politischen<br />

Verbindlichkeit verstärkt werden, um die<br />

<strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> mit zentral gesteuerten<br />

Märkten in anderen europäischen Ländern dauerhaft<br />

aufrecht erhalten zu können. Solche übergeordneten<br />

Gestaltungsinstrumente müssen dabei<br />

jeder Versuchung widerstehen, Rahmenbedingungen<br />

der internationalen <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong> der<br />

Luftverkehrs-Wertschöpfungskette in <strong>Deutschland</strong><br />

durch zusätzliche Auflagen weiter zu<br />

erschweren.<br />

Luftverkehr braucht Nachtflüge<br />

Drei Nachfragesegmente erfordern Nachtflüge:<br />

■ Langstreckenflüge müssen aus <strong>Deutschland</strong><br />

nachts abfliegen, damit Fluggäste am Zielort<br />

zur nachgefragten Zeit ankommen oder umsteigen<br />

können, oder sie müssen nachts<br />

ankommen dürfen, wenn sie nachgefragte<br />

Abflugzeiten bedienen wollen. Zugleich müssen<br />

Langstreckenflüge nachfragegerecht<br />

durch Zu- und Abbringerflüge bedient werden<br />

können. Durch Nachtflugverbote wird<br />

Nachfrage nicht „umgewöhnt“, sondern zu<br />

bzw. über Wettbewerberstandorte umgeleitet.<br />

Beispielsweise werden über Dubai heute<br />

schon sehr viele Umsteigeverbindungen über<br />

Nacht angeboten und entziehen so dem<br />

deutschen Luftverkehrssystem wichtige<br />

Nachfrage. Abflüge aus der Golfregion nach<br />

<strong>Deutschland</strong> starten typischerweise schon<br />

gegen 2.00 oder 3.00 Uhr in der Nacht, um<br />

zu Geschäftsbeginn in <strong>Deutschland</strong> ankommen<br />

oder die erste Welle der Umsteigemöglichkeiten<br />

erreichen zu können. Der Rückflug<br />

in die Golfregion startet dann optimal zu Geschäftsbeginn<br />

am Morgen. Der umgekehrte<br />

Fall ist nicht möglich.<br />

■ Luftfracht ist per Definition zeitkritisch. Immer<br />

mehr werden Lieferzeiten am frühen Morgen<br />

verlangt, die nur möglich sind, wenn die<br />

(insbesondere z.B. verderbliche) Fracht über<br />

Nacht zum Zielort geflogen werden kann. Die<br />

gesamten Logistikketten der großen Produktionsunternehmen<br />

am Export-Standort<br />

<strong>Deutschland</strong> werden heute auf just-in-time<br />

feingesteuert. Dabei sind die Logistikketten<br />

typischerweise über viele beteiligte Unternehmen<br />

verteilt. Der Golf in Wolfsburg kann nur<br />

dann pünktlich ausgeliefert werden, wenn die<br />

Chips aus Übersee für die Produktion der<br />

elektronischen Motorsteuerung in Stuttgart<br />

auf die Minute pünktlich angeliefert werden<br />

und das Steuerungsmodul dann pünktlich in<br />

Wolfsburg ankommt. Pünktlichkeit ist Voraussetzung<br />

für das notwendige Ineinandergreifen<br />

der vielfach verketteten, modernen<br />

Produktionsverfahren und Transportwege.<br />

Luftfracht ist die einzige Möglichkeit, eine<br />

solche Pünktlichkeit für Transporte über längere<br />

Distanzen und/oder mit der Notwendigkeit<br />

sehr kurzer Transportzeiten sicherzustellen.<br />

Nachtflugverbote brechen solche Ketten<br />

aber rücksichtslos und mit erheblichen potenziellen<br />

Folgewirkung auf die <strong>Wettbewerbsfähigkeit</strong><br />

aller betroffenen Produktionsketten<br />

auf. Auch hier gilt: Nachtflugverbote reduzieren<br />

nicht die Nachfrage, sondern verlagern sie<br />

lediglich. Nachtflugverbote können die Standortqualität<br />

und damit Standortentscheidungen<br />

erheblich beeinflussen.<br />

■ Ferienflüge können wegen der relativ langen<br />

Flugwege von <strong>Deutschland</strong> zu den typischen<br />

Mittelmeer<strong>des</strong>tinationen (2 bis 5 Stunden)<br />

nur dann eine wirtschaftlich vertretbare Flugzeugauslastung<br />

erreichen, wenn die Flüge<br />

sehr früh am Morgen starten, im Laufe <strong>des</strong><br />

Tages mehrere vollständige Umläufe (häufig<br />

zu unterschiedlichen Destinationen mit<br />

unterschiedlicher Fluglänge als wichtigem<br />

Optimierungsinstrument) in die Zielgebiete<br />

fliegen und sehr spät am Abend wieder in<br />

<strong>Deutschland</strong> landen können. Reicht die Zeit<br />

nicht mehr für einen weiteren vollständigen<br />

Umlauf wegen zu knapper Nachtflugbeschränkungen,<br />

muss das Flugzeug am Boden<br />

bleiben, Passagiere können nicht mehr transportiert<br />

werden. Damit reduziert sich die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!