Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland

zwei Hubs in der europäischen Hub-Liga ist damit
für den internationalen Wettbewerb um Umsteigepassagiere
ganz hervorragend aufgestellt. Das
deutsche Verbundsystem hat aus einer schwierigen
strategischen Ausgangslage – ein multizentrisches
Wirtschaftssystem – einen überlegenen Wettbewerbsvorteil
für das Segment der Umsteigeverkehre
geschaffen.
In Abbildung 8 ist erkennbar, dass einige Flughäfen
und Hubs deutlich oberhalb der „exponentiellen
Durchschnittsfunktion“ liegen, andere hingegen
deutlich darunter. Dies kann zwei Ursachen haben:
■ Zum Einen gelingt es einigen Flughäfen
(z.B. Zürich), eine geringe Anzahl von Flugbewegungen
auszugleichen durch konnektivitäts-förderliche
Flugplanstrukturen. Anderen,
z.B. Madrid, gelingt das zumindest
(noch) nicht im gleichen Maß.
■ Zum Anderen ist auch die Größe der eingesetzten
Flugzeuge entscheidend: Auch bei
sehr guter Konnektivität können nicht mehr
Passagiere umsteigen, als die Flugzeuge Platz
bieten. Insofern erklärt sich das hohe Umsteigevolumen
von London Heathrow eher aus
der sehr großen Durchschnittsgröße der
eingesetzten Flugzeuge. Gleichzeitig zeigt
sich das Entwicklungspotenzial von München
durch den Einsatz größerer Flugzeuge.
Die beiden deutschen Hubs nehmen europäische
Spitzenpositionen ein, und der Verbund der deutschen
Hubs, der deutschen internationalen Flughäfen
und Fluggesellschaften funktioniert ausgezeichnet:
Dies darf jedoch nicht den Blick darauf
verstellen, dass dies eine Strategie ohne Auffangnetz
ist: In Deutschland gibt es keine Hubs mit
Einzugsgebieten der Mächtigkeit von London oder
Paris mit ihren sehr großen Volumina an Originärnachfrage,
die starken Luftverkehr auch dann
tragen können, wenn Umsteigeverkehre einmal
abschmelzen sollten.
Die Stärke des deutschen Luftverkehrssystems im
Umsteigesegment ist gleichzeitig seine Achillesferse.
Der deutsche Luftverkehrsmarkt ist strategisch leicht
III. Schlussfolgerungen 103
verwundbar, falls die Voraussetzungen zu fairem
und infrastrukturell angemessen ausgestattetem
Wettbewerb mit anderen europäischen oder globalen
Konkurrenten nicht mehr erfüllt werden. In
diesem Wettbewerb aber ist der deutsche Markt
wegen seines relativen Mangels an Originärnachfrage
an den Hub-Standorten deutlich größerer Fallhöhe
ausgesetzt als seine Wettbewerber mit starkem
Originäraufkommen. Deutschland hat ein sehr viel
stärker ausgeprägtes Interesse an global fairen
Wettbewerbsbedingungen im Luftverkehr und an
erstklassiger Infrastruktur als seine Wettbewerber.
2.3 Transfer-Effizienz
Bewertung der Transfer-Effizienz deutscher Flughäfen
und Hubs im europäischen Wettbewerb:
Eine detaillierte Analyse der jährlichen Entwicklung
der Umsteige-Volumina auf europäischen Flughäfen
zeigt, dass die Zahl zusätzlicher Flugbewegungen
prozentual stärker gestiegen ist als die Zahl zusätzlicher
Umsteigepassagiere. Dies bedeutet, dass die
Zahl der umsteigenden Passagiere pro Flugbewegung
stetig sinkt. Die Transfer-Effizienz erodiert also.
Hierfür gibt es drei mögliche Erklärungen:
■ Der Wettbewerb um Umsteigepassagiere
nimmt zu.
■ Begrenzte Infrastrukturkapazitäten (am
Boden wie in der Luft) wirken sich zunehmend
restriktiv aus.
■ Die Zunahme von Punkt-zu-Punkt-Verkehren
kann den Hubs ehemals umsteigende
Passagiere entziehen.
In allen drei Fällen sind die Schlussfolgerungen aber
die gleichen: Das Luftverkehrssystem in Deutschland
muss im Wettbewerb um Umsteigepassagiere
in Europa immer führend sein und muss dauerhaft
und zukunftsfähig alle operativen, regulativen
und infrastrukturellen Voraussetzungen erfüllen
können.
Werden die europäischen Hubs untereinander
hinsichtlich ihrer Transfer-Effizienz verglichen
21 Die Flughäfen Zürich, Brüssel oder Mailand Malpensa haben zwar Rückschläge erlitten, waren aber nie in der Position der Top-
Hubs mit selbstverstärkendem Wachstum (7Tsd. wöchentliche Flugbewegungen).