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Noch ein weiterer Reifenrückruf? Eine unendliche ... - Reifenpresse.de

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Der von Bridgestone/Firestone im Vorjahr<br />

gestartete – freiwillige (!) – <strong>Reifenrückruf</strong><br />

geht nun s<strong>ein</strong>em offiziellen En<strong>de</strong> entgegen.<br />

Voll im Gange ist aber <strong>de</strong>r im Juni 2001 <strong>ein</strong>seitig<br />

von Ford gestartete neue und erweiterte<br />

Rückruf von Firestone-Reifen. „Real<br />

World Data“ – so Ford – habe diesen Rückruf<br />

erzwungen. Firestone lehnt diesen Rückruf<br />

nach wie vor ab, bezieht sich auf eigene um-<br />

fangreiche Daten und<br />

kann mit <strong>ein</strong>iger Überzeugung<br />

behaupten,<br />

die Firestone-Reifen seien<br />

sicher, allerdings gäbe<br />

es Probleme mit <strong>de</strong>m<br />

Ford Explorer. Die fatalen Rollovers <strong>de</strong>s Explorer<br />

fän<strong>de</strong>n, wie man jetzt sehr <strong>de</strong>utlich sehen<br />

könne, <strong>ein</strong>e Fortsetzung. Geän<strong>de</strong>rt habe<br />

sich nur, dass die Überschläge nicht mehr auf<br />

Firestone-Reifen, son<strong>de</strong>rn auf bekannten an<strong>de</strong>ren<br />

Reifenmarken geschähen. Wenn es also<br />

wirklich nur um die Sicherheit <strong>de</strong>r Autofahrer<br />

<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s gehe (und unterschwellig<br />

schwingt mit: und es eben k<strong>ein</strong>e sonstigen,<br />

möglicherweise politischen Ziele gäbe), dann<br />

wäre es <strong>ein</strong> Fehler, gute Firestone-Reifen<br />

gegen an<strong>de</strong>re gleich gute o<strong>de</strong>r gar weniger<br />

gute Reifen auszutauschen. Das Problem sei<br />

das Fahrzeug selbst. Das Unternehmen<br />

belegt dies u.a. damit, dass Firestone-Reifen<br />

auf <strong>de</strong>m Ford Ranger problemlos liefen,<br />

während das beim Explorer und nur beim<br />

Explorer eben nicht <strong>de</strong>r Fall sei. Unverdrossen<br />

behauptet Ford <strong>de</strong>nnoch, <strong>de</strong>r Explorer<br />

sei genauso sicher wie vergleichbare<br />

Fahrzeuge großer Konkurrenten. Der Hersteller<br />

stützt sich dabei wie<strong>de</strong>rum auf Daten,<br />

die aus Sicht von Ford-Wettbewerbern je<strong>de</strong>nfalls<br />

sehr fragwürdig sind. Und es spricht<br />

auch gegen Ford, dass dieser Automobilhersteller<br />

mit sehr unterschiedlichen Mo<strong>de</strong>llen in<br />

<strong>de</strong>n letzten Monaten in <strong>ein</strong>e ganze Serie von<br />

Rückrufen verwickelt war, woraus sich wohl<br />

schließen lässt, dass hinsichtlich <strong>de</strong>s Qualitätsgedankens<br />

<strong>ein</strong>e große Lücke zwischen Anspruch<br />

und Wirklichkeit besteht. Und diese<br />

Pannenserie geht auch nicht spurlos an <strong>de</strong>m<br />

hoch gelobten Ford-Chef Jacques Nasser vorbei.<br />

Seit En<strong>de</strong> Juli ist <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r Ford-<br />

Clan wie<strong>de</strong>r stärkeren Einfluss auf das Unternehmen<br />

zu nehmen ge<strong>de</strong>nkt. Nasser,<br />

bisher noch unangefochtener Ford-CEO,<br />

muss enger mit <strong>de</strong>m Chairman <strong>de</strong>s Konzerns,<br />

und das ist Ford-Enkel William Clay<br />

NEUE ReifenZeitung 8/2001<br />

Ford jr. (<strong>de</strong>ssen Mutter <strong>ein</strong>e geborene Firestone<br />

ist) zusammenarbeiten. Und das soll<br />

durch intensivere Einbeziehung <strong>de</strong>s jungen<br />

Ford in das Tagesgeschäft wie in die strategische<br />

Planung geschehen. Chairman Ford soll<br />

alle notwendigen Informationen stets sofort<br />

erhalten. Damit <strong>de</strong>m auch praktisch nichts<br />

entgegen steht, hat man die bei<strong>de</strong>n großen<br />

Büros nun auf <strong>ein</strong>er Ebene zusammenge-<br />

legt. Ford-Sprecher beeilen<br />

sich, Vermutungen zu<br />

wi<strong>de</strong>rsprechen, es han<strong>de</strong>le<br />

sich um <strong>ein</strong>e Beschneidung<br />

<strong>de</strong>r Kompetenzen<br />

von Nasser. Aber was soll<br />

es sonst s<strong>ein</strong>? Nasser regiert nicht mehr ganz<br />

all<strong>ein</strong>, man hat ihm das erste Mal die Flügel<br />

gestutzt. Auch dass <strong>ein</strong>e ganze Reihe<br />

hochrangiger Schlüsselfiguren in <strong>de</strong>n USA<br />

nicht länger an Nasser, son<strong>de</strong>rn an <strong>de</strong>n<br />

neuen Amerika-Chef Nick Scheele direkt<br />

berichtet, sieht nicht nach Stärkung von<br />

Nassers Position aus.<br />

An<strong>de</strong>rs alles auf Seiten von Firestone. An<br />

CEO Lampe geht <strong>de</strong>rzeit k<strong>ein</strong> Weg vorbei. Er<br />

ist die (!) Schlüsselfigur im gesamten Bridgestone-Konzern<br />

gewor<strong>de</strong>n. Lampe muss<br />

<strong>ein</strong>en gna<strong>de</strong>nlosen Kampf führen, und er<br />

macht das – bisher – in hervorragen<strong>de</strong>r<br />

Weise. Und er bekommt viel Unterstützung<br />

von kompetenter Seite. So lobt z.B. <strong>de</strong>r<br />

größte Automobilhersteller <strong>de</strong>r Welt, General<br />

Motors, die Qualität von Firestone-Reifen,<br />

und es heißt offiziell, dass man mit <strong>de</strong>r Qualität<br />

sowohl von Firestone- als auch von<br />

Bridgestone-Reifen sehr zufrie<strong>de</strong>n sei. Zu<br />

Problemen irgendwelcher Art sei es nie<br />

gekommen.<br />

Doch auch Nasser und Ford erhalten Unterstützung.<br />

Die NHTSA (die offizielle Sicherheitsbehör<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Regierung) verlangt von<br />

Firestone <strong>ein</strong>en neuen Rückruf,<br />

<strong>de</strong>n das Unternehmen<br />

allerdings kategorisch ablehnt<br />

und <strong>de</strong>n Weg durch<br />

alle gerichtlichen Instanzen<br />

notfalls gehen will. Was bleibt Bridgestone<br />

auch an<strong>de</strong>res übrig? Niemand vermag<br />

abzuschätzen, wie gut die Chancen <strong>de</strong>s<br />

Reifenherstellers letztlich zu bewerten sind.<br />

Allerdings hat die Behör<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

durchaus schon empfindliche Nie<strong>de</strong>rlagen<br />

erlitten. Je<strong>de</strong>nfalls hat das japanische<br />

Top-Management früher bereits gemachte<br />

Markt + Marketing<br />

<strong>Noch</strong> <strong>ein</strong> <strong>weiterer</strong> <strong>Reifenrückruf</strong>?<br />

<strong>Eine</strong> <strong>unendliche</strong> Geschichte – Golda<strong>de</strong>r für Rechtsanwälte<br />

... die fatalen Rollovers <strong>de</strong>s Ford<br />

Explorer fin<strong>de</strong>n nun nicht mehr<br />

auf Firestone-Reifen, son<strong>de</strong>rn auf<br />

an<strong>de</strong>ren Markenreifen statt.<br />

... Ford-CEO Nasser muss fortan<br />

die Macht mit Chairman William<br />

Clay Ford jr. teilen.<br />

Ford-Enkel William Clay Ford jr. wird nun wohl enger<br />

mit Ford CEO Nasser zusammenarbeiten<br />

Aussagen aktuell bekräftigt. Das Unternehmen<br />

weicht nicht zurück, bleibt bei<br />

s<strong>ein</strong>er ganz klaren Linie. Die NHTSA-<br />

Entscheidung ist im Grun<strong>de</strong> auch gar nicht<br />

überraschend. Die Behör<strong>de</strong> steht unter<br />

großem Druck. Wie schwer ist es wohl, <strong>ein</strong>em<br />

Druck von Ford standhalten zu können, auch<br />

wenn dieser nur indirekt vorhan<strong>de</strong>n gewesen<br />

s<strong>ein</strong> sollte? Da erklärt <strong>ein</strong> Automobilhersteller,<br />

dass er sechs Millionen Reifen zurückrufe,<br />

wofür er die Kosten – je<strong>de</strong>nfalls zunächst –<br />

all<strong>ein</strong> zu tragen hat. Welches Unternehmen<br />

bür<strong>de</strong>t sich aber Milliar<strong>de</strong>n-Dollarlasten für<br />

nichts auf, nur für vage Vermutungen?<br />

Und schon hat die nächste Run<strong>de</strong> begonnen.<br />

Die NHTSA hat <strong>ein</strong>e Untersuchung<br />

gegen Continental begonnen, weil <strong>de</strong>r<br />

Reifen General Ameri*550 AS <strong>de</strong>r Größe<br />

P235/70 R 16 <strong>ein</strong>e zu hohe Ausfallquote<br />

aufweisen soll. Und genau dieser Reifen soll<br />

in <strong>de</strong>m Ford-<strong>Reifenrückruf</strong><br />

Firestone-Reifen ersetzen.<br />

Nach Ford-<br />

Ansprüchen sollen Reifen<br />

okay s<strong>ein</strong>, die nicht<br />

mehr als fünf Ausfälle pro <strong>ein</strong>er Million<br />

Reifen zu verzeichnen haben. Derzeit<br />

vagabundieren aber unterschiedlichste Angaben.<br />

So gibt es elf (!) Marken nach<br />

Eingeständnis <strong>de</strong>r NHTSA, die diese Zahl<br />

überschreiten, und <strong>de</strong>r nun all<strong>ein</strong> untersuchte<br />

bzw. zu untersuchen<strong>de</strong> General<br />

Ameri*550 AS soll sagenhafte 124 Mal pro<br />

25


Markt + Marketing<br />

Der Reifen-Rückruf und <strong>ein</strong>ige Folgen<br />

Fast täglich gibt es neue Erkenntnisse<br />

über <strong>de</strong>n Ford Explorer und die auf <strong>de</strong>m<br />

Mo<strong>de</strong>ll montierten Reifen, tauchen an<strong>de</strong>rerseits<br />

aber auch gänzlich an<strong>de</strong>re Fragen<br />

auf, die – wenigstens auf <strong>de</strong>n ersten<br />

Blick – gar nichts o<strong>de</strong>r nur indirekt mit<br />

<strong>de</strong>m Rückruf von Firestone-Reifen zu tun<br />

haben. <strong>Eine</strong> aktuelle Auswahl.<br />

Autohersteller Ford hat im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r Firestone-Affäre <strong>ein</strong>ige neue Testverfahren<br />

für Erstausrüstungsreifen entwickelt<br />

und will mit <strong>de</strong>ren Hilfe auf Ford-<br />

Mo<strong>de</strong>llen verbaute Reifen selbst überprüfen,<br />

zum Beispiel hinsichtlich Laufflächentemperatur,<br />

<strong>de</strong>r für Laufflächenablösungen<br />

notwendigen Kräfte und <strong>de</strong>r<br />

Laufleistung bei extremen Einsatzbedingungen.<br />

<strong>Eine</strong> weitere Nachricht zum Autohersteller:<br />

Der Ford-Konzern ist hauptsächlich<br />

wegen <strong>de</strong>r Kosten für <strong>de</strong>n<br />

<strong>Reifenrückruf</strong> im zweiten Quartal diesen<br />

Jahres in die roten Zahlen abgerutscht.<br />

Und die schlechten Nachrichten beim<br />

zweitgrößten Autohersteller <strong>de</strong>r Welt<br />

wollen nicht abreißen: Die Liste <strong>de</strong>r Auto-<br />

Rückrufe wird wegen fehlerhafter<br />

Sitzgurte um 1,4 Millionen Autos verlängert.<br />

Bei allem Zwist zwischen Ford und<br />

Firestone kommt es aber auch mal zu<br />

<strong>ein</strong>er Million Reifen zu Reklamationen Anlass<br />

gegeben haben und in sechs Fällen sei es zu<br />

(<strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> bekannt gewor<strong>de</strong>nen) Unfällen<br />

gekommen.<br />

Die Reaktion von Ford ist relativ eigenartig:<br />

Ab sofort darf dieser<br />

Reifen beim Umtausch<br />

gegen Firestone-Reifen<br />

nicht mehr berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n, er wird aber<br />

weiter in die Erstausrüstung<br />

geliefert und auf<br />

Ford-Fahrzeugen montiert.<br />

<strong>Eine</strong>n Rückruf wollte<br />

die Behör<strong>de</strong> nicht anordnen<br />

noch – <strong>de</strong>rzeit –<br />

<strong>ein</strong>en Rückruf anregen,<br />

und zwar mit <strong>de</strong>m Argument,<br />

dass <strong>de</strong>r Reifen<br />

1998 überarbeitet wor<strong>de</strong>n<br />

sei und seither viel<br />

weniger Ausfälle zu verzeichnen<br />

habe als zuvor.<br />

Dahingegen hat Firestone<br />

Reifen auch aus <strong>de</strong>n frühen<br />

90er Jahren zurückgenommen.<br />

26<br />

<strong>ein</strong>er gem<strong>ein</strong>samen Einschätzung: In <strong>de</strong>n<br />

Ver<strong>ein</strong>igten Staaten hatte <strong>ein</strong> Gericht <strong>de</strong>n<br />

Antrag <strong>ein</strong>es Anwaltes zurückgewiesen, das<br />

Ford-Mo<strong>de</strong>ll Explorer und Firestone-Reifen<br />

zurückzurufen. Das Gericht verwies darauf,<br />

dass nur die nationale Verkehrssicherheitsbehör<strong>de</strong><br />

NHTSA (National Highway Traffic<br />

Safety Administration) berechtigt sei, solch<br />

<strong>ein</strong>en Rückruf anzuordnen. Auto- wie Reifenhersteller<br />

begrüßten über<strong>ein</strong>stimmend diese<br />

Entscheidung.<br />

Dass an<strong>de</strong>re Reifenhersteller von <strong>de</strong>m<br />

Rückruf profitieren wollen, überrascht nicht.<br />

Von <strong>ein</strong>er Hinwendung zu bekannten Markenreifen<br />

sollten eigentlich vor allem die von<br />

Ford für <strong>de</strong>n Reifenaustausch ausgewählten<br />

Fabrikate Goodyear, Michelin und General<br />

profitieren. Goodyear setzt sogar s<strong>ein</strong>e Flotte<br />

an Luftschiffen, die „Blimps“, <strong>ein</strong> und schickt<br />

sie über amerikanische Städte auf „Safety<br />

Tour“, um die Verbraucher zusätzlich auf die<br />

Problematik <strong>de</strong>r Reifensicherheit aufmerksam<br />

zu machen. Gleichzeitig wer<strong>de</strong>n aber<br />

auch die von Ford ausgewählten Austauschreifen<br />

skeptisch beäugt. Der NHTSA<br />

ist dabei vor allem <strong>de</strong>r General-Reifen<br />

Ameri*550 AS beson<strong>de</strong>rs aufgefallen, von<br />

<strong>de</strong>m Continental bisher mehr als 2,7 Millionen<br />

Stück hergestellt hat. Dieser Reifen wird<br />

von Ford im Rahmen <strong>de</strong>s Austauschpro-<br />

Sprecher <strong>de</strong>s Continental-Konzerns haben<br />

alle Anschuldigungen vehement zurückgewiesen.<br />

Der <strong>de</strong>utsche Reifenhersteller bezeichnet<br />

sich als Hersteller, <strong>de</strong>m die<br />

Sicherheit von Verbrauchern über alles gehe,<br />

grammes zwar jetzt nicht mehr auf <strong>de</strong>m<br />

Explorer, aber weiterhin in <strong>de</strong>r Erstausrüstung<br />

auf <strong>de</strong>m Ford-Pick-up F-150 montiert.<br />

Auch an<strong>de</strong>re Reifentypen, nicht nur <strong>de</strong>r<br />

Marke General, wer<strong>de</strong>n untersucht.<br />

Zeitgleich rückt <strong>ein</strong> ganz an<strong>de</strong>res Problem<br />

ins Blickfeld: Wohin mit all <strong>de</strong>n aussortierten<br />

Reifen (6,5 Millionen durch<br />

Bridgestone/Firestone, 13 Millionen durch<br />

Ford)? Schon gibt es Stimmen, die mahnen,<br />

die <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>gesammelten Reifen<br />

könnten auf obskuren Wegen zurück auf<br />

die Straßen rollen. Eigentlich sollten die<br />

Firestone-Reifen ja aus <strong>de</strong>m Verkehr gezogen<br />

wer<strong>de</strong>n. Ford hat zum Zweck <strong>de</strong>r<br />

Sammlung und <strong>de</strong>s Recyclings von sechs<br />

Millionen Reifen <strong>ein</strong>en Vertrag mit <strong>de</strong>r Recovery<br />

Technologies Group (RTG) geschlossen,<br />

die wie<strong>de</strong>rum mit diversen<br />

(kaum kontrollierbaren) Subunternehmen<br />

zusamenarbeitet. Die <strong>de</strong>rzeitige RTG-<br />

Shred<strong>de</strong>r-Kapazität wird mit 500 Reifen<br />

täglich beziffert, was be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>, dass<br />

das Unternehmen 32 Jahre (!) bräuchte,<br />

um sechs Millionen Reifen zu zerkl<strong>ein</strong>ern.<br />

Was gegebenenfalls mit <strong>de</strong>m ohnehin<br />

schwer absetzbaren Rohstoff Reifengranulat<br />

geschehen soll, steht in <strong>de</strong>n Sternen.<br />

<strong>de</strong>tlef.vogt@reifenpresse.<strong>de</strong><br />

und er zeigte sich sehr enttäuscht über <strong>ein</strong>e<br />

offensichtlich politisch motivierte Entscheidung.<br />

Auf Fakten beruhe die Untersuchungsentscheidung<br />

je<strong>de</strong>nfalls nicht. Dennoch<br />

ist <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n für Continental bereits<br />

NEUE ReifenZeitung 8/2001


jetzt erheblich, und er wird weitaus schlimmere<br />

Ausmaße annehmen, sofern es zu<br />

<strong>ein</strong>em Rückruf kommen sollte.<br />

Reifen können ausfallen und Reifen fallen<br />

aus <strong>de</strong>n unterschiedlichsten Grün<strong>de</strong>n aus.<br />

Wer zu lange mit zu wenig Luftdruck unterwegs<br />

ist, erhöht das Risiko beträchtlich. Wer<br />

über Stock und St<strong>ein</strong> fährt, dazu sind<br />

Fahrzeuge wie <strong>de</strong>r Ford Explorer ja durchaus<br />

geeignet, erhöht sowohl das Risiko von Anprallverletzungen<br />

als auch das Risiko, dass<br />

Verletzungen <strong>de</strong>s Reifens zunächst gar nicht<br />

bemerkt wer<strong>de</strong>n. Kommt es dann zum Ausfall,<br />

liegt es nach landläufiger M<strong>ein</strong>ung in <strong>de</strong>n<br />

USA immer am Reifen. Anwälte wer<strong>de</strong>n tätig<br />

und mit Hilfe von Marketingexperten und<br />

Öffentlichkeitsarbeitern, oft sogar in <strong>de</strong>n<br />

Diensten <strong>de</strong>r Kanzlei (Law Firm) stehend,<br />

wird Propaganda betrieben. Die Manager<br />

betroffener Firmen wer<strong>de</strong>n als vaterlandslose<br />

Gesellen gebrandmarkt, <strong>de</strong>nen die Sicherheit<br />

<strong>de</strong>r Verbraucher nichts und <strong>de</strong>r Profit alles<br />

be<strong>de</strong>ute. Da darf mit Spekulationen und Unterstellungen<br />

nahezu grenzenlos gearbeitet<br />

wer<strong>de</strong>n, Schmähungen bleiben an <strong>de</strong>r Tagesordnung.<br />

Nur das angegriffene Management<br />

hat sachlich zu bleiben und darf aus<br />

rechtlichen Grün<strong>de</strong>n nicht mit gleicher Münze<br />

heimzahlen. Dass inzwischen das Rechtssystem<br />

<strong>de</strong>r USA, insbeson<strong>de</strong>re was Pro-<br />

duzentenhaftunganbelangt, völlig außer<br />

Kontrolle geraten ist,<br />

glauben inzwischen<br />

selbst immer mehr<br />

Amerikaner. Än<strong>de</strong>run-<br />

NEUE ReifenZeitung 8/2001<br />

... An John Lampe geht <strong>de</strong>rzeit<br />

k<strong>ein</strong> Weg vorbei. Er ist die (!)<br />

Schlüsselfigur im Bridgestone-<br />

Konzern.<br />

gen wird es vermutlich nicht geben, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />

Einfluss <strong>de</strong>r Juristen auf <strong>de</strong>n Kongress in<br />

Washington ist überwältigend.<br />

Das Management von Bridgestone sieht<br />

inzwischen auch durchaus politische Motive,<br />

<strong>de</strong>nn etwas besseres hätte Ford kaum passieren<br />

können als dass sich die NHTSA öffentlich<br />

auf die Seite von Ford stellt. Die Ford-<br />

Manager sehen hier <strong>ein</strong>en willkommenen<br />

Anlass, sich ggf. bei Bridgestone/Firestone finanziell<br />

erholen zu<br />

können, und schon<br />

weisen Bankanalysten<br />

darauf hin, dass dies<br />

<strong>de</strong>nkbar sei und die Ford-Aktien dadurch<br />

wie<strong>de</strong>r zum „Kauf“ wer<strong>de</strong>n könnten.<br />

Die Reifenindustrie hat sich sehr lange<br />

aus <strong>de</strong>m „Privatkrieg“ Firestone/Ford herausgehalten.<br />

Es wer<strong>de</strong> <strong>ein</strong>en „Flight to Quality“<br />

geben und die bei<strong>de</strong>n großen Firestone-<br />

Konkurrenten Goodyear und Michelin sollten<br />

die Gewinner wer<strong>de</strong>n. Es gehe um nicht<br />

weniger als <strong>ein</strong>e grundsätzliche strukturelle<br />

Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Reifenmarktes, m<strong>ein</strong>t die Fi-<br />

nanzwelt. Doch <strong>de</strong>ren Weissagungen<br />

gehen nicht immer<br />

auf. So hat <strong>de</strong>r Goodyear-<br />

Konzern, <strong>de</strong>r ja am meisten<br />

vom Firestone-Desaster profitieren<br />

sollte, s<strong>ein</strong> Halbjahresergebnis<br />

vorgelegt;<br />

und wer dies als enttäuschend<br />

beschreibt, hat<br />

maßlos untertrieben. Wie<br />

schlecht stün<strong>de</strong> Goodyear<br />

erst ohne das Zusatzgeschäft<br />

dank <strong>de</strong>s<br />

Firestone-Rückrufs da?<br />

Auch Spitzenmanager<br />

<strong>de</strong>r Continental AG haben<br />

sich in gelegentlichen<br />

öffentlichen Stellungnahmen<br />

dazu hergegeben,<br />

<strong>ein</strong>e strukturelle<br />

Än<strong>de</strong>rung (von<br />

<strong>de</strong>r das <strong>de</strong>utsche Unternehmen<br />

natürlich<br />

profitieren wer<strong>de</strong>) zu<br />

beschreiben. Genützt<br />

hat es nichts, wie man<br />

weiß.<br />

Seit aber Ford sich<br />

anschickt, darüber befin<strong>de</strong>n<br />

zu wollen, ob <strong>ein</strong> Reifen<br />

gut o<strong>de</strong>r schlecht ist, sind<br />

wenigstens die meisten Reifenhersteller<br />

sehr viel nach<strong>de</strong>nklicher<br />

gewor<strong>de</strong>n und haben<br />

erkannt, dass hier <strong>ein</strong>e<br />

Entwicklung beginnt, die we<strong>de</strong>r<br />

im Interesse <strong>de</strong>r Reifenindustrie im Allgem<strong>ein</strong>en<br />

noch im Interesse <strong>de</strong>r Hersteller wirklicher<br />

Spitzenmarken im Beson<strong>de</strong>ren liegen<br />

kann. Und es mehren<br />

sich die Anzeichen, dass<br />

hinter <strong>de</strong>n Kulissen <strong>de</strong>rzeit<br />

viele „Informationsgespräche“<br />

geführt wer<strong>de</strong>n, an welchen lediglich<br />

– so heißt es – bisher Goodyear nicht<br />

teilgenommen habe. Wie in <strong>de</strong>r Juni-Ausgabe<br />

<strong>de</strong>r NEUE REIFEN-<br />

ZEITUNG bereits nachzule-<br />

... Die Reifenindustrie <strong>de</strong>nkt um. sen war, wird <strong>de</strong>r US-<br />

Hersteller Cooper mit Ansprüchen<br />

belästigt. Es war zu <strong>ein</strong>em Unfall<br />

mit To<strong>de</strong>sfolge gekommen, <strong>de</strong>ssen Ursache<br />

<strong>ein</strong> bzw. mehrere Cooper-Reifen gewesen<br />

s<strong>ein</strong> sollen. Allerdings ging unter, dass es sich<br />

um Reifen han<strong>de</strong>lte, die älter als acht Jahre<br />

waren, Drähte schon aus <strong>de</strong>r Lauffläche hervorlugten<br />

und die Reifen im Übrigen gleich<br />

mehrfach unfachmännisch nach Stichverletzungen<br />

repariert wor<strong>de</strong>n waren. Aber so<br />

schlimm kann es im Land <strong>de</strong>r unbegrenzten<br />

... Golda<strong>de</strong>r für Rechtsanwälte?<br />

Markt + Marketing<br />

Mit dieser Anzeigenkampage will Firestone das<br />

Vertrauen <strong>de</strong>r Verbraucher wie<strong>de</strong>rerlangen<br />

Möglichkeiten nun auch wie<strong>de</strong>r nicht kommen,<br />

dass beauftragte Rechtsanwälte nicht<br />

doch die Ursache in <strong>de</strong>n Reifen als solchen<br />

sehen und <strong>de</strong>n Produzenten zur A<strong>de</strong>r lassen<br />

möchten. Für an<strong>de</strong>re vergleichsweise Regelungen<br />

hatte Cooper all<strong>ein</strong> im zweiten<br />

Quartal diesen Jahres <strong>ein</strong>en hohen zweistelligen<br />

Millionenbetrag in<br />

Dollar aufbringen müssen,<br />

um noch größere Schä<strong>de</strong>n<br />

vom Unternehmen<br />

fernhalten zu können. Es geht also nicht<br />

mehr um Scha<strong>de</strong>nsersatzfragen, die <strong>ein</strong>en<br />

Produktfehler kompensieren sollen. Inzwischen<br />

geht es in allzu vielen Fällen nur noch<br />

darum, für je<strong>de</strong>n noch so abenteuerlich herbeigeführten<br />

und selbst verschul<strong>de</strong>ten Unfall<br />

Geld vom Hersteller zu bekommen. <strong>Eine</strong>n<br />

Haftungsausschluss wegen gröbster Fahrlässigkeit<br />

<strong>de</strong>s Verunglückten kennt die amerikanische<br />

Rechtsprechung nicht.<br />

Derzeit spricht wenig dafür, dass die <strong>unendliche</strong><br />

Reifen-Saga bald been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />

könnte. Ganz im Gegenteil. Man wird sich<br />

auf viele unappetitliche Vorgänge noch<br />

<strong>ein</strong>zustellen haben. Wer <strong>de</strong>n längeren Atem<br />

hat, weiß niemand.<br />

klaus.had<strong>de</strong>nbrock@reifenpresse.<strong>de</strong><br />

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