Bridgestone ist der größte Reifen- und ... - Reifenpresse.de

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Markt + Marketing
Bridgestone ist der größte Reifen- und
Kautschukkonzern der Welt
Schnellste Runden zurzeit stets auf
Bridgestone-Reifen
Der Bridgestone-Konzern, außerhalb Asiens
besser als Bridgestone/Firestone bekannt, setzt
weiter auf Wachstum und will eindeutiger als
je die Rangliste der Reifenhersteller der Welt
anführen, und zwar völlig unabhängig davon,
ob und was auch immer die beiden größten
Konkurrenten Goodyear und Michelin noch
akquirieren werden, das erklärte Bridgestone-
Chef Yoichiro Kaizaki (67) der NEUE REIFEN-
ZEITUNG anlässlich eines im Mai exklusiv
geführten Hintergrundgespräches am Nürburgring
am Rande des Formel 1-Events.
Es ist schwer auszumachen, welcher der
so bezeichneten „big three” derzeit die Rang-
Umsätze der größten Reifenhersteller
Weltweit/Europa/USA
Stand: 1998 in Milliarden US-Dollar
die Übernahme des US-Reifenherstellers Firestone
aufschwingen können und ist heute mit
einem Umsatz von knapp fünf Milliarden US-
Dollar zusammen mit Michelin nicht mehr
weit vom US-Marktführer Goodyear entfernt.
In Asien inklusive Japan führt Bridgestone
nahezu uneinholbar mit einem Umsatz von
etwa 5,8 Milliarden US-Dollar das Feld vor
Michelin und Goodyear an, die lediglich auf
900 Millionen bzw. weniger als 500 Millionen
US-Dollar dort kommen. Lediglich in
Europa bleibt es bei einer Aufholjagd.
Nach einer langen Restrukturierungs- und
Integrationsphase bei Firestone ist der Kon-
weltweit davon in Europa davon in USA
Bridgestone 13,200 1,800 4,700
Continental 4,590 3,300 1,290
Cooper 1,450 0,050 1,450
Goodyear 10,890 2,910 6,840
Sumitomo Rubber 4,900 1,100 0,800
Michelin 13,000 7,000 4,500
Pirelli 2,840 1,700 0,200
Toyo 1,270 0,300 0,270
Yokohama 2,500 0,200 6,400
Quelle: Deutsche Bank Schätzungen
Jahresberichte der Reifenhersteller
liste anführt, denn es hängt nicht nur ab von
Währungsschwankungen, sondern es hängt
auch davon ab, welche Parameter gesetzt
werden. Wird Umsatz gewertet, werden Stückzahlen
herangezogen oder soll Tonnage das
Maß aller Dinge sein? Letzteres gäbe vermutlich
den korrektesten Überblick, aber die Reifenhersteller
tun sich nun mal schwer, die verarbeiteten
Tonnen bekannt zu geben. Letztlich
kommt es aber auch gar nicht darauf an,
eine Momentaufnahme weiter zu hinterfragen,
sondern es genügt, von einem Kopf-an-
Kopf-Rennen auszugehen, in welchem die
Position der Japaner allerdings sehr gut ist.
Nicht allein, dass Bridgestone weitaus besser
verdient als die beiden großen Konkurrenten,
sondern auch das finanzielle Polster ist bei
weitem besser als das von Goodyear oder gar
Michelin.
Bekanntlich hatte Bridgestone sich mit einem
Schlag 1988 zum Global Player durch
NEUE ReifenZeitung 6/2000
zern nunmehr
absolut frei,
sich wieder
völlig ungebremst
nach
vorn bewegen
zu können.
Die Zahlen
stimmen
(Operating
Profit im Vorjahr:
1,8 MilliardenUS-Dollar)
und die
Grundlagen
für weiteres
Wachstum sind ohnehin gelegt. Innerhalb der
letzten zwölf Monate akquirierte Bridgestone
zu einer bereits bestehenden Fabrik in China
eine
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zweite von Kumho, in welcher jährlich 3,5 Millionen
Pkw- und kleine Lkw-Reifen produziert
werden. Es ist die 46. Fabrik des Konzerns
weltweit.
Sechs Monate früher als geplant hat
Bridgestone im Februar 2000 eine Reifenfabrik
in Polen eröffnet, die innerhalb weniger
Monate täglich 10.000 Pkw-Reifen produzieren
wird.
Die Top-Investition betraf aber wieder einmal
die USA. In Aiken/South Carolina wurde
die mit einem Investitionsvolumen von 435
Millionen US-Dollar erbaute Fabrik eröffnet,
in der Pkw-, Llkw- und Offroad-Reifen hergestellt
werden.
Die einzigartige Bridgestone-Erfolgsstory
insbesondere der letzten zwölf Jahre ist untrennbar
verbunden mit dem Wirken des derzeitigen
Chefs. Yoichiro Kaizaki kam erst 1988
in Verbindung mit dem Reifengeschäft. Als
Chief Executive Officer von Bridgestone/Firestone
USA war es seine Aufgabe, den Turnaround
so schnell wie möglich zu schaffen,
denn die eingefahrenen Verluste bewegten
sich im hohen dreistelligen Millionen-Dollar-
Bereich. Zuvor war Kaizaki über Jahrzehnte
hinweg im Bridgestone-Konzern im Finanzund
Controllingbereich tätig gewesen. Seither
wird gelegentlich darüber gestritten, ob
Kaizaki „eher unjapanisch” oder „eher amerikanisch”
sei.
Als CEO eines Reifenriesen machte Kai-
Das Formel 1-Engagement der Japaner
hat sich bezahlt gemacht
NEUE ReifenZeitung 6/2000

zaki zunächst den Führerschein
– was in USA schnell möglich
ist –, fuhr von da an selbst mit
dem Wagen ins Büro und ließ
sich auch vom ersten Unfall nicht
weiter beeindrucken. Entschei-
Yoichiro Kaizaki
dender war allerdings eine andere
Erneuerung: Kaizaki unterteilte
Bridgestone/Firestone USA in
21 Divisions und benannte für
jede Division einen für Gewinn
und Verluste verantwortlichen
President. Das ist in der Tat eher
„unjapanisch”. Normalerweise
respektiert ein Spitzenmann eines
Konzerns die traditionellen Regeln
des japanischen Wirtschaftslebens,
das durch das Senioritätsprinzip
(Karrierestufen nach Alter)
geprägt ist, und er bemüht sich
um Harmonie im Unternehmen,
indem Entscheidungen nur einvernehmlich
im Konsens (das
berühmte japanische „Nemawashi”)
getroffen werden. Kaizaki
galt in den USA als hart und dennoch
auch als fair. Er verstand
sehr schnell beide Kulturen und
versuchte nicht, die amerikanische
Kultur der japanischen anzupassen,
sondern er übernahm
Stärken der einen Kultur und sortierte
Schwächen der anderen
aus.
Mit Sicherheit war es Kaizakis
Entscheidung, in die Formel 1
mit Bridgestone-Reifen erstmalig
zu gehen sowie in das Indy Car
Racing mit Firestone-Reifen zurückzukehren.
Marketingleute
von Wettbewerbern hielten das
Firestone-Engagement für einen
Fehler und sie meinten, auch in
diesem populären Rennen hätte
Bridgestone die erste Geige spielen
müssen. Doch der Finanzer
und Controller Kaizaki sah dies
anders und er sah es letztlich rich-
tig. So bekräftigte er im
Gespräch mit der NEUE
REIFENZEITUNG nochmals,
dass es einerseits
darum gehe, den Markennamen
Bridgestone in Europa
und Lateinamerika
bekannter zu machen,
während die Entscheidung
für Firestone-Reifen im
Indy Car Racing deshalb
gefallen sei, weil mit Firestone-Reifen
ungleich höhere
Stückzahlen verkauft
werden als mit Bridgestone.
Ein Engagement für
die Marke Bridgestone in
USA müsse man allerdings
unter sehr langfristigem
Aspekt sehen, während es bei
Firestone um ein Pushen der Verkaufszahlen
heute gehe. Zwar gilt
sicher nicht mehr die alte Parole
„win on Sunday, sell on Monday”,
aber die Verkäufe müssen doch
unter Dach und Fach gebracht
werden können, bevor die frohen
Botschaften über Siege und Platzierungen
wieder verblasst sind.
In den USA reden die Mitarbeiter
nur in höchsten Tönen
über Kaizaki. Trevor Hoskins, bis
letztes Jahr Senior Vice President
von Bridgestone/Firestone USA,
äußerte sich gegenüber der
NEUE REIFENZEITUNG dahingehend,
dass Kaizaki der „bei weitem
beste CEO gewesen ist, mit
dem ich je zusammengearbeitet
habe. Ich lernte von ihm in wenigen
Jahren mehr als ich über drei
Jahrzehnte hinweg von amerikanischen
und britischen CEOs lernen
konnte. Für Bridgestone/Firestone
USA war er ohne jede Frage
der richtige Mann zur richtigen
Zeit mit unerhörten Verdiensten.
Der eindrucksvolle Turnaround
in den USA ist sein Verdienst.”
Der „unjapanische” Führungsstil
ist in Japan lange Zeit
sehr zurückhaltend betrachtet
worden. Kaizaki gilt als Manager,
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der von ihm für richtig gehaltene Entscheidungen
notfalls mit größtem Druck auch
durchsetzt. Als er aus den USA an die Spitze
des Konzerns nach Japan zurückkehrte, reduzierte
er die Führungsstruktur und die einzelnen
Hierarchiestufen, ohne auf soziale Besitzstände
der Manager Rücksicht zu nehmen.
Er wählt Manager nach Leistung und nicht
nach Alter aus und übt auf allen Managementebenen
individuellen Leistungsdruck aus. Eine
Reihe von Managern war sehr frustriert, weil
sie sich übergangen fühlten und das Gruppenprinzip
nicht mehr gelten sollte. So wurden
immer wieder schlimmste Konsequenzen
wegen des „amerikanischen Führungsstils”
vorausgesagt.
Tatsächlich aber dürfte dieser Managementstil
das Unternehmen Bridgestone erst
dahin gebracht haben, wo es heute steht, denn
rückschauend betrachtet ist es Kaizaki gelungen,
das Unternehmen von viel „traditionellem
Ballast” in einer nie für möglich gehaltenen
kurzen Zeit zu befreien. Die Beurteilung
seines Führungsstils durch Industriekreise und
große Teile der Öffentlichkeit erfährt zurzeit
eine große Veränderung, denn inzwischen ist
der gesamten japanischen Wirtschaft klar und
deutlich vor Augen gehalten worden, dass
„Ballast” abzuwerfen war und in vielen Fällen
erst viel zu spät damit begonnen worden ist.
So schneidet der vormalige Michelin-Manager
und heutige Präsident von Nissan, Carlos
Ghosn, sehr tief in bestehende Strukturen und
in bestehende Besitzstände allein mit dem Ziel,
den hoch verschuldeten Nissan-Konzern, an
dem Renault maßgeblich beteiligt ist, überlebensfähig
zu machen. Der so bezeichnete
„Nissan Revival Plan” ist in aller Munde und
Carlos Ghosn, als Mann, der es umsetzen
muss, heißt in Japan nur noch „Mister Seven-
Eleven” was dessen enormes Arbeitspensum
von morgens 7.00 Uhr bis abends 11.00 Uhr
würdigen soll. Japan erkennt, dass es möglicherweise
schon zehn Jahre früher mehr Kaizakis
hätte haben müssen, damit ihm noch
schlimmere Einschnitte erspart geblieben wären.
Seit drei Jahren, nach dem Tod des Chairman
Ishibashi, dem Erben des Firmengründers,
ist Kaizaki fast absoluter Alleinherrscher
des Bridgestone-Konzerns geworden.
Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEI-
TUNG erklärte Kaizaki, dass sich das Formel
1-Engagement auszahle. Nicht allein Image
und Bekanntheitsgrad seien messbar signifikant
angehoben worden, sondern der Zugang
zur Automobilindustrie habe sich erweitert, es
seien sehr gute Geschäftsbeziehungen auch
dadurch entstanden.
Und auch zur Frage eigener Handelsket-
ten sowie zur
Frage, ob
Bridgestone
gegebenenfallsRunderneuerungsbetriebe
in USA
und Europa
aufkaufen
wollte, äußerte
er sich. Hier ist
allerdings zunächst
darauf
hinzuweisen,
dass Kaizaki,
nachdem er
aus den USA
nach Japan zurückgekehrt
war, sich auf
einen sehr hartenSchlagabtausch
mit
dem Mass-
Merchandiser
Autobacs einließ,
indem er
unter den Namen
Tirekan
und Tireman
Filialen im
Umfeld von
Autobacs errichtete,
die im
Grunde nach
dem Autobacs-Prinzip
arbeiten. Marketingleute
hatten dies
stets zumin-
Bridgestone-Marktanteile 1998 in Regionen
nach Umsatz
45%
Japan
Quelle: Recherche NRZ
www.reifenpresse.de
19%
Asien
20%
Nordamerika
23%
Lateinamerika
12%
Westeuropa
NEUE ReifenZeitung 6/2000
Bridgestone-Umsatzverteilung
weltweit 1999
Lateinamerika
Nordamerika
Quelle: Recherche NRZ
Europa
6%
36%
dest als riskant angesehen, weil unabhängige
Reifenhändler durch die so vorgenommene
Verschärfung des Wettbewerbs negativ beeinträchtigt
wurden und Verbraucher gelegentlich
frustriert reagierten, weil das Reifenangebot
auf die Marke Bridgestone begrenzt war
und erst jetzt allmählich auch mit der Marke
Firestone ergänzt wird. Kaizaki mag heute eine
andere Sicht der Dinge bekommen haben,
denn er äußerte sich klar, dass Bridgestone
keine weiteren Reifenhandelsunternehmen
kaufen wolle und auch nicht die Absicht habe,
Runderneuerer zu erwerben. Er setzt vielmehr
einzig auf den leistungsfähigen und unabhängigen
Handel und halte mehr davon, partnerschaftlich
mit guten Adressen im Markt,
zum Beispiel Bandag, zusammen zu arbeiten.
Angesprochen darauf, ob Goodyear nach
Rest der Welt
13%
2%
43%
Asien
NEUE ReifenZeitung 6/2000
dem Jointventure mit Sumitomo Rubber Industries
(SRI) speziell in Japan ein ernst zu
nehmender Gegner geworden sei und ob er
die zehnprozentige Beteiligung der Amerikaner
nur als einen ersten Schritt in Richtung
vollständige Übernahme oder (siehe Renault
und Nissan) industrielle Führung sehe, wich
Kaizaki allerdings aus. Verständlich! Aber irgendwie
stand die unausgesprochene Botschaft
im Raum: Was immer auch zwischen
SRI und Goodyear geschehen mag, Bridgestone
braucht auch diesen Wettbewerber speziell
in Japan nicht zu fürchten.
Yoichiro Kaizaki ist auf dem Höhepunkt
seiner Karriere und seiner Macht und wer den
67-jährigen am Nürburgring sah, kann sich
nicht vorstellen, dass er allzu schnell das Ruder
aus der Hand geben wird.
klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
NEUE ReifenZeitung 6/2000