Ist Wingfoot Goodyear auf der Suche nach ... - Reifenpresse.de
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scheidung getroffen zu haben, aber die meisten<br />
Händler, je<strong>de</strong>nfalls die guten, wären in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Lage, ihre Kun<strong>de</strong>n zu führen und zu verführen.<br />
Hat ein Reifenhändler <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n erst<br />
einmal in Richtung einer bestimmten Marke<br />
gebracht, dann wird das Markenimage und<br />
die Markenbekanntheit <strong>de</strong>n K<strong>auf</strong>entschluss<br />
bestärken, es <strong>de</strong>m Händler ermöglichen, eine<br />
bekanntere Marke hochpreisiger zu verk<strong>auf</strong>en<br />
als eine unbekannte Marke. Über die<br />
Mechanismen im Markt, die hier nur ange<strong>de</strong>utet<br />
wer<strong>de</strong>n können, ließen sich mühelos<br />
Bücher füllen. Wer somit ein neues Denken<br />
in <strong>de</strong>n Markt bringen will, muss zunächst lernen<br />
wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Markt „tickt“. Michelin arbeitet alle<br />
Leute, <strong>de</strong>nen Potenzial beigemessen wird,<br />
über – min<strong>de</strong>stens – sechs Monate ein. Sie<br />
wissen dann, was ein Reifen ist, woraus er besteht,<br />
wie er gebaut wird, was er leistet und<br />
wie er wo vermarktet wird. Sofern neue Manager<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> französischen Sprache nicht mächtig<br />
sind, wird ihnen diese in Intensivkursen<br />
eingebimst. Der Globalplayer hat zwei Konzernsprachen:<br />
Französisch und Englisch! Zukünftige<br />
Manager <strong><strong>de</strong>r</strong> unteren, <strong><strong>de</strong>r</strong> mittleren,<br />
aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Ebene bekommen somit<br />
ein halbes Jahr und länger ihr Gehalt, um<br />
lernen zu können. Damit wird vermie<strong>de</strong>n,<br />
dass sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangsphase blauäugig je<strong>de</strong>n<br />
Unfug verzapfen. Im Gegensatz dazu <strong>Goodyear</strong>.<br />
Was sollten aber von Keegan aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Branchen geholte Marketingleute ermöglichen?<br />
Hat er Spitzenleute von PG abwerben<br />
können, die Erfahrung haben im Aufbau<br />
einer Marketingabteilung? Gehen erfolgreiche<br />
Marketingleute von PG allein<br />
wegen <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s von dort weg? Welcher<br />
Spitzenmann im Marketing muss <strong>de</strong>nn noch<br />
lernen, ohne große Budgets die Welt eben<br />
nicht aus <strong>de</strong>n Angeln heben zu können? Welche<br />
Budgets lassen die Margen von Reifenherstellern<br />
<strong>de</strong>nn zu, und ist somit nicht ein<br />
vollkommen an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Denken, als es gemeinhin<br />
bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Markenartiklern vorherrschend<br />
ist, erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich? Selbst wenn es nicht<br />
so wäre, wäre es <strong>nach</strong> hier vorherrschen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Überzeugung viel, viel erfolgversprechen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gewesen, jüngere und halbwegs erfahrene<br />
Marketingleute aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Branchen, auch<br />
und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> von Procter & Gamble, in<br />
ein <strong>Goodyear</strong>-Team zu integrieren, diese dort<br />
ihre I<strong>de</strong>en entwickeln und um <strong><strong>de</strong>r</strong>en Umsetzung<br />
zunächst mal kämpfen zu lassen. Statt<br />
<strong>de</strong>ssen müssen sich aber in einigen Fällen<br />
durchaus erfahrene <strong>Goodyear</strong>-Leute mit in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Branche unerfahrenen Vorgesetzten arrangieren,<br />
<strong>de</strong>nen sie zuvor zu erklären haben,<br />
warum (Rückgriff <strong>auf</strong> die Vergangenheit) etwas<br />
geht und etwas nicht geht. Man muss sich<br />
vielleicht <strong>auf</strong> Erfahrung auch nicht immer zu<br />
viel einbil<strong>de</strong>n, aber von jeglicher Branchenund<br />
Produktkenntnis unbeleckt geblieben zu<br />
sein, ist auch kein Vorteil per se. Das kann in<br />
Einzelfällen mal Gültigkeit haben, doch generell?<br />
Dem kann man entgegenhalten, ein<br />
über Marketing schreiben<strong><strong>de</strong>r</strong> Journalist sei<br />
wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Farbe beschreiben<strong>de</strong> Blin<strong>de</strong>. Das<br />
muss nicht falsch sein. Aber ein aus einer völlig<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Branche kommen<strong><strong>de</strong>r</strong> Marketingexperte<br />
sollte vielleicht doch auch erst einmal<br />
ein halbes Jahr tagein und tagaus reisen, um<br />
zu sehen wie Kun<strong>de</strong>n aussehen, wie sie „ticken“,<br />
warum sie so und nicht an<strong><strong>de</strong>r</strong>s gepolt<br />
sind, welche Zusammenhänge es ansonsten<br />
gibt, die nicht übersehen wer<strong>de</strong>n sollten. Und<br />
es gibt ja nun in <strong>de</strong>n USA und rund um die<br />
Welt Absatzkanäle <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichsten<br />
Jonathan Rich setzt <strong>auf</strong> Six-Sigma<br />
Art, die sich gegenseitig nicht grün sind und<br />
Marktanteile voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> abjagen wollen. So<br />
mag man in nicht wenigen Einzelfällen Erfolge<br />
feiern, die bei Licht betrachtet schreckliche<br />
Misserfolge sind. Eine Marketing- und Verk<strong>auf</strong>smannschaft,<br />
die binnen zwölf Monaten<br />
acht Millionen Reifen verliert und dies als „notwendige<br />
Restrukturierung“ schönre<strong>de</strong>n will,<br />
kann nicht überzeugen. Nur mit <strong>de</strong>m Rotstift<br />
sind diese allerdings nicht zurückzuholen. Das<br />
alles aber ist verheerend für die <strong>Goodyear</strong>-<br />
Leute, die es könnten. Da wer<strong>de</strong>n auch in Europa<br />
nun Manager in Rente gehen, die 40-<br />
Jährige als ihre Nachfolger ausersehen, ausgebil<strong>de</strong>t<br />
und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t hatten und nun gezwungen<br />
sind, statt <strong><strong>de</strong>r</strong>er unerfahrene 35-Jährige<br />
aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Branchen in Position bringen<br />
zu müssen. Wer alles nur an<strong><strong>de</strong>r</strong>s macht,<br />
hat damit aber noch nichts besser gemacht.<br />
Unübersehbare „Procterisierung“ somit auch<br />
außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinigten Staaten von Amerika.<br />
Können diese Leute <strong>de</strong>nn nicht erfolg-<br />
Reifen International<br />
reich wer<strong>de</strong>n? Doch, wenn sie die Erfahrungen<br />
gesammelt haben, wissen wie die Kun<strong>de</strong>n<br />
ticken und die Gesetze <strong>de</strong>s Marktes kennen.<br />
Doch über diese Leute verfügt <strong><strong>de</strong>r</strong> Konzern<br />
ja gera<strong>de</strong>, warum soll er neue holen und<br />
diese lange einarbeiten? Zu<strong>de</strong>m hat er dazu<br />
keine Zeit mehr! Abschließend zu diesem<br />
Komplex die ketzerische Frage: Wie ist es mit<br />
<strong>Wingfoot</strong> <strong>Goodyear</strong>? Wer<strong>de</strong>n die Schuhe <strong>de</strong>n<br />
Füßen angepasst o<strong><strong>de</strong>r</strong> sollen die Füße gezwungen<br />
wer<strong>de</strong>n, sich <strong>de</strong>m Schuh anzupassen?<br />
<strong>Ist</strong> nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fuß <strong><strong>de</strong>r</strong> Markt und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schuh das Produkt? Glaubt man ernsthaft, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Markt wür<strong>de</strong> sich <strong>Goodyear</strong> anpassen?<br />
5. Ein Markenproblem<br />
Mehr-Marken-Politik! „G3“ – <strong>Goodyear</strong>, Dunlop<br />
und Kelly – heißt es in Nordamerika. Diese<br />
drei unterschiedlich zu platzieren<strong>de</strong>n Marken<br />
wer<strong>de</strong>n Händlern an die Hand gegeben,<br />
zusammen mit notfalls weiteren House- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Private Brands, damit die unterschiedlichen<br />
Verbrauchertypen nahezu optimal angesprochen<br />
wer<strong>de</strong>n können. Das ist zumin<strong>de</strong>st eine<br />
zu durchschauen<strong>de</strong> und auch <strong>nach</strong>vollziehbare<br />
Mehr-Marken-Strategie. Erfun<strong>de</strong>n hat<br />
sie Michelin in Nordamerika, durchgesetzt<br />
auch. Und Erfolg haben die Franzosen damit<br />
sowieso! In Europa ist das weitgehend an<strong><strong>de</strong>r</strong>s.<br />
In einigen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnten die General Manager<br />
sich ihre Unabhängigkeit erhalten. Da<br />
geht es, soll man ihnen glauben, darum die<br />
einzelnen Marken in unterschiedlichen Kanälen<br />
zu halten. So habe <strong>Goodyear</strong> über das<br />
Franchisenetz Premio/HMI/Quick ein eigenes<br />
Netz, Dunlop stütze sich <strong>auf</strong> Kooperationen<br />
und Fulda bediene auch spezielle Kun<strong>de</strong>nschichten.<br />
Kannibalismus gebe es nicht, weil<br />
man „hinter <strong>de</strong>m Vorhang“ wohl steuere und<br />
harmonisiere. Hier sollten Journalisten nicht<br />
über das bessere o<strong><strong>de</strong>r</strong> schlechtere System räsonieren<br />
wollen, aber <strong>de</strong>nnoch ein paar Fragen<br />
stellen dürfen. Wenn es einen Steuerungsbedarf<br />
gibt, wer steuert und wer steuert<br />
wen und was? Wie, mit welchen Augen blickt<br />
man <strong>auf</strong> die Kun<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Verbraucher?<br />
Ziel kann nur die Durchsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Premiummarken<br />
sein, angereichert am Ran<strong>de</strong> mit weniger<br />
hoch angesie<strong>de</strong>lten Marken. Läuft noch<br />
alles rund, wenn Händler gerne schon mal<br />
<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s geringsten Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stan<strong>de</strong>s gehen<br />
und preisgünstigere Reifen anbieten als sie eigentlich<br />
müssten und damit sogar zumin<strong>de</strong>st<br />
gleich gute Erträge wie mit Premiumreifen erwirtschaften<br />
können. Was lässt sich mit <strong>de</strong>n<br />
Margen, die Billigmarken <strong>de</strong>m Hersteller ermöglichen,<br />
<strong>de</strong>nn finanzieren?<br />
Osteuropa hat Platz für Marken wie Sava<br />
und Debica, weil Sava und Debica in Slowe-<br />
NEUE ReifenZeitung 9/2003 39