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Ist Wingfoot Goodyear auf der Suche nach ... - Reifenpresse.de

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Reifen International<br />

haupt nicht auch nur im Ansatz über Budgets<br />

verfügt, die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich wären, „eine Marke<br />

zu machen“. Das Waschmittel Persil ist allein<br />

in Deutschland mit einem Werbe<strong>auf</strong>wand von<br />

vermutlich 20 Millionen Euro zur Marke gemacht<br />

wor<strong>de</strong>n; doch diese 20 Millionen müssen<br />

je<strong>de</strong>s Jahr neu investiert wer<strong>de</strong>n, dass die<br />

Marke so stark bleibt wie sie ist. Ein Lernerfolg<br />

steht <strong><strong>de</strong>r</strong> großen und einst so starken<br />

<strong>Goodyear</strong> <strong>nach</strong> hier vorliegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung<br />

noch sehr schmerzhaft bevor: Grundvoraussetzung<br />

für Erfolg<br />

bleibt, geschriebene, vor<br />

allem ungeschriebene<br />

Gesetze <strong>de</strong>s Marktes zu<br />

kennen, um sie dann<br />

auch respektieren zu<br />

können. Procter & Gamble<br />

ist unter Marketinggesichtspunkten<br />

eine<br />

phantastische Firma, die<br />

<strong>de</strong>n Endverbraucher bestens<br />

kennt, führen und<br />

im positiven Sinne auch<br />

verführen kann. Für<br />

<strong>Goodyear</strong> und die Reifenindustrie<br />

ist aber alles<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>s. <strong>Goodyear</strong> macht<br />

<strong>de</strong>n Markt nicht, aber <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Markt hat Platz für <strong>Goodyear</strong>.<br />

<strong>Goodyear</strong> macht<br />

und verkün<strong>de</strong>t keine<br />

Preise, aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Markt<br />

lässt unterschiedliche Preise<br />

in einer bestimmten<br />

Bandbreite zu. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch,<br />

erfolgreiche Maßnahmen<br />

aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Branchen unreflektiert<br />

eins zu eins übertragen<br />

zu wollen, wird notwendigerweise<br />

scheitern. Dabei<br />

soll aber das etwaige Missverständnis gar<br />

nicht erst <strong>auf</strong>kommen, es sei gemeint, aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Branchen nichts lernen zu können.<br />

Aber zwei Aussagen dieses Beitrages „stehen“:<br />

Erstens: Noch sind alle Marketingpäpste<br />

dieser Welt daran gescheitert, aus <strong>de</strong>m Reifenk<strong>auf</strong><br />

einen Lustk<strong>auf</strong> zu machen.<br />

Zweitens: Wenn überhaupt etwas zu gewinnen<br />

wäre, dann nur über eine längere<br />

Zeitschiene. Auf je<strong>de</strong>n Fall aber müssen die<br />

verkäuferischen Anstrengungen draußen im<br />

Feld verstärkt wer<strong>de</strong>n. So lange <strong>Goodyear</strong> um<br />

<strong>de</strong>n täglichen Cashflow ringt und unter Schul<strong>de</strong>n<br />

ächzt, wären Experimente besser verschoben<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Was ist mit „Procterisierung“ gemeint und<br />

warum wer<strong>de</strong>n so vehement Zweifel geäu-<br />

38<br />

Sam Gibara 2002:<br />

„Unser Ziel ist sehr<br />

einfach. Forcierung <strong>de</strong>s<br />

Turnarounds. Wir sind <strong>auf</strong><br />

<strong>de</strong>m richtigen Weg. Die<br />

Refinanzierungsverhandlungen<br />

mit <strong>de</strong>n Banken<br />

waren ein kritischer Punkt.<br />

Wir sind sehr<br />

zuversichtlich, <strong>de</strong>nn<br />

unsere Produkte sind<br />

Spitzenklasse, wir haben<br />

die richtige Führung,<br />

die richtigen Strategien,<br />

die mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nste<br />

Produktpalette, das<br />

breiteste Distributionsnetzwerk,<br />

die stärkste globale<br />

Produktionspräsenz,<br />

eine ganz und gar<br />

großartige Technologie<br />

und eine Belegschaft, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

niemand das Wasser<br />

reichen kann.“<br />

ßert? Was Artikel <strong>de</strong>s täglichen Gebrauchs anbelangt,<br />

so wer<strong>de</strong>n diese gek<strong>auf</strong>t, als Kosten<br />

abgehakt. Menschen „riskieren“ <strong>de</strong>n K<strong>auf</strong> einer<br />

Tube Zahncreme, wenn sie glauben, damit<br />

weißere Zähne zu erhalten; wenn Frauen<br />

sich mit Always sicher fühlen, soll es so sein.<br />

Wer mit Lenor und Ariel kuschelweich und<br />

rein wie keiner zu waschen meint, greift zu<br />

diesen Produkten. Je<strong>de</strong> Woche neu, mehrfach<br />

im Monat, vielfach im Jahr. Wer aber stellt sich<br />

in Wettbewerb mit Freund o<strong><strong>de</strong>r</strong> Freundin, um<br />

zum Jahresen<strong>de</strong> he-<br />

rauszufin<strong>de</strong>n, um wie<br />

viel Prozent die<br />

Blend-a-med-Zähne<br />

nun wirklich weißer<br />

sind als die markenlos<br />

gereinigten? Wer <strong>de</strong>n<br />

Fleck mit Ariel nicht<br />

herauswäscht, versucht<br />

es mit einem<br />

zweiten Mittel und<br />

wirft da<strong>nach</strong> das nicht<br />

mehr sauber zu reinigen<strong>de</strong><br />

Teil <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n<br />

Müllberg. Reifen sind<br />

aber keine Güter <strong>de</strong>s<br />

täglichen Bedarfs. Falsche<br />

Reifenwahl repariert<br />

man nicht einen<br />

Tag <strong>nach</strong> <strong>de</strong>m K<strong>auf</strong>,<br />

wenn man meint, das<br />

Produkt halte nicht,<br />

was es versprochen<br />

habe bzw. was man<br />

sich selbst davon versprochen<br />

habe. Man<br />

investiert mit je<strong>de</strong>m<br />

Reifenk<strong>auf</strong> für die<br />

kommen<strong>de</strong>n Jahre.<br />

Man muss Reifen haben,<br />

von Wollen allein<br />

kann keine Re<strong>de</strong> sein. Warum keinen billigen<br />

Reifen, warum eine bekannte Marke? Warum<br />

<strong>Goodyear</strong>-Reifen, wenn es eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e und<br />

billigere Marke aus diesem Hause gibt? Wo<br />

beginnt die Führung, manche meinen auch<br />

Verführung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n? Bei PG-Artikeln im<br />

strategisch günstig gelegenen Regal, <strong>auf</strong> Augenhöhe.<br />

Fragt eine Kundin die Verkäufern im<br />

C+C-Geschäft, ob die Zähne auch wirklich so<br />

perlweiß wer<strong>de</strong>n? Sie tut es nicht, und eine<br />

Verkäuferin könnte es we<strong><strong>de</strong>r</strong> beantworten<br />

noch Produktkenntnisse mitteilen, weil sie bei<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Artikelvielfalt sofort so überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wäre<br />

wie je<strong><strong>de</strong>r</strong> Einkäufer ebenfalls maßlos überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wäre. Folglich müssen Marketing und Category<br />

Management <strong>de</strong>n Großkun<strong>de</strong>n helfen<br />

beim Abverk<strong>auf</strong>, ihnen im Zweifel sogar in allen<br />

Einzelschritten darlegen, wie das Produkt<br />

optimal vermarktet wird.<br />

Wo wer<strong>de</strong>n Reifen vermarktet? Zu 80 bis<br />

90 Prozent über spezialisierte Fachgeschäfte.<br />

Im Reifengeschäft beginnt die Führung <strong>de</strong>s<br />

Kun<strong>de</strong>n im positiven Fall in <strong>de</strong>ssen „Showroom“.<br />

Man sieht schwarze Reifen, die im<br />

günstigsten Fall sogar annähernd rund sein<br />

sollen und man bleibt <strong>auf</strong> Beratung angewiesen.<br />

Reifen mögen „low interest products“<br />

sein, aber es bleiben technisch anspruchsvolle<br />

Produkte, und man muss die technischen<br />

Vorteile erklären, man kann <strong>auf</strong> Sicherheit<br />

und (das meint je<strong>de</strong>nfalls Michelin) <strong>auf</strong> einen<br />

„flight to quality“ setzen. Selbst wenn jemand<br />

<strong>auf</strong>grund einer Werbeaussage k<strong>auf</strong>en wollte,<br />

wäre es für <strong>de</strong>n Händler leicht, <strong>de</strong>n K<strong>auf</strong>entschluss<br />

zu torpedieren, <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n zu verunsichern.<br />

Keinem Reifenhersteller nützt das<br />

strategisch günstig gelegene Regal, er muss<br />

durch das „Na<strong>de</strong>löhr Händler“. Zugegeben:<br />

In einigen Kanälen ist es an<strong><strong>de</strong>r</strong>s, so bei <strong>de</strong>n<br />

Wal-Marts, Kmarts und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Hier entschei<strong>de</strong>n<br />

Preis, Warenverfügbarkeit und Sortiment<br />

über Erfolg und Misserfolg. Und in diesen<br />

Kanälen kann es zu einer echten, fruchtbaren<br />

Zusammenarbeit zwischen Lieferant<br />

und Regalbereitsteller kommen. Für alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Kanäle dürfte das eher zweifelhaft sein.<br />

Wie konnte <strong>de</strong>nn die im Jahr 2000 sozusagen<br />

nahezu zu To<strong>de</strong> geprügelte Reifenmarke<br />

Firestone Wie<strong><strong>de</strong>r</strong><strong>auf</strong>erstehung feiern o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auch einfach nur überleben? Weil dieser Reifenkonzern<br />

eine Marktverankerung hat, weil<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Big Bosse wissen, wie Kun<strong>de</strong>n, wie Reifenhändler<br />

aussehen, wie sie „ticken“ und<br />

welche Bedürfnisse sie haben. Ohne John<br />

Lampe und seine engsten Mitarbeiter wäre<br />

das alles völlig un<strong>de</strong>nkbar. Hier ist we<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

Marketingtricks noch mit Marketinggurus gearbeitet<br />

wor<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Führungscrew<br />

hat Tag für Tag Gespräche mit <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lskun<strong>de</strong>n<br />

geführt, Überzeugungsarbeit geleistet<br />

und erreicht, in einer so unendlich schwierigen<br />

Phase nicht im Stich gelassen wor<strong>de</strong>n<br />

zu sein. Die so heftigen und vielfach einfach<br />

nur unfairen Angriffe <strong>auf</strong> Firestone wur<strong>de</strong>n<br />

bravourös abgefe<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Damit haben Lampe &<br />

Co. ein Meisterstück abgeliefert, das kaum<br />

noch zu überbieten ist. Eine groß angelegte<br />

Werbekampagne wäre unter <strong>de</strong>n gegebenen<br />

Umstän<strong>de</strong>n kontraproduktiv gewesen.<br />

Wollen sich die neuen Marketingstrategen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Goodyear</strong> anmaßen, <strong>de</strong>n Reifenfachleuten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kanäle erklären zu<br />

wollen, was sie zu tun o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu lassen haben.<br />

Wenn sie auch nicht viel können sollten, aber<br />

das eine, alles um Reifen und Rad, wissen und<br />

können sie weit besser als ein Marketing- und<br />

Werbefachmann. Gutes Marketing kann <strong>de</strong>n<br />

Verbraucher darin bestärken, eine gute Ent-<br />

NEUE ReifenZeitung 9/2003

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