Ist Wingfoot Goodyear auf der Suche nach ... - Reifenpresse.de
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Reifen International<br />
ze“ ein und dann <strong>auf</strong> etliche Spar- und Entlassungswellen,<br />
so fin<strong>de</strong>t das unter Keegan bis<br />
heute eine Fortsetzung. 700 Menschen, vorzugsweise<br />
in Akron, entlassen, die Fabrik<br />
Huntsville wird geschlossen und nun sollen<br />
„nationwi<strong>de</strong>“ weitere 500 Arbeitsplätze (white<br />
collar) gestrichen wer<strong>de</strong>n. Wie später noch<br />
auszuführen sein wird, haben die Steelworkers<br />
gegenüber Good-<br />
year durchgesetzt, dass<br />
<strong>auf</strong> je<strong>de</strong>n fünften gekündigten<br />
blue collar (Arbeiter<br />
mit Stun<strong>de</strong>nlohn)<br />
eben auch ein white collar<br />
(Angestellter mit Gehalt)<br />
zu kündigen ist. Um<br />
welche Positionen und<br />
Leute es sich dabei han<strong>de</strong>lt,<br />
stellte Rich jetzt in<br />
das Ermessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fabrikchefs.<br />
Ein En<strong>de</strong> aller<br />
Kündigungen und Unruhen ist nicht in Sicht.<br />
Was kommt noch? Alles nur Erblast Gibara?<br />
Während das Bridgestone-Unternehmensbekenntnis<br />
„Passion for Excellence“ von <strong><strong>de</strong>r</strong> Belegschaft<br />
mit Lei<strong>de</strong>nschaft gelebt und exerziert<br />
wird, ziehen verängstigte und verunsicherte<br />
<strong>Goodyear</strong>-Leute nicht allein in Nordamerika<br />
nur noch <strong>de</strong>n Kopf ein in Erwartung<br />
neuer Horrormeldungen sowie neuer Entlassungswellen.<br />
Gefeuert wer<strong>de</strong>n nicht nur Leute ohne<br />
Können und ohne Fortune, gefeuert wird quer<br />
durch die Bank, weil alles nur noch als Kosten<br />
betrachtet wird.<br />
1. Der Sparkurs in Eink<strong>auf</strong>,<br />
Prozessgestaltung, Forschung<br />
Das von Keegan bezifferte Einsparungspotenzial<br />
bis 2005 soll ein bis eineinhalb Milliar<strong>de</strong>n<br />
US-Dollar betragen, und es wur<strong>de</strong>n<br />
auch Unterlagen präsentiert, wie diese realisiert<br />
wer<strong>de</strong>n sollen. Doch schon die unübersehbare<br />
Bandbreite von immerhin 500 Millionen<br />
Dollar lässt <strong>auf</strong>horchen. Wartet das Management<br />
klammheimlich <strong>auf</strong> eine Verbesserung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> US-Wirtschaft, um sich dann mit diesem<br />
Argument aus <strong>de</strong>m Plan stehlen zu können?<br />
<strong>Ist</strong> bloß eine von <strong>de</strong>n Banken erwartete<br />
Zahl in plausibel erscheinen<strong><strong>de</strong>r</strong> Form zu Papier<br />
gebracht wor<strong>de</strong>n? Schon 1999 hatte Gibara<br />
öffentlich <strong>nach</strong> <strong>de</strong>m Dunlop-Deal Synergien<br />
in dreistelligen Millionenhöhen vorgerechnet<br />
und eine EBIT-Verbesserung von<br />
jährlich 350 Millionen Dollar in Aussicht gestellt.<br />
Je<strong><strong>de</strong>r</strong>mann hat angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> weiteren<br />
Entwicklung lernen können: Nichts ist so geduldig<br />
wie Papier. Weitgehend sollte dies<br />
durch verbesserte Eink<strong>auf</strong>schancen realisiert<br />
34<br />
Sam Gibara 1998:<br />
„Das Magazin Fortune<br />
sieht <strong>Goodyear</strong> als eine<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> am stärksten<br />
bewun<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Firma <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kautschukbranche.<br />
Wir wer<strong>de</strong>n diese Industrie<br />
in das nächste<br />
Jahrtausend führen.“<br />
wer<strong>de</strong>n. Jetzt will das Management gleich<br />
600 Millionen Dollar im Eink<strong>auf</strong> einsparen.<br />
Wo hat das in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte von Großkonzernen<br />
wirklich schon mal stattgefun<strong>de</strong>n?<br />
Und selbst wenn es gelänge, brächte es nur<br />
eine Erleichterung im Wettbewerb, wenn<br />
gleichzeitig die großen Konkurrenten nicht<br />
ebenso erfolgreich wären. <strong>Goodyear</strong> ist in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
jetzigen Verfassung<br />
für Großlieferanten<br />
ein nicht unerhebliches<br />
Risiko. Warum<br />
sollte es ein Lieferant<br />
auch nur im Ansatz<br />
wagen, <strong>Goodyear</strong> einen<br />
Vorteil gegenüber<br />
Michelin, Bridgestone<br />
und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
einzuräumen? Welcher<br />
Reifenhändler<br />
wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>nn an einen<br />
krisengeschüttelten Großverbraucher noch<br />
mehr liefern, Zahlungsziele ausweiten, Preise<br />
senken und sehen<strong>de</strong>n Auges das Risiko vergrößern?<br />
Hoffnungsfroh projizierte Eink<strong>auf</strong>sersparnisse<br />
sind meist „Luftnummern“. So<br />
hat die wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einmal taumeln<strong>de</strong> Autoschmie<strong>de</strong><br />
Chrysler vor zwei Jahren solche Eink<strong>auf</strong>sersparnisse<br />
angeblich mit Rücken<strong>de</strong>ckung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> potenten Muttergesellschaft<br />
Daimler durchdrücken können. Mit welchem<br />
Ergebnis? Milliar<strong>de</strong>nverluste damals, ebensolche<br />
heute. Nun kann<br />
man mit <strong>Goodyear</strong> weiteres<br />
Einsparpotenzial<br />
diskutieren, doch all diese<br />
Maßnahmen sind bei<br />
<strong>de</strong>n Konkurrenten selbstverständlich.Kostensenkung<br />
bleibt ein ewiges<br />
Rennen ohne Ziellinie.<br />
Aber hat <strong>Goodyear</strong> nur<br />
ein Kostenproblem o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auch ein Marktproblem<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar bei<strong>de</strong>s?<br />
2a. Der Sparkurs mit<br />
<strong>de</strong>n Beschäftigten<br />
Welche Entlassungswellen<br />
und Werksschließungen<br />
stehen <strong>de</strong>n Beschäftigten<br />
noch bevor? In Europa<br />
wur<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngeren<br />
Vergangenheit bereits<br />
zwei Dunlop-Fabriken<br />
geschlossen, nun ereilt<br />
mit Huntsville in <strong>de</strong>n<br />
USA eine weitere Fabrik dieses Schicksal. Da<br />
hat <strong>Goodyear</strong> angeblich ganz hart verhan<strong>de</strong>lt,<br />
aber sofort ließen sich die Gewerkschafter vernehmen,<br />
die Vereinbarung mit <strong>Goodyear</strong> im<br />
Ergebnis auch bei Bridgestone, Michelin und<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en umsetzen zu wollen. Doch das dürfte<br />
schwer sein und <strong>Goodyear</strong> im Wettbewerb<br />
wenig nutzen, weil etwa 70 bis 80 Prozent<br />
von <strong><strong>de</strong>r</strong>en Produktionskapazitäten aus „nonunionized-factories“<br />
kommen. Hat <strong>Goodyear</strong><br />
nun wirkliche Fortschritte erzielt, gar einen<br />
Durchbruch geschafft? O<strong><strong>de</strong>r</strong> musste das Verhandlungsergebnis<br />
so hingenommen wer<strong>de</strong>n,<br />
weil sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber einen auch nur<br />
kurzen Streik in <strong><strong>de</strong>r</strong> gegebenen Situation einfach<br />
nicht leisten konnte? Dann allerdings<br />
hätte man sich nur Zeit gek<strong>auf</strong>t, ein ungelöst<br />
gebliebenes Problem wird dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zurückkommen.<br />
Schon die Verhandlungen mit<br />
<strong>de</strong>n Banken um Neuordnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schul<strong>de</strong>n<br />
und Ausweitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kreditlinie sahen sehr<br />
<strong>nach</strong> K<strong>auf</strong> von Zeit aus. Verhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong><br />
jetzt mit <strong>de</strong>n Gewerkschaften ein 27-seitiger<br />
Vertrag unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Überschrift „Saving our<br />
jobs, our retirees, our standard of living, our<br />
future. <strong>Goodyear</strong>, a company in crisis“. <strong>Goodyear</strong><br />
beugt sich <strong>de</strong>n Gewerkschaften. Man habe<br />
ja gewusst, dass <strong>Goodyear</strong> Probleme habe,<br />
aber dass es sich um eine solch tiefgreifen<strong>de</strong><br />
Krise han<strong>de</strong>le, habe man erst durch eigene<br />
intensive Nachforschungen erfahren,<br />
teilt die Führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Steelworkers <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
mit. Nie zuvor habe eine Gewerkschaft<br />
die Finanzen eines Konzerns so intensiv<br />
untersucht wie<br />
Sam Gibara 1999:<br />
„Das Jahr war unter<br />
strategischem Aspekt<br />
großartig, operativ<br />
aber enttäuschend. Das<br />
kommen<strong>de</strong> Jahr wird<br />
weitaus besser wer<strong>de</strong>n.<br />
Wir wer<strong>de</strong>n<br />
Dunlop integrieren und<br />
auch die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Akquisitionen in Polen,<br />
Slowenien und<br />
Südafrika. Wir wer<strong>de</strong>n im<br />
amerikanischen<br />
Ersatzgeschäft schneller<br />
wachsen als im<br />
Erstausrüstungsgeschäft,<br />
und wir wer<strong>de</strong>n stark in<br />
Forschung und<br />
Entwicklung investieren.“<br />
dieses Jahr bei <strong>Goodyear</strong><br />
und sei dabei<br />
von einigen <strong><strong>de</strong>r</strong> besten<br />
Analysten von<br />
Wall Street unterstützt<br />
wor<strong>de</strong>n. Ein<br />
noch härteres Auftreten,<br />
meinen die Verhandlungsführer,hätte<br />
<strong>Goodyear</strong> in <strong>de</strong>n<br />
Ruin getrieben. Man<br />
habe die Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Konzernzerschlagung<br />
durchaus vor<br />
Augen gehabt. Die<br />
Vereinbarung kann<br />
getrost als schwere<br />
Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lage für das<br />
Management bezeichnet<br />
wer<strong>de</strong>n. Das<br />
<strong>Goodyear</strong>-Management<br />
sei in die Verhandlungengegangen<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel, verschie<strong>de</strong>ne<br />
Fabriken<br />
zu schließen, um dann umso mehr Reifen aus<br />
Billiglohnlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu importieren. Ferner soll-<br />
NEUE ReifenZeitung 9/2003