Ist Wingfoot Goodyear auf der Suche nach ... - Reifenpresse.de
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Reifen International<br />
Aber die besten Golfer wissen, dass sie umso<br />
mehr „Glück“ haben, je mehr sie trainieren,<br />
Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat.<br />
Das aber ist in Akron alles kein Thema,<br />
<strong>de</strong>nn das Management hat kurz und bündig<br />
festgestellt, die Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Produkte sei outstanding.<br />
Keine weiteren Diskussionen!<br />
<strong>Goodyear</strong> hing zwar schon früher <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruf an,<br />
während BFGoodrich neue Produkte erfin<strong>de</strong>,<br />
Firestone solche zur Se-<br />
rienreife treibe, hätten<br />
nur die Akronesen von<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Market Street die Fähigkeit,<br />
auch einen<br />
Markterfolg daraus machen<br />
zu können. Das<br />
stimmte. Doch inzwischen<br />
gehört BFGoodrich<br />
zu Michelin, Firestone<br />
zu Bridgestone und<br />
damit zu Weltkonzernen, die <strong>Goodyear</strong> hinter<br />
sich gelassen haben. Be<strong>de</strong>utet Sparen in<br />
F&E Schwäche? Keineswegs meinen die Amerikaner,<br />
<strong>Goodyear</strong> verfüge eben über bessere<br />
Software, könne sich <strong>auf</strong> Computersimulationen<br />
verlassen, während Konkurrenten gezwungen<br />
seien, in Straßentests alles mühselig<br />
im Sinne <strong>de</strong>s Wortes erfahren zu müssen.<br />
Wie verzweifelt muss ein für diese Aussage<br />
verantwortlicher Pressemann sein? Sollte aber<br />
tatsächlich ein <strong>Goodyear</strong>-Manager dieser<br />
Aussage Glauben schenken, ist er entwe<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an Naivität o<strong><strong>de</strong>r</strong> an Arroganz unübertreffbar.<br />
<strong>Goodyear</strong>s Finanzgebaren<br />
Kaum im Amt, trieb Gibara <strong>de</strong>n Konzern 26mal<br />
in Folge zu immer neuen Rekor<strong>de</strong>n. Wie<br />
macht man das ohne „Financial Engineering“,<br />
somit ohne Manipulation? Der Aktienkurs<br />
schoss in die Höhe, Aktionäre nahmen die Gewinne<br />
mit und machten sich aus <strong>de</strong>m Staube.<br />
Eine Belegschaft kann jedoch nicht einfach<br />
„Gewinnmitnahme“ betreiben und sich aus<br />
<strong>de</strong>m Staub machen. Rückschauend beschweren<br />
sich heute <strong>Goodyear</strong>-Manager, Gibara<br />
habe sie mit ihren realistischen Präsentationen<br />
oft genug heimgeschickt und Nachbesserungen<br />
verlangt mit <strong>de</strong>m Bemerken,<br />
Wall Street erwarte mehr von <strong>Goodyear</strong>.<br />
Wenn das stimmt, wem hat es genutzt? Erinnert<br />
sei an <strong>de</strong>n Börsen-Hype mitsamt seinen<br />
Exzessen. Natürlich hatte <strong>Goodyear</strong> auch<br />
Spitzenmanager, die das nicht mitmachten<br />
und eben nicht ihre <strong>auf</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage realistischer<br />
Möglichkeiten erarbeiteten Zahlen<br />
irgendwelchen Erwartungen anpassten. Dennoch<br />
zeigen sich Beobachter überzeugt, dass<br />
die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> „Jasager“ <strong>de</strong>utlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzahl<br />
war. Doch diese haben (<strong>Wingfoot</strong> Good-<br />
32<br />
Sam Gibara 1996:<br />
„Meine Vision ist es, aus<br />
<strong>Goodyear</strong> im Jahr 2000<br />
<strong>de</strong>n besten Reifenhersteller<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Welt unter Anlegung<br />
aller <strong>de</strong>nkbaren Maßstäbe<br />
zu machen.“<br />
year) dann dafür sorgen wollen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Fuß<br />
<strong>de</strong>m Schuh passt! Auch <strong>Goodyear</strong> hat viele<br />
höhere Manager zu einschlägigen Seminaren<br />
geschickt mit <strong>de</strong>m Ziel, diesen angeblich mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nere<br />
Bilanzierungsmetho<strong>de</strong>n vermitteln<br />
zu lassen. Was sich alles kompliziert anhören<br />
mag, lief doch ganz schlicht und einfach nur<br />
<strong>auf</strong> Diskussionen hinaus, wie man etwas optimal<br />
verbuchen könne. Wie viel einfacher wäre<br />
diese Frage: Wie<br />
war das Geschäft?<br />
Schreiben wir’s <strong>auf</strong>!<br />
Doch einfache Wege<br />
sind Intelligenzbestien<br />
oft genug zuwi<strong><strong>de</strong>r</strong>, so<br />
hat man sich auch bei<br />
<strong>Goodyear</strong> lieber aggressiveBilanzierungspolitik<br />
im Grun<strong>de</strong><br />
weltweit zu Eigen<br />
gemacht, ist dabei aber innerhalb <strong>de</strong>s gesetzlich<br />
vorgegebenen Rahmens geblieben,<br />
während u.a. Enron, Worldcom (war während<br />
<strong>de</strong>s Börsenbooms bis zu 100 Milliar<strong>de</strong>n US-<br />
Dollar wert, hatte allerdings die Bilanzen um<br />
elf Milliar<strong>de</strong>n US-Dollar geschönt und dabei<br />
Verluste als Gewinne gebucht, erklärte sich inzwischen<br />
„freiwillig“ bereit, Aktionäre mit einer<br />
als „Rekordzahlung“ bezeichneten Summe<br />
von 500 Millionen US-Dollar zu „entschädigen“)<br />
diese Grenzen überschritten. Diese<br />
bei<strong>de</strong>n Firmen sind bankrott, ihren ehemaligen<br />
Führern drohen Gefängnisstrafen.<br />
Die Anwendung hier beschriebener aggressiver<br />
Bilanzierungsmetho<strong>de</strong>n war legal, war<br />
sie auch legitim? Stand das noch im Einklang<br />
mit <strong>de</strong>m Konzernanspruch „Protect our good<br />
name“? Auch europäische<strong>Goodyear</strong>-Manager<br />
sahen das recht unverkniffen,<br />
<strong>de</strong>nn angesprochen<br />
<strong>auf</strong> diese Bilanzierungsmetho<strong>de</strong>n<br />
hieß es: „Das ist Bilanzierungskunst,<br />
das sind<br />
Künstler.“ Eine freundliche<br />
Auffor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<br />
<strong>de</strong>n Journalisten, seinem<br />
eigenen geistigen<br />
Horizont versuchsweise<br />
erst mal <strong>auf</strong> die Schliche<br />
zu kommen, bevor dreisterweise<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> geistige<br />
Horizont einer Koryphäe<br />
vermessen wer<strong>de</strong>n solle.<br />
Im „Land <strong><strong>de</strong>r</strong> unbegrenzten Möglichkeiten“<br />
regt sich ohnehin so schnell niemand<br />
über Peanuts <strong>auf</strong>. Der Chef <strong><strong>de</strong>r</strong> New Yorker<br />
Börse, Dick Grasso (57), hat sich gera<strong>de</strong> in diesen<br />
Tagen „<strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Pensionsbezüge“<br />
und sonstige betriebliche Ansprüche in Höhe<br />
von 139,5 Millionen US-Dollar auszahlen lassen<br />
und bei seinem bisherigen Arbeitgeber<br />
einen neuen Vertrag unterschrieben, <strong><strong>de</strong>r</strong> ihm<br />
nicht allein ein Gehalt von 1,4 Millionen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
ferner einen Garantiebonus von einer<br />
Million US-Dollar zusätzlich jährlich garantiert.<br />
Bewerten das nur Europäer als Selbstbedienungsmentalität<br />
bzw. verachten so etwas<br />
als Ausgeburt an Perversion, während<br />
sich Amerikaner schon ruhig stellen lassen mit<br />
<strong>de</strong>m Hinweis, <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrag unterliege doch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Einkommenssteuer? Wenn sich auch Gibaras<br />
Visionen als Fata Morgana erwiesen und sich<br />
verständlicherweise Unmut und Wut Tausen<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />
die ihren Job verloren, über ihm ausbreiten,<br />
so darf man ihm allerdings nicht zu<br />
viel Schan<strong>de</strong>, erst recht nicht zu viel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehre<br />
antun. Ein Mann allein baut keine Schul<strong>de</strong>nberge<br />
in Milliar<strong>de</strong>nhöhe <strong>auf</strong> und erst recht ist<br />
kein Mann allein stark genug, diese abzubauen.<br />
<strong>Goodyear</strong>s Personalpolitik<br />
Sam Gibara 1997:<br />
„Vor fast zwei Jahren habe<br />
ich <strong>Goodyear</strong>’s Mission<br />
in das 21. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
eingeführt. Das ist eine<br />
Vision wie <strong>Goodyear</strong>,<br />
strategisch fokussiert <strong>auf</strong><br />
Wachstum und<br />
Kostenführerschaft, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
beste Reifenhersteller<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Welt unter Anlegung<br />
aller <strong>de</strong>nkbaren<br />
Maßstäbe wird.“<br />
War Gibara selbst noch von seinem Vorgänger<br />
im Amt, „Stan“ Gault, <strong>nach</strong> einem Ausleseverfahren<br />
mit Bill Sharp und John Fiedler<br />
ernannt wor<strong>de</strong>n, so musste die <strong>auf</strong> Druck <strong>de</strong>s<br />
Boards erfolgte Ernennung Keegans zum<br />
COO im Sommer 2000 als eine Art Weck-,<br />
wenn nicht schon Alarmruf verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Zu lange waren in Nordamerika die Geschäfte<br />
schon permanent schwächer gewor<strong>de</strong>n.<br />
Wer 30 und mehr Jahre Spitzenjobs in<br />
einem Konzern hatte, mag zu schnell dazu<br />
neigen, diesen Konzern als sein Eigentum zu<br />
sehen. Eine Führungskraft<br />
von außen kann<br />
da durchaus für neues<br />
Denken sorgen. Keegan<br />
trat am 1. Oktober<br />
2000 als Presi<strong>de</strong>nt und<br />
Chief Operating Officer<br />
bei <strong>Goodyear</strong> an<br />
u.a. mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusicherung,<br />
binnen drei Jahren<br />
Konzernchef zu<br />
wer<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Konzern<br />
mit einer bereits<br />
festgelegten Abfindung<br />
in Höhe mehrerer<br />
Millionen Dollar<br />
verlassen zu dürfen.<br />
Dass Keegan seine For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen stellte, ist<br />
verständlich. Dass <strong>Goodyear</strong> sich aber dar<strong>auf</strong><br />
einlassen musste, lässt Rückschlüsse <strong>auf</strong> die<br />
verbliebene Anziehungskraft zu. Stellte sich<br />
die Belegschaft <strong>nach</strong> <strong>de</strong>m Jointventure mit<br />
Dunlop unter Gibara erst <strong>auf</strong> ein „Hiring Free-<br />
NEUE ReifenZeitung 9/2003