Teilchen und Sterne
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Teilchen und Sterne
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<strong>Teilchen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Sterne</strong><br />
Hans-Christian Schultz-Coulon<br />
Kirchhoff-Institut für Physik, Universität Heidelberg
• Erkennen von kleinsten Strukturen<br />
• Beschleuniger <strong>und</strong> Detektoren<br />
• Die kleinsten Bausteine<br />
• F<strong>und</strong>amentale Kräfte <strong>und</strong> Ladungen<br />
<strong>Teilchen</strong><br />
Auf der Suche nach den kleinsten Bausteinen
Griechische Philosophie<br />
• Elemente <strong>und</strong> Kräfte: 500-430 v.Chr. [ Empedokles ]<br />
– Vier Elemente: Feuer, Wasser, Erde Luft<br />
– Zwei Urkräfte: Liebe, Haß ⇔ Mischung, Trennung<br />
• Symmetrien: 427-347 v.Chr. [ Platon ]<br />
– Symmetrische Körper: Schönheit der Gesetze<br />
• Kleinste Bausteine: 460-371 v.Chr. [ Demokrit ]<br />
– Atome: verschiedene Formen <strong>und</strong> Gewichte<br />
– Leere: Verbindung <strong>und</strong> Bewegung im Nichts
Experimentieren statt Philosophieren<br />
bloßes Auge: ~ 1 mm<br />
Auge plus Lupe: ~ 0.1 mm<br />
10-fach vergrößert<br />
Auge <strong>und</strong> Mikroskop: ~ 0.001 mm<br />
1000-fach vergrößert<br />
Immer noch keine Bausteine sichtbar<br />
Wie groß sind die eigentlich ?
10 -15 m<br />
10 -10 m<br />
10 -18 m<br />
Bausteine der Materie<br />
& Größenordnungen<br />
F<strong>und</strong>amentale Bausteine:<br />
`<br />
Electron (e)<br />
Up-Quark (u)<br />
Down-Quark (d)<br />
„Punktförmig“ ( < 10-18 m)<br />
Woher wissen wir das?
Wie kann man 10 -12 m „sehen“?<br />
• Was heißt überhaupt „sehen“ ?<br />
• Sehen = Abbilden<br />
Probe (Licht) → Zielobjekt → Detektor<br />
(Auge)<br />
• Wichtig: „Auflösungsvermögen“<br />
[ Fähigkeit, Strukturen einer bestimmten Größe zu erkennen ]<br />
• Dazu notwendig:<br />
Größe der Projektile
Unbekanntes Objekt in einer Höhle<br />
• Projektil: Basketbälle
Unbekanntes Objekt in einer Höhle<br />
• Projektil: Tennisbälle
Unbekanntes Objekt in einer Höhle<br />
• Projektil: Murmeln<br />
... nichts wie weg !
Einschub: Nützliche Einheiten<br />
• Größe, Länge:<br />
1 fm = 1 Femtometer („Fermi“) = 10 -15 m<br />
[ 1 µm = 1.000.000.000 fm = 10 -6 m ]<br />
• Energie:<br />
1 ElektronVolt = 1 eV<br />
1 keV = 1.000 eV<br />
1 MeV = 1.000.000 eV<br />
1 GeV = 1.000.000.000 eV<br />
• 1 GeV: „viel“ für ein <strong>Teilchen</strong> ...<br />
... aber makroskopisch winzig: könnte Taschenlampe (1,6 Watt)<br />
ganze 0,0000000001 Sek<strong>und</strong>en (10 -10 s) zum Leuchten bringen.
Treffgenauigkeit<br />
Auflösungsvermögen in der <strong>Teilchen</strong>physik<br />
Quantenmechanische Eigenschaft eines <strong>Teilchen</strong>s<br />
(Heisenbergsche Unschärferelation: Δx . Δp ~ h) -<br />
Hat keine Entsprechung in unserer Erfahrungswelt<br />
(Wellenbild irreführend)<br />
Gr<strong>und</strong>regel (für hochenergetische <strong>Teilchen</strong>):<br />
Treffgenauigkeit = 200 fm / Energie (in MeV)<br />
> 0,15 µm<br />
zum Beispiel:<br />
0,2 µm = 2 x 10 -6 m bei 1 eV<br />
0,1 µm bei 2 eV<br />
10 -5 µm = 10.000 fm bei 20 keV<br />
200 fm = 2 x 10 -13 m bei 1 MeV<br />
0,2 fm = 2 x 10 -16 m bei 1 GeV<br />
Zum Auflösen kleiner Strukturen braucht man hohe Energien<br />
[ z.B.: Protonradius ~ 1 fm → E >> 1 GeV zum Auflösen der Protonstruktur ]
Streuexperimente – Schlüssel ins Innere<br />
Beispiel Rutherford Streuung (1911)<br />
Beschuss von Goldfolie mit Heliumkernen<br />
Größe: 1.5 fm, Treffgenauigkeit: 1 fm<br />
Resultat: Harter, kleiner Kern (5 fm)<br />
Radius Au-Atom: 10 -10 m;<br />
Kern : Atom wie Kirsche : Fußballfeld<br />
Später:<br />
Rutherford (1919) : Heliumkerne auf Stickstoff<br />
→ Beobachtung einzelner Protonen<br />
Chadwick (1932): Heliumkerne auf Beryllium<br />
→ Beobachtung einzelner Neutronen<br />
Kleiner Atomkern aus Protonen<br />
<strong>und</strong> Neutronen umgeben von riesiger Elektronenhülle<br />
Goldatome<br />
mit hartem Kern
Inelastische ep-Streuung bei HERA<br />
Blick ins Innere des Protons<br />
Auflösungsvermögen: 10 -18 m<br />
[ entspr. 1/1000 Protonradius ]<br />
→ Protonen <strong>und</strong> Neutronen<br />
sind nicht elementar.
Ringbeschleuniger<br />
Beschleuniger<br />
Mikroskope der <strong>Teilchen</strong>physik<br />
<strong>Teilchen</strong>detektor
Detektoren<br />
Augen der <strong>Teilchen</strong>physik<br />
Elektron<br />
e +<br />
Hadronen<br />
Spurdetektor<br />
Elektronkalorimeter<br />
Hadronkalorimeter<br />
Magnetspule<br />
Myonkammern<br />
Myonen<br />
Photon
Elektron<br />
Hadronen<br />
Photon<br />
Myonen<br />
Spurdetektor<br />
Elektronkalorimeter<br />
Hadronkalorimeter<br />
Magnetspule<br />
Myonkammern
Ab 2007: ATLAS Experiment (CERN)<br />
170 Universitäten <strong>und</strong><br />
Institute aus 35 Ländern<br />
Größenvergleich
Was hält die<br />
Bausteine zusammen?<br />
Bausteine der Materie<br />
Was ist eine f<strong>und</strong>amentale Kraft?
Wechselwirkungen
Die vier f<strong>und</strong>amentalen Kräfte<br />
schwächste 'Kraft'<br />
im Mikrokosmos (noch)<br />
unbedeutend<br />
p<br />
n n<br />
n pn<br />
pn<br />
p p n<br />
np<br />
p<br />
p<br />
p<br />
p<br />
n<br />
q q
Bausteine<br />
unsere Welt<br />
Kräfte<br />
Das Standardmodell<br />
Wie, wann …<br />
Warum ?<br />
Zwei weitere<br />
<strong>Teilchen</strong>generationen
Antimaterie<br />
• Zu jedem Bausteinteilchen<br />
existiert ein Antiteilchen mit<br />
umgekehrter Ladung<br />
Elektron<br />
• Aus Kraftteilchen können paarweise<br />
Materie- <strong>und</strong> Antimaterieteilchen entstehen<br />
• Umgekehrt können Sich diese wieder<br />
zu Botenteilchen (Energie) vernichten<br />
• Sonst sind alle Eigenschaften<br />
(Masse, Lebensdauer) gleich<br />
Positron<br />
E=mc 2
Mass (MeV)<br />
1,0E+06<br />
1,0E+04<br />
1,0E+02<br />
1,0E+00<br />
1,0E-02<br />
1,0E-04<br />
1,0E-06<br />
1,0E-08<br />
1,0E-10<br />
1,0E-12<br />
Massen im Standardmodell<br />
(u,d,e,ν e )<br />
8<br />
1E-10 ?<br />
4<br />
0,5<br />
(s,c,µ,ν µ )<br />
150<br />
1300<br />
106<br />
0,000000008<br />
4200<br />
0,00000005<br />
174000<br />
1777<br />
(b,t,τ,ν τ )<br />
Aber: Woher kommen die Massen?<br />
Standardmodell: Higgs-Mechanismus<br />
Up Type<br />
Down Type<br />
Lepton +/-<br />
0 1 2 3 4<br />
Neutrino<br />
Generation
Higgs-Hintergr<strong>und</strong>feld<br />
erfüllt den Raum<br />
Der Higgs-Mechanismus<br />
Analogie I: Wie <strong>Teilchen</strong> Masse kriegen<br />
Ein <strong>Teilchen</strong><br />
im Higgs-Feld...<br />
... Widerstand gegen<br />
Bewegung ...<br />
Trägheit ↔ Masse
Der Higgs-Mechanismus<br />
Analogie II: Warum das Higgs selbst Masse hat<br />
Anregung des<br />
Hintergr<strong>und</strong>feldes<br />
angeregtes Higgs-Hintergr<strong>und</strong>feld<br />
→ massives Higgs-Bosons
!<br />
inzwischen<br />
gemessen<br />
Vorhersage der Higgs-Masse<br />
e + e – Measure:<br />
" Z " ff<br />
Vergleich Präzisionsmessung mit<br />
Korrektur → Vorhersage der Higgs-Masse
Direkte Higgs-Suche — Ereignisbilder<br />
LEP: 2000<br />
[ e + e – → HZ → bbqq ]<br />
Haben wir das Higgs schon gesehen ?<br />
LHC: > 2007<br />
[ gg → H → ZZ → 4µ ]
Das Higgs ...<br />
... die letzte Unbekannte ?
Nein ...<br />
Beispiel:<br />
Zusammensetzung<br />
des Universums
<strong>Sterne</strong>
A. Rotationsgeschwindigkeit<br />
von <strong>Sterne</strong>n in Galaxien<br />
Woher wissen wir das?<br />
B. Gravitationslinsen<br />
[Ablenkung von Licht durch Masse ]<br />
Prinzip<br />
Rotationsgeschwindigkeit<br />
der Planeten um die Sonne
380,000 Jahre nach dem Urknall<br />
Das Universum wird transparent<br />
Reise zum Urknall
Kosmische Hintergr<strong>und</strong>strahlung<br />
T = 2.73 K<br />
extrem homogen<br />
Abweichung: ± 0.00002<br />
WMAP Satellit<br />
Analyse der Abweichungen
Zusammensetzung des Universums<br />
Aus Resultaten von<br />
WMAP, Supernovae,<br />
Elementhäufigkeit<br />
• 4% „normale“ Materie<br />
• 25% „dunkle“ Materie<br />
• 71% „dunkle“ Energie (?)<br />
Dark Matter - Was ist das ?<br />
• Ausgebrannte <strong>Sterne</strong>, schwarze Löcher<br />
Nein! Normale Materie.<br />
• „Cold“ Dark Matter<br />
Neue <strong>Teilchen</strong> (schwer, schwache WW)<br />
• „Hot“ Dark Matter<br />
Neutrinos? Zu leicht
<strong>Teilchen</strong>physik & Kosmologie<br />
Heißes Universum<br />
alle <strong>Teilchen</strong> haben hohe<br />
Energie (Temperatur)<br />
<strong>und</strong> kollidieren unkontrolliert<br />
<strong>Teilchen</strong>kollision bei<br />
hohen Energien<br />
gezielte, kontrollierte<br />
einzelne Kollisionen<br />
<strong>und</strong> deren Aufzeichnung
Blick zurück zum Urknall<br />
Temperatur Alter Energie Größe<br />
10 32 K 10 -43 s 10 19 GeV Nadelspitze<br />
10 28 K 10 -36 s 10 15 GeV Tennisball<br />
10 22 K 10 -24 s 10 9 GeV 50 km<br />
10 17 K 10 -14 s 10000 GeV wie Sonne<br />
10 15 K 10 -10 s 100 GeV<br />
10 13 K 10 -6 s 1 GeV wie Sonnensystem<br />
10 10 K 1s 0.001 GeV 1 Lichtjahr<br />
10 9 K 1 min 0.0001 GeV 50 Lichtjahre<br />
10 6 K 1 Jahr 0.0000001 GeV wie Milchstraße<br />
10.000 K 100.000 Jahre 1 eV<br />
3 K heute 10 -4 eV<br />
1 Million<br />
Lichtjahre<br />
10 Milliarden<br />
Lichtjahre<br />
Theorie<br />
Experiment
Kleine <strong>Teilchen</strong> — Große Chancen ?<br />
<strong>Teilchen</strong>physik ist ein Beispiel für REINE<br />
Gr<strong>und</strong>lagenforschung ? JA ! ... aber ...<br />
... was noch so nebenbei passiert(e) ...<br />
Erfindung des World Wide Webs (CERN, Ende 80ger Jahre)<br />
Grid Computing (Rechnen aus der Steckdose)<br />
Entwicklung von Strahlungssensoren (Röntgenkameras)<br />
Eigene Entwicklung komplexer Mikroelektronik (FADC)<br />
Wirklich globale Kooperation<br />
SIE könnten dabei sein ...