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wärmestress der hochleistungskühe in der warmen jahreszeit ...

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Offenställe für Milchkühe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel quer gelüftete<br />

Ställe, die relativ schmal s<strong>in</strong>d und möglichst quer zur<br />

Hauptw<strong>in</strong>drichtung stehen sollten. Im Sommer kommt es<br />

allerd<strong>in</strong>gs immer wie<strong>der</strong> vor, dass <strong>der</strong> W<strong>in</strong>de<strong>in</strong>fluss für e<strong>in</strong>e<br />

gute Durchspülung des Stalles nicht ausreicht und e<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Wärmeabfuhr bei den Tieren nicht gewährleistet<br />

ist. Beson<strong>der</strong>s problematisch ist dies, wenn sich die Ställe <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Tallage bef<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> zu breit s<strong>in</strong>d, o<strong>der</strong> wenn durch<br />

<strong>in</strong>tensiven Bewuchs <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d über den Stall geführt wird.<br />

Um die Tiere bildet sich e<strong>in</strong> "Warmluftpolster", das e<strong>in</strong>e<br />

Wärme- und Wasserdampfabgabe beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Unsere "Hochleistungssportler"<br />

im Stall haben dann ke<strong>in</strong>e Chance auf<br />

Entwärmung und brechen <strong>in</strong> ihren Leistungen e<strong>in</strong>. Verweigerung<br />

<strong>der</strong> Futteraufnahme, s<strong>in</strong>kende Milchleistungen<br />

sowie e<strong>in</strong> reduziertes Aktivitätsverhalten können die Folge<br />

se<strong>in</strong>. Lang anhalten<strong>der</strong> Hitzestress senkt die Toleranzschwelle<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en Stressfaktoren, was das<br />

gesamte Gesundheitsgeschehen nachhaltig negativ bee<strong>in</strong>flusst.<br />

THERMOPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />

DER WÄRMEABGABE<br />

Die Wärmeabgabe unserer Nutztiere basiert bei hohen<br />

Umgebungstemperaturen überwiegend auf <strong>der</strong> Verdunstung<br />

von Wasser über die Haut und die Atemwege. In<br />

e<strong>in</strong>em unterschiedlich großen Temperaturbereich erfolgt die<br />

Thermoregulation des Tieres, also die Köpertemperature<strong>in</strong>stellung,<br />

weitestgehend passiv und automatisch. Unter<br />

Hitzestress versteht man e<strong>in</strong>en physiologischen Belastungszustand,<br />

bei dem das Tier se<strong>in</strong>en Wärmehaushalt nicht<br />

mehr passiv regulieren kann. Es kann dann se<strong>in</strong>e Wärme<br />

nicht mehr <strong>in</strong> dem Maße abgeben, wie es bei e<strong>in</strong>er hohen<br />

Leistung (für Wachstum o<strong>der</strong> zur Milcherzeugung)<br />

notwendig ist.<br />

Maßgeblich für die Entwärmung des Körpers ist <strong>der</strong> Wärme<strong>in</strong>halt<br />

<strong>der</strong> Luft, die Enthalpie. Der Wärme<strong>in</strong>halt <strong>der</strong> Luft<br />

R I N D E R P R A X I S<br />

Wolfgang Büscher<br />

WÄRMESTRESS DER<br />

HOCHLEISTUNGSKÜHE IN DER WARMEN<br />

JAHRESZEIT MINIMIEREN<br />

Extreme Wärmebelastungen für Milchkühe müssen nicht se<strong>in</strong>.<br />

Was <strong>der</strong> Tierarzt dem <strong>in</strong>tensiven Milchviehhalter raten sollte.<br />

setzt sich zusammen aus <strong>der</strong> Energie, die über die Temperatur<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Luft gebunden ist, und dem Wasserdampf,<br />

<strong>der</strong> gasförmig vorliegt. Tabelle 1 zeigt zwei unterschiedliche<br />

Luftzustände h<strong>in</strong>sichtlich Temperatur und Wasserdampf,<br />

aber mit ähnlich großer Enthalpie. Man würde im ersten<br />

Moment vermuten, dass die kühlere Luft wesentlich besser<br />

zur Entwärmung des Körpers geeignet ist. Durch den hohen<br />

Wasserdampfgehalt hat die kühlere Luft jedoch e<strong>in</strong>en<br />

größeren Wärme<strong>in</strong>halt und wirkt thermophysiologisch auf<br />

den Körper erheblich belasten<strong>der</strong>, weil die Entwärmung<br />

über die Wasserverdunstung erschwert ist. Diese<br />

Zusammenhänge werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Thermodynamik gerne mit<br />

dem hx-Diagramm beschrieben. Lei<strong>der</strong> wirkt dieses Diagramm<br />

auf nicht "Fachleute" viel zu überladen und komplex,<br />

was die Verwendbarkeit stark e<strong>in</strong>schränkt.<br />

Typische kont<strong>in</strong>entalklimatische Warmluft<br />

Temperatur relative Wasser- Enthalpie<br />

Feuchte dampfgehalt Luft<br />

t [°C] phi [%] x [g/kg] h [kJ/kg]<br />

32,0 40 12,1 63,0<br />

typische "schwülwarme Gewitterluft"<br />

Temperatur relative Wasser- Enthalpie<br />

Feuchte dampfgehalt Luft<br />

t [°C] phi [%] x [g/kg] h [kJ/kg]<br />

25,0 80 16,2 66,3<br />

Tabelle 1: Wärme<strong>in</strong>halt (Enthalpie) von Luft bei verschiedenen<br />

Zuständen h<strong>in</strong>sichtlich Temperatur und relativer Luftfeuchte<br />

WAS KANN MAN VORBEUGEND UNTERNEHMEN?<br />

E<strong>in</strong> massiver Stall bietet ke<strong>in</strong>en generellen Schutz vor Hitze.<br />

Es hat beson<strong>der</strong>e Vorteile <strong>in</strong> <strong>der</strong> Übergangszeit, weil Tem-<br />

20 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL


peraturschwankungen besser abgepuffert werden. Durch<br />

die langjährigen For<strong>der</strong>ungen nach Baukostensenkung<br />

spielen Massivställe für Milchkühe allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Rolle<br />

mehr. Abbildung 1 zeigt die <strong>der</strong>zeit e<strong>in</strong>gesetzten Funktionspr<strong>in</strong>zipien<br />

<strong>der</strong> Lüftungen <strong>in</strong> Ställen, wobei <strong>der</strong> quer<br />

gelüftete Stall (Bildmitte) für Milchkühe mehr und mehr<br />

zum Standard wird. Da bei Außenklimaställen ke<strong>in</strong>e Wärmedämmung<br />

<strong>der</strong> Bauhülle erfor<strong>der</strong>lich ist, wird überwiegend<br />

Holz für den geschlossenen Anteil <strong>der</strong> Seitenwände<br />

e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Abbildung 1: Funktionspr<strong>in</strong>zip von verschiedenen Stalllüftungen<br />

[verän<strong>der</strong>t nach MÜLLER 2003]<br />

Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit sollte man dem Dach beim<br />

Außenklimastall schenken. Große Dachflächen können sich<br />

jedoch durch die Sonnene<strong>in</strong>strahlung erheblich aufheizen.<br />

Dunkle Dachflächen heizen sich beson<strong>der</strong>s stark auf. In frei<br />

belüfteten Ställen können daher durch e<strong>in</strong>e nachträgliche<br />

Wärmedämmung des Daches oftmals hohe Temperaturen<br />

im Stall verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden. Lei<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d unsere Stallanlagen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht mehr von großen Bäumen gesäumt, die<br />

ihren Schatten auf die Dachflächen werfen.<br />

Die Lüftungstechnik hat im Sommer die Aufgabe, die<br />

Wärme aus dem Stallraum abzuführen. Technische<br />

Ursachen für Hitzestress liegen oftmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> zu ger<strong>in</strong>gen<br />

Luftleistung <strong>der</strong> Lüftungsanlage beim zwangsbelüfteten<br />

bzw. zu kle<strong>in</strong>en Öffnungen beim frei belüfteten Stall.<br />

DEN LUFTDURCHSATZ BEI DER QUERLÜFTUNG STEIGERN<br />

Wichtigste Voraussetzungen für e<strong>in</strong>en zufrieden stellenden<br />

Luftwechsel beim quer gelüfteten Stall ist Ausrichtung <strong>der</strong><br />

NUTZTIERPRAXIS AKTUELL<br />

R I N D E R P R A X I S<br />

Stall-Längsachse im rechten W<strong>in</strong>kel zur Hauptw<strong>in</strong>drichtung<br />

und e<strong>in</strong>e freie Anströmung des W<strong>in</strong>des. Beson<strong>der</strong>s bei<br />

Umnutzungen o<strong>der</strong> Umbaulösungen ist die Stellung des<br />

Gebäudes oft nicht optimal und kann daher auch nur als<br />

Kompromisslösung betrachtet werden. Der Stall muss<br />

darüber h<strong>in</strong>aus an den Seitenwänden und ggs. an den<br />

Stirnwänden geöffnet werden, damit e<strong>in</strong> ausreichen<strong>der</strong><br />

Luftdurchsatz erfolgen kann. Man geht <strong>der</strong>zeit von e<strong>in</strong>er<br />

Öffnungsfläche von 0,2 m²/Tierplatz an beiden Seitenwänden<br />

aus. W<strong>in</strong>dschutznetze o<strong>der</strong> Jalousien werden an<br />

den Seitenwänden gerne so e<strong>in</strong>gesetzt, dass man im W<strong>in</strong>ter<br />

den freien Querschnitt begrenzen kann, damit <strong>der</strong> Stall nicht<br />

so stark auskühlt und <strong>der</strong> kalte W<strong>in</strong>d nicht direkt auf die<br />

Tiere strömt. Beson<strong>der</strong>s gerne werden geschlossene Folienvorhänge<br />

verwendet, damit man im Stall im W<strong>in</strong>ter M<strong>in</strong>usgrade<br />

und die sonst nötigen Investitionen für frostsichere<br />

Tränketechniken vermeiden kann.<br />

Schmutz und Staub können den Luftdurchsatz von W<strong>in</strong>dschutznetzen<br />

im Sommer allerd<strong>in</strong>gs stark verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n,<br />

wenn sie sich <strong>in</strong> allen Bereichen abgelagert haben. Kommt es<br />

im Frühsommer zu starkem Pappelflaum-Flug, kann e<strong>in</strong>e<br />

zusätzliche Wartung s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>. Beson<strong>der</strong>s gefährdet s<strong>in</strong>d<br />

engmaschige W<strong>in</strong>dschutznetze, die sich auf <strong>der</strong> w<strong>in</strong>dzugewandten<br />

Seite des Stalles bef<strong>in</strong>den.<br />

WAS KANN MAN NACHTRÄGLICH MACHEN?<br />

Die Antwort <strong>der</strong> Technik auf diese Probleme liegt auf <strong>der</strong><br />

Hand. Verbesserter Wärmeschutz <strong>der</strong> Bauhülle, Verdunstungskühlung<br />

auf den Dach- und Bodenflächen im Stall<br />

sowie gesteigerte Luftumwälzung im Stall durch Umluftventilatoren.<br />

Auf den Aspekt Umluftventilatoren soll <strong>in</strong><br />

diesem Beitrag vorrangig e<strong>in</strong>gegangen werden, weil vielen<br />

Praktikern die Planungsweise unklar ist und e<strong>in</strong>fache<br />

Lösungen zum Nachrüsten existieren.<br />

Viele Betriebe verschaffen ihren Tieren im Sommer<br />

Erleichterung, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>e Verdunstungs-Kühlung mit<br />

offenen Wasserflächen im Stallgang o<strong>der</strong> <strong>in</strong> den zentral verlegten<br />

Frischluftkanälen anlegen. Auch bei dieser Technik<br />

s<strong>in</strong>d die Kühlungswirkungen abhängig von <strong>der</strong> Kontaktzeit<br />

und <strong>der</strong> Wasseraufnahmekapazität <strong>der</strong> Frischluft. Aber<br />

auch e<strong>in</strong>e Abkühlung von nur 2 Kelv<strong>in</strong> verschafft schon e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Erleichterung.<br />

Sehr aufwendig s<strong>in</strong>d fest <strong>in</strong>stallierte Hochdruckleitungen<br />

mit Düsen zur Sprühbefeuchtung bzw. Wasservernebelung.<br />

Die Tröpfchengröße und die Wassermenge dürfen nicht so<br />

weit gesteigert werden, dass die Oberflächen im Stall feucht<br />

werden. Dies ist beson<strong>der</strong>s kritisch <strong>in</strong> Ställen mit Strohe<strong>in</strong>streu.<br />

Bei den Ventilatoren, die für Umluftzwecke <strong>in</strong> Frage<br />

<br />

21


kommen, bestehen h<strong>in</strong>sichtlich Größe, Drehzahl und<br />

Geräuschentwicklung klare Unterschiede. Aber auch die<br />

Wurfweite <strong>der</strong> Luft und energetische Effizienz s<strong>in</strong>d wichtige<br />

Kriterien für die Auswahl. Bei <strong>der</strong> Vorauswahl <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Sachsen getesteten Ventilatoren spielte die elektrische Leistungsaufnahme<br />

je 1000 m³ Luftleistung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

WELCHE KRITERIEN SIND FÜR DIE AUSWAHL<br />

DER VENTILATOREN WICHTIG?<br />

Grundsätzlich ist bei Umluftventilatoren zwischen<br />

Deckenventilatoren und Standard-Axial-Ventilatoren zu<br />

unterscheiden. Deckenventilatoren för<strong>der</strong>n die Luft<br />

senkrecht nach unten o<strong>der</strong> nach oben gegen die Stalldecke.<br />

Der E<strong>in</strong>wirkungsbereich am Boden ist relativ kle<strong>in</strong> und liegt<br />

"kreisrund" unterhalb des Ventilators. Axialventilatoren<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel so aufgehängt, dass sie die Luft nahezu<br />

waagerecht <strong>in</strong> den Raum "werfen". Durch e<strong>in</strong> leichtes<br />

Anw<strong>in</strong>keln erreicht man e<strong>in</strong> gezieltes Überblasen <strong>der</strong><br />

Bodenfläche. Der E<strong>in</strong>wirkungsbereich am Boden ist ausgehend<br />

vom Ventilator "trichter-" o<strong>der</strong> besser<br />

"keulenförmig". Kle<strong>in</strong>e Ventilatoren mit hoher Drehzahl<br />

haben e<strong>in</strong>e große Wurfweite (bis über 20 m) während große<br />

Ventilatoren mit niedriger Flügelraddrehzahl nur ger<strong>in</strong>ge<br />

Wurfweiten (12 - 15 m) aufweisen. Soll die Luft gleichmäßig<br />

im Raum verteilt werden, ergeben sich aus den Wurfweiten<br />

die Abstände zwischen den Ventilatoren.<br />

Bei <strong>der</strong> Schaltung <strong>der</strong> Ventilatoren gibt es unterschiedliche<br />

Techniken:<br />

• E<strong>in</strong>-Aus-Schaltung von Hand o<strong>der</strong> über Relais vom<br />

Klimacomputer,<br />

• Stufenschaltung mit Trafo,<br />

• Stufenlose Steuerung mit Phasenanschnitt o<strong>der</strong><br />

Frequenzumrichter.<br />

Welche Lösung im speziellen Fall die Richtige ist, hängt von<br />

den Erwartungen an die Technik und von <strong>der</strong> Investitionsbereitschaft<br />

des Betreibers ab. Die e<strong>in</strong>fachste Lösung ist die<br />

Steuerung von Hand mit Motorschutzschaltern. Oft werden<br />

die Umluftventilatoren schon bei Stall-Temperaturen von<br />

über 20 °C zugeschaltet. Mo<strong>der</strong>ne Klimacomputer können<br />

Relais ansteuern, die die Ventilatoren bei bestimmten Temperaturen<br />

je<strong>der</strong>zeit zuschalten können. Will man die<br />

Drehzahl und somit die Wurfweite bzw. Luftgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

im Tierbereich e<strong>in</strong>stellen können, s<strong>in</strong>d Stufenschaltungen<br />

o<strong>der</strong> stufenlose Steuergeräte zu verwenden.<br />

WIE VIEL LUFTBEWEGUNG IM TIERBEREICH<br />

IST NOTWENDIG?<br />

Über die notwendigen Luftbewegungen im Tierbereich gibt<br />

es sehr unterschiedliche Ansichten und sicher noch erheb-<br />

R I N D E R P R A X I S<br />

lichen Untersuchungsbedarf. In den USA wird häufig die<br />

unten aufgeführte Tabelle 2 von Barnwell (Universität Pittsburg)<br />

benutzt, um die gefühlte Temperatur e<strong>in</strong>zustellen. Die<br />

Tabelle 2 ist so zu verstehen, dass z. B. bei e<strong>in</strong>er Raum-temperatur<br />

von 29,5 °C e<strong>in</strong>e Luftgeschw<strong>in</strong>digkeit von 1,5 m/s<br />

im Tierbereich herrschen muss, damit die Tiere e<strong>in</strong>e gefühlte<br />

Umgebungstemperatur von 22,8 °C haben. E<strong>in</strong> plastisches<br />

Beispiel für diese Zusammenhänge ist <strong>der</strong> Kühler im PKW,<br />

<strong>der</strong> beim stehenden Fahrzeug wesentlich schlechter die<br />

Wärme abgeben kann als im bewegten Zustand bei Nutzung<br />

des Fahrtw<strong>in</strong>des. Der Wärmeübergang vom festen<br />

Körper an die umgebende Luft kann durch gesteigerte Luftgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

um den Faktor 10 vergrößert se<strong>in</strong>!<br />

Tabelle 2: E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Luftgeschw<strong>in</strong>digkeit auf die gefühlte Temperatur<br />

FAZIT FÜR DEN PRAKTIKER?<br />

Es gibt diverse Umluftventilatoren, die ihre Aufgaben<br />

zufrieden stellend erfüllen. Insgesamt sche<strong>in</strong>t es für die Vermeidung<br />

von Hitzestress wichtiger zu se<strong>in</strong>, viel Raumluft<br />

umzuwälzen als diese verstärkt mit Frischluft auszutauschen.<br />

Zusatzventilatoren können daher als Umluftlösungen<br />

im Stall platziert werden und müssen nicht<br />

zwangsläufig <strong>in</strong> die Stirnwände e<strong>in</strong>gebaut werden.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Geräuschentwicklung s<strong>in</strong>d langsame<br />

Flügelgeschw<strong>in</strong>dig-keiten günstig zu bewerten; allerd<strong>in</strong>gs<br />

leidet darunter die Wurfweite <strong>der</strong> Luft und somit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wirkungsbereich<br />

des Ventilators am Boden. Verbr<strong>in</strong>gt man<br />

relativ wenig Zeit im Stall, ist e<strong>in</strong>e vollautomatische<br />

Steuerung <strong>der</strong> Umluftventilatoren über den Klimacomputer<br />

günstig zu bewerten. Ist man immer vor Ort, reicht e<strong>in</strong>e<br />

Zuschaltung von Hand. Diese und an<strong>der</strong>e Details entscheiden<br />

über die zusätzlichen Kosten. Der Aufwand für<br />

e<strong>in</strong>e zusätzliche Sprühbefeuchtung sche<strong>in</strong>t beim <strong>der</strong>zeitigen<br />

Leistungsniveau und bei den <strong>der</strong>zeitigen Sommertemperaturen<br />

nicht gerechtfertigt.<br />

<br />

22 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL


R I N D E R P R A X I S<br />

Ventilator mit Keilriemenantrieb und Schutzgitter Ventilator mit Direktantrieb und Schutzgitter<br />

Sichelrad-Ventilatoren mit Direktantrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>bauhöhe, die<br />

ke<strong>in</strong>e Schutzgitter nötig macht<br />

NUTZTIERPRAXIS AKTUELL<br />

Großer Lichte<strong>in</strong>fall bei weit geöffneten Seitenwänden<br />

23


Ganzflächige Seitenwandöffnung<br />

Laufstall Riswick<br />

Ventilatoren im Vorwartehof. Tiergruppe wird direkt angeblasen<br />

R I N D E R P R A X I S<br />

Gibt es für Berater e<strong>in</strong>e Checkliste o<strong>der</strong> Orientierungshilfen?<br />

Bisher gibt es ke<strong>in</strong>e klassische Checkliste, an <strong>der</strong> man sich<br />

orientieren könnte, um bestehende Probleme zu lösen. Aus<br />

dem technischen Blickw<strong>in</strong>kel lassen sich natürlich die<br />

For<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Entscheidungs-Liste<br />

zusammenfassen:<br />

• Lassen sich die Wände (baulich technisch)<br />

auf e<strong>in</strong> Maß von 0,2 m²/Tierplatz öffnen?<br />

· Wenn ja, ist e<strong>in</strong>e gut funktionierende Querlüftung<br />

möglich. Als nachträgliche Maßnahme ist dann die<br />

Unterstützungslüftung e<strong>in</strong>e Option.<br />

· Wenn nicht, sollte man so weit wie möglich öffnen<br />

und e<strong>in</strong>e Unterstützungslüftung von vornhere<strong>in</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>planen.<br />

• Ist die Stellung des Stalles zum W<strong>in</strong>d richtig?<br />

· Exponiert (absolut freie Anströmung) à Faktor 0,7<br />

· Stellung quer zur Hauptw<strong>in</strong>drichtung<br />

mit Bewuchs à Faktor 1,0<br />

· Anströmung beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t à Faktor 1,3<br />

• Dimensionierung <strong>der</strong> Unterstützungsventilatoren:<br />

· Luftför<strong>der</strong>leistung pro Stunde:<br />

700 m³/Tierplatz * Standortfaktor<br />

Auswahl und Anordnung <strong>der</strong> Ventilatoren für die Unterstützungslüftung:<br />

• Möglichst energiesparend: Leistungsaufnahme<br />

maximal 50 W / 1000 m³ geför<strong>der</strong>te Luft;<br />

• hohe Luftleistung: m<strong>in</strong> 15.000 m³/Stunde freiblasend;<br />

• möglichst geräuscharm: max. 50 dba<br />

• Position: Überblasen des Wartebereiches vom Melkstand<br />

weg;<br />

• Anordnung mehrerer Ventilatoren <strong>in</strong> Reihe:<br />

· entwe<strong>der</strong> alle <strong>in</strong> gleiche Richtung, um den Luft<br />

wechsel zu steigern o<strong>der</strong><br />

· <strong>in</strong> Kreisanordnung, damit e<strong>in</strong>e stall<strong>in</strong>terne<br />

Luftumwälzung unterstützt wird.<br />

• Abstände zwischen den Ventilatoren <strong>in</strong> Reihe:<br />

m<strong>in</strong>. 20 m<br />

• Abstände <strong>der</strong> Ventilatoren seitlich: m<strong>in</strong>. 10 m<br />

• Luftleistung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Ventilatoren =<br />

Luftvolumenstrom / Zahl <strong>der</strong> Ventilatoren<br />

Prof. Wolfgang Büscher<br />

Universität Bonn<br />

Institut für Landtechnik<br />

24 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL

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