Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>LESEPROBE</strong>
Kapitel 7<br />
Rock ’n’ Roll wird zur Kunst<br />
Der King, Clouseau, Dalí und Groucho<br />
Alice Cooper sprengte die Grenzen der Rock-’n’-Roll-Szene, indem<br />
er sie mit der Welt der Kunst- und Showbizlegenden vermengte.<br />
Mich haben nicht nur Rockstars beeinflusst, sondern<br />
auch Künstler und Ikonen der Kultur. Salvador Dalí, der mich<br />
früh und dauerhaft beeinflusste, war ein großer Fan. Für Groucho<br />
Marx war meine Alice-Show der nächste logische und moderne<br />
Gipfel des Varietés. Fred Astaire sah uns tanzen und<br />
meinte, unsere Choreografie hätte ihre Wurzeln in der West<br />
Side Story und sei kein Schund. Andy Warhol war in unsere Berühmtheit<br />
verliebt (nun ja, er liebte alle Berühmten).<br />
Andy Warhol gehörte in Max’s Kansas City und im Studio<br />
54 zum Inventar. Er war der Liebling des New Yorker Undergrounds.<br />
Wir schlossen damals Bekanntschaft, vor allem wegen<br />
meines notorisch schlechten Rufes und aus reiner Neugier.<br />
Andy war ein Mediengourmet, und ich war auf der Titelseite<br />
wirklich jeder Zeitschrift. Deshalb musste er Polaroidfotos von<br />
uns beiden haben. Er war süchtig danach. Ich kaufte 1973 oder<br />
1974 für 2000 Dollar sein Bild „Elektrischer Stuhl in Rot“ in der<br />
Factory. Dieses Gemälde fand ich passend, weil ich in meiner<br />
Bühnenshow jeden Abend auf einem elektrischen Stuhl hingerichtet<br />
wurde. Ich habe das Bild heute noch.<br />
Es war schwer, Andy näher kennenzulernen. Er war nicht<br />
wie der sympathische John Lennon, der surreale Salvador Dalí<br />
oder der umgängliche Peter Sellers, mit denen man richtig befreundet<br />
sein konnte. Andy lebte im Mittelpunkt seines eigenen<br />
Universums, und viele seltsame kleine Satelliten umkreisten
160<br />
ihn. Er nahm nur Leute wahr, die glamourös oder enorm berühmt<br />
waren, und er war kein Golfspieler.<br />
Shep war 1975 der Manager von Raquel Welch. Damals<br />
mussten Filmstars mit einem Rockstar liiert sein – Faye Dunaway<br />
war mit Peter Wolf von der J. Geils Band verheiratet. Und<br />
dann verliebte sich Raquel Welch in Alice Cooper.<br />
Ich dachte: Was?!?!?!<br />
Nicht, dass ich sie nicht mochte – ich war nur nicht bereit.<br />
Raquel Welch war in der Blüte ihrer Jahre. Sie ließ mich immer<br />
wieder zu sich rufen. Ihre Assistentin sagte dann: „Sie will dich<br />
unbedingt sehen“ oder etwas Ähnliches. Ich ging in ihr Zimmer,<br />
die Tür fiel zu, und ich war eingeschlossen. Dümmer<br />
geht’s nimmer. Ich war eine Art zotteliger Keith-Richard-Typ,<br />
dieser schlampige, zerzauste Rockstar. Sie war schön und kurvenreich.<br />
Und ich war ehrlich nicht interessiert. Es hört sich<br />
verrückt an, aber ich war in eine dünne Ballerina namens Sheryl<br />
verliebt, die ich auf der Nightmare-Tour getroffen hatte. Meine<br />
Freunde konnten es nicht glauben.<br />
„Du meinst, du gehst nicht mit Raquel Welch ins Bett, weil<br />
du in eine Tänzerin verknallt bist?“ Raquel verstand es auch<br />
nicht. Kapierte ich nicht, wer sie war? Brüste in Schlachtschiffgröße!<br />
Sie war die heißeste Frau der Welt! Es machte sie rasend,<br />
dass ich nicht interessiert war. Niemand gab Raquel Welch einen<br />
Korb.<br />
Eines Tages spielte ich Golf im Doral Golf Resort in Miami.<br />
Man steckte mich in eine Gruppe mit drei spießigen Geschäftsleuten,<br />
die wirklich nicht mit mir zusammen sein wollten. Es<br />
waren drei schwerfällige Managertypen, und ich hatte Haare bis<br />
zum Hintern und trug abgeschnittene Shorts. Wir wollten gerade<br />
abschlagen, und ich spürte, dass diese Burschen hinter<br />
meinem Rücken mit den Augen rollten. Dann tauchte plötzlich<br />
Raquel Welch in einem Golfwagen auf.<br />
„Alice, Alice, heute bin ich dein Caddy!“
„Rocky, verzieh dich, ja? Siehst du nicht, dass ich Golf spiele?“<br />
Die Kerle starrten mich an.<br />
„Sie haben soeben Raquel Welch weggeschickt!“<br />
Ich schüttelte den Kopf. „Weiß ich, aber sie geht mir auf den<br />
Wecker.“<br />
Nach diesem Vorfall sahen sie mich an, als wäre ich ein Gott.<br />
Viel später lud Raquel Sheryl und mich in ihre Show im Fontainebleau<br />
ein. Es war eine brillante Bühnenshow, und Rocky<br />
war der absolute Hammer auf der Bühne. Sie ist ein Song- und<br />
Tanzgirl. Darin ist sie wirklich gut. Die meisten Leute merken<br />
gar nicht, wie toll sie live auf der Bühne ist – sie kann ein Publikum<br />
wirklich fesseln. Unsere Plätze waren ganz vorne, und<br />
Raquel sagte zu der Menge: „Ich möchte euch einen meiner<br />
Freunde vorstellen. Alice Cooper ist heute Abend hier.“<br />
Auf unserem Tisch stand eine Flasche Wein, und als Raquel<br />
sich vorbeugte, um mich zu küssen, stieß sie die Flasche um,<br />
und der Wein schwappte über Sheryls Möpse. Sheryl war in<br />
Wein gebadet, als Raquel sich entschuldigte. Ich sage heute<br />
noch zu Sheryl: „Du weißt ja, wegen dir habe ich Raquel Welch<br />
abblitzen lassen.“<br />
„Klar, und das war das Schlauste, was du je getan hast.“<br />
Liza Minnelli und ich waren echt gute Freunde. Sagen wir mal,<br />
wir hingen miteinander rum. Eines Tages, als wir in Vegas waren,<br />
rief jemand an und sagte, Elvis Presley wolle uns sehen.<br />
Elvis? Machst du Witze? Cool! Wir stiegen in den Lift, und ich,<br />
Liza Minnelli, Linda Lovelace und Chubby Checker fuhren nach<br />
oben, um Elvis zu treffen. Das ganze Quartett. Wenn er in Vegas<br />
war, gab er jeden Abend eine Audienz, und ich schätze, an<br />
diesem Abend waren wir die Glücklichen. Als wir den Aufzug<br />
verließen, filzten uns Elvis’ Bodyguards. Dann erschien Elvis.<br />
„Hallo, Leute, schön euch zu sehen.“<br />
161
162<br />
Ich traute meinen Augen nicht. Ich meine, es war Elvis. Und<br />
damals war er noch todschick und schlank. Er sah toll aus.<br />
„He, Mann“, sagte er zu mir, „du bist doch der Typ mit der<br />
Schlange, nicht? Ich finde das cool, Mann.“ Wir plauderten eine<br />
Weile, dann sagte er: „He, Alice, du bist aus Detroit, nicht?“<br />
„Ja, Elvis.“<br />
„Ich will dir was zeigen. Du bist doch mit Waffen aufgewachsen,<br />
stimmt’s?“<br />
„Eigentlich nicht.“ Ich konnte mir meinen Vater schwer mit<br />
einer Kanone vorstellen.<br />
Wir gingen in die Küche. Nur ich und Elvis – keine Leibwächter,<br />
kein Gefolge. Er öffnete eine Schublade, holte einen<br />
geladenen .38er heraus und reichte ihn mir.<br />
„Und jetzt ziel auf mich.“<br />
Da stand ich mit einem geladenen .38er und zielte auf Elvis<br />
Presley. Einen kurzen Augenblick lang flüsterte mir der tückische<br />
kleine Teufel auf meiner linken Schulter ins Ohr: „Erschieß<br />
ihn.“<br />
Warum?<br />
„Weil es die heißeste Story in der Geschichte des Rock ’n’<br />
Roll wäre. Alice Cooper erschießt Elvis. Erschieß ihn, und hau<br />
ab!“<br />
Dann sagte die andere Stimme, der Engel: „Was machst du<br />
da? Du zielst mit ’nem geladenen Revolver auf Elvis Presley!“<br />
Wären Elvis’ Jungs reingekommen, hätten sie mich bestimmt<br />
erledigt.<br />
Dann sagte Elvis: „Okay, jetzt machst du das hier, Mann.“<br />
Mit einer dieser Karatedrehungen schlug er mir den Revolver<br />
aus der Hand, und im Nu lag ich auf dem Boden und hatte seinen<br />
Stiefel an der Gurgel.<br />
„Toll, Elvis“, sagte ich mit erstickter Stimme und knallrotem<br />
Gesicht. „Darf ich jetzt aufstehen?“<br />
„Ich hab dir doch nicht wehgetan, oder?“
„Nein, Elvis, ich bin okay.“<br />
Dann sagte er: „He, Mann, ich möchte dir meinen kostbarsten<br />
Besitz zeigen.“<br />
Ich folgte ihm in sein Schlafzimmer. Er schloss die Tür und<br />
drehte den Schlüssel um. Ich dachte: Jetzt bin ich im Schlafzimmer<br />
von Elvis. Eigentlich kenne ich den Kerl nicht. Was soll das?<br />
Ist er so ’ne Art bekloppter Hinterwäldler?<br />
„Komm her und setz dich.“<br />
Ich saß auf Elvis’ Bett. Er öffnete eine Nachttischschublade<br />
und zog einige Papiere raus – es war ein Polizeibericht.<br />
„Das passierte neulich abends, als ich das Hilton verließ“,<br />
sagte Elvis. „Meine Jungs und ich wollten ein bisschen Billard<br />
spielen, also schlossen sie die Halle für uns und wir gingen<br />
rein. Als wir abzogen, warteten draußen vier ältere Typen auf<br />
mich. ‚He, harter Bursche‘, sagten sie. Meine Jungs kamen gerannt,<br />
aber ich sagte: ‚Nein, ich kümmere mich darum.‘“<br />
Dem Bericht zufolge prügelte Elvis alle vier Kerle windelweich,<br />
weil er wirklich was von Karate verstand.<br />
„Lies mal diese Stelle über den Kerl da. Ich hab ihn getreten<br />
und ihm ein Knie gebrochen. Dann wirbelte ich herum und traf<br />
den anderen mit dem Ellbogen und brach ihm den Kiefer.“<br />
Elvis war so stolz, als er mir den Bericht mit den Einzelheiten<br />
über gebrochene Kiefer und Knie zeigte.<br />
„Dann drehte ich mich um, gab dem Dritten eins über den<br />
Kopf und schlug ihm den Schädel ein.“<br />
Ich nickte und dachte: Großartig, Elvis. Und das ist dein<br />
kostbarster Besitz? Dieser Polizeibericht? Toll, Elvis. Mir wurde<br />
klar, dass dies sein einziger Kontakt mit der Außenwelt war.<br />
Dieser blöde Streit. Der Colonel und seine Jungs ließen ihn nie<br />
aus den Augen. Aber in diesen Kampf stürzte er sich allein, ohne<br />
seine Jungs. Wie bedauernswert dieser Mann war. Fast hätte<br />
ich gesagt: „Elvis, du musst dein Leben ändern. Komm, wir<br />
stehen morgen zeitig auf und gehen Golf spielen. Oder wir<br />
163
164<br />
gehen ins Kino. Geben wir doch ein paar Autogramme und so.<br />
Genießen wir das Leben! Wach auf, Mann! Ich kann das alles<br />
jeden Tag tun. Du musst nicht von fünfzehn Bodyguards umringt<br />
sein.“<br />
Aber Elvis führte ein behütetes Leben. Ohne sein Gefolge<br />
konnte er sich nicht bewegen. Das haute mich um – er tat mir<br />
den ganzen Abend lang Leid. Ich beschloss, niemals so berühmt<br />
zu werden. Es war nervtötend. Kein Wunder, dass er<br />
langsam durchdrehte – er war ein derart großer Star, dass er<br />
kein Leben mehr hatte. Er konnte sich alles, was er wollte, in<br />
dieses Zimmer holen, in diese Suite. Er konnte alle Drogen haben,<br />
die er wollte, und auf beliebig viele Fernseher schießen.<br />
Aber rausgehen konnte er nicht.<br />
Monate später lief ich den Benedict Canyon hinab, um mich<br />
für eine weitere Tournee in Form zu bringen. Plötzlich sah ich<br />
den funkelnden Stutz Bearcat die Straße entlangfahren. Elvis<br />
streckte den Kopf heraus.<br />
„Hallo, Alice!“<br />
„Hallo, Elvis! Wie geht’s?“<br />
„He, Mann, wollen wir zusammen etwas unternehmen?“<br />
Auf einmal zog ihn eine Hand zurück. Die Jungs erlaubten<br />
ihm nicht einmal, den Kopf aus dem Auto zu strecken.<br />
Später rief ich Shep an. „Wie können wir diesem Mann helfen?“<br />
Aber es gab keine Hilfe. Niemand drang zu Elvis durch.
Vor dem Troubadour Club in Los Angeles, 1974.<br />
Von links nach rechts: John Lennon, Anne Murray, Harry Nilsson,<br />
Alice Cooper und Micky Dolenz.<br />
Fred Astaire fühlte sich Alice verpflichtet, weil dieser spontan einem<br />
seiner Freunde geholfen hatte. Astaires Herzlichkeit beeindruckte Alice.
Wer hätte das gedacht: Die 86-jährige Mae West lud 1978 Alice (2. v.<br />
links) bei den Aufnahmen zu ihrem Film „Sextette“ in ihre Garderobe<br />
ein und hätte ihn gerne „näher“ kennengelernt. Ringo Starr (links) und<br />
Keith Moon (rechts) erlebten Ähnliches.<br />
Vincent Price und Alice auf der „Welcome to My Nightmare“-Tour, mit<br />
der die Band zwei Jahre nonstop unterwegs war (1975).
Der siebte Schritt zur Golfsucht:<br />
Lass dich inspirieren!<br />
- Mein Guinness-Rekord-Trio.<br />
- Mit den Stars schwingen.<br />
- Begegnungen im Friars Club.<br />
- Spiel mit einem Profi.<br />
- Frankenstein-Schwünge.<br />
- Alice und Arnold.<br />
Umgib dich mit den interessantesten und begabtesten Menschen<br />
– Berühmtheiten, Profis. Mit Leuten, die besser spielen als<br />
du. Mit Leuten, die dich inspirieren.<br />
Anfangs wollten Manager, Lehrer, Prediger und Politiker<br />
nichts mit mir zu tun haben. Heute fragen mich alle möglichen<br />
Leute um Rat wegen ihres Schwungs; sie sind neugierig, wie viele<br />
Schläge ich brauche, und wollen wissen, welches Eisen ich benutze.<br />
Die gesellschaftlichen Barrieren sind gefallen. Das liegt<br />
173
174<br />
daran, dass wir über das gleiche Thema reden: Wir alle müssen<br />
einen winzigen Ball in ein winziges Loch schlagen, das dreihundertsechzig<br />
Meter entfernt ist, und wir brauchen jede Information,<br />
die wir einander geben können.<br />
Golf ist ein sozialer Sport. Man sollte mit Freunden und Konkurrenten<br />
spielen. Es vertieft die Beziehung, wenn du mit Leuten<br />
spielst, die dir sympathisch sind, und es verbessert dein<br />
Spiel, wenn du mit Leuten spielst, die du schlagen willst. Die<br />
Liste der Berühmtheiten, mit denen ich gespielt habe, wäre<br />
lang. Zu meinen Favoriten gehören die Oldtimer, zum Beispiel<br />
die alten Borscht-Belt-Komiker. Inzwischen sind einige Legenden<br />
tot.<br />
Einmal spielte ich mit Sammy Davis Jr. in Acapulco. Er war auf<br />
der Runde genau der gleiche Typ wie im Fernsehen oder auf der<br />
Bühne mit dem Rat Pack. Er stand da und lachte und klopfte sich<br />
aufs Knie. Sammy spielte nicht besonders gut, aber das Spiel<br />
machte ihm wirklich Spaß, und seine Begeisterung war ansteckend.<br />
Bob Hope fiel aus dem Rahmen, weil er wirklich wunderbar<br />
und souverän war; er hatte einen natürlichen, sportlichen<br />
Schwung. Obwohl er seine besten Jahre gewiss hinter sich hatte,<br />
als wir spielten, sah ich, dass sein Schwung früher wirklich gut<br />
gewesen sein musste.<br />
Ich habe mit Stars gespielt, die ich als Kind im Fernsehen gesehen<br />
habe, zum Beispiel mit Don Knotts (Barney Fife in The Andy<br />
Griffith Show) oder Jay Silverheels, besser bekannt als Tonto<br />
in The Lone Ranger. Dean Martin war ein leidenschaftlicher Spieler.<br />
Ich spielte sogar mit Jackie Gleason, was ein besonderer Genuss<br />
war. Er war immer ein Clown, sogar wenn er abschlug.<br />
„Und los geht’s!“<br />
Johnny Mathis ist ein guter Spieler. Einmal zog er am ersten<br />
Tee ein Eisen 2 heraus und traf den Ball genau in der Mitte. Er<br />
war damals ein viel besserer Spieler als ich und traf den Ball unglaublich<br />
gut.
Manchmal spielte ich mit Glen Campbell, der ebenfalls in Arizona<br />
lebte. Glen ist Country, und ich bin Rock ’n’ Roll. Kein Wunder<br />
also, dass er über mich herzieht. Dafür nenne ich ihn einen<br />
Hinterwäldler. Dann singen wir einen Vers aus Donny Osmonds<br />
„A Little Bit Country, A Little Bit Rock ’n’ Roll“, wobei ich den<br />
Country-Teil übernehme. Die Leute haben ihren Spaß daran,<br />
denn es erinnert sie an eine Golf-Showbiz-Tradition: Sinatra,<br />
Dean Martin, Jerry Lewis und Bob Hope warfen einander bissige<br />
Bemerkungen an den Kopf, wenn sie bei Bing Crosbys Clambake<br />
vor Publikum spielten. Diese Art Spielbahngeplänkel war<br />
das Markenzeichen des Rat Pack und macht Star-Turniere heute<br />
noch zu einem Vergnügen.<br />
Einmal stieg ich im Hotel Plaza in New York ab und wollte am<br />
nächsten Morgen im Westchester County spielen. Jemand sagte<br />
zu mir: „Weißt du, Alice, die Präsidentensuite liegt genau über<br />
dir. Und rate mal, wer genau über dir wohnt? Präsident Ford!“<br />
Ich schlug vor, ihn anzurufen und zu fragen, ob er am nächsten<br />
Tag mit uns spielen wolle. Warum nicht? Ich rief bei ihm an, und<br />
ein Beamter des Weißen Hauses antwortete.<br />
„Hi, hier ist Alice Cooper“, sagte ich. „Ich wohne genau unter<br />
euch Jungs im Hotel. Drei von uns spielen morgen in Westchester,<br />
und ich habe mich gefragt – ob der Präsident am Morgen<br />
etwas zu tun hat. Vielleicht würde er gerne rausgehen und<br />
neun oder achtzehn Löcher mit uns spielen. Es ist ein privates<br />
Spiel, überhaupt nicht anspruchsvoll. Niemand weiß, dass wir<br />
spielen gehen.“<br />
Eine Pause trat ein. „He, Jerry, Alice Cooper fragt, ob Sie morgen<br />
Golf spielen wollen.“<br />
Ich hörte ihn sagen: „Ich denke schon. Ich bin zwar mit den<br />
Koreanern verabredet, aber das könnte ich verschieben. Sag Alice,<br />
wir rufen ihn zurück.“<br />
Später riefen sie mich an. „Tut uns leid. Es ist etwas dazwischengekommen.<br />
Präsident Ford muss woanders hin; aber er<br />
175
176<br />
Alice (rechts) mit Michael Douglas (Mitte) und Mark Wahlberg beim Michael<br />
Douglas & Friends Tournament. (Mit freundlicher Genehmigung des<br />
Michael Douglas & Friends Tournament)<br />
hätte wirklich gerne gespielt.“ Ich wusste, dass die Burschen<br />
vom Weißen Haus nicht schwindelten; denn ich hatte ihn ja<br />
selbst gehört. „Glauben Sie mir, wenn der Präsident die Wahl<br />
hätte, würde er morgen lieber mit Ihnen spielen.“<br />
Ich bin Pate eines Golftrios namens Guinness Book of World<br />
Records, das sich jede Woche in Arizona trifft. Jeder von uns ist<br />
Weltrekordhalter. Ich stehe im Buch, weil ich 1973 bei unserem<br />
Konzert in São Paulo vor dem größten Publikum in einer Halle<br />
gespielt habe. Scott Flansburg, mit dem ich ebenfalls spiele, gilt<br />
als menschliche Rechenmaschine und steht als Schnellrechner<br />
im Guinness Buch der Rekorde. Er addiert eine Zahlenreihe<br />
schneller als ein Computer, natürlich im Kopf. Der Dritte ist<br />
Freeman Theriault, der vierundvierzig Holes-in-one geschafft<br />
hat. Wir spielen zusammen und mit ähnlichen Handicaps. Wenn<br />
ich mit diesen Jungs spiele, lerne ich immer etwas dazu.<br />
Mit Arnold Palmer zu spielen war wie eine Zusammenarbeit<br />
mit meinem Helden Salvador Dalí. Arnold ist eine Legende. Einmal<br />
war ich als Mitarbeiter von Callaway in Florida, und während
ich spielte, fuhren mehrere Golfwagen vorbei. In einem saß Arnold<br />
Palmer, der acht anderen Spielern den Platz zeigte. Da er<br />
ebenfalls Callaway vertrat, zog er einen der neuen Driver heraus<br />
und reichte ihn mir. Ich traute meinen Augen nicht.<br />
„Alice“, sagte er, „leg den Ball auf und zeig diesen Leuten, was<br />
unser neuer Driver leisten kann.“<br />
Man stelle sich vor, unter welchem Druck man steht, wenn<br />
man Arnold Palmers Iron Byron ist!<br />
Ich legte auf und schlug den Ball 265 Meter weit.<br />
„Wir lassen immer Alice abschlagen“, erklärte Palmer seinen<br />
Gästen, „weil wir wissen, dass er den Ball gerade schlägt.“<br />
Als er weiterfuhr, war ich sprachlos.<br />
Ich beurteile Rockbands so, wie ich Golfer beurteile. „Mann,<br />
was für ein großartiger Gitarrist! Er ist wirklich gut. Aber wenn<br />
euer Schlagzeuger etwas einfacher spielt, klingt ihr viel besser.<br />
Es sieht aus, als sei er auf der Bühne so beschäftigt wie der Gitarrist.<br />
Vielleicht solltet ihr die Schlagzeugpartien vereinfachen.“<br />
Ich empfehle dem Schlagzeuger, ein wenig Creedence Clearwater<br />
Revival oder Ringo Starr oder Charlie Watts zu hören. Wie<br />
machen sie es? Sie geben den Takt vor. Von den meisten großen<br />
Schlagzeugern hörst du keine überflüssigen Keith-Moon-Soli.<br />
Keith Moon benutzte sie, weil er der größte Rock-’n’-Roll-Gitarrist<br />
aller Zeiten war; aber die meisten Schlagzeuger sollten sich<br />
auf solide Schläge beschränken.<br />
Das Gleiche gilt auf dem Golfplatz: Erwarte nicht zu viel von<br />
dir; versuche nicht, alle Lücken zu füllen. Leg einen soliden Backbeat<br />
hin. Vereinfache deinen Schwung. Plötzlich fühlt sich alles<br />
viel besser an. Bleib beim Wesentlichen! Oft frage ich einen Gitarristen:<br />
„Weißt du, was George Harrison zu einem so großartigen<br />
Gitarristen machte? Das, was er nicht spielte.“ Genauso<br />
verhält es sich mit deinem Schwung oder Putt: Wenn du daraus<br />
eine leichte, einfache, fließende Bewegung machst, spielst du<br />
besser.<br />
177
Leseprobe aus:<br />
Alice Cooper<br />
Golf Monster<br />
280 Seiten, ca. 60 Farbfotos<br />
€/D 22,90<br />
ISBN 978-3-440-11607-4<br />
© Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG<br />
www.kosmos.de