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<strong>LESEPROBE</strong>


Kapitel 7<br />

Rock ’n’ Roll wird zur Kunst<br />

Der King, Clouseau, Dalí und Groucho<br />

Alice Cooper sprengte die Grenzen der Rock-’n’-Roll-Szene, indem<br />

er sie mit der Welt der Kunst- und Showbizlegenden vermengte.<br />

Mich haben nicht nur Rockstars beeinflusst, sondern<br />

auch Künstler und Ikonen der Kultur. Salvador Dalí, der mich<br />

früh und dauerhaft beeinflusste, war ein großer Fan. Für Groucho<br />

Marx war meine Alice-Show der nächste logische und moderne<br />

Gipfel des Varietés. Fred Astaire sah uns tanzen und<br />

meinte, unsere Choreografie hätte ihre Wurzeln in der West<br />

Side Story und sei kein Schund. Andy Warhol war in unsere Berühmtheit<br />

verliebt (nun ja, er liebte alle Berühmten).<br />

Andy Warhol gehörte in Max’s Kansas City und im Studio<br />

54 zum Inventar. Er war der Liebling des New Yorker Undergrounds.<br />

Wir schlossen damals Bekanntschaft, vor allem wegen<br />

meines notorisch schlechten Rufes und aus reiner Neugier.<br />

Andy war ein Mediengourmet, und ich war auf der Titelseite<br />

wirklich jeder Zeitschrift. Deshalb musste er Polaroidfotos von<br />

uns beiden haben. Er war süchtig danach. Ich kaufte 1973 oder<br />

1974 für 2000 Dollar sein Bild „Elektrischer Stuhl in Rot“ in der<br />

Factory. Dieses Gemälde fand ich passend, weil ich in meiner<br />

Bühnenshow jeden Abend auf einem elektrischen Stuhl hingerichtet<br />

wurde. Ich habe das Bild heute noch.<br />

Es war schwer, Andy näher kennenzulernen. Er war nicht<br />

wie der sympathische John Lennon, der surreale Salvador Dalí<br />

oder der umgängliche Peter Sellers, mit denen man richtig befreundet<br />

sein konnte. Andy lebte im Mittelpunkt seines eigenen<br />

Universums, und viele seltsame kleine Satelliten umkreisten


160<br />

ihn. Er nahm nur Leute wahr, die glamourös oder enorm berühmt<br />

waren, und er war kein Golfspieler.<br />

Shep war 1975 der Manager von Raquel Welch. Damals<br />

mussten Filmstars mit einem Rockstar liiert sein – Faye Dunaway<br />

war mit Peter Wolf von der J. Geils Band verheiratet. Und<br />

dann verliebte sich Raquel Welch in Alice Cooper.<br />

Ich dachte: Was?!?!?!<br />

Nicht, dass ich sie nicht mochte – ich war nur nicht bereit.<br />

Raquel Welch war in der Blüte ihrer Jahre. Sie ließ mich immer<br />

wieder zu sich rufen. Ihre Assistentin sagte dann: „Sie will dich<br />

unbedingt sehen“ oder etwas Ähnliches. Ich ging in ihr Zimmer,<br />

die Tür fiel zu, und ich war eingeschlossen. Dümmer<br />

geht’s nimmer. Ich war eine Art zotteliger Keith-Richard-Typ,<br />

dieser schlampige, zerzauste Rockstar. Sie war schön und kurvenreich.<br />

Und ich war ehrlich nicht interessiert. Es hört sich<br />

verrückt an, aber ich war in eine dünne Ballerina namens Sheryl<br />

verliebt, die ich auf der Nightmare-Tour getroffen hatte. Meine<br />

Freunde konnten es nicht glauben.<br />

„Du meinst, du gehst nicht mit Raquel Welch ins Bett, weil<br />

du in eine Tänzerin verknallt bist?“ Raquel verstand es auch<br />

nicht. Kapierte ich nicht, wer sie war? Brüste in Schlachtschiffgröße!<br />

Sie war die heißeste Frau der Welt! Es machte sie rasend,<br />

dass ich nicht interessiert war. Niemand gab Raquel Welch einen<br />

Korb.<br />

Eines Tages spielte ich Golf im Doral Golf Resort in Miami.<br />

Man steckte mich in eine Gruppe mit drei spießigen Geschäftsleuten,<br />

die wirklich nicht mit mir zusammen sein wollten. Es<br />

waren drei schwerfällige Managertypen, und ich hatte Haare bis<br />

zum Hintern und trug abgeschnittene Shorts. Wir wollten gerade<br />

abschlagen, und ich spürte, dass diese Burschen hinter<br />

meinem Rücken mit den Augen rollten. Dann tauchte plötzlich<br />

Raquel Welch in einem Golfwagen auf.<br />

„Alice, Alice, heute bin ich dein Caddy!“


„Rocky, verzieh dich, ja? Siehst du nicht, dass ich Golf spiele?“<br />

Die Kerle starrten mich an.<br />

„Sie haben soeben Raquel Welch weggeschickt!“<br />

Ich schüttelte den Kopf. „Weiß ich, aber sie geht mir auf den<br />

Wecker.“<br />

Nach diesem Vorfall sahen sie mich an, als wäre ich ein Gott.<br />

Viel später lud Raquel Sheryl und mich in ihre Show im Fontainebleau<br />

ein. Es war eine brillante Bühnenshow, und Rocky<br />

war der absolute Hammer auf der Bühne. Sie ist ein Song- und<br />

Tanzgirl. Darin ist sie wirklich gut. Die meisten Leute merken<br />

gar nicht, wie toll sie live auf der Bühne ist – sie kann ein Publikum<br />

wirklich fesseln. Unsere Plätze waren ganz vorne, und<br />

Raquel sagte zu der Menge: „Ich möchte euch einen meiner<br />

Freunde vorstellen. Alice Cooper ist heute Abend hier.“<br />

Auf unserem Tisch stand eine Flasche Wein, und als Raquel<br />

sich vorbeugte, um mich zu küssen, stieß sie die Flasche um,<br />

und der Wein schwappte über Sheryls Möpse. Sheryl war in<br />

Wein gebadet, als Raquel sich entschuldigte. Ich sage heute<br />

noch zu Sheryl: „Du weißt ja, wegen dir habe ich Raquel Welch<br />

abblitzen lassen.“<br />

„Klar, und das war das Schlauste, was du je getan hast.“<br />

Liza Minnelli und ich waren echt gute Freunde. Sagen wir mal,<br />

wir hingen miteinander rum. Eines Tages, als wir in Vegas waren,<br />

rief jemand an und sagte, Elvis Presley wolle uns sehen.<br />

Elvis? Machst du Witze? Cool! Wir stiegen in den Lift, und ich,<br />

Liza Minnelli, Linda Lovelace und Chubby Checker fuhren nach<br />

oben, um Elvis zu treffen. Das ganze Quartett. Wenn er in Vegas<br />

war, gab er jeden Abend eine Audienz, und ich schätze, an<br />

diesem Abend waren wir die Glücklichen. Als wir den Aufzug<br />

verließen, filzten uns Elvis’ Bodyguards. Dann erschien Elvis.<br />

„Hallo, Leute, schön euch zu sehen.“<br />

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162<br />

Ich traute meinen Augen nicht. Ich meine, es war Elvis. Und<br />

damals war er noch todschick und schlank. Er sah toll aus.<br />

„He, Mann“, sagte er zu mir, „du bist doch der Typ mit der<br />

Schlange, nicht? Ich finde das cool, Mann.“ Wir plauderten eine<br />

Weile, dann sagte er: „He, Alice, du bist aus Detroit, nicht?“<br />

„Ja, Elvis.“<br />

„Ich will dir was zeigen. Du bist doch mit Waffen aufgewachsen,<br />

stimmt’s?“<br />

„Eigentlich nicht.“ Ich konnte mir meinen Vater schwer mit<br />

einer Kanone vorstellen.<br />

Wir gingen in die Küche. Nur ich und Elvis – keine Leibwächter,<br />

kein Gefolge. Er öffnete eine Schublade, holte einen<br />

geladenen .38er heraus und reichte ihn mir.<br />

„Und jetzt ziel auf mich.“<br />

Da stand ich mit einem geladenen .38er und zielte auf Elvis<br />

Presley. Einen kurzen Augenblick lang flüsterte mir der tückische<br />

kleine Teufel auf meiner linken Schulter ins Ohr: „Erschieß<br />

ihn.“<br />

Warum?<br />

„Weil es die heißeste Story in der Geschichte des Rock ’n’<br />

Roll wäre. Alice Cooper erschießt Elvis. Erschieß ihn, und hau<br />

ab!“<br />

Dann sagte die andere Stimme, der Engel: „Was machst du<br />

da? Du zielst mit ’nem geladenen Revolver auf Elvis Presley!“<br />

Wären Elvis’ Jungs reingekommen, hätten sie mich bestimmt<br />

erledigt.<br />

Dann sagte Elvis: „Okay, jetzt machst du das hier, Mann.“<br />

Mit einer dieser Karatedrehungen schlug er mir den Revolver<br />

aus der Hand, und im Nu lag ich auf dem Boden und hatte seinen<br />

Stiefel an der Gurgel.<br />

„Toll, Elvis“, sagte ich mit erstickter Stimme und knallrotem<br />

Gesicht. „Darf ich jetzt aufstehen?“<br />

„Ich hab dir doch nicht wehgetan, oder?“


„Nein, Elvis, ich bin okay.“<br />

Dann sagte er: „He, Mann, ich möchte dir meinen kostbarsten<br />

Besitz zeigen.“<br />

Ich folgte ihm in sein Schlafzimmer. Er schloss die Tür und<br />

drehte den Schlüssel um. Ich dachte: Jetzt bin ich im Schlafzimmer<br />

von Elvis. Eigentlich kenne ich den Kerl nicht. Was soll das?<br />

Ist er so ’ne Art bekloppter Hinterwäldler?<br />

„Komm her und setz dich.“<br />

Ich saß auf Elvis’ Bett. Er öffnete eine Nachttischschublade<br />

und zog einige Papiere raus – es war ein Polizeibericht.<br />

„Das passierte neulich abends, als ich das Hilton verließ“,<br />

sagte Elvis. „Meine Jungs und ich wollten ein bisschen Billard<br />

spielen, also schlossen sie die Halle für uns und wir gingen<br />

rein. Als wir abzogen, warteten draußen vier ältere Typen auf<br />

mich. ‚He, harter Bursche‘, sagten sie. Meine Jungs kamen gerannt,<br />

aber ich sagte: ‚Nein, ich kümmere mich darum.‘“<br />

Dem Bericht zufolge prügelte Elvis alle vier Kerle windelweich,<br />

weil er wirklich was von Karate verstand.<br />

„Lies mal diese Stelle über den Kerl da. Ich hab ihn getreten<br />

und ihm ein Knie gebrochen. Dann wirbelte ich herum und traf<br />

den anderen mit dem Ellbogen und brach ihm den Kiefer.“<br />

Elvis war so stolz, als er mir den Bericht mit den Einzelheiten<br />

über gebrochene Kiefer und Knie zeigte.<br />

„Dann drehte ich mich um, gab dem Dritten eins über den<br />

Kopf und schlug ihm den Schädel ein.“<br />

Ich nickte und dachte: Großartig, Elvis. Und das ist dein<br />

kostbarster Besitz? Dieser Polizeibericht? Toll, Elvis. Mir wurde<br />

klar, dass dies sein einziger Kontakt mit der Außenwelt war.<br />

Dieser blöde Streit. Der Colonel und seine Jungs ließen ihn nie<br />

aus den Augen. Aber in diesen Kampf stürzte er sich allein, ohne<br />

seine Jungs. Wie bedauernswert dieser Mann war. Fast hätte<br />

ich gesagt: „Elvis, du musst dein Leben ändern. Komm, wir<br />

stehen morgen zeitig auf und gehen Golf spielen. Oder wir<br />

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gehen ins Kino. Geben wir doch ein paar Autogramme und so.<br />

Genießen wir das Leben! Wach auf, Mann! Ich kann das alles<br />

jeden Tag tun. Du musst nicht von fünfzehn Bodyguards umringt<br />

sein.“<br />

Aber Elvis führte ein behütetes Leben. Ohne sein Gefolge<br />

konnte er sich nicht bewegen. Das haute mich um – er tat mir<br />

den ganzen Abend lang Leid. Ich beschloss, niemals so berühmt<br />

zu werden. Es war nervtötend. Kein Wunder, dass er<br />

langsam durchdrehte – er war ein derart großer Star, dass er<br />

kein Leben mehr hatte. Er konnte sich alles, was er wollte, in<br />

dieses Zimmer holen, in diese Suite. Er konnte alle Drogen haben,<br />

die er wollte, und auf beliebig viele Fernseher schießen.<br />

Aber rausgehen konnte er nicht.<br />

Monate später lief ich den Benedict Canyon hinab, um mich<br />

für eine weitere Tournee in Form zu bringen. Plötzlich sah ich<br />

den funkelnden Stutz Bearcat die Straße entlangfahren. Elvis<br />

streckte den Kopf heraus.<br />

„Hallo, Alice!“<br />

„Hallo, Elvis! Wie geht’s?“<br />

„He, Mann, wollen wir zusammen etwas unternehmen?“<br />

Auf einmal zog ihn eine Hand zurück. Die Jungs erlaubten<br />

ihm nicht einmal, den Kopf aus dem Auto zu strecken.<br />

Später rief ich Shep an. „Wie können wir diesem Mann helfen?“<br />

Aber es gab keine Hilfe. Niemand drang zu Elvis durch.


Vor dem Troubadour Club in Los Angeles, 1974.<br />

Von links nach rechts: John Lennon, Anne Murray, Harry Nilsson,<br />

Alice Cooper und Micky Dolenz.<br />

Fred Astaire fühlte sich Alice verpflichtet, weil dieser spontan einem<br />

seiner Freunde geholfen hatte. Astaires Herzlichkeit beeindruckte Alice.


Wer hätte das gedacht: Die 86-jährige Mae West lud 1978 Alice (2. v.<br />

links) bei den Aufnahmen zu ihrem Film „Sextette“ in ihre Garderobe<br />

ein und hätte ihn gerne „näher“ kennengelernt. Ringo Starr (links) und<br />

Keith Moon (rechts) erlebten Ähnliches.<br />

Vincent Price und Alice auf der „Welcome to My Nightmare“-Tour, mit<br />

der die Band zwei Jahre nonstop unterwegs war (1975).


Der siebte Schritt zur Golfsucht:<br />

Lass dich inspirieren!<br />

- Mein Guinness-Rekord-Trio.<br />

- Mit den Stars schwingen.<br />

- Begegnungen im Friars Club.<br />

- Spiel mit einem Profi.<br />

- Frankenstein-Schwünge.<br />

- Alice und Arnold.<br />

Umgib dich mit den interessantesten und begabtesten Menschen<br />

– Berühmtheiten, Profis. Mit Leuten, die besser spielen als<br />

du. Mit Leuten, die dich inspirieren.<br />

Anfangs wollten Manager, Lehrer, Prediger und Politiker<br />

nichts mit mir zu tun haben. Heute fragen mich alle möglichen<br />

Leute um Rat wegen ihres Schwungs; sie sind neugierig, wie viele<br />

Schläge ich brauche, und wollen wissen, welches Eisen ich benutze.<br />

Die gesellschaftlichen Barrieren sind gefallen. Das liegt<br />

173


174<br />

daran, dass wir über das gleiche Thema reden: Wir alle müssen<br />

einen winzigen Ball in ein winziges Loch schlagen, das dreihundertsechzig<br />

Meter entfernt ist, und wir brauchen jede Information,<br />

die wir einander geben können.<br />

Golf ist ein sozialer Sport. Man sollte mit Freunden und Konkurrenten<br />

spielen. Es vertieft die Beziehung, wenn du mit Leuten<br />

spielst, die dir sympathisch sind, und es verbessert dein<br />

Spiel, wenn du mit Leuten spielst, die du schlagen willst. Die<br />

Liste der Berühmtheiten, mit denen ich gespielt habe, wäre<br />

lang. Zu meinen Favoriten gehören die Oldtimer, zum Beispiel<br />

die alten Borscht-Belt-Komiker. Inzwischen sind einige Legenden<br />

tot.<br />

Einmal spielte ich mit Sammy Davis Jr. in Acapulco. Er war auf<br />

der Runde genau der gleiche Typ wie im Fernsehen oder auf der<br />

Bühne mit dem Rat Pack. Er stand da und lachte und klopfte sich<br />

aufs Knie. Sammy spielte nicht besonders gut, aber das Spiel<br />

machte ihm wirklich Spaß, und seine Begeisterung war ansteckend.<br />

Bob Hope fiel aus dem Rahmen, weil er wirklich wunderbar<br />

und souverän war; er hatte einen natürlichen, sportlichen<br />

Schwung. Obwohl er seine besten Jahre gewiss hinter sich hatte,<br />

als wir spielten, sah ich, dass sein Schwung früher wirklich gut<br />

gewesen sein musste.<br />

Ich habe mit Stars gespielt, die ich als Kind im Fernsehen gesehen<br />

habe, zum Beispiel mit Don Knotts (Barney Fife in The Andy<br />

Griffith Show) oder Jay Silverheels, besser bekannt als Tonto<br />

in The Lone Ranger. Dean Martin war ein leidenschaftlicher Spieler.<br />

Ich spielte sogar mit Jackie Gleason, was ein besonderer Genuss<br />

war. Er war immer ein Clown, sogar wenn er abschlug.<br />

„Und los geht’s!“<br />

Johnny Mathis ist ein guter Spieler. Einmal zog er am ersten<br />

Tee ein Eisen 2 heraus und traf den Ball genau in der Mitte. Er<br />

war damals ein viel besserer Spieler als ich und traf den Ball unglaublich<br />

gut.


Manchmal spielte ich mit Glen Campbell, der ebenfalls in Arizona<br />

lebte. Glen ist Country, und ich bin Rock ’n’ Roll. Kein Wunder<br />

also, dass er über mich herzieht. Dafür nenne ich ihn einen<br />

Hinterwäldler. Dann singen wir einen Vers aus Donny Osmonds<br />

„A Little Bit Country, A Little Bit Rock ’n’ Roll“, wobei ich den<br />

Country-Teil übernehme. Die Leute haben ihren Spaß daran,<br />

denn es erinnert sie an eine Golf-Showbiz-Tradition: Sinatra,<br />

Dean Martin, Jerry Lewis und Bob Hope warfen einander bissige<br />

Bemerkungen an den Kopf, wenn sie bei Bing Crosbys Clambake<br />

vor Publikum spielten. Diese Art Spielbahngeplänkel war<br />

das Markenzeichen des Rat Pack und macht Star-Turniere heute<br />

noch zu einem Vergnügen.<br />

Einmal stieg ich im Hotel Plaza in New York ab und wollte am<br />

nächsten Morgen im Westchester County spielen. Jemand sagte<br />

zu mir: „Weißt du, Alice, die Präsidentensuite liegt genau über<br />

dir. Und rate mal, wer genau über dir wohnt? Präsident Ford!“<br />

Ich schlug vor, ihn anzurufen und zu fragen, ob er am nächsten<br />

Tag mit uns spielen wolle. Warum nicht? Ich rief bei ihm an, und<br />

ein Beamter des Weißen Hauses antwortete.<br />

„Hi, hier ist Alice Cooper“, sagte ich. „Ich wohne genau unter<br />

euch Jungs im Hotel. Drei von uns spielen morgen in Westchester,<br />

und ich habe mich gefragt – ob der Präsident am Morgen<br />

etwas zu tun hat. Vielleicht würde er gerne rausgehen und<br />

neun oder achtzehn Löcher mit uns spielen. Es ist ein privates<br />

Spiel, überhaupt nicht anspruchsvoll. Niemand weiß, dass wir<br />

spielen gehen.“<br />

Eine Pause trat ein. „He, Jerry, Alice Cooper fragt, ob Sie morgen<br />

Golf spielen wollen.“<br />

Ich hörte ihn sagen: „Ich denke schon. Ich bin zwar mit den<br />

Koreanern verabredet, aber das könnte ich verschieben. Sag Alice,<br />

wir rufen ihn zurück.“<br />

Später riefen sie mich an. „Tut uns leid. Es ist etwas dazwischengekommen.<br />

Präsident Ford muss woanders hin; aber er<br />

175


176<br />

Alice (rechts) mit Michael Douglas (Mitte) und Mark Wahlberg beim Michael<br />

Douglas & Friends Tournament. (Mit freundlicher Genehmigung des<br />

Michael Douglas & Friends Tournament)<br />

hätte wirklich gerne gespielt.“ Ich wusste, dass die Burschen<br />

vom Weißen Haus nicht schwindelten; denn ich hatte ihn ja<br />

selbst gehört. „Glauben Sie mir, wenn der Präsident die Wahl<br />

hätte, würde er morgen lieber mit Ihnen spielen.“<br />

Ich bin Pate eines Golftrios namens Guinness Book of World<br />

Records, das sich jede Woche in Arizona trifft. Jeder von uns ist<br />

Weltrekordhalter. Ich stehe im Buch, weil ich 1973 bei unserem<br />

Konzert in São Paulo vor dem größten Publikum in einer Halle<br />

gespielt habe. Scott Flansburg, mit dem ich ebenfalls spiele, gilt<br />

als menschliche Rechenmaschine und steht als Schnellrechner<br />

im Guinness Buch der Rekorde. Er addiert eine Zahlenreihe<br />

schneller als ein Computer, natürlich im Kopf. Der Dritte ist<br />

Freeman Theriault, der vierundvierzig Holes-in-one geschafft<br />

hat. Wir spielen zusammen und mit ähnlichen Handicaps. Wenn<br />

ich mit diesen Jungs spiele, lerne ich immer etwas dazu.<br />

Mit Arnold Palmer zu spielen war wie eine Zusammenarbeit<br />

mit meinem Helden Salvador Dalí. Arnold ist eine Legende. Einmal<br />

war ich als Mitarbeiter von Callaway in Florida, und während


ich spielte, fuhren mehrere Golfwagen vorbei. In einem saß Arnold<br />

Palmer, der acht anderen Spielern den Platz zeigte. Da er<br />

ebenfalls Callaway vertrat, zog er einen der neuen Driver heraus<br />

und reichte ihn mir. Ich traute meinen Augen nicht.<br />

„Alice“, sagte er, „leg den Ball auf und zeig diesen Leuten, was<br />

unser neuer Driver leisten kann.“<br />

Man stelle sich vor, unter welchem Druck man steht, wenn<br />

man Arnold Palmers Iron Byron ist!<br />

Ich legte auf und schlug den Ball 265 Meter weit.<br />

„Wir lassen immer Alice abschlagen“, erklärte Palmer seinen<br />

Gästen, „weil wir wissen, dass er den Ball gerade schlägt.“<br />

Als er weiterfuhr, war ich sprachlos.<br />

Ich beurteile Rockbands so, wie ich Golfer beurteile. „Mann,<br />

was für ein großartiger Gitarrist! Er ist wirklich gut. Aber wenn<br />

euer Schlagzeuger etwas einfacher spielt, klingt ihr viel besser.<br />

Es sieht aus, als sei er auf der Bühne so beschäftigt wie der Gitarrist.<br />

Vielleicht solltet ihr die Schlagzeugpartien vereinfachen.“<br />

Ich empfehle dem Schlagzeuger, ein wenig Creedence Clearwater<br />

Revival oder Ringo Starr oder Charlie Watts zu hören. Wie<br />

machen sie es? Sie geben den Takt vor. Von den meisten großen<br />

Schlagzeugern hörst du keine überflüssigen Keith-Moon-Soli.<br />

Keith Moon benutzte sie, weil er der größte Rock-’n’-Roll-Gitarrist<br />

aller Zeiten war; aber die meisten Schlagzeuger sollten sich<br />

auf solide Schläge beschränken.<br />

Das Gleiche gilt auf dem Golfplatz: Erwarte nicht zu viel von<br />

dir; versuche nicht, alle Lücken zu füllen. Leg einen soliden Backbeat<br />

hin. Vereinfache deinen Schwung. Plötzlich fühlt sich alles<br />

viel besser an. Bleib beim Wesentlichen! Oft frage ich einen Gitarristen:<br />

„Weißt du, was George Harrison zu einem so großartigen<br />

Gitarristen machte? Das, was er nicht spielte.“ Genauso<br />

verhält es sich mit deinem Schwung oder Putt: Wenn du daraus<br />

eine leichte, einfache, fließende Bewegung machst, spielst du<br />

besser.<br />

177


Leseprobe aus:<br />

Alice Cooper<br />

Golf Monster<br />

280 Seiten, ca. 60 Farbfotos<br />

€/D 22,90<br />

ISBN 978-3-440-11607-4<br />

© Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG<br />

www.kosmos.de

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