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7.3 Lebbeus Woods - „Berlin unter der Erde“
West- und Ost-Berlin sind Gefangenenstädte. Die Mauer und ihre Wachttürme, Niemandsland
und Zufallsfriedhöfe für Märtyrer der Freiheit, halten die Bewohner beider
Städte getrennt voneinander gefangen, obwohl sie eigentlich ein Volk in einer Stadt sein
sollten, vereint durch gemeinsame Geschichte und Sprache, den gleichen Ursprung und
jetzt auch noch durch gemeinsame Internierung. Zusammen warten beide darauf, daß
fremde Mächte über ihr Schicksal entscheiden. (...)
Sollte Berlin jemals wieder eine vereinte Stadt sein, wird ein neuer Geist zuerst aus
der Bevölkerung heraus entstehen. Diese Gefangenen werden insgeheim ihre Freiheit
planen. Es gibt keinen anderen Weg für Gefangene. Niedergedrückt von überlegenen
Mächten, müssen sie ihre »Wärter« überlisten.
Ein Plan zur Wiedervereinigung besteht darin, die Mauer zu »untergraben«, indem man
ein unterirdisches Berlin baut. Man wendet diese List an, indem man beginnt, die bestehende
unterirdische Verkehrsinfrastruktur zu reparieren und auszubauen und läßt
die Berliner in Ost und West zuerst Versammlungshallen und öffentliche Einrichtungen
errichten, die einer geheimen Untergrundregierung dienen, einer Gemeinschaft des
Widerstands. Es würde bald ein intellektueller, künstlerischer und kultureller Austausch
folgen - in Theatern, Galerien, Schulen -, und dann würden die ersten Handelsbeziehungen
und gemeinsame Unternehmungen in Wissenschaft, Technologie und Industrie
folgen. (...)
Unweigerlich würde eines Tages der Zeitpunkt kommen, an dem schließlich dieses
unterirdische Berlin, das »Neue Berlin«, ans Licht emporsteigen würde und sich der
Scharfsinn und die Entschlossenheit aller Berliner in neuen Formen behaupten würde.
Fällt erst die »Mauer«, dann fällt bald auch alles andere, was trennt. 12