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5.3 Renata Stih & Frieder Schnock - „Bus Stop“<br />
Stih und Schnock radikalisierten mit ihrem Beitrag „Bus Stop“ die ambitionierten Intentionen<br />
der Auslober bis zur Unkenntlichkeit, ein überzeitlich gültiges Zeichen für den<br />
Holocaust in der alten Berliner Mitte nahe dem Brandenburger Tor, dem Hotel „Adlon“<br />
und Hitlers „Führerbunker“ auf einer Stadtbrache zu errichten. Die Idee der Künstler sah<br />
vor, den für das Denkmal reservierten, teuren Bauplatz als „Leerstelle“ im Stadtraum<br />
zu belassen und von dort aus täglich Busfahrten zu den Orten der ehemaligen Vernichtungsstätten<br />
im Berliner Umland und in Polen zu starten - ein aufgeklärter oder besser:<br />
aufklärerischer KZ-Tourismus, der in seinem heilsamen Sarkasmus schon als Konzept<br />
so scharfe Ablehnung bei der Jury erzeugte, dass er seinen Sinn bereits ohne die Realisierung<br />
entfaltete. Bus Stop wurde zum Plädoyer für die immer aufs neue in Erinnerung<br />
zu rufenden authentischen Orte der nationalsozialistischen Völkervernichtung, die ehemaligen<br />
Konzentrationslager. So konnten Stih und Schnock den Bauplatz des Denkmals<br />
in der Berliner Mitte nur ignorieren und durch die Abwesenheit von Aura markieren.<br />
„Bus Stop“ ist ein Denkmal, das sagt: Man braucht kein abstraktes Denkmal, was nichts<br />
aussagt, sondern man soll bitte an die authentischen Orte gehen und Deutschland als<br />
ein Land verstehen, wo überall gedacht werden kann, weil überall Verbrechen geschehen<br />
sind. 9