Ausgabe 9 herunterladen - Uhrsachen
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30<br />
FRIENDS<br />
Ochs und Junior - die uhrigen Querdenker<br />
Ludwig Oechslin ist wohl eine der schillerndsten Personen der Uhrenbranche. Aber nicht durch Glamour, sondern<br />
durch seine genialen Erfindungen macht er seit Jahrzehnten von sich reden. Wir haben an dieser Stelle schon mehrere<br />
seiner grossen Würfe präsentiert. Seit einer Weile hat er auch – mit Partnern – eine eigene Uhrenfirma.<br />
Ludwig Oechslin ist das, was man früher<br />
als «Universalgenie» bezeichnet<br />
hätte. Sein Werdegang ist entsprechend<br />
vielseitig. Der 1952 in Italien<br />
geborene Oechslin absolvierte an der<br />
Universität Basel seine Studien in Altertumswissenschaften<br />
und promovierte<br />
1983. Parallel dazu machte er<br />
bei Meister Spöring in Luzern eine<br />
Lehre als Uhrmacher und einen Abschluss<br />
als Uhrmachermeister. Er ist<br />
aber auch Doktor der theoretischen<br />
Physik und Restaurator. Und studierte<br />
die griechische Sprache. Grosse Erfahrungen<br />
sammelte er, als er im Vatikan<br />
die Farnesianische Uhr restaurierte,<br />
eine monumental komplexe<br />
astronomische Pendeluhr aus dem 17.<br />
Jahrhundert. Vier Jahre dauerte es, die<br />
über 1000 Einzelteile zu restaurieren<br />
und wieder zu einem funktionierenden<br />
Ganzen zusammenzusetzen.<br />
Die Restauration wurde in einem<br />
dreibändigen Werk akribisch dokumentiert.<br />
Lange Jahre entwarf und entwickelte<br />
er für Ulysse Nardin bahnbrechende<br />
Uhren, unter anderem die «Trilogie<br />
der Zeit» mit den faszinierenden atronomischen<br />
Uhren «Astrolabium Gallileo<br />
Galilei», «Planetarium Copernicus»<br />
und «Tellurium Johannes Kepler»,<br />
den «Freak», den Ewigen Kalender<br />
«Ludovico Pertetual», gefolgt von<br />
der «Moonstruck» und der «Planet<br />
Earth». Der Umfang des Werks ist beeindruckend.<br />
Seit 2003 leitet Oechslin<br />
das Musée International de<br />
l’Horlogerie (MIH) in La Chaux-de-<br />
Fonds. Dies mit noch bis zu seiner<br />
geplanten Pensionierung einem<br />
60-Prozent-Pensum, denn nebenher<br />
ist Oechslin Forscher, Konstrukteur<br />
und Uhrmacher geblieben. Ständig<br />
sinniert er an neuen Konstruktionen<br />
und Lösungen herum, sein innerer<br />
Daniel Düsentrieb hält ihn pausenlos<br />
auf Trab.<br />
U h RSACHEN<br />
Universalgenie Ludwig Oechslin - portraitiert von Sjoerd van Roojen.<br />
Initialzündung mit MIH-Uhr<br />
Vor Jahren lernte Oechslin im Uhrengeschäft<br />
Embassy in Luzern Beat<br />
Weinmann kennen. Embassy in Luzern<br />
ist ein Treffpunkt für Uhrenkenner<br />
– ähnlich wie <strong>Uhrsachen</strong>, nur einfach<br />
einige Nummern grösser ind internationaler.<br />
Aus der Bekanntschaft<br />
entstand das Projekt einer MIH-Uhr.<br />
Oechslin hegte schon lange den<br />
Wunsch, eine möglichst einfache Uhr<br />
zu konzipieren. Als Dritten im Bunde<br />
konnten sie den bekannten Uhrmacher<br />
Paul Gerber gewinnen, seinerseits<br />
Gründungsmitglied der AHCI<br />
(Académie Horlogère des Créateurs<br />
Indépendants). Er baut Uhren, die er<br />
unter seinem Namen verkauft, ist aber<br />
auch Entwickler von Zusatzfunktionen<br />
für renommierte Uhrenmarken.<br />
Discrétion oblige – darum nennen<br />
wir hier keine Namen. Gerber brachte<br />
Oechslins Idee einer einfach zu bauenden<br />
Jahreskalenderfunktion zur Serienreife<br />
und produziert sie nun mit<br />
seinen Mitarbeitern. Die MIH-Uhr<br />
ist extrem reduziert, verfügt aber über<br />
eine sehr schlaue Jahreskalenderfunktion<br />
mit Wochentags-, Monats- und<br />
Datumsanzeige.<br />
Im Gegensatz zum Ewigen Kalender<br />
kennt der Jahreskalender die Schaltjahre<br />
und die damit verbundene unterschiedliche<br />
Anzahl Tage im Februar<br />
nicht. Eingebaut ist hingegen der Unterschied<br />
der Monatslängen der normalen<br />
Jahre. Der Clou an Oechslins<br />
Idee: Diese ausgeklügelte Mechanik<br />
benötigt nur 9 (neun!) bewegliche<br />
Teile, anstelle von 30-40 bei herkömmlichen<br />
Lösungen. Als Basiswerk<br />
dient das aus vielen Chronographen<br />
bekannte Valjoux 7750, das vor dem