Ausgabe 9 herunterladen - Uhrsachen
Ausgabe 9 herunterladen - Uhrsachen
Ausgabe 9 herunterladen - Uhrsachen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Tick different.<br />
Die Zeitschrift für die Freude an speziellen Uhren · Herausgegeben von UhRSACHEN, Bern<br />
Zeit in Worten<br />
Handwerkskunst:<br />
Lederbänder von Perrin<br />
Die Qlocktwo fürs Handgelenk<br />
Mechanische Meisterwerke:<br />
Max Büsser & Friends<br />
Mouvement Manufacture:<br />
Ulysse Nardin Marineuhren<br />
Qlocktwo W<br />
Aviatik, cool umgesetzt:<br />
Bell & Ross Instrumente<br />
Nr. 9<br />
www.tickdifferent.com
« Pierre Jaquet Droz ist der erste Uhrmacher, der seine Werke im 18. Jahrhundert nach China importiert. »<br />
The Eclipse Ivory Enamel, ref. J012633203<br />
Elfenbeinfarbenes, Grand Feu-emailliertes Zifferblatt. Gehäuse und applizierte Verzierung in 18 Karat Rotgold.<br />
Automatikwerk. 68 Stunden Gangreserve. Zentrale Stunden und Minuten, Wochentag und Monat in Fenster bei 12 Uhr<br />
und Datumsanzeige mit Zeiger, Mondumlaufanzeige bei 6 Uhr. Durchmesser 43 mm.<br />
WWW.JAQUET-DROZ.COM
Handgemacht im Jura<br />
Die Bändermanufaktur Perrin im französischen Jura stellt hochwertige<br />
Armbänder her - in reiner Handarbeit. Ein Atelierbesuch. ............................4<br />
Schlichter geht’s fast nicht mehr<br />
Jaquet Droz entpuppt sich als Meister der schlichten Uhren. .........................9<br />
Weltweit immer die richtige Zeit<br />
Mit der Seiko Astron GPS Solar legt der japanische Gigant (einmal<br />
mehr) ein technisch bahnbrechendes Konzept vor. ......................................10<br />
Kontinuität statt Revolution<br />
Bei Glycine setzen die neuen Eigentümer auf bewährte Tugenden. ..............12<br />
Die gut getarnte Notfalluhr<br />
Die Zürcher Start-Up-Firma Limmex mischt mit ihren Uhren mit<br />
integriertem GSM-Chip den Markt der Notrufuhren radikal auf. ...............16<br />
Fliegeruhren, traditionell und modern interpretiert<br />
Bell & Ross schafft es, das Fliegerthema weiter zu beleben. ..........................18<br />
Der Leuchtzauberer von Biel<br />
René Mathys ist der Spezialist für Leuchtzifferblätter. ..................................20<br />
Doppelrotoren und Tauchturbinen<br />
Perrelets coole Neuheiten mit Doppelrotortechnik ......................................22<br />
Blau und braun bei Nomos<br />
Die Nomos Zürich wird noch schöner, mit traumhaften neuen Designs. ....23<br />
Der Weg zur Vollmanufaktur<br />
Der neue Marine Chronometer ist die erste Uhr mit dem komplett<br />
neuen Inhouse-Basiswerk von Ulysse Nardin. ..............................................26<br />
Die andere Mondphase<br />
Ulysse Nardins neue pfiffige Mondphasenanzeige. .......................................28<br />
Noch mehr Präsidenten<br />
Vulcain baut die Linie der President’s watch weiter aus ................................29<br />
Die schrägen Querdenker in Luzern<br />
Ochs und junior ist eines der spannendsten Projekte im Urhenbereich.<br />
Dahinter stecken bekannte, schlaue Köpfe...................................................30<br />
Révolution à la Genèvoise<br />
Max Büsser und sein MB & F verblüffen die Uhrenwelt mit Kreationen,<br />
die die Grenzen von Technik und Design sprengen. ....................................34<br />
Neues vom schrägen Engländer<br />
Peter Speake-Marin überarbeitet seine Einstiegskollektion ...........................40<br />
Golfuhren, jetzt auch für Damenhandgelenke<br />
Jaermann & Stübi bringt die Damenserie «Queen of Golf» .........................41<br />
Zeit in Worten, fürs Handgelenk<br />
Die Erfinder der Qlocktwo präsentieren ihre erste Armbanduhr. .................45<br />
Bill auf den Tisch<br />
Junghans lanciert eine edle Tischuhr mit Max Bill-Design ..........................46<br />
Intern / Impressum<br />
Diverse Hinweise .........................................................................................46<br />
UhRSACHEN · Kramgasse 19 · 3011 Bern<br />
Tel. 031 318 01 18 · Fax 031 318 01 12 · info@uhrsachen.ch · www.uhrsachen.ch<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Freitag: 11:00 - 18:30 (Donnerstag bis 20:00)<br />
Samstag: 10:00 - 16:00<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
EDITORIAL<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong> von Tick different<br />
bieten wir Ihnen ein Novum. Bis anhin<br />
haben wir uns darauf beschränkt,<br />
Hintergründe und Informationen zu<br />
liefern, bei denen es um Uhren geht,<br />
die Sie bei <strong>Uhrsachen</strong> kaufen können.<br />
<strong>Uhrsachen</strong> gilt in der Branche als ein<br />
Verteter der «Horlogerie 2.0», da wir<br />
uns immer wieder darum bemühen,<br />
auch Exoten, neuen Techniken oder<br />
Designansätzen eine Plattform zu<br />
bieten. Seien dies ganz kleine Produzenten<br />
wie Stepan Sarpaneva aus<br />
Finnland, Frank Jutzi aus Wichtrach<br />
oder Daniel Nebel mit seiner Nord<br />
Zeitmaschine, aber auch vollkommen<br />
neue Formen der Zeitanzeige wie die<br />
äusserst erfolgreiche Qlocktwo, die wir<br />
in diesem Heft auch als Armbanduhr<br />
präsentieren dürfen.<br />
Aus dieser Haltung heraus pflegen wir<br />
freundschaftliche Kontakte zu vielen<br />
radikalen und herausragenden<br />
Exponenten der neuen Uhrmacherei.<br />
Grund genug, Ihnen diesmal gleich<br />
zwei von ihnen vertieft vorzustellen. Da<br />
ist einerseits ein Projekt, hinter dem der<br />
regelmässigen Tick different-Lesern<br />
bestens bekannte Ludwig Oechslin<br />
steckt, der mit seiner jungen Firma ochs<br />
und junior die ausgetretenen Pfade in<br />
mehrfacher Hinsicht verlässt. Und<br />
anderseits Max Büsser, der mit seinem<br />
«Horological Lab» Grenzen sprengt und<br />
völlig abgefahrene Uhrenkreationen<br />
abliefert. Wir hoffen, Sie finden an<br />
diesen neuen Wegen so viel Freude wie<br />
wir, auch wenn diese Uhren für die<br />
meisten von uns Traumstücke bleiben<br />
werden.<br />
Beeindruckt waren wir auch vom<br />
Besuch bei der Uhrenbandmanufaktur<br />
Perrin im französischen Jura. Dort wird<br />
noch richtiges Handwerk gelebt, dessen<br />
Faszination wir Ihnen nicht vorenthalten<br />
möchten. Geniessen Sie diesen<br />
Blick hinter die Kulissen.<br />
Und natürlich finden Sie auch in dieser<br />
<strong>Ausgabe</strong>, auf die Sie leider diesmal<br />
etwas länger warten mussten, viele<br />
Neuheiten von Firmen aus unserem<br />
Sortiment. Weil wir, wie immer, vor<br />
allem eines mit Ihnen teilen wollen: Die<br />
Freude an aussergewöhnlichen Uhren,<br />
fernab des Mainstreams.<br />
Herzlichst, Hans Erb<br />
Geschäftsleiter <strong>Uhrsachen</strong><br />
Tick different.<br />
3
4<br />
HANDWERK<br />
Handgemacht im französischen Jura: Perrin-Bänder<br />
Viele Arbeitsschritte werden benötigt, um ein hochwertiges Uhrenband aus Leder herzustellen. Tick different hat sich<br />
in der Bändermanufaktur Perrin umgesehen. Hier gibt es noch wahre Handarbeit.<br />
Handarbeit: Die Löcher für die Nähte werden mit der Maschine vorgestochen,<br />
dann wird der passende Faden von flinker Hand vernäht. Die Krönung<br />
eines qualitativ hochstehenden Lederbandes.<br />
Es ist ein regnerischer, nebliger Frühlingstag.<br />
Man sieht es den Jurawiesen<br />
an, dass der Schnee noch nicht lange<br />
weggeschmolzen ist. Nach Le Locle<br />
steil an den Doubs runter und dann<br />
bis ins keine Städtchen Morteau, von<br />
dort eine Viertelstunde durchs Niemandsland<br />
aus Kuhweiden und Wald-<br />
U h RSACHEN<br />
stücken. Dann erscheint das Dörfchen<br />
Orchamps-Vennes. Nicht unbedingt<br />
der Ort, an dem man eine Firma<br />
erwartet, die fürs oberste Luxussegement<br />
höchste Qualität abliefert.<br />
Das Fabriklein ist typischer französischer<br />
Industriezweckbau, mit adrett<br />
Mithilfe einer Stanzform und einer hydraulischen Presse werden zuerst die<br />
Rohlinge aus dem gewählten Leder ausgeschnitten.<br />
angeordneten Parkplätzen – genau vor<br />
der Tür die für die «Direction». In<br />
Frankreich sind die Hierarchien noch<br />
nicht abgeflacht.<br />
Jean-Claude Perrin schuf sich einen<br />
erstklassigen Namen als Lederverarbeiter,<br />
arbeitete für noble Häuser in<br />
Paris. 1984 beschloss er, sich selbständig<br />
zu machen – dies nicht ohne vorher<br />
den Markt studiert zu haben. Er<br />
gründete in seiner Heimatgegend Picardie<br />
die «Créations Perrin». Erfolge<br />
stellten sich rasch ein, Perrin konnte<br />
mit seiner Qualität auf Anhieb überzeugen<br />
– Firmen wie Blancpain<br />
setzten auf seine handgefertigten<br />
Uhrenbänder. Nach einigen Jahren<br />
wurde klar, dass der Produktionsort<br />
Tergnier eindeutig zu weit weg von<br />
vielen Kunden lag. Diese sind vorwiegend<br />
im «Watch Valley» zuhause, also<br />
im Jurabogen, auf der Schweizer Seite.<br />
Für mehr Nähe zum Kunden entschloss<br />
man sich 1993, in die Franche<br />
Comté zu ziehen. Die gut 500 km<br />
entfernte Produktionsstätte in der<br />
Aisne im Nordosten Frankreichs,<br />
rund 50 km von der Champagnerhauptstadt<br />
Reims, blieb aber bestehen,<br />
nach wie vor arbeiten dort rund<br />
80 Personen. Die Arbeit ist heute aufgeteilt:<br />
In Tergnier, der Wiege der Firma,<br />
wird vor allem die Serienproduktion<br />
gemacht. Hier handelt es sich um<br />
das so genannte OEM-Geschäft (Original<br />
Equipment Manufacturer), also<br />
die Bänder, die die Hersteller als Originalbänder<br />
anbieten. Einiges individueller<br />
geht es in Orchamps-Vennes<br />
zu. Hier fertigen rund 40 Mitarbeiterinnen<br />
(Männer findet man in der<br />
Produktion keine) Kleinserien und<br />
Einzelstücke. Auch <strong>Uhrsachen</strong> lässt<br />
hier regelmässig auf Mass herstellen.<br />
Die Produktionshalle liegt mitten im<br />
Grünen, die Kühe grasen direkt vor<br />
den vielen Fenstern. Die Arbeitsplätze<br />
sind einfach, aber praktisch eingerich-
tet, und nicht ganz so eng, wie man<br />
das aus manchen Uhren ateliers kennt.<br />
In der Manufaktur dominiert nicht<br />
High-Tech, sondern Handarbeit. Maschinen<br />
hört man praktisch keine, das<br />
lauteste ist das leise Surren einer Nähmaschine,<br />
ab und zu heult ein Dremel<br />
auf.<br />
65 Arbeitsschritte<br />
Vom Aufwand, den es benötigt, um<br />
edle Uhrenbänder herzustellen sind<br />
wir beeindruckt. «65 Arbeitsschritte<br />
sind es von der Annahme der Bestellung<br />
bis zum versandfertigen Produkt» erklärt<br />
uns die Produktionsleiterin («je<br />
suis Sylvie» - in französischen Firmen<br />
haben die Damen nur Vornamen....),<br />
die schon 27 Jahre im Betrieb ist, also<br />
praktisch seit der Firmengründung.<br />
Entsprechend gross ist ihre Erfahrung.<br />
Es beginnt bei der Bestellung,<br />
die viele Details enthält. Wenn bei<br />
<strong>Uhrsachen</strong> ein Kunde ein Band<br />
wünscht, müssen zuerst mehrere Masse<br />
aufgenommen werden: Die Breite<br />
des Bandes bei den Bandanstössen<br />
und bei der Schliesse sowie die Länge<br />
des oberen (12 Uhr) und des unteren<br />
Teils (6 Uhr). Dann muss man wissen,<br />
welcher Typ Schliesse verwendet<br />
wird (Dorn- oder Faltschliesse), ob es<br />
bei den Anstössen eine Biegung haben<br />
soll, ob normale oder so genannte<br />
«Presto»-Schnellwechselfederstege<br />
ver wendet werden. Wesentlich sind<br />
auch Form und Dicke des Bandes.<br />
Vom dünnen, ungefütterten für elegante<br />
Klassiker bis zum extradicken<br />
für Sportuhren gibt es unzählige Varianten.<br />
Schliesslich wird entschieden,<br />
welche Verarbeitungsart das Band auf<br />
den Seiten haben soll - ein wesentliches<br />
Stilelement. Hier unterscheidet<br />
man zwischen zwei Stilen: Rembordé<br />
oder coupé. Für ersteres hat sich der<br />
eingedeutschte Begriff «rembordiert»<br />
eingebürgert. Davon später.<br />
Die Wahl des Leders<br />
Eher ungern öffnet uns David Thomas<br />
die Tür zum Lederlager. Perrin<br />
arbeitet sehr transparent, aber hier<br />
sind Fotos nicht erwünscht. Im gut<br />
gesicherten Raum liegen unglaubliche<br />
Schätze, die man nicht zeigen will.<br />
Gestelle, rendvoll gefüllt mit Häuten,<br />
fein säuberlich beschriftet und nach<br />
Arten und Farben sortiert.<br />
Der grösste Teil der Bänder, die die<br />
Ateliers in Orchamps-Vennes verlassen,<br />
sind solche aus Alligatorleder.<br />
«Wir legen grossen Wert auf eine lückenlose<br />
Verfolgbarkeit unserer Leder. Wir<br />
beziehen sie ausschliesslich von Zuchten<br />
aus dem amerikanischen Louisiana, die<br />
hohe Standards des Artenschutzes einhalten<br />
müssen.» sagt Monsieur Thomas.<br />
Der gute Einkauf sei ein enorm<br />
HANDWERK<br />
Zwei Alligatorbänder mit Seitenrändern im Coupé-Verfahren.<br />
wichtiger Arbeitsschritt, denn Perrin<br />
will ausschliesslich qualitativ hochstehende<br />
Leder verarbeiten. «Lieber bezahlen<br />
wir unseren Lieferanten ein wenig<br />
mehr für die Rohware, dafür erhalten<br />
wir die bestmöglichen Stücke» erläutert<br />
er die kompromisslose Philosophie<br />
des Hauses. Die Nachfrage nach Alligatorleder<br />
ist in den letzten Jahren<br />
stark angestiegen, dies vor allem wegen<br />
des grossen Luxusbooms in Asien.<br />
Die Beschaffung ist deshalb schwierig<br />
geworden. Auch Leder von Kälbern,<br />
Straussen, Haifischen, Rochen, Echsen<br />
und Pythons sind bei Perrin im<br />
Farbe nach Mass: Die Auswahl an Faden für die Nähte ist enorm.<br />
Tick different.<br />
5
6<br />
HANDWERK<br />
Das feine Rattern: Statt der Handnaht wird oft auch eine Maschinennaht<br />
gewählt. Auch sie benötigt viel Geschick und Sorgfalt.<br />
Angebot. Wir sprechen den Verantwortlichen<br />
auf die Problematik der<br />
Echsen- und Schlangenleder an, die<br />
insbesondere in Asien auf barbarische<br />
Weise gewonnen werden. <strong>Uhrsachen</strong><br />
bietet übrigens freiwillig seit einiger<br />
Zeit keine Bänder aus solchen Ledern<br />
mehr an. Auch auf Rochenleder wird<br />
verzichtet, da dies aus artenschützerischer<br />
Sicht äusserst problematisch<br />
ist. Thomas garantiert uns, dass keine<br />
Leder aus Asien verwendet würden,<br />
dass auch hier alle Leder aus Zuchten<br />
stammten und dass sämtliche Tier-<br />
und Artenschutzbestimmungen rigoros<br />
beachtet würden. Überprüfbar ist<br />
das allerdings nicht.<br />
U h RSACHEN<br />
Eingangskontrolle<br />
Rigoros ist die Eingangskontrolle,<br />
wenn die Leder angeliefert werden.<br />
Man hat sich bei Perrin extra ein eigenes<br />
Labor eingerichtet und laufend<br />
ausgebaut, in dem man Abriebtests<br />
vornimmt oder starke, längere UV-<br />
Bestrahlungen simuliert.<br />
In einer speziellen Lichtbox werden<br />
die Farben der gelieferten Häute überprüft<br />
und mit Farbmustern verglichen.<br />
Hunderprozentige Übereinstimmungen<br />
kann man jedoch nicht<br />
erwarten, denn Leder ist nach wie vor<br />
ein Naturprodukt, Abweichungen<br />
sind unvermeidlich.<br />
Ihr individuelles Mass-Uhrenband<br />
Oft sind «ab der Stange» für gewisse Modelle nicht die Bänder erhältlich, die Sie<br />
als Kundin oder Kunde gerne hätten. Oder Sie haben eine ältere Uhr, für die keine<br />
Originalbänder mehr verfügbar sind. Dank unserer langjährigen, bewährten Zusammenarbeit<br />
mit «Créations Perrin» können wir heute fast jedes Uhrenband für<br />
fast jede Uhr für Sie produzieren lassen.<br />
Gemeinsam mit Ihnen wählen wir aus Mustern das gewünschte Leder, die gewünschte<br />
Farbe und die Art der Verarbeitung aus. Wir nehmen genau Mass und<br />
sorgen dafür, dass Ihr Band die richtigen Dimensionen hat, insbesondere auch<br />
dann, wenn Sie ein etwas kürzeres oder längeres Armband benötigen. Die Produktionsdauer<br />
beträgt in der Regel rund drei bis vier Wochen. Wenn es sehr eilt, geht’s<br />
auch schneller. Die Qualität ist mindestens so gut wie bei den Originalbändern,<br />
die Preise sind sehr fair und liegen tendenziell eher unter denjenigen der Originale.<br />
Aus dem in der Bestellung festgelegten<br />
Leder werden in einem ersten<br />
Schritt aus einer Haut die zwei Bandstücke<br />
sowie die beiden kleinen<br />
Stücke für die Bandschlaufen ausgestanzt.<br />
Dies geschieht mit Hilfe einer<br />
Form – für die meisten Dimensionen<br />
ist eine solche verfügbar. Die beiden<br />
Stanzformen werden mit Augenmass<br />
möglichst geschickt aufs Leder gesetzt,<br />
so, dass sich ein perfektes Schuppenbild<br />
ergibt. Bei den hochwertigen<br />
Alligatornbändern sind möglichst<br />
grosse Schuppen am meisten gefragt.<br />
Der Teil des Leders mit diesen Eigenschaften<br />
ist aber naturgemäss nicht<br />
sehr gross. Deshalb werden aus einer<br />
Haut leider nur wenige Bänder produziert.<br />
Der Rest mit den kleineren<br />
Schuppen wird für diverse Anwendungen<br />
im Bereich Lederwaren verwertet.<br />
Das rohe Leder ist zu dick, um es zu<br />
Bändern verarbeiten zu können. Darum<br />
wird es mit einer alt ehrwürdigen,<br />
etwas furchteinflössenden Maschine<br />
auf die richtige Dicke geschnitten, ja<br />
regelrecht gespalten. An den Rändern<br />
muss es noch dünner sein, damit es<br />
beim Rembordé-Verfahren gut über<br />
die Aussenkante gestülpt werden<br />
kann. Auch für diesen Schritt gibt es<br />
eine Maschine, die eindeutig noch<br />
ohne Computersteuerung auskommt.<br />
Jedes Band hat eine Aussen- und eine<br />
Innenseite. Basis für die «Aufbauten»<br />
bildet immer ein Trägerleder. Darauf<br />
werden die verschiedenen Fütterungen<br />
angebracht, die meist aus verschieden<br />
dicken Filzelementen bestehen.<br />
Dann wird das Oberleder aufgesetzt.<br />
Beim Rembordieren wird nun<br />
dieses Oberleder sorgfältig um das<br />
Trägerleder herumgebogen. Dazu legt<br />
man es in eine passende Form. Eine<br />
filigrane Arbeit, die flink und mit gut<br />
koordinierten Bewegungen ausgeführt<br />
werden muss. So sind die Flanken<br />
und das Oberleder aus einem<br />
Stück. Danach wird das genau passende<br />
Stück des Unterleders aufgeklebt,<br />
die «Doublure», die später die<br />
Innenseite des Bandes bildet. Hier<br />
kommen verschiedene Materialien
zum Einsatz – in der Regel Leder, je<br />
nach Kundenwunsch und Anwendungsgebiet<br />
aber auch Textilien oder<br />
kautschukbeschichtete Kunstleder.<br />
Für die andere Technik des «coupé<br />
franc» wird das Oberleder exakt in die<br />
Form geschnitten (couper = schneiden),<br />
und dann bringt man ein genau<br />
passendes Unterleder an. Das Ganze<br />
wird wieder verklebt. Auf einer speziellen<br />
Maschine wird das Band dann<br />
an den Flanken mit einem schnell rotierenden<br />
Filz poliert. Anschliessend<br />
ans Nähen lackiert man die polierten<br />
Flanken mit einer zum Leder passenden<br />
Farbe. Und immer alles von<br />
Hand. Nicht zu unterschätzen ist<br />
auch die Herstellung der Schlaufen,<br />
in der Regel zwei pro Band. Auch dafür<br />
muss ein Leder rembordiert werden,<br />
auch das alles immer von Hand.<br />
«Die Schlaufen sind eigentlich wie zwei<br />
zusätzliche Mini-Bänder» sagt die Produktionsleiterin.<br />
Die Kunst des Nähens<br />
Ein ganz wichtiger Schritt ist das Vernähen.<br />
Auch hier sind zwei Varianten<br />
im Angebot: maschinell oder von<br />
Hand. Zuerst aber wird der passende<br />
Faden ausgewählt. Oft wird die Naht<br />
«Ton sur ton», also in Lederfarbe, ausgeführt.<br />
Reizvoll kann aber auch eine<br />
Kontrastnaht sein, besonders bei eher<br />
sportlich orientierten Bändern. Auch<br />
knackige Farbkombinationen sind<br />
möglich (wie beispielsweise das Band<br />
für die <strong>Uhrsachen</strong>-Uhr, in schwarzem<br />
Barrenia-Leder mit oranger Naht).<br />
Die Farbauswahl ist enorm, so wie<br />
auch die Leder in vielen verschiedenen<br />
Farben verfügbar sind.<br />
Bei beiden Nahtvarianten kommt das<br />
Band zuerst unter die Maschine. Die<br />
eigentliche Maschinennaht ist dann<br />
relativ rasch erledigt. Für die handgenähten<br />
Bänder benutzt man die Maschine<br />
einfach ohne Faden, um die<br />
Löcher für die Naht vorzustechen.<br />
Danach wird das Band in eine eigenartige<br />
Vorrichtung eingespannt. Beim<br />
«6-Uhr-Teil» darf das Einnähen der<br />
Bandschlaufe nicht vergessen werden.<br />
Mit unglaublich flinken Händen und<br />
dosiertem, aber starkem Krafteinsatz<br />
näht eine der Damen dann das Band<br />
fertig. Wieder einmal zeigt sich die<br />
Faszination von Handwerk – es ist<br />
immer wieder eine Freude, jemandem<br />
zuzuschauen, der etwas richtig gut<br />
kann. Jeder Handgriff sitzt. Es folgt<br />
das Verschweissen der Nahtabschlüsse.<br />
Noch eine Arbeit, die auf den ersten<br />
Blick einfach aussieht, aber viel<br />
Erfahrung verlangt. Der Grenzbereich<br />
zwischen zu viel und zu wenig ist minimal.<br />
Nun ist das Band schon sehr weit gediehen.<br />
Noch hat es aber keine Löcher,<br />
und auch die Aussparung für<br />
den Dorn der Schliesse ist noch nicht<br />
gemacht. Dafür gelangen zwei altgediente<br />
Stanzgeräte zum Einsatz.<br />
Grobmechanik im Dienst von wahrer<br />
Finesse. Unzählige, teils sehr kundenspezifische<br />
Stanzformen liegen bereit,<br />
denn es gibt verschiedene Arten von<br />
Schliessen, die je nachdem runde,<br />
rechteckige oder ovale Löcher bedingen.<br />
Ganz zum Schluss werden noch<br />
die Logos und die Masse eingeprägt.<br />
Firmenlogos, das Perrin-eigene oder<br />
– wie im Fall von <strong>Uhrsachen</strong> – das eigens<br />
für diesen Fall angefertige Signet.<br />
Die Stempel werden zuerst erhitzt,<br />
von Hand ganz genau positio-<br />
HANDWERK<br />
Eine Kunst für sich: Beim Rembordieren wird das Oberleder mit viel Geschick<br />
um des Unterleder geschlagen.<br />
niert und dann maschinell mit dem<br />
richtigen Druck angebracht. Zum<br />
Schluss folgt eine ausgiebige Qualitätskontrolle.<br />
Stimmen die Dimensionen,<br />
das Leder und die Naht mit<br />
dem Auftrag überein? Ist alles dem<br />
Perrin-Standard entsprechend? Die<br />
Damen mit der Lupe lächeln ob der<br />
Frage nach ihrer Unerbittlichkeit.<br />
Wenn sie ihre strengen Kontrollen bestanden<br />
haben, wird das Band an den<br />
Kunden spediert.<br />
Schweiz-Nähe schafft Probleme<br />
Die Franche-Comté prosperiert, der<br />
Arbeitslosenanteil liegt wesentlich<br />
tiefer als im Rest Frankreichs. Arbeit<br />
hat man bei Perrin genug. Doch es<br />
gibt trotzdem Sorgen: «Es ist nicht so<br />
einfach, gutes Personal zu finden. Die<br />
Nähe zur Schweiz ist ein Problem. Sehr<br />
viele Menschen aus der Region machen<br />
den Weg über die Grenze, denn die dort<br />
bezahlten Löhne sind für uns Franzosen<br />
sehr attraktiv» klagt David Thomas.<br />
«Zudem ist es so, dass es für unsere Arbeiten<br />
keine Ausbildung gibt. Wir müssen<br />
die Mitarbeiterinnen allesamt selber<br />
ausbilden und setzen viel daran, dass sie<br />
lange bei uns bleiben. Leider klappt das<br />
nicht immer nach Wunsch.» Mit dem<br />
anhaltenden Boom in der Branche<br />
dürfte sich dies zu seinem Leidwesen<br />
nicht so rasch ändern.<br />
Tick different.<br />
7
8<br />
PORTRAIT<br />
Bis zu 65 Arbeitsschritte für ein Uhrenband<br />
Ein gepflegtes, qualitativ gutes Uhrenband ist eine aufwändige Angelegenheit. Wir zeigen Ihnen hier im Bild einige<br />
der bis zu 65 notwendigen Arbeitsschritte.<br />
Lichttest: Die angelieferten Leder<br />
werden auf ihre Übereinstimmung<br />
mit den Farbmustern überprüft.<br />
Haltekraft: Bei den Aussparungen<br />
für die Federstege muss das Leder<br />
perfekt halten - die Uhr hängt dran.<br />
Flinke Finger: Das Vernähen von<br />
Hand erfordert beherztes Führen<br />
von Nadel und Faden.<br />
Hämmern: Für das Fine-Tuning bei<br />
den Rändern kommt auch rudimentäre<br />
Technik zum Einsatz.<br />
U h RSACHEN<br />
Arbeit mit System: Auf dem Laufzettel<br />
sind alle Fabrikationsdetails<br />
aufgeführt.<br />
Präzision: Auch bei den Bändern<br />
müssen die Masse ganz genau der<br />
Bestellung entsprechen.<br />
Versiegeln: Ein «coupé franc»-Band<br />
wird auf den Seiten mit einem Lack<br />
in Lederfarbe versehen.<br />
Lochen: Mit einer alten Stanzmaschine<br />
entstehen die Aussparungen<br />
für die Schliesse.<br />
Leim: Bei der Fertigung von Bändern<br />
wird viel geklebt - hier ein<br />
Futter auf ein Unterleder.<br />
Schleifen: Vor dem Verkleben wird<br />
das Leder mit dem guten alten Dremel<br />
innen gründlich aufgerauht.<br />
Minibänder: Die zwei Schlaufen<br />
pro Band müssen ebenfalls vernäht<br />
und geklebt werden.<br />
Branding: Bei den Einzelanfertigungen<br />
gibt es einen Firmenstempel.
Jaquet Droz: Schlicht ist Trumpf<br />
Die eleganten, schnörkellosen Uhren von Jaquet Droz sind im<br />
Tick different Dauergäste. Wir stellen hier drei neue Modelle vor.<br />
Die Grande Seconde fasziniert seit ihrem<br />
Erscheinen im Jahr 2003. In der<br />
letzten <strong>Ausgabe</strong> unseres Magazins haben<br />
wir sie ausführlich abgehandelt,<br />
als wir die neue Grande Seconde<br />
Quantième präsentierten. Mit der<br />
neuen «Décentrée» im Rotgoldgehäuse<br />
und mit dem klassischen Emaillezifferblatt<br />
ist jetzt eine neue Variante<br />
erhältlich. Technisch ist die Sache weniger<br />
kompliziert, als es scheint – eigentlich<br />
wird einfach das ganze Werk<br />
ein wenig verdreht montiert. Dazu<br />
braucht es eine andere Öffnung im<br />
Gehäuse und ein entsprechend ver-<br />
Ein Traum in Roségold: Die Jaquet<br />
Droz Grande Seconde Décentrée<br />
setzt gestaltetes Zifferblatt.<br />
Und fertig ist<br />
eine der raffiniertesten<br />
Versionen<br />
dieses Uhrenklassikers.<br />
Bei<br />
der Technik<br />
verlässt man<br />
sich auf das<br />
bewährte Erfolgsrezept:<br />
43<br />
mm Durchmesser,<br />
Saphirglas auf<br />
Vorder- und Rückseite,Automatikwerk<br />
von Frédéric Piguet<br />
mit 2 Federhäusern<br />
und 68 Stunden<br />
Gang reserve. Die Uhr<br />
sieht schon auf dem Bild<br />
sehr schön aus, am Handgelenk<br />
ist sie schlicht und<br />
einfach unwiderstehlich. Trotz<br />
ihres Durchmessers übrigens auch<br />
an feinen Armen.<br />
Bereits eine beachtliche Tradition<br />
haben bei Jaquet Droz<br />
auch die Zifferblätter aus<br />
verschiedenen Steinen. Zwei<br />
besonders eindrückliche<br />
Ver treter stellen wir Ihnen<br />
hier vor: Die «Eclipse» und<br />
die «Grande Heure» mit<br />
Onyxzifferblatt. Die Eclipse<br />
als solche gibt es schon seit<br />
zwei Jahren, sie basiert auf<br />
dem ursprünglichen Modell<br />
«Les Lunes» mit seiner retrograden<br />
Anzeige der Mondphase. Bei der<br />
Eclipse bewegt sich ein kleiner runder<br />
Schieber, der den darunter liegenden,<br />
gravierten Mond so verdeckt, dass die<br />
jeweilige Phase des Mondstandes angezeigt<br />
wird. Das Ziffeblatt besteht<br />
(wie übrigens auch der kleine Schieber)<br />
aus dem geradezu magisch tiefschwarzen<br />
Onyx. Dieser Stein passt<br />
ideal zum symbolischen Nachthimmel<br />
mit scheinendem Mond. Zusätz-<br />
NEUHEITEN<br />
Tiefschwarzes Duett: Die Eclipse<br />
und die Grande Heure in Stahl mit<br />
einem Zifferblatt aus Onyx.<br />
lich zur Mondphase hat die Eclipse<br />
einen Vollkalender, zeigt also Wochentag,<br />
Monat und Datum an. Erstere<br />
beide in Worten in zwei kleinen<br />
Zifferblattausschnitten, letzteres mit<br />
einem grossen, gewellten Schlangenzeiger<br />
ganz aussen am Rand. Die<br />
Eclipse gab es bis anhin nur in Gehäusen<br />
aus Edelmetall, bei der Onyxversion<br />
entschied man sich bei Jaquet<br />
Droz, sie in einem Edelstahlgehäuse<br />
anzubieten. Dadurch konnte der Preis<br />
für die Uhr in etwas erträglichere Regionen<br />
verlegt werden.<br />
Noch einmal ein ganzes Stück schlichter<br />
ist die neue «Grande Heure», eine<br />
24-Stunden-Einzeigeruhr. Dieses redikale<br />
«Slow Down»-Konzept gab es<br />
schon einmal, damals in einer limitierten<br />
Serie in Weiss gold mit schwarzem<br />
oder weissem Emaillezifferblatt.<br />
Nun kommt auch sie in Stahlausführung<br />
mit Onyxzifferblatt.<br />
Tick different.<br />
9
10<br />
TECHNIK<br />
Noch ein Meilenstein von Seiko: Die Astron GPS Solar<br />
Die neue Seiko Astron GPS Solar ist die erste Armbanduhr, die ein GPS-Signal dafür nutzt, die Zeit in allen 39 existierenden<br />
Zeitzonen richtig anzuzeigen, an jedem Ort der Welt also. Für echte Jetsetter, Meilensammler und Globetrotter.<br />
U h RSACHEN<br />
Der Name Astron lässt Kenner<br />
der Uhrenhistorie aufhorchen.<br />
Seiko präsentierte 1969 unter<br />
diesem Namen die erste<br />
Serienarmbanduhr<br />
der Welt mit einem<br />
Quarzwerk. Und<br />
läutete damit eine<br />
schwieri ge Periode<br />
für die ganzeSchweizerUhrenindustrie<br />
ein.<br />
Dass die legendäre<br />
Uhrenkrise aber<br />
nicht die Schuld<br />
der Japaner war, darüber<br />
herrscht unterdessen<br />
Einigkeit, hatte man sich<br />
doch damals, ganz hoch auf<br />
dem Ross, unangreifbar gefühlt<br />
und die Zeichen der<br />
Zeit schlicht nicht erkannt.<br />
Unterdessen dürfte die Branche<br />
hierzulande wieder so stark aufgestellt<br />
sein, dass sie nicht mehr so<br />
rasch überrannt werden kann. Und<br />
trotzdem fragt man sich, warum die<br />
jetzt vorgestellte Technik nicht von<br />
einem Schweizer Hersteller präsentiert<br />
wurde.<br />
Über die unbestrittenen Meriten von<br />
Seiko in der Weiterentwicklung der<br />
Uhrentechnik haben wir hier schon<br />
mehrmals berichtet. Die letzten Meilensteine<br />
waren die E-Ink-Displays<br />
und die Uhren mit Spring Drive-<br />
Technik. Auch mit Funkempfangstechnik<br />
hat Seiko viel Erfahrung.<br />
Bloss: um Uhren mit Zeitsignalen zu<br />
synchronisieren, war bis anhin der<br />
Empfang eines der existierenden terrestrischen<br />
Funksender notwendig,<br />
wie beispielsweise des DCF-Senders<br />
in der Nähe von Frankfurt. Doch diese<br />
Signale sind aus physikalischen<br />
Gründen längst nicht überall auf der<br />
Welt verfügbar. Bei diesem Problem<br />
setzten die Ingenieure aus Japan an.<br />
Von der Fachwelt völlig unerwartet<br />
(und als Geheimnis mindestens so gut<br />
gewahrt wie ein neues Produkt von<br />
Apple) zauberte der japanische Gigant<br />
an der Baselworld 2012 die brandneue<br />
Astron GPS Solar aus dem Hut,<br />
mit bahnbrechender Technik. Den<br />
geschichtsträchtigen Namen Astron<br />
hat sich die Uhr darum wohl verdient.<br />
Herzstück ist ein über Jahre vollkommen<br />
neu entwickeltes Werk, das einen<br />
extrem miniaturisierten Empfänger<br />
für GPS-Signale enthält. Dieser zeichnet<br />
sich vor allem auch dadurch aus,<br />
In Kürze<br />
• Erste Uhr, die das GPS-Signal von<br />
Satelliten für die Zeitsynchronisierung<br />
nutzt<br />
• Präziseste Uhr dank Empfang der<br />
Atomzeit der GPS-Satelliten<br />
• Automatische Einstellung der<br />
Lokalzeit in allen 39 weltweit<br />
vorhandenen Zeitzonen<br />
• Keine Batteriewechsel dank solarer<br />
Stromversorgung über lichtdurchlässiges<br />
Zifferblatt
dass er extrem wenig Strom verbraucht.<br />
Die Stromversorgung erfolgt<br />
mittels Solartechnik über ein lichtdurchlässiges<br />
Zifferblatt. Nicht weniger<br />
als hundert Patente sind gemäss<br />
Seiko in der Uhr angewandt.<br />
Um die Datenmenge minimieren zu<br />
können, haben die Tüftler von Seiko<br />
die Welt in rund eine Million Sektoren<br />
aufgeteilt. Von jedem dieser<br />
Orte sind die Koordinaten und die<br />
anzuwendende Zeitzone bekannt.<br />
Einmal täglich, oder bei Bedarf auf<br />
Knopfdruck, stellt sich die Astron an<br />
jedem Ort der Welt auf die lokale Zeit<br />
ein. Wer den Himmel sieht, hat die<br />
genauest mögliche Zeit – so einfach<br />
kann das Leben des Reisenden bald<br />
sein. Problematisch sind nämlich<br />
nicht die geographisch definierten<br />
Zeitzonen, sondern diejenigen, die<br />
aus politischer Motivation eingeführt<br />
wurden. Wie beispielsweise vom venezolanischen<br />
Revolutions-Caudillo<br />
Hugo Chavez, der mit einer halbstündigen<br />
Verschiebung Distanz zum Erzfeind<br />
USA symbolisieren wollte. Oder<br />
in Nepal, wo mit UTC +5:45 h eine<br />
noch bizarrere Differenz angewandt<br />
wird – dies, um sich vom grossen<br />
Nachbar Indien abzugrenzen.<br />
Für die Synchronisation liest die Astron<br />
das Signal von vier oder mehr<br />
Satelliten aus, die in ihrem Sichtbereich<br />
sind. Damit die Navigation mit<br />
GPS-Signalen funktioniert, müssen<br />
die Satelliten sowieso über die höchst<br />
präzise Atomzeit verfügen – sie sind<br />
also eine dauernd verfügbare<br />
Quelle für genaueste<br />
Zeit. Aber<br />
auch ohne Satellitenempfang<br />
ver spricht Seiko<br />
eine Genauigkeit<br />
von +/- 15<br />
Sekunden pro<br />
Monat. Wer<br />
Seikos Umgang<br />
mit solchen Angaben<br />
kennt, ist<br />
sich bewusst, dass<br />
bei den Japanern generell<br />
eher tief gestapelt<br />
wird.<br />
Lanciert wird die Uhr in<br />
mehreren Varianten. Allen<br />
gemeinsam ist das Titan-<br />
oder Stahlgehäuse mit Keramiklunette<br />
und einem Saphirglas<br />
mit einer beidseitig angebrachten<br />
Seiko-eigenen «Super-<br />
Clear»-Anti reflex be schichtung. Das<br />
Flagg schiff SAST001 ist eine auf weltweit<br />
2500 Stück limitierte Lancierungsserie<br />
mit einem Gehäuse mit einer<br />
schwarzen Karbonbeschichtung,<br />
das sich über besonders aufwändig<br />
gefertigte Flanken auszeichnet. Das<br />
bestechend dreidimensionale Zifferblatt<br />
mit seinen aufgebrachten Stundenringen<br />
und der Skala für die Anzahl<br />
empfan gener Satelliten, die Sommerzeit,<br />
den Flight Mode und die<br />
Gangreserveanzeige überzeugt durch<br />
seine Verarbeitungsqualität. Markant<br />
sind die satt mit Leuchtmasse verse-<br />
henen Stunden indexe, die mit der Innenlunette<br />
verbunden sind, auf der<br />
24 Zeitzonen mit Flughafenkürzeln<br />
gekennzeichnet sind. In den unlimiterten<br />
Versionen steht hier die Stundenabweichung<br />
zur Universalzeit<br />
UTC. Bei der 6-Uhr-Position wird<br />
die Heimat- oder Referenzzeit angezeigt,<br />
mit einer kleinen 24-Stunden-<br />
Uhr. Wasserdicht sind die neuen Astron<br />
bis 10 bar. Die unlimitierten Varianten<br />
kommen Ende 2012 auf den<br />
Markt, zu Preisen zwischen 2600 und<br />
4400 CHF.<br />
11
NEUHEITEN<br />
Glycine: Kontinuität statt Revolution<br />
Nach der Übernahme durch Stephan Lack im Jahr 2011 war man gespannt,<br />
was Glycine 2012 an Neuheiten präsentieren würde. Glycine-Fans können<br />
beruhigt sein: Der neue Eigentümer setzt auf Kontinuität.<br />
Bei einem Besitzerwechsel weiss man<br />
nie, ob die neuen Köpfe nicht als erstes<br />
keinen Stein auf dem anderen lassen.<br />
Oft werden damit treue Fans einer<br />
Marke vergrault – die Zeiten von<br />
Zenith unter Thierry Nataf sind noch<br />
in leidiger Erinnerung. Der neue Eigentümer<br />
Stephan Lack, schon lange<br />
in der Uhrenbranche zuhause, scheint<br />
diesen Fehler nicht zu machen und<br />
baut erst einmal die bestehenden Linien<br />
von Glycine sanft aus. Zur Freude<br />
vieler Freunde der Marke bleibt das<br />
grosse laute Rumpeln aus, Lack<br />
Airman SST 12<br />
scheint Respekt vor der Vergangenheit<br />
und Tradition der Bieler Firma zu<br />
haben.<br />
Die legendärste Uhrenfamilie von<br />
Glycine heisst Airman. Als 1953 der<br />
erste Airman erschien, war er revolutio<br />
när, denn Uhren mit verschiedenen<br />
Zeitzonen gab es so gut wie keine.<br />
Seither hat Glycine das Thema immer<br />
wieder neu interpretiert. 2011 wurde<br />
der Airman SST Chronograph vorgestellt<br />
(Tick different berichtete darüber),<br />
in einem kissenförmigen Gehäuse,<br />
das so typisch ist für die späten<br />
60er Jahre. SST steht für Super Sonic<br />
Combat Sub «Stealth»<br />
Transport, dem Projekt des ersten<br />
Überschall-Passagierflugzeugs der Firma<br />
Boeing in den 60er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts, als der Glaube<br />
an die Technik durch nichts zu<br />
bremsen war – schon gar nicht durch<br />
etwas so Banales wie die Realitäten.<br />
Das SST kam nie in die Luft, doch als<br />
Hommage an dieses Stück Luftfahrtgeschichte<br />
ist auf dem Boden eine Reliefgravur<br />
des gigantisch teuren Flopflugzeugs<br />
angebracht.<br />
Airman Nummer 25<br />
Nun folgt mit dem Airman SST12<br />
bereits die 25. Generation des Airman.<br />
Mit dieser Uhr kann man drei<br />
Zeiten ablesen: Ein Zeiger zeigt die<br />
Ortszeit im 12-Stunden-Format an,<br />
ein zweiter (der rote) kann individuell<br />
auf eine zweite Zeitzone eingestellt<br />
werden. Die unter dem Glas angebrachte<br />
zusätzliche Drehlunette<br />
schliesslich ermöglicht die Anzeige einer<br />
dritten Zeit. Wie fast immer bei<br />
den Airman-Modellen ist auch die<br />
SST12 in einer «Puristen-Version» lieferbar,<br />
als 24-Stunden-Uhr, die dann<br />
allerdings nur noch zwei Zeitzonen<br />
anzeigt (Bild links). Das Zifferblatt<br />
gibt es in schwarz oder mit einem<br />
schwarzblauen Farbverlauf. Sehr «Seventies-like»<br />
ist die Version mit<br />
schwarzem Zifferblatt und oranger<br />
Drehlunette. Bei der Technik setzte<br />
man auf Bewährtes: Das ETA 2893-2
Ganz schön edel:<br />
Airman 17 und 18 in<br />
der neuen Ausführung «Royal»<br />
mit 18-Karat-Goldlunette.<br />
versieht seit vielen Jahren in manchen<br />
Airman-Modellen seinen Dienst, so<br />
auch im SST12.<br />
Airman 17 und 18 - mit Gold<br />
Bereits ein alter Bekannter in der Glycine-Kollektion<br />
sind die beiden Airman<br />
17 und 18. Sie sind die idealen<br />
Partnermodelle – der Airman 17 mit<br />
46 mm Durchmessern und Valgranges-Werk<br />
ist das stattliche Modell<br />
fürs kräftige Herren-Handgelenk, der<br />
Airman 18 mit 38 mm Durchmesser<br />
das ideale Pendant für den zarteren<br />
Frauenarm. Bis anhin gab es das charakterstarke<br />
Duo in reinen Stahlausführungen<br />
- jetzt wagen die neuen<br />
Macher von Glycine einen Schritt in<br />
die Noblesse und peppen die beiden<br />
Modelle mit einer Lunette aus 18 Karat<br />
Roségold auf und entsprechen damit<br />
zeitnah dem gegenwärtigen Trend<br />
zur Renaissance der über viele Jahre<br />
etwas verpönten Bicolor-Uhren. Das<br />
Upgrade tut den beiden Airman-Klassikern<br />
gut, sie strahlen so echten Chic<br />
aus. Die Preise der etwas gar grossspurig<br />
«Royal» benannten Modelle bleiben<br />
mit Fr. 4700.- für den Airman 17<br />
und Fr. 3100.- für den Airman 18<br />
glycine-like sehr moderat.<br />
Combat Sub: Neue Varianten<br />
Auch der Taucher Combat Sub ist<br />
schon einige Jahre ein sicherer Wert in<br />
der Glycine-Kollektion. Er besticht<br />
nach wie vor durch sein solides<br />
42 mm-Gehäuse mit Saphirglas,<br />
seine gute Ergonomie<br />
und durch sein<br />
exzellentes Verhältnis<br />
von Preis und<br />
Leistung. Hier<br />
bekommt man<br />
richtig viel Qualität<br />
fürs Geld –<br />
eine ideale Uhr<br />
für viele Lebenslagen.<br />
Das Automatikwerk<br />
2842-2<br />
von ETA ist einer der<br />
bewährtesten Antriebe,<br />
die man für einen<br />
vernünftigen Betrag<br />
erwerben kann. Es<br />
wird seit vielen Jahren<br />
von einer grossen Zahl<br />
von Uhrenmarken verbaut<br />
und steht für Präzision und<br />
Zuverlässigkeit, ist somit also<br />
ideal für den anspruchsvollen<br />
Einsatz in einer Taucheruhr.<br />
Jetzt bringt Glycine<br />
NEUHEITEN<br />
auch hier ein wenig mehr «Glamour<br />
& Lifestyle» ins Sortiment. Neu sind<br />
zwei Modelle in schwarz PVD-beschichtetem<br />
Gehäuse: der edle «Golden<br />
Eye» mit schwarz-/goldener Lunette<br />
und vergoldeter Krone sowie<br />
der mystische, ganz in schwarz gehaltene<br />
und gut getarnte «Stealth». Passend<br />
zu den neu ausgestatten Combat-Uhren<br />
gibt es sehr schicke, trendige<br />
Stoff bänder, die gut mit den<br />
neuen Farbvarianten harmonieren.<br />
Hier hatte die Design-Abteilung bei<br />
Glycine ein gutes Gespür. Weitere,<br />
hier nicht gezeigte Varianten des<br />
Combat Sub verfügen über das bekannte<br />
Stahlgehäuse, haben aber neue<br />
Lunettenfarben (weiss, grün und<br />
braun) sowie neue Zifferblätter in<br />
weiss und blau. Neben neuen Bändern<br />
sind diese Modelle auch mit dem<br />
bewährten, massiven, matt gebürsteten<br />
Stahlband erhältlich.<br />
Combat Sub<br />
«Golden Eye»<br />
13
14<br />
NEUHEITEN<br />
1953 Vintage: Der Jubiläums-Airman<br />
Neben den auf den beiden Vorderseiten vorgestellten Glycine-Neuheiten hat<br />
die kleine Bieler Firma weitere spannende Uhren in der Pipeline. Beide setzen<br />
voll auf den Retrolook.<br />
Rechtzeitig zum 60. Geburtstag, den<br />
der Airman 2013 feiert, lanciert Glycine<br />
das passende Jubiläumsmodell.<br />
1953 Vintage heisst es und basiert auf<br />
dem Airman Base 22. Die Uhr ist definitiv<br />
etwas für Puristen und Sammler,<br />
denn sie zeigt die Zeit wie das Vorbild<br />
mit einem 24-Stundenzeiger an.<br />
Airman-typisch ist die mit einer Feststellschraube<br />
fixierte Drehlunette mit<br />
24-Stundenskala. Sie dient dem Einstellen<br />
einer zweiten Zeitzone. Und<br />
wie schon beim allerersten Airman<br />
gibt es für die bessere Lesbarkeit des<br />
Datums eine kleine Lupe auf dem<br />
Glas. Besonders stimmig scheint uns<br />
die Farbgebung von Zeigern und Zifferblatt,<br />
und auch das Nato-Band aus<br />
Nylon passt perfekt zur Uhr, die ab<br />
Spätherbst 2012 lieferbar ist. Neu ist<br />
auch die hübsche Holzbox mit Schie-<br />
berdeckel, das Ganze im angesagten<br />
«Used-Look». Und es<br />
gibt viel Legende fürs Geld:<br />
Der Preis des Airman 1953<br />
Vintage liegt bei CHF 2350.-<br />
Später als den Airman, aber doch<br />
auch schon 1999, brachte Glycine<br />
mit der KMU48 eine der allerersten<br />
Uhren in Übergrösse heraus<br />
und hatte auch damit eine echte Pionierstellung<br />
inne. Die Zahl in der Bezeichnung<br />
steht für den Durchmesser.<br />
Jetzt wird ein neuer KMU48 im Retrostil<br />
präsentiert, stilecht mit dem<br />
bewährten Unitas-Handaufzugswerk<br />
ausgestattet, das in seiner nett dekorierten<br />
Version durch einen Rauchglasboden<br />
sichtbar ist. Das grosse Gehäuse<br />
ist aus Stahl, auf Wunsch auch<br />
schwarz beschichtet.<br />
Glycine KMU 48: Trendiger<br />
Vintage-Stil mit Handaufzugswerk
Stiftung Bauhaus Dessau www.junghans.de<br />
100% MODERNE<br />
„Die Form folgt der Funktion“ – diesem<br />
Leitspruch des Dessauer Bauhaus’ verpflichtet,<br />
entwarf Max Bill, ein Schüler<br />
von Walter Gropius, ein durch kon struktive<br />
Klarheit und präzise Proportion gekennzeichnetes<br />
Zifferblattdesign. Von<br />
1957 an entwickelte er in Zusammenarbeit<br />
mit Junghans Wand- und Tischuhren<br />
sowie eine Armbanduhr, die bis<br />
heute praktisch unverändert hergestellt<br />
wird und somit zum modernen Design-<br />
Klassiker avancierte. Denn mit einer<br />
Max Bill beweisen Sie nicht Status, sondern<br />
Stil. Und das entspricht ganz unserer<br />
Auffassung.<br />
Junghans – Die Deutsche uhr
16<br />
TECHNIK<br />
Limmex – für den Notruf das Handy mit Uhr kombiniert<br />
Die Zürcher Start-Up-Firma Limmex bringt das erste Notrufgerät auf den Markt, das nicht wie ein solches aussieht,<br />
sondern wie eine ganz normale Uhr.<br />
Diverse Notrufsysteme sind auf dem<br />
Markt erhältlich. Gemeinsam ist ihnen,<br />
dass sie auf den ersten Blick wie<br />
ein «Behindertengerät» aussehen, was<br />
für die Akzeptanz eine hohe Hürde<br />
ist. Glauben Sie nicht? Dann versuchen<br />
Sie einmal, jemanden aus Ihrer<br />
Verwandtschaft davon zu überzeugen,<br />
ein solch graues Plastikding mit grossem<br />
roten Knopf umzuschnallen.<br />
Genau hier setzt die Zürcher Start-<br />
Up-Firma Limmex an. Einer der<br />
Gründer, Pascal Stübi, ist in der<br />
Uhrenbranche kein Unbekannter.<br />
Viele Jahre arbeitete er für die Firma<br />
Mondaine, und mit seinem Geschäftspartner<br />
Urs Jaermann lancierte<br />
er vor einigen Jahren eine völlig neuartige<br />
Golferuhr mit mechanischem<br />
Schlagzähler, die auf Anhieb zum Er-<br />
U h RSACHEN<br />
folg wurde (siehe auch Seite 42.)<br />
«Mich störte schon lange, dass niemand<br />
die neueste, breit verfügbare GSM-<br />
Technik mit dem Look einer traditionellen<br />
Schweizer Armbanduhr kombinieren<br />
konnte» erläutert der umtriebige<br />
Tüftler seine Motivation für die<br />
Mitarbeit bei Limmex. Eigentlich war<br />
die Idee naheliegend, und man fragt<br />
sich, wie so oft, warum niemand vorher<br />
so etwas auf den Markt gebracht<br />
hat. Gerade in der bekannten ganz<br />
grossen Schweizer Uhrengruppe mit<br />
ihren Entwicklungsabteilungen und<br />
ihrem Elektronik-Know-how wäre<br />
das Umsetzen eines solchen Produktes<br />
sicher realisierbar gewesen. Oft ist es<br />
so, dass dann eine kleine Firma eine<br />
neue Produktlinie entwickelt, auf den<br />
Markt bringt und erfolgreich einführt,<br />
um dann flugs von den Grossen<br />
kopiert zu werden.<br />
Prominente Investoren<br />
Unter den Investoren finden sich neben<br />
der Zürcher Kantonalbank keine<br />
geringeren als Phonak-Gründer Andy<br />
Rihs und der Financier René Braginsky.<br />
Dass sich zwei solche Schwergewichte<br />
finanziell engagieren, legt<br />
die Vermutung nahe, dass ein<br />
glaubwürdiger und vielversprechender<br />
Businessplan vorgelegt<br />
wurde. Rihs sieht ein<br />
enormes Potential: «Was<br />
mich überzeugt hat, ist die<br />
Einfachheit des Produkts. Es<br />
braucht keine Installation, keine<br />
Bedienungsanleitung. Meine<br />
Vision ist, dass Limmex in fünf<br />
Jahren global agieren wird. Die ersten<br />
Markterfolge sind vielversprechend.»<br />
Zielpublikum sind längst nicht nur<br />
die Betagten, sondern beispielsweise<br />
auch Frauen, die alleine Joggen gehen<br />
oder Epileptiker und andere von einer<br />
Krankheit Betroffene, die unvermittelt<br />
auf Hilfe angewiesen sein können.<br />
Aber auch Mitarbeiter in sicherheitsrelevanten<br />
Funktionen wie Nachtwächter<br />
können vom System profitieren.<br />
Selbst für besorgte Eltern von<br />
Kindern und Jugendlichen kommt<br />
die Limmex in Frage.<br />
Miniaturisierte Technik<br />
Die Technik ist clever eingesetzt. «Es<br />
gibt nichts schwierigeres als die Entwicklung<br />
eines einfachen Produktes.<br />
Hinter der Limmex-Uhr steht viel komplexe<br />
Technik. Wenn die Kunden nichts<br />
davon mitbekommen ist das Ziel von<br />
Limmex erreicht» sagt Entwickler Pascal<br />
Stübi. Im Innern der gefällig gestalteten<br />
Uhr findet sich eine fix installierte<br />
SIM-Karte fürs Swisscom-<br />
Handynetz. Im Gegensatz zu bisherigen<br />
Systemen benötigt die Limmex<br />
also keinen Festnetzanschluss und ist<br />
somit vollkommen ortsunabhängig.<br />
Sie braucht jedoch ein Abonnement,<br />
das 25 Franken pro Monat kostet.<br />
Vorläufig ist der Einsatzbereich wegen<br />
Roaming-Verträgen allerdings noch<br />
auf die Schweiz beschränkt.<br />
Die Uhr hat – diskret angebracht – einen<br />
Lautsprecher und ein Mikrofon.<br />
Mit Betätigung des Notrufknopfs<br />
wird der Anruf gestartet. Der Benutzer<br />
legt vorab (via Website von Limmex<br />
oder mit Ausfüllen einer Postkarte)<br />
eine Liste von bis zu zehn Telefonnummern<br />
fest, die in einer bestimmten<br />
Reihenfolge angerufen werden.<br />
Wenn die erste oder zweite nicht bedient<br />
wird, kommt die dritte dran.<br />
Wenn die angerufenen Person den<br />
Notruf mit einem Tastendruck am Telefon<br />
bestätigt, kann direkt mit der<br />
Uhr ein Gespräch geführt werden.<br />
«Diese Bestätigung ist notwendig, damit<br />
ausgeschlossen werden kann, dass ein Telefonbeantworter<br />
oder kleine Kinder<br />
den Anruf entgegennehmen und der<br />
Notruf ins Leere läuft» erläutert Stübi.<br />
Die Gesprächsqualität ist nicht wirklich<br />
berauschend, doch gut genug,
um das Gegenüber klar zu verstehen.<br />
Schliesslich geht es ja auch nicht um<br />
HiFi, sondern um zeitnahe, benutzerfreundliche<br />
Notfallkommunikation.<br />
Professionelle Notrufzentrale<br />
Für einen Aufpreis bei der monatlichen<br />
Abonnements-Gebühr ist rund<br />
um die Uhr eine professionelle Einsatzzentrale<br />
verfügbar. Diese wird vorher<br />
mit den Instruktionen versorgt,<br />
die im Fall eines Notrufs zu treffen<br />
sind. Damit ist eine permanente Erreichbarkeit<br />
garantiert. Im normalen<br />
Betrieb ohne Notrufe hält der eingebaute<br />
Akku für die Notruffunktion<br />
mehrere Monate. Wenn ein Notruf<br />
erfolgt ist, empfiehlt es sich, die Uhr<br />
wieder komplett zu laden – und die<br />
Uhr erinnert einem mit einem kleinen<br />
blinkenden Licht daran, dies zu<br />
tun. Der Ladevorgang geschieht mit-<br />
tels eines einfachen USB-Ladekabels<br />
und ist auch für technisch weniger<br />
Versierte machbar. Die Uhr selber ist<br />
von einer separaten Batterie gespiesen,<br />
die bis zu sechs Jahren halten soll.<br />
In einer längeren Pilotphase in Zusammenarbeit<br />
mit dem Roten Kreuz<br />
wurde die Limmex von einer grösseren<br />
Anzahl von Probanden in verschiedensten<br />
Situationen ausführlich<br />
getestet und durchwegs für gut befunden.<br />
Dank der breiten Abdeckung des<br />
Swisscom-Natelnetzes funktionierte<br />
die Uhr selbst in abgelegenen Gebieten.<br />
Auch das Design stiess auf Akzeptanz<br />
– die Uhren sind zeitlos unspektakulär,<br />
aber gepflegt gestaltet und<br />
sehr gut ablesbar.<br />
Der Markteintritt war erfolgreich, das<br />
Produkt scheint ein echtes Bedürfnis<br />
abzudecken. Zu Preisen zwischen 500<br />
und 735 Franken sind die vorerst 12<br />
verschiedenen Varianten erhältlich.<br />
Neben dem Fachhandel für Uhren<br />
sollen grössere Apotheken und Institutionen<br />
im Medizinbereich als Verkaufspartner<br />
gewonnen werden. Auch<br />
die Internationalisierung ist bereits im<br />
Gang, nach der Lancierung trafen bei<br />
Limmex Anfragen aus mehreren Ländern<br />
ein. Erstaunlich ist das nicht,<br />
denn die Notfallproblematik ist welt-<br />
TECHNIK<br />
Gefällige, aber nicht auffällige Designs: Bei der Gestaltung der Limmex-Uhren wurde darauf geachtet, dass für jeden<br />
Geschmack eine passende Uhr verfügbar ist. Die Uhren sollen eine gewisse Diskretion ausstrahlen und nicht sofort als<br />
«Notrufuhr» erkennbar sind. Von links nach rechts die Modelle Senator 03, Serenade 01 und Explorer 01.<br />
In Kürze<br />
• Neuartige Notruf-Uhr mit Sprachverbindung<br />
via Swisscom-Netz<br />
• Schweizer Quarzwerk<br />
• 12 verschiedene Modelle<br />
• Produktion im Kanton Solothurn<br />
• wassergeschützt, Mineralglas<br />
• Preise von 495 bis 735 Franken<br />
• Abonnementsgebühr 25.-/Monat<br />
weit ein Thema, nicht nur in der<br />
Schweiz. Es sieht ganz so aus, als ob<br />
Limmex eine schöne, typisch schweizerische<br />
Erfolgsgeschichte bevorsteht.<br />
Miniaturisierung par excellence: In<br />
der Limmex-Uhr ist sehr viel Technik<br />
auf kleinstem Raum untergebracht,<br />
wie diese Zeichnung zeigt.<br />
Tick different.<br />
17
18<br />
NEUHEITEN<br />
Bell & Ross: Neue Bordinstrumente fürs Handgelenk<br />
Die Franzosen von Bell & Ross entwickeln ihre Fliegeruhrenkollektion noch weiter und werden dabei immer markiger.<br />
Als komplett neue Serie kommt jetzt die WW2-Familie im Stil der Uhren der Bomberpiloten des 2. Weltkriegs.<br />
So cool hat noch niemand das Thema<br />
Fliegeruhren abgehandelt. Seit Jahren<br />
sieht man – von ganz Deutschland bis<br />
nach Schaffhausen – die zigfach fast<br />
identische Interpretation der grossen<br />
deutschen Fliegeruhr. Da müssen<br />
schon die pfiffigen Designer von Bell<br />
& Ross kommen, um einmal etwas<br />
richtig knackig Neues zu bringen. Das<br />
tun sie seit einigen Jahren, und die<br />
Kompetenz bei Uhren im Instrumentenlook<br />
hat man bei Bell & Ross<br />
schon lange bewiesen. Die Serien<br />
BR01 und BR03 mit ihren unverkennbaren<br />
viereckigen Gehäusen und<br />
ihrer exzellenten Lesbarkeit haben wir<br />
hier auch schon mehrmals vorgestellt.<br />
Nach der Lancierung der WW1-Linie<br />
im letzten Jahr mit Taschen- und<br />
Armbanduhren (siehe Tick different<br />
Nr. 8) hat man sich in den Designbüros<br />
in Paris nun intensiv in die<br />
Luftfahrtgeschichte des 2. Weltkriegs<br />
vertieft. Herausgekommen ist eine<br />
Uhr, die mit vielen prägnanten Details<br />
die Aufmerksamkeit auf sich<br />
zieht. Vintage WW2 Régulateur Héritage<br />
heisst sie mit vollem Namen.<br />
In der Fliegerei sind die Minuten für<br />
die Berechnung der Fluggeschwindigkeit<br />
und fürs Navigieren sehr wichtig.<br />
Darum wurde die Uhr als so genannter<br />
Regulator konzipiert, also mit<br />
einem grossen Minutenzeiger aus dem<br />
Zentrum und zwei kleineren Zifferblättern<br />
für die Anzeige der Sekunde<br />
und der Stunde. Eine sehr griffige<br />
Drehlunette mit einem gut sichtbaren<br />
roten Dreiecksindex dient dazu, sich<br />
eine bestimmte Minutenposition<br />
rasch und einfach zu markieren. Von<br />
dieser Position aus kann der Pilot<br />
dann die zurückgelegte Anzahl Minuten<br />
sehr simpel ablesen.<br />
Die sehr grosse Krone – sie ist auch<br />
mit Handschuhen bedienbar – wurde<br />
U h RSACHEN<br />
zugunsten eines besseren Tragkomforts<br />
auf der linken Seite der Uhr angebracht.<br />
Mit einem Durchmesser<br />
von 49 mm ist das fette Instrument<br />
nichts für Dünnlinge. Das ganze Design<br />
ist sehr «Vintage», mit nachleuchtenden,<br />
sandfarbenen Ziffern,<br />
Zeigern und Indexen sowie dem matten<br />
Lederarmband und seinen aussergewöhnlichen,<br />
beweglichen Bandbefestigungen.<br />
Unterstrichen wird<br />
dieses Erscheinungsbild vom künstlich<br />
gealterten «Gunmetal».<br />
Bordinstrumente, neu interpretiert<br />
Ein wenig ziviler präsentieren sich die<br />
anderen Neuheiten von Bell & Ross,<br />
die sich extrem stark an Bordinstrumenten<br />
orientieren. Vom Cockpit ans<br />
Handgelenk heisst die Devise, die<br />
schon mit der 2005 vorgestellten<br />
BR01 erstmals konsequent umgesetzt<br />
wurde. 2010 und 2011 waren es dann<br />
die Modelle Compass und Radar<br />
(Tick different berichtete)<br />
in streng limitierten<br />
und entsprechend rasch ausverkauften<br />
Auflagen. Technisches Herzstück<br />
dieser beiden Modelle bildete jeweils<br />
ein System mit drehenden Scheiben<br />
für Stunden, Minuten und Sekunden,<br />
was in der Praxis nicht ganz einfach<br />
zuverlässig realisierbar ist. Bell & Ross<br />
war jedoch in der Lage, die technischen<br />
Anforderungen zu meistern<br />
und stellt nun, basierend auf diesen<br />
Erfahrungen und Entwicklungen,<br />
drei weitere Uhren vor, die direkt<br />
einem Flugzeugcockpit entstammen<br />
könnten.<br />
Künstlicher Horizont<br />
Die BR01 Horizon mimt den künstlichen<br />
Horizont. Dieses Instrument<br />
ist unerlässlich, um auch bei schlechten<br />
Sichtverhältnissen die Lage des<br />
Flugzeugs im Verhältnis zum Horizont<br />
zu kennen. Das Zifferblatt besteht<br />
dabei aus zwei Teilen. Wie beim<br />
Instrument wird der Himmel grau<br />
und die Erde schwarz dargestellt. Die<br />
weisse horizontale Linie macht die<br />
Trennung. Am oben fixierten Steg<br />
werden die Zeiger verdeckt befestigt,<br />
die Anzeige beschränkt sich auf Minuten<br />
und Stunden.<br />
Höhenmesser<br />
Mindestens so wichtig wie der künstliche<br />
Horizont – wenn nicht sogar<br />
noch wesentlicher – ist der Höhenmesser<br />
auf der Instrumententafel.<br />
Beim Modell Altimeter teilten die<br />
Designer von Bell & Ross das Zifferblatt<br />
und spendierten ihm eine Öffnung<br />
bei der 3-Uhr-Position, bei der<br />
im Original der atmosphärische<br />
Druck gezeigt wird. In diesem Fenster<br />
wird das Datum in Form eines Grossdatums<br />
untergebracht.
Generell wird viel Liebe zum Detail<br />
zelebriert: Die Zeiger und auch die<br />
gesamte Typographie entsprechen<br />
verblüffend genau dem Vorbild, selbst<br />
die gerippte Anzeige bei der 6-Uhr-<br />
Position wurde übernommen.<br />
Wendezeiger<br />
Dieses Instrument kennt<br />
man eher unter dem englischen,<br />
besser verständlicheren<br />
Begriff Turn Coordinator.<br />
Es zeigt dem Piloten die Drehrichtung<br />
um die Hochachse seines<br />
Flugzeugs. Beim richtigen Bord-<br />
instrument enthält es auch noch eine<br />
Libelle, vergleichbar etwa mit einer<br />
Wasserwaage, auf die man aber bei der<br />
Bell & Ross verzichtet hat. Ein richtiger<br />
Turn Coordinator ist technisch<br />
ein reichlich kompliziertes Gebilde,<br />
dessen Herzstück ein halbkardanisch<br />
aufgehängter Kreisel bildet. Er erlaubt<br />
– bei richtiger Interpretation – im Zusammenspiel<br />
mit den anderen Instrumenten<br />
wie Kompass, Höhenmeter<br />
und künstlichem Horizont die Lage<br />
im Raum zu bestimmen. Beim Blindflug<br />
ist er unverzichtbar. Die davon<br />
abgeleitete Armbanduhr ist nicht ganz<br />
so komplex. Sie funktioniert, wie<br />
schon bei den Modellen Radar und<br />
Compass, mit Hilfe drehender Scheiben<br />
für die Anzeige der Stunden und<br />
Minuten. Die Zeit wird im oberen<br />
Bereich der Uhr abgelesen. Die Spitze<br />
des symbolisierten Leitwerks des<br />
NEUHEITEN<br />
Flugzeugs auf dem Zifferblatt bildet<br />
dabei die Indexmarkierung für die<br />
Stunden- und die Minutenscheibe.<br />
Ganz im Zentrum dreht dann noch<br />
eine kleine Scheibe für die Sekunden,<br />
diese allerdings ohne Skala. Sie dient<br />
also eher einer Funktionskontrolle.<br />
Alle drei Uhren haben mehrere Gemeinsamkeiten.<br />
Das bewährte BR01-<br />
Gehäuse mit Saphirglas misst 46 mm<br />
im Durchmesser und ist aus Stahl mit<br />
matter schwarzer PVD-Beschichtung.<br />
Die Krone ist verschraubt, was der<br />
Uhr im Zusammenhang mit der gesamten<br />
Gehäusekonstruktion zu einer<br />
Wasserdichtigkeit von 10 atm verhilft.<br />
Alle drei Modelle haben ein ETA-Automatikwerk<br />
des weit verbreiteten<br />
und äusserst zuverlässigen Typs 2892.<br />
Im Lieferumfang enthalten ist stets<br />
ein schwarzes Kautschukband sowie<br />
ein strapazierfähiges Nylonband mit<br />
Klettverschluss. Auch die zum Wechseln<br />
des Bandes benötigten Werkzeuge<br />
liegen bei.<br />
Die Preise für die hier vorgestellten<br />
neuen Bell & Ross-Uhren liegen zwischen<br />
4300 und 5900 CHF. Die<br />
Stückzahlen der Bord instrumente<br />
sind limitiert auf 999 (Horizon und<br />
Turn Coordinator) sowie 500 Exemplare<br />
(Altimeter).<br />
Die BR01-«Bordinstrumente» von Bell & Ross: Horizon, Altimeter und Turn Coordinator (v.l.n.r.)<br />
19
20<br />
ZIFFERBLATT<br />
René Mathys, der Leuchtzauberer von Biel<br />
Optisch eines der entscheidensten Bauteile einer Uhr ist das Zifferblatt. Entsprechend viele Zulieferer gibt es in diesem<br />
Bereich, darunter regelrechte Spezialisten. René Mathys von Xeno-Print in Biel hat sich besonders viel mit Leuchtfarben<br />
befasst, die den Uhren auch in der Dunkelheit ein besonderes Aussehen garantieren.<br />
Der Tüftler: René Mathys von Xeno-Print in Biel ist ausgewiesener Spezialist<br />
für Leuchtzifferblätter. Hier schiebt er eine Ladung Rohlinge in den Ofen.<br />
«Nein, das ist nicht radioaktiv» betont<br />
René Mathys. «Hartnäckig hält sich<br />
die Meinung, die Leuchtstoffe auf<br />
Uhrenzifferblättern seien gesundheitsschädlich.»<br />
Tatsächlich wurden früher<br />
Leuchtziffern aus den radioaktiven<br />
Elementen Radium und später Tritium<br />
aufgemalt oder -gedruckt, dies<br />
noch bis in die neunziger Jahre. Erkennbar<br />
sind diese am Aufdruck «T»<br />
am unteren Zifferblattrand. Problematisch<br />
waren diese Stoffe allerdings<br />
nur für diejenigen, die sie damals verarbeiteten.<br />
Schutz der Arbeiter war<br />
noch nicht ein so durchorganisiertes<br />
Thema wie heute. So nahmen oft die<br />
Zifferblattarbeiterinnen den Pinsel in<br />
den Mund, um ihn zu benetzen. Auf<br />
diese Weise gelangten die schädigenden<br />
Stoffe in den Organismus.<br />
Die Strahlenbelastung für die Träger<br />
der Uhr war aber unbedeutend.<br />
Definitiv nicht radioaktiv<br />
So kommt heute fast ausschliesslich<br />
das organische Leuchtmittel «Superluminova»<br />
zum Einsatz. Anorganische<br />
Nachleuchtpigmente heissen die relevanten<br />
Bestandteile dieser Farben kor-<br />
U h RSACHEN<br />
rekt, entdeckt und patentiert wurden<br />
sie Ende der neunziger Jahre von der<br />
japanischen Firma Nemoto. Im Unterschied<br />
zu den vorher erwähnten<br />
selbstleuchtenden Substanzen muss<br />
das Luminova allerdings zuerst durch<br />
Licht angeregt werden. Das Ganze ist<br />
ein komplexer physikalisch-chemischer<br />
Prozess mit einem Zusammenspiel<br />
aus Anregungszentren, Fremdatomen<br />
und Elektronen. Wenn Sie es<br />
ganz genau wissen möchten (und<br />
auch genug vorgebildet sind, um es zu<br />
verstehen) finden Sie im Internet mit<br />
Hilfe der gängigen Suchmaschinen<br />
sehr viele Informationen zu diesem<br />
Wunderstoff. Eines ist aber klar: Luminova<br />
ist in keiner Art und Weise<br />
radioaktiv.<br />
Die Umsetzung in der Praxis, und in<br />
unserem konkreten Fall bei Zifferblättern,<br />
ist ein Thema für sich. Der Umgang<br />
mit den Farben benötigt enorm<br />
viel Erfahrung. Und Investitionen,<br />
denn die kleinen Farbtöpfchen mit<br />
dem unscheinbaren Pulver kosten ein<br />
Vermögen. Einer, der über sehr viel<br />
Erfahrung im Umgang mit Superlu-<br />
minova verfügt, ist der Bieler René<br />
Mathys. Gepflegte Zifferblätter –<br />
«cad ran soignés» – ist das Leitmotto<br />
seiner Firma Xeno-Print, spezialisiert<br />
ist diese auf Leuchtzifferblätter. Mathys<br />
gibt sich insbesondere nicht damit<br />
zufrieden, einfach Zifferblätter zu<br />
bedrucken, sondern ist unermüdlich<br />
auf der Suche nach neuen Anwendungen.<br />
Der klassische Tüftler – einer<br />
von denen, denen die Branche<br />
ihren hohen Innovationsgrad verdankt.<br />
Die Farben sind zuerst pulverförmig<br />
und müssen sorgfältig angemischt<br />
werden, damit sie mit den verschiedenen<br />
Drucktechniken verarbeitet<br />
werden können. Meist gelangt bei<br />
Zifferblättern der Tampondruck zum<br />
Einsatz. Bei dieser Druckart benötigt<br />
man von der Vorlage ein Cliché aus<br />
Metall. Das zu druckende Sujet wird<br />
dabei aus der Metallplatte ausgeätzt,<br />
und nachher wird die Druckfarbe in<br />
die entstandene Vertiefung eingefüllt<br />
und die restliche Farbe mit einem Rakel<br />
weggewischt. Mit einer speziellen<br />
Apparatur wird dann ein feiner<br />
Schwamm – der Tampon – darauf gedrückt<br />
und so die aufzubringende<br />
Farbe aufgenommen. Der Tampon<br />
wird dann, ganz präzise positioniert,<br />
auf das Zifferblatt gedrückt und gibt<br />
so die Farbe wieder ab.<br />
Für dickeren Druck mit etwas Reliefeffekt<br />
wird die Prozedur mehrmals<br />
wiederholt, teils mit, teils ohne Zwischentrocknen<br />
im Ofen. Bei mehreren<br />
Farben kommen entsprechend<br />
mehrere Vorlagen zur Anwendung.<br />
Ein subtiles Zifferblatt kann somit<br />
Dutzende von Arbeitsgängen benötigen.<br />
Und wehe, man verrutscht auch<br />
nur ein einziges Mal – die Arbeit von<br />
mehreren Stunden kann in einem solchen<br />
Fall zunichte sein. Das Tampondruckverfahren<br />
ist sehr verbreitet und
kommt nicht nur in der Uhrenindustrie<br />
zum Einsatz. Es eignet sich nicht<br />
nur für flache Anwendungen wie Zifferblätter,<br />
sondern auch auf dreidimensionalen<br />
Objekten wie beispielsweise<br />
Rehauts oder schrägen Drehlunetten<br />
(siehe Bild unten).<br />
Schon viel spezieller sind die so genannten<br />
Appliquen, also aufgesetzte<br />
Elemente. Herkömmliche Appliquen<br />
sind oft aus verschiedenen Metallen<br />
und haben eine Vertiefung für die<br />
Aufnahme der Leuchtmasse. Nach<br />
dem selben Verfahren werden auch<br />
Leuchtzeiger meistens gemacht. Die<br />
Farbe wird dann gerne von Hand mit<br />
Hilfe eines feinen Pinsels aufgetragen<br />
oder eingefüllt.<br />
Innovation dank Hartnäckigkeit<br />
Mathys’ Innovationsbestreben hören<br />
nie auf. Unzählige Versuche hat er mit<br />
verschiedensten Substanzen gemacht,<br />
in Kombination mit verschiedenen<br />
Leuchtpigmenten. Eines der Resultate:<br />
Mathys liefert jetzt vollkommen<br />
durchgefärbte Appliquen in verschiedensten<br />
Dicken. Wie er sie genau<br />
macht, ist selbstverständlich sein gut<br />
gehütetes Betriebsgeheimnis. Entlocken<br />
lässt er sich lediglich, dass die<br />
Basis eine Keramikmasse bildet, die er<br />
voll mit Superluminova in der ge-<br />
Dreidimensionaler Druck: Drehlunetten<br />
von Taucheruhren<br />
Wundermittel Superluminova: Die<br />
selben Zifferblätter, einmal bei<br />
Tageslicht....<br />
wünschten Farbe einfärbt und dann<br />
aushärtet. Für die Uhrendesigner erschliessen<br />
sich damit vollkommen<br />
neue Möglichkeiten, die Effekte können<br />
äusserst spektakulär sein. Entsprechend<br />
mit Fragen gelöchert wird<br />
Mathys jeweils an Fachmessen wie der<br />
EPHJ in Genf. Eine weitere Spezialität<br />
von Mathys sind vollflächig mit<br />
Leucht masse bedruckte Zifferblätter,<br />
auch hier verfügt er über enorme Erfahrung.<br />
Aufgrund der speziellen, pastösen<br />
Konsistenz der Farbmischung<br />
ist die vollflächige Verarbeitung besonders<br />
heikel, eine homogene Fläche<br />
entsprechend schwierig zu erreichen.<br />
Bei der Produktion ist (teurer) Ausschuss<br />
unvermeidlich.<br />
ZIFFERBLATT<br />
... und einmal, nach erfolgter Aktivierung<br />
durch Licht, im Dunkeln.<br />
Die Effekte sind frappant.<br />
Mathys beliefert mit seiner Xeno-<br />
Print von Biel aus trotz seiner bescheidenen<br />
Firmengrösse diverse renommierte<br />
Uhrenfirmen – wie immer ist<br />
die Kundenliste aus Diskretionsgründen<br />
nur teilweise öffentlich. Immerhin<br />
sind einige bekannte Namen wie<br />
Jaeger Le Coultre, Omega, Breitling<br />
und IWC offiziell ersichtlich. Für sich<br />
spricht auch, dass selbst andere Hersteller<br />
von Zifferblättern gerne auf das<br />
Know-How des sympathischen Bieler<br />
Selfmademan Mathys zurückgreifen,<br />
der mit seinem Betrieb schon mehrere<br />
schwierige Phasen durchmachen<br />
musste, weil er als Zulieferer Krisentendenzen<br />
immer als erster zu spüren<br />
bekommt.<br />
Ein bisschen Alchemie: Die Leuchtfarben gibt es in verschiedensten Varianten.<br />
Nur der Eingeweihte weiss, was die kryptischen Codes heissen.<br />
Tick different.<br />
21
22<br />
NEUHEITEN<br />
Der raffinierte Doppelrotor<br />
Die Bieler Firma Perrelet setzt seit einigen Jahren in verschiedenen<br />
Formen auf das Thema Doppelrotor. Jetzt gibt es neue Varianten.<br />
Die Doppelrotorfamilie ist in den<br />
letzten Jahren ganz schön gewachsen.<br />
Eine ganz neue Serie wurde an der<br />
Baselworld 2012 präsentiert: Der Peripheral<br />
Double Rotor. Das eigenwillig<br />
gestaltete Gehäuse übernimmt<br />
viele Perrelet-Elemente: Die markante<br />
Form der Anstösse mit ihren mattierten<br />
Flächen und polierten Kanten<br />
und die typische Kanellierung auf der<br />
Seite sowie die perfekt passende Krone.<br />
Neu ist die zwischen eckig und<br />
kissenförmig gehaltene Form. Das<br />
Edelstahlgehäuse hat einen Durchmesser<br />
von 42 mm und liegt richtig<br />
gut auf dem Handgelenk - da haben<br />
die Designer von Perrelet wirklich<br />
ganze Arbeit geleistet.<br />
Die Turbine taucht ab<br />
Mit dem Modell Turbine, 2009 vorgestellt und seither in verschiedensten Varianten aufgelegt, gelang Perrelet auf Anhieb<br />
ein Achtungserfolg. Völlig neu war die Idee mit einem auf dem Zifferblatt drehenden Turbinenflügel. <strong>Uhrsachen</strong> brachte<br />
von dem Modell gar eine limitierte Serie in den Hausfarben schwarz/orange auf den Markt, die im Nu ausverkauft war.<br />
Jetzt erhielt die Turbinen-Familie Zuwachs,<br />
zum Thema Fliegerei gesellt<br />
sich das Thema Wasser. Turbine<br />
Diver heisst die Neuvorstellung.<br />
Der vorne liegende<br />
Ro tor mit seinen<br />
elf geschwungenen<br />
Schau feln<br />
erinnert an eine<br />
U-Boot-Schraube.<br />
Raffiniert ist das<br />
mit der LeuchtmasseSuperluminova<br />
bedeckte Zifferblatt<br />
im Hintergrund.<br />
Wenn sich die «Schraube»<br />
dreht, scheint es leuchtend<br />
hindurch. Das Gehäuse<br />
aus Stahl (als Variante auch mit<br />
einer schwarzen DLC-Beschichtung)<br />
mit Saphirglas auf Vorder-<br />
und Rückseite passt mit seiner<br />
aufwendigen Konstruktion bestens<br />
in die Perrelet-Familie. Es ist<br />
mit 47,5 mm Durchmesser gross,<br />
UU h RSACHEN<br />
Ganz neu interpretiert ist<br />
das System des Doppelrotors.<br />
Er ist nur teilweise<br />
sichtbar, als sich drehender<br />
Ring unter einem peripheren<br />
Ausschnitt aus dem Zifferblatt.<br />
Im Gegensatz zur Turbine,<br />
wo der Rotor einfach frei<br />
dreht und keine eigentliche<br />
Funktion hat, ist der Rotor hier<br />
mit dem Aufzugsrotor auf der<br />
Werkseite verbunden und hilft<br />
diesem bei seiner Arbeit - wenigstens<br />
pro forma. Die Zifferblätter<br />
sind mit viel Aufwand und Liebe<br />
zum Detail produziert. Höchst dekorativ<br />
ist das Carré-Muster.<br />
aber ergonomisch schlau geformt,<br />
was sich positiv auf die Tragbarkeit<br />
auswirkt. Natürlich hat sie alles,<br />
was zu einer richtigen Taucheruhr<br />
gehört: Eine innenliegendeDrehlunette<br />
fürs Einstellen der<br />
Abtauchzeit, in verschiedenen<br />
Farben<br />
markant und für gute<br />
Ablesbarkeit gestaltet<br />
und eine Wasserdichtigkeit<br />
von 30<br />
atm, was in der Theorie<br />
für eine Tauchtiefe<br />
von 300 Metern ausreichend<br />
wäre. Im Innern<br />
tickt das mechanische<br />
Werk P-331 mit automatischem<br />
Aufzug. Es wird von Soprod<br />
produziert, der Werkproduzentin,<br />
die in Händen des selben<br />
Besitzers ist wie die Firma Perrelet<br />
– wodurch es sich sogar Manufakturwerk<br />
nennen lassen darf.
Nomos Zürich in neuen Farben<br />
Die Nomos Zürich hat sich zum Erfolgsmodell für die<br />
Glashütter Manufaktur entwickelt. Jetzt legen die Deutschen<br />
neue Zifferblattvarianten vor, in blaugold und braungold.<br />
An Humor fehlte es den Nomos-Macherinnen<br />
und -Machern noch nie.<br />
Und auch nicht an einer Prise Augenzwinkern.<br />
So muss man sich als<br />
Uhrenfirma aus Glashütte im Osten<br />
Deutschlands erst mal trauen, eine<br />
Uhr «Zürich» zu nennen. Doch dafür<br />
gibt es gute Gründe.<br />
Als leichte Verneigung in Richtung<br />
Zürich wollen die Glashütter die Namensgebung<br />
der Uhr verstanden wissen.<br />
Sicher ist es aber eine Verneigung<br />
vor Hannes Wettstein, dem leider zu<br />
früh verstorbenen Zürcher Gestalter<br />
und Designer. Er konnte seinen letzten<br />
Uhrenwurf nicht mehr vollendet<br />
in den Händen halten. Seit Ende<br />
2009 ist sie erhältlich, anfangs allerdings<br />
nur in homöopathisch kleinen<br />
Stückzahlen.<br />
Viel Gutes aus beiden<br />
Welten trifft<br />
bei der Nomos<br />
«Zürich» zusammen.<br />
Die Handschrift<br />
von<br />
Hannes Wettstein<br />
ist unverkennbar.<br />
Die<br />
Form der Anstösse<br />
und des<br />
ganzen Gehäuses<br />
erinnern sehr an<br />
die letzten mechanischen<br />
Uhrenmodelle,<br />
die der Zürcher für die<br />
Firma Ventura noch vor<br />
deren leidiger Riesenpleite<br />
erschaffen hatte. «MyEgo»<br />
hiess die Serie, zu der beispielsweise<br />
das Modell «Frutiger»<br />
gehörte, die aber leider<br />
nur kurz gebaut wurde.<br />
Dass man nicht nur in der<br />
Schweiz, sondern auch in<br />
Glashütte seriös Uhren<br />
bauen kann, beweisen die<br />
Menschen von Nomos seit Jahren<br />
aufs Neue.<br />
Für eine Nomos ist die «Zürich» mit<br />
ihren 40 mm Durchmesser eine verhältnismässig<br />
grosse Uhr. Dank<br />
ihrer feinen Lunette wirkt sie sogar<br />
eher noch etwas grösser als<br />
andere Uhren dieses Formats.<br />
Das klassisch-elegant<br />
gestaltete Zifferblatt<br />
mit seinen aufgesetzten<br />
rhodinierten Indexen ist<br />
ein Musterbeispiel von Aufgeräumtheit.<br />
Alles ist perfekt an<br />
seinem Platz, kein Detail zu viel,<br />
keine Information zu wenig. Ein<br />
echter Wettstein halt.<br />
Das Zifferblatt gibt es in vier Farbvarianten:<br />
Die Nomos-klassisch weiss<br />
versilberten oder anthrazitfarbenen<br />
Versionen sind mit oder ohne Da-<br />
tumsanzeige erhältlich, mit den entsprechenden<br />
Nomos-Werken Zeta<br />
beziehungsweise Epsilon, beide mit<br />
automatischem Aufzug und bestens<br />
bekannt und bewährt aus dem Tangomat.<br />
Neu sind jetzt die beiden farbigen<br />
Zifferblätter, die in braungold oder<br />
blaugold galvanisiert und mit einem<br />
sehr effektvollen Strahlenschliff versehen<br />
sind. Diese Uhren gibt es allerdings<br />
nur ohne die Datumsfuktion.<br />
Wie so oft sehen die beiden schon auf<br />
den Bildern gut aus, aber so richtig<br />
zur Geltung kommen die Farben erst<br />
im Spiel des Lichts. Ein Muss bei Nomos<br />
sind die schlichten Bänder, sorgfältig<br />
gefertigt aus dem strapazierfähigen<br />
und äusserst langlebigen Shell<br />
Cordovan-Pferdeleder. Die Nomos<br />
Zürich gibt es ab Preisen von rund<br />
3800 Franken.<br />
Tick different.<br />
23
QLOCKTWO<br />
Z E I T I N WORTEN<br />
Die preisgekrönte Funkuhr Qlocktwo stellt die Zeit<br />
auf völlig neue Art in Worten dar. Die Zeitanzeige<br />
erfolgt über eine ausgeklügelte Zeichen matrix in<br />
5-Minuten-Schrit ten, die vier Punkte in den Ecken<br />
stehen für die Minuten.<br />
Die austauschbaren Front panels aus poliertem<br />
Plexi glas sind in mehreren Farben und den meisten<br />
Weltsprachen erhältlich. Und in Berndeutsch.<br />
Fürs Büro, fürs Wohnzimmer, für die Küche.<br />
Für überall. Wandmontage oder zum Aufstellen.<br />
Hochwertige, innovative Technik. Ein wahres<br />
Design-Highlight, 100% made in Germany.<br />
Das perfekte Geschenk.<br />
Verkaufspreis ab CHF 1290.-<br />
BLACK ICE TEA VANILLA SUGAR CHERRY CAKE LIME JUICE FROZEN<br />
BLACKBERRY<br />
BLUE CANDY DARK<br />
CHOCOLATE<br />
QLOCKTWO TOUCH<br />
Mit Weckfunktion. Aluminium-Monobody-<br />
Gehäuse, 13,5 x 13,5 cm, ab CHF 590.-<br />
Neu:<br />
QLOCKTWO W<br />
Zeit in Worten fürs Handgelenk
DIE KOLLEKTIONEN VON UHRSACHEN<br />
<strong>Uhrsachen</strong> vertritt zur Zeit folgende Marken:<br />
... weitere Spezialitäten wie Occasionen in verschiedenen Preislagen, Uhrenbeweger sowie<br />
Einzelstücke zeigen wir Ihnen gerne bei uns im Ladengeschäft an der Kramgasse 19 in Bern.<br />
Tick different.<br />
25
26<br />
TECHNIK<br />
Ulysse Nardin: Marine Chronometer Manufacture<br />
Jahre wurde an seiner Entwicklung gearbeitet. 2011 wurde es an der Baselworld und darauf in Tick different Nr. 8 ausführlich<br />
vorgestellt. Jetzt erscheint die erste Armbanduhr von Ulysse Nardin, in der das lange erwartete Kaliber UN-118<br />
eingebaut ist. Standesgemäss in Form eines Marine Chronometers.<br />
Die Marine-Kollektion ist bei Ulysse<br />
Nardin seit Jahren ein sicherer Wert<br />
und steht für elegante Uhren, die<br />
gleichzeitig dank ihrer Wasserdichtigkeit<br />
für jede Lebenslage geeignet sind.<br />
Nun kommt die neueste Ergänzung<br />
der erfolreichen Serie, und wie.<br />
Marine Chronometer Manufacture<br />
heisst die Uhr, in einem 45 mm grossen<br />
Gehäuse aus 18 Kt. Roségold. Sie<br />
ist die legitime Hommage an die Vergangenheit<br />
von Ulysse Nardin, die<br />
ihre erste weltweite Berühmtheit dem<br />
Bau von Deckschronometern verdankt.<br />
Über die Entwicklungen bei<br />
Ulysse Nardin haben wir an dieser<br />
Stelle schon mehrmals berichtet. Ins<br />
neue Manufakturkaliber UN-118<br />
fliessen nun sehr viele Erfindungen<br />
und Erfahrungen der innovativen Firma<br />
aus Le Locle ein. Massgebend sind<br />
die eigene Hemmung aus DiamonSil-<br />
Teilen und die patentierte Unruhe<br />
mit einer Siliziumspirale. Von hohem<br />
Alltagsnutzen ist sicherlich die Datumsschnellkorrektur,<br />
die vorwärts<br />
U h RSACHEN<br />
und rückwärts gedreht werden kann<br />
(wie man das aus den GMT Big Date-<br />
Modellen von Ulysse Nardin schon<br />
länger kennt). Und ganz schön praktisch<br />
ist die hohe Gangreserve von<br />
rund 60 Stunden. Wie es sich gehört,<br />
ist das Werk von der C.O.S.C chronometerzertifiziert.<br />
Besonders ist auch das Zifferblatt dieser<br />
Schönheit. Ulysse Nardin hat<br />
2011 im Sinn einer Nachfolgereglung<br />
ihren langjährigen Fournisseur Donzé<br />
Cadrans in Le Locle übernommen.<br />
Diese Firma ist wegweisend in der<br />
Herstellung von Emaille-Zifferblättern,<br />
besonders in der berühmten,<br />
enorm aufwändigen Technik des<br />
émaille cloisonné (siehe Tick different<br />
Nr. 4). Für die limitierte Serie stellten<br />
die Emaille-Künstler nun ein dreiteiliges<br />
Zifferblatt in reinem Weiss her,<br />
wundervoll detailreich gefertigt.Die<br />
Farbgebung und die Beschriftung bei<br />
der Gangreserveanzeige sind klassisch<br />
in Englisch und Französisch gehalten,<br />
schwarz und rot.<br />
So schön kann Uhrmacherei sein: Das neue Manufakturwerk von Ulysse<br />
Nardin ist nicht nur technisch überragend, sondern auch optisch gelungen.<br />
Der Marine Chronometer Manufacture<br />
gelangt in einer ersten Serie als<br />
limitierte Auflage von 350 Stück auf<br />
den Markt. Für Sammler ist die Uhr<br />
höchst interessant, weil sie nichts weniger<br />
als eine neue Ära bei Ulysse Nardin<br />
einläutet.<br />
Für diejenigen, die bei den 350 Stück<br />
leer ausgehen gibt es die unlimitierte<br />
Version in einem Titan-/Stahlgehäuse<br />
mit eine schwarzen Zifferblatt, wahlweise<br />
auch mit einer Goldlunette. Die<br />
inneren Werte sind dieselben. Technisch<br />
wird alles geboten, was man auf<br />
diesem Niveau erwarten darf: Verschraubte<br />
Krone (mit einem besonders<br />
griffigen integrierten Kautschukteil),<br />
20 atm Wasserdichtigkeit, Saphirglas<br />
auf Vorder- und Rückseite.<br />
Die Bänder gibt es aus Alligatorleder,<br />
Kautschuk oder Stahl, bzw. Titan-<br />
Rotgold. Schade nur, dass der 2011<br />
verstorbene Firmenpatron Rolf<br />
Schnyder die Lancierung dieser Uhr<br />
nicht mehr erleben durfte. Sie ist eines<br />
seiner vielen Vermächtnisse.<br />
Emaille vom Spezialisten: das dreiteilige<br />
Zifferblatt ist perfekt.
Der lange Weg zur Manufaktur<br />
Ulysse Nardin geht noch einen grossen Schritt weiter auf dem Weg zur grösstmöglichen<br />
Unabhängigkeit und erwirbt das Chronographenwerk von Ebel.<br />
Dieses ist im Hause Nardin eigentlich ein alter Bekannter<br />
Die Entwicklung des UN-118 ist<br />
zweifellos ein Meilenstein für die Firma<br />
aus Le Locle, denn es eignet sich<br />
sehr gut als Basiswerk für den Aufbau<br />
von weiteren Komplikationen. Was<br />
Ulysse Nardin aber noch fehlte, war<br />
ein Chronographenwerk. Naheliegend<br />
war das Werk von Ebel, denn es<br />
ist für die Crew in Le Locle kein Unbekannter.<br />
Als nämlich das Werk für<br />
den legendären Ewigen Kalender entwickelt<br />
wurde, hatte man bereits mit<br />
Ebel zusammengearbeitet und gemeinsam<br />
eine Grundplatine erschaffen.<br />
Diese wurde dann für die verschiedenen<br />
Bedürfnisse der beiden<br />
Firmen entsprechend modifiziert. Auf<br />
Basis der selben Grundplatine entstanden<br />
sozusagen zweieiige Zwil-<br />
linge. Chronographen haben bei<br />
Ulysse Nardin eine lange Tradition.<br />
In den letzten Jahren waren<br />
sie insbesondere in der Marine-<br />
Kollektion sehr beliebt. Wir sind<br />
darum gespannt auf die ersten<br />
Stoppuhren, in denen das Werk<br />
zum Einsatz kommt. Das dürfte allerdings<br />
noch einen Moment dauern.<br />
Rechts: Der Marine Chronometer<br />
Manufacture in der Version mit Titan-/Stahlgehäuse<br />
und Kautschukband.<br />
Sportliche Eleganz, kombiniert<br />
mit technischer Brillanz.<br />
Unten: Das auf 350 Stück weltweit<br />
limitierte Lancierungsmodell in<br />
Rotgold mit Emaillezifferblatt.<br />
Tick different.<br />
27
28<br />
NEUHEITEN<br />
Classico Luna: Mondphasen einmal anders<br />
Uhren mit Mondphasenanzeige sind nicht sehr verbreitet. Meist sind sie dann sehr<br />
ähnlich, und in der Sache relativ banal. Doch es gibt pfiffige Ausnahmen<br />
Die Classico-Serie von Ulysse Nardin<br />
bestand bis anhin aus schön flachen<br />
Uhren mit der klasssischen Dreizeiger-Datums-Konfiguration;<br />
wir haben<br />
sie in Tick different Nr. 8 vorgestellt.<br />
Die Linie erhält jetzt eine Erweiterung<br />
mit den neuen Modellen<br />
Classico Luna, in Damen- und Herrenausführung,<br />
mit einer aussergewöhnlichen<br />
Mondphasenanzeige. Das<br />
Prinzip dieser Anzeige ist indes bei<br />
Ulysse Nardin nicht gänzlich neu, es<br />
basiert, einmal mehr, auf den Arbeiten<br />
von Ludwig Oechslin (siehe auch<br />
Seite 30) im Zusammenhang mit dem<br />
limitierten Uhrmacher-Meisterwerk<br />
«Moonstruck». Sie gibt den Umlauf<br />
des Monds in einer sehr präzisen und<br />
realistischen Darstellung wieder. Der<br />
Mond reflektiert das Licht der Sonne,<br />
während er sich im Uhrzeigersinn um<br />
U h RSACHEN<br />
die Erde dreht. Bei der Classico Luna<br />
zeigt sich der Lichteinfall am eigenen<br />
Mond, der sich innerhalb von 12<br />
Stunden einmal um das Zentrum des<br />
Zeitmessers – ein Abbild der Erde –<br />
dreht. Bis zur Vollendung des 29,5<br />
Tage dauernden Mondzyklus wechselt<br />
die Farbe der Mondphasenscheibe mit<br />
dem ab- beziehungsweise zunehmenden<br />
Mond. Das Ablesen der<br />
Mondphase ist damit sehr einfach. Etwas<br />
komplexer ist die Einstellung, die<br />
mit einem Drücker im Gehäuse vorgenommen<br />
wird.<br />
Die Classico Luna hat ein Automatikwerk,<br />
und es gibt sie als Herrenuhr<br />
mit 40 und als Damenuhr mit 35 mm<br />
Gehäusedurchmesser, jeweils in Stahl<br />
oder 18 Karat Roségold. Die Herrenausführung<br />
ist elegant und schlicht,<br />
bei<br />
den<br />
Damenmodellen<br />
gibt<br />
es die beliebtenDetails<br />
wie ein<br />
Zifferblatt<br />
aus Perlmutt,<br />
mit Diamantindexen<br />
sowie,<br />
je nach gewünschtem<br />
Glamourfaktor und Budget,<br />
reichlich Diamantenbesatz auf Lunetten<br />
und Bandanstössen.<br />
Classico Luna für Damen (oben)<br />
und für Herren (unten)
Vulcain: Noch mehr Präsidentenuhren<br />
Vulcain hat die Geschichte der Weckeruhren geprägt. Schon 1947 präsentierte<br />
die Manufaktur das Cricket Weckerkaliber. Weil mehrere amerikanische Präsidenten<br />
sie trugen, ist sie auch unter dem Begriff «President’s Watch» bekannt.<br />
Ab 2010 besann man sich in Le Locle<br />
wieder so richtig der präsidialen Vergangenheit,<br />
als man die neue «50s<br />
President’s Watch» vorstellte. Es gibt<br />
sie als klassischen Handaufzug oder<br />
mit dem selber entwickelten Automatikwerk,<br />
beide mit der Vulcain-typischen<br />
Weckfunktion. Es folgten<br />
weitere Vertreter der Linie, alle mit<br />
dem Alarm. 2012 erweitert Vulcain<br />
nun die President’s-Kollektion um eine<br />
klassische Dreizeigeruhr und einen<br />
schlichten, eleganten Eindrückerchronographen.<br />
Ultraklassisch: Die neue President’s<br />
Classic mit Dauphinezeigern und<br />
Applique-Indexen.<br />
Die 50s President’s Classic hat wiederum<br />
einen Durchmesser von<br />
42 mm und ist mit silber- oder<br />
anthrazitfarbenem Zifferblatt<br />
erhältlich. Das Datumsfenster<br />
ist bei der 6-Uhr-<br />
Position angebracht. Das<br />
Automatikwerk ist mit<br />
Genfer Streifen, rhodinierten<br />
Werkteilen und<br />
gebläuten Schrauben ordentlich<br />
finissiert. Das<br />
bombierte Saphirglas unterstreicht<br />
die nostalgische Note.<br />
Als Materialien für das bis 5 atm<br />
dichte Gehäuse stehen Stahl oder<br />
18 Karat Rotgold zur Wahl, Zifferblätter<br />
stehen silberfarbig, schwarz<br />
oder in einem eleganten dunkelblau<br />
zur Wahl.<br />
Neu ist auch ein sehr gelungener Eindrückerchronograph.<br />
Auch dieser ist<br />
aussergewöhnlich schlicht, erst recht<br />
für einen Chronographen. Er hat lediglich<br />
zwei Hilfszifferblätter,<br />
eines bei neun Uhr für die laufende<br />
Sekunde und eines bei 3<br />
Uhr für den Minutenzähler mit<br />
einer 30-Minuten-Skala. Wie bei<br />
der Dreizeigeruhr ist das Datumsfenster<br />
bei der 6-Uhr-Position angebracht.<br />
Das Automatikwerk hat eine<br />
Gangreserve von 42 Stunden.<br />
Designmässig ein wenig aus der Reihe<br />
tanzt eine weitere Variante dieses<br />
Chronographen namens «Chronographe<br />
Heritage». Dieser präsentiert<br />
sich in einem netten Retro-Design,<br />
das auf die 40er Jahre zurückgeht, als<br />
Vulcain mit Real Madrid kooperierte.<br />
Der Look der damaligen Uhren wurde<br />
möglichst originalgetreu übernommen,<br />
samt der praktischen Pulsometerskala.<br />
Die Bezeichnung «Gradué<br />
pour 30 pulsations» bedeutet, dass<br />
man die Stoppuhr startet und dann<br />
30 Pulsschläge mitzählt. Wenn diese<br />
NEUHEITEN<br />
Der Ärztechronograph: Der «Chronographe<br />
Heritage» verfügt über<br />
eine praktische Pulsometerskala.<br />
erreicht sind, stoppt man die Uhr und<br />
kann auf der Skala ganz einfach die<br />
Anzahl Schläge («Pulsations») ablesen,<br />
ganz ohne Rechnerei. Ob man<br />
das im Alltag dann auch braucht, ist<br />
eine andere Geschichte. Letztlich haben<br />
Sie aber so als Arzt einfach einen<br />
ganz patenten Grund, warum es jetzt<br />
schon wieder eine neue Uhr braucht.<br />
Auch die neuen Chronographen aus<br />
der President’s-Kollektion sind in<br />
Stahl- oder Rotgoldvarianten mit verschiedenen<br />
Zifferblättern erhältlich.<br />
Das Werk des «Chronographe Heritage»<br />
wird zusätzlich von der<br />
C.O.S.C. chronometerzertifiziert.<br />
Tick different.<br />
29
30<br />
FRIENDS<br />
Ochs und Junior - die uhrigen Querdenker<br />
Ludwig Oechslin ist wohl eine der schillerndsten Personen der Uhrenbranche. Aber nicht durch Glamour, sondern<br />
durch seine genialen Erfindungen macht er seit Jahrzehnten von sich reden. Wir haben an dieser Stelle schon mehrere<br />
seiner grossen Würfe präsentiert. Seit einer Weile hat er auch – mit Partnern – eine eigene Uhrenfirma.<br />
Ludwig Oechslin ist das, was man früher<br />
als «Universalgenie» bezeichnet<br />
hätte. Sein Werdegang ist entsprechend<br />
vielseitig. Der 1952 in Italien<br />
geborene Oechslin absolvierte an der<br />
Universität Basel seine Studien in Altertumswissenschaften<br />
und promovierte<br />
1983. Parallel dazu machte er<br />
bei Meister Spöring in Luzern eine<br />
Lehre als Uhrmacher und einen Abschluss<br />
als Uhrmachermeister. Er ist<br />
aber auch Doktor der theoretischen<br />
Physik und Restaurator. Und studierte<br />
die griechische Sprache. Grosse Erfahrungen<br />
sammelte er, als er im Vatikan<br />
die Farnesianische Uhr restaurierte,<br />
eine monumental komplexe<br />
astronomische Pendeluhr aus dem 17.<br />
Jahrhundert. Vier Jahre dauerte es, die<br />
über 1000 Einzelteile zu restaurieren<br />
und wieder zu einem funktionierenden<br />
Ganzen zusammenzusetzen.<br />
Die Restauration wurde in einem<br />
dreibändigen Werk akribisch dokumentiert.<br />
Lange Jahre entwarf und entwickelte<br />
er für Ulysse Nardin bahnbrechende<br />
Uhren, unter anderem die «Trilogie<br />
der Zeit» mit den faszinierenden atronomischen<br />
Uhren «Astrolabium Gallileo<br />
Galilei», «Planetarium Copernicus»<br />
und «Tellurium Johannes Kepler»,<br />
den «Freak», den Ewigen Kalender<br />
«Ludovico Pertetual», gefolgt von<br />
der «Moonstruck» und der «Planet<br />
Earth». Der Umfang des Werks ist beeindruckend.<br />
Seit 2003 leitet Oechslin<br />
das Musée International de<br />
l’Horlogerie (MIH) in La Chaux-de-<br />
Fonds. Dies mit noch bis zu seiner<br />
geplanten Pensionierung einem<br />
60-Prozent-Pensum, denn nebenher<br />
ist Oechslin Forscher, Konstrukteur<br />
und Uhrmacher geblieben. Ständig<br />
sinniert er an neuen Konstruktionen<br />
und Lösungen herum, sein innerer<br />
Daniel Düsentrieb hält ihn pausenlos<br />
auf Trab.<br />
U h RSACHEN<br />
Universalgenie Ludwig Oechslin - portraitiert von Sjoerd van Roojen.<br />
Initialzündung mit MIH-Uhr<br />
Vor Jahren lernte Oechslin im Uhrengeschäft<br />
Embassy in Luzern Beat<br />
Weinmann kennen. Embassy in Luzern<br />
ist ein Treffpunkt für Uhrenkenner<br />
– ähnlich wie <strong>Uhrsachen</strong>, nur einfach<br />
einige Nummern grösser ind internationaler.<br />
Aus der Bekanntschaft<br />
entstand das Projekt einer MIH-Uhr.<br />
Oechslin hegte schon lange den<br />
Wunsch, eine möglichst einfache Uhr<br />
zu konzipieren. Als Dritten im Bunde<br />
konnten sie den bekannten Uhrmacher<br />
Paul Gerber gewinnen, seinerseits<br />
Gründungsmitglied der AHCI<br />
(Académie Horlogère des Créateurs<br />
Indépendants). Er baut Uhren, die er<br />
unter seinem Namen verkauft, ist aber<br />
auch Entwickler von Zusatzfunktionen<br />
für renommierte Uhrenmarken.<br />
Discrétion oblige – darum nennen<br />
wir hier keine Namen. Gerber brachte<br />
Oechslins Idee einer einfach zu bauenden<br />
Jahreskalenderfunktion zur Serienreife<br />
und produziert sie nun mit<br />
seinen Mitarbeitern. Die MIH-Uhr<br />
ist extrem reduziert, verfügt aber über<br />
eine sehr schlaue Jahreskalenderfunktion<br />
mit Wochentags-, Monats- und<br />
Datumsanzeige.<br />
Im Gegensatz zum Ewigen Kalender<br />
kennt der Jahreskalender die Schaltjahre<br />
und die damit verbundene unterschiedliche<br />
Anzahl Tage im Februar<br />
nicht. Eingebaut ist hingegen der Unterschied<br />
der Monatslängen der normalen<br />
Jahre. Der Clou an Oechslins<br />
Idee: Diese ausgeklügelte Mechanik<br />
benötigt nur 9 (neun!) bewegliche<br />
Teile, anstelle von 30-40 bei herkömmlichen<br />
Lösungen. Als Basiswerk<br />
dient das aus vielen Chronographen<br />
bekannte Valjoux 7750, das vor dem
Umbau mal reichlich abgespeckt<br />
wird. Die MIH-Uhr wird nur im Museum<br />
selber sowie bei Embassy verkauft.<br />
Ein Teil ihres Erlöses fliesst direkt<br />
ans Museum zurück, und zwar<br />
zweckgebunden in eine Kasse, aus der<br />
die Restaurierung einer aussergewöhnlichen<br />
Monumentaluhr des bretonischen<br />
Uhrmachers Daniel Vachey,<br />
die über eine Unzahl von astronomischen<br />
Komplikationen verfügt.<br />
Die Zusammenarbeit bei der Kreation<br />
und Lancierung der MIH-Uhr<br />
machte aus Weinmann und Oechslin<br />
ein verschworenes Team. In vielen<br />
Kreativspaziergängen stellten die beiden<br />
ein weiteres Projekt namens Ochs<br />
und Junior auf die Beine. Sie gewannen<br />
mehrere Freunde für ihr lose zusammengestelltes<br />
Team, das 2009 begann,<br />
kompromisslose Uhren in kleinen<br />
Serien zu bauen.<br />
Abseits der ausgetretenen Pfade<br />
Die eingeschlagenen Wege sind neu.<br />
Traditionelle Uhrenzulieferer findet<br />
man nur wenige im Umfeld von Ochs<br />
und Junior. Einer der wichtigesten<br />
Lieferanten kommt aus einer ganz anderen<br />
Branche. Es ist Peter «Pedro»<br />
Cantieni, Inhaber einer Werkstätte<br />
für Präzisionsmechanik im zürcherischen<br />
Hinwil, einen Steinwurf von<br />
der Formel-1-Manufaktur von Peter<br />
Sauber entfernt, für die er regelmässig<br />
High-Tech-Teile herstellt. Was für<br />
Hochleistungsrennwagen gut ist,<br />
sollte auch für Armbanduhren taugen.<br />
Er baut die Gehäuse, die Schliessen,<br />
die Zifferblätter und die Zeiger<br />
sowie die speziellen Technikkomponenten<br />
für die Ochs-Uhren. Cantieni<br />
ist mit Herz und Seele dabei.<br />
Basis aller Uhren bilden die teilweise<br />
sehr unkonventionellen Ideen Oechslins.<br />
Seine jahrzehntelange intensive<br />
Auseinandersetzung mit Mechaniken<br />
und astronomischen Gesetzmässigkeiten<br />
machen aus ihm unbestritten<br />
einen der grössten Experten auf diesem<br />
Gebiet. Die ersten Uhren unter<br />
dem neuen «Brand» (dazu später<br />
mehr) waren zwei in vieler Hinsicht<br />
aussergewöhnliche Stücke. Da war einerseits<br />
die settimana junior, eine<br />
«kleine Ochsenuhr» wie die Macher<br />
sie nennen. Die frische, bunte Uhr im<br />
Titangehäuse mit kleinem Durchmesser<br />
zeigt die Uhrzeit an, sowie die Wochentage<br />
mit sieben Punkten. Hintergrund<br />
ist der vom dreifachen Vater<br />
Oechslin erkannte und umgesetzte<br />
Zeithorizont eines Kindes, der sich<br />
vor allem in der Zeiteinheit der Woche<br />
abspielt. Montag Schule, Mittwochnachmittag<br />
frei, Sonntags Brunch<br />
en famille.<br />
Schon viel komplexer war die anno<br />
cinquanta. Sie besitzt – wie die MIH-<br />
Uhr – einen Jahreskalender, der die<br />
Monate, den Wochentag und das Datum<br />
anzeigt. Und all dies in Form von<br />
intuitiv ablesbaren Punkten. Die technische<br />
Umsetzung geschieht wieder<br />
mit der wohl kleinst möglichen Anzahl<br />
von Teilen. Diese Uhr war nur in<br />
Gehäusen aus Edelmetallen zu haben,<br />
also Rotgold, Weissgold und – aussergewöhnlich<br />
– Silber. Die Erklärung<br />
für das Silbergehäuse ist eine einfache:<br />
Gehäusehersteller Cantieni hatte wenig<br />
Erfahrung im Verarbeiten von<br />
Edelmetallen. Da war Silber, weil<br />
günstiger, naheliegend für Versuche.<br />
Und schliesslich gefielen die Gehäuse<br />
FRIENDS<br />
Die Anno von ochs und junior verfügt über die praktische Funktion des Jahreskalender.<br />
Sie zeigt über kleine orange Punkte das Datum, den Wochentag<br />
und den Monat an.<br />
so gut, dass man davon eine kleine Serie<br />
herstellt. Oechslin selber trägt die<br />
Uhr in Silber – «Gold kann ich mir<br />
nicht leisten» ist sein schlichter Kommentar<br />
dazu.<br />
Bewusst minimal<br />
Die Gehäuse der Ochs-Uhren sind<br />
generell relativ roh belassen. Auf aufwändiges<br />
Polieren wird bewusst verzichtet.<br />
«Unsere Uhren sollen leben.<br />
Das Tragen sorgt für die Politur, mit der<br />
Zeit» sagt Purist Oechslin. «Kratzer<br />
stören mich nicht – schliesslich steckt<br />
hinter jedem eine Geschichte.» Das Zifferblatt<br />
der anno cinquanta ist aus<br />
Weissgold und wird von Oechslin<br />
höchstselbst gefräst und patiniert. Seine<br />
Farbe erhält es durch eine thermische<br />
Behandlung, Weissgold verfärbt<br />
sich mit Hitze. Sie hat ein Werk<br />
von Paul Gerber und wird nur in sehr<br />
kleinen Stückzahlen hergestellt. Es ist<br />
schlicht, vom Feinsten, handgearbeitet.<br />
Entsprechend sind die Preise – in<br />
Weissgold beispielsweise kostet die<br />
Uhr knapp 45000 Franken.<br />
Exklusive Prototypen<br />
«Ich bin Prototypist!» erkärte mir<br />
Oechslin einmal, als er mir im Keller<br />
seiner alten Villa in La Chaux-de-<br />
Fonds seine CNC-Fräse zeigte. Eine<br />
Tick different.<br />
31
32<br />
FRIENDS<br />
«Ich bin Prototypist!» - Ludwig Oechslin, der Professor, der die Uhrmacherei<br />
immer wieder auf den Kopf stellt, mit seinem geliebten Espresso.<br />
solche High-Tech-Maschine hätte<br />
man dort nicht erwartet. Und in der<br />
Tat: In Oechslins Kopf wachsen clevere<br />
Uhrenkonzepte heran, die er anschliessend<br />
eigenhändig in Prototypen<br />
verwandelt. Mit viel Fleiss und Können<br />
und bewundernswerter Ausdauer.<br />
In der «Idea»-Kollektion von Ochs<br />
und Junior gelangten wenige solcher<br />
Konzeptträger in den Verkauf, angeboten<br />
wurden sie Freunden des<br />
Hauses. Exklusivität garantiert. Drei<br />
Modelle gab es bis jetzt: Die due ore<br />
idea mit ihrer simplen Anzeige von<br />
zwei Zeitzonen, die mese idea mit ei-<br />
U h RSACHEN<br />
ner schlauen Kalenderfunktion und<br />
die luna mese idea mit einer sehr poetischen<br />
und gleichzeitig extrem präzisen<br />
Mondphasenanzeige.<br />
Konzentration auf serielle Unikate<br />
Die tinta-Serie schliesslich ist die zugänglichste<br />
Kollektion, die ochs und<br />
junior bis jetzt präsentiert haben. Auf<br />
sie wird sich die Firma jetzt voll konzentrieren.<br />
Sie basieren auf den Prototypen<br />
der «idea»-Linie, bringen aber<br />
noch ein ganz neues zusätzliches Element<br />
ins Spiel. Tinta steht für Färbung,<br />
und Farben sind Ausdruck von<br />
Beat Weinmann im «Ochsenloft», gleichsam Büro, Laden und Denkzentrale.<br />
Der Ansatz der jungen Firma ist für die Uhrenbranche durch und durch unkonventionell<br />
und liegt meilenweit von den üblichen Traditionen entfernt.<br />
Individualität. So hat der Kunde die<br />
Wahl aus jeder Farbe der Pantone-<br />
Farbskala. Die Zeiger und die Indexe<br />
gibt’s in einer passenden Auswahl von<br />
10 verschiedenen nachleuchtenden<br />
Superluminova-Farben. Und auch die<br />
Bänder können in allerhand Farben<br />
geordert werden. Um die Wahl nicht<br />
allzu schwer zu machen, gibt es auf<br />
der Website von Ochs und Junior fertig<br />
konfigurierte Farbvorschläge. «Im<br />
Luxusbereich ist heute Individualität<br />
ein grosser Trumpf. Als Kleinstfirma<br />
können wir unseren Kunden genau das<br />
anbieten mit unserem Farbsystem und<br />
uns auch so von den grossen Mainstreamfirmen<br />
unterscheiden» erklärt Beat<br />
Weinmann. Üben kann man darum<br />
schon zuhause: Auf der Website stellt<br />
Ochs und Junior ein PDF-Dokument<br />
mit einer Zeichnung der Uhr zur Verfügung,<br />
die man – wie beim guten alten<br />
Kindermalheft – ausfärbt und sich<br />
dann ausgeschnitten 1:1 aufs Handgelenk<br />
legen kann. Ob vor allem an<br />
Montagen nach regnerischen Sonntagen<br />
Bestellungen in Luzern eintreffen,<br />
wollte uns Beat Weinmann nicht bestätigen.<br />
Spezielle Mondphase<br />
Das Tinta-Konzept gelangt bei drei<br />
Grunduhren zur Anwendung. Due<br />
ore heisst wieder das Zeitzonenmodell,<br />
Mese das mit Datumsanzeige<br />
und Selene das Flaggschiff mit Datum<br />
und sehr spezieller Mondphase. Diese<br />
wollen wir uns ein wenig näher ansehen.<br />
Oechslins astronomische Kenntnisse<br />
und sein unerhört grosses Abstraktionsvermögen<br />
erlaubten es ihm,<br />
aus lediglich fünf Teilen den genausten<br />
Mondphasen-Mechanismus<br />
einer Armbanduhr herzustellen. Ganze<br />
3478.27 Jahre würde es theoretisch<br />
dauern, bis man eine Korrektur machen<br />
müsste. Die Service-Intervalle<br />
einer mechanischen Uhr sowie die<br />
durchschnittliche Lebensdauer eines<br />
Menschen sorgen allerdings dafür,<br />
dass das theoretisch bleiben wird. Der<br />
Preis ist mit CHF 8000.- mehr als angemessen.<br />
Für eine an Individualität<br />
kaum zu überbietende Uhr mit einem<br />
«echten Oechslin» an Bord.
Auch bei den Bändern nicht normal<br />
Natürlich kann man an eine Uhr von<br />
Ochs und Junior nicht einfach ein<br />
schnödes Standardband montieren.<br />
Die Bänder werden aus Leder der Firma<br />
Ecopell im Allgäu gefertigt. Leder<br />
aus Häuten von glücklichen Rindern,<br />
ökologisch korrekt behandelt mit natürlichen<br />
Gerbmitteln. Und auf die<br />
Bänder kommt auch das einzig sichtbare<br />
Etikett, das «Branding». Augenzwinkernd,<br />
natürlich. Das Logo von<br />
Ochs und Junior wird nämlich wörtlich<br />
eingebrannt, mit einem vorgeheizten<br />
Eisen, so wie früher die Rinder<br />
gebrandmarkt wurden.<br />
Weinmann hat unterdessen – nach 16<br />
Jahren – seine Tätigkeit bei Embassy<br />
aufgegeben und widmet sich voll und<br />
ganz Ochs und Junior. Und auch die<br />
Besitzverhältnisse der Firma wurden<br />
neu geregelt. Sie gehört jetzt je zu<br />
einem Drittel Oechslin, Weinmann<br />
und, nur auf den ersten Blick erstaunlich,<br />
Ulysse Nardin. Oechslin und<br />
Ulysse Nardin sind seit vielen Jahren<br />
eng und quasi symbiotisch miteinander<br />
verbunden, seine Konstruktionen<br />
verhalfen Ulysse Nardin zu Ruhm<br />
und Erfolg – und umgekehrt (siehe<br />
auch Seiten 26-28). Es ist davon auszugehen,<br />
dass bei Ochs und junior in<br />
naher Zukunft das neue Basiswerk<br />
UN-118 als Antrieb zum Einsatz<br />
kommt.<br />
Espresso-Kult im «Flagshipstore»<br />
Hauptquartier ist ein Lokal an der<br />
nicht eben mondänen Zürichstrasse<br />
in Luzern. Und natürlich ist es alles<br />
andere als branchenüblich. Es ist<br />
Showroom, Arbeitsloft, Ladenlokal<br />
und Denkfabrik in einem. Ausgestattet<br />
mit einer Küche, die gekrönt wird<br />
von einer gigantischen Kaffeemaschine<br />
mit einer Geschichte, deren Erzählung<br />
hier den Rahmen sprengen würde.<br />
«Klare Gedanken erfordern ein<br />
klares Hirn. Eine der legalen Drogen,<br />
mit der das erreicht werden kann, ist<br />
Espresso», sagt Weinmann schmun-<br />
FRIENDS<br />
zelnd. Der Espresso geniesst bei Ochs<br />
und Junior Kultcharakter. Und glauben<br />
Sie uns: einen solchen Espresso<br />
kriegen Sie selten. Wenn das Nespresso-Clooney<br />
wüsste, würde er vielleicht<br />
lieber für Ochs und Junior werben als<br />
für Omega.<br />
Der Empfang im «Ochsenloft» ist ungezwungen,<br />
sympathisch und herzlich.<br />
Nichts von Uhrenladendünkel.<br />
In einer Ecke hat sich Weinmanns<br />
Frau Bea ihr Fotostudio eingerichtet.<br />
Und neben Uhren sind auch einzigartige<br />
Artikel von «Freunden des<br />
Hauses» zu kaufen, wie handgemachte<br />
Skateboards, die Qlocktwo, der<br />
Ochsenkaffee «Black & Blaze», die<br />
sagenhaft bequemen «ilmia»-Wunderschuhe,<br />
Taschen und schräge Fahrräder.<br />
Für Kreativsitzungen und uhrige<br />
Freundesabende wird in der Küche<br />
auch immer wieder lecker gekocht,<br />
Am langen Tisch wird so noch viel<br />
Ungewöhnliches und Revolutionäres<br />
ausgeheckt werden.<br />
Mathematik pur: Die Selene Tinta<br />
zeigt den Kalender und – überaus<br />
präzise, nämlich theoretisch über<br />
3478 Jahre genau – die aktuelle<br />
Mondphase. Und das mit einem<br />
epizyklischen Getriebe, das aus nur<br />
5 Teilen besteht.<br />
Tick different.<br />
33
34<br />
FRIENDS<br />
MB & F: Revolution à la Genèvoise<br />
Rebellen, Idealisten, Visionäre, Querdenker, solche, die sich in kein Schema pressen lassen. So war das Zielpublikum der<br />
legendären «Think different»-Kampagne von Apple im Jahr 1997. Einer, der dies konsequent und radikal umsetzt, ist<br />
der Genfer Maximilian Büsser, der mit seinen «and Friends» absolut aussergewöhnliche Kreationen zum Leben erweckt.<br />
Die Geschichte der eigentlichen Superuhren<br />
beginnt mit dem «Freak»,<br />
vorgestellt an der Basler Uhrenmesse<br />
Baselworld im Jahr 2001, und auch in<br />
Tick different schon mehrmals erwähnt.<br />
Vorher waren komplexe<br />
Uhren letztlich sehr traditionell und<br />
überboten sich vor allem im Funktionsumfang.<br />
Die Fachwelt hatte darum<br />
so etwas Radikales wie den<br />
«Freak» nicht erwartet – entsprechend<br />
hohe Wellen warf die Präsentation<br />
dieser Uhr, bei der das Werk selber<br />
auch die Zeiger bildet. Dahinter<br />
steckte die verhältnismässig kleine,<br />
unabhängige Firma Ulysse Nardin,<br />
entwickelt wurde sie vom Mastermind<br />
Professor Ludwig Oechslin, unbestritten<br />
einer der smartesten<br />
Uhrenerfinder überhaupt, der schon<br />
vor dem «Freak» mit einer Serie astronomischer<br />
Uhren für weltweites Auf-<br />
Star Wars lässt grüssen: Bei der<br />
HM4 Thunderbolt für die wohltätige<br />
«Only Watch»-Auktion setzte<br />
der chinesische Künstler kurzum<br />
einen Panda auf die Uhr.<br />
U h RSACHEN<br />
sehen gesorgt hatte. Nicht nur visuell,<br />
sondern auch technisch setzte sie<br />
Massstäbe. Erstmals wurde in der<br />
Uhrenindustrie eine Hemmung aus<br />
Siliziumteilen gebaut. Der «Freak»<br />
war aber nicht etwa eine Konzeptuhr,<br />
sondern wurde sogleich in Serie produziert.<br />
Zu Preisen ab CHF 60’000.-<br />
fand er sofort begeisterte Anhänger.<br />
Auch der Genfer Maximilian Büsser<br />
war damals beeindruckt. „Der Freak<br />
hat vor allem auch mit seiner Dreidimensionalität<br />
neue Designwelten ermöglicht,<br />
und er liess niemanden in der<br />
Branche kalt.“ Der ausgebildete Mikrotechnikingenieur<br />
begann seine<br />
Karriere bei der renommierten Firma<br />
Jaeger-LeCoultre. Erst 31jährig wurde<br />
er zum Direktor von Harry Winston<br />
Time pieces berufen, dem Uhrenableger<br />
der legendären New Yorker<br />
Juwelenfirma. Innert sieben Jahren<br />
transformierte er die damals marode<br />
Marke in einen höchst beachteten<br />
(und an-<br />
ständig umsatzstarken) Vertreter der<br />
Haute Horlogerie. Hauptanteil daran<br />
hatte die 2001 lancierte Opus-Serie,<br />
bei der er mit Hilfe innovativer Talente<br />
unter den unabhängigen Uhrmachern<br />
äusserst spezielle Zeitmesser<br />
kreierte – hergestellt in kleinsten Serien.<br />
12 Modelle umfasst die Linie bis<br />
heute, und die Liste der involvierten<br />
Uhrmacher, Designer und Konstrukteure<br />
liest sich wie das Who is Who<br />
der gehobensten Uhrmacherei. Die<br />
meisten von ihnen führen heute eigene<br />
Marken. Die Spielwiese bei Harry<br />
Winston war für die Beteiligten grandios,<br />
sie konnten ihre wildesten uhrmacherischen<br />
Träume in die Realität<br />
umsetzen.<br />
Maximilian Büsser, der Zampano der<br />
ganzen Sache, trennte sich 2005 von<br />
Harry Winston, um unter dem Label<br />
„MB & F“ völlig eigenständig und<br />
frei von allen Zwängen wilde Kreationen<br />
auf höchstem Niveau zu kreieren.<br />
«Freunde fragten mich, ob ich eine<br />
schwere Krankheit hätte, als ich<br />
den Job bei Harry Winston<br />
aufgab – niemand<br />
konnte sich vorstellen,<br />
dass man das freiwillig<br />
tut. Und die meisten<br />
hatten das Gefühl,<br />
ich sei gefeuert<br />
worden. Nichts von alle-
Witzig, kreativ, radikal, bescheiden:<br />
Maximilian Büsser mit einer<br />
seiner wilden Kreationen am Arm,<br />
der HM4 Thunderbolt.<br />
dem - ich hatte 14 Jahre für andere<br />
Uhren kreiert und produziert und<br />
wollte jetzt richtig eigene Wege gehen.<br />
1997 war die legendäre ‚Think<br />
different’-Kampagne von Apple erschienen.<br />
Here’s to the crazy ones - An alle,<br />
die anders denken, die Rebellen, die Idealisten,<br />
die Visionäre, die Querdenker...<br />
Sie wurde für mich zu einer Art Leitmotiv,<br />
denn auch ich liess mich nicht länger<br />
in Schemas pressen. Besonders inspirierend<br />
war und ist das Ende des Spots:<br />
Denn die, die verrückt genug sind zu<br />
denken, sie könnten die Welt verändern,<br />
sind die, die es tun.» Der Zusatz „& F“<br />
steht für „and Friends“ – denn im<br />
ganzen Projekt geht es auch um<br />
Freundschaften und Spass. Dirigent<br />
Büsser schart um sich ausgewiesene,<br />
kreative Spezialisten für alle Bereiche.<br />
Mehrere von ihnen waren schon an<br />
den Realisationen für die Opus-<br />
Uhren beteiligt. „MB & F ist ein grossartiges<br />
Abenteuer, in dem wir einerseits<br />
unsere Verrücktheiten ausleben können,<br />
auf der anderen Seite ein regelrechtes<br />
Hommage an den Wankelmotor:<br />
Die «C3H5N3O9» funktioniert<br />
mit Kreiskolbenscheiben. Joint-<br />
Venture mit Felix Baumgartner von<br />
URWERK<br />
Kreativlabor bilden für uhrmacherische<br />
Entwicklungen. Dies in den Bereichen<br />
Design und Technik – die beiden Sparten<br />
müssen sich auf perfekte Weise ergänzen.<br />
Und entscheidend ist, dass ich<br />
nur noch mit Leuten zusammenarbeite,<br />
die ich selber auswählen kann.»<br />
Uhren auf diesem Niveau zu bauen,<br />
ist eine äusserst multidisziplinäre Angelegenheit.<br />
Entwicklung und Design<br />
des Uhrwerks sind eines. Wenn dann<br />
die Umsetzung folgt, braucht es Produzenten<br />
von Zeigern und Zifferblättern,<br />
Gehäusekonstrukteure, Hersteller<br />
von Uhrenbändern, und viele<br />
mehr. Aber auch eine passende Verpackungs-<br />
und Aufbewahrungsbox<br />
sowie Materialien und<br />
Unterlagen für die Verkaufspartner<br />
müssen<br />
hergestellt sein. Unisono<br />
äussern sich<br />
alle beteiligten<br />
„Friends“<br />
gleich:<br />
FRIENDS<br />
Sie mussten bei diesem verrückten<br />
Projekt einfach mitmachen, zu aussergewöhnlich<br />
war Büssers Ansatz.<br />
Dank seinem Palmarès aus den Opus-<br />
Projekten vertraute man ihm und seiner<br />
Professionalität. Alle Beteiligten<br />
legten sich voll ins Zeug, auch<br />
wenn sie ab den teils verrückten<br />
Ideen bei der<br />
Um setzung an die<br />
Gren zen des<br />
Machbaren<br />
kamen.<br />
Tick different.<br />
35
36<br />
FRIENDS<br />
«Horological Machines» heissen die<br />
durchnummerierten Superwatch-<br />
Krea tionen von Büsser und seiner<br />
Crew von Freunden. «Wir bauen Maschinen,<br />
die in erster Linie die Zeit zählen,<br />
und nicht einfach Uhren, die die<br />
Zeit anzeigen. Mit einem Supercar<br />
kommen Sie auch von A nach B, aber<br />
Sie kaufen ihn nicht vor allem um damit<br />
jeden Tag zur Arbeit zu pendeln.»<br />
Der Erstling, die HM1, war bereits<br />
ein Volltreffer. Über einen mysteriösen<br />
Goldrotor für den Aufzugsmechanismus<br />
werden dabei die vier (!)<br />
Federhäuser mit Energie versorgt. Für<br />
den Uhrenlaien: das ist am ehesten<br />
mit einem 16-Zylinder-Motor bei<br />
einem Auto vergleichbar. Die beiden<br />
Zifferblätter für Minuten und Stunden<br />
sind auf zwei Kreise verteilt, in<br />
der Mitte sitzt als Regulierorgan ein<br />
U h RSACHEN<br />
zentrales Tourbillon. 376 Teile<br />
bilden den «Motor» der Uhr –<br />
«Ja, wir nennen unsere Werke in der<br />
Tat ‘Engines’» schmunzelt der bekennende<br />
Petrolhead Büsser. «Wir schauen<br />
auch über die Grenzen der Uhrmacherei<br />
hinaus und inspirieren uns bei<br />
anderen Techniken. So haben wir beispielsweise<br />
das System der Torsionsfeder<br />
beim Automobilbau abgeschaut. Wir<br />
setzen es ein, um Drehspannungen abzufedern,<br />
die bei einer so grossen Platine<br />
entstehen können.»<br />
Bei der HM2 flossen zwar Erkenntnisse<br />
und Elemente der HM1 ein,<br />
doch es entstand wieder eine völlig<br />
neuartige «Superwatch». Die Anzeige<br />
von Stunden und Minuten erfolgt im<br />
rechten Teil der rechteckigen Uhr mit<br />
Hilfe von Scheiben, und, als ob das<br />
nicht schon exotisch genug wäre,<br />
auch noch mit so genannten «springenden<br />
Stunden». Im linken Bereich<br />
gibt es einen Kalender und eine vollkommen<br />
neuartige Art der Mondphasenanzeige.<br />
Bei gewissen Modellen<br />
sind grosse Teile des<br />
Werks von oben sichtbar,<br />
weil die gesamte Vorderseite<br />
der Uhr aus einem<br />
einzigen Saphirglas<br />
be steht. Atemberaubend.<br />
Mit der HM3 setzte<br />
Büsser mit seinen<br />
Freunden nochmals einen<br />
obendrauf. Die Uhr<br />
ist so schräg und so komplex,<br />
dass sie fast nicht zu beschreiben<br />
ist. Getoppt wird sie<br />
Die HM2 mit Anzeige von Minuten,<br />
springender Stunde, Kalender<br />
und Mondphase. Bei deiser Variante<br />
ist der ganze vordere Teil des<br />
Gehäuses aus Saphirglas und gibt<br />
so den Blick auf die subtile Technik<br />
frei.<br />
wiederum<br />
von der<br />
HM4 Thunderbolt,<br />
einer eigentlichen<br />
Skulptur, die stark<br />
von der Aviatik inspiriert ist, und in<br />
die drei Jahre Entwicklungsarbeit<br />
flossen. Kunststück, denn Büsser war<br />
als Bub ein passionierter Flugzeugmodellbauer.<br />
Die Anzeige der Zeit und<br />
der Gangreserve erinnern an Instrumente,<br />
integriert sind sie in einer Art<br />
Triebwerken. Das ganze Gehäuse –<br />
etwas vom Komplexesten, was je bei<br />
einer Uhr realisiert wurde – ist eine<br />
Kombination aus Titan- und Saphirglaselementen,<br />
die in absoluter<br />
Perfektion und Kompromisslosigkeit<br />
bearbeitet werden. Erstaunlich ist,<br />
wie gut tragbar diese aussergewöhnlichen<br />
Uhren sind, trotz ihrer stattlichen<br />
Dimensionen. Für die alljährlich<br />
in Monaco stattfindende Charity-Auktion<br />
«Only Watch» stiftete<br />
Büsser das HM4-Einzelstück «Flying<br />
Panda (Bild siehe vorherige Seite). Es<br />
war einem wohlhabenden Ersteigerer<br />
immerhin die stolze Summe von<br />
170’000 Euro wert, die voll und ganz<br />
M.A.D. Gallery<br />
in Genf<br />
Die grösste Kollektion von Uhren<br />
von MB & F findet man in der<br />
hauseigenen „M.A.D“-Gallery in<br />
Genf. M.A.D. steht für Mechanical<br />
Art Devices und bietet spektakuläre<br />
andere Produkte, die das Universum<br />
von Max Büsser perfekt ergänzen.<br />
Zur Zeit sind es unter anderem<br />
die unbeschreiblich spektakulären<br />
Motorrad-Kreationen des Japaners<br />
Chicara Nagata, Weltmeister im<br />
Custom Bike Design.
der Stiftung für die<br />
Erforschung einer<br />
seltenen Muskelkrankheit<br />
zu gute kommt, zu deren<br />
Gunsten die Auktion jeweils durchgeführt<br />
wird (siehe Tick different Nr. 6).<br />
Das neueste Projekt entstand als<br />
Joint-Venture mit «Friend» Felix Baumgartner<br />
von URWERK, einer anderen<br />
Genfer Superwatches-Manufaktur.<br />
Unter der unaussprechlichen<br />
Bezeichnung C3H5N3O9 (der chemischen<br />
Formel für Nitroglyzerin)<br />
entstand auf Initiative Baumgartners<br />
eine regelrechte Hommage an den<br />
technisch genialen aber kommerziell<br />
gefloppten Wankelmotor. Eine Experimentaluhr,<br />
bei der drei wankelartige<br />
Kreiskolbenscheiben exzentrisch rotieren<br />
und die Zeit anzeigen. «Als<br />
Schulbub durfte ich jeden Morgen mit<br />
dem Vater meines Nachbars und Klassenkameraden<br />
mitfahren. Das Auto war<br />
ein NSU Ro 80». Ein Teil des Gehäuses<br />
erinnert unmissverständlich an<br />
den Kühlergrill dieser Autolegende,<br />
die als eine der wenigen jemals serienmässig<br />
von einem Wankelmotor angetrieben<br />
wurde. Gerade mal 12<br />
Stück in Gold und 12 Stück in einem<br />
Zirkoniumgehäuse werden davon gebaut<br />
werden. «Obwohl wir keinerlei<br />
Werbung dafür machen und die Uhr<br />
nicht einmal unter unserem mittlerweile<br />
renommierten Label MB&F anbieten,<br />
haben wir bereits viele Interessenten»<br />
sagt der Bub gebliebene Büsser<br />
mit seinem charmanten, verschmitzten<br />
Lächeln.<br />
Mehrere neue Coups hat Büsser in<br />
der Pipeline. Er ist nicht nur von<br />
Apples Werbekampagne inspiriert,<br />
sondern kultiviert auch regelrecht die<br />
Apple-typische manische Geheimniskrämerei.<br />
Immerhin liess er uns einen<br />
Blick auf Bilder werfen. Ende 2012<br />
wird er die HM5 vorstellen, die vor<br />
allem keine Autophilen kalt lassen<br />
wird. Glauben Sie dem<br />
Schreibenden: die Bankkonti<br />
der echten Fans<br />
(oder sogar Besitzer) von<br />
Lancia Stratos, Lamborghini<br />
Miura & Co. werden<br />
auf eine harte Probe<br />
gestellt werden. Doch<br />
wie die Klassiker unter<br />
den Supercars<br />
bleiben auch die<br />
Superwatches<br />
von Büsser und<br />
Konsorten<br />
mei s tens Träume.<br />
Bei Preisen<br />
ab knapp<br />
80’000 Franken<br />
für die in Kleinstauflagenhandgemachten<br />
Preziosen muss die<br />
Sparsau schon sehr gut gemästet<br />
sein.<br />
Oben rechts: Das Resultat der Zusammenarbeit Primus mit Racer einem für Tick different-<br />
Leser alten Bekannten: Bei der «Moonmachine» Black: Moder- auf Basis der HM3 spendierte<br />
der Finne Stepan Sarpaneva der ohnehin ner Chronograph schon besonderen Uhr noch<br />
seine unverkennbare Art der Mondphasenanzeige. aus der neuen Unten: Kol- Der erste Streich<br />
von MB & F, die HM1 im Rotgoldgehäuse lektion mit ihrem von Hanhart. faszinierenden Zentraltourbillon.<br />
Im Bild oben in der Mitte<br />
das Werk der HM4 Thunderbolt.<br />
Pure Science-Fiction,<br />
mechanisch gekonnt<br />
umgesetzt.<br />
37
38<br />
FRIENDS<br />
Vorsicht: Meisterwerk! Die Legacy Machine von MB & F<br />
Für ein etwas atypisches Projekt tat sich Max Büsser nun mit zwei weiteren Grössen der Uhrmacherei zusammen: Kari<br />
Voutilainen und Jean-François Mojon. Die drei bilden ein eigentliches Trio infernale, das wie niemand anderes Tradition<br />
und Moderne verbindet.<br />
Wären sie in den Siebziger Jahren Musiker gewesen, hätte man sie eine<br />
«Supergroup» genannt: Mit Kari Voutilainen, Max Büsser und Jean-François<br />
Mojon (v.l.n.r.) vereinigten sich drei der grössten zeitgenössischen Uhrencracks<br />
für ein Projekt.<br />
Der Finne Kari Voutilainen ist in der<br />
Uhrenwelt seit Jahren ein Begriff, und<br />
unter anderem auch Preisträger des<br />
noblen Grand Prix d’Horlogerie de<br />
Genève. Seine sehr konservativen<br />
Kreationen zeichnen sich durch pure<br />
Perfektion aus und gelten unter<br />
Uhrensammlern als etwas vom Begehrenswertesten.<br />
Entsprechend lang<br />
sind die Wartefristen für eine Uhr aus<br />
Karis Atelier. Der andere Uhrencrack,<br />
der ins Projekt involviert wurde, ist<br />
Jean-François Mojon, der mit seinem<br />
Team von Chronode in<br />
den letzten Jahren in der<br />
Uhrenwelt für viel Ge-<br />
Noch traditioneller<br />
geht kaum: Das perfekt<br />
dekorierte Werk<br />
der LM1 ist nach allen<br />
Regeln alter Uhrmacherkunst<br />
erbaut.<br />
U h RSACHEN<br />
sprächsstoff sorgte. Auch er wurde<br />
mit dem Grand Prix d’Horlogerie beehrt.<br />
Unter anderem konstruierte<br />
Mojon die Opus X für Harry Winston,<br />
aber auch für Urban Jürgensen –<br />
dies noch in Zusammenarbeit mit<br />
dem leider verstorbenen Peter Baumberger<br />
– die erste Chronometerhemmung<br />
für eine Armbanduhr oder für<br />
die junge Marke Cyrus die revolutio-<br />
näre «Klepcys» mit einer bahnbrechenden<br />
dreidimensionalen Mondphase<br />
und einem einmaligen retrograden<br />
Kalender.<br />
Legacy Machine Nr. 1 heisst das gemeinsame<br />
Werk aus Büssers Küchenlabor,<br />
in dem sonst eher extrem radikale<br />
und futuristisch anmutende<br />
Uhren entstehen (siehe vorherige Seiten).<br />
Legacy hingegen steht für Tradition<br />
und Vermächtnis. An Anleihen<br />
bei der traditionellen Uhrmacherei<br />
fehlt es wahrlich nicht – und wohl<br />
noch nie hat jemand die Tradition mit<br />
der modernen Uhrmacherei so grandios<br />
gekonnt verschmolzen. Das Resultat<br />
ist eine der faszinierendsten<br />
Uhren der letzten Jahre. Rund, mit 44<br />
mm Durchmesser schon fast zierlich<br />
für eine MB&F, mit einem stark gewölbtem<br />
Saphirglas, das eine eigentliche<br />
Kuppel bildet.<br />
Büsser erläutert die Motivation für<br />
die Uhr so: «Was wäre eigentlich passiert,<br />
wenn ich 1867 geboren wäre und<br />
nicht 1967? Im 19. Jahrhundert wurden<br />
die ersten Armbanduhren gebaut.<br />
Ich hätte den Wunsch verspürt, dreidimensionale<br />
Zeitmessmaschinen zu bauen,<br />
aber ich hätte keine Science-Fiction-<br />
Figuren oder Kampfjets als Inspiration<br />
gehabt. Dann wäre ich eben von den<br />
Taschenuhren dieser Zeit beeinflusst<br />
worden, vom Eiffelturm und Jules Verne.<br />
Wie hätte meine Maschine im Jahr<br />
1911 dann ausgesehen? Die Legacy<br />
Machine N° 1 – rund und doch dreidimensional<br />
– ist die Antwort.»<br />
Beim Werk der LM 1 zogen<br />
Mojon mit seinem Team von<br />
Chronode und Kari Voutilainen<br />
alle Register. Es verfügt<br />
über zwei Zeitzonen, die voneinander<br />
vollkommen unabhängig<br />
sind. Angezeigt werden die Zeiten<br />
auf zwei kleinen, ultratraditionellen
gewölb ten, mehrfach lackierten Zifferblättern,<br />
fein umrahmt von Goldrändern<br />
und unsichtbar montiert, mit<br />
kleinen gebläuten Zeigern. Über<br />
allem thront die riesige Unruh mit<br />
Breguet-Spirale. Sie ist aufgehängt an<br />
einer Art Brückenkonstruktion, die<br />
alleine einen Preis für Mikroarchitektur<br />
erhalten müsste – Santiago Calatrava<br />
hätte seinen Hut gezogen. Sie<br />
schwebt als zentralstes Element regelrecht<br />
über dem Werk. Hinter diesem<br />
Design steckt das Genie Eric Giroud,<br />
der auch schon bei den Horological<br />
Machines von MB&F involviert war,<br />
sowie bei unzähligen anderen grossartigen<br />
Konstruktionen der «Nouvelle<br />
Horlogerie».<br />
Ein weiterer Blickfang ist die noch nie<br />
dagewesene, geniale dreidimensionale<br />
Gangreserveanzeige, die ein wenig an<br />
ein antikes Katapult erinnert. Büssers<br />
Inspiration war hier ein Sextant. Das<br />
Basiswerk mit Handaufzug könnte<br />
traditioneller nicht sein: Geschwungene<br />
Brücken «à l’ancienne», perfekt<br />
anglierte Kanten, phantastisch ausgeführte<br />
Genfer Streifen sprechen Voutilainens<br />
unverkennbare Handschrift.<br />
Um das alles noch zu toppen sind die<br />
Steine in prächtigen Goldchâtons eingefasst,<br />
wie seinerzeit bei den schönsten<br />
klassischen Taschenuhrwerken.<br />
Die Gangreserve beträgt 45<br />
Stunden, mit 18’000 Halbschwingungen<br />
pro Stunde<br />
schwingt die Unruh so bedächtig<br />
wie früher. Das<br />
Werk besteht aus 279<br />
Einzelteilen.<br />
Unser ganz persönliches<br />
Fazit: Bei der<br />
LM1 sachlich zu<br />
Die Legacy Machine LM1 in Roségold.<br />
Zwei vollkommen unabhängige<br />
Zeiten, vom selben Werk<br />
angetrieben.<br />
bleiben, fällt schwer. Poetischer und<br />
gekonnter kann man Tradition und<br />
Moderne nicht verschmelzen. Was<br />
die drei hier präsentieren, ist<br />
schlicht und einfach perfekte<br />
Uhrmacherkunst. Die in Weissgold<br />
oder Rotgold erhältliche<br />
Uhr kostet 79’000 CHF. Das<br />
ist sehr viel Geld – aber in<br />
Relation gesetzt zur Exklusivität,<br />
zur Perfektion der<br />
Fertigung und zur Originalität<br />
der Umsetzung ein<br />
äusserst fairer Preis. Erst<br />
recht, wenn man ihn mit<br />
den Mainstream-Marketing-Tourbillons<br />
der grossen,<br />
markt beherr schenden<br />
Gruppen vergleicht. Ein entsprechendes<br />
Bankkonto vorausgesetzt<br />
ist eine Legacy Machine<br />
Nr. 1 einer der besten<br />
Gründe, der Vernunft bei den Finanzen<br />
mal ein gründliches Time<br />
Out zu gönnen. Ein Investment in<br />
die Freude, in die Uhrenkultur, und<br />
das mit einer unvergleichlichen, täglich<br />
ausbezahlten Dividende: Dem<br />
Wissen, eine der schönsten Uhren<br />
überhaupt zu besitzen.<br />
Tick different.<br />
39
40<br />
GOLF<br />
Die Golfuhr für Damenhandgelenke<br />
Wer immer noch meint, Golf sei ein reiner Männersport, soll sich einmal auf einem Golfplatz umsehen. Jetzt kommen<br />
auch die Damen in den Genuss der Golfuhren von Jaermann & Stübi, dank der neuen Linie «Queen of Golf».<br />
Queen of Golf - bei Jaermann & Stübi denkt man auch an die Frauen. Im Bild das Modell QG5 mit dem «Mesh Ball»-<br />
Zifferblatt und mit 80 Diamanten besetzter Lunette.<br />
Regelmässig wurden wir von Kundinnen<br />
(oder ihren Männern, die ihren<br />
Holden gerne ein schönes Geschenk<br />
gemacht hätten...) gefragt, ob<br />
es denn die cleveren Golfuhren von<br />
Jaermann & Stübi nicht auch etwas<br />
kleiner gäbe. Wir haben den Input<br />
weitergegeben, und offensichtlich waren<br />
wir nicht die einzigen. Der Hersteller<br />
hat auf diese Stimmen gehört<br />
und spendiert der Damenwelt die<br />
neue Linie «Queen of Golf». Nicht<br />
ganz einfach war die Anpassung des<br />
patentierten Golfzählermoduls an die<br />
kleinere Gehäusegrösse, doch nach einiger<br />
Entwicklungszeit ist die neue<br />
Uhrenserie jetzt da. Zudem konnte<br />
man von den Vorarbeiten bei der Entwicklung<br />
der 2011 vorgestellten «Hole<br />
in One» profitieren, bei der bereits<br />
ein Schlagzähler in einem Zifferblattfenster<br />
zum Einsatz kommt.<br />
U h RSACHEN<br />
Die Queens of Golf haben einen<br />
Durch messer von 38 mm und bieten<br />
fast den ganzen Funktionsumfang wie<br />
die bereits bekannten Herrenmodelle.<br />
Verzichtet wird lediglich auf die Anzeige<br />
des Lochs und die Drehlunette<br />
mit Handicapskala. Angezeigt werden<br />
die Anzahl Schläge des gerade gespielten<br />
Lochs in einer Zifferblattaussparung<br />
bei 1 Uhr sowie die Gesamtzahl<br />
der Schläge der ganzen Partie. Bedient<br />
wird das Zählwerk über neu geformte,<br />
längliche, fein abgerundete und der<br />
Funktion entsprechend beschriftete<br />
Drücker.<br />
Das Gehäuse ist aus Edelstahl, das<br />
Werk (Kaliber A10) wird wie beim<br />
«grossen Bruder» durch den bekannten<br />
Shock-Absorber vor den Einflüssen<br />
der Golfschläge geschützt.<br />
Wie bei allen anderen Jaermann &<br />
Stübi-Uhren setzt man auf Saphirgläser,<br />
dies vorne und auf der Rückseite.<br />
Erhältlich sind verschiedene Designvarianten.<br />
Die eine Serie der Uhren<br />
besticht durch ein Perlmutt-Zifferblatt<br />
in verschiedenen Farbkombinationen.<br />
Die anderen Modelle nehmen<br />
im Zifferblatt Art Deco-Stilelemente<br />
auf, inspiriert von einem sogenannten<br />
«Mesh Ball» aus den dreissiger Jahren<br />
mit quadratischen und runden Ornamenten.<br />
Und natürlich können die<br />
Lunetten – wie es sich heute für eine<br />
schicke Damenuhr gehört – auf<br />
Wunsch auch mit 80 kleinen Diamanten<br />
oder anderen, farblich passenden<br />
Edelsteinen versehen geliefert<br />
werden. Die Bänder gibt es in verschiedenen<br />
Lederarten und -farben<br />
sowie in Kautschuk. Die Preise der<br />
Uhren beginnen bei CHF 6’500.-
Auffällig schlicht: Zürich blaugold von NOMOS Glashütte. Besonders und erfolgsverwöhnt,<br />
ganz wie ihre Träger – die jüngste Version dieser schönen Uhr gilt schon jetzt als neuer<br />
Klassiker. Eine Spur Gold und kilometertiefes, lichtechtes Blau, dazu der traditionelle<br />
Glashütter Strahlenschliff auf dem Zifferblatt. Und im Innern? Sorgt ein exzellentes Werk<br />
für Bestleistung: NOMOS-Automatikkaliber Epsilon. Made in Glashütte, Germany.<br />
zürich
präsentiert<br />
6498<br />
eine Hommage an das legendäre Unitas-Werk<br />
Mechanisches Handaufzugswerk «Unitas» 6498<br />
17 Rubine, Genfer Streifen, gebläute Schrauben, Gangreserve 44 Stunden<br />
Stahlgehäuse Ø 46 mm mit Saphirglas und Sichtboden, wassergeschützt bis 5 atm<br />
Rindslederband mit orangen Kontrastnähten, Sonderanfertigung von Créations Perrin<br />
Schlichtes, klares Design - made by <strong>Uhrsachen</strong><br />
Exklusive Kleinstserie, nur bei <strong>Uhrsachen</strong> erhältlich<br />
CHF 1490.- | solange Vorrat<br />
Sichtbares Unitas-Handaufzugswerk Handlackierte Zeiger in orange Zifferblatt von Xenoprint, Biel
www.bellross.com<br />
VW1-92 HERITAGE 45 mm<br />
WW2 REGULATEUR 49 mm<br />
EVOLUTION OF THE BR MILITARY WATCH
Turbine XL, A1050/1<br />
DoubLe roTor<br />
TechnoLogy<br />
www.perreLeT.com
Nach dem grossen Erfolg mit der<br />
Wanduhr Qlocktwo und der Tischuhr<br />
Qlocktwo Touch war es absehbar,<br />
dass das geniale und verblüffende<br />
Prinzip der «Zeit in Worten» auch in<br />
Form einer Armbanduhr umgesetzt<br />
würde. Die Frage war nur, ob das<br />
überhaupt technisch und ästhetisch<br />
machbar sein würde. Die Qlocktwo<br />
W liefert nun den Beweis, dass das<br />
Konzept auch am Handgelenk funktioniert,<br />
und dies sowohl formal als<br />
auch technisch sehr überzeugend.<br />
Der Grundaufbau ist bei der gesamten<br />
Qlocktwo-Familie derselbe: Auf<br />
den ersten Blick sichtbar ist eine Matrix<br />
aus 110 Buchstaben, die nicht<br />
sofort einen Sinn ergeben. Durch das<br />
richtige Ansteuern leuchten die im<br />
Hintergrund montierten LED und<br />
zeigen Wörter an, um die Zeit in<br />
Fünf-Minuten-Schritten zu beschreiben.<br />
Für die minutengenaue Anzeige<br />
dienen vier kleine Punkte unterhalb<br />
der Zeichen. «Es ist halb acht» heisst<br />
es dann zum Beispiel.<br />
Die Grundform der Qlocktwo<br />
W ist quadratisch, so<br />
wie bei den grösseren<br />
Vorbildern. Mit dem<br />
flachen, 35 x 35 mm<br />
grossen Gehäuse aus Stahl macht sie<br />
auch auf feinen Handgelenken eine<br />
gute Figur. Zum Leben erweckt wird<br />
sie per Knopfdruck, wie man das von<br />
den allerersten Digitaluhren aus den<br />
siebziger Jahren mit den roten LED-<br />
Schriften kennt. Das hat auch technische<br />
Gründe: Würde sie immer<br />
leuchten, wäre die Batterie nach wenigen<br />
Tagen leer. Über den Drücker<br />
werden auch die weiteren Funktionen<br />
wie Datums- oder Sekundenanzeige<br />
aufgerufen.<br />
Das Design ist schlicht und modern.<br />
Dank seiner klaren Reduktion aufs<br />
Wesentliche wird es sämtliche Moden<br />
überdauern – die Uhr hat, wie ihre<br />
beiden grösseren «Vorfahren», das Potential<br />
zum echten Klassiker. Sie wurden<br />
seit ihrem Erscheinen weltweit<br />
mehrfach preisgekrönt. Man kann<br />
davon ausgehen, dass dies auch bei<br />
der Qlocktwo W der Fall sein wird.<br />
Auch sie wird nicht nur bei Design-<br />
NEUHEITEN<br />
Qlocktwo W: Zeit in Worten, jetzt auch fürs Handgelenk<br />
Als Weltpremiere präsentierte das deutsche Gestalterduo Biegert & Funk an der Baselworld 2012 mit der Qlocktwo W<br />
eine vollkommen neuartige Armbanduhr. Ein echter Kontrapunkt zur traditionellen Uhrmacherei, die in Basel dominiert.<br />
Bald kommt die Uhr in den Vekauf.<br />
Aficionados eine grosse Fangemeinde<br />
finden, sondern auch bei Menschen<br />
mit einem Hang zur Poesie und<br />
einem differenzierten Zugang zur<br />
Zeit. Die Reaktionen an der grössten<br />
Uhrenmesse der Welt waren denn<br />
auch überaus positiv. Selbst Uhrmacherlegenden<br />
wie Laurent Ferrier<br />
oder Max Büsser, aber auch viele<br />
Brancheninsider, zeigten sich begeistert<br />
vom Konzept der beiden deutschen<br />
Newcomer. Und das vollkommen<br />
neidlos, was in der Branche eher<br />
selten ist.<br />
Die Qlocktwo W wird ab Ende 2012<br />
in verschiedenen Varianten zu Preisen<br />
ab CHF 770.- lieferbar sein, vorerst<br />
in Deutsch, Französisch und Englisch.<br />
Zur Auswahl stehen ein satiniertes<br />
oder ein poliertes Edelstahlgehäuse<br />
und eines mit zusätzlicher<br />
schwarzer PVD-Beschichtung. Die<br />
Armbänder sind aus Kautschuk oder<br />
schwarzem Leder.<br />
Qlocktwo W: Fortsetzung des mehrfach<br />
preisgekrönten Erfolgskonzepts<br />
von Biegert & Funk. Vorerst in<br />
Deutsch, Englisch und Französisch<br />
erhältlich.<br />
Tick different.<br />
45
46<br />
DIE LETZTE<br />
Max Bill-Design für Tischuhren<br />
Die Wanduhren und die Armbanduhren, die Max Bill für Junghans gestaltet<br />
hat, sind nach wie vor äusserst beliebt. Als Ergänzung der Kollektion gibt es<br />
neu auch Tischuhren in zeitlosem Design.<br />
Schöne Tischuhren sind dünn gesät.<br />
Zu oft übernimmt der schnöde PC<br />
die Zeitanzeige auf dem Schreibtisch.<br />
Seit 2011 erfreut sich die Qlocktwo<br />
im Tischformat grosser Beliebtheit,<br />
aber mit ihrer Zeitanzeige in Worten<br />
ist sie doch nicht jedermanns Sache.<br />
Solche Gedanken müssen sich die<br />
Produktentwickler bei Jung hans gemacht<br />
haben, als sie diese neue schicke<br />
Serie von Tischuhren kreierten. Dies<br />
nach Originalskizzen und -ideen von<br />
Max Bill, dessen Armbanduhrentwürfe<br />
der Firma seit Jahren zu schönen<br />
Umsätzen verhelfen.<br />
Jetzt sind diese Tischuhren verfügbar,<br />
mit gut 16 cm Kantenlänge in optimaler<br />
Grösse. Die Gehäuse sind allesamt<br />
aus Holz, entweder puristisch in<br />
mattweiss oder pianoschwarz lackiert<br />
oder, sehr elegant, mit Nussbaumfurnier.<br />
Gehalten werden die Uhren mit<br />
einem cleveren Metall-Standfuss, der<br />
die Uhr fast schweben lässt. Die Ring-<br />
U h RSACHEN<br />
fassung der Uhr besteht aus poliertem<br />
Stahl. Die polierten Zeiger und das<br />
hochweiss lackierte Zifferblatt sind<br />
gestaltet wie bei den schon lange bewährten<br />
Bill-Wanduhren, mit Stundenzahlen<br />
oder mit Indexen. Zur<br />
Wahl stehen herkömmliche Quarzwerke<br />
oder solche mit Funkempfang.<br />
Die Preise beginnen bei CHF 650.-<br />
Die neuen Tischuhren von Junghans nach Originalzeichnungen von Max<br />
Bill aus dem Jahr 1958: Dezent und zurückhaltend gestaltet, gut ablesbar<br />
und schön verarbeitet.<br />
INTERN<br />
Ankauf / Occasionen<br />
Wir haben unser „Vintage“-Sortiment<br />
in den vergangenen Monaten<br />
weiter ausgebaut. Nach wie vor<br />
sind wir am Ankauf, Eintausch<br />
oder Kommissionsverkauf von<br />
älteren und neueren mechanischen<br />
Armbanduhren interessiert, insbesondere<br />
an Spezialitäten. Gerne<br />
unterbreiten wir Ihnen ein faires<br />
Angebot, wenn Sie sich von Ihren<br />
Uhren trennen möchten.<br />
Revisionen, Service, Reparaturen<br />
Wir bringen auch schwierige Fälle<br />
wieder in Gang. Fast immer. Unser<br />
bestens eingerichtetes Uhrenatelier<br />
unter der kompetenten Leitung<br />
von Uhrmachermeister Patrick<br />
Favrod führt für Sie Revisionen und<br />
Reparaturen an fast allen Uhren<br />
aus, auch an solchen, die nicht bei<br />
<strong>Uhrsachen</strong> gekauft wurden oder<br />
auch an Uhren bekannter Marken<br />
und an Klassikern. Ihre Schätze<br />
haben das verdient.<br />
«Tick different» im Abo<br />
Möchten Sie unser Magazin regelmässig<br />
zugestellt kriegen? Benutzen<br />
Sie einfach das Kontaktformular auf<br />
unserer Webseite für die Bestellung.<br />
«Tick different» im Internet<br />
Sie können dieses Magazin auch als<br />
PDF-Datei von unserer Webseite<br />
<strong>herunterladen</strong>. Sie finden diese und<br />
auch die älteren <strong>Ausgabe</strong>n unter der<br />
Adresse www.uhrsachen.ch.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeberin:<br />
<strong>Uhrsachen</strong> AG, Kramgasse 19, 3011 Bern<br />
www.uhrsachen.ch · info@uhrsachen.ch<br />
Konzept, Layout, Produktion:<br />
à la crème GmbH, Kramgasse 19, 3011 Bern<br />
www.alacreme.com<br />
Redaktion, Texte: Hans Erb, <strong>Uhrsachen</strong><br />
Lektorat: Mona Erb<br />
Druck: Witschi & Co., 2560 Nidau<br />
Auflage: 5500 Exemplare<br />
©2012 <strong>Uhrsachen</strong> AG / à la crème GmbH - Sämtliche<br />
in dieser <strong>Ausgabe</strong> publizierten Texte, Grafiken und Bilder<br />
unterstehen dem Urheberrecht und dürfen nur mit unserer<br />
schriftlichen Zustimmung verwendet werden.
since 1953<br />
AIRMAN, the pilot‘s pilot watch<br />
AIRMAN „1953 VINTAGE“, LIM. EDITION<br />
REF. 3904, ETA 2893-2 AUTOMATIC, 24H<br />
2 TIME ZONES, 42MM, 20ATM<br />
continuous fine swiss watch making<br />
since 1914<br />
GLYCINE WATCH SA Eckweg 8 P.O. Box CH-2500 Biel 6 Phone: ++41 32 341 22 13 glycine@glycine-watch.ch
Marine Chronometer Manufacture<br />
Manufaktur Chronometerwerk mit Silizium technologie.<br />
Automatikwerk. Gehäuse Rosegold 18 kt.<br />
Erhältlich auch mit kautschuk- oder goldband.<br />
Limitierte Auflage von 350 Exemplaren.<br />
WWW.ULYSSE-NARDIN.COM<br />
ULYSSE NARDIN SA - Rue du Jardin 3 - 2400 Le Locle<br />
+41 32 930 7400 - info@ulysse-nardin.ch