II - CCA Monatsblatt
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Serie Serie<br />
In den folgenden Jahren tauchen immer wieder Berichte und Gegenstände<br />
aus dem Gebiet am oberen Rio Xingu auf, die mit dem Verschwinden der<br />
drei Briten in Verbindung gebracht werden. Ein schweizer Pelztierjäger<br />
will Fawcett als alten Mann getroffen haben, der von einem Indianerstamm<br />
gefangen gehalten werde. Im Jahre 1937 berichtet eine deutsche<br />
Missionarin von einem weißen blauäugigen, blonden Jungen, den sie<br />
für einen Sohn von Jack Fawcett hält. Es tauchen Tagebücher und ein<br />
Kompass von Fawcett auf, sowie 1951 ein Skelett und ein Schrumpfkopf,<br />
die ihm angeblich zugeordnet werden. Alle Berichte und die Herkunft<br />
der Gegenstände erweisen sich bei näherer Prüfung als nicht mit dem<br />
Verschwinden der Gruppe in Zusammenhang stehend.<br />
Anfang der fünfziger Jahre gibt Fawcetts Sohn Brian nach dem Tod<br />
seiner Mutter ein Buch heraus mit dem Titel: „Exploration Fawcett“, das<br />
sich auf die Tagebücher und Briefe seines Vaters stützt. Auch er begibt<br />
sich selber mit einem kleinen Flugzeug auf die Suche nach seinem Vater,<br />
seinem Bruder und dessen Freund, ohne jeden Erfolg.<br />
Im Jahre 1996 leitet der Brasilianer James Lynch eine Expedition auf der<br />
Spur von Fawcetts vermisster Truppe. Sie gelangen auch zu dem Stamm<br />
der friedlichen Kalapalos, werden dann aber von einem Nachbarvolk<br />
gefangen genommen und müssen gegen ein Lösegeld von 30 000 Dollar<br />
freigekauft werden. So weit bekannt, versuchten bis heute 13 Expeditionen<br />
das Schicksal der beiden Fawcetts sowie Raleigh Rimells aufzuklären, bei<br />
denen etwa 100 Teilnehmer ihr Leben verloren.<br />
Ruhig ist es um Percy Fawcett bis heute nicht geworden. Da er dem<br />
Okkultismus nicht abhold war, tummeln sich zahlreiche pseudoreligiöse,<br />
spiritistische Gruppierungen in den Medien, die heute noch an die im<br />
Regenwald versunkene Ruinenstadt „Z“ glauben und den verschollenen<br />
Oberst wie ein Idol verehren. Aber auch der Journalismus profitiert von<br />
dem Verschwinden Fawcetts, da dieses Thema vor allem in ereignislosen<br />
Zeiten immer für eine spannende Erzählung gut ist.<br />
Oder man schreibt gleich ein ganzes Buch wie der amerikanische<br />
Journalist David Grann. Er macht sich im Jahre 2005 nach Brasilien<br />
auf in das Quellgebiet des Rio Xingu. Von Cuiabá fährt er mit einem<br />
Geländewagen zwei Tage bis zu dem Ort Bacaerí, wofür Fawcett und<br />
seine Begleiter damals einen Monat beschwerlichen Rittes benötigten.<br />
Er fragt seinen einheimischen Fahrer, wo denn der Wald sei, den<br />
Fawcett damals beschrieb. Der antwortet nur knapp: „weg“; soweit das<br />
Auge reicht, Soja- und Sonnenblumenfelder. Auch Grann kommt in die<br />
Ansiedlung der Kalapalos, wo ihm alte Leute die gleiche Geschichte über<br />
den Verbleib von Fawcett und seinen Begleitern erzählen wie den früheren<br />
Suchexpeditionen. So ergeben sich keine Neuigkeiten über den Verbleib<br />
der drei Verschollenen, aber aus dem Stoff ist ein spannend zu lesendes<br />
Buch hervorgegangen, das sich mit hoher Auflage verkauft; so hat sich<br />
für den Autor die Mühe der Reise gelohnt. Sicherlich wird es Nachfolger<br />
geben, die das Thema Fawcett vermarkten werden.<br />
Trotz aller Nachforschungen bleibt die Todesursache von Percy<br />
Fawcett, seinem Sohn Jack und dessen Freund Raleigh Rimell also bis<br />
heute ungeklärt. Gegen wilde Tiere hatten sie Gewehre bei sich, gegen<br />
ein Verhungern spricht der damalige Wildreichtum der Gegend, dass sie<br />
unterhalb eines Kataraktes ertrunken sind ist ebenso unwahrscheinlich, da<br />
sie zu Fuß unterwegs waren und gerade die Flüsse mieden. So bleiben als<br />
Todesursache Tropenkrankheiten wie Malaria und Gelbfieber sowie durch<br />
Insektenstiche hervorgerufene Infektionen oder aber als wahrscheinlichste<br />
Ursache doch ein nicht natürlicherTod durch giftige Pfeile der Ureinwohner.<br />
Nachwort<br />
David Grann trifft 2005 am Rio Culuene, einem Quellfluss des Rio<br />
Xingu, den amerikanischen Anthropologen Dr. Michael Heckenberger<br />
vom Anthropologischen Institut der Universität von Florida. Er zeigt ihm<br />
geringe Höhenunterschiede im Gelände und erläutert, dass es sich um<br />
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