II - CCA Monatsblatt
II - CCA Monatsblatt
II - CCA Monatsblatt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Titel Titel<br />
Wie funktioniert “Zertifizierung”?<br />
Erläuterungen am Beispiel der<br />
Ökolandwirtschaft<br />
In der Zertifizierung geht es, salopp gesagt, um die Umsetzung des<br />
Mottos: “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser”1.<br />
Fachmännischer ausgedrückt klingt das dann in etwa so: “Allgemein<br />
versteht man unter Zertifizierung die Überprüfung von gesamten<br />
Unternehmen, Betriebsabläufen, Dienstleistungen oder Produkten auf<br />
die Erfüllung von bestimmten Kriterien hin (…) die Zertifizierung (der<br />
Konformität) ist eine Maßnahme durch einen unparteiischen Dritten<br />
(…), durch das dabei erlangte Zertifikat bestätigt die Organisation die<br />
Einhaltung der Normenvorgaben gegenüber Kunden, der Öffentlichkeit<br />
und den Mitarbeitern (…), was meist durch ein Gütesiegel oder -zeichen<br />
bestätigt wird” 2<br />
Diese aus der Welt der ISO-Normen3 zusammengestellten<br />
Definitionsbruchstücke beziehen sich nicht nur, wie man geneigt<br />
sein könnte anzunehmen, auf Unternehmen aus der Wirtschaft. Auch<br />
im landwirtschaftlichen Kontext gibt es zahlreiche und vielfältige<br />
Zertifizierungen auf Grundlage von staatlichen wie privaten Normen<br />
und Verordnungen sowie Kontrollsystemen und -mechanismen zur<br />
Überprüfung ihrer Einhaltung.<br />
Hauptaufgabe der Landwirtschaft ist es schließlich, unsere Ernährung<br />
sicherzustellen und zugleich die Gesundheit der Konsumenten zu<br />
schützen. Dabei ist Landwirtschaft eine Angelegenheit von Vertrauen und<br />
Kontrolle: das Vertrauen der Konsumenten in Nahrungsmittelproduzenten,<br />
die ihre Gesundheit zu schützen priorisieren und die Kontrolle, die von<br />
Dritten durchgeführt wird (die sog. Drittzertifizierung bzw. certificacion<br />
1 Redewendung, die angeblich vom russischen Politiker Lenin stammen soll. Will besagen, man<br />
soll sich nur auf das verlassen, was man nachgeprüft hat.. Der Ausspruch ist in seinen Werken<br />
nicht vorhanden und kann deshalb auch nicht offiziell bestätigt werden. Belegt dagegen ist, dass<br />
Lenin sehr häufig das russische Sprichwort „Vertraue, aber prüfe nach“ gebraucht hat. Quelle:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrauen_ist_gut,_Kontrolle_ist_besser!<br />
2 Quelle: http://www.quality.de/cms/lexikon/lexikon-z/zertifizierung.html<br />
3 Eine ISO-Norm ist eine von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) publizierte<br />
Norm.<br />
por tercera parte z.B. durch den Staat mittels seiner Institutionen oder<br />
durch private Zertifizierungsfirmen), um zu überprüfen ob dem tatsächlich<br />
so ist. Das Ausmaß an Kontrollen bleibt jedoch nur auf Stichproben<br />
beschränkt. Vertrauen ist also zwangsläufig großgeschrieben, wenn es<br />
um Nahrungsmittel geht. In der Ökologischen Landwirtschaft ist es ein<br />
Hauptanliegen, dem Konsumenten gesundsheitsfördernde rückstandsfreie<br />
Nahrungsmittel anzubieten. Es handelt sich um eine Wirtschaftsform mit<br />
ganzheitlicher Betrachtung des Betriebsorganismus und seiner Kreisläufe.<br />
Ökoprodukte lassen sich vor allem dadurch charakterisieren, dass sie ohne<br />
Einsatz von Agrochemikalien und gentechnisch veränderten Organismen<br />
(Saatgut, etc.), unter Umweltschutzbedingungen und der Erhaltung und<br />
Förderung der Bodenfruchtbarkeit hergestellt werden.<br />
Ein ökologisch erzeugtes und zertifiziertes, mit Gütesiegel ausgestattetes<br />
Produkt kommuniziert dem Konsumenten, dass seine Herstellung<br />
unter Einhaltung von gesetzlichen und/oder privaten Normen und einer<br />
entsprechenden Konformitätskontrolle durch neutrale Dritte produziert<br />
wurde.<br />
WennineinerProduktionseinheitallestattfindendenProzesseregel-bzw.<br />
normenkonform durchgeführt wurden, bestätigen die Zertifizierungsfirmen<br />
dem Landwirt bzw. der Bauernorganisation diese Einhaltung der Richtlinien<br />
mittels eines Zertifikates. Erst dann darf das Produkt mit einem Gütesiegel<br />
ausgezeichnet werden. Gütezeichen aus dem Ökobereich sind somit ein<br />
Kommunikationsmittel, um dem Konsumenten mitzuteilen, dass er darauf<br />
vertrauen kann, dass, wo der Terminus “Öko” drauf steht, auch tatsächlich<br />
ein Ökoprodukt drin ist.<br />
Obwohl die Kontrolle der Normeneinhaltung nur stichprobenartig<br />
erfolgt, kann der Konsument in der Regel dennoch ein höheres Maß an<br />
Vertrauen entwickeln, denn Ökolandwirtschaft ist für die allermeisten<br />
Ökobauern Überzeugungssache bzw. eine Lebenseinstellung 4 . Wer diesen<br />
Weg beschreitet, unterschreibt innerlich und auch formell einen Vertrag<br />
(compromiso o contrato moral) mittels dessen er der konventionellen<br />
Landwirtschaft und auch der sogenannten Parallelproduktion 5 entsagt und<br />
sich stattdessen verpflichtet, sich einer Umstellungsphase zu unterziehen,<br />
um dann Schritt für Schritt alle Voraussetzungen zur zertifizierten<br />
Ökolandwirtschaft zu erfüllen.<br />
4 Auch im bolivianischen Gesetz zur Förderung des Ökolandbaus wird diese Erkenntnis zum<br />
Ausdruck gebracht: “La Agropecuaria Ecológica es la ciencia y el arte ( Art. 2 des Ley 3525).<br />
5 Parallelproduktion bedeutet die zeitgleiche Praxis konventioneller und ökologischer<br />
Landwirtschaft in ein und derselben Betriebseinheit, im zertifizierten Ökolandbau verboten.<br />
Boliviens Schokoladenseiten 12<br />
<strong>Monatsblatt</strong> 2/2012 <strong>Monatsblatt</strong> 2/2012<br />
13<br />
Boliviens Schokoladenseiten