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Gott wohnt im Dunkel<br />

Zartes Rot spielt um den Gipfel des ölbergs, ein<br />

erstes Ahnen des Tages. Noch liegt das Kidrontal<br />

im Dunkel, doch die Terrassen am Osthang der<br />

Davidsstadt schimmern in fahlem Grau. Die<br />

Mauern und Zinnen auf dem Millo heben sich im<br />

Zwielicht scharf gegen den schwarzen Hintergrund<br />

des Stadttals ab. Nur hier oben auf der<br />

Höhe des Tempels wird es heller.<br />

Eine Bewegung? Dort, wo der Stufenweg vom<br />

Millo heraufführt? Drei Gestalten steigen herauf,<br />

kommen näher, gemessenen Schrittes, verhalten<br />

in den Bewegungen. Jetzt erreichen sie das Tor an<br />

der Südseite des Tempelplatzes, halten, wenden<br />

die Gesichter nach Osten. Siestehen schweigend,<br />

sehen, wie die Morgenröte mit zitternden Fingern<br />

über den ölberg tastet und nach den zarten Federwölkchen<br />

greift.<br />

„Der Herr hat die Sonne an den Himmel gestellt;<br />

er hat aber gesagt, er selber wolle im Dunkel<br />

wohnen."<br />

Der in der Mitte hat es gesagt, verhalten, mit<br />

schwebender Stimme. Der zur Rechten wendet<br />

sich ihm zu: „Mein König, gestern hast du mit<br />

diesen Worten das Heiligtum Jahwe übergeben."<br />

Er zögert, setzt dann entschlossen hinzu: „Es war<br />

wohl nicht Zufall, daß du gerade diese Worte<br />

wähltest?"<br />

Der in der Mitte regt sich nicht. Er blickt in die<br />

wachsende Helle im Osten. Ein unhörbares Lachen<br />

läßt seine Schultern zucken. „Ben Natan!"<br />

Leise kommen die Worte, so, wie man zu einem<br />

Vertrauten spricht. „Ben Natan, ich habe dich<br />

zum Freund des Königs ernannt, und ich wußte,<br />

warum ich gerade dich zu meinem Freund erwählte."<br />

Lauter dann, lebhaft, als wenn er Widerspruch<br />

erwarte: „Nicht, weil ich deinem Vater<br />

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Dank schuldete!" Er wendet sich um und sieht<br />

Ben Natan in die Augen. „Entscheidend ist, daß<br />

ich dein Herz sah." Er legt Ben Natan die Hand<br />

auf die Schulter. „Ein König ist einsam; so einsam<br />

wie wohl sonst kein Sterblicher. Und ist doch<br />

auch nur ein Mensch. Ein Mensch, der einen anderen<br />

Menschen braucht!" Er reißt sich herum,<br />

winkt den anderen, ihm zu folgen, und schreitet<br />

über den weiten Platz auf den Tempel zu.<br />

„Da bist du, Zadok. Du bist mir treu ergeben,<br />

doch du bist Priester. Und das richtet zwischen<br />

uns eine Schranke auf. Du wirst mir stets ein Gegenüber<br />

sein, einer, der im Namen Jahwes<br />

spricht." Er senkt die Stimme. „Einer, der mir<br />

darum wohl auch hart widersprechen muß.<br />

Wenn es - not tut."<br />

Er winkt mit dem Kopf zur anderen Seite. „Ben<br />

Natan aber ist ,der Freund des Königs'. Ich weiß<br />

nicht, wie ich es erklären soll, vielleicht so: Ein<br />

König muß einen Vertrauten haben; einen Menschen,<br />

der ihm wie ein Du ist, der ihm antwortet,<br />

zustimmt oder widerspricht."<br />

Sie sind dicht vor dem mächtigen Würfel des<br />

Brandopferaltars angelangt, als Zadok antwortet:<br />

„Ich habe den König wohl verstanden. Wenn<br />

ich, ein Priester Jahwes, zu dem König spreche,<br />

dann redet Jahwe zu dem König. Wenn Sabud<br />

Ben Natan zu dir spricht, dann redest du selbst zu<br />

dir, mit der Stimme und mit den Gedanken deines<br />

Freundes." Hat Salomo überhaupt noch hingehört?<br />

Feierlichen Schrittes ist er in die Vorhalle<br />

des Heiligtums getreten, nur einen kurzen Blick<br />

zuvor nach links und rechts, zu den Säulen Boas<br />

und Jachin. Jetzt steht er vor der hohen Doppelflügeltür.<br />

Unaufgefordert schieben Zadok und

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