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Historie und Legende<br />

Der Streit der Gelehrten um die „Minen Salomos"<br />

ist typisch für die Widersprüchlichkeiten<br />

in unserem Bild über diesen König: Dem einen<br />

ein Ausbund der Weisheit, dem anderen der<br />

große Frauenheld, ein Pferdefreund und Förderer<br />

der Seefahrt, ein Verschwender und Blutsauger,<br />

ein Handelsmann mit politischem Weitblick,<br />

ein Intrigant und Brudermörder <strong>—</strong> alles<br />

kann man in diesem Mann finden. In vielen Facetten<br />

erscheint er, buntschillernd, kaum bestimmbar.<br />

Ein schillernder Charakter. Wie war<br />

dieser Salomo wirklich?<br />

Vor mir stapelt sich ein Packen Bücher. Alle befassen<br />

sich mit dem, was im 1. Buch der Könige<br />

in den Kapiteln 1-12 und in den Parallelberichten<br />

des 2. Buches der Chronik von Salomo überliefert<br />

ist.<br />

Das Erstaunliche: So viele Bücher, so viele<br />

Meinungen! Kaum Übereinstimmung über diesen<br />

„weisen König". Zumindest deuten die Autoren<br />

einzelne Begebenheiten' unterschiedlich,<br />

manchmal aber widersprechen sie sich völlig.<br />

Nur in einem Punkt sind sie sich einig: Kaum ein<br />

anderer Herrscher aus jener frühen Zeit hat die<br />

Phantasie der Nachwelt so beschäftigt wie dieser.<br />

Wir sind also in guter Gesellschaft, wenn<br />

auch wir unsere Phantasie spielen lassen.<br />

In der Tat: Die Archäologie hat besonders in<br />

den letzten Jahrzehnten eine Fülle von Fragen<br />

beantworten können. Seit in Jerusalem und im<br />

Negev, in Galil wie im Herzen Judäas großzügige<br />

Grabungen durchgeführt werden, ist auch<br />

über die Zeit der frühen Könige manche neue<br />

Erkenntnis gewonnen worden. Tore und Zitadellen,<br />

Stadtmauern und Paläste kamen ans<br />

Licht. Begebenheiten jener Tage konnten zeitlich<br />

eingeordnet werden. Statuetten und Kultgeräte<br />

gaben Hinweise auf Verbindungen nach<br />

Phönizien oder Ägypten. Hausgerät und Töpferware<br />

bieten Gelegenheit, uns in das alltägliche<br />

Leben des zehnten vorchristlichen Jahrhunderts<br />

zu versetzen.<br />

Eins aber vermag die Archäologie nicht: uns<br />

Auskunft über das Wesen und den Charakter<br />

Salomos zu geben. Der Spaten legt die Umwelt,<br />

in der er lebte und die er sich schuf, frei. Eine<br />

Grabung bringt ans Licht, welche Bauwerke Salomo<br />

schuf, wie er sein Land durch militärische<br />

Maßnahmen zu sichern oder durch Handel zu<br />

fördern versuchte. Doch wie und was er dachte,<br />

verrät keine Elfenbeinschnitzerei. Welche Motive<br />

ihn bewegten, läßt keine Kasemattenmauer<br />

erkennen. Hier sind wir auf die schriftlichen Berichte<br />

angewiesen, in unserem Fall auf das 1.<br />

Buch der Könige und das 2. Buch der Chronik.<br />

Auch diese werden uns nicht auf alle unsere<br />

Fragen Antwort geben. Die Bibel will das Handeln<br />

Gottes verkünden, des Gottes, der der<br />

Herr der Geschichte ist. Auch ein Salomo „in all<br />

seiner Herrlichkeit" bleibt darin nur ein<br />

Mensch, ein schwacher Mensch. Die Bibel interessiert<br />

sich für ihn nicht, weil er als ein Großer<br />

der Weltgeschichte galt, sondern weil auch<br />

er einer der vielen Menschen war, durch die und<br />

an denen Gottes Handeln spürbar wird. Um ein<br />

Bild zu gebrauchen: Historie ist für die Bibel das<br />

Schachbrett, Salomo vielleicht einer der beiden<br />

Könige. Eine Hauptfigur, aber eben nur eine Figur.<br />

Wichtig ist allein der, der die Figuren zieht;<br />

man erkennt ihn an seinen Zügen. Seine Hand<br />

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