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es bislang auch. Ihr erster König, dieser Saul, war<br />
noch ein rechter Bauerntölpel. David? Ganz<br />
ohne Zweifel ein Großer, einer, den sein Gott zur<br />
Höhe führte. Und doch immer noch ein Hirtenjunge,<br />
selbst auf dem Throne noch. Erst sein<br />
Sohn, dieser Salomo, paßt in den Purpur. Er<br />
weiß zu leben, hat die rechte Art der Könige. Er<br />
besitzt Lebensart, wird Schwiegersohn des Pharao<br />
und macht dessen Tochter, wie es sich gehört,<br />
zu seiner Hauptfrau. Er soll ihr ja einen wahrhaft<br />
königlichen Palast erbaut haben. Nun, gerade<br />
unsere Reise beweist ja, daß sich so etwas auszahlt.<br />
Mein König Hiram kommt da beinahe schlecht<br />
weg. Gewiß, auch aus seinem Hause hat sich dieser<br />
weise Salomo ein Weib geholt. Aber, man soll<br />
es kaum für möglich halten, dieser Salomo ist sogar<br />
einem syrischen König im Handeln überlegen.<br />
Channo kann ein Schmunzeln nicht verbeißen.<br />
Gibt doch dieser Salomo unserem König Hiram<br />
zwanzig Dörfer in Zahlung, die keinen Ochsenkopf<br />
wert sind. Und als Hiram in einem Briefsich<br />
darüber beklagt, da gibt der Jude nicht einmal<br />
Antwort.<br />
Wieder muß Channo zu Adoniram hinübersehen.<br />
Der scheint die Königin ganz schön in seinem<br />
Garn zu haben! Nun ja, auch diese höfische<br />
Kunst, andere einzufangen, kommt wohl aus<br />
Ägypten. Es sieht mir ganz so aus, als sei dieser<br />
Adoniram bei der Pharaonin in die Schule gegangen.<br />
Jetzt hat er auch noch <strong>—</strong> die Königin hat<br />
es nicht einmal bemerkt<strong>—</strong>sein Ziel erreicht: Von<br />
der Weisheit Salomos erzählt er. Was sagt der<br />
Dolmetscher? Die Königin bitte um ein Beispiel<br />
dieser Weisheit? Wie Adoniram sich nötigen<br />
läßt! Fast sieht es so aus, als sei es pure Bescheidenheit,<br />
doch ich habe ihn ja auf der langen Reise<br />
kennengelernt: es ist Berechnung! Er will die<br />
Königin auf die Folter spannen. Jetzt gibt er nach,<br />
mit einem Blick, der um Vergebung heischt; um<br />
Verzeihung, daß er, der untertänigst ergebene<br />
Adoniram, der hohen Herrin von der Weisheit<br />
Salomos berichten darf.<br />
Ist es Absicht, daß er so leise beginnt? Er zwingt<br />
damit die anderen, die da eben noch scherzten,<br />
jetzt zu schweigen. Damit dem Dolmetsch ja kein<br />
Wort entgeht und die Königin nicht warten muß!<br />
Und unwillkürlich hat sich der Übersetzer dem<br />
Tonfall angepaßt. Des Juden Stimme schwebt<br />
nur noch im Raum.<br />
„Zwei Frauen brachten ihren Streit vor den König.<br />
Ach mein Herr, hub die eine an, wir wohnten<br />
beide in einem Hause. Und drei Tage, nachdem<br />
ich ein Söhnchen geboren, gab auch diese da einem<br />
Jungen das Leben. Doch dieses Weibes<br />
Sohn starb in der Nacht. Sie aber stand auf, nahm<br />
meinen Sohn,derweil ich schlief, von meiner Seite<br />
und legte ihren toten Sohn in meinen Arm. Als es<br />
aber Morgen ward, erkannte ich, daß es nicht<br />
mein Sohn war, der tot auf meinem Bett lag. Die<br />
andere aberstritt: Nicht also, mein Sohn lebt, und<br />
deiner starb! Die erste widersprach: Nein, meiner<br />
lebt, und deiner starb!"<br />
Die Königin hat sich vorgebeugt, forscht: „ War<br />
denn da niemand, der die Kinder kannte?" „ Kein<br />
Mensch hatte sie gesehen. So kam es, daß jetzt<br />
Aussage gegen Aussage stand."<br />
Die Königin zieht die Brauen hoch. „ Wer sollte<br />
da entscheiden mögen?" Adoniram lehnt sich zurück,<br />
als bemerke er die Spannung nicht, die auf<br />
den Gesichtern liegt. „Und was tat der weise Kö-<br />
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