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Channo beginnt zu begreifen<br />

Die Landratten aus Juda behielten recht. Der<br />

Wind war umgeschlagen, wehte stetig nun aus<br />

Süd. Kynon schlich geduckt umher, da alle ihn<br />

verspotteten. „ Wie war das doch, Kynon? Wir<br />

kehren nie zurück zur Heimat?" Doch es lag in<br />

ihrem Spott keine Feindschaft. Sie alle waren ja<br />

viel zu glücklich, um hassen zu können. Welche<br />

Schätze bargen die Schiffe! Und es ging heimwärts,<br />

immer nach Norden, nach Norden.<br />

Steif standen die Segel, als die Flotte gegen die<br />

Meeresströmung ankämpfte. Es kam der Tag, an<br />

dem Channo die Mannschaft nach achtern rief.<br />

Erwartungsvoll drängten sie sich auf dem Deck.<br />

Channo trat an den Rand des erhöhten Achterdecks,<br />

winkte dem Graukopf, der mit ihm in Tarschisch<br />

gewesen war. „ Tritt vor, Alter, und sieh!"<br />

Channo streckte den Arm aus. In der Hand hielt<br />

er eine Schnur, an deren Ende ein gerader Stab<br />

hing. „ Wie weist der Schatten, Alter?" Graukopf<br />

bückte sich vor, betrachtete den kurzen Schatten,<br />

den der Stab auf das Deck warf. Nun blinzelte der<br />

Alte zur Sonne hinauf. Ein Lachen lief über seine<br />

verwitterten Züge: „Männer! Dieser lotrecht<br />

hängende Stab wirft seinen Schatten nach Nord.<br />

Die Sonne steht wieder im Süden!" Lärm brandete<br />

auf, Kynon drängte vor, starrte auf den<br />

Schatten, blickte zu Channo empor, der jetzt den<br />

Stab fallen ließ. Kynon sprach kein Wort, nickte<br />

nur stumm. Da schwand auch der letzte Zweifel.<br />

Die Sonne war wieder in ihrer Bahn, nun wurde<br />

alles, alles wieder gut.<br />

Doch es verstrichen nochmals Woche um Woche,<br />

ehe die Insel Sukatara aus dem Ozean tauchte.<br />

Auf Westkurs ging die Flotte dann, der Wind<br />

kam nicht mehr achterlich, sondern von der Seite.<br />

Doch es reichte, den Kurs durchzuhalten. Eines<br />

120<br />

Morgens stieg ein schroffes Vorgebirge aus dem<br />

Dunst. Kap der Hunde nannten es die Lotsen, die<br />

Channo in Sukatara an Bord genommen hatte.<br />

Bald darauf lief die Flotte in eine zauberhafte<br />

Bucht ein. Schwarze Felswände ragten aus der<br />

kristallenen Bläue des Wassers, sie boten Schutz<br />

vor dem Wind.<br />

Fremdartige Schiffe lagen hier vor Anker. Die<br />

Lotsen wußten zu berichten, daß sie aus fernen<br />

Landen weit im Osten kamen. Welch ein Lärm<br />

im Hafen! Schlimmer noch als in Tyrus, ein<br />

Schachern und Feilschen wie in Tarschisch, doch<br />

nicht um Zinn oder Elfenbein aus dem Nordmeer,<br />

nicht um den Bernstein, die Tränen der<br />

Sonne. Weihrauch bot man hier feil, in Ballen<br />

säuberlich in Strohmatten verpackt. Schon am<br />

ersten Abend gab es Ärger mit Seeleuten, die aus<br />

dem Reich des Pharao kamen. Argwöhnisch hatten<br />

sie die Phönizier beobachtet. Was suchten die<br />

hier? Wie kamen sie überhaupt hierher? Die Seefahrt<br />

auf diesem Meer gehört allein dem Pharao<br />

und seinen Flotten!<br />

Channo sah: Kam es zum Streit, dann war die<br />

Heimkehr gefährdet. Auf diesem Meer besaß der<br />

Pharao die Herrschaft. Channo wollte Erkundigungen<br />

einziehen, woher der Weihrauch komme.<br />

Doch Adoniram hatte es schon erfragt: In den<br />

Gebirgstälern des Hinterlandes wuchsen die<br />

Sträucher wild. Für heilig hielt man die Bäumchen,<br />

für heilig auch die Familien, die das Vorrecht<br />

besaßen, die Stämme anzuritzen und das<br />

aus der Wunde sickernde Harz zu sammeln.<br />

Channo wollte weiter. Ihn drängte nicht Heimweh,<br />

sondern die Sorge, ob nicht der Pharao ihm<br />

den Weg verlegen könnte. Channo war nicht nur<br />

Seemann. Ein Phönizier war immer, auch wenn

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