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über die wir ja einen Bildbericht besitzen, dürfte<br />
auch für die Ofirexpeditionen Salomos zutreffen.<br />
Gewiß, Salomo hat im Anfang seines Königtums<br />
hart durchgegriffen, als es galt, seinen<br />
Thron zu sichern. Doch stets waren es einzelne<br />
Personen, an denen er Gewalt übte. Uns ist aus<br />
seiner langen Regierungszeit aber kein einziger<br />
Fall bekannt, wo er mit dem Schwert oder auch<br />
nur unter Androhung von Gewalt gegen ganze<br />
Stämme, Städte oder gar Völker vorging. Im<br />
Gegenteil, als Rezon von Damaskus sich selbständig<br />
machte, ließ Salomo ihn gewähren und<br />
versuchte nicht, mit militärischer Gewalt den<br />
Norden zurückzugewinnen. Und auch den<br />
Edomiter Hadad ließ er, soweit wir wissen, unbehelligt.<br />
Ausgerechnet in Übersee, im fernen Ofir, sollte<br />
Salomo seinem Namen Unehre getan und sich<br />
als Räuberkönig erwiesen haben? Es scheint<br />
unwahrscheinlich, zu fern dem, was wir an Spuren<br />
dieses Königs fanden. Die Annahme, er<br />
habe auch in diesem Fall seinen Vorteil im Handel<br />
gesucht, entspricht dem Wesen dieses Mannes<br />
viel besser.<br />
Wenn wir dem zustimmen, bleibt nur noch die<br />
Frage, was Salomo seinen Schiffsleuten mit auf<br />
den Weg gegeben haben mag. Weizen und öl,<br />
wie einige Kommentare meinen? Kaum, denn<br />
Hunger litten die Eingeborenen Afrikas wohl<br />
nicht. Doch an „Industriegütern" hatten sie<br />
Mangel: an Tuchen, an Hausgeräten aller Art,<br />
an Messern, Äxten und anderem Werkzeug. In<br />
Tyrus gab es davon genug. Und außerdem: Solche<br />
Dinge benötigen wenig Stauraum, sind auch<br />
nicht verderblich wie etwa Lebensmittel. Ich<br />
vermute deshalb, daß Salomo seinen Leuten<br />
dieselben Tauschartikel mitgab, wie sie - Jahrtausende<br />
später <strong>—</strong> die Portugiesen, die Spanier<br />
oder Holländer mit sich führten: billigen<br />
Schmuck, bunte Glasperlen, bedruckte Tuche,<br />
Werkzeuge und Geräte jeder Art. Fünfhundert<br />
Jahre nach Salomo haben es auch die Karthager<br />
so gehalten, als sie an der Westküste Afrikas<br />
nach Süden vorstießen. Und was für Afrika gilt,<br />
das gilt auch, in noch stärkerem Maße sogar,<br />
wenn wir - wie es oft geschieht <strong>—</strong> Ofir nach Indien<br />
verlegen. In Indien hätte man für Getreide<br />
oder öl kein Interesse gefunden, aber kaum<br />
auch für die eben aufgeführten Tauschgüter.<br />
Denn Indien - ein Land von hoher Kultur - besaß<br />
selber eine reiche Auswahl an derlei Dingen!<br />
Für jeden, der Ofir in Indien sucht, bleibt<br />
daher die Frage: Womit hätte wohl Salomo in<br />
Indien das Gold und Elfenbein bezahlt? Die<br />
Antwort muß offen bleiben. Gerade dies aber<br />
spricht ein weiteres Mal dafür, daß wir Ofir -<br />
und Punt - in Afrika zu suchen haben.<br />
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