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Mißglückte Meuterei<br />

Channo blickte verächtlich auf das Schiffsvolk<br />

hinab, das sich lärmend auf dem Mitteldeck<br />

drängte. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr,<br />

daß der Schiffsführer Chenibal eine Handvoll<br />

verläßlicher Leute herangewinkt hatte. Asarja<br />

undAdoniram, die Beauftragten Salomos, traten<br />

aus dem Sonnenzelt. Gemächlich schlenderten<br />

sie über das Achterdeck. Doch Channo sah, daß<br />

sie die Hand am Schwert hielten, Männer, die unter<br />

David gedient hatten.<br />

Auch auf den Nachbarschiffen schien man wachsam<br />

zu sein. Es war wohl nicht Zufall, daß Charams<br />

Segler enger aufschloß. Und drüben an<br />

Backbord ließ eben Geber einen Mann zum<br />

Mastkorb aufentern. Er sollte wohl ausschauen,<br />

warum sich hier auf der „Arvad" das Schiffsvolk<br />

nach achtern drängte. Hilfe war also nah, falls es<br />

hart auf hart kam.<br />

Doch Channo war überzeugt, daß er die aufkeimende<br />

Meuterei allein werde bändigen können.<br />

Zu oft schon hatte er aufmuckendes Schiffsvolk<br />

zur Vernunft gebracht. Er würde auch mit diesen<br />

hier fertig werden <strong>—</strong> bei der großen Göttin Bellt<br />

Gibla!<br />

„ Wer etwas zu sagen hat, der trete vor!" Er hatte<br />

es nicht einmal laut gesagt. Doch die Matrosen<br />

duckten die Köpfe, drängten sich enger zusammen<br />

und suchten sich durch Blicke zu ermuntern.<br />

Jetzt schoben sie einen Blatternarbigen nach<br />

vorn. Sieh an, den krätzigen Kynon von Zypern<br />

haben sie zu ihrem Wortführer ernannt! Hat der<br />

Kerl wirklich die Stirn, etwas zu sagen?<br />

„ Wir wollen umkehren!" bellte Kynon heraus.<br />

Channo sah ihn nicht einmal an, fragte nur<br />

„ Warum?", und es klang gelangweilt. Einen Augenblick<br />

verschlug es Kynon die Sprache, dann<br />

schnappte er zurück: „ Warum? Weil diese Fahrt<br />

in die Hölle führt!" Die Männer im Hintergrund<br />

schrien durcheinander, drängten näher. Das gab<br />

Kynon neuen Mut: „Geben uns die Götter nicht<br />

ein deutliches Zeichen?" Er wies zur Sonne.<br />

„ Wer hat je gesehen, daß die Sonne zur Mittagszeit<br />

im Norden stand?" Seine Stimme überschlug<br />

sich: „Der Wagen der Sonne hat seine Bahn verlassen!<br />

Schemesch zieht jetzt einen Weg, wie noch<br />

kein Mensch ihn jemals sah. Seit heute früh die<br />

Küste zurückwich, haben wir Kurs nach West;<br />

und die Sonne steht uns zur Rechten. Sie steht in<br />

Mitternacht am hellen Mittag!"<br />

„Sonst noch etwas?" spottete Channo. „Noch<br />

etwas?" heulte Kynon. Dann fing er sich: „Ja,<br />

noch etwas! Seit Wochen, seit wir die Insel Sukatara<br />

hinter uns ließen, haben wir den Wind im<br />

Rücken. Tag um Tag, Woche um Woche weht es<br />

hier von Norden. Gute Fahrt gab uns der Gott der<br />

Winde. Zu gute Fahrt! Nur: umkehren können<br />

wir nicht. Nie!" Er hob die Fäuste gegen den<br />

Himmel. „Es gibt keine Heimkehr für uns. Stets<br />

kommt auf diesem gottverlassenen Meer der<br />

Wind von Norden."<br />

„Schlimm, ganz schlimm!" höhnte Channo.<br />

„Doch eines hast du noch vergessen: Auch die<br />

Strömung trägt uns stetig nach Süden." Kynon<br />

duckte sich. „Ich habe es wohl bemerkt! Doch<br />

wenn nur ein einziges Mal der Wind umgesprungen<br />

wäre! Ein steifer Wind aus Süd brächte uns<br />

auch gegen die Strömung heim. Aber nein: immer<br />

bläst es nur aus Nord! Immer nur aus Nord!"<br />

Er wandte sich seinen Gefährten zu: „Es gibt<br />

keine Rückkehr mehr, keine!" Er schrie es, fast<br />

hysterisch.<br />

Breitbeinig stand Channo auf dem Achterdeck.<br />

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