Not just pants - kathrin eckhardt
Not just pants - kathrin eckhardt
Not just pants - kathrin eckhardt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kathrin Eckhardt<br />
NEW SLETTER 01/13<br />
WRITING<br />
TRAFFIC - NEW S TO-GO - Berliner Monatszeitung<br />
• Traumjob: Style-Ikone<br />
• Tom Fords Blick auf James Bond<br />
NZZ - Sol & Haben<br />
• Stilikone: Diana Vreeland<br />
• Die Diamanten sind die Stars / Cannes Film Festival<br />
• Stilikone: Veruschka von Lehndorf<br />
• Frauen sind die schöneren Männer.<br />
Der:Die:Das:<br />
• <strong>Not</strong> <strong>just</strong> Pants / Die Hose von MC Hammer<br />
Gentlemen‘s Report<br />
• Der Friesennerz: der Urtyp aler Regenjacken<br />
Texte in Online-Medien:<br />
www.glassymag.ch - Konzepterin und Autorin „The View“<br />
www.hopehope.ch - Kolumne: The Curiosity of Fashion
8 Feuilleton<br />
von Dr. Inge Schwenger-Holst,<br />
Medizinerin, Unternehmerin und Vorsitzende<br />
des Vereins call a doc.<br />
Mehr nicht?<br />
„Es gibt Empfindungen, die man einfach<br />
niemals haben kann, wenn man<br />
keine Vorhaut hat.“ Dies ist zumindest<br />
die Quintessenz von Paul Tardiff,<br />
der sich mit 30 einer Beschneidung<br />
unterzogen hat.<br />
Während Ferkel in Europa mit gutem<br />
Grund die Hoffnung haben können, in<br />
Zukunft nicht mehr ohne Betäubung<br />
kastriert zu werden, ist es sogar in den<br />
USA üblich, die Beschneidung von<br />
Säuglingen ohne Narkose durchzuführen.<br />
1870, dort als Mittel gegen die verpönte<br />
Masturbation eingeführt, wurde<br />
die Circumcision später – inzwischen<br />
längst widerlegt – als das Non plus ultra<br />
der männlichen Sexualhygiene vor<br />
allem von feministischen Organisationen<br />
gepredigt. Das letzte Woche ergangene<br />
Kölner Urteil, das zum ersten<br />
Mal die nicht medizinisch begründete<br />
Beschneidung bei männlichen Kindern<br />
für Unrecht erklärt, ist inzwischen einem<br />
Sturm der Entrüstung ausgesetzt.<br />
Ein Sturm, der die Pein, die Risiken<br />
– immerhin ca. 200 Todesfälle in den<br />
USA infolge von Beschneidungen pro<br />
Jahr – und vor allem einen irreversiblen<br />
Eingriff in die Sexualität ohne Möglichkeit<br />
der Selbstbestimmung des Patienten<br />
negiert. Offenbar fern jeglicher<br />
Sachkenntnis über Folgen und Durchführung<br />
dieses Eingriffs meint sogar der<br />
Ethikprofessor Michael Bongardt im<br />
Cicero, dass der durch das Kölner Urteil<br />
geführte Angriff gegen eine religiös<br />
fundierte Tradition mehr Schaden als<br />
Nutzen anrichte.<br />
Nun Herr Bongardt, wagen wir doch<br />
einen kleinen Ausflug allein in die möglichen<br />
postoperativen Komplikationen,<br />
welche da wären: Harnverhaltung, Meatitis,<br />
Meatusulzeration, Meatusstenose,<br />
Verwachsungen, begrabener Penis,<br />
Phimose, und weitere. Die Veränderungen<br />
am Meatus, sprich der Harnröhrenöffnung,<br />
treten vorwiegend bei<br />
Beschneidungen auf und das in einer<br />
Häufigkeit von immerhin über 5%.<br />
Sicher, aus Frauensicht ist ein beschnittener<br />
Penis durchaus nicht unattraktiv<br />
und der Reinigungsmodus ist deutlich<br />
vereinfacht, aber kann dies Grund sein,<br />
Tausende von Säuglingen und Schulkindern<br />
der mehrtägigen Qual und dem<br />
lebenslangen – vielleicht ungewollten<br />
– Eingriff in ihre Sexualität zu unterziehen?<br />
Schön wäre es, wenn wir, vor den<br />
Ferkeln, unsere eigenen Winzlinge vor<br />
unnötigen Qualen zu schützen wüssten.<br />
CALL A DOC<br />
die 24-7 Hotline für Ihr<br />
medizinisches Problem<br />
01805 - 32 13 03<br />
(0,14 EUR/min aus dem Festnetz)<br />
Ausgabe N°25 Juni / Juli 2012 Jahrgang 4 trafficnewstogo.de<br />
trauMJob:<br />
STYLEIKONE<br />
von Kathrin Eckhardt, Zürich<br />
„GIOVANNA, GIOVANNA“ SCHREIT<br />
es pünktlich zum Auftakt der Modewochen<br />
auf den Straßen der großen Metropolen, wenn<br />
die langbeinige Italienerin in ihren auserwählten<br />
Designerkleidern vor den grossen Schauen erscheint.<br />
Giovanna Battaglia ist Moderedakteurin<br />
bei «L’Uomo Vogue» und arbeitet als freie<br />
Stylistin für Magazine wie das «W Magazine» in<br />
New York. Sie ist spätestens seit der schnellen,<br />
medialen Verbreitung durch die Online-Medien<br />
eine Modeikone. Die Blogger aus aller Welt<br />
fotografieren ihren Look, Tausende von Usern<br />
klicken auf ihr Bild, und sogar die Printmedien<br />
verwenden die Bilder der schönen Italienerin in<br />
Rubriken wie «Look of the moment».<br />
Erste Erfahrungen in der Modewelt sammelte<br />
sie als Model für Dolce & Gabbana. Heute gehört<br />
sie nicht mehr auf den Catwalk, sondern<br />
sitzt im Publikum neben dem Laufsteg und<br />
beobachtet die neusten Trends. Doch die Rolle<br />
der Moderedakteure als stille Beobachter des<br />
Modegetümmels durchmischt sich immer mehr<br />
mit der Rolle der aktiven Mitspieler im Geschäft.<br />
Sie werden durch ihre mediale Präsenz, die sie<br />
auch durch ihre Selbstinszenierung an den Modewochen<br />
erhalten, für die Marken interessant.<br />
Es ist kein Geheimnis, dass sie Taschen, Tücher,<br />
Sonnenbrillen, Lidschatten, Make-up, Selbstbräuner,<br />
Sandalen, Stiefel, Pumps, Schmuck und<br />
Morgenmäntel von den grossen Häusern in die<br />
Redaktionen geschickt erhalten. Tragen sie die<br />
Mode zur rechten Zeit am rechten Ort, wird sie<br />
im besten Fall zum Top-Seller und die Redakteure<br />
zum Marketing-Instrument.<br />
Anna dello Russo ist eine weitere Hauptdarstellerin<br />
im Modezirkus. Sie zählt zu den auffälligsten<br />
unter den schillernden Moderedakteurinnen<br />
und ist die Chefin der japanischen Vogue. Auf<br />
ihrem eigenen Blog schreibt sie: „I don’t want<br />
to be cool, I want to be fashion!“<br />
Frau dello Russo und Frau Battaglia wechseln<br />
die Seiten in hohem Tempo, befinden sich auf<br />
und neben der Bühne, sind Zuschauende und<br />
Darstellende im Theater der Mode. Doch was<br />
bedeutet die Doppelrolle der Redakteurinnen<br />
für das Modegeschäft?<br />
Die Expertinnen sind selbst Trägerinnen der<br />
Neuigkeiten, die sie in ihrem Medium verbreiten.<br />
von Timo Feldhaus<br />
DEN TRAUERWEIDEN AM Rand<br />
des Heiligen Sees macht das Spaß, sie wiegen<br />
sich im Wind, während zur Privatvilla<br />
hin, am Pool vorbei, der Kellner ein riesiges<br />
cäsarisches Tablett mit einem klitzekleinen<br />
Dessert darauf durch die Menschen balanciert.<br />
Etwas weiter unten am Wasser wird<br />
Eis mit Erbeeren serviert und der beste al-<br />
Das Produkt erhält dadurch seinen Ritterschlag.<br />
Der bunte Jupe von Prada, die Serpenti-Tasche<br />
von Bulgari oder die Sonnenbrille „Culte“ von<br />
MiuMiu sind damit geprüft, für gut befunden<br />
und öffentlich vertretbar. Die Redakteurinnen<br />
schaffen als Stilvorbilder Orientierung. Bedenken<br />
wir die vielen unterschiedlichen Angebote,<br />
ist der Schrei nach Leitfiguren in der Mode<br />
nachvollziehbar. Und die Mode selbst bietet sich<br />
als Orientierungsmittel wunderbar an, denn sie<br />
trägt nach außen, was vom Inneren nicht gezeigt<br />
werden kann. Nur „die Oberfläche bietet<br />
Orientierung“, schrieb bereits der Philosoph Georg<br />
Simmel vor über hundert Jahren.<br />
Die beiden italienischen Modeikonen scheinen<br />
Gefallen daran zu finden, im Rampenlicht zu<br />
stehen. Sie haben sich die Aufmerksamkeit gesichert<br />
und erhalten damit eines der wichtigsten<br />
Güter der Gegenwart. Denn Aufmerksamkeit<br />
bringt Nutzen, sagen die Soziologen, unter<br />
anderem das Sichern von Vorteilen und das<br />
Erlangen von Prestige. Dello Russo und Battaglia<br />
wissen, wie sich ihre neuen Möglichkeiten<br />
auszahlen. Die Moderedakteurinnen werden zu<br />
strategischen Geschäftsfrauen, die ihre Bekanntheit<br />
für Synergien nutzen. Die Chefin der japanischen<br />
Vogue hat gerade eine Accessoire-Kollektion<br />
für den schwedischen Moderiesen H&M<br />
entworfen, berät Modehäuser und sichert ihren<br />
Marktwert täglich auf ihrem Blog www.annadellorusso.com.<br />
Giovanna macht es etwas dezenter. Sie war neben<br />
ihrer Aufgabe als Stylistin und Redakteurin<br />
letztes Jahr das Gesicht des Schmuckbrands<br />
Eddie Borgo. Als ehemaliges Model war sie<br />
dafür prädestiniert. Auf ihrer Homepage steht<br />
ihr Name in Buchstaben aus langen Beinen –<br />
ihrem Markenzeichen. Neben den Bildern mit<br />
ihren Arbeiten, ist auf der Internetseite ein Bildertagebuch<br />
zu finden. Natürlich nutzen beide<br />
Modeikonen Facebook und posten ihre Looks<br />
fast täglich auf ihrer Wall. So erhalten sie sich<br />
ihre Aufmerksamkeit, sichern ihren Status und<br />
erweitern täglich ihr Fan-Netz.<br />
Beide Frauen lieben die Mode aus tiefstem Herzen<br />
- die feinen Stoffe, die Muster und sorgfältige<br />
Verarbeitungsweise. Es scheint, als wollten<br />
sie ihre Freude an der Mode nach außen tragen.<br />
Doch ist das wirklich alles – oder kriegen sie einfach<br />
nicht genug vom reizvollen Ruhm?<br />
Denn Bekanntheit wird zum Statussymbol, Aufmerksamkeit<br />
zum Lebenselixier. Der Soziologe<br />
Markus Schroer sagte: „Das Individuum existiert<br />
durch die Blicke anderer“. Es will im Blitzgewitter<br />
stehen, während die Nebendarsteller<br />
im Schatten bewundernd warten.<br />
WIEDERGEBURT<br />
DES WUNDERKIND<br />
NACH EINER AUSZEIT VON FAST ZWEI JAHREN KEHRT WOLFGANG JOOP<br />
MIT SEINEM LABEL WUNDERKIND WIEDER INS RAMPENLICHT. DES FASHION<br />
ZIRKUS ZURÜCK. EIN BERICHT AUS POTSDAM.<br />
ler Filterkaffees. Aus Berlin, aus Wien, aber<br />
auch aus Tokio sind die Gäste nach Potsdam<br />
gekommen. Und dann tritt Wolfgang Joop<br />
durch die Tür in seinen Garten. Er trägt eine<br />
Sonnenbrille, es ist ein sehr warmer Tag im<br />
Monat Mai. Und Joop hat eine wunderbare<br />
Laune, denn es ist auch ein wunderschöner<br />
Wunderkind-Tag: sein Label, seine Liebe, ist<br />
wieder am Leben.<br />
Kurz zuvor, in der nebenliegenden „Villa-<br />
Wunderkind Herbst/Winterkollektion 2012<br />
© Alexander Palacios<br />
Rumpf“, zwischen den gedrehten Holzsäulen,<br />
die denen des Petersdoms nachempfunden<br />
sind, standen sie alle auf und klatschten<br />
tosend Beifall. Und Wolfgang kam und lief<br />
den extra eingerichteten Catwalk herab, begrüßte<br />
und küsste in Seelenruhe die komplette<br />
erste Reihe, links und rechts. Es sagte:<br />
Ich bin hier Zuhause, wir gehören zusammen,<br />
ihr seid mein „kleiner Kreis“ und ich<br />
noch immer euer kleiner Prinz. Nun schaut<br />
mal was ich für euch gezaubert habe.“ Die<br />
letzte Wunderkind-Kollektion, erzählt mir<br />
eine Journalistin, habe sie selbst damals im<br />
Oktober 2010 in Paris gesehen. Ob Nadja<br />
Auermann auch dabei war? Es ist egal, heute<br />
ist sie da, heute sind sie, das muss man mal<br />
sagen, wirklich alle da. Die Hausmodels Sara<br />
und Lea und die anderen Preussinnen, die mit<br />
der durchscheinenden Haut und den langen<br />
glatten langen Haaren, sie schauen grazil und
30 Mode<br />
By Millicent Nobis<br />
DRYKORN MAKES YOU BEAUTIFUL...<br />
Drykorn is for beautiful people but no one’s stopping<br />
the ugly one’s from shopping there too, so don’t let<br />
your retail therapy go to your head. Whatever your<br />
level of attractiveness is, it will no doubt be improved<br />
by this slim fit, silk lined CAMBRIGE blazer.<br />
www.drykorn.com<br />
DIESEL FITS YOUR BEHIND...<br />
I have serious bum envy after watching Alexander<br />
Richard's tiny derrière being free-spirited on<br />
the streets of New York clad in GRUPEE/ super<br />
skinny's for the new FIT YOUR ATTITUDE campaign.<br />
Probably it has less to do with not owning<br />
these jeans than with the genes that I do own.<br />
www.diesel.com<br />
BEN SHERMAN DOES MAN-BAGS...<br />
No DENIM look is complete without a matching<br />
man-bag. Dress yours in this dark wash PLECTRUM<br />
denim shirt and steal it later because you know double<br />
denim's hip(ster) again.<br />
www.bensherman.com<br />
14 OZ KNOW GOOD JEANS...<br />
14 oz who are “all about denim” open their second<br />
Berlin store in Ku'damm on the 25 th of October. From<br />
G-STAR to PRPS and all what's in between, their denim<br />
section will meet your every denim need.<br />
www.14oz.net<br />
TOGO<br />
Boutique<br />
Ausgabe N°27 Oktober / November 2012 Jahrgang 4 trafficnewstogo.de<br />
tom fordS BliCk<br />
auf JameS Bond<br />
von Kathrin Eckhardt, Zürich<br />
Um zu verstehen, was Daniel Craig als James<br />
Bond in „Skyfall“ trägt, müssen wir den Schöpfer<br />
seiner Garderobe, Tom Ford kennen. Kennen<br />
wir Fords Welt, verstehen wir, weshalb Bonds<br />
Kragen 2012 hochgeschlossen und die Anzüge<br />
körperbetont sind.<br />
Dafür bedarf es einen Blick zurück. Mitte Dreißig<br />
hat Ford bereits alles erreicht, wovon ein<br />
Modeschöpfer träumt. Er hat Gucci mit seinen<br />
Kollektionen aus dem Tief gerettet, für Yves<br />
Saint Laurent designt und jährlich 16 Kollektionen<br />
entworfen. Materiell erreichte der Modeliebhaber<br />
alles, was er sich wünschte. Dann<br />
kam die Krise. Ford wusste plötzlich nicht mehr<br />
wer er war und was er eigentlich wollte. Er verabschiedete<br />
sich von den Mailänder und Pariser<br />
Laufstegen und wandte seinen Blick nach<br />
innen. In dieser Zeit, 2009 drehte er auch seinen<br />
ersten und bisher einzigen Film, „A Single<br />
Man“. Darin verarbeitete der Amerikaner nach<br />
eigenen Angaben seine Midlife Crisis. Es ist<br />
kein Zufall, dass die Hauptfigur George einige<br />
Parallelen zu Ford von damals aufweist: homosexuell,<br />
deprimiert und eigenwillig.<br />
In den ersten Szenen des Films steht der<br />
Hauptdarsteller George auf, macht sich für<br />
den Tag fertig und im Monolog heißt es: „Es<br />
braucht eine Weile, bis ich am Morgen zu<br />
George werde, bis ich in der Erscheinung dem<br />
entspreche, was von George erwartet wird.<br />
Wenn ich angezogen bin und die letzte Lage<br />
Politur auf den steifen, aber ziemlich perfekten<br />
George aufgetragen habe, weiß ich wieder,<br />
welche Rolle ich zu spielen habe.“ – So ist es<br />
auch Ford ergangen, der im Interview mit dem<br />
Filmemacher Michael Bonfiglio für die Dokumentarfilmreihe<br />
„The Visionaries“ erzählt:<br />
„Wenn es mir richtig schlecht geht, ziehe ich<br />
einen tollen Anzug an und schaue, dass ich so<br />
gut wie möglich aussehe, dann fühle ich mich<br />
besser.“ Überhaupt ist Ford den Anzügen verfallen<br />
und im Erschaffen ihrer vielleicht gerade<br />
deshalb ein so großes Talent.<br />
Seit 2007 verkauft Ford perfekte Herrenanzüge,<br />
die für einen stolzen Preis ab 3000 Dollar<br />
erhältlich sind, dafür nur aus den allerfeinsten<br />
italienischen Stoffen bestehen und teilweise<br />
von Hand gefertigt sind.<br />
Für ihr Design orientiert sich der Amerikaner<br />
an sich selbst. Er ist nach eigener Angabe seine<br />
Muse und schafft, was er selbst gerne kaufen<br />
würde. Dabei macht Ford keine halben Sachen:<br />
„Ich möchte immer das Beste von allem:<br />
Die beste Kollektion kreieren, den besten Film<br />
machen, das beste Haus besitzen“, sagte er im<br />
Dokumentarfilm weiter.<br />
Der beste Geheimagent unserer Zeit ist<br />
Bond, James Bond, und deshalb passen die<br />
beiden so gut zusammen, wie ein Paar rahmengenähte<br />
Schuhe zum Gentleman.<br />
James Bond ist eine Figur mit ikonischem Status,<br />
ein englischer Gentleman, stets perfekt gekleidet<br />
und von schönen Frauen umgeben. Die<br />
Erwartungen an sein Äußeres sind groß. Doch<br />
mit Erwartungen hat Tom Ford keine Probleme,<br />
denn seit er Denken kann, hat der Amerikaner<br />
den Drang zum Perfektionismus und<br />
kann deshalb den Ansprüchen des Publikums<br />
locker gerecht werden.<br />
Der Designer erzählte Fern Mallis, Gründerin<br />
der New York Fashion Week, in ihrer Talkshow,<br />
dass er bereits als Kind pedantisch veranlagt<br />
war. „Ich war picky“, sagt er und die<br />
Grundschule besuchte Tom bereits im Anzug<br />
und mit Aktenkoffer, weil er Schultaschen<br />
„messy“ fand. Noch heute ist das Erscheinungsbild<br />
des Designers so perfekt und aufgeräumt<br />
wie eine frisch geputzte Wohnung. So<br />
verhält es sich auch mit den neusten Anzügen<br />
von James Bond in „Skyfall“: Sie spiegeln alles<br />
wider, was in Fords Welt wichtig ist.<br />
Bonds Anzüge sind perfekt auf den Körper zugeschnitten,<br />
konservative Schneider würden gar<br />
behaupten, dass sie etwas zu klein sind. Sie spannen<br />
um die Taille und betonen dadurch den perfekt<br />
trainierten Körper Craigs. Starke Schultern<br />
sind männlich und diese betont Ford gerne extra.<br />
Eine fast waagerechte Linie und ein scharfer<br />
Schnitt zu den Ärmeln betonen den Body von<br />
007 zusätzlich – ziemlich sexy also, so wie Ford<br />
die Männer und sich selbst am liebsten sieht.<br />
Dafür lässt Ford den neuen Bond im Tabkragen<br />
etwas steif erscheinen, so wie ein echter<br />
englischer Gentleman eben auch ist. Dieser<br />
Hemdkragen ist der Extravagante unter seinesgleichen<br />
und wird meist nur von Männern mit<br />
langem Hals und auserwähltem Geschmack<br />
getragen. Der Tabkragen stammt, wie Bond,<br />
aus England und wird durch eine Kragennadel<br />
zusammengehalten, die Spitzen zeigen fast<br />
senkrecht zu Boden. Dazu passen nur schmale<br />
Krawatten, die Ford für Bond immer in derselben<br />
Farbe wie der Anzug auswählte. Und nicht<br />
zu vergessen das Einstecktuch – flach blitzt es<br />
ungefähr einen Zentimeter aus der Brusttasche<br />
hervor. Das Erscheinungsbild des aktuellen 007<br />
ist vom James Bond der 60er Jahre inspiriert:<br />
Schmales Revers, schmale Krawatte, Manschettenknöpfe<br />
und auch der Tabkragen waren in<br />
den 60er Jahren populär, als die ersten James-<br />
Bond-Filme in die Kinos kamen. Kein Zufall,<br />
denn Ford ist 1961 geboren und hat seit Beginn<br />
seiner Karriere ein Faible für die Zeit des Glamours<br />
und der freien Liebe.<br />
James Bond trägt in „Skyfall“ keinen Firlefanz<br />
– er trägt genau das, was minimal notwendig<br />
ist, um die maximale Aufmerksamkeit zu gewinnen.<br />
Ford schafft es, seine eigene Überzeugung<br />
von Stil auf Bond zu übertragen und den<br />
größten Geheimagenten der Gegenwart noch<br />
smarter, männlicher und unwiderstehlicher<br />
aussehen zu lassen.
BÖRSEN UND MÄRKTE<br />
STILIKONE N° 52<br />
Investoren wetten auf Lockerungen<br />
Diana Investoren in Vreeland den USA bringen sich (*1903<br />
zurzeit in Position, um von einer wei-<br />
Paris, teren quantitativen †1989 geldpolitischen New York)<br />
Lockerung zu profitieren.<br />
Seite 21<br />
Kathrin Eckhardt Menschen, die polarisieren, werden geliebt<br />
oder gehasst. Doch ihre gefestigte Meinung, die sie nach<br />
aussen tragen, bringt sie manchmal ganz weit nach oben. Diana<br />
Vreeland, eine der ersten grossen Moderedaktorinnen der<br />
Gegenwart, war genau so eine Persönlichkeit. Sie war der<br />
Überzeugung: «Die meisten Leute haben keine Meinung, sie<br />
brauchen dich, um ihre Meinung zu bilden.» Vreeland war 26<br />
Jahre lang Redaktorin der amerikanischen «Harper’s Bazaar»,<br />
neun Jahre Chefredaktorin der amerikanischen «Vogue» (die<br />
sie fristlos entliess) und wurde mit 68 Jahren Kuratorin des<br />
Costume Institute of the Metropolitan Museum of Art. Sie war<br />
in ihrer Zeit eine der einflussreichsten Frauen der Modewelt.<br />
Das Mädchen Diana Dalziel wurde in Paris in eine amerikanische<br />
High-Society-Familie hineingeboren. Der Vater war<br />
Engländer und die Mutter Amerikanerin. Mit 21 heiratete sie<br />
den Banker Thomas Reed Vreeland und zog frisch vermählt<br />
nach London. Ihre Karriere startete sie mit einem Damenmoden-Geschäft.<br />
Der auserwählte Geschmack der extrovertierten<br />
Besitzerin sprach sich schnell herum, bis Wallis Simpson<br />
(später Herzogin von Windsor) zu ihren besten Kundinnen<br />
gehörte. Ende der dreissiger Jahre siedelte Vreeland mit<br />
ihrem Gatten zurück nach New York. Dort wurde Carmel<br />
Snow, die damalige Chefin der «Harper’s Bazaar», auf die<br />
Dame aus England, die im weissen Spitzen-Chanel-Kostüm<br />
mit Blumen im Haar auf einer Party tanzte, aufmerksam.<br />
Mit der Kolumne «Why don’t you . . .» verfasste Vreeland<br />
bald Texte über unterhaltende Mode- und Alltagsthemen, bei<br />
denen sie sich etwa fragte: «Wieso waschen sie ihrem blonden<br />
Kind die Haare nicht mit Champagner, wie die Franzosen?»<br />
Zur Arbeit trug Diana Vreeland eine Art Uniform, wie ihr<br />
Enkel Alexander Vreeland in einem Interview «Another<br />
Magazine» erzählte: Sie mochte schlichte Hosen und Cashmere-Pullover<br />
– stets in bester Qualität, kombiniert mit ihrer<br />
grossen Sammlung an Schmuck mit Kreuzen und massiven<br />
Arm- und Halsketten, die ihr Markenzeichen waren.<br />
Diana Vreeland prägte «Harper’s Bazaar» und «Vogue»<br />
auch in ihrer visuellen Gestaltung: Fotograf Richard Avedon<br />
und Art-Director Alexey Brodovitch arbeiteten damals eng<br />
mit ihr zusammen. Das war nicht einfach, denn die Redaktorin<br />
hasste nichts mehr als Widerspruch und Langeweile. Deshalb<br />
begehrte sie zeitlebens «alles Künstliche», «eine bestimmte<br />
Art von Nachtleben» und die Extravaganz.<br />
Soll und Front Haben 23.11.12 11.06.12 / /Nr. Nr. 274 133 / /Seite Seite 61 1/Teil / Teil 01<br />
NZZ AG
Soll und Haben 01.06.12 / Nr. 125 / Seite 58 / Teil 01<br />
NZZ AG<br />
Die Diamanten sind die Stars<br />
In Cannes ging es nicht nur um Filme, sondern auch um die Klunker der Prominenz<br />
auf dem roten Teppich<br />
Chopard ist seit fünfzehn Jahren<br />
offizieller Partner der internationalen<br />
Filmfestspiele in Cannes.<br />
Damit die wichtigsten Werbeträgerinnen<br />
auf dem roten<br />
Teppich schön schillern, ist im<br />
Hintergrund einiges zu leisten.<br />
Kathrin Eckhardt<br />
Am Filmfestival von Cannes ging es<br />
nicht nur um Filme und Schauspieler –<br />
das Branchentreffen der Cineasten und<br />
Cinephilen ist zunehmend auch ein gutbesuchter<br />
Laufsteg, um die Erzeugnisse<br />
der Luxusgüterindustrie ins Scheinwerferlicht<br />
zu rücken. Im Zentrum des<br />
Interesses steht dabei der rote Teppich:<br />
Die Bilder, die dort geschossen werden,<br />
gehen um die Welt und sollen die Begehrlichkeit<br />
nach exklusiven Roben,<br />
Handtaschen und Schmuck befeuern –<br />
so will es das «Celebrity-Marketing».<br />
«Star-Team» im Einsatz<br />
Darum, dass die Schauspielerinnen<br />
beim Gang über den roten Teppich auch<br />
wirklich brillieren, kümmert sich eine<br />
Armada von Stylisten, Visagisten,<br />
Imageberatern, persönlichen Assistenten<br />
und Koordinatoren. Es sind Menschen<br />
wie Raffaella Rossiello, International<br />
Communication Director von<br />
Chopard und Leiterin des «Star-Teams»<br />
in Cannes, die dafür sorgen, dass alles<br />
optimal über die Bühne geht. Rossiello<br />
weiss: «Der Gang über den roten Teppich<br />
ist ein wichtiges Investment ins<br />
Image der Schauspielerinnen, und ihr<br />
Look muss die Karriere der Schauspielerin<br />
reflektieren.»<br />
Ein wichtiger Teil dieses Looks ist<br />
der Schmuck. Und so hat Chopard für<br />
Cannes auch dieses Jahr eine «Red Carpet»-Kollektion<br />
entworfen – 65 Unikate<br />
umfasst die Linie. Die Anzahl der Stücke<br />
ist eine Verneigung vor dem Festival,<br />
das dieses Jahr sein 65-Jahr-Jubiläum<br />
feierte. Entworfen wurde die Kollektion<br />
– wie fast alle Juwelen des Hauses<br />
– von Caroline Scheufele, Co-Präsidentin<br />
und Designerin von Chopard.<br />
«Wir schmücken Schauspielerinnen aus<br />
aller Welt mit den unterschiedlichsten<br />
Hauttönen und Geschmäckern», sagt<br />
Scheufele, «und deshalb ist unsere Kollektion<br />
bunt wie ein Regenbogen.» In<br />
ein Collier werden teilweise bis zu tausend<br />
Arbeitsstunden investiert.<br />
Das Star-Team von Chopard belegt<br />
eine Etage im siebten Stock des Hotels<br />
Martinez, das neben dem «Palace» und<br />
dem «Majestic» eines der wichtigen<br />
Häuser in Cannes ist, in denen die Stars<br />
gerne logieren. In der Lounge, welche<br />
die Westschweizer Marke hier eingerichtet<br />
hat, trifft man während des Festivals<br />
auf Berühmtheiten wie Jane Fonda, das<br />
Ex-Model Eva Herzigova – Botschafterin<br />
von Chopard –, die französische Star-<br />
Bloggerin Garance Doré oder die amerikanische<br />
Sängerin Lana Del Rey, die<br />
sich ein Collier mit Rubelliten in Herzform<br />
und einer Kette aus Dutzenden<br />
von kleinen Mäusen umhängen liess.<br />
Darum, dass das richtige Stück zur<br />
richtigen Trägerin findet, ist bei Chopard<br />
– unter anderen – Tina Bolland besorgt.<br />
Sie ist praktisch nonstop unterwegs,<br />
zwischen Venedig und Hollywood,<br />
von Festival zu Festival, geht von<br />
Hotelzimmer zu Hotelzimmer. Sie ist es,<br />
die frühmorgens an die Türen der Villen<br />
am Sunset Boulevard klopft und dabei<br />
die Stars im Morgenmantel oder mit<br />
ihren Kindern spielend antrifft. Je nach<br />
den Wünschen der Stylisten bringt Bolland<br />
zwischen zwanzig und fünfzig wertvolle<br />
Schmuckstücke mit.<br />
Funkeln im Blitzlichtgewitter<br />
Auch in Cannes ist Tina Bolland im Einsatz:<br />
«Mein Job ist es, den ganzen Tag<br />
herumzurennen und Probleme zu lösen»,<br />
sagt sie, ohne ihr Lächeln zu verlieren.<br />
Selbst in dem Moment, in dem<br />
ein grosser Diamant kurz vor dem Auftritt<br />
auf dem roten Teppich plötzlich<br />
nicht mehr am Collier festsitzt, behält<br />
sie die Fassung und scherzt: «Es gibt<br />
schlimmere Jobs auf dieser Welt, als den<br />
ganzen Tag mit Filmstars zu arbeiten.»<br />
Natürlich entstünden bei diesen Kontakten<br />
auch Freundschaften. Und so gehört<br />
es auch zu Tina Bollands Aufgaben,<br />
dem einen oder anderen nervösen<br />
Star vor dem grossen Auftritt die feuchten<br />
Hände zu halten.<br />
Was die Eignung eines Schmuckstücks<br />
für den roten Teppich betrifft,<br />
sind sich die Experten einig: «Diamonds<br />
are a girl’s best friend – und perfekt für<br />
das Blitzlichtgewitter.» Tina Bolland ist<br />
auch überzeugt, dass der Schmuck nicht<br />
nur hübsche Dekoration, sondern auch<br />
ein Talisman für die Stars sein kann und<br />
die Energie der Steine auf ihre Trägerinnen<br />
übergeht: «Sobald der Schmuck angelegt<br />
wird, verändert sich die Haltung<br />
und Attitüde der Frauen. Die Augen beginnen<br />
zu leuchten.» – Doch so funkelnd<br />
die Steine auch sein mögen – zu-<br />
erst kommt immer das Kleid, erst dann<br />
wird der passende Schmuck dazu ausgesucht.<br />
Die finale Entscheidung fällt<br />
natürlich die Schauspielerin selbst. Ausserdem<br />
kommt es vor, dass im letzten<br />
Moment das Kleid geändert, die Tasche<br />
nicht geliefert wird oder die Ohrringe<br />
sich doch nicht als passend erweisen.<br />
Sind der Gang über den roten Teppich<br />
und die Preisverleihung schliesslich<br />
geglückt, geht es weiter zur Party, wo<br />
sich Kunden aus aller Welt mit Stars<br />
treffen, die wiederum mit prunkvollen<br />
Colliers und Ohrringen behangen sind.<br />
Lana Del Rey gibt einige Lieder wie<br />
ihren Megahit «Blue Jeans» zum Besten,<br />
Rapper P. Diddy kommt zu Besuch,<br />
und zur späten Stunde tanzt selbst Chopard-Chefin<br />
Caroline Scheufele zur<br />
Musik der Gypsy Queens, während ein<br />
koreanischer Unternehmer von den<br />
tropfenförmigen Ohrringen mit passendem<br />
Ring aus gelben Diamanten<br />
schwärmt, die er seiner Frau schenkte.<br />
Und dazwischen tummelt sich der<br />
eine oder andere Jüngling, den man<br />
noch kaum kennt, der in fünf Jahren<br />
aber vielleicht schon ein Star sein wird.<br />
Denn Chopard bemüht sich früh um die<br />
Kontakte zu Nachwuchsschauspielern.<br />
Mit der «Chopard Trophée» verleiht das<br />
Unternehmen aus Meyrin jährlich jungen<br />
Talenten eine Auszeichnung und<br />
investiert so in seine zukünftigen Botschafter<br />
auf dem «tapis rouge». Dieses<br />
Jahr gewannen Ezra Miller (20) und<br />
Shailene Woodley (21) – man wird wohl<br />
noch von ihnen hören.
BÖRSEN UND MÄRKTE<br />
STILIKONE N° 56<br />
Investoren wetten auf Lockerungen<br />
Veruschka Investoren in den USAvon bringen Lehndorff<br />
sich<br />
zurzeit in Position, um von einer wei-<br />
(*1939, teren quantitativen Königsberg)<br />
geldpolitischen<br />
Lockerung zu profitieren.<br />
Seite 21<br />
Kathrin Eckhardt Vera Gottliebe Anna Gräfin von Lehndorff,<br />
Tochter eines deutschen Widerstandskämpfers, beschloss<br />
zu verschwinden. Denn ihre Jugend als Kind eines<br />
Mannes, der in Deutschland 1944 hingerichtet wurde, war<br />
keine leichte. Ihr Vater, Graf Heinrich von Lehndorff, war Teil<br />
der Stauffenberg-Verschwörung und am missglückten Attentat<br />
auf Hitler beteiligt. Damals war Vera fünf Jahre alt, und<br />
ihre Familie verlor auf einen Schlag Vermögen und gesellschaftliches<br />
Ansehen. Kommentare von Mitschülern und<br />
Lehrern mussten die Kinder von Lehndorff ihre ganze Jugend<br />
lang hören. Auch deshalb verliess Vera mit achtzehn Jahren<br />
Deutschland. Sie zog zum Kunststudium nach Florenz und<br />
später nach Paris und New York. Dort legte sie sich den<br />
Künstlernamen Veruschka zu. Sie wusste, wenn sie Erfolg als<br />
Model haben wollte, musste sie zur Projektionsfläche werden,<br />
die niemand vergessen kann. Dazu trickste sie nicht nur im<br />
Namen, sondern erfand Geschichten rund um ihre Herkunft,<br />
wie etwa ihre russische Abstammung.<br />
Ihr Plan ging auf: Vera verschwand vollkommen zugunsten<br />
von Veruschka. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten<br />
wurde sie in den sechziger Jahren zum weltberühmten Topmodel.<br />
Sie arbeitete mit Fotografen-Ikonen wie Richard Avedon<br />
und Irving Penn zusammen, zierte in ihrer Karriere achthundert<br />
Covers und wurde 1966 mit einer fünfminütigen<br />
Szene in Michelangelo Antonionis «Blow up» zum Symbol<br />
ihrer Zeit. Das Model spielte dort ein Model und liess sich auf<br />
ein heisses Spiel mit dem Fotografen ein.<br />
So ganz ernst genommen hat Veruschka die Modewelt aber<br />
nie. Sie war für sie Mittel zum Zweck, um sich zu verwandeln:<br />
«Mode hat mich nie wirklich interessiert, ich habe sie nur benutzt.»<br />
Nach den wilden sechziger Jahren folgte eine Zeit als<br />
Künstlerin: Veruschka verwandelte sich durch Body-Painting<br />
in Steine, Tiere und Hausfassaden. Mitte der siebziger Jahre<br />
folgten düstere Zeiten mit schweren Depressionen. Heute ist<br />
Veruschka eine lebende Legende. Nach wie vor spielt die<br />
Künstlerin mit ihrem Erscheinungsbild. Sie trägt gerne eine<br />
Art Schutzscheibe aus feinem Metall wie eine Brille vor dem<br />
Gesicht und schlingt Schals aus schimmernden Materialien<br />
eng um den Kopf. Vor dem Zerfall der Schönheit hat sie keine<br />
Angst: Die Veränderung des Alters ist Thema ihrer jüngsten<br />
Kunst-Performance. Privat lebt Vera von Lehndorff zurückgezogen<br />
und mit vielen Katzen in Berlin.<br />
Soll und Front Haben 21.12.12 11.06.12 / /Nr. Nr. 298 133 / /Seite Seite 55 1/Teil / Teil 01<br />
NZZ AG
BÖRSEN UND MÄRKTE<br />
Investoren wetten auf Lockerungen<br />
Investoren in den USA bringen sich<br />
zurzeit in Position, um von einer weiteren<br />
quantitativen geldpolitischen<br />
Lockerung zu profitieren.<br />
Seite 21<br />
Soll und Front Haben 28.12.12 11.06.12 / /Nr. Nr. 302 133 / /Seite Seite 48 1/Teil / Teil 01<br />
Frauen sind die schöneren<br />
Männer . . .<br />
. . . und Männer manchmal die attraktiveren Frauen. Der Siegeszug<br />
des einst rein männlichen Hosenanzugs bereitet den Boden für<br />
neue Rollen zwischen den Geschlechtern<br />
Frauen in Männerkleidung<br />
waren einst Symbol für Freiheit,<br />
Rebellion und Emanzipation.<br />
Heute sind Frauen in Hosenanzügen<br />
kein Skandal mehr –<br />
und die Geschlechtergrenzen<br />
verschieben sich weiter.<br />
Kathrin Eckhardt<br />
«Das Mädchen sieht aus wie ein Mann,<br />
der aussieht wie ein Mädchen», beobachtete<br />
in der Zeit nach dem Ersten<br />
Weltkrieg ein Leser der «Berliner Illustrierten»<br />
und gewann damit eine Preisausschreibung<br />
für die treffendste Formulierung<br />
der damaligen Mode. Mitte<br />
der zwanziger Jahre fingen Frauen an,<br />
sich wie Männer zu kleiden. Sie trugen<br />
Vestons, Hemden und Hosen auch in<br />
der Stadt und zu gesellschaftlichen Anlässen.<br />
Die Grande Dame der Mode,<br />
Coco Chanel, bediente sich bereits früh<br />
für ihre eigene Garderobe im Kleiderschrank<br />
ihrer Geliebten und liess ihre<br />
Faszination für Männerkleider in ihre<br />
Kollektionen einfliessen.<br />
Allerdings: Die typisch weiblichen<br />
Merkmale wie Brust, Taille und Hüften<br />
verschwanden damals noch unter der<br />
eckigen, stark gesteiften Rüstung männlicher<br />
Anzüge. Eine der bekanntesten<br />
Frauen, die in den frühen dreissiger Jahren<br />
trotz männlicher Kleidung wusste,<br />
wie sie ihre Weiblichkeit ins rechte Licht<br />
rücken konnte, war die Sängerin und<br />
Schauspielerin Marlene Dietrich. Der<br />
feine Unterschied war dieser: Die Dietrich<br />
trug Hosenanzüge, die speziell auf<br />
den weiblichen Körper zugeschnitten<br />
waren. Ihre Kurven wurden dadurch<br />
nicht verhüllt, sondern betont, die Dietrich<br />
sah also trotz männlicher Kleidung<br />
nie wie ein Mann aus. Sie war in ihren<br />
eleganten Smokings aufregend und<br />
skandalös zugleich.<br />
Viel später griff Yves Saint Laurent<br />
das Thema neu auf und verlieh im Jahr<br />
1966 dem Anzug für die Frau neue Bedeutung.<br />
«Le Smoking» wurde als Symbol<br />
der weiblichen Emanzipation gewertet,<br />
und Yves Saint Laurent mauserte<br />
sich, als Erbfolger der damals bereits<br />
über 80-jährigen Coco Chanel, zum<br />
neuen Wegbereiter für Frauen in Anzügen.<br />
Pierre Bergé, Lebensgefährte des<br />
französischen Modeschöpfers, sagte<br />
einst: «Coco Chanel hat den Frauen die<br />
Freiheit gebracht, Yves Saint Laurent<br />
die Macht» – vermutlich ein gutes<br />
Résumé zur Erfolgsgeschichte des Hosenanzuges<br />
für die Frau.<br />
Coco Chanel und Yves Saint Laurent<br />
ist es also zu verdanken, wenn Frauen in<br />
einst typisch männlicher Kleidung heute<br />
nicht mehr skandalös, sondern recht<br />
alltäglich sind. Der Hosenanzug für die<br />
Frau hat sich auch in der Geschäftswelt<br />
durchgesetzt als das, was er bei Männern<br />
schon länger ist: als eine Art überregionaler,<br />
nonverbaler Standard für<br />
Seriosität und Kompetenz. Auf diese<br />
Basis hat auch Giorgio Armani wichtige<br />
Teile seines Imperiums gebaut. Und<br />
Jean-Paul Gaultier schneiderte ab Mitte<br />
der achtziger Jahre grossartige Kostüme<br />
für Frauen, die sich der männlichen Formensprache<br />
bedienten. – Heute lässt<br />
der US-Designer Tom Ford seine Super-<br />
Frauen in Hosenanzügen aus Satin über<br />
den Laufsteg schreiten. Der Brite Paul<br />
Smith hat den textilen Hybrid zwischen<br />
Mann und Frau zu seinem Markenzeichen<br />
gemacht.<br />
Labels wie Givenchy und das enigmatische<br />
Maison Martin Margiela lassen<br />
sich für ihre Damenkollektionen<br />
regelmässig von Standards der Männerwelt<br />
inspirieren. Und als vorläufigen<br />
Höhepunkt der Entwicklung hat Hedi<br />
Slimane seine erste Kollektion für Yves<br />
Saint Laurent auf einem burschikosen,<br />
kurzhaarigen Model fotografiert – mit<br />
Hemd, Krawatte und Sakko.<br />
In logischer Konsequenz ist nun,<br />
nach der Fusion von typisch männlicher<br />
und typisch weiblicher Kleidung, bereits<br />
die nächste Welle absehbar: Die Geschlechtergrenzen<br />
verschwinden ganz.<br />
«Wer ist Frau, und wer ist Mann?», ist<br />
derzeit ein beliebtes Spiel der Designer.<br />
Model Andrej Pejic, genetisch ein<br />
Mann, feiert Erfolge auf den internationalen<br />
Laufstegen – als Frau. Seine sinnlichen<br />
Lippen und langen, blonden<br />
Haare lassen ihn fast genauso attraktiv<br />
wie seine weiblichen Kolleginnen wirken.<br />
Und Givenchy hat seine Damenkollektion<br />
mit der Transsexuellen Lea T.<br />
beworben, der/die einst Assistent des<br />
Chef-Designers Riccardo Tisci war.<br />
Die Modeindustrie, die immer Indikator<br />
und Katalysator für gesellschaftliche<br />
Veränderungen war, macht uns<br />
NZZ AG<br />
also bereits gefasst auf etwas Neues, das<br />
im Raum steht: das dritte Geschlecht –<br />
nicht Mann und nicht Frau, sondern je<br />
nach Situation das eine oder andere sowie<br />
auch etwas dazwischen.
<strong>Not</strong> <strong>just</strong> <strong>pants</strong><br />
:<br />
Kathrin Eckhardt<br />
:<br />
Jung und cool, wippen in einem amerikanischen Hinterhof.<br />
Stählerne Treppen und rote Backsteinwände<br />
zierten die Kulisse. Die Clique trägt enge Radlerhosen,<br />
weite T-Shirts, grosse Brillen und mag grelle<br />
Farben und laute Musik. MC Hammer trällert seinen<br />
Song «U Can’t Touch This» in seiner Hammerhose,<br />
weit wie ein Zelt, schillernd wie ein Goldvreneli 1 .<br />
Doch das ist nicht alles, im Musikvideo von 1990<br />
gibt es noch mehr zu sehen: MC Hammer geht in die<br />
Knie, gleitet von links nach rechts, tanzt den «Krebs-<br />
Move», ein weiteres Markenzeichen des Soft-Rappers<br />
mit der ultraweiten Hose. Der viele Stoff wirkt<br />
effektvoll bei den Drehungen, der Zentrifugalkraft<br />
sei Dank. MC Hammer verkaufte in den 90er Jahren<br />
mehr als 10 Millionen Tonträger. Heute ist ausser<br />
seinem anhaltenden Hausparty-Hit «U Can’t Touch<br />
This» nur noch sein Markenzeichen, die Hammerhose<br />
übrig. Der Hammer schrieb Modegeschichte.<br />
Doch auch sein Stylist hat die Welt nicht neu<br />
erfunden. Denn die Haremhose oder Aladinhose, wie<br />
sie im Volksmund auch genannt wird, soll aus dem<br />
Orient stammen. Im 16. Jahrhundert war eine<br />
Abwandlung davon, die Pluderhose, in Europa sehr<br />
begehrt. Den vielen Stoff, der dafür benötigt wurde,<br />
konnten sich nur wohlhabende Menschen leisten.<br />
Im Lexikon der Mode ist zu lesen: «Minderbemittelte<br />
stopften ihre Hosen mit Werg aus, um die modische<br />
Fülle wenigstens vorzutäuschen.» Und es steht weiter:<br />
«Ihre Träger waren aufgebläht wie Truthähne<br />
und bunt wie Papageien.» Passender könnte auch MC<br />
Hammers Hosen-Look nicht beschrieben werden.<br />
Anfangs der 90er Jahre hielten sich die hautengen<br />
Radlerhosen, populär geworden in den 80er Jahren,<br />
hartnäckig. MC Hammer versuchte mit seinem<br />
Stoffwunder einen übertriebenen Kontrast zur engen,<br />
körperbetonten Nylonhose zu bilden. Der Look<br />
war damals wie heute für den Erfolg essenziell. Von<br />
der Rap-Szene nicht ganz erstgenommen, fanden<br />
sie nicht nur die Musik des MC Hammers zu poppig<br />
– auch seine Hose wirkte in ihren Augen lächerlich.<br />
Die Hammerhose war uncool? Das ändert sich<br />
rückblickend.<br />
Ob cool oder nicht, es gibt viele Gründe warum<br />
MC Hammer gerade diese Hose trug. Neben des<br />
individuellen Looks und der Aufmerksamkeit, die ihm<br />
dadurch sicher war, ersetzte die Hose auf der Büh-<br />
: 1<br />
<strong>Not</strong> <strong>just</strong> <strong>pants</strong><br />
:<br />
Translation Bill Gilonis<br />
:<br />
The young and the cool bob up and down in an<br />
American backyard against a backdrop adorned with<br />
steel stairways and red brick walls. The gang are<br />
wearing tight biker shorts, white T-shirts and big glasses.<br />
They like garish colours and loud music.<br />
MC Hammer is warbling his song “U Can’t Touch<br />
This” in his Hammer <strong>pants</strong>, which are as wide as a<br />
tent and shimmering like a goldvreneli 1 . But that’s not<br />
all. There’s a lot more to see in this 1990 video clip:<br />
MC Hammer bending his knees and scuttling<br />
from left to right as he does his “crab dance”, another<br />
trademark of the soft rapper with the super-baggy<br />
<strong>pants</strong>. Centrifugal force makes the billowing fabric<br />
highly effective on the turns. MC Hammer sold<br />
more than 10 million albums in the 90s. Today, all<br />
that remains, apart from his perennial house party<br />
hit “U Can’t Touch This”, are his trademark Hammer<br />
<strong>pants</strong>. The Hammer wrote fashion history.<br />
However, neither MC Hammer nor his stylist<br />
rein-vented the world. “Harem trousers” or “Aladdin<br />
trousers’, as they are commonly known, supposedly<br />
originated from the Orient. In the 16th century<br />
Europe, another variant – pantaloons – was in great<br />
demand. The large amounts of fabric used to make<br />
these trousers meant that only the wealthy could<br />
afford them. The Encyclopaedia of Fashion states that<br />
“The less well-off padded their trousers out with flax<br />
tow so they could at least affect the abundance of the<br />
prevailing fashion”. The passage continues: “The<br />
wearers were puffed up like turkeys and as colourful<br />
as parrots”. The MC Hammer <strong>pants</strong> look could not<br />
be described better.<br />
Skin-tight biker shorts, which had become popular<br />
in the 80s, remained stubbornly fashionable into<br />
the 90s. With his wondrously baggy creation, MC<br />
Hammer aimed to cultivate an over-the-top contrast<br />
to the tight, form-fitting nylon shorts. Then, as now,<br />
having “the look” was essential for success. MC<br />
Hammer was not taken entirely seriously by the rap<br />
scene, which not only considered his music to be too<br />
pop-oriented but found his trousers ridiculous.<br />
Hammer <strong>pants</strong> were uncool? This changes later.<br />
Whether or not they were cool, there are several<br />
reasons why MC Hammer wore these particular<br />
trousers. Apart from the individual look and<br />
the attention they guaranteed, the trousers replaced
ne jeden Spezialeffekt. Sie schimmerte und glänzte.<br />
MC Hammer verstand es, mit ein bisschen Stoff eine<br />
grosse Wirkung zu erzielen. Ähnlich wie es orien-<br />
talische Tänzer längst tun. Etwas Schwingendes,<br />
etwas Goldenes und zack – die Show wird imposant.<br />
Zudem war MC Hammers Musik positiv, noch<br />
heute springen Krethi und Plethi aus ihren Stühlen,<br />
wenn es dröhnt: »U Can’t Touch This» – happy Music<br />
brauchte eine happy Pant, so lustig wie die eines<br />
Clowns an der Kinderparty. Und in den 90er Jahren<br />
bedeutete das, die düstere, zugedröhnte Grunge-Musik<br />
zu ignorieren.<br />
Betrachtet man die tanzende Clique des Rappers,<br />
wird klar: infantil verhielten sie sich nicht. Trainierte<br />
Körper, perfekt geformte Pos und primäre und<br />
sekundäre Geschlechtsmerkmale werden durch enge<br />
Kleider betont, eindeutig zweideutige Moves sind Teil<br />
der Choreographie. Nur MC Hammer bewegt<br />
sich einmal mehr gegen den Trend. Der Schritt seiner<br />
Hose reicht bis über die Knie. Was sich wohl darin<br />
verstecken mag? Selbst Sexualforscher wissen:<br />
Verhüllt ist spannender als enthüllt. Vielleicht war<br />
MC Hammer «The Master of Passion», wer weiss?<br />
Oder aber das Gegenteil war der Fall und der<br />
Grund, warum er die Riesenhose trug. Seine Geschichte<br />
und die Modegeschichte der 90er Jahre weisen<br />
eher in diese Richtung. Nach seiner Musikkarriere<br />
war MC Hammer eine Weile christlicher Priester.<br />
Und ganz allgemein betrachtet lehnt sich die Mode<br />
der 90er Jahre gegen idealisierte Körperbilder auf,<br />
wie Susanne Gaensheimer weiss. Sie ist Direktorin<br />
des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt<br />
am Main und ausgewiesene Kennerin der jüngeren<br />
Modegeschichte.<br />
Heute scheint die MC Hammer-Hose ausser<br />
Mode, kein Designer hat sie für 2013 in seinem<br />
Programm. Noch vor vier Saisons entwarfen sie<br />
Jean Paul Gaultier oder Gucci. Heute trägt sie noch<br />
die Alternativszene, gekauft irgendwo in Indien. Sie<br />
halten nicht viel von Mode und tragen die Hammerhose<br />
«weil sie bequem ist.» Doch schillernd sind diese<br />
Exemplare nicht, eher fahl.<br />
Und in einer weiteren Subkultur ist die Hammerhose<br />
angesagt und zwar so, wie die Skinny-Jeans<br />
bei den Hipstern. Musikerinnen verhelfen der Hose<br />
zu einem glamouröseren Revival. Rihanna, Nicki<br />
Minaj, Leona Lewis oder Beyoncé tragen die<br />
Hammerhose mit High Heels und engem Top,<br />
denn wenigstens einer der weiblichen Reize soll<br />
betont werden. Der Hip Hop-Einfluss ist neben den<br />
poppigen Elementen in ihrer Musik ausschlaggebend,<br />
any special effects on stage. They shimmered and<br />
sparkled. MC Hammer understood how to make a<br />
big impression with a bit of fabric; as oriental dancers<br />
have for a long time. Something rocking, something<br />
golden, and hey! – it’s going to be an impressive show.<br />
Furthermore, MC Hammer’s music was<br />
posi-tive. Even today, every Tom Dick and Harry<br />
leaps from his chair as soon as “U Can’t Touch This”<br />
comes droning out of the speakers. Happy music calls<br />
for happy <strong>pants</strong>, as funny as a pair of clown’s trousers<br />
at a children’s party. And in the 90s, that meant<br />
ignoring the bleak, drugged-up music of grunge.<br />
It’s clear to anyone observing the rapper’s<br />
dancing clique that they don’t act in an infantile way.<br />
Well-trained bodies, perfectly formed buttocks and<br />
primary and secondary sexual characteristics are<br />
all accentuated by their tight clothes; and both ambiguous<br />
and explicit moves are part of the choreography.<br />
Once again, only MC Hammer moves against<br />
the trend. The cut of the Hammer <strong>pants</strong> crotch<br />
reaches to above the knee. What could be hidden in<br />
there? Even sex researchers know that concealed is<br />
more tantalizing than revealed. Perhaps MC<br />
Hammer was “The Master of Passion”, who knows?<br />
Or else the opposite was the case, and that<br />
was the reason he wore those huge trousers. His<br />
history and the history of 90s fashion point more in<br />
this direction. After his music career MC Hammer<br />
became a priest for a while. Very generally speaking,<br />
90s fashion revolted against idealized images of the<br />
body, as Susanne Gaensheimer knows. She is the<br />
director of the Museum of Modern Art in Frankfurt<br />
am Main and a renowned authority on recent fashion<br />
history.<br />
Today, MC Hammer <strong>pants</strong> seem to be out of<br />
fashion, with no designers including them in their<br />
2013 collections. Only four seasons ago Jean Paul<br />
Gaultier or Gucci were designing them. Nowadays<br />
they are still worn in the alternative scene, and<br />
bought somewhere in India. These people don’t care<br />
very much about fashion and wear Hammer <strong>pants</strong><br />
“because they’re comfortable”. But the versions of the<br />
trousers they wear are more dull than shimmering.<br />
Hammer <strong>pants</strong> are hip in another subculture<br />
too—as skinny jeans are with the hipsters. Musicians<br />
are helping to spark a glamorous revival of Hammer<br />
<strong>pants</strong>. Rihanna, Nicki Minaj, Leona Lewis and<br />
Beyoncé all wear Hammer <strong>pants</strong> with high heels and<br />
tight tops—because at least one of the feminine<br />
charms ought to be emphasized. For them the hiphop<br />
influence, in addition to pop, is crucial, as<br />
wie damals bei MC Hammer. Hat der Soft-Rapper<br />
22 Jahre nach dem Tragen der Hammerhose<br />
noch immer Einfluss auf die aktuelle Popkultur?<br />
Es scheint so. Doch lustigerweise sind es nur<br />
Frauen, die sich an die Hammerhose trauen, für die<br />
Männer aus dem Musikzirkus ist sie keine Option.<br />
Viel zu lächerlich – heute verstärkter als je zuvor,<br />
zeigen sie ihre Männlichkeit durch stählerne Muskeln<br />
und coole Distanziertheit. Leute zum Lachen zu<br />
bringen ist nicht ihr Ziel.<br />
Doch die weiblichen Popdiven verstehen es ihre<br />
Reize zu enthüllen und verhüllen, spielen damit und<br />
nehmen sich selbst und ihre Outfits nicht allzu ernst.<br />
Und ob sie nun die Hammerhose tragen, um ihre<br />
Rundungen zu verhüllen oder die Fantasien anzuregen,<br />
ihr Spiel steht ganz in der Tradition der Hosenikone.<br />
Dazu würde MC Hammer wie in «U Can’t<br />
Touch This» singen: «It’s Hammer, go Hammer, MC<br />
Hammer, yo, Hammer... and the rest can go and<br />
play» – Ziemlich cool.<br />
1 Das Goldvreneli ist die bekannteste Goldmünze der Schweiz.<br />
: 2 : 3<br />
it had been for MC Hammer. So is the soft rapper still<br />
influencing pop culture 22 years after he first donned<br />
his Hammer <strong>pants</strong>?<br />
That seems to be the case. Yet funnily enough,<br />
only women dare to wear the Hammer <strong>pants</strong>; It’s<br />
not an option for the men of the music circus,<br />
who find them far too ridiculous. Nowadays, more<br />
than ever before, men have to demonstrate their<br />
masculinity with muscles of steel and an air of cool<br />
detachment. Making people laugh isn’t an aim.<br />
However, the female pop divas know how to<br />
reveal and conceal their charms – they play with this,<br />
and don’t take themselves or their outfits too seriously.<br />
And whether they wear Hammer <strong>pants</strong> to hide<br />
their curves or to arouse fantasies, their games<br />
are firmly in the tradition of the <strong>pants</strong> icon. If MC<br />
Hammer were around, he’d sing like he does on<br />
“U Can’t Touch This”: “It’s Hammer, go Hammer,<br />
MC Hammer, yo, Hammer ... and the rest can<br />
go and play”—pretty cool.<br />
1 Name for the most popluar gold coin produced in Switzerland
olivgrüner 3∕4 Kurzmantel zum<br />
Gürten, aus Polyamid, leicht<br />
wattiert, von STRELLSON,<br />
Strickjacke mit Schalkragen<br />
von BARBOUR<br />
REGENJACKEN: STILVoLL TRoCKEN BLEIBEN<br />
Der Urtyp aller regenjacken ist Der traDitionelle<br />
Friesennerz – schwer, sperrig UnD wenig<br />
atmUngsaktiv. Doch trotz Dieser DeFizite<br />
lieben kenner Die pvc-regenjacke.<br />
Text: Kathrin <strong>eckhardt</strong><br />
der Schwede alexander Stutterheim<br />
hat sich ganz dem revival der guten alten<br />
regenkleidung verschrieben.<br />
er ist schwer wie ein Sack Kartoffeln und dicht wie toniger<br />
Boden. Man schwitzt oder friert darin, manchmal beides zugleich.<br />
die rede ist vom klassischen «Friesennerz» – der Kunststoffjacke<br />
im geschlechtsneutralen Schnitt, die sich seit den sechziger Jahren<br />
zäh auf dem Markt behauptet. der Friesennerz hat wenig, was dem<br />
heutigen High-tech-anspruch an regenjacken und -mäntel gerecht<br />
wird. trotzdem gibt es für viele keinen schöneren und zuverlässigeren<br />
regenschutz als die schwere Kunststoffjacke mit der Kapuze.<br />
Besonders im hohen Norden ist der Friesennerz so unabkömmlich<br />
wie hierzulande ein Paar solider Wanderschuhe. dabei<br />
kommt die Jacke nicht, wie ihr spassiger Name vermuten lässt,<br />
aus Friesland, sondern aus dänemark. ende der fünfziger Jahre<br />
bestrichen Berufsfischer ihre Baumwolljacken mit gelblichem Öl,<br />
um sich vor der Nässe besser zu schützen. der dänische Sportgeschäftbesitzer<br />
Jan e. ansteen Nielsson erkannte das Problem und<br />
begann, für seine Segelfreunde robuste und dichte regenanzüge<br />
herzustellen. die Firma Jeantex war geboren.<br />
die Jeantex-Jacke erlebte in den sechziger und siebziger<br />
Jahren einen regelrechten Boom – nichts schützte vergleichbar gut<br />
vor kalter Nässe. Hinzu kam, dass die regenjacke preiswert war<br />
– für knapp 20 deutsche Mark konnte sich praktisch jeder diesen<br />
robusten Mantel leisten. Besonders populär war die Jacke im Norden<br />
deutschlands, und von dort kommt auch ihr heutiger Spitzname:<br />
die regenjacke, so ein damals populärer ostfriesenwitz, sei in<br />
Friesland das, was in schickeren Gegenden der Nerz sei.<br />
Mode 49<br />
der Friesennerz avancierte in den siebziger und achtziger<br />
Jahren zum Massenprodukt – Kinder liebten die PVC-Jacke<br />
wohl nichtzuletzt dank Bär Paddington (dessen Jacke blau war). der<br />
Friesen-nerz kommt in unzähligen Filmen vor, etwa im teenie-<br />
Streifen «dirty dancing», in dem «Baby» einen grauen Friesennerz<br />
mit rotem Futter trägt, als Johnny im strömenden regen das auto<br />
aufbricht, um sein «Baby» ins trockene zu retten. die wohl glamouröseste<br />
Friesennerzträgerin war aber Brigit Bardot: in «l’ours<br />
et la Poupée» versteckt sich Bardot im signalgelben Mantel in den<br />
Büschen vor ihrer Bekanntschaft – um den Kerl am ende dann<br />
doch zu küssen.<br />
in den neunziger Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends<br />
hatte der Friesennerz jedoch ein schweres Formtief durchzustehen.<br />
technische Softshells und leichte Nylons machten dem<br />
Klassiker das leben schwer. das sperrige teil verblasste im Keller.<br />
Werner Stampfli, der die Jeantex-Jacken in der Schweiz jahrelang<br />
vertrieb, erinnert sich: «in den 23 Jahren, in denen ich den Friesennerz<br />
in Gelb im angebot hatte, wurde er zunehmend unpopulärer.<br />
in der Kinderabteilung verkauften wir ihn aber stets ordentlich.»<br />
Heute erlebt der Friesennerz ein Comeback. Karsten Knorr<br />
von Preuss & Knorr vertreibt verschiedene Modelle des Friesennerzes<br />
auf seiner internetseite Friesennerze.com und erzählt vom<br />
Quartier Prenzlauerberg in Berlin, wo die Jacke schon fast zum<br />
typischen Merkmal der Bewohner geworden ist. «den Friesennerz<br />
verbinden viele deutsche mit Kindheitserinnerungen, wahrscheinlich<br />
ist er deshalb so beliebt», erklärt sich Knorr die Popularität des<br />
Klassikers. ausserdem sagt Knorr: «es gibt keine robustere Jacke als<br />
den originalen Friesennerz.»<br />
eine ganze reihe von Herstellern arbeiten heute am Friesennerz-revival<br />
mit. Stutterheim in Stockholm produziert wunderbare<br />
exemplare in Handarbeit. Marken wie Norse Projects<br />
produzieren ihre Friesennerze in Zusammenarbeit mit elka, einem<br />
regenjackenspezialisten aus dänemark. X-Pro und Modas verkaufen<br />
Modelle, die dem original zum Verwechseln ähnlich sehen.<br />
Und in der Hafenstadt Hamburg ist die Firma derbe zu Hause. deren<br />
Geschäftsführer thomas Köhlert schwärmt von den konstanten<br />
absatzzahlen, weist aber auch darauf hin, dass das ursprünglich<br />
recht weite original heute zunehmend in schmaleren Schnitten<br />
und neuen Farben nachgefragt wird. «die kastige original-ausführung<br />
in Gelb tragen heute vor allem noch die Hafenarbeiter»,<br />
weiss der Kenner.<br />
www.gentlemensreport.com/mode
STYLING / WRITING<br />
Kathrin Eckhardt<br />
+41 78 943 05 18<br />
contact@<strong>kathrin</strong><strong>eckhardt</strong>.ch