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Paraplegiker 1/2009

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1/<strong>2009</strong><br />

27. Jahrgang<br />

PARA<br />

Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim<br />

Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070<br />

plegiker<br />

Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung<br />

Jetzt<br />

vereint<br />

mit


Von Menschen gemacht<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

vor Ihnen liegt das erste Heft des paraplegikers,<br />

das im HUMANIS Verlag erscheint. Letzterer gehört<br />

seit fast drei Jahren zur Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten – die von Anfang an (1982<br />

!) Herausgeber der seinerzeit ersten professionell<br />

gemachten Behindertenzeitschrift in Deutschland<br />

gewesen ist. Lange hat es gedauert, doch jetzt ist<br />

alles so beieinander, wie wir es uns schon immer<br />

gewünscht haben. Jetzt gilt es nach vorn zu schauen,<br />

ein gutes Heft zu machen, das die Interessen<br />

der Betroffenen darstellt und angenehm zu lesen<br />

ist. Wir hoffen mit der vorliegenden Ausgabe auf<br />

dem richtigen Weg zu sein. Über Bestätigung und<br />

Kritik freuen wir uns, denn der „neue para“ soll wieder<br />

ganz dicht am Ohr seiner Leserinnen und Leser<br />

sein, auch derjenigen, die bisher die Zeitschrift „B“<br />

bezogen haben.<br />

Unser Herausgeber, die Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten (FGQ) ist ein Selbsthilfeverein,<br />

der jenseits großer Verbände und aufgeblasener<br />

Strukturen seinen Weg in die Jetztzeit gemacht hat.<br />

Schon immer war neben der Information der Mitglieder<br />

die soziale Arbeit seine wichtigste Aufgabe:<br />

Mitglieder zu beraten und in Not geratenen Menschen<br />

mit einer Querschnittlähmung nach Möglichkeit<br />

mit den begrenzten Mitteln der FGQ auch dann<br />

zu helfen, wenn sie durch die Maschen des immer<br />

löchriger werdenden sozialen Netzes fallen. Es lässt<br />

doch tief blicken, dass in letzter Zeit tatsächlich von<br />

Not leidenden Banken die Rede war, aber selten<br />

von Menschen. Ist doch nicht zu fassen…<br />

Diese Art von Zynismus ist unsere Sache nicht. Klar<br />

lässt sich aus der Betroffenensituation heraus auch<br />

schon einmal ein wenig spötteln, das gehört dazu.<br />

Bei uns fi nden Sie das z.B. unter Glosse, Karikatur,<br />

aber auch Kultur-Berichten. So nimmt z.B. der querschnittgelähmte<br />

Rockmusiker Mike Al Becker (S.60)<br />

kein Blatt vor den Mund. Mit behindertem Leben<br />

und Alltag werden wir uns schwerpunktmäßig befassen,<br />

das ist es doch, worum es eigentlich geht.<br />

Der Bestandsaufnahme folgt natürlich der Service.<br />

ABOTELEFON (0 62 43) 900 704<br />

Welches Auto, welches Hilfsmittel, welche rechtliche<br />

Vorschrift oder gerichtliche Entscheidung hilft<br />

bei einem bestimmten Problem weiter.<br />

Gelegentlich wird es nicht bei Tipps bleiben. Kritik<br />

muss schon mal sein, gerade in unseren Larifari-<br />

Zeiten, in denen alle immer nur spitzenmäßig drauf<br />

sein sollen und „Problem“ zum Unwort geworden<br />

ist. Das bringt uns nichts. Konfl ikte verschweigen ist<br />

falsch, Missstände müssen beim Namen genannt<br />

werden (z.B. im „Silbernen Sparschwein“, S.41).<br />

Menschen müssen lernen was ihre Rechte sind und<br />

wie sie dazu kommen, deshalb werden sozialrechtliche<br />

Infos immer ihren Platz im Heft haben.<br />

Existentiell für eine Zeitschrift ist die Qualität ihrer<br />

Autoren/innen. Wir freuen uns sehr, dass wir so<br />

viele qualifi zierte von ihnen für die Mitarbeit an diesem<br />

Projekt gewinnen konnten. Die meisten von<br />

ihnen werden Ihnen bekannt vorkommen, der eine<br />

oder die andere wird immer mal wieder frischen<br />

Wind hereinbringen. Zwei Menschen möchte ich<br />

mit Namen nennen: Klaus Schwarz hat bereits für<br />

die erste Ausgabe 1982 geschrieben und ich bin<br />

besonders stolz, dass er auch in dieser Ausgabe<br />

wieder vertreten ist (S.20). Mein Freund und Kollege<br />

Arndt Krödel hat lange Jahre den para redaktionell<br />

betreut und wird uns ab sofort regelmäßig mit<br />

Nachrichten aus Forschung und Medizin versorgen<br />

(S.46).<br />

Die Beiträge der Leserinnen und Leser sind uns<br />

sehr wichtig, deshalb wird das Heft ab dieser Ausgabe<br />

mit ihnen beginnen. Wenn Sie etwas zu sagen<br />

haben, lassen Sie es uns alle wissen. Wir brauchen<br />

dieses Sprachrohr und wollen es immer wieder<br />

neu lebendig gestalten. Es wäre schön, wenn Sie<br />

uns dabei helfen.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Ihr<br />

editorial<br />

Hinweis<br />

in eigenerSache:<br />

Humanisverlag<br />

ist auf der<br />

REHAB-Karlsruhe<br />

vom 7. – 9. Mai<br />

Halle 1 • Stand A52<br />

vertreten.<br />

PARAPLEGIKER 1/09 3


inhalt<br />

4<br />

3<br />

6<br />

16<br />

32<br />

20<br />

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87<br />

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90<br />

91<br />

91<br />

editorial<br />

Von Menschen gemacht<br />

leserforum<br />

bericht<br />

„Helping Hands“ in den USA:<br />

Kapuzineraffen als Assistenten<br />

Studentenwohnanlage in Regensburg:<br />

Barrierefrei wohnen und studieren<br />

unterwegs<br />

Urlaub mit dem E-Rolli<br />

Flug nach Berlin:<br />

Abenteuerreise<br />

Weserradweg mit dem E-Handbike:<br />

Von Bad Karlshafen nach Bremerhaven<br />

Werdum:<br />

Nordseewind<br />

markt<br />

Genießerland für alle:<br />

Baden-Württemberg<br />

REHAB <strong>2009</strong> in Karlsruhe:<br />

Marktplatz der Neuheiten<br />

Neue Beschichtung für hydrophile Kathetersysteme<br />

Cranberry + Kürbis + Vitamin C für eine<br />

gesunde Blase<br />

Urlaub ohne Hindernisse im Dünenhof<br />

Ferienhotel<br />

Individueller Bungalow von<br />

Haas Fertigbau<br />

Wohngemeinschaft für beatmete<br />

Menschen in Düsseldorf<br />

ALTEC-Rollstuhlrampe überwindet<br />

Schwellen<br />

Inkontinenzaufklärung für Kinder und<br />

Jugendliche<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

38<br />

40<br />

41<br />

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55<br />

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45<br />

60<br />

62<br />

69<br />

menschen<br />

Speedy-Chef Rolf Kuhlmann<br />

tödlich verunglückt<br />

meinung<br />

Arrogantes Klassendenken:<br />

Seien wir doch mal ehrlich!<br />

q – querschnitt spezial<br />

Das silberne Sparschwein:<br />

Helfen Stoma-Patienten<br />

Deutschland „aus der Krise“?<br />

Stimmungsbilder aus der Unfallklinik:<br />

Der ganz normale Beziehungsstress<br />

Medizin & Forschung:<br />

„ReWalkTM“-Gehapparat –<br />

Alternative zum Rollstuhl?<br />

Patientenaufruf für klinische Studie:<br />

Motorisches Training für inkomplett<br />

Querschnittgelähmte<br />

13. bis 16. Mai in Halle:<br />

DMGP-Kongress<br />

Umfrage „Barrierefreier Tourismus“<br />

Neues aus „Meck-Pomm“:<br />

Querschnittgelähmtenzentrum<br />

BDH-Klinik Greifswald<br />

Zusammenarbeit beschlossen:<br />

„<strong>Paraplegiker</strong>“ und „Radio4Handicaps“<br />

Neues Zeitschriften-Archiv<br />

Bundesverdienstkreuz für<br />

Winfried Kolibius<br />

kultur<br />

Karikaturen von Barbara Früchtel<br />

Rolli-Rocker Mike Al Becker live:<br />

Normal ist das nicht<br />

Kunst kennt keine Behinderung<br />

bauen & wohnen<br />

Barrierefrei Planen – Bauen – Wohnen<br />

Neue Messe und professionelle<br />

Beratungsangebote


Seite 26<br />

Seite 46<br />

Seite 74<br />

Seite 16<br />

Seite 64<br />

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93<br />

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sport<br />

Querschnittgelähmter Gewichtheber:<br />

Marios persönlicher Rekord<br />

Eine Patientin berichtet:<br />

Rollstuhlbasketballturnier in Herdecke<br />

freizeit<br />

Ferngelenkte Modelle (1):<br />

Flugzeug, Auto oder Schiff?<br />

glosse<br />

Selbst und Ständig<br />

kleinanzeigen<br />

technik<br />

Infrarotplatte:<br />

Sonne unterm Schreibtisch<br />

Mercedes E 220 CDI:<br />

Praktisch, sparsam, sicher<br />

info<br />

Bundessozialgericht:<br />

Urteile zum „Kraftknoten“<br />

HUMANIS Zeitschriften<br />

umweltfreundlicher:<br />

Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft<br />

abo<br />

impressum<br />

der Firma:<br />

media medizintechnik,<br />

Seite 60In dieser Ausgabe finden Sie eine Beilage<br />

sowie eine Beilage der Firma:<br />

Heimberatungsservice<br />

Titelfoto: www.handicapbildagentur.de<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

inhalt inhalt<br />

5


leserforum<br />

Vom Bachelor zum<br />

Master trotz Reformen-Chaos!<br />

Für viele ist ein<br />

Studium nur mit<br />

„Nachteilsausgleich“<br />

möglich.<br />

6<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Clemens Schwan, Cölbe:<br />

Der Beitrag „Im Reformen-Chaos stecken bleiben?“ (paraplegiker<br />

3/08, S. 34-35) befasst sich mit einem brisanten Thema. Der Bologna-<br />

Prozess ist zunächst unumkehrbar, gleichwohl ist er an den Belangen<br />

der behinderten wie auch der nicht behinderten Studierenden vorbei<br />

strukturiert – der vehement zunehmende Beratungs- und Unterstützungsbedarf<br />

belegt das mit dramatisch steigenden Zahlen: 25 % aller<br />

Studierenden fühlen sich überfordert!<br />

Der Weg aus dem Chaos<br />

ist für den behinderten<br />

Studenten so schmal wie<br />

mühsam. Nicht unbedingt<br />

Voraussetzung, aber außerordentlich<br />

hilfreich ist der<br />

– immer noch wenig geliebte<br />

– Schwerbehindertenausweis,<br />

mindestens mit einem<br />

GdB von 50 % und/oder<br />

ein studienbezogenes fachärztliches<br />

Attest, aus dem<br />

nachvollziehbar sein muss,<br />

in welcher Weise die Auswirkungen<br />

der jeweiligen<br />

Behinderung benachteiligende Folgen<br />

auf den Studienverlauf haben (größerer<br />

Zeitaufwand für Pflege, schnelle Ermüdung,<br />

Notwendigkeit von Ruhephasen,<br />

Erfordernis von Studienhelfern, Einfluss<br />

von Medikamenten). Sie öffnen das Tor<br />

zu einem „Nachteilsausgleich“ aus dem<br />

Spektrum der so genannten „nachteilsausgleichenden<br />

Modifikationen bestehender<br />

Studien- und Prüfungsordnungen“.<br />

Der Nachteilsausgleich ist die derzeit wirksamste<br />

Mehrzweckwaffe zur Sprengung<br />

des Panzers, den die modularisierte Studiengangstruktur<br />

in ihrer dichten, stundenplanartigen<br />

Gestaltung und Abfolge von<br />

Leistungseinheiten darstellt. Die „Schlagkraft“<br />

des Nachteilsausgleichs erklärt sich<br />

aus der langen Zeitspanne, in der er sich<br />

inhaltlich entwickelt und differenziert hat,<br />

basierend auf dem Grundgesetz sowie<br />

dem erstmals im Hochschulrahmengesetzes<br />

formulierten Auftrag, „dass behinderte<br />

Studierende in ihrem Studium nicht<br />

benachteiligt werden“ (§ 2 Abs. 4) und<br />

„dass die Prüfungsordnungen die besonderen<br />

Belange behinderter Studierender<br />

zur Wahrung der Chancengleichheit berücksichtigen.<br />

(§ 16). Mit Beschluss des<br />

Akkreditierungsrats am 8.10.2007, der damit<br />

Empfehlungen des „Bündnisses Barrierefreies<br />

Studium“ aufgreift, und mit Zustimmung<br />

der KMK am 13.12.2007 gilt nun<br />

seit Januar 2008, dass Studiengänge nur<br />

dann akkreditiert werden, wenn die Prüfungsordnungen<br />

die besonderen Belange<br />

behinderter Studierender im Studium und<br />

bei Prüfungen explizit berücksichtigen.<br />

Der Kriterienkatalog regelt für die Durchführung<br />

des Studiengangs (Kriterium 5):<br />

„Die Belange von Studierenden mit Behinderung<br />

werden berücksichtigt.“ Für das<br />

„Prüfungssystem“ (Kriterium 6) wird festgelegt:<br />

„Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich<br />

für behinderte Studierende hinsichtlich<br />

zeitlicher und formaler Vorgaben im<br />

Studium sowie bei allen abschließenden<br />

oder studienbegleitenden Leistungsnachweisen<br />

und im Rahmen von Eignungsfeststellungsverfahren<br />

ist sichergestellt.“<br />

Verbindliche Vereinbarungen<br />

Der „Nachteilsausgleich“ kommt einem<br />

Rechtsanspruch des behinderten Studierenden<br />

gleich, der nicht auf den „good


will“ seines Dozenten hoffen muss, sondern<br />

eine klare Regelung einfordern<br />

und vereinbaren kann bzw. muss. Die<br />

Gestaltung des Nachteilsausgleichs ist<br />

absichtlich offen gehalten. Sie ist, in gegenseitiger<br />

Absprache, eine individuelle,<br />

verbindliche vertragliche Vereinbarung<br />

zwischen dem Studierenden und dem Leiter<br />

der jeweiligen Veranstaltung. Wirksam<br />

ist dieser „Vertrag“ nur mit Unterschriften<br />

der Vertragspartner und dem Stempel des<br />

Prüfungsamtes des zugehörigen Fachbereichs.<br />

Bleibt noch das Dekanat des Fachbereichs<br />

zu nennen, das im Zweifelsfall in<br />

eine Lösung einzubeziehen ist oder diese<br />

auch befördern kann.<br />

Jede „andere“ Form einer Prüfung ist<br />

gültig, auf die sich der Studierende und<br />

sein Dozent oder der Prüfungsausschussvorsitzende<br />

sich in gegenseitigem Einverständnis<br />

einigen. Eine derartige Regelung<br />

darf nicht zur Bevorzugung des behinderten,<br />

aber auch nicht zur Benachteiligung<br />

des nicht behinderten Kommilitonen führen.<br />

Die Grenzlinie, die es zu wahren gilt,<br />

ist die Gleichwertigkeit der Prüfung. Nachteilsausgleichende<br />

Modifikationen gewährleisten<br />

die Chancengleichheit behinderter<br />

Studierender und sie sind in keinem<br />

Fall Prüfungserleichterungen!<br />

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76332 Bad Herrenalb<br />

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Telefon: 07083 / 5002-0<br />

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Frühzeitig und hartnäckig<br />

Sobald erkennbar ist, welche Neigungen<br />

und Interessen eine mögliche Studienausrichtung<br />

andeuten – das kann also schon<br />

lange vor dem Ende der Schulzeit der Fall<br />

sein – ist die erste Informationsplattform<br />

das Internet, und da sind es die Homepages<br />

der einzelnen Hochschulen und der<br />

Fachbereiche, aus deren Angaben sich<br />

entnehmen lässt, an welcher Uni entsprechende<br />

Studiengänge angeboten werden.<br />

Neben den meistens sehr ausführlichen<br />

Modul-Katalogen, in denen sehr kompakt<br />

Inhalte, Voraussetzungen und Ziele der<br />

einzelnen Module beschrieben werden,<br />

sind die Studienordnung und die jeweilige<br />

Prüfungsordnung die wichtigste Pflichtlektüre,<br />

weil nur sie wie eine detaillierte<br />

Wanderkarte den direkten und risikofreien<br />

Weg zum Ziel beschreiben.<br />

Es liegt einmal mehr am behinderten Studenten,<br />

die Kontakte so früh wie möglich<br />

herzustellen, zuerst zum Behindertenbeauftragten<br />

der Hochschule, Der Kontakt<br />

zum Dozenten einer Veranstaltung sollte<br />

erfolgen, sobald abzusehen ist, wer welche<br />

Veranstaltung betreut, also schon beim<br />

Durcharbeiten des Modulkatalogs oder<br />

seiner Kommentierung vor dem Semes-<br />

Barrierefreiheit zum Wohlfühlen<br />

für Gäste mit und ohne Behinderung<br />

Zentral und in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zum Kurpark liegt das barrierefreie<br />

Hotel am Kurpark. Ohne nennenswerte<br />

Steigungen erreichen Sie Cafés, Geschäfte<br />

und erleben kulturelle Highlights im Kurhaus.<br />

Entspannen Sie und freuen Sie sich<br />

auf die vielfältigen Freizeitaktivitäten und<br />

Kurangebote in der Siebentäler Therme.<br />

leserforum<br />

61 Zimmer, davon 34 Appartements, alle<br />

rollstuhlgerecht und mit Notrufsystem,<br />

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Service: Bei Bedarf kann der im Haus<br />

ansässige Pflegedienst beauftragt werden.<br />

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Restaurant / Wintergarten


leserforum<br />

Clemens Schwan,<br />

Beauftragter für<br />

behinderte Studierende<br />

an der Uni Marburg.<br />

8<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

terbeginn, dann bei der Strukturierung<br />

des Stundenplans, in der Fachstudienberatung<br />

oder in den vor dem Semesterbeginn<br />

laufenden Orientierungseinheiten<br />

der Fachbereiche, spätestens aber vor<br />

oder nach der ersten Veranstaltung des<br />

ersten oder des neuen Semesters. Hierbei<br />

ist erbarmungslose Hartnäckigkeit gefordert.<br />

Wer zaudert, hat schon verloren.<br />

Im Gespräch sollte der behinderte Studierende<br />

so offen wie ihm möglich seine<br />

Situation aufzeigen, die Probleme benennen,<br />

die sich daraus für seine Studienorganisation<br />

und die praktische Durchführung<br />

des Studiums<br />

ergeben, und dann weitestgehend<br />

Alternativen<br />

aufzeigen, die im Rahmen<br />

des Nachteilsausgleichs<br />

seine Chancengleichheit<br />

im Studium<br />

sicherstellen und das<br />

Ablegen gleichwertiger<br />

Prüfungsleistungen in<br />

anderer als der vorgesehenen<br />

Form ermöglichen.<br />

Jeder Behindertenbeauftragte wird<br />

eine solche Vorgehensweise unterstützen<br />

und bei Schwierigkeiten die Anliegen des<br />

behinderten Studierenden moderieren<br />

und vermitteln. Wenn alle Stricke reißen<br />

sollten, bleibt nur die Einbeziehung des<br />

Verwaltungs- oder des Sozialgerichts.<br />

Grenzen des Entgegenkommens<br />

Wenn, wie im „paraplegiker“ 3/2008 beschrieben,<br />

ein Prüfungsamt es ablehnt,<br />

„einen Teil der vier Prüfungen zu verschieben“,<br />

dann ist das in der Regel ein Sachproblem<br />

und keine Willkür. Was bedeutet<br />

das „Verschieben einer Prüfung“ für die<br />

Organisation einer Uni? Für jede verschobene<br />

Prüfung muss der Dozent eine zweite<br />

und gleichwertige Klausur konzipieren,<br />

es muss ein freier Raum vorhanden sein<br />

und es muss eine Aufsichtsperson für die<br />

Nachfrist frei sein. Das Gleiche gilt für das<br />

Teilen einer Prüfung oder beim Tausch<br />

einer schriftlichen in eine mündliche Prüfung<br />

und umgekehrt oder bei einer Zeit-<br />

zugabe von 50 % oder bei der Zulassung<br />

eines (fachfremden) Schreibhelfers.<br />

Kurzfristig können diese Nachteilsausgleiche<br />

nur ganz vereinzelt eingelöst werden,<br />

weil es durch die Mehrzahl der Veranstaltungen<br />

weder freie Räume noch freies<br />

Personal gibt. Die Macht des Faktischen<br />

erfordert auch hier ein möglichst frühzeitiges<br />

Aktivwerden des behinderten Studierenden<br />

– an einer Uni wie Marburg ist<br />

dies so offensichtlich wie unumgänglich:<br />

wenn von 30 schwerstbehinderten Rolli-Studenten<br />

und 150 blinden Kommilitonen<br />

nur jeder dritte eine nachteilsausgleichende<br />

Modifikation einfordert, geht das<br />

nicht ohne generalstabsmäßige Vorausplanung<br />

und Abstimmung. Die räumliche<br />

Aus- und Überlastung der meisten Hochschulen<br />

macht es in vergleichbarer Weise<br />

unmöglich, eine ganze Veranstaltung nach<br />

Semesterbeginn noch in barrierefreie<br />

Räumlichkeiten zu verlegen.<br />

Teilzeitstudium?<br />

Die Fülle der in einem Studiensemester<br />

zu belegenden und mit Prüfung oder Testat<br />

abzuschließenden Module können die<br />

wenigsten behinderten Studierenden bewältigen.<br />

Inzwischen haben sie auch leider<br />

schon viel zu viele Leidensgenossen<br />

unter den nicht behinderten Kommilitonen.<br />

Ein Teilzeitstudium aber ist für den<br />

behinderten Studierenden wegen seines<br />

Anspruchs auf Nachteilsausgleich nicht<br />

wirklich vorgesehen.<br />

Gleichwohl gibt es vom „Hessischen Wissenschaftsministerium“<br />

Bestrebungen,<br />

das Teilzeitstudium zu stärken. In konkreten<br />

mehrjährigen Modellversuchen an<br />

hessischen Hochschulen soll erprobt werden,<br />

wie die Studiensituation der Teilzeitstudierenden<br />

so verbessert werden kann,<br />

dass das Studium zum Beispiel auch mit<br />

einer Krankheit oder Behinderung gut und<br />

zeitnah abgeschlossen werden kann. So<br />

positiv sich dieses Projekt anhört, so penibel<br />

ist im Interesse der schwer behinderten<br />

Studierenden darauf zu achten, dass nicht<br />

etwa ein „Behinderten-Studium“ entsteht,


leserforum<br />

Clemens Schwan,<br />

Beauftragter für<br />

behinderte Studierende<br />

an der Uni Marburg.<br />

8<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

terbeginn, dann bei der Strukturierung<br />

des Stundenplans, in der Fachstudienberatung<br />

oder in den vor dem Semesterbeginn<br />

laufenden Orientierungseinheiten<br />

der Fachbereiche, spätestens aber vor<br />

oder nach der ersten Veranstaltung des<br />

ersten oder des neuen Semesters. Hierbei<br />

ist erbarmungslose Hartnäckigkeit gefordert.<br />

Wer zaudert, hat schon verloren.<br />

Im Gespräch sollte der behinderte Studierende<br />

so offen wie ihm möglich seine<br />

Situation aufzeigen, die Probleme benennen,<br />

die sich daraus für seine Studienorganisation<br />

und die praktische Durchführung<br />

des Studiums<br />

ergeben, und dann weitestgehend<br />

Alternativen<br />

aufzeigen, die im Rahmen<br />

des Nachteilsausgleichs<br />

seine Chancengleichheit<br />

im Studium<br />

sicherstellen und das<br />

Ablegen gleichwertiger<br />

Prüfungsleistungen in<br />

anderer als der vorgesehenen<br />

Form ermöglichen.<br />

Jeder Behindertenbeauftragte wird<br />

eine solche Vorgehensweise unterstützen<br />

und bei Schwierigkeiten die Anliegen des<br />

behinderten Studierenden moderieren<br />

und vermitteln. Wenn alle Stricke reißen<br />

sollten, bleibt nur die Einbeziehung des<br />

Verwaltungs- oder des Sozialgerichts.<br />

Grenzen des Entgegenkommens<br />

Wenn, wie im „paraplegiker“ 3/2008 beschrieben,<br />

ein Prüfungsamt es ablehnt,<br />

„einen Teil der vier Prüfungen zu verschieben“,<br />

dann ist das in der Regel ein Sachproblem<br />

und keine Willkür. Was bedeutet<br />

das „Verschieben einer Prüfung“ für die<br />

Organisation einer Uni? Für jede verschobene<br />

Prüfung muss der Dozent eine zweite<br />

und gleichwertige Klausur konzipieren,<br />

es muss ein freier Raum vorhanden sein<br />

und es muss eine Aufsichtsperson für die<br />

Nachfrist frei sein. Das Gleiche gilt für das<br />

Teilen einer Prüfung oder beim Tausch<br />

einer schriftlichen in eine mündliche Prüfung<br />

und umgekehrt oder bei einer Zeit-<br />

zugabe von 50 % oder bei der Zulassung<br />

eines (fachfremden) Schreibhelfers.<br />

Kurzfristig können diese Nachteilsausgleiche<br />

nur ganz vereinzelt eingelöst werden,<br />

weil es durch die Mehrzahl der Veranstaltungen<br />

weder freie Räume noch freies<br />

Personal gibt. Die Macht des Faktischen<br />

erfordert auch hier ein möglichst frühzeitiges<br />

Aktivwerden des behinderten Studierenden<br />

– an einer Uni wie Marburg ist<br />

dies so offensichtlich wie unumgänglich:<br />

wenn von 30 schwerstbehinderten Rolli-Studenten<br />

und 150 blinden Kommilitonen<br />

nur jeder dritte eine nachteilsausgleichende<br />

Modifikation einfordert, geht das<br />

nicht ohne generalstabsmäßige Vorausplanung<br />

und Abstimmung. Die räumliche<br />

Aus- und Überlastung der meisten Hochschulen<br />

macht es in vergleichbarer Weise<br />

unmöglich, eine ganze Veranstaltung nach<br />

Semesterbeginn noch in barrierefreie<br />

Räumlichkeiten zu verlegen.<br />

Teilzeitstudium?<br />

Die Fülle der in einem Studiensemester<br />

zu belegenden und mit Prüfung oder Testat<br />

abzuschließenden Module können die<br />

wenigsten behinderten Studierenden bewältigen.<br />

Inzwischen haben sie auch leider<br />

schon viel zu viele Leidensgenossen<br />

unter den nicht behinderten Kommilitonen.<br />

Ein Teilzeitstudium aber ist für den<br />

behinderten Studierenden wegen seines<br />

Anspruchs auf Nachteilsausgleich nicht<br />

wirklich vorgesehen.<br />

Gleichwohl gibt es vom „Hessischen Wissenschaftsministerium“<br />

Bestrebungen,<br />

das Teilzeitstudium zu stärken. In konkreten<br />

mehrjährigen Modellversuchen an<br />

hessischen Hochschulen soll erprobt werden,<br />

wie die Studiensituation der Teilzeitstudierenden<br />

so verbessert werden kann,<br />

dass das Studium zum Beispiel auch mit<br />

einer Krankheit oder Behinderung gut und<br />

zeitnah abgeschlossen werden kann. So<br />

positiv sich dieses Projekt anhört, so penibel<br />

ist im Interesse der schwer behinderten<br />

Studierenden darauf zu achten, dass nicht<br />

etwa ein „Behinderten-Studium“ entsteht,


leserforum<br />

Auch die Notrutsche<br />

im Marburger Konrad-Biesalski-Haus<br />

ist<br />

„behindertengerecht“.<br />

10<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

das schnell die Abwertung<br />

„zweite Wahl“ riskiert, weil<br />

„die gleichwertigen Leistungen<br />

in anderer Form“ aus<br />

dem „Nachteilsausgleich“<br />

vielleicht doch als „Erleichterungen<br />

im Studium“ interpretiert<br />

werden könnten.<br />

Zielvereinbarungen und<br />

Individuallösungen<br />

Was bleibt und an der Uni<br />

Marburg ebenfalls praktiziert<br />

wird, ist die individuelle<br />

Strukturierung des betreffenden<br />

BA-Studienganges<br />

in einer oder mehreren Zielvereinbarungen,<br />

die in mehreren<br />

Gesprächsrunden und<br />

im Zusammenwirken von<br />

Professoren, behindertem Studenten und<br />

den Behindertenbeauftragten entwickelt<br />

werden. So sieht beispielsweise der BA-<br />

Studiengang BWL vor, dass nach dem 2.<br />

Fachsemester 30 Leistungspunkte (ECTS)<br />

und nach dem 3. Fachsemester 60 Punkte<br />

erreicht sein müssen. Die Zielvereinbarung<br />

erlaubt nun 30 Punkte erst nach<br />

dem 3. Fachsemester und 60 Punkte nach<br />

dem 5. Fachsemester oder auch früher.<br />

Über die Ausgestaltung der Zielvereinbarungen<br />

für die zweite Hälfte des BWL-Studiums<br />

BA wird rechtzeitig in einer zweiten<br />

Gesprächsrunde diskutiert werden. Der<br />

Preis solcher Zeitregelungen ist für den<br />

behinderten Studierenden leider oft der<br />

Verlust zur Studien-Bezugsgruppe wie zu<br />

Kommilitonen der ersten beiden Semester.<br />

Eine sehr viel weitergehende Anwendung<br />

des Nachteilsausgleichs haben das<br />

Dekanat und der Fachbereich „Chemie“<br />

realisiert, indem sie für einen E-Rolli fahrenden<br />

Kommilitonen den Diplom-Studiengang<br />

(alte Version) als „Zuguckikum“<br />

organisieren (vgl. paraplegiker 4/07): der<br />

Rolli-Chemiker war in den ersten beiden<br />

Semestern in eine Arbeitsgruppe aus vier<br />

ausgesuchten Kommilitonen integriert,<br />

die sämtliche praktischen Arbeitsanteile<br />

auf Anweisungen hin ausführen. Sie bilden<br />

zugleich eine aus Mitteln der Hochschulhilfe<br />

nach § 54 Abs. 1 Nr. 2. SGB XII<br />

bezahlte Studienhelfer-Gruppe, so dass<br />

dem Fachbereich – das war die Bedingung<br />

– keine zusätzliche Kosten für Arbeitsplatzassistenz<br />

entstehen und die Fußgänger-Chemiker<br />

am Monatsende bis zu 240<br />

€ mehr in der Tasche haben. Eine zweite<br />

Augen-Dusche auf E-Rolli-Augenhöhe<br />

und eine labornahe Toilette mit Schiebetür<br />

waren die baulichen Erfordernisse. Die<br />

ersten Kontakte zum Behindertenbeauftragten<br />

gehen auch bei diesem Beispiel<br />

zurück in die Zeit des letzten Schuljahrs.<br />

Verlängerte Studienzeiten und<br />

BAföG<br />

Die Studienförderungshöchstdauer nach<br />

BAföG liegt für den BA-Abschluss bei<br />

sechs Semester, weitere vier Semester<br />

Förderung stehen bis zum Studienabschluss<br />

durch den Master zur Verfügung.<br />

Nicht wenige BAföG-Ämter blasen zu<br />

einer regelrechten Teufelsaustreibung,<br />

wenn diese Studienzeiten überschritten<br />

werden. Hier hilft nur eines: Ruhe bewahren<br />

und Verbündete aktivieren. Der<br />

stärkste Verbündete ist das Gesetz selbst<br />

mit seinem dafür maßgeblichen § 15 Abs.<br />

3, Nr.5 BAföG und der dazu gehörenden<br />

Verwaltungsrichtlinie: § 15 Abs: 3 Nr. 5<br />

BAföG legt eindeutig fest: „Über die Förderungshöchstdauer<br />

hinaus wird für eine<br />

angemessene Zeit Ausbildungsförderung<br />

geleistet, wenn sie (…) 5. infolge einer Behinderung<br />

(…) überschritten worden ist.<br />

Die zugehörige Verwaltungsrichtlinie klärt<br />

den Begriff „einer angemessenen Zeit“<br />

ganz exakt: „Angemessen ist eine Zeit,<br />

wenn sie dem Zeitverlust entspricht, der<br />

durch den die Überschreitung der Förderungs-Höchstdauer<br />

rechtfertigenden<br />

Grund entstanden ist.“ Und zwei Beispiele<br />

liefert sie für ganz begriffsstutzige<br />

Sachbearbeiter auch noch: „Angemessen<br />

ist immer die Zeit der Überschreitung, die<br />

von einer zuständigen Stelle vorgeschrieben<br />

wird, z. B. die Anordnung eines Prüfungsgremiums,<br />

(oder) nach nicht bestan-


dener Abschlussprüfung eine festgesetzte<br />

Anzahl von Studienhalbjahren zu wiederholen.“<br />

Dazu zählen selbstverständlich auch<br />

alle Zusatzzeiten und/oder Zeitverlängerungen,<br />

die in einem Nachteilsausgleich<br />

vereinbart wurden oder enthalten sind<br />

ebenso wie Studienzeiten oder Studienverlaufserweiterungen,<br />

wie sie in einer<br />

individuellen Zielvereinbarung formuliert<br />

und genehmigt worden sind. Alle diese<br />

Zeiten, die „ursächlich“ sind für eine<br />

Studienzeitverlängerung, sind „behinderungsbedingt<br />

zusätzliche Studienzeiten“,<br />

die – ganz wichtig - als „Voll“-Darlehen zu<br />

fördern sind. Dass das jeweils zuständige<br />

Amt für Ausbildung wenig erfreut bis sehr<br />

unfreundlich auf deren Beantragung reagiert,<br />

gehört leider immer noch zum Tagesgeschäft<br />

der Mehrzahl der behinderten<br />

BAföG-Bezieher. (Siehe hierzu „Studenten<br />

rechnen mit Bafög-Ämtern ab“ in SPIEGEL<br />

ONLINE vom 6.2.09; www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,druck-603528,00).<br />

Das „Logbuch“<br />

Sehr hilfreich ist das Führen eines „Logbuchs“<br />

der behinderungsbedingt auftretenden<br />

Zeiten von Anfang des Studiums<br />

an. Darin hält der behinderte Studierende<br />

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alle Zeiten fest, die sein Studium ursächlich<br />

verlängern: Erkrankungstage, die vom<br />

Arzt verschrieben worden sind, zwischenzeitliche<br />

Kliniks- oder Reha-Aufenthalte,<br />

attestierte Erholungszeiten, Kuren und<br />

Aufenthalte zum Auftrainieren, jede vom<br />

Dozenten autorisierte Verlängerung einer<br />

Vor- oder Bearbeitungszeit von Testaten,<br />

schriftlichen oder mündlichen Prüfungen,<br />

Wiederholungsprüfungen, Verlängerungszeiten<br />

der schriftlichen Examensarbeiten<br />

und der Vorbereitungszeiten auf mündliche<br />

Prüfungen, zusätzlich gewährte<br />

Zeiten zwischen einer Abfolge von Prüfungen.<br />

Ergänzen lässt sich dieses Logbuch über<br />

ein Rund um die Uhr Pflege-Stundenbuch,<br />

in dem minutiös aufgeführt wird, welche<br />

personellen Hilfen im Bereich der Pflege,<br />

der Alltagsgestaltung und der Studienhilfe<br />

erforderlich sind. In einer Dokumentation<br />

von zwei bis drei Wochen lassen sich dann<br />

sehr genau die Zeiten nachvollziehen, die<br />

durchschnittlich pro Woche ebenfalls ursächlich<br />

sind für eine verlängerte Studienzeit.<br />

Die überörtlichen Sozialhilfeträger<br />

Ebenfalls wenig freundlich fallen oft<br />

die Reaktionen des jeweils zuständigen<br />

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leserforum


leserforum<br />

12<br />

Bevorzugtes<br />

Beratungsthema:<br />

Kfz-Hilfe bis hin<br />

zum eigenen Pkw.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

überörtlichen Sozialhilfeträgers aus, der<br />

Hochschulhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe<br />

leistet, wenn der behinderte<br />

Studierende für diese behinderungsbedingt<br />

zusätzlichen Monate oder Semester<br />

die Übernahme der Kosten beantragt,<br />

nicht ganz unverständlich, wenn man berücksichtigt,<br />

dass da sehr schnell Beträge<br />

jenseits von 20 000 € pro Semester anfallen.<br />

Dabei ist es heute schon schwer genug,<br />

den jeweiligen überörtlichen Kostenträger<br />

zu motivieren, nach erfolgreichem „Bachelor“<br />

(Note: befriedigend) die weiteren<br />

Semester für den anschließenden „Master“<br />

zu finanzieren, zumal die Reformer<br />

etwas übereifrig das Fähnchen des „berufsqualifizierenden<br />

ersten Abschlusses“<br />

an den BA geheftet<br />

haben, womit<br />

aus Kostenträgersicht<br />

dem Gesetz<br />

zur Finanzierung<br />

einer angemessenenAusbildung<br />

Genüge getan<br />

ist. Zum Glück<br />

siegt letztlich oft<br />

die Einsicht, dass<br />

die bestmögliche<br />

Ausbildung gleichermaßen<br />

auch<br />

die größte Aussicht<br />

für eine spätere berufliche Tätigkeit<br />

eines schwer behinderten Absolventen<br />

bedeutet.<br />

Ergebnis und Ausblick<br />

„Bachelor und Master. Das neue Studium<br />

– flexibel und international.“ Das war der<br />

Titel einer Broschüre der Hochschulrektorenkonferenz<br />

für die Hochschulreform.<br />

Viel zu viele Studierende hat die schöne<br />

neue Studienwelt bereits ins Straucheln<br />

gebracht. Der Apparat reagiert träge. Bei<br />

der Akkreditierung neuer Studiengänge<br />

werden die Bedürfnisse aller Studierenden<br />

sehr viel mehr berücksichtigt werden<br />

müssen.<br />

Die Mitarbeiter vieler Studiengänge ahnen<br />

nicht, welche „Knüppel“ die drei Kriterien<br />

des Akkreditierungsrates sein könnten,<br />

wenn sie konsequent eingesetzt werden.<br />

Die Konsequenzen reichen schließlich<br />

bis zu „roten Karte“ für nicht wenige<br />

Studiengänge. Die Umsetzung liegt ganz<br />

entscheidend in der Initiative des behinderten<br />

Studierenden. Er muss sich der<br />

Schlagkraft dieses „Knüppels“ bewusst<br />

sein. Trotz allem hilft auch hier die Formel<br />

„Kompromiss statt Konfrontation“ meistens<br />

weiter. Viele Studiengänge, die in<br />

alten, gar denkmalgeschützten Institutsgebäuden<br />

zum Teil seit Jahrhunderten festgewachsen<br />

sind, lassen sich nicht „mal so<br />

auf die Schnelle“ in barrierefreie Institute<br />

verlegen. In dieser Umbruchphase heute<br />

sind die Behindertenbeauftragten der einzelnen<br />

Hochschulen einmal mehr die zentralen<br />

Ansprech-Partner und Wegbegleiter<br />

des behinderten Studenten.<br />

Sie sind als neutrale Experten die Personen,<br />

die ohne Angst vor Repressalien<br />

mit Fachbereichen, Dozenten, Prüfungsamt,<br />

Dekanat, Kostenträgern und BAföG-Amt<br />

verhandeln können, dabei die<br />

Interessen des behinderten Studierenden<br />

moderieren und im Zusammenwirken mit<br />

ihm durchsetzen. Der möglichst frühzeitige<br />

Kontakt zu ihnen wie zu den Hochschulangehörigen<br />

und den Hochschulorganen<br />

sollte verhindern können, dass<br />

behinderte Studierende – besonders die<br />

mit hohem Assistenzbedarf für Pflege und<br />

Studienhilfe – im Reform-Chaos stecken<br />

bleiben. Der Weg vom Bachelor zum Master<br />

ist beschwerlich. Die Anstrengungen<br />

aber lohnen sich, denn je hochgradiger<br />

die Ausbildung ist und je besser die Noten<br />

der Abschlussbewertung ausfallen umso<br />

größer sind die Aussichten für eine angemessene<br />

und gut bezahlte Berufstätigkeit.<br />

Kontakt:<br />

Clemens Schwan, Dipl.-Päd.<br />

Beauftragter für behinderte Studierende<br />

an der Philipps-Universität Marburg<br />

SBS - Servicestelle für behinderte<br />

Studierende<br />

Biegenstr. 12, 35032 Marburg


tel 0 64 21-2 82 61 86 (10-12.30 h)<br />

eMail<br />

schwan@verwaltung.uni-marburg.de<br />

www.uni-marburg.de/studium/behinderte<br />

Text: Clemens Schwan<br />

Fotos: M. Ali-Tani, C. Schwan<br />

Peter Hartmann,<br />

Murnau:<br />

Park-<br />

Probleme<br />

Unser Leser hat Probleme mit<br />

dem Ordnungsamt, das nicht<br />

akzeptieren will, dass er bei Winterwetter<br />

auf dem geräumigen<br />

Gehsteig direkt vor seinem Friseur<br />

parkt, wozu es seiner Ansicht<br />

nach keine Alternative gibt:<br />

„Anliegend einige Ausdrucke der EU- Bestimmungen<br />

bezüglich Parkerleichterung<br />

für Behinderte. Hier gibt es aber eine<br />

„schwammige“ Formulierung in Punkt<br />

1: ‚…auf Straßen und Zonen parken wo<br />

sonst Parken verboten ist’.<br />

Darf man als Rollstuhlfahrer hier parken?<br />

Ich gehe davon aus, dass ich dann auch<br />

auf einem Gehsteig parken darf, wenn ich<br />

niemand behindere. Das Ordnungsamt<br />

sagt jedoch Nein, grundsätzlich sei Parken<br />

auf Gehsteigen verboten.<br />

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leserforum<br />

Hier geht es nicht um ein „Knöllchen„<br />

sondern um Grundsätzliches. Denn wenn<br />

ich das Knöllchen bezahle und das nächste<br />

Mal wieder an der gleichen Stelle parke<br />

um zum Friseur zu gelangen, trete ich eine<br />

Lawine los: Erhöhtes Bußgeld, Idiotentest<br />

beim MPI, möglicherweise Punkte in<br />

Flensburg, weil Wiederholungstäter, usw.<br />

Andererseits gibt es im Umkreis von 300<br />

Metern, am Berg und im Winter (!), keine<br />

Parkmöglichkeit für Behinderte. Beim drit-<br />

Christian Holz, Kissingen:<br />

Wasser! Oder:<br />

Der Feuerwehrmann<br />

Auch unterwegs –<br />

immer cool bleiben!<br />

14<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

ten Mal bin ich dann den Führerschein los.<br />

Kann mir jemand sagen, ob es dazu evtl.<br />

Urteile gibt? Dann bitte ich um Auskunft.<br />

Mit freundlichen Grüßen.<br />

Kontakt:<br />

Peter Hartmann Dipl. Ing. (FH)<br />

Pechmannstraße 5<br />

82418 Murnau<br />

tel 0 88 41-82 02<br />

eMail ph0884182024672@t-online.de<br />

Vorbemerkung der Redaktion: Wir glauben, dass der Alltag behinderter<br />

Menschen viel bunter ist als eine Sammlung von Tipps aus Medizin<br />

und Sozialrecht. Dazu gehören auch schräge Erfahrungen, wie sie unser<br />

Leser hier schildert…<br />

Als Mitglied des Städtischen Behindertenbeirats<br />

und dessen Fraktion Mobilität<br />

interessierte mich der Umbau des Kissinger<br />

Bahnhofs bei Augsburg enorm. Im<br />

Vorbeifahren war mir an diesem Bahnhof<br />

schon mehrmals eine zur Benutzung<br />

einladende Rampe aufgefallen und<br />

der Bahnsteig selbst war 96 cm hoch.<br />

Jahrzehnte lang hatten wir uns mit den<br />

höchsten BAHN-Menschen bis hinauf<br />

zu Ministern um barrierenfreie BAHN-<br />

Anlagen gekloppt. Jetzt endlich wurden<br />

diese Realität. Und diese Realität wollte<br />

ich unbedingt erleben. Außerdem malte<br />

ich mir das Verlassen des Zugs ohne<br />

das umständliche Heranfahren eines Affenkäfigs<br />

von Hydraulikeinsteighilfe und<br />

ohne dass ich beim Hinausheben aus der<br />

Karre stürzte schier wie eine Erfahrung<br />

der dritten Art aus.<br />

Nachdem ich nach dem Kissinger Bahnhof<br />

auch noch den pittoresken Nachbarort<br />

Mering mit Rokoko-Kirche besichtigt<br />

und zudem ein Naturschutzgebiet mit<br />

halsbrecherischen Wegen erkundet hatte,<br />

dachte ich ans Antreten des Heimwegs,<br />

allerdings von einem weiteren Bahnhof,<br />

und zwar Althegnenberg, denn den<br />

Kissinger hatte ich nun ja schon gesehen.<br />

Damit jedoch begann meine Erkundungstour,<br />

sich zu einem weiteren Stunt<br />

zu entwickeln: Um auf die Bundesstraße<br />

nach Althegnenberg zu gelangen, musste<br />

ich nämlich auf die Südseite des Bahnkörpers<br />

wechseln. Eine aus der Ferne erspähte<br />

Unterführung schien das zunächst<br />

sogar zu gestatten, doch als ich vor dieser<br />

stand, wurde mir mulmig: Sie stand voll<br />

Regenwasser und bei Durchfahren hätten<br />

die Motoren Wasser geschluckt. Die<br />

Folge wäre ein Kurzschluss mit dem Ausfall<br />

aller Fahrfunktionen gewesen – Ende<br />

eines Traums.<br />

Mit schwindendem Stromvorrat musste<br />

ich also auf einem x Kilometer langen<br />

Umweg zum Althegnenberger Bahnhof


fahren! Hektisch gurkte ich durch mehrere<br />

aus dem Dorferneuerungsprogramm<br />

verschönerte Käffer, fraß ich mich auf<br />

einem Sportfest durch das üppige Kuchenangebot,<br />

doch alle Sorge war umsonst<br />

gewesen, der Stromvorrat hatte<br />

ausgereicht, ich gelangte nach Althegnenberg<br />

und hätte mit dem Zug heimfahren<br />

können. Bei dessen Eintreffen aber<br />

trat die vermieden geglaubte Katastrophe<br />

doch noch ein: Die Hubbühne des Zugs<br />

funktionierte nicht, der nächste Zug wäre<br />

erst am nächsten Tag gefahren, Niemand<br />

wollte meine 120-kg-Karre in den Zug heben<br />

und ich befand mich mit kläglichen<br />

Stromresten 30 km vor München!<br />

Ich gurkte also weiter, die Akkuwarnlampe<br />

blinkte auf, das Warnpiepen setzte ein<br />

und die Motorleistung ließ nach, obwohl<br />

ich den Steuerhebel am Anschlag hielt<br />

und dabei wohl fast verbog. Ich kriegte<br />

die Panik, denn schon stellte ich mir eine<br />

Übernachtung im Freien vor, dass ich dabei<br />

von wabernden Mückenschwärmen<br />

zerstochen und von streunenden Dorfkötern<br />

angefallen würde, sich Fledermäuse<br />

in meinen Haaren verkrallten und ich in<br />

meinen Ausscheidungen vor mich hin<br />

stänke, danach aber noch immer nicht<br />

daheim wäre. Noch aber saß ich nicht in<br />

der K... Unter dem Druck der dräuenden<br />

Ereignisse fragte ich unerschrocken den<br />

nächstbesten Dorfbewohner, ob er bereit<br />

sei, mich mit seinem Auto zum nächsten<br />

S-Bahnhof, wo alle 20 min verlässlich<br />

barrierenfreie Züge fahren, zu bringen.<br />

Ohne zu überlegen willigte dieser Dorfbewohner<br />

ein. Der Grund: Ich war zufällig<br />

an einen Feuerwehrmann geraten<br />

und der hatte schließlich schon ganz andere<br />

Katastrophen als die nun vor ihm<br />

stehende erlebt! Mit Unterstützung seines<br />

Nachbarn verlud er meinen E-Bock in<br />

seinen Geländewagen und keine 20 min<br />

später schon befand ich mich im S-Bahnzug<br />

auf der Rückfahrt nach München!<br />

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ericht<br />

Kapuzineraffen als Assistenten<br />

16<br />

„Helping Hands“ in den USA:<br />

Die katzengroßen Kapuzineraffen aus Südamerika gelten als sehr<br />

intelligent, robust, von Natur aus hilfsbereit, und sie benutzen<br />

Werkzeuge: Diese Eigenschaften der fl inken Gesellen mit dem Greifschwanz<br />

macht sich eine Non-Profi t-Organisation in Boston, USA,<br />

zunutze: Spezialistinnen der „Helping Hands Inc.“ trainieren die Affen<br />

in aufwändigen Dressurprogrammen, damit sie Querschnittgelähmten<br />

und anderen Schwerbehinderten im Alltag buchstäblich zur Hand gehen.<br />

Das Ganze ist als eine Dauerpartnerschaft von Mensch und Affe<br />

angelegt und für den Empfängerhaushalt fast kostenlos.<br />

Bei der Ausbildung:<br />

Affe mit Trainerin. ideo-Clips des Vereins bzw. eines Nach<br />

Vrichtensenders<br />

zeigen die Affen mit dem<br />

graubraunen Mönchskutten-Fell beim Training<br />

und in der Wohnung ihres behinderten<br />

Partners: Mit rastlosen Bewegungen<br />

erklettern sie den Rollstuhl, den Partner,<br />

den Tisch, um auf kurze, freundliche Anweisung<br />

hin Dinge zu apportieren oder<br />

gelähmte Gliedmaßen in eine gewünschte<br />

Position zu bringen. Geschickt setzen sie ihrem<br />

Partner die Brille auf, reichen ihm eine<br />

Fernbedienung oder bereiten eine Trinkfl<br />

asche vor, indem sie sie aufschrauben<br />

und einen Schlauch hineinstecken, den sie<br />

dem Durstigen an den Mund setzen. Komplexere<br />

Aufgaben an technischen Geräten<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

macht ihnen „ihr“ Mensch vor, indem er<br />

schrittweise mit einem Laserpointer z.B.<br />

auf die Tasten eines Telefons oder CD-Players<br />

zeigt. Manche dieser quicklebendigen<br />

Helferlein können sogar die Mikrowelle<br />

bedienen oder die Waschmaschine. Und<br />

wenn die Aufgabe gelöst ist, gibt’s vom<br />

Partner ein Lob mit Streicheln oder gar<br />

einen Fingerhut voll Leckeres. Die Mutter<br />

eines Epileptikers und Tetraplegikers berichtet,<br />

dass Kapuziner-Äffi n „Kasey“ wild<br />

Alarm schreit, wenn ihr erwachsener Sohn<br />

einmal ohnmächtig wird.<br />

Doch längst nicht jeder Behinderten-Haushalt<br />

eignet sich dazu, einen „Monkey Helper“<br />

aufzunehmen. So muss der Rollifahrer<br />

zumindest sprechen und Autorität als<br />

„Alphatier“ geben können, und es dürfen<br />

keine kleinen Kinder dort leben, um Unfälle<br />

durch Missverständnisse und Konfl ikte<br />

zu vermeiden. Noch viel wichtiger als die<br />

Handreichungen ist den Empfängern die<br />

soziale Komponente, die der Kapuziner mit<br />

sich bringt. Insbesondere die gegenseitige<br />

Zuneigung und der Körperkontakt beim<br />

Streicheln und Spielen. Der Affe wird als<br />

ein Freund empfunden, der allerdings viel<br />

Aufmerksamkeit und dauernde Zuwendung<br />

braucht, wie ein dreijähriges Kind.<br />

„Kasey führt mich aus der Trostlosigkeit<br />

und Einsamkeit meiner Situation heraus<br />

und lenkt mich vom seelischen und körperlichen<br />

Schmerz ab“, lobt Ned Sullivan,<br />

Tetraplegiker aus Boston.


Ein Monkey Helper kann und soll natürlich<br />

keine Pfl egefachkraft ersetzen. Doch<br />

verhilft der Affe seinem Partner zu mehr<br />

Selbstständigkeit. Und: „Hilfe von einem<br />

Tier anzunehmen, nimmt auch das Konfl<br />

iktpotenzial mit einer Pfl egeperson“, sagt<br />

Dr. Wolfgang Neumann, Psychotherapeut<br />

in Bielefeld und selbst Rollifahrer, „dass<br />

man der Boss wird, oder dass man die Pfl egeperson<br />

nicht mag und dennoch von ihr<br />

abhängig ist.“<br />

Aufwand<br />

Für die Masse der rund 200 000 gelähmten<br />

Menschen in den USA stellt das Bostoner<br />

Modell von Helping Hands Inc. leider keine<br />

Hilfe dar, denn der Aufwand um ihre Affen<br />

ist riesig: Die Kapuziner werden von Hand<br />

aufgezogen und stammen aus einer eigenen<br />

Zuchtgruppe in einem Zoo. Noch im<br />

Kindesalter kommen die Tiere einzeln in<br />

einen normalen Pfl ege-Haushalt, und zwar<br />

für fünf bis zehn Jahre (!), also bis nach der<br />

Pubertät. So vermeidet man später aggressive<br />

Konfl ikte um die Rangordnung im Behinderten-Haushalt.<br />

Dort lernen die Affen,<br />

sich (unfall-)frei in einem Menschen-Haushalt<br />

zu bewegen. Sie sollen stubenrein werden<br />

(sie tragen aber offenbar fast immer<br />

Windeln) und sich an ein tägliches Bad gewöhnen<br />

– denn zu ihrem natürlichen Verhalten<br />

gehört, sich mit Urin einzureiben.<br />

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Für das spezielle dreijährige Training bei<br />

Helping Hands muss der Pfl egehaushalt<br />

sein Tier wieder an die Organisation abgeben<br />

– für immer. Der ausgebildete Kapuziner<br />

kommt dann auf Anfrage in einen<br />

geeigneten Behinderten-Haushalt. Für<br />

dieses „Placement“ ist eine Woche zur Eingewöhnung<br />

vorgesehen, wobei Mensch<br />

und Affe unter Aufsicht ihre individuellen<br />

Bedürfnisse aufeinander abzustimmen lernen.<br />

Zugleich wird so geprüft, ob der Affe<br />

und sein Partner zusammenpassen. Nach<br />

bericht


ericht<br />

Gehaubte Kapuziner<br />

(Cebus apella) im<br />

Allwetterzoo Münster.<br />

Am rechten Bildrand<br />

mit „Elvis-Tolle“:<br />

der Banden-Chef.<br />

18<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

der Helfer-Phase – im Schnitt ca. sieben<br />

bis zehn Jahre bei einer Person, insgesamt<br />

zehn bis 20 Jahre – werden die Tiere<br />

zurückgenommen und, wenn möglich,<br />

erneut als Haustiere an geeignete Interessenten<br />

abgegeben.<br />

Laut Cheftrainerin Allison Payne umfasst<br />

das Programm seit Bestehen insgesamt<br />

über 190 Kapuzineraffen. Derzeit würden<br />

30 Affen ihr Training am „Monkey College“<br />

abschließen. In der 30 jährigen Geschichte<br />

des Vereins haben USA-weit rund<br />

120 Behinderte einen „Monkey Helper“<br />

in Anspruch genommen. Der Verein lebt<br />

nach eigenen Angaben nur von Spenden<br />

und Sponsorengeldern. Die Vermittlung<br />

und Haltung der Affen sei für die Patienten<br />

kostenlos. Die Tiere würden nur an<br />

ausgewählte Haushalte bzw. Personen<br />

abgegeben. „Derzeit haben wir 43 Affen<br />

bei Behinderten und weitere 70 bei Pflegehaushalten“,<br />

bilanziert Andrea Rothfelder,<br />

die aus Bayern stammende Kommunikationschefin<br />

von Helping Hands Inc.<br />

Die Ausgaben für die Platzierung eines Affen<br />

belaufen sich, über dessen gesamte<br />

Lebensspanne von 30 bis 40 Jahren gesehen,<br />

auf ungefähr 35 000 US-Dollar (ca. 27<br />

000 €), erklärt Megan Talbert, Geschäftsführerin<br />

von Helping Hands. Davon schla-<br />

gen die Kosten für das eigentliche „Placement“,<br />

also die Eingewöhnungswoche im<br />

Haushalt des Behinderten, die Ausrüstung,<br />

wie z.B. der Käfig, sowie die dauerhafte<br />

Begleitung des Haushalts mittels Telefon-<br />

Beratung, Hausbesuchen, Veterinärterminen<br />

u.a. mit umgerechnet ca. 11 500 € zu<br />

Buche. Der Rest bezieht sich auf die Haltung<br />

und das Training bei Helping Hands<br />

und den Pflegefamilien. Was sich erst als<br />

großer Batzen Geld ausnimmt, ist beim näheren<br />

Betrachten um ein Vielfaches billiger<br />

als bspw. ein ambulanter Pflegedienst, der<br />

morgens und abends bei der Toilette hilft<br />

und sicherlich jeden Monat 1 000 € kostet.<br />

Affen in Deutschland?<br />

In Deutschland scheint es solche „Affen-<br />

Partnerschaften“ nach dem Modell der<br />

Helping Hands bislang nicht zu geben. Jedenfalls<br />

war das Thema für fast alle Angesprochenen<br />

neu, ob Behinderte, Behörden<br />

oder Behindertenorganisationen. Lediglich<br />

ein paar Affenexperten aus Forschung und<br />

Zoos wussten davon.<br />

Anfragen beim Bundesamt für Naturschutz,<br />

beim Bundesministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

und bei einem kommunalen Veterinäramt<br />

– all diese Stellen sind für die Haltung von<br />

„Wildtieren“ zuständig – haben die berühmte<br />

Radio Eriwan-Antwort ergeben:<br />

Ja, im Prinzip dürfen in Deutschland Kapuzineraffen<br />

aus Nachzuchten gehandelt und<br />

privat gehalten werden. Aber: Die artgerechte<br />

Haltung sieht für Kapuzineraffen je<br />

ein zimmergroßes Innen- und ein Außengehege<br />

(mind. je 16 qm) vor. Darüber hinaus<br />

müssen es mindestens drei Tiere als<br />

Sozialverband sein, und Tier und Mensch<br />

müssen bestimmte Hygienevorschriften<br />

erfüllen. Das alles würde vom örtlichen Veterinäramt<br />

kontrolliert.<br />

Für das amerikanische Modell der Helping<br />

Hands Inc. bedeuten diese Vorschriften das<br />

juristische Aus in Deutschland. Denn die<br />

Einzelhaltung ausschließlich in der Wohnung<br />

ist nicht artgerecht. Immerhin lässt<br />

Dr. Hans Helmut Jostmeyer vom Veterinär


amt Bielefeld großes Verständnis durchblicken: „Ich bin grundsätzlich<br />

sehr offen für die Tierhaltung im erweiterten Therapiebereich.<br />

Für eine Genehmigung wäre zwar die artgerechte Haltung maßgeblich,<br />

aber es wäre auch der Zweck der Haltung zu berücksichtigen,<br />

und wenn möglich, in eine Genehmigung zu bringen.“<br />

Zoologen und Tierpfleger lehnen das Bostoner Modell übrigens<br />

strikt ab. Aus ihrer Sicht ist es ethisch nicht vertretbar, ein soziales<br />

und hochmobiles Wesen wie den Kapuzineraffen so zu einem Kunstwesen<br />

zu vereinzeln: Zu diskutieren wäre also: Darf man einen Akrobaten<br />

behindern, um einem Gelähmten mehr Freiheit zu bringen?<br />

Text: Martin Bopp<br />

Fotos: Bopp (1), © 2006 by Tom Kates photography<br />

Links und Adressen zum Thema:<br />

Affen als Begleittiere für Behinderte:<br />

Helping Hands Inc. Monkey Helpers for the Disabled, Megan<br />

Talbert, Andrea Rothfelder, 541 Cambridge Street, Boston MA<br />

O2134, mail@monkeyhelpers.org, www.monkeyhelpers.org<br />

MonkeyHelpers Video aufYou Tube: http://www.youtube.com/<br />

watch?v=jo4g2aKscaQ<br />

Paralyzed Veterans of America (PVA):<br />

Managing Personal Assistants – a Consumer Guide (Handbuch<br />

für Behinderte zur Auswahl geeigneter Helfer (engl.):<br />

ob Menschen im Pflegedienst, Hunde oder Affen…,<br />

PDF-Version (70 S.; 1 MB), ISBN 0-929819-11-X, www.pva.<br />

org/site/PageServer?pagename=pubs_main >> publications >><br />

Advocacy and Accessibility<br />

http://www.pva.org/site/News2?page=NewsArticle&id=8115<br />

Kapuzineraffen – die Arten, ihre Verbreitung, Lebensweise und<br />

Gefährdung:<br />

Bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kapuzineraffen<br />

Kapuzineraffen im Zoo:<br />

Allwetterzoo Münster, Gehaubter Kapuziner, www.allwetterzoo.de<br />

Apenheul Appeldoorn (NL), mit großen Freigehegen, die Affen<br />

leben in naturnaher Umgebung: www.apenheul.nl (Gelbbrust-<br />

und Weißschulter-Kapuziner)<br />

Zoo Köln; Gelbbrust-Kapuziner: www.zoo-koeln.de/index.php<br />

Wilhelm Busch: Fipps der Affe:<br />

http://gutenberg.spiegel.de/wbusch/fipps/fipps.xml<br />

Anzeige


unterwegs<br />

20<br />

Die Bäderbrücke,<br />

auch zum Angeln<br />

geeignet.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Ich bin seit 58 Jahren ein „<strong>Paraplegiker</strong>“. Bis vor fünf Jahren<br />

war Reisen kein Problem. Die einzigen Voraussetzungen, die ich<br />

an eine geeignete Unterkunft stellen musste: die Türen mussten<br />

mindestens 65 cm breit und die Toilette erreichbar sein.<br />

So konnte ich mit Hilfe meiner Frau nicht nur mehrmals die drei<br />

skandinavischen Länder bis hinauf in das ganz im Norden von<br />

Norwegen gelegene Kirkenes kennen lernen, sondern auch z.B.<br />

Frankreich bis hinunter an die Mittelmeerküste.<br />

Dann riss bei einem Übersetzen von der<br />

Toilette in den Rolli die Sehne im rechten<br />

Schultergelenk. Damit folgte dann<br />

zwangsweise der Wechsel in den E-Stuhl.<br />

Von nun an waren die als „rollstuhlgeeignet“<br />

bezeichneten Unterkünfte zu 99<br />

Prozent nicht mehr geeignet. „Na und?“<br />

werden Tetraplegiker zu recht sagen – das<br />

Problem habe ich von Anfang an. Und<br />

dessen ungeachtet: Als E-Rollstuhl fahrender<br />

„Para“ hat man doch noch in paar<br />

kleine Probleme weniger, so dass Reisen<br />

nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind.<br />

Das Suchen nach geeigneten<br />

Häusern oder Orten<br />

ist zwar mühsam,<br />

kann aber durchaus<br />

auch erfolgreich sein.<br />

Als besonders behindertenfreundlichempfi<br />

nde ich die „neuen“<br />

Bundesländer. Und da<br />

habe ich das Ostseebad<br />

Kühlungsborn kennen<br />

und schätzen gelernt.<br />

Eine wunderschöne,<br />

breite, dicht am Ostseestrand<br />

entlang führende<br />

kilometerlange Uferpromenade.<br />

Die weit<br />

in die Ostsee hineinragende<br />

Seebrücke hat<br />

wie selbstverständlich<br />

Rampen. Direkt von der<br />

Promenade abzweigend<br />

gibt es für Behinderte und Rolli-Fahrer einen<br />

eigenen ins Wasser hinein führenden<br />

Badesteg mit einem Seitensteg, von dem<br />

aus man den Sandstrand und mehrere<br />

Strandkörbe erreichen kann.<br />

Gut recherchiert<br />

2008 war in Kühlungsborn sogar ein<br />

Riesenrad aufgebaut mit zwei Kabinen<br />

für Rollstuhlnutzer. Sehr freundliches<br />

und kräftiges Personal half uns über die<br />

Schwellen. So konnten wir Kühlungsborn


Anzeige<br />

Unser „Stammquartier“.<br />

Leider nicht ganz billig.<br />

auch einmal aus der Vogelperspektive<br />

genießen.<br />

Im Unterkunftsverzeichnis sind mehrere<br />

Hotels genannt, die das Rollstuhlsymbol<br />

in ihre Anzeige eingesetzt haben.<br />

Da beginnt dann die individuelle<br />

Suche. Wir übernachten immer im<br />

„Ringhotel Strandblick“. Es verfügt<br />

unterwegs<br />

Blick auf die<br />

Promenade in<br />

Kühlungsborn.


unterwegs<br />

Direkt an einer DLRG-<br />

Station: eigens für<br />

Behinderte und Rollifahrer<br />

gebauter Badesteg.<br />

22<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

leider nur über ein spezielles Zimmer für<br />

„Rollis“, das allerdings auch weit im Voraus<br />

ausgebucht ist, hat aber auch einige<br />

andere Zimmer, die man bei einigen Einschränkungen<br />

durchaus als „geeignet“<br />

bezeichnen kann. Der Vorteil: Hilfsmittel<br />

wie Duschstuhl, Bettgalgen und Lifter kann<br />

man sich beim Bergmann REHA-SERVICE<br />

in Rostock (tel 03 81-76 88 600) zu vertretbaren<br />

Preisen leihen.<br />

Eine gute Quelle für Infos ist wie so oft<br />

das Internet. Oder man bestellt sich Prospekte<br />

von Fremdenverkehrsverbänden,<br />

um sie auszuwerten. Besonders ausführlich<br />

ist der Prospekt von Sachsen. Achten<br />

Sie aber darauf, dass Sie den Spezialprospekt<br />

für Behinderte „Sachsen Barrierefrei“<br />

bestellen. ich habe selten eine<br />

so gut recherchierte Arbeit gesehen. Der<br />

Hauptkatalog enthält dagegen nur wenige<br />

nützliche Hinweise. (tel 03 51-49 17 00,<br />

www.sachsen-tourismus.de)<br />

Weitere Angebote<br />

Die Fürst-Donnersmark-Stiftung, Berlin,<br />

hat zum Beispiel ein sehr schönes und<br />

großes Haus nur für Behinderte und deren<br />

Angehörige in Rheinsberg am See<br />

(tel 03 39 31-34 40, www.hausrheinsberg.<br />

de). Ein zweites Haus der Stiftung mit<br />

dem Schwerpunkt<br />

Wellness wurde im<br />

letzten Jahr in 29549<br />

Bad Bevensen in Niedersachsen<br />

eröffnet.<br />

(tel 0 58 21-95 90)<br />

Ein privater Anbieter<br />

in Deutschland: Otto<br />

Käser im Allgäu: tel<br />

0 83 23-71 39, www.<br />

immenstadt.com/<br />

kaeser/. Und unter<br />

www.rollstuhl-urlaub.de<br />

fi ndet man<br />

weitere Angebote im<br />

Internet.<br />

Für Freunde organisierter<br />

Reisen für Behinderte<br />

bietet sich die „rfb-Touristik“ in<br />

Mönchengladbach mit der gesamte Palette<br />

der Reisebranche an. (tel 0 21 66-6<br />

18 90 20, www.rfb-touristik.de)<br />

Aber warum nicht einmal mal auch im<br />

Ausland nach einem Quartier suchen?<br />

Vielleicht nicht nur für Norddeutsche interessant<br />

ist Dänemark und hier besonders<br />

Jütland mit seinen unendlich langen<br />

Sandstränden mit geräumigen und<br />

großzügig gebauten Ferienhäusern. Ein<br />

deutscher Anbieter: „Sonne und Strand“<br />

in Flensburg, tel 04 61-1 44 20 20, oder<br />

direkt beim dänischem Vermittler im Internet<br />

unter www.Dancenter.de.<br />

Diese Daten können und sollen natürlich<br />

keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erheben, sondern zeigen, dass es Möglichkeiten<br />

gibt, auch mit diesen Vorausetzungen<br />

Urlaub zu machen, einmal den<br />

Alltag zu vergessen. Wagen Sie es doch<br />

einfach auch mal. Es lohnt sich.<br />

Text: Klaus Schwarz<br />

Fotos: Waltraud Schwarz


Bad Bevensen:<br />

Der Kurpark von Bad Bevensen lädt zu<br />

schönen Spaziergängen ein, die Stadt<br />

mit ihren Fachwerkhäusern will entdeckt<br />

werden und auch Ausflüge in die Umgebung<br />

versprechen viel Abwechslung. Im<br />

Gästehaus Bad Bevensen der Fürst Donnersmarck-Stiftung<br />

findet man eine komfortable,<br />

barrierefreie Unterkunft, in der<br />

man es sich richtig gut gehen lassen kann.<br />

Ob es die gute Küche des Hauses ist, die<br />

ansprechenden Zimmer, die gemütlichen<br />

Aufenthaltsräume oder die Kaminbar –<br />

hier ist für einen angenehmen Urlaub alles<br />

gut vorbereitet.<br />

Das Haus ist komplett barrierefrei für Rollstuhlfahrer<br />

gestaltet und entspricht den<br />

Bedürfnissen von Menschen mit Körperbehinderung.<br />

Ganz neu ist das Vital-Zentrum<br />

mit Bio-Sauna, Sauna, Dampfbad,<br />

Entspannungsräumen und Gymnastikraum.<br />

Hier kann man in ansprechendem<br />

Ambiente entspannen und etwas für die<br />

Gesundheit tun. Dazu bietet die Physiotherapiepraxis<br />

ein fachlich fundiertes Spektrum<br />

verschiedener Gesundheitsanwendungen.<br />

Ob es eine physiotherapeutische<br />

Behandlung nach Bobath ist, eine manuelle<br />

Therapie, eine Wohlfühlmassage oder<br />

Wärmebehandlungen – hier ist man immer<br />

in guten Händen. Vielseitige Entspannungs-<br />

und Aktivitätsprogramme sorgen<br />

für Wohlbefinden. Ärztliche Versorgung<br />

markt<br />

Wenn die Tage wieder länger werden<br />

und der Frühling kommt, wächst die<br />

Lust auf Urlaub. Die Kurstadt Bad<br />

Bevensen in der Lüneburger Heide<br />

bietet beste Voraussetzungen für einen<br />

erholsamen, aber auch abwechslungsreichen<br />

Frühlingsurlaub. Bunte<br />

Wälder, Felder und Heideflächen,<br />

grüne Wiesen- und Auetäler prägen<br />

die südlich von Lüneburg gelegene<br />

Landschaft und laden zum Entspannen<br />

und Durchatmen ein.<br />

Barrierefrei in der Lüneburger Heide<br />

im Haus rundet<br />

das Angebot des<br />

Vital-Zentrums ab.<br />

Zu einem erholsamen<br />

Urlaub gehören<br />

auch ausgedehnteSpaziergänge<br />

und -fahrten<br />

im angrenzenden<br />

Wald. Ein rollstuhlgerechterRundweg<br />

bietet auch den<br />

Gästen, die nicht<br />

so mobil sind, die<br />

Möglichkeit zu einemwunderschönen<br />

Naturerlebnis.<br />

Und wenn man<br />

dann vom Spaziergang<br />

zurück ins<br />

Gästehaus kommt,<br />

kann man dort in<br />

der gemütlichen<br />

Kaminbar bei einem<br />

guten Glas Wein entspannen und<br />

den Tag ausklingen lassen.<br />

Weitere Infos unter<br />

www.gaestehaus-bad-bevensen.de<br />

oder tel. unter 0 58 21-95 90.<br />

PARAPLEGIKER 1/09 23


unterwegs<br />

Abenteuerreise<br />

24<br />

Früher, als Bonn noch Bundeshauptstadt und<br />

Berlin nur eine große Stadt war, bin ich häufi g samt<br />

Rollstuhl nach Berlin gefl ogen. Morgens hin und<br />

abends wieder zurück, manchmal sogar „standby“,<br />

also ganz ohne Reservierung. Damals gab es noch<br />

keine Billigfl üge, aber auch noch keinen 11. September<br />

und keinen Touristenboom in der Hauptstadt.<br />

Letzten Dienstag musste ich wieder mal nach Berlin<br />

und weil ich am nächsten Tag einen Termin hatte,<br />

am gleichen Tag auch wieder zurück.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Flug nach Berlin:<br />

Vorspiel: Im Internet zahle ich nur 109 € für<br />

Hin- und Rückfl ug, rund ein Drittel vom<br />

früheren Preis. Weil ich noch nie mit Air<br />

Berlin gefl ogen war oute ich mich vorsichtshalber<br />

per E-Mail als Rollstuhlfahrer.<br />

Etliche Mails und eine Woche später<br />

ist klar, ich bin ein „Charly“, einer der im<br />

Rollstuhl sitzt und nicht laufen kann. Eine<br />

„geänderte zweite Rechnung“ ersetzt die<br />

Bestätigung aus dem Internet.<br />

Die Hinreise: Auf dem Flughafen Köln/<br />

Bonn wurden die Behindertenparkplätze<br />

direkt neben dem Eingang zur Abfl ughalle<br />

„wegen Missbrauch“ abgeschafft. Jetzt<br />

gibt es im Parkhaus auf Ebene 4 mehr<br />

Behindertenparkplätze als ich jemals vorher<br />

an einem Platz gesehen habe. Leider<br />

war von den ca. 50 bis 60 Plätzen in vier<br />

Reihen keiner frei. Nachdem ich mich auf<br />

einem normalen Parkplatz aus dem Auto<br />

gezwängt hatte bin ich durch eine der Parkreihen<br />

zum Aufzug gerollt und konnte nur<br />

ein halbes Dutzend blaue Parkausweise<br />

entdecken... Andere Rollstuhlfahrer sah<br />

ich während der ganzen Reise überhaupt<br />

nicht.<br />

Barsche Befehle<br />

Check-in: „Sie können nicht laufen? Hier<br />

steht aber etwas anderes. Wir bestellen<br />

aber die Hilfe für Sie und sagen auch in<br />

Berlin Bescheid. Für Ihren Rückfl ug heute<br />

Abend ändern wir den Flug auch auf Char-<br />

ly“ Im Flugzeug durfte ich dann nicht – wie<br />

ausnahmslos bei allen Flügen seit meinem<br />

Unfall – am Gang sitzen bleiben. Barsch<br />

und mit Feldwebelstimme wurde mir klar<br />

gemacht, dass ich „aus versicherungsrechtlichen<br />

Gründen“ zwei Plätze weiter<br />

am Fenster sitzen müsse. Selbst das Angebot<br />

einer freundlichen Sitznachbarin, mit<br />

mir den Platz zu tauschen, wurde nicht erlaubt.<br />

Später habe ich dann erfahren, dass<br />

ich den Fensterplatz nur hatte, weil die netten<br />

Leute am Check-in mir etwas Gutes tun<br />

wollten.<br />

In Berlin-Tegel konnte ich wie gewohnt<br />

direkt am Flugzeug in meinen eigenen<br />

Rollstuhl umsteigen. Praktisch wäre es gewesen,<br />

mit einem Rollstuhltaxi ohne Umsetzen<br />

zur Besprechung zu fahren. Aber<br />

weit gefehlt. Was in Köln, Frankfurt oder<br />

Koblenz möglich ist, in der Millionenstadt<br />

blieben die Anrufe der hilfsbereiten Dame<br />

von der Flughafeninformation bei 6 großen<br />

Taxizentralen ohne Erfolg - und die Linienbusse<br />

mit Rollisymbol fuhren nicht<br />

zu meinem Ziel. (Auch bei der späteren<br />

Rückfahrt zum Flughafen blieb mir diese<br />

Bequemlichkeit verwehrt.)<br />

Die Rückreise: Überfl üssig zu erwähnen,<br />

dass ich gefragt wurde „Was, Sie können<br />

nicht laufen?“ Den Tipp, mich in Zukunft<br />

direkt bei der Buchung als „Charly“ anzumelden<br />

habe ich dann gerne zur Kenntnis<br />

genommen. Mein Wunsch, meinen Rollstuhl<br />

als „Cabin Luggage“ zu befördern<br />

wurde allerdings entweder überhört oder<br />

nicht verstanden. (Nur so ist man sicher,<br />

dass später auch der eigene Rollstuhl am<br />

Flugsteig bereitsteht.) Gegen den Fensterplatz<br />

habe ich schon gar nicht mehr protestiert.<br />

Zur Geisterstunde zuhause<br />

Laut wurde ich erst wieder als in Köln weder<br />

mein Rollstuhl da war noch das extra<br />

schmale Gegenstück, mit dem man durch<br />

die Sitzreihen gefahren wird. Fünfundzwanzig<br />

Minuten später – das Flugpersonal<br />

hätte schon längst Feierabend gehabt<br />

und die Reinigungstruppe war schon bei


der Arbeit – ging es weiter. Mein Rollstuhl<br />

war immer noch nicht da, sondern<br />

als „Sperrgepäck“ irgendwo in der Ankunftshalle.<br />

Das sei Vorschrift erklärten<br />

mir die Zivis von DRK. Welche Vorschrift<br />

das genau war wussten sie aber auch<br />

nicht. Stattdessen saß ich dann – wieder<br />

„aus versicherungsrechtlichen Gründen“<br />

– in einem zweiten fl ughafeneigenen Rollstuhl,<br />

dessen Fußstützen bei einer Körpergröße<br />

von ca. 1,60 m gepasst hätten. Nur<br />

bin ich 1,86 m. Kein Wunder, dass ich mit<br />

ausgestreckten Beinen, weißen Polsterkissen<br />

unter den Waden und total verärgerter<br />

Miene auf dem langen Weg zum eigenen<br />

Rolli alle Blicke auf mich zog. Mein Rollstuhl<br />

stand dann mutterseelenallein in der<br />

Gepäckhalle.<br />

Alle Mitreisenden aus Berlin waren schon<br />

auf dem Nachhauseweg. Ich noch lange<br />

nicht. Denn ich hatte den Hinweisschildern<br />

vertraut, dass man die Parkgebühren auch<br />

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per Kreditkarte bezahlen könnte. „Dazu<br />

müssen Sie die Karte schon bei der Einfahrt<br />

einschieben“ erfuhr ich „Aber mit<br />

dem Schwerbehindertenausweis parken<br />

Sie hier kostenlos“. Der wurde dann fotokopiert,<br />

ein Formular wurde ausgefüllt und<br />

vom Kassierer und mir unterzeichnet ehe<br />

mir ein „Ersatzticket für eine kostenlose<br />

Ausfahrt“ ausgehändigt wurde. Zur Geisterstunde<br />

war ich endlich zuhause und alles<br />

Gespenstische, das mir den Tag über<br />

widerfahren war, ließ ich draußen vor der<br />

Tür.<br />

Wäre Bonn noch Bundeshauptstadt hätte<br />

ich mich ins Auto gesetzt und eine Stunde<br />

später dort die Bundesbehindertenbeauftragte<br />

getroffen. Ihr werde ich meinen Bericht<br />

über eine Abenteuerreise in die Bundeshauptstadt<br />

auch zuschicken.<br />

Text: Herbert Müller<br />

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unterwegs<br />

26<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Weserradweg mit dem E-Handbike:<br />

Seit ich im Rolli sitze, hatte ich immer schon den<br />

Wunsch, wie früher als Fußgänger wieder Mehrtagestouren<br />

mit dem Rad zu machen. Der Weserradweg<br />

ist landschaftlich sehr schön und trotzdem topographisch<br />

machbar. Einzig auf dem ersten Stück von Hannoverisch<br />

Münden nach Bad Karlshafen gibt es nennenswerte Steigungen.<br />

Deshalb hatten wir uns dazu entschlossen,<br />

unsere Tour erst in Bad Karlshafen zu beginnen.<br />

Die Rückfahrt wollten wir mit dem Zug<br />

bewerkstelligen. Allerdings ist das vom<br />

Zielort Cuxhaven aus nicht ganz so einfach.<br />

Unser Ziel war deshalb Bremerhaven.<br />

Durch diese beiden Änderungen<br />

verkürzte sich die geplante Strecke von<br />

520 km auf ca. 430 km, die wir in acht<br />

Fahrtagen absolvieren wollten.<br />

Eine gewissenhafte Vorbereitung einer<br />

Tour mit dem Rolli ist extrem wichtig.<br />

Speziell auf die Übernachtungen haben<br />

wir großen Wert gelegt und ich habe<br />

mir viel Mühe bei der Auswahl der Hotels<br />

gegeben. Dies hat sich auch wirklich<br />

ausgezahlt und so hatten wir fast ausschließlich<br />

einigermaßen rollitaugliche<br />

Unterkünfte. Wie schon bei vergangenen<br />

Touren hat Gerd die Etappen im Computer<br />

geplant und die Strecken und Hotels<br />

auf ein GPS-Gerät übertragen. So entfiel<br />

das allabendliche Suchen des Hotels.<br />

Auch die teilweise doch etwas mangelhafte<br />

Beschilderung des Radwegs ließ<br />

uns dank des Navis kalt.<br />

Ich habe meinen vollgummibereiften<br />

Meyra X2 in Kombination mit dem Stricker<br />

Handbike SmartDrive (elektromotorische<br />

Unterstützung) benutzt. Zur<br />

Erweiterung der Reichweite hatten wir<br />

insgesamt drei Sätze Akkus (insgesamt<br />

also sechs Akkus a 6V/9Ah) dabei, wovon<br />

wir den dritten Satz aber nie brauchten.<br />

Um den allabendlichen Ladeprozess<br />

zu beschleunigen, haben wir uns ein<br />

zweites Ladegerät besorgt. So konnten<br />

wir vier Akkus gleichzeitig aufladen und<br />

mussten nachts nicht zum Umstöpseln<br />

aufstehen.<br />

Gerd war mit einem Mountainbike unterwegs.<br />

Den Gepäcktransport bewerk


stelligten wir mit einem einspurigen<br />

Anhänger, der bis zur maximalen Zuladung<br />

von 34 kg beladen war (den<br />

Großteil des Gewichts stellten die Akkus).<br />

Verpackt war alles in einer wasserdichten<br />

Tasche. Zusätzlich hatte Gerd<br />

noch einen kleinen Rucksack für häufig<br />

benötigte Dinge (Kamera, Werkzeug,<br />

etc.) auf dem Rücken.<br />

1) Bad Karlshafen – Holzminden<br />

(39,5 km, 61 hm, 2:11h)<br />

Anzeige<br />

www.wolturnus.de<br />

(hm= Höhenmeter, h=Fahrtzeit; Anm.<br />

d.Red.) Von Bad Karlshafen aus ging es<br />

zunächst auf der rechten Seite der Weser<br />

abwärts, bei strahlendem Sonnenschein<br />

und 35°C. Vor Beverungen mussten wir<br />

die Weser überqueren. Da das per Fußgänger-Fähre<br />

mit dem Handbike und<br />

dem Fahrrad mit Anhänger ziemlich umständlich<br />

ist, haben wir uns für die Überquerung<br />

per Brücke entschieden. Über<br />

Höxter ging’s nach Holzminden und wir<br />

erreichten unser Domizil, das Gasthaus<br />

<br />

unterwegs


unterwegs<br />

28<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

„Hellers Krug“ in Holzminden, gegen 17<br />

Uhr. Unser Zimmer war im Erdgeschoss<br />

und barrierefrei zu befahren. Die Dusche<br />

war nicht befahrbar. Haltegriffe waren<br />

ebenfalls nicht vorhanden.<br />

2) Holzminden – Hessisch Oldendorf<br />

(68,6 km, 75 hm, 3:50h)<br />

Die Königsetappe. Noch nie zuvor hatten<br />

wir eine so lange Strecke gefahren,<br />

und so waren wir sehr gespannt, ob alles<br />

wie geplant funktionieren würde. Die<br />

Strecke verlief den ganzen Tag auf der<br />

rechten Weserseite. Ab Bodenwerder,<br />

der Heimatstadt von Baron Münchhausen,<br />

beglückte uns die Sonne wieder<br />

und so stiegen die Temperaturen schnell<br />

auf über 35°C. Weiter ging’s nach Hameln.<br />

Kurz vor Hameln stand nach 45<br />

km der erste Akkuwechsel. Das war unser<br />

persönlicher Rekord. Noch nie hatte<br />

ein Satz Akkus so lange gehalten, und so<br />

waren wir jetzt auch sicher, die Strecke<br />

bis Hessisch Oldendorf zu schaffen. Hameln<br />

hat eine sehr schöne Altstadt, die<br />

allerdings fast komplett mit wenig rollifreundlichem<br />

Kopfsteinpflaster bestückt<br />

ist. Trotzdem ist die Innenstadt natürlich<br />

eine Besichtigung wert. Die Hilfe<br />

eines Fußgängers ist aber eine Erleichterung…<br />

Weiter ging’s dann nach Hessisch<br />

Oldendorf. Dort haben wir privat<br />

bei Verwandten übernachtet.<br />

3) Hessisch Oldendorf – Minden<br />

(62,4 km, 94 hm, 3:35h)<br />

Auf dem Weg nach Rinteln sichteten<br />

wir entlang der Strecke einige Störche.<br />

Um die Altstadt von Rinteln zu erkunden,<br />

verschlossen wir unsere Habseligkeiten<br />

in der Fußgängerzone. Vor Uffeln<br />

entschieden wir uns für eine alternative<br />

Wegführung, die nicht über die Höhen<br />

führt, sondern im Wesertal bleibt, über<br />

eine wenig befahrene Autostraße. In Uffeln<br />

trifft diese Umgehung wieder auf<br />

den offiziellen Weserradweg. Weiter<br />

ging’s zur Porta Westfalica. Hier endet<br />

das Weserbergland und es beginnt die<br />

norddeutsche Tiefebene. Das wuchtige<br />

Kaiser-Wilhelm-Denkmal bewacht den<br />

Durchbruch der Weser durch den Felsriegel<br />

des Weser Berglands. In Minden<br />

machten wir uns auf zur Stadtbesichtigung.<br />

Wie immer: Kopfsteinpflaster,<br />

soweit das Auge reicht. Aber auch eine<br />

schöne Altstadt. Nach der obligatorischen<br />

Apfelschorle fuhren wir dann<br />

weiter zu unserem Hotel. Dabei kamen<br />

wir am Wassersstraßenkreuz Weser-<br />

Mittellandkanal vorbei, das größte seiner<br />

Art in Europa.. Hier führt der Mittellandkanal<br />

auf einer eindrucksvollen<br />

Überführung über die Weser. Die beiden<br />

Wasserstraßen sind mit einer Schacht-<br />

schleuse miteinander verbunden und so<br />

ist es möglich die Schiffe 14 Höhenmeter<br />

von der Weser in den Mittellandkanal<br />

zu heben.<br />

4) Minden – Nienburg<br />

(59,9 km, 47 hm, 3:28h)<br />

Der Radweg verlief zunächst direkt an<br />

der Weser entlang, bis er kurz vor Ptershagen<br />

auf eine stillgelegte Bahntrasse<br />

abbiegt. Hier führt der Weserradweg<br />

entlang des Mühlenradwegs und so<br />

kann man hier einige Windmühlen am<br />

Wegesrand entdecken. Von Petershagen<br />

führt der Radweg weiter auf der still-


gelegten Bahntrasse. Über Felder und<br />

Wirtschaftswege mit teilweise recht<br />

übler Oberfläche fuhren wir vorbei an<br />

alten Scheunendörfern nach Nienburg,<br />

wo wir gut durchgeschüttelt ankamen.<br />

Für die Nacht hatte ich die Weserkate in<br />

Nienburg gebucht. Der hübsche Altbau<br />

befindet sich sehr zentral in der Altstadt,<br />

die Rückseite direkt am Fluss. Entgegen<br />

unserer Erwartungen kamen wir aber<br />

auch hier sehr gut zurecht. Das Zimmer<br />

war geräumig und nach etwas Möbelrücken<br />

bot es auch genügend Platz für<br />

den Rolli. Zur Dusche ging’s zwar über<br />

den Flur, aber sie war ebenfalls befahrbar<br />

und weitgehend<br />

rolligerecht. Einzig die<br />

Stufe am Hauseingang<br />

könnte man bemängeln.<br />

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50 cm Hub,<br />

schwebend,<br />

mit gerader<br />

und<br />

neigbarer Platte<br />

5) Nienburg –<br />

Verden<br />

(56,2 km, 55 hm,<br />

3:18h)<br />

Auch heute waren die<br />

Wege nicht besser als<br />

am Vortag, und die<br />

Einkehrmöglichkeiten<br />

auch etwas knapp.<br />

Nach Bücken wurden<br />

die Wege zunächst etwas<br />

besser. Die Hitze<br />

wurde aber immer un-<br />

MÖCKEL Feinmechanik, Bornweg 13-15, 35418 Buseck, Tel. 06408 / 9004-0 Fax /2440 info@moeckel.com<br />

erträglicher, und so waren wir froh, als<br />

wir den Dom von Verden am Horizont<br />

auftauchen sahen. In Verden sind wir<br />

dann direkt zum Hotel gefahren, das ca.<br />

3 km außerhalb liegt. Der Niedersachsenhof<br />

kann ebenfalls getrost als rollitauglich<br />

bezeichnet werden, ist aber relativ<br />

teuer. Verden gilt als die Stadt der<br />

Pferde und so verwundert der immer<br />

präsente Geruch nach Pferdemist, der<br />

unterwegs<br />

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unterwegs<br />

Übernachtungen:<br />

Hellers Krug, Altendorfer Str. 19,<br />

37603 Holzminden,<br />

tel 0 55 31- 20 01<br />

Hessisch Oldendorf: privat<br />

PARK HOTEL INTERNATIONAL,<br />

Marienstr. 108,<br />

32425 Minden,<br />

tel 05 71-9 45-80<br />

Fax -82 22<br />

Altstadt-Pension „Weserkate“,<br />

Lange Straße 1,<br />

31582 Nienburg,<br />

tel 0 50 21-92 49 06<br />

Hotel Niedersachsenhof,<br />

Lindhooper Straße 97,<br />

27283 Verden,<br />

tel 0 42 31-6 66-0<br />

Ibis Bremen Centrum,<br />

Rembertiring 51,<br />

28203 Bremen,<br />

tel 04 21-3 69 70<br />

Elsfleth: privat<br />

30<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

wie eine Glocke über der Stadt liegt, nur<br />

im ersten Moment.<br />

6) Verden – Bremen<br />

(56,2 km, 55 hm, 3:25h)<br />

Wir bahnten uns unseren Weg durch<br />

die vielen Baustellen in Verden bis zum<br />

Schleusenkanal. Von dem sieht man leider<br />

nicht viel, weil zwischen Kanal und<br />

Radweg ein Damm verläuft. In Baden erfuhren<br />

wir an einer kurzen aber steilen<br />

Rampe wieder mal die Traktionsgrenzen<br />

des frontgetriebenen Handbikegespanns.<br />

Mit vereinten Kräften haben wir’s dann<br />

aber doch geschafft und weiter ging’s<br />

nach Achim. Dank GPS war unser Hotel,<br />

das Ibis in Bremen, schnell gefunden.<br />

Das Zimmer war, speziell betreffend der<br />

sanitären Anlagen rollifreundlich, wenn<br />

auch relativ klein. Nach dem Duschen<br />

machten wir uns gespannt auf Entdeckungsreise<br />

in die Stadt. Rathaus, Roland<br />

und Bremer Stadtmusikanten standen<br />

auf dem Programm, bevor wir die Weserpromenade<br />

Schlachte, die bekannte<br />

Fressmeile von Bremen, direkt am Ufer<br />

der Weser aufsuchten.<br />

7) Bremen – Elsfleth<br />

(43,4 km, 45 hm, 2:42h )<br />

Erleichtert, die apokalyptisch anmutende<br />

Industrielandschaft um Bremen<br />

endlich hinter uns gelassen zu haben,<br />

fuhren wir dann entlang der Hunte<br />

durch langsam wieder grüner werdende<br />

Landschaften. Da in unserem Führer<br />

(Bikeline) die Eisenbahnbrücke vor Elsfleth<br />

als eng und für Gespanne unpassierbar<br />

beschreiben war, entschlossen<br />

wir uns, die Alternativroute über die<br />

Huntesperre zu nehmen. Leider ist diese<br />

allerdings nur zur vollen Stunde jeweils<br />

für ein paar Minuten passierbar,<br />

die restliche Zeit hat die Schifffahrt Vorrang.<br />

Wir kamen um kurz nach 15 Uhr<br />

dort an und sahen gerade noch, wie die<br />

Brücke hochgeklappt wurde. Nach einer<br />

Stunde endlich konnten wir die Hunte<br />

überqueren und schon ein paar Minuten<br />

später kamen wir bei einer Freundin<br />

in Elsfleth an, wo wir übernachteten.<br />

8) Elsfleth – Bremerhaven<br />

(41,1 km, 38 hm, 2:33h)<br />

Zunächst ging<br />

es entlang der<br />

Weser auf ausnahmsweise<br />

recht guten Wegen<br />

nach Brake.<br />

Der Weg von<br />

Brake zur Weserfähre<br />

in Blexen<br />

gibt leider recht<br />

wenig Gelegenheit,<br />

die Weser<br />

zu sehen, da er<br />

entweder weit<br />

entfernt von der<br />

Weser verläuft<br />

oder durch einen<br />

Deich von<br />

dieser getrennt<br />

ist. Die Weserfähre<br />

in Blexen<br />

verkehrt alle 20<br />

Minuten. Diesmal<br />

hatten wir


Glück und konnten ohne anzuhalten auf<br />

die Fähre rollen. Gleich danach ging<br />

es auch schon los. Rollstuhlfahrer mit<br />

dem Eintrag „aG“ im Ausweis fahren<br />

übrigens gratis, genauso wie eine Begleitperson<br />

samt Fahrrad. Von der Weserfähre<br />

hat man einen schönen Blick<br />

auf das Wahrzeichen von Bremerhaven,<br />

die riesigen Verladekräne. Drüben angekommen<br />

sind wir gleich zum Bahnhof<br />

gefahren, weil unsere Rückreise noch an<br />

diesem Tag stattfinden sollte.<br />

Die Rückreise<br />

Dreimal umsteigen war angesagt, einer<br />

der geplanten Anschlüsse war recht<br />

knapp, genug Anlass zur Sorge also.<br />

Ich hatte von zu Hause aus die Verbindungen,<br />

wo möglich, reserviert und die<br />

Umsteigehilfe der DB gebucht. Das Einsteigen<br />

hat in Bremerhaven, per mobiler<br />

Hubrampe, super geklappt. Auch in Bremen<br />

war das Umsteigen kein Problem.<br />

Ebenso ging das dann in Hannover und<br />

in Göttingen, und Gerd musste sich nur<br />

um Gepäck und Fahrrad kümmern. In<br />

Bad Karlshafen kamen wir planmäßig<br />

an. Dort gab es zwar keinen Umsteigeservice,<br />

aber der Lokführer der Bimmelbahn<br />

hat uns beim Aussteigen geholfen.<br />

Fazit: Die Übernachtungsmöglichkeiten<br />

unterwegs waren allesamt rollifreundlich.<br />

Landschaftlich ist die Strecke bis<br />

zur Porta Westfalica sehr abwechslungsreich.<br />

In der norddeutschen Tiefebene<br />

ist das Landschaftsbild dann etwas eintönig.<br />

Die Beschilderung des Radwegs<br />

ist an manchen Abzweigen nicht vollständig<br />

und auch nicht einheitlich. Insgesamt:<br />

Eine tolle und erlebnisreiche<br />

Tour!<br />

www.wittmacher.com<br />

Text & Fotos:<br />

Britta Wittmacher<br />

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RL-50 Deckenlift<br />

mit Rollstuhlaufhängung<br />

Bundesweiter Vertrieb und Service: 02 34 – 91 600 50<br />

Dank der speziell entwickelten Fahrschiene bleibt ihre Treppe in ganzer Breite frei. Der<br />

Einbau kann in Mehrfamilienhäusern, engen Treppenhäusern, über mehrere Etagen<br />

erfolgen. Haltestellen sind frei wählbar. Die Bedienung erfolgt auch bei eingeschränkter<br />

Mobilität durch den Benutzer oder Begleitperson. Fernsteuerbar ohne Kabelmontage.<br />

HÖGG Liftsysteme<br />

Hattinger Straße 712 a<br />

44879 Bochum<br />

sales@hoegglift.de


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Infos:<br />

Barrierefrei wohnen und studieren<br />

Beauftragter f. beh.<br />

Studierende d. Uni<br />

Dr. Martin Gründl,<br />

tel 09 41-943-3814<br />

eMail: martin.gruendl@psychologie.uni-r.de<br />

Beauftragter f. beh.<br />

Studierende d. Hochschule<br />

Dr. Wilhelm Bomke,<br />

tel 09 41-943-1068<br />

eMail: wilhelm.bomke@verwaltung.fh-regensburg.de<br />

Sozialberatung u. Beratung<br />

beh. Studierender des StudentenwerksNiederbayern/Oberpfalz<br />

Monika Jauch,<br />

tel 09 41-943-2250<br />

eMail jauch@stwno.de<br />

32<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Studentenwohnanlage in Regensburg:<br />

Die studentische Wohnanlage Ludwig-Thoma-Straße 15-17 liegt in<br />

unmittelbarer Nähe der Universität und Fachhochschule Regensburg<br />

(Standorte Seyboth- und Galgenbergstraße). Sie besteht aus 258 Einzel-<br />

und 10 Doppelapartments; davon sind 25 Einzel- und 3 Doppelapartments<br />

für Mobilitätsbehinderte nutzbar.<br />

Die barrierefreien Zimmer befinden sich im<br />

1976 fertig gestellten zweiten Bauabschnitt,<br />

der einschließlich Tiefgarage mit dem Rollstuhl<br />

befahrbar ist. Die Zimmer sind etwa<br />

19 qm groß und ausgestattet mit: Bett (auf<br />

Wunsch Pflegebett), Schreibtisch, Schrank<br />

mit Schiebe- bzw. Falttür, Bücherregal, Rollschrank<br />

unter dem Schreibtisch, Telefon<br />

(auf Wunsch), Kabel-TV und Haustüröffner,<br />

Nasszelle mit Waschbecken, speziellem<br />

WC, das auch als Duschsitz dient, verstellbarem<br />

Spiegel und Rufanlage, Balkon, PC-<br />

Anschluss im Zimmer mit direkter Verbindung<br />

zum Rechenzentrum der Universität<br />

(Internetanschluss). Auf jedem Stockwerk<br />

befindet sich eine mit unterfahrbaren Möbeln<br />

ausgestattete Küche, die zugleich<br />

auch als Aufenthaltsraum genutzt wird.<br />

Sie ist mit zwei Elektroherden, Spüle, Kühlschrank,<br />

Einbauschränken, Tischen und<br />

Stühlen eingerichtet. Auf Wunsch kann in<br />

der Tiefgarage, die über Lift zugänglich ist,<br />

ein KfZ-Stellplatz gemietet werden (Preis €<br />

20,-/Monat).<br />

Das Pflege- und Assistenzangebot in der<br />

Wohnanlage macht auch für (schwer-) behinderte<br />

junge Erwachsene mit Hochschulzugangsberechtigung<br />

ein Studium realisierbar.<br />

Das Pflege- und Assistenzteam ist<br />

rund um die Uhr präsent. Hilfe ist in fünf<br />

verschiedenen Hilfebedarfsgruppen abrufbar;<br />

die Kosten betragen pro Tag zwischen<br />

51,36 und 167,57 € inklusive Mietkosten. Um<br />

die notwenige Mobilität am Studienort zu<br />

Regensburg bietet<br />

einiges für behinderte<br />

Studierende.<br />

gewährleisten, stehen zwei Fahrzeuge zur<br />

Verfügung. Ambulante Dienste in Regensburg<br />

bieten ergänzend Hilfen im Rahmen<br />

von Studienassistenz an. Da bei der Unterstützung<br />

der Studierenden nicht der pflegerische<br />

Aspekt im Vordergrund steht, können<br />

die Leistungen auf Antrag im Rahmen der<br />

Eingliederungshilfe übernommen werden.<br />

Kostenträger ist meist der jeweils zuständige<br />

überörtliche Sozialhilfeträger.<br />

Die Universität und die Hochschule Regensburg<br />

(Standorte Seyboth- und Galgenbergstraße)<br />

sind moderne Campus-Hochschulen.<br />

Sie sind barrierefrei gestaltet – Aufzüge<br />

und Rampen ermöglichen mobilitätsbehinderten<br />

Studierenden die Hörsäle, Seminarräume,<br />

Bibliotheken, Mensa und Cafeterien<br />

weitestgehend ohne fremde Hilfe zu nutzen.<br />

Bewerbungsschluss für das Wintersemester<br />

ist der 15. Juli, für das Sommersemester der<br />

1. Februar; eine erste Kontaktaufnahme ca.<br />

sechs bis zwölf Monate vor Studienbeginn<br />

ist empfehlenswert!


Baden-Württemberg<br />

Baden-Württemberg<br />

barrierefrei erleben –<br />

das bedeutet unter anderem auch,<br />

verborgene Naturschätze in den Naturparks<br />

des Südwestens zu entdecken. Beispielsweise den<br />

Heilkräuterlehrpfad in Hüfingen, der entlang der rollstuhlgerechten<br />

Wege zeigt, dass gegen fast alles ein Kräutlein gewachsen<br />

ist. Oder den Teuchelwald bei Freudenstadt, in dem man – zu Fuß oder mit dem<br />

Rollstuhl – mit Schwarzwald-Guide Margot Laufer auf Entdeckungstour gehen kann.<br />

Schloss Ludwigsburg in der Abenddämmerung.<br />

Wer genauer wissen will, was der Naturpark<br />

Südschwarzwald zu bieten hat,<br />

sollte mit der Feldbergbahn auf den<br />

höchsten Berg im Schwarzwald fahren.<br />

Dort erwartet ihn im Haus der Natur eine<br />

faszinierende 3D-Schau über das Naturschutzgebiet.<br />

Ein rollstuhltauglicher<br />

Holzsteg führt vom Haus der Natur direkt<br />

in den Feldberggarten.<br />

Von der Natur zur Kultur: Auch <strong>2009</strong> locken<br />

wieder zahlreiche Ausstellungen<br />

und Veranstaltungen nach Baden-Württemberg.<br />

Mit Konzerten, Führungen und<br />

Musiktheater feiert zum Beispiel die Barockstadt<br />

Ludwigsburg ihr 300 jähriges<br />

Jubiläum und den 250 sten Geburtstag<br />

Friedrich Schillers. Im barrierefreien Mercedes-Benz<br />

Museum in Stuttgart können<br />

Fans des Motorsports die Geschichte der<br />

Silberpfeile hautnah erleben. Und im<br />

Herbst präsentiert die Kunsthalle Würth<br />

in Schwäbisch-Hall eine umfassende<br />

Werkschau des Surrealisten Max Ernst.<br />

Zum Erkunden des Genießerlandes Baden-Württemberg<br />

sollte man etwas Zeit<br />

mitbringen – für erholsame Tage und<br />

Nächte sorgen zahlreiche behinderten-<br />

Genießerland für alle:<br />

gerechte Unterkünfte: FamilienfreundlicheFerienwohnungen,<br />

Jugendherbergen,<br />

Campingplätze direkt am<br />

Bodensee, Sternehotels,<br />

Pensionen und integrative<br />

Betriebe wie das Hofgut<br />

Himmelreich in Kirchzarten<br />

oder das Hotel Restaurant<br />

Anne-Sophie in Künzelsau<br />

sind ideale Ausgangspunkte<br />

für eine Entdeckungstour<br />

durch das Land.<br />

Weitere Informationen und Tipps zu<br />

barrierefreien Reisen im Genießerland<br />

Baden-Württemberg finden Sie in der<br />

neuen Broschüre „Baden-Württemberg<br />

Barrierefrei erleben“ und im Internet unter<br />

www.tourismus-bw.de.<br />

Tourismus-Marketing GmbH<br />

Baden-Württemberg<br />

Esslinger Straße 8<br />

70182 Stuttgart<br />

tel 0 18 05-55 66 90<br />

(0,14 €/Min. Festnetz)<br />

eMail prospektservice@tourismus-bw.de<br />

markt<br />

Natur erleben<br />

im Naturpark<br />

Südschwarzwald.<br />

PARAPLEGIKER 1/09 33


unterwegs<br />

34<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Werdum:<br />

Es war an einem der Drei-D-Tage (Dauerregen, düster, depressiv)<br />

im Spätherbst, als ich wieder einmal am Schreibtisch in meinem<br />

warmen Büro keine Lust auf Nichts verspürte. Man kennt das ja:<br />

Erst kommt man nicht aus dem Bett, dann reicht der Kaffee noch<br />

nicht einmal um wach zu werden und schließlich regnet es auch<br />

noch auf dem Weg zum Auto; die Hose wieder total nass, da<br />

war der Tag endgültig gelaufen.<br />

Die Nordsee<br />

liegt vor der Tür


Ich zwang mich wenigstens meinen Beratungstermin<br />

zu bewältigen und anschließend<br />

die Mails zu lesen. Alle wollten<br />

wieder etwas von mir. Nach dem Motto:<br />

Wenn Dir keiner hilft dann wenigstens<br />

die Beratungsstelle. Dazwischen fand<br />

ich dann auch die neusten Urlaubsgrüße<br />

von der Nordseeküste. Weihnachten<br />

an der Nordsee, da könnte ich mir auch<br />

etwas Besseres vorstellen, dachte ich.<br />

Wobei mir dabei dann doch wieder die<br />

vielen schönen Urlaube einfi elen, die wir<br />

früher an der Ostfriesischen Küste mit<br />

den Kindern verbracht hatten.<br />

Werdum, der einzige Luftkurort mit dem<br />

guten Watt’n Bier aus der eigenen Küsten-Brauerei<br />

und garantiertem Familienanschluss<br />

an die 700-Seelen-Gemeinde;<br />

angefangen beim Bürgermeister bis hin<br />

zum „Kalle“ (Karl-Heinz Ockenga – der<br />

Mann für alle Fälle!). Kalle war nicht nur<br />

Hausmeister für unsere Ferienwohnung<br />

sondern auch einer der treibenden Aktivisten<br />

im Heimatverein und vor allem<br />

war er (ist er bestimmt immer noch) der<br />

Fahrer der namensgleichen Straßeneisenbahn,<br />

dem „Rasenden Kalle“.<br />

Trifft man sich nicht bei einem der zahlreichen<br />

Feste rund um die Küstenbrauerei,<br />

dann beim Brotbacken an der Mühle,<br />

beim „Moin“ auf dem Weg zum Brötchenholen<br />

oder abends im Freesenkroog<br />

bei einem Köm. Na ja, es war schon<br />

richtig schön dort. Wenn man bedenkt,<br />

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was sich die Einheimischen alles einfallen<br />

lassen, um den Urlaubsgästen etwas<br />

zu bieten; vom „Gästebosseln“ über die<br />

Wattwanderungen mit Würmerpulen bis<br />

zum klassischen „Spiel ohne Grenzen“<br />

auf dem Dorfplatz, Schmierseifenbaden<br />

garantiert.<br />

Diese Zeit war vorbei, denn wir wollten<br />

schließlich im Urlaub auch mal was an-<br />

deres sehen, obwohl es in Werdum in all<br />

den Jahren richtig schön erholsam war.<br />

Die Kinder konnte man unbedenklich<br />

laufen lassen ohne zu befürchten, dass<br />

sie sich verlaufen oder unter die Räder<br />

kommen könnten. Sie fanden auf dem<br />

Sportplatz ziemlich schnell Anschluss an<br />

unterwegs<br />

Haus Werdum.


unterwegs<br />

Minigolf gibt’s auch.<br />

36<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

die Dorfjugend und freundeten sich mit<br />

anderen Urlauberkindern an.<br />

Krabbenpulen nur mit Vertrag<br />

Und dann die vielen Fahrten mit unseren<br />

Rädern. Merlin mit seinem geliehenen<br />

Moutainbike, Valentin mit seinem Kettwiesel-Liegerad<br />

und ich mit meinem<br />

Handbike. Ausgebaute Fahrradwege<br />

ohne Steigungen sind für mich als Frei-<br />

zeithandbiker im fortgeschrittenen Jugendalter<br />

genau das richtige, um längere<br />

Fahrten als „Letzter“ in der Kette<br />

unbeschadet zu überstehen. Mal kurz<br />

eben rüber nach Esens zum Eisessen<br />

oder nach Neuharlingersiel in den Hafen<br />

zum Matjesessen oder Krabbenpulen.<br />

Wer die Dinger wirklich fangfrisch mit<br />

Panzer vom Kutter günstig erwirbt, um<br />

ein unvergessliches Urlaubserlebnis zu<br />

genießen, sollte mit der Familie vorher<br />

vertraglich festhalten, dass auch wirklich<br />

alle anschließend mitpulen oder andernfalls<br />

gleich ein paar Meter weiter im Laden<br />

der Fischereigenossenschaft essfertige<br />

kaufen. Der Urlaub in einem Dorf wie<br />

Werdum ist für Stadtmenschen in jedem<br />

Fall interessant, aber auch die Landbevölkerung<br />

kann hier noch einige Wunder<br />

erleben. Denn wer denkt, dass man hier<br />

morgens ebenfalls vom Hahn geweckt<br />

wird, der irrt sich gewaltig. In Werdum<br />

hat diesen Job der Esel aus dem Haustierpark<br />

übernommen.<br />

Die schönen Erinnerungen trösteten<br />

mich an diesem trüben Tag. Schließlich<br />

war es irgendwie Nachmittag geworden,<br />

da klingelte hoffentlich zum letzten<br />

Mal das Telefon. „Hallo hier ist Harald,<br />

wie geht es Dir denn so?“. Er merkte<br />

wohl schnell, dass ich ihn nicht gleich<br />

erkannt hatte und sagte, „Harald Vogt<br />

aus Werdum, Harry!“. Mensch, dachte<br />

ich mir, das ist ja ein Zufall. Gerade<br />

noch war ich in Gedanken in Werdum.<br />

Harald war der Vermieter unserer behindertengerechten<br />

Ferienwohnung, mit<br />

dem wir uns in den Jahren gut verstanden<br />

hatten. Nach einem längeren Gespräch<br />

über „Gott und die Welt“ kamen<br />

wir natürlich auf das Wetter und damit<br />

auf mein Stimmungstief. Harald meinte<br />

daraufhin: „Dann setz dich in dein Auto<br />

und komm morgen übers Wochenende<br />

hoch!“. Nach kurzem Zögern, sagte ich:<br />

„OK, mittags bin ich da!“.<br />

Dialyse und Doppeldecker<br />

Alles war wie früher; die Windmühle,<br />

der Haustierpark, die Minigolfanlage,<br />

die Tennisplätze, die alte Wasserburg,<br />

unverändert. Eins aber war neu, das<br />

„Haus Werdum“, als größtes Projekt<br />

von Harald Vogt. Ein durch und durch<br />

rollstuhlgerechtes Haus mit Ferienwohnungen<br />

und allen Annehmlichkeiten,<br />

die man als schwerstbehinderter, pflegeabhängiger<br />

Urlaubsgast so benötigt.<br />

Neben höhenverstellbaren Betten, niedrigen<br />

Fenstergriffen, riesigem Rollibad<br />

gibt es auch eine behindertengerechte<br />

Telefonanlage mit Anschluss an einen<br />

Notdienst, eine Pflege- und Dialysestation.<br />

Im Erdgeschoss befindet sich sogar<br />

eine Praxis für Kurmittelanwendungen.<br />

Selbstverständlich auch abgestimmt<br />

auf behinderte Gäste im Elektrorolli, damit<br />

sich auch jeder einmal intensiv von<br />

Alexandra durchkneten lassen kann.<br />

Nachmittags, in der Küche von Harald<br />

und Andrea, als es draußen schon dunkel<br />

wurde, erzählten sie mir beim Kaffee,<br />

was sie sich für die nächste Saison an<br />

Gästeangeboten überlegt hatten. Nicht


zuletzt, um mich wieder einmal für einen<br />

Sommer in Werdum zu begeistern. Es<br />

dauerte nicht lange, da war es mir spätestens<br />

bei den ideenreichen Schwärmereien<br />

von Harald klar, dass ich in jedem<br />

Fall wieder in Werdum landen werde. Als<br />

besondere Attraktion hatte er nämlich<br />

geführte Handbiketouren ausgearbeitet<br />

und wollte meine Meinung dazu hören.<br />

Ich fand es sofort toll, insbesondere fand<br />

ich die Tour zum Jagdgeschwader Manfred<br />

von Richthofen nach Wittmund, mit<br />

Besuch des Hangars mit den alten Maschinen<br />

des „Roten Barons“ spannend.<br />

Das wirklich Schöne an diesem Haus ist<br />

es, dass sich hier nicht nur die so ge-<br />

Anzeige<br />

nannten aktiven<br />

Rollis erholen können,<br />

sondern auch<br />

diejenigen, die<br />

nicht aus eigenem<br />

Vermögen ihre Unternehmungen<br />

gestalten können. Für sie<br />

besteht sogar die Möglichkeit, sich von<br />

zu Hause abholen zu lassen.<br />

Es war schön an diesem Wochenende,<br />

der Nordseewind hatte meinen Kopf<br />

und meine Lunge wieder mal gereinigt.<br />

Zum Abschied fuhr ich noch einmal nach<br />

Neuharlingersiel, um mir die neue rolligerechte<br />

Hafenzufahrt anzusehen. Nun<br />

kann man auch bequem im Rollstuhl auf<br />

die Deichmauer und dort den Rundgang<br />

beginnen. Noch ein Grund mehr, der für<br />

einen Urlaub in Werdum spricht…<br />

Text: Harry Baus<br />

Fotos: privat, Anbieter<br />

Radtouren<br />

bieten sich an.<br />

unterwegs<br />

Alles über<br />

Haus Werdum:<br />

Familie Vogt<br />

Olde-Reent-Straße 10<br />

26427 Werdum<br />

tel 0 49 74-91 47 18<br />

eMail:<br />

info@haus-werdum.de<br />

www.haus-werdum.eu<br />

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<br />

bj <strong>2009</strong>


menschen<br />

Speedy-Chef<br />

Rolf Kuhlmann<br />

tödlich verunglückt<br />

Die Nachricht löste Mitte Januar bei vielen Freunden,<br />

Bekannten und Geschäftspartnern tiefe Betroffenheit aus:<br />

Speedy-Gründer Rolf Kuhlmann ist tot. Man mochte zunächst<br />

nicht glauben, dass dieser präsente, quirlige<br />

und durchaus auch kantige Unternehmer aus Delbrück<br />

im östlichen Westfalen nicht mehr unter uns ist.<br />

38<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Der nüchterne Polizei-Bericht zum Unfall vom 16.<br />

Januar: „Rollstuhlfahrer bei Zusammenstoß mit<br />

Unimog schwer verletzt – Autofahrer hatte den<br />

Rollstuhl offenbar übersehen.<br />

Ein Rollstuhlfahrer ist am Donnerstagnachmittag<br />

bei einem Verkehrsunfall in Delbrück schwer verletzt<br />

worden. Gegen 14.20 Uhr hatte ein 39 jähriger<br />

Unimogfahrer den Bösendamm in Fahrtrichtung<br />

Lippstädter Straße befahren. Beim Abbiegen<br />

nach rechts auf die Lippstädter Straße kollidierte<br />

der Unimog mit einem Rollstuhlfahrer, der von<br />

rechts kommend, den gemeinsamen Geh- und<br />

Radweg entlang der Lippstädter Straße benutzt<br />

hatte. Durch den Zusammenstoß wurde der Rollstuhl<br />

auf die Fahrbahn der Lippstädter Straße<br />

geschoben. Der 46 jährige Rollstuhlfahrer stürzte<br />

zu Boden und zog sich schwere Verletzungen zu.<br />

Er wurde nach notärztlicher Erstversorgung mit<br />

einem Rettungswagen zunächst in ein Paderborner<br />

Krankenhaus gebracht und später in eine Spezialklinik<br />

nach Bielefeld verlegt.“<br />

Am 18. Januar dann die schlimme Ergänzung:<br />

„Rollstuhlfahrer erliegt seinen schweren Verletzungen.<br />

Ein Rollstuhlfahrer, der am Donnerstag bei einem<br />

Unfall in Delbrück schwer verletzt worden war, ist<br />

am Samstag in einer Spezialklinik in Bielefeld verstorben.“<br />

(Der Rest der Meldung wiederholt den<br />

Text der ersten Meldung.)<br />

Polizei-Pressesprecher Michael Biermann von der<br />

Kreispolizeibehörde Paderborn ergänzt auf unsere<br />

telefonische Anfrage, dass der Unfall von Polizei<br />

und DEKRA untersucht worden ist und der Fahrer<br />

Speedy-Gründer und -Chef<br />

Rolf Kuhlmann.<br />

des Unimog mit einer Anklage wegen fahrlässiger<br />

Tötung rechnen muss.<br />

Erfolg mit Rädern<br />

Rolf Kuhlmann war gelernter Dachdecker. Nach<br />

einem Wege-Unfall mit dem Motorrad im Jahr<br />

1980 mit Halswirbel-Bruch und der Konsequenz<br />

hoher Lähmung konnte der damals 18 jährige<br />

seinen Beruf natürlich nicht mehr ausüben. Er<br />

schulte zum Kaufmann um, hatte dann aber keine<br />

Möglichkeit, einen qualifizierten Arbeitsplatz<br />

zu finden und machte sich deshalb selbstständig.<br />

Zunächst baute er gemeinsam mit seinem Vater<br />

Günther Kuhlmann die „Gesellschaft für Wärme-,<br />

Kälte- und Klimatechnik“ auf, die heute sein jüngerer<br />

Bruder Fred Kuhlmann führt. Nachdem er in<br />

diesem Unternehmen keine neuen Herausforderungen<br />

mehr sah, entwickelte Rolf Kuhlmann mit<br />

seinem Freund Meinolf Kersting ein Rollstuhl-Vorspann-Bike<br />

mit einer genial einfachen Verbindung<br />

zum Rollstuhl, sah damit gute Erfolgs-Chancen<br />

und gründete 1994 die „Speedy Reha-Technik<br />

GmbH“.<br />

Aus den Anfängen im Wohnzimmer und in einer<br />

Garage hat Rolf Kuhlmann mit bemerkenswerter<br />

Energie, kluger Produkt-Entwicklung, rationeller<br />

Fertigungs-Technik und einem intelligenten Marketing<br />

ein ansehnliches Unternehmen geschaffen.<br />

Inzwischen sind bei Speedy 38 Mitarbeitern/innen<br />

beschäftigt, darunter auch etliche Rollstuhlfahrer/innen.<br />

Das Unternehmen ist international<br />

präsent und wirtschaftlich sehr gesund. In einem<br />

modernen Gewerbegebiet von Delbrück mit guter<br />

Verkehrs-Anbindung sind auf einer Fläche von<br />

annähernd 2 000 Quadratmetern Ausstellung, Ent-


wicklung, Produktion und Lager in einem großzügig<br />

angelegten Baukomplex zusammen gefasst.<br />

Dazu gehört auch ein geschickt angelegter Parcours<br />

mit Steigungen und Gefällen zum Testen<br />

der bei Speedy hergestellten Geräte.<br />

Mutmacher<br />

Rolf Kuhlmann ist für sein Engagement und seinen<br />

bemerkenswerten wirtschaftlichen Erfolg vielfach<br />

ausgezeichnet worden. Zuletzt in der Aktion „Mutmacher<br />

der Nation“, in dem ihm eine Fachjury für<br />

2008 den Sieg im Bundesland NRW und Rang drei<br />

in Deutschland zusprach. Bundespräsident Horst<br />

Köhler mit Ehefrau besuchte den erfolgreichen<br />

Unternehmer im Oktober des vergangenen Jahres<br />

und beglückwünschte ihn zusammen mit<br />

anderen Persönlichkeiten – darunter auch NRW-<br />

Schulministerin Barbara Sommer –, zu seinem<br />

herausragenden Erfolg. Kuhlmann lud Köhler bei<br />

dieser Gelegenheit auch zu einer Probefahrt mit<br />

dem Speedy-Bike ein, die das Staatsoberhaupt<br />

gerne angenommen hat.<br />

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<br />

Das Unternehmen Speedy wird von Rolf Kuhlmanns<br />

Witwe Bettina Kuhlmann weitergeführt.<br />

Firmensprecher Bernhard Hoppe-Biermeyer:<br />

„Bettina Kuhlmann hat das Unternehmen von Anfang<br />

an mit aufgebaut. Die Arbeit wird so fortgesetzt,<br />

wie es von Rolf Kuhlmann für die nächsten<br />

Monate exakt und auch für die fernere Zukunft<br />

strategisch geplant war.“ Und er fügt an, dass Bettina<br />

Kuhlmann sich nach gründlicher Überlegung<br />

entschieden hat, die Geschäftsführung der Speedy-Reha-Technik<br />

GmbH zu übernehmen:„Das Unternehmen<br />

ist sehr gut positioniert, es profitiert<br />

von der Weitsicht von Rolf Kuhlmann.“<br />

Die Geschichte von Rolf Kuhlmann ist ein Beleg<br />

dafür, dass körperliche Einschränkungen kein Hindernis<br />

für beruflichen Erfolg sind. Schwierigkeiten<br />

sind zum Überwinden da, der Mensch ist kopfgesteuert.<br />

In unserer modernen Welt kann auch ein<br />

behinderter Mensch seinen Weg erfolgreich zum<br />

angestrebten Ziel rollen.<br />

Text & Foto: Hermann Sonderhüsken<br />

menschen


meinung<br />

40<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Arrogantes Klassendenken:<br />

Seien wir doch mal ehrlich!<br />

Ein nicht behinderter Mensch dürfte das so nicht sagen: Eigentlich sind wir<br />

(nur) körperlich Behinderten arrogant und überheblich. Denn wir fühlen uns<br />

als die Krüppel erster Klasse. Wir sind nicht geistig, nicht psychisch und<br />

schon gar nicht mehrfach behindert.<br />

Wir Körperbehinderten berufen uns gerne auf<br />

den US-Präsidenten Roosevelt, den Schauspieler<br />

Peter Radtke, unseren rollifahrenden Innenminister<br />

oder andere profilierte Persönlichkeiten mit<br />

Arm ab, Bein ab oder im Rollstuhl sitzend. Wir können<br />

nichts für unser Handikap, die „Anderen“ aber<br />

auch nicht. Im Sport hat man für sie die Bezeichnung<br />

„les autres“ – „die anderen“ – gefunden…<br />

Ja, anders sind sie. Aber sind sie deshalb schlechter<br />

oder besser?<br />

Sie können nichts dafür, dass sie bei den Paralympics<br />

nicht mit dabei sein dürfen und ihre respektablen<br />

Leistungen im Wettkampf mit ihresgleichen<br />

in eigenen „Special Games“ messen müssen. Sie<br />

können auch nichts dafür, dass sie sich nicht so artikulieren<br />

können wie wir, dass sie Sonderschulen<br />

besuchen, in Werkstätten für behinderte Menschen<br />

arbeiten oder manchmal selbst zur Erledigung der<br />

täglichen Dinge einen Betreuer brauchen. Natürlich<br />

ist es kein ästhetischer Genuss wenn wir einem zuschauen,<br />

der beim Essen sabbert, weil er es nicht<br />

anders kann. Aber bemisst sich der Wert eines<br />

Menschen nach seiner optischen Attraktivität?<br />

Herzensgüte<br />

Lieber ignorieren wir manches, das unser behindertes<br />

Weltbild ins Wanken bringen könnte: Stephen<br />

Hawking, unbestritten einer der intelligentesten<br />

Menschen unter den heute lebenden ist so stark<br />

behindert, dass er eine elektronische Sprachausgabe<br />

braucht. Autisten erbringen Gedächtnisleistungen,<br />

bei denen andere sprachlos sind. Musik,<br />

Bilder oder schauspielerische Leistungen behinderter<br />

Menschen rufen nicht nur Hochachtung hervor.<br />

Sie finden den Weg in unser Herz.<br />

Unsere Gesellschaft misst Menschen gerne nach<br />

einem IQ für Intelligenzleistungen. Da können viele<br />

von ihnen nicht mithalten. Aber auf einer vergleichbaren<br />

Skala für Freundlichkeit und Herzensgüte<br />

würden viele von denen, auf die wir hochmütig<br />

herunterschauen, einen besonders hohen „Herzensgüte-Wert“<br />

erreichen. Was ist wichtiger, was<br />

macht einen Menschen wertvoller als den anderen?<br />

Klassifizierungen sind immer ungerecht. Dabei<br />

werden stets nur Teilaspekte eines Menschen<br />

bewertet.<br />

Gemeinsam wehren<br />

Wir benehmen uns so als wären wir die besseren<br />

Behinderten, nur weil wir trotz allem Glück gehabt<br />

haben. Dabei sind wir alle zusammen Außenseiter,<br />

weiße Pinguine unter den vielen mit dem schwarzen<br />

Frack. Wir sind alle behindert und solange die<br />

Gesellschaft uns nicht als gleichwertig akzeptiert,<br />

sollten wir nicht auch noch untereinander Unterschiede<br />

machen. Natürlich muss ich trotzdem nicht<br />

jemand mögen, nur weil er behindert ist. Ich mag<br />

aber auch nicht jeden, der keine offensichtliche Behinderung<br />

hat.<br />

Wir haben uns gemeinsam zu wehren gegen die<br />

Intoleranz der Gesellschaft gegenüber behinderten<br />

Menschen. Es reicht nicht, dass man sich manchmal<br />

gerne mit (möglichst nur körperlich) Behinderten<br />

fotografieren lässt, um zu zeigen, wie sozial<br />

man ist. (Mein Freund, dem durch einen Unfall<br />

zwei Beine und ein Arm fehlen, ist ein gefragtes<br />

Model für solche Anlässe.) Das ändert noch nichts<br />

an der Grundeinstellung in unserer Gesellschaft,<br />

die Menschen mit einem Handikap nach wie vor<br />

schief ansieht. Wir sitzen alle in einem Boot. Deshalb<br />

sollten wir nicht die Nase rümpfen und Behinderte<br />

in Klassen einteilen, sondern für die, die<br />

das selbst nicht (so gut) können wie wir, die Verantwortung<br />

mit übernehmen und mehr Toleranz und<br />

Anerkennung einfordern.<br />

In diesem Sinne!<br />

Text: Herbert Müller


Das silberne Sparschwein:<br />

Helfen Stoma-Patienten Deutschland<br />

„aus der Krise“?<br />

Neuerdings werden sogar „Krisen“<br />

benutzt, um verunsicherte<br />

Menschen unter Druck zu setzen.<br />

P<br />

atienten, die z. B. wegen Inkontinenz oder<br />

wegen eines Stomas (künstlicher Darmausgang)<br />

regelmäßig „zum Verbrauch bestimmte<br />

Hilfsmittel“ benötigen waren bis dato bei Sanitätshäusern<br />

oder Homecare-Unternehmen<br />

gern gesehene Kunden. Musste doch nur alle<br />

paar Monate eine Sendung an sie ausgeliefert<br />

werden, und das bei ordentlich kalkulierten<br />

Preisen. Das hat auch der Gesetzgeber gemerkt.<br />

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz<br />

(GKV-WSG) forderte er die Kassen auf,<br />

durch Ausschreibungen oder Pauschalverträge<br />

zur Kostensenkung beizutragen. Soweit so<br />

gut. Schließlich zahlen wir alle Krankenkassenbeiträge<br />

und profitieren von Kosteneinsparungen.<br />

Aber es gibt (zum Glück) nicht nur eine Sorte<br />

Einheitskatheter oder einen Standard-Stomabeutel.<br />

Gerade wenn es um den Tabubereich<br />

„Ausscheidungen“ geht, ist es wichtig, passende,<br />

hautverträgliche und gut hantierbare<br />

Systeme zu finden, nicht zuletzt, um Folgeschäden<br />

zu vermeiden. Dieses Auswahlrecht<br />

blieb vom Gesetzgeber unangetastet. Seit einigen<br />

Jahren gibt es dafür Festbeträge, je nach<br />

System, aber für alle Anbieter gültig, unabhängig<br />

von Hersteller oder Marke. Weil es Unterschiede<br />

zwischen den Produkten gibt oder<br />

auch weil es vom Verhandlungsgeschick der<br />

Einkäufer abhängt, räumt nicht jeder Hersteller<br />

jeder Vertriebsfirma den gleichen Rabatt auf<br />

diese Einheitspreise ein. Entsprechend unterschiedlich<br />

können die Händlerspannen sein.<br />

Das kann ungeahnte Folgen haben: Weil eine<br />

Stoma-Therapeutin von einem Arbeitgeber<br />

wechselte, der an Coloplast-Produkten gut verdiente,<br />

zu einem anderen, der mit der Firma<br />

Hollister besser verhandelt hatte, setzte sie ihre<br />

Kundin massiv unter Druck und verlangte von<br />

ihr, ebenfalls zu wechseln. Aber nicht mit dem<br />

Preisargument oder weil die Produkte besser<br />

sein sollten, sondern (wörtlich) „weil die Firma<br />

A (Coloplast) im Ausland produziert, die Firma<br />

B (Hollister) aber in Deutschland. Bei den Krisenzeiten,<br />

die uns bevorstehen, helfen Sie so<br />

mit, deutsche Arbeitsplätze zu erhalten“. Dabei<br />

ist Coloplast im Ursprung ein dänisches (EU-)<br />

Familienunternehmen und Hollister wirbt im<br />

Internet für seine Hauptproduktionsstätten in Illinois<br />

und Idaho/USA. Von angeblichen „Lieferschwierigkeiten“<br />

für bestimmte Produkte wusste<br />

die Firma Coloplast auf Anfrage nichts...<br />

Anmerkung: Eigentlich halte ich viel von Datenschutz.<br />

Aber in diesem Fall schmerzt es mich,<br />

dass ich gebeten wurde, ausnahmsweise nicht<br />

Ross und Reiter zu nennen. Schließlich sollen<br />

alle wissen, wer – aus welchen Gründen auch immer<br />

– mehr Energie darauf verwendet, sich Argumente<br />

auszudenken, wie man Antragstellern<br />

einen berechtigten Wunsch verweigern kann<br />

statt darauf, ein durch Krankheit oder Behinderung<br />

ohnehin erschwertes Leben erträglich(er)<br />

zu machen. Manchmal ist es wohl das Gefühl,<br />

Macht ausüben zu können, manchmal vorauseilender<br />

Gehorsam gegenüber Vorgesetzten<br />

oder Karrierestreben, manchmal Unkenntnis<br />

der relevanten Gesetze und Vorschriften und<br />

manchmal auch ganz einfach Bequemlichkeit.<br />

Vielleicht erkennt er – oder besser sie – sich<br />

auch ohne Namensnennung hier wieder. Den<br />

anderen sei es eine Mahnung nicht ebenfalls<br />

mit Lügen und falschen Argumenten in das aktuelle<br />

„Krisen“- Gerede einzustimmen.<br />

Text: Herbert Müller<br />

q – querschnitt spezial<br />

Kriterium für die „Ehrung“<br />

ist die Kreativität der Begründung<br />

für eine Ablehnung.<br />

Je unsinniger, desto besser<br />

sind die Chancen. Ob man<br />

darüber eher schmunzelt oder<br />

sich mehr über die Ignoranz<br />

ärgert, bleibt jedem selbst<br />

überlassen. Kandidaten werden<br />

in den nächsten Jahren<br />

sicher nicht ausgehen,<br />

Vorschläge sind willkommen.<br />

Herbert Müller<br />

Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />

der Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Freiherr-vom-Stein-Str. 47<br />

56566 Neuwied-Engers<br />

tel 0 26 22-88 96-32; fax -36<br />

eMail h.mueller@eng ers.de<br />

PARAPLEGIKER 1/09 41


q – querschnitt spezial<br />

42<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Stimmungsbilder aus der Unfallklinik:<br />

Der ganz normale<br />

Beziehungsstress<br />

Die Beiträge dieser Serie entstanden aus Gesprächen der Psychotherapeutin<br />

Dr. med. Astrid Bühren mit querschnittgelähmten Patientinnen und<br />

Patienten (Namen geändert) sowie deren Angehörigen in der Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallklinik in Murnau, Bayern.<br />

F<br />

elix F., mittlerweile Ende 30, ist von Beruf<br />

Polizist. Durch einen Motorradunfall wurde<br />

er am sechsten und siebten Halswirbel<br />

verletzt; auch musste der linke Arm amputiert<br />

werden. Zu diesem Zeitpunkt war<br />

Felix 26 Jahre alt. Das erste Gespräch mit<br />

Felix fand fast ein Jahr nach dem Unfall<br />

statt, kurz vor seiner Entlassung aus der<br />

stationären Rehabilitation. (Eine solch<br />

lange Rehabilitation wäre heute in der<br />

Regel aus Sicht der gesetzlichen Kran-<br />

kenversicherung nicht mehr möglich.)<br />

Wenige Tage später sollte er, zunächst in<br />

Teilzeit, wieder als Polizist im Innendienst<br />

beginnen. Über manche Erfahrungen in<br />

seinem Alltag berichtet er mehr als zehn<br />

Jahre später.<br />

Fast ein Jahr nach dem Unfall, kurz vor<br />

der Entlassung aus der stationären Akut-<br />

und Rehabilitationsbehandlung: „Mit<br />

dem Motorrad war ich auf dem Weg zum


TÜV, es war letztes Jahr im August. In einer<br />

Kurve bin ich über einen Schraubenzieher<br />

gefahren und gestürzt. Mit dem<br />

Hubschrauber hat man mich nach Murnau<br />

in die Unfallklinik geflogen. Ich bin<br />

am sechsten und siebten Halswirbel verletzt,<br />

außerdem habe ich drei Brustwirbel<br />

gebrochen. Mein linker Arm wurde amputiert,<br />

hier habe ich eine Prothese. Die<br />

hat zwar keine Greiffunktion, aber eine<br />

gute Stützfunktion.<br />

Vor meinem Unfall war ich Polizist. Ich<br />

war im Streifendienst tätig und bin mit<br />

dem Auto draußen herumgefahren,<br />

so wie der Bürger halt einen Polizisten<br />

kennt. Ich war bei der Rauschgiftfahndung.<br />

Nächste Woche fange ich wieder<br />

an, im Innendienst. Es ist geplant, dass<br />

ich den ganzen Parteienverkehr regele,<br />

mich mit den Leuten befasse, die mit<br />

einem Problem hereinkommen, sie an<br />

die richtigen Stellen verweise, vielleicht<br />

Ratschläge gebe. Ein wenig Angst habe<br />

ich schon davor.<br />

In meiner Situation hat mir in erster Linie<br />

meine Familie geholfen. Meine Mutti und<br />

mein Bruder waren fast jeden Tag da.<br />

Auch meine Arbeitskollegen waren sehr<br />

wichtig für mich. Damals habe ich auch<br />

noch eine Freundin gehabt, die mir sehr<br />

geholfen hat – einfach, indem sie da war.<br />

Und das Wichtigste: Sie hat nicht so viel<br />

Mitleid gezeigt, sondern sie hat mir in<br />

den Hintern getreten und gesagt: Mach<br />

weiter, lass dich bloß nicht hängen! Mittlerweile<br />

habe ich diese Freundin nicht<br />

mehr. Das hat wohl an mir gelegen, weil<br />

die erste Zeit doch recht schwierig war.<br />

Das hat sie einfach nicht verkraftet. Sie<br />

hat Schluss gemacht, als ich gerade mit<br />

einer Thrombose im Bett gelegen bin. Na<br />

ja, war keine tolle Geschichte.<br />

Inzwischen habe ich wieder eine Freundin,<br />

die habe ich ein gutes halbes Jahr<br />

nach dem Unfall kennen gelernt. Meine<br />

Arbeitskollegen haben ein Benefizspiel<br />

für mich veranstaltet, ein Eishockeyspiel.<br />

Mit anderen Leuten aus der Klinik bin ich<br />

dorthin gefahren. Corinna war Stadion-<br />

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q – querschnitt spezial<br />

sprecherin. Wir sind ins Reden gekommen,<br />

und da hat sie mich gefragt, ob sie<br />

mich einmal besuchen darf. Dann hat<br />

sich das so nach und nach entwickelt.<br />

Erst sind wir ab und zu mal zusammen<br />

weggegangen.<br />

Corinna hat großartig reagiert<br />

Einmal hat mich ein Freund zu sich nach<br />

Hause eingeladen. Er ist auch querschnittgelähmt<br />

und sitzt schon seit 20<br />

Jahren im Rollstuhl. Ich habe Georg in<br />

der Klinik kennen gelernt. Corinna und<br />

ich konnten über Nacht bei ihm bleiben.<br />

Nun brauche ich ja jemanden zum Ausziehen<br />

und auch zum Anschließen des<br />

Urinbeutels. Ich habe es mit Georg besprochen.<br />

Ich sagte: Die Corinna hat es ja<br />

noch nie gemacht, wie soll ich mich verhalten,<br />

dass ich sie nicht überfordere? Da<br />

sagte er, dass er die gleichen Probleme<br />

am Anfang gehabt hat. Er sagte: Mach


q – querschnitt spezial<br />

44<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

es einfach, sag ihr, wie es geht, und die<br />

macht das schon. Dann war es soweit,<br />

dann hat sie mich ausgezogen. Sie sieht<br />

das Kondom, den Schlauch, und den<br />

Beutel am Fuß. Sie hat mich angeschaut<br />

und gesagt: Was ist denn das alles, ich<br />

kenne mich nicht aus! Na ja, dann haben<br />

wir uns darüber unterhalten, was sie machen<br />

muss, und seitdem funktioniert es.<br />

Ich hätte nie gedacht, dass sie so großartig<br />

reagiert. Seit einem guten halben<br />

Jahr sind wir jetzt zusammen. Es ist eine<br />

lockere Freundschaft; wir sehen uns jeden<br />

zweiten Tag.<br />

Sexualität hatte in meinem Leben einen<br />

hohen Stellenwert. Aber jetzt ist es damit<br />

Was ist denn das alles,<br />

ich kenne mich nicht aus!<br />

sehr verhalten. Zärtlichkeit findet schon<br />

statt, auf jeden Fall, aber wir haben noch<br />

nicht zusammen geschlafen. Mich macht<br />

es nicht an. Ich weiß nicht, ob es meiner<br />

Freundin fehlt; ich habe noch nicht mit ihr<br />

darüber geredet. Ich kann mir aber schon<br />

vorstellen, dass es ihr fehlt. Auch mit anderen<br />

Patienten habe ich nicht darüber gesprochen.<br />

Ich glaube, da warte ich ab, bis<br />

ich ins kalte Wasser geschmissen werde.“<br />

Mehr als zehn Jahre später...<br />

„Inzwischen wurde ich umgeschult und<br />

bin nun Polizeibeamter „am PC“, also Polizei-Verwaltungsbeamter<br />

– der erste Beamte<br />

auf Probe, der als anerkannter Schwerbehinderter<br />

ins Beamtenverhältnis auf<br />

Lebenszeit übernommen wurde. Dazu war<br />

viel Bürokratie nötig und eine Statistik darüber,<br />

was ich alles zu leisten imstande bin.<br />

Ich habe Pflegestufe 3. Die Unterstützung,<br />

die ich benötige, leistet meine Mutter. Einerseits<br />

ist sie gesundheitlich selbst schwer<br />

angeschlagen – sie hat Asthma. Andererseits<br />

glaube ich, dass sie dadurch, dass sie<br />

sich um mich kümmern muss, auch wieder<br />

Lebensmotivation bekommt. Beide haben<br />

wir einen Vorteil von der Situation.<br />

Einmal in der Woche betreibe ich Sport in<br />

der Sporthalle der Unfallklinik Murnau, als<br />

Mitglied im Rollstuhlsportverein. Außerdem<br />

berate ich auf Anfrage des Pflegepersonals<br />

hin Patienten auf der Station der<br />

Wirbelsäulenverletzten.<br />

Ich kann wählerisch sein<br />

Meine Beziehung mit Corinna endete ein<br />

Jahr später. Sie ließ sich nicht mehr blicken,<br />

blieb einfach weg. Aus meiner Sicht<br />

war das durchaus nachzuvollziehen – insofern,<br />

als ich wohl selbst diese Partnerschaft<br />

in dem Sinn gesehen habe, dass man als<br />

Rollstuhlfahrer wohl „nehmen müsse, was<br />

man bekommt“. Später war ich mit einer<br />

Arbeitskollegin befreundet. Die Partnerschaft<br />

habe ich nach einem Jahr selbst beendet,<br />

ich war einfach noch nicht so weit.<br />

Wir haben aber immer noch ein sehr gutes<br />

Verhältnis und treffen uns etwa jeden zweiten<br />

Monat.<br />

Danach verliebte ich mich in Christina, die<br />

in der Unfallklinik arbeitet. Es hat einige<br />

Monate gedauert, bis es eine nähere Beziehung<br />

wurde. Eines Tages war es plötzlich<br />

zu Ende, als ich sie besuchen wollte,<br />

ein Mann die Tür öffnete und sagte: „Ich<br />

bin der Neue.“ Seit drei Monaten habe ich<br />

eine neue Beziehung zu einer Arbeitskollegin,<br />

die sich bis jetzt gut anlässt. Ich bin<br />

wieder selbstbewusst; ich merke: auch ich<br />

darf wählerisch sein.<br />

Meine Zufriedenheit mit meinem Leben<br />

heute? – „Acht“ auf einer imaginären Skala<br />

von eins bis zehn, würde ich sagen. Bei<br />

der Entlassung aus der Klinik war es noch<br />

„neun“ gewesen. Die Rückstufung kommt<br />

von manchen Einschränkungen im Alltag:<br />

Zum Beispiel kann ich nicht selbst enge<br />

Sportsocken anziehen, lockere Wollsocken<br />

hingegen schon. Insgesamt würde ich gerne<br />

noch etwas selbständiger sein – ich arbeite<br />

daran.<br />

Text: Karin von der Saal<br />

Foto: Josef Stöckle,<br />

BG-Unfallklinik Murnau


Karikaturen<br />

von<br />

Barbara Früchtel<br />

kultur<br />

PARAPLEGIKER 1/09 45


q – querschnitt spezial<br />

46<br />

„ReWalkTM“<br />

-Gehapparat –<br />

Alternative<br />

zum Rollstuhl?<br />

Eine technische Innovation macht von sich reden und<br />

löst möglicherweise große Erwartungen aus: Mittels<br />

eines motorisierten Gehapparats, entwickelt von einer<br />

israelischen Firma, soll es einem <strong>Paraplegiker</strong> möglich<br />

sein, ebene Strecken zu gehen und Treppen zu steigen.<br />

Über die konkreten Voraussetzungen einer Nutzung,<br />

die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten und über<br />

problematische Aspekte der Erfi ndung sprach PARA-<br />

Autor Arndt Krödel mit dem Ingenieur Dr. Rüdiger Rupp,<br />

Leiter der Forschungsabteilung im Querschnittzentrum<br />

der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg.<br />

?<br />

Herr Dr. Rupp, wir unterhalten uns über ein Produkt<br />

namens „ReWalk Exoskeleton Suit“ – wie<br />

kann man das denn ins Deutsche übersetzen?<br />

Dr. Rüdiger Rupp: Genau genommen wäre das<br />

„Reziproker motorisierter Gehapparat“. Man<br />

könnte auch von aktiven Geh-Orthesen sprechen.<br />

„Reziprok“ bedeutet hier eine wechselseitige<br />

Schrittfolge. „ReWalk“ ist der Produktname.<br />

„Exoskeleton“ oder auch „Exoskelett“ ist ein<br />

Begriff für extern angebrachte Hilfssysteme zur<br />

Unterstützung von bestimmten Bewegungen, in<br />

diesem Fall der Gehfunktion. Es gibt nämlich auch<br />

Exoskelette für die Armfunktion. Die sind allerdings<br />

nicht anzieh- oder tragbar.<br />

?<br />

Sprechen wir der Einfachheit halber mal von<br />

einem aktiven Gehapparat. Wozu befähigt dieser?<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Medizin & Forschung:<br />

Der Gehapparat befähigt zu verschiedenen Bewegungsabfolgen<br />

der Beine: Aufstehen, Gehen auf<br />

ebener Strecke, Treppen steigen, Hinsetzen.<br />

?<br />

Von wem kann der Gehapparat genutzt werden?<br />

Er kann unter anderem von Querschnittgelähmten<br />

genutzt werden, die eine ausgeprägte Lähmung<br />

an den unteren Extremitäten, also der Beine, haben.<br />

Um das System, das die Beine „antreibt“,<br />

nutzen zu können, muss aber eine ausreichende<br />

Rumpfkontrolle und -stabilität vorhanden sein.<br />

Der Nutzer würde nämlich sonst vornüber kippen.<br />

Das System wird auch immer in Verbindung mit<br />

zwei Unterarmstützen verwendet, die den Oberkörper<br />

beim Gehen stabilisieren. Das hat auch einen<br />

Sicherheitsaspekt für den Fall, dass das motorisierte<br />

System einmal ausfällt. Dann könnte man<br />

sich mit diesen Unterarmstützen im einfachen<br />

Durchschwung-Gang zum nächstgelegenen Sitzplatz<br />

bewegen.<br />

?<br />

Dr.-Ing. Rüdiger Rupp,<br />

Leiter der Forschungsabteilung<br />

im Querschnittzentrum der<br />

Orthopädischen Uniklinik<br />

Heidelberg.<br />

Kann man mit dem Gehapparat auch nach rechts<br />

oder links abbiegen?<br />

Nein. Die Geh-Orthese führt nur auf ebenem Boden<br />

geradeaus und kann nicht lenken. Das muss<br />

der Nutzer tun, indem er im Rumpf schnelle Bewegungen<br />

macht und damit das gesamte Bewegungssystem<br />

auf der Fußplatte dreht. Die Rumpfkontrolle<br />

ist also auch aus diesem Grund eine ganz<br />

entscheidende Voraussetzung für die Nutzung


des Gehapparats. Normalerweise ist sie nur bei<br />

Querschnittgelähmten vorhanden, bei denen die<br />

Lähmung unterhalb des achten Brustwirbels auftritt.<br />

Und es gibt noch eine Einschränkung: Wenn<br />

jemand Spastiken hat, die oft als Begleiterscheinungen<br />

bei Lähmungen oberhalb Th 12 auftreten,<br />

kann der Gehapparat nicht genutzt werden, weil<br />

das System gegen diese zum Teil heftigen Muskelkrämpfe<br />

nicht anarbeiten kann.<br />

?<br />

Auf den vom Hersteller im Internet präsentierten<br />

Videos kann man die praktische Anwendung des<br />

Gehapparats bereits sehen.<br />

Ja. Ich habe den Nutzer auch persönlich bei einer<br />

Demonstration des Systems in Berlin gesehen. Er<br />

hat interessanterweise eine ganz spezielle Lähmung,<br />

nämlich unterhalb Th 12, bei der nicht nur<br />

eine reine Rückenmarkschädigung vorliegt, sondern<br />

auch eine Schädigung der peripheren Nerven,<br />

die in die Beine führen. Das heißt, er kennt<br />

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das Problem der Spastiken überhaupt nicht. Deswegen<br />

wird er sicher auch als Vorzeigenutzer präsentiert.<br />

?<br />

Gibt es Einschränkungen bei der Nutzung des<br />

Gehapparats, die durch das Alter des <strong>Paraplegiker</strong>s<br />

bedingt sind?<br />

Ja. Viele <strong>Paraplegiker</strong>, die schon lange Zeit im<br />

Rollstuhl sitzen, entwickeln Bewegungseinschränkungen<br />

in ihren Gelenken. Sind diese Einschränkungen<br />

zu groß, kann man den Gehapparat nicht<br />

mehr nutzen. Aus meiner persönlichen Erfahrung<br />

heraus würde ich also sagen, dass es nur relativ<br />

wenige sind, die alle Voraussetzungen mitbringen,<br />

um dieses System verwenden zu können.<br />

„Die Idee selbst ist ja nicht ganz neu“<br />

?<br />

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q – querschnitt spezial<br />

Sie würden also die Erwartungen an dieses neue<br />

System eher dämpfen?<br />

Die Urlaubsregion Cuxhaven - ist mit der<br />

einzigartigen Natur und den vielfältigen<br />

Ausflugsmöglichkeiten eine der attraktivsten an der<br />

Nordseeküste.<br />

Weiter Himmel und klare Luft - das erwartet<br />

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q – querschnitt spezial<br />

Der ReWalkTM<br />

befähigt zum aufrechten<br />

Gehen in<br />

Kombination mit<br />

Unterarmstützen<br />

48<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Man muss da sicherlich sehr vorsichtig sein. Zum<br />

einen ist noch nicht so ganz hundertprozentig klar,<br />

wer denn überhaupt von diesem System profitieren<br />

kann. Es gibt dazu noch keine konkreten<br />

Untersuchungen. Zum anderen hat man schon<br />

einiges aus der Vergangenheit gelernt. Die Idee<br />

selbst, Querschnittgelähmten über externe Exoskelette<br />

zum Gehen zu verhelfen, ist ja nicht ganz<br />

neu. Es gibt ja bereits seit langem passive Gehapparate,<br />

so genannte Schienen-Schellenapparate,<br />

mit denen im Durchschwung-Gang ein Bein vor<br />

das andere gesetzt werden kann.<br />

Vor 25 Jahren hat man die<br />

auch häufig verordnet,<br />

allerdings in erster Linie<br />

in den USA. Interessanterweise<br />

wurden diese<br />

Gehapparate aber häufig<br />

gar nicht genutzt, denn die<br />

Fortbewegung mit diesen<br />

passiven Systemen ist<br />

recht anstrengend. Außerdem<br />

erreichen sie<br />

nicht die Geschwindigkeit<br />

und die Flexibilität,<br />

die man<br />

trotz allem mit<br />

dem Rollstuhl<br />

hat. Ich würde<br />

also die<br />

Erwartungen<br />

in dieses<br />

neue System<br />

schon<br />

dämpfen.<br />

?<br />

Was ist denn das spezifisch Neue daran?<br />

Die Technologie. Erstens verfügt der Gehapparat<br />

über Motoren an Hüft- und Kniegelenken, die über<br />

eine sehr hohe Energiedichte aufweisen, das heißt<br />

sie sind relativ klein, bringen aber genügend Kraft<br />

auf, um einen normalgewichtigen Menschen auch<br />

tatsächlich bewegen zu können. Nach außen ist<br />

das also relativ unauffällig. Die früheren Systeme<br />

waren ja Monstrummaschinen, die nicht im Entferntesten<br />

im Alltag verwendet werden konnten.<br />

Das Zweite: Nach Angaben der Hersteller ist das<br />

System über fünf Stunden betriebsfähig. Das<br />

reicht zwar nicht für einen Gewaltmarsch, aber<br />

unter ganz normalen Bedingungen, beispielsweise<br />

vom Auto in das Büro, vom Bürostuhl in den<br />

Besprechungsraum, von dort wieder zurück usw.<br />

ist diese Zeitspanne schon relativ viel. Dafür sorgen<br />

neue Akkukomponenten, die der Nutzer in einer<br />

Art Rucksack auf dem Rücken trägt.<br />

„Die Steuerung ist eine sehr interessante<br />

Entwicklung“<br />

Der dritte Punkt betrifft die Steuerung durch den<br />

Nutzer. Das ist eine sehr interessante Entwicklung.<br />

Der Nutzer beugt sich nämlich vornüber, deutet<br />

quasi an, er würde hinfallen. Diese Neigung des<br />

Oberkörpers wird von dem System erfasst und<br />

löst eine entsprechende Schrittfolge aus – der<br />

Nutzer kann gehen. In dem Fußteil, mit dem der<br />

Gehapparat auf dem Boden steht, sind Kraftsensoren<br />

integriert, die jederzeit registrieren, in welcher<br />

Lage der Nutzer sich gerade befindet. Wenn<br />

In dieser Kombination<br />

ist das System einfach zu<br />

bedienen, zuverlässig<br />

und tatsächlich eine<br />

technische Neuerung.<br />

er also dazu tendieren würde, vornüber zu fallen,<br />

dann „merkt“ es das System und versucht, ihn<br />

zu stabilisieren. Das ist ein relativ einfacher Steuerbefehl,<br />

der den Schritt auslöst und sicher ausführt.<br />

In dieser Kombination ist das System einfach<br />

zu bedienen, zuverlässig und tatsächlich eine<br />

technische Neuerung.


?<br />

Gibt es denn schon Studien über den reziproken<br />

Gehapparat?<br />

Zurzeit wird in Israel eine Sicherheits- oder Machbarkeitsstudie<br />

durchgeführt, an der sechs Nutzer<br />

teilnehmen…<br />

?<br />

?<br />

…was nicht gerade viele sind.<br />

…so ist es. Das ist letztendlich eine Zulassungsstudie,<br />

denn wenn so ein Exoskelett die Zulassung<br />

bekommen will, ist es in den USA besonders<br />

Die nationale Zulassungsbehörde<br />

FDA macht da große<br />

Probleme, wenn nicht nachgewiesen<br />

ist, dass ein solches<br />

System unter allen Umständen<br />

sicher ist.<br />

schwierig. Die nationale Zulassungsbehörde FDA<br />

macht da große Probleme, wenn nicht nachgewiesen<br />

ist, dass ein solches System unter allen<br />

Umständen sicher ist. In Deutschland bzw. Europa<br />

ist es etwas einfacher. Bei der Studie geht es nicht<br />

darum, in irgendeiner Form einen Alltagsnutzen<br />

nachzuweisen, das müsste man erst in einer zweiten<br />

Phase mit einem größeren Nutzerkreis zeigen.<br />

Der Nutzer, der auf Fotos und in Videos überall mit<br />

dem Gehapparat gezeigt wird, ist ein Angestellter<br />

der Firma und war Soldat bei der israelischen Armee.<br />

Da muss man natürlich sehen, dass Leute,<br />

die vorher so extrem körperlich aktiv waren, auch<br />

wieder schnell auf die Beine kommen wollen und<br />

dafür einiges in Kauf nehmen.<br />

Ansonsten erfährt man über die technischen<br />

Details dieses Systems relativ wenig, was in der<br />

Wissenschaft eigentlich unüblich ist. Das liegt<br />

wahrscheinlich daran, dass das Produkt von der<br />

Firma von vornherein mit dem Ziel der Vermarktung<br />

entwickelt wurde.<br />

„Ein großes Problem sind die Fixierungen“<br />

Der Hersteller sagt, dass durch die Nutzung<br />

des Gehapparats die medizinischen Kosten in<br />

der Behandlung von querschnittgelähmten Pa-<br />

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q – querschnitt spezial<br />

50<br />

?<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

tienten gesenkt werden können. Wie schätzen<br />

Sie das ein?<br />

Auch da wäre ich sehr vorsichtig, denn das<br />

muss letztlich erst in einem Langzeitverlauf<br />

nachgewiesen werden. Es ist unbestritten, dass<br />

eine aufrechte Position und ein Durchbewegen<br />

der Gelenke einen therapeutischen Effekt hat<br />

– wenn keine anderen Formen der Therapie<br />

angewendet werden. Das ist aber im Großen<br />

und Ganzen so gut wie nie der Fall. Es kommt<br />

noch ein Zweites hinzu: Ein großes Problem bei<br />

diesem System sind die Fixierungen, in denen<br />

man mit seinem gesamten Gewicht steht. Das<br />

birgt immer die Gefahr von Druckgeschwüren.<br />

Gerade die Beckenfixierung bei diesem Gehapparat<br />

besteht aus nichtgepolsterten, blanken<br />

Metallteilen. Ich befürchte, dass man dem Nutzer<br />

damit eigentlich nicht hilft, sondern die Gefahr<br />

besteht, ihn auch noch zu schädigen.<br />

Eigentlich paradox. Man könnte doch annehmen,<br />

dass ein Gehapparat durch die<br />

aufrechte Position Druckgeschwüre<br />

gerade vermeiden hilft.<br />

Wenn es eine aktive Therapie<br />

wäre, also in irgendeiner Form<br />

noch eine Elektrostimulation<br />

damit verbunden wäre, würde<br />

ich Ihnen Recht geben. Bei<br />

inkompletten Querschnittgelähmten<br />

würde ich Ihnen auch<br />

Recht geben, weil sie ein Training<br />

damit machen. Aber<br />

so wie das hier dargestellt<br />

wird, soll der Gehapparat<br />

für komplett Querschnittgelähmte<br />

in Frage kommen,<br />

und da gibt es eben<br />

nichts, das man entsprechend<br />

trainieren kann.<br />

Die Schrittfolge ist<br />

wechselseitig,<br />

der Nutzer trägt den<br />

Akku-Rucksack auf<br />

dem Rücken.<br />

„Was das System<br />

bringt ist noch offen“<br />

?<br />

Man könnte nach all dem Gesagten den Eindruck<br />

haben, dass es sich hier eigentlich gar nicht<br />

um eine bahnbrechende Innovation handelt.<br />

Es ist eine interessante technische Erfindung und<br />

von daher eine attraktive Anwendung, das muss<br />

man schon klar sagen. Ich persönlich stufe den<br />

Gehapparat aber lange nicht so hoch ein, wie es<br />

die Firma und inzwischen auch die Presse macht,<br />

nach dem Motto: Lahme werden wieder gehen<br />

können. Das System läuft sehr langsam, maximal<br />

etwa 1,2 Meter pro Sekunde. Für Fußgänger<br />

wäre das vergleichbar mit einem langsamen<br />

Schaufensterbummel. Das ist definitiv<br />

eine ziemliche Einschränkung. Mit<br />

passiven Geh-Orthesen erreicht man<br />

schon eine wesentlich höhere Gehgeschwindigkeit.<br />

Was das motorisierte<br />

System für den Alltagsgebrauch tatsächlich<br />

bringt und mit welchen Nebenwirkungen<br />

das Ganze eventuell<br />

erkauft werden muss, ist noch völlig<br />

offen.<br />

?<br />

Die technische Entwicklung geht<br />

ja weiter. Sind die besprochenen<br />

Mängel in 10 oder 20 Jahren vielleicht<br />

gar kein Thema mehr?<br />

Ja, die technischen Probleme<br />

werden dann<br />

wahrscheinlich auch<br />

lösbar sein. Der technologische<br />

Fortschritt könnte<br />

die Gehapparate handhabbarer,<br />

natürlicher<br />

und kleiner machen. Interessanterweise<br />

wird<br />

in Japan gerade ein<br />

vergleichbares System<br />

angeboten, das<br />

sogar die Arme unterstützt,<br />

und das<br />

auf einem viel<br />

preiswerteren<br />

Niveau.


Vorerst ist die<br />

Fortbewegung<br />

mit dem Rollstuhl<br />

wesentlich schneller…<br />

?<br />

Der Hersteller von „ReWalk“ will das Produkt<br />

schon 2010 auf den Markt bringen. Was würde so<br />

etwas denn kosten?<br />

Die Firma hat in den USA die Information von<br />

20 000 US-Dollar gestreut, das inzwischen aber<br />

wieder zurückgenommen, weil sie diesen Preis<br />

nicht halten kann. Das System wird definitiv wesentlich<br />

teurer sein. Und mit einer Zulassung ist<br />

2010 noch nicht zu rechnen, die Zeit wird bis dahin<br />

nicht reichen.<br />

?<br />

In der Frage der Finanzierung eines Gehapparats<br />

für einen Nutzer werden die Krankenkassen<br />

nicht gerade offenherzig sein.<br />

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?<br />

Infos:<br />

Produktname:<br />

ReWalkTM<br />

q – querschnitt spezial<br />

Sie werden nach dem zusätzlichen Nutzen und<br />

nach der Relation zum Preis fragen. Das wird sicherlich<br />

eine harte Diskussion geben.<br />

Welches Fazit würden Sie ziehen?<br />

Vielleicht sind motorisierte Gehsysteme in Zukunft<br />

tatsächlich eine Alternative zum Rollstuhl.<br />

Aber der tatsächliche Nutzerkreis wird aufgrund<br />

der notwendigen Voraussetzungen immer sehr<br />

klein sein, da kann die Technik noch so weit fortgeschritten<br />

sein.<br />

Herr Dr. Rupp, wir bedanken uns herzlich für<br />

dieses Gespräch.<br />

Text: Arndt Krödel<br />

Fotos: DSQ, Argo Medical Technologies<br />

Hersteller:<br />

Argo Medical Technologies Ltd.,<br />

Matam - Advanced Technology Center,<br />

Building 30, POB 15054,<br />

Haifa 31905, Israel,<br />

tel 972 4 854 6652,<br />

Fax 972 4 854 6644,<br />

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Beabsichtigte Markteinführung: 2010<br />

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q – querschnitt spezial<br />

52<br />

A<br />

Patientenaufruf für klinische Studie:<br />

Motorisches Training<br />

für inkomplett<br />

Querschnittgelähmte<br />

Ziel jedes motorischen Trainings ist die Verbesserung von Bewegungsfunktionen, im<br />

günstigsten Fall bis hin zur vollständigen Wiederherstellung. Grundlage der Möglichkeiten<br />

zur Verbesserung ist die seit langem bekannte Tatsache, dass das Nervensystem<br />

keine starre Struktur im Sinne eines fest verdrahteten Computers besitzt, sondern dass<br />

Nervenverbindungen umprogrammiert werden können. Das Nervensystem ist somit in<br />

der Lage, lebenslang zu lernen.<br />

llerdings weiß man erst seit den 70 er Jahren<br />

des letzen Jahrhunderts, dass dies auch für das<br />

Rückenmark besonders nach Verletzungen gilt.<br />

Ein wichtiges Ergebnis aus Tierexperimenten<br />

war, dass noch intakte Nerven die Funktion von<br />

ausgefallenen Fasern teilweise übernehmen können<br />

und somit eine Funktionsverbesserung erreicht<br />

werden kann. Diese Fähigkeit des Nervensystems<br />

zur „Umprogrammierung“ nennt man<br />

Neuroplastizität. Voraussetzung für eine zielgerichtete<br />

Umprogrammierung ist allerdings, dass<br />

ein intensives Training der zu verbessernden<br />

Funktion durchführt wird. Auch wenn die Zusammenhänge<br />

im Detail noch nicht geklärt sind,<br />

so scheinen die während dieses Trainings dem<br />

Nervensystem zugeführten Signale von Rezeptoren<br />

der Haut, Muskeln und Gelenken die Reorganisationsvorgänge<br />

in Gang zu setzen. Für das<br />

Erreichen der therapeutisch notwendigen Intensität<br />

wird eine häufige Wiederholung der Bewegungen<br />

benötigt. Auch Hochleistungssportler<br />

trainieren Schlüsselbewegungen tausende Mal,<br />

damit diese automatisiert abgerufen werden<br />

können.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

In der Rehabilitation setzt man deshalb Laufbänder<br />

mit der Möglichkeit zur teilweisen Körpergewichtsentlastung<br />

ein, um ein intensives<br />

Gehtraining durchzuführen. In einer Vielzahl von<br />

Patientenstudien konnten in den letzten Jahren<br />

die positiven Effekte dieses so genannten<br />

Lokomotionstrainings nachgewiesen werden.<br />

Der Einsatz von Gehrobotern unterstützt die<br />

Gehbewegung von inkomplett Querschnittge-<br />

lähmten. Nur dies ermöglicht eine ausreichend<br />

lange Therapiedauer. Diese Maschinen machen<br />

bei einigen Patienten die Lokomotionstherapie<br />

überhaupt erst sinnvoll, da eine manuelle Unterstützung<br />

des Gehens bei diesen durch bis zu<br />

drei Therapeuten zu aufwändig bzw. körperlich<br />

zu anstrengend ist. Generell können allerdings<br />

diese maschinell unterstützten Therapieanwendungen<br />

nur im Rahmen eines stationären Aufenthaltes<br />

angeboten werden, da die hierfür benötigten<br />

Geräte groß und teuer sind.<br />

Es wird deutlich, dass eine ambulante Anwendung<br />

mit einem günstigeren, kleineren und leichter<br />

zu handhabenden Gerät die Möglichkeiten einer<br />

Gangrehabilitation erweitern kann. Deshalb<br />

bewarb sich im Jahr 2005 die Forschungsgruppe<br />

um Prof. Dr.-Ing. Eberhard P. Hofer und Dipl.-Ing.<br />

Markus Knestel (Universität Ulm) und Dr.-Ing.<br />

Rüdiger Rupp (Stiftung Orthopädische Universitätsklinik<br />

Heidelberg) um den Innovationspreis<br />

Medizintechnik des Bundesministeriums für Bildung<br />

und Forschung und konnte die Gutachter<br />

von der Notwendigkeit der Entwicklung eines<br />

Gehtrainers für das häusliche Umfeld, genannt<br />

MoreGait©, überzeugen.<br />

Der MoreGait© ist eine Trainingsmaschine für<br />

inkomplett Querschnittgelähmte, die nach der<br />

klinischen Erstrehabilitation weiter an der Verbesserung<br />

ihrer Gehfähigkeit arbeiten wollen.<br />

Er ist ein mit pneumatischen (mit Luftdruck angetrieben)<br />

Muskeln ausgestatteter Trainingsroboter<br />

für die unteren Extremitäten. Diese so ge-


nannten künstlichen Muskeln ermöglichen ein<br />

besonders sicheres und angenehmes Trainieren,<br />

da die physiologische Gehbewegung der Beine<br />

durch die Nachahmung des natürlichen Muskelverhaltens<br />

besonders weich unterstützt wird.<br />

Ein wichtiger Unterschied zu bisherigen Therapiegeräten<br />

wie Fahrradergometer ist, dass die<br />

Krafteinwirkungen jeweils mit denen des normalen<br />

Gehens vergleichbar sind. Im Foto ist<br />

erkennbar, dass mittels Fixiermanschetten die<br />

Ober- und Unterschenkel in einer dem natürlichen<br />

Gehen vergleichbaren Art bewegt werden.<br />

Bei der Gangwiederherstellung ist der sensible<br />

Reiz auf die Fußsohle entscheidend. Bislang<br />

wurde deshalb die aufrecht stehende Position<br />

des Rehabilitanden vorausgesetzt. Bei dem MoreGait©<br />

wird der Reiz auf die Fußsohle durch<br />

ein patentiertes, computergesteuertes Fußteil<br />

(Stimulativer Schuh) erzeugt, das es ermöglicht,<br />

erstmals in sitzender Position eine sensible Reizung<br />

der Fußsohle, vergleichbar mit dem Reiz<br />

während des gesunden, aufrechten Gehens.<br />

Beim Training zu Hause ist die sitzende Position<br />

besonders wichtig, weil nur sie ein sicheres Training<br />

ohne Aufsicht durch Therapeuten zulässt.<br />

Während des Trainings wird der Fuß noch sicher<br />

befestigt. Während des Trainings „spürt“<br />

das Gerät, wie viel Kraft der Trainierende selbst<br />

aufbringt und gibt daraufhin nur so viel an Unterstützung,<br />

wie erforderlich ist. Der Grad an Unterstützung<br />

zu verschiedenen Phasen während<br />

des Schritts wird dem Trainierenden auf einem<br />

Monitor angezeigt, so dass dieser gezielt seine<br />

Schwachstellen trainieren kann.<br />

Ziele der MoreGait-Studie<br />

Wie bereits angedeutet, scheint die Intensität<br />

eines motorischen Trainings ein entscheidender<br />

Faktor für den Therapieerfolg zu sein. Während<br />

im Rahmen einer konventionellen Gangschulung<br />

im Gehbarren nur wenige Dutzend Schritte<br />

erreicht werden, ermöglicht das Training mit<br />

dem MoreGait© während jeder Therapiesitzung<br />

die hundertfache Wiederholung der Gehbewegungen.<br />

Damit diese hohe Trainingsintensität<br />

über einen längeren Zeitraum kontinuierlich aufrechterhalten<br />

werden kann, wurde MoreGait©<br />

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q – querschnitt spezial<br />

Patientin auf dem MoreGait© während<br />

der Therapie.<br />

explizit für das Heimtraining konzipiert. Nur mit<br />

diesem Ansatz kann die immer stärker reduzierte<br />

Zeit für die Rehabilitation in der Klinik kompensiert<br />

werden.<br />

Das Hauptziel der Therapie mit dem neuen Gehtrainer<br />

besteht im Ausbau und der Unterstützung<br />

der während des Klinikaufenthaltes antrainierten


q – querschnitt spezial<br />

54<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Fähigkeiten der Gehfunktion. Neben der Verbesserung<br />

der Steh- und Gehfunktionen erwarten<br />

wir aber noch eine Reihe von weiteren positiven<br />

Wirkungen: Wir wissen, dass regelmäßiges Training<br />

den Kreislauf unterstützen und helfen kann,<br />

die Ödembildung in den Beinen („dicke Füße“)<br />

zu reduzieren. Zudem haben wir in eigenen Studien<br />

beobachtet, dass es bei einigen Patienten<br />

während der Therapie zu einer Verminderung<br />

der Spastik kommt. Das „Durchbewegen“ der<br />

Gelenke verhindert offenkundig deren Einsteifen.<br />

Um all diese Erwartungen bestätigen zu können,<br />

führen wir aktuell eine klinische Pilotstudie durch,<br />

im Rahmen derer das Gerät erstmalig an einer<br />

Gruppe von 30 Patienten zum Einsatz kommt.<br />

Im Speziellen wollen wir mit der Studie die Frage<br />

beantworten, inwieweit die zu erwartenden<br />

Funktionsverbesserungen am Ende der Therapie<br />

abhängig von der Ausgangssituation ist: Kann<br />

die Therapie mit MoreGait© Querschnittgelähmte,<br />

die es schaffen, mit Unterstützung zehn<br />

Meter zu gehen, zu einem eigenständigeren Gehen<br />

verhelfen ? Können auch Patienten von der<br />

Therapie profitieren, die schon zu Beginn mit<br />

einfachen Hilfsmitteln selbständig kurze Distanzen<br />

zurücklegen können? Können die während<br />

des Therapiezeitraums antrainierten Fähigkeiten<br />

auch gehalten werden oder ist ein wiederholtes<br />

Training notwendig?<br />

Für die Beantwortung dieser Fragen suchen<br />

wir Studienteilnehmer, die folgende Voraussetzungen<br />

erfüllen:<br />

- Bei Ihnen wurden vor mindestens 12<br />

Monaten Teile der Nervenbahnen im<br />

Rückenmark verletzt.<br />

- Der Grad der Verletzung zeigt sich darin,<br />

dass Sie bestimmte Muskeln Ihres Köpers<br />

nur noch eingeschränkt bewegen können.<br />

- Ihnen fehlt (teilweise) die Fähigkeit zu<br />

spüren, wie Sie Ihre Füße optimal aufsetzen<br />

können.<br />

- Sie können nur unter Zuhilfenahme von<br />

Gehhilfen, wie Gehstöcke oder Rollator,<br />

unter großer Anstrengung kurze Distanzen<br />

(10m) gehen.<br />

- Ihre Spastik ist nicht so stark, sodass Sie<br />

Hüft-, Knie- und Sprunggelenke passiv<br />

durchbewegen können.<br />

Die gesamte Studienteilnahme beträgt 6 Monate:<br />

In den ersten 4 Wochen sind drei Untersuchungszeitpunkte<br />

in der Klinik notwendig, um objektiv Ihren<br />

neurologischen und funktionellen Status über<br />

nicht schmerzhafte Tests zu erfassen. Nach den<br />

ersten 4 Wochen soll über 8 Wochen die Therapie<br />

5 x pro Woche, 45 Minuten pro Tag von Ihnen zu<br />

Hause durchgeführt werden. Klinische Untersuchungen<br />

zur Verlaufsdokumentation sind 4 Wochen<br />

nach Therapiebeginn und zum Abschluss<br />

der Therapie vorgesehen. Den Abschluss der<br />

Studienteilnahme bildet eine letzte Untersuchung<br />

12 Wochen nach Therapieende. Insgesamt fallen<br />

also 6 Untersuchungstermine in der Klinik an.<br />

Wenn Sie die oben genannten Voraussetzungen<br />

erfüllen, im Raum Ulm oder Heidelberg (Umkreis<br />

100 km) wohnen oder mobil sind und Interesse<br />

an der Studienteilnahme haben, dann möchten<br />

wir Sie um Kontaktaufnahme zur Abklärung der<br />

Details bitten. Ein Fahrtkostenzuschuss für die<br />

Besuche in Heidelberg/Ulm kann gewährt werden.<br />

Ein Therapiegerät wird für den häuslichen<br />

Gebrauch über einen Zeitraum von 8 Wochen zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Ansprechpartner sind:<br />

Dr. Ing. Rüdiger Rupp<br />

Orthopädische Universitätsklinik<br />

Heidelberg<br />

Schlierbacher Landstr. 200a<br />

eMail<br />

Ruediger.Rupp@ok.uni-heidelberg.de<br />

Dipl.-PW. Harry Plewa<br />

tel 0 62 21-96 92 31 /84<br />

eMail<br />

Harry.Plewa@ok.uni-heidelberg.de


13. bis 16. Mai in Halle:<br />

DMGP-Kongress<br />

D<br />

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Die 22. Jahrestagung der Deutschsprachigen<br />

Medizinischen Gesellschaft<br />

für Paraplegie (DMGP) fi ndet vom 13.<br />

bis 16. Mai <strong>2009</strong> in der Georg-Friedrich-<br />

Händel-Halle in Halle statt. Schwerpunktthema:<br />

Tetraplegie.<br />

ie damit verbundenen interdisziplinären Fragestellungen<br />

spiegeln nicht nur aktuelle Debatten<br />

wider, sondern illustrieren auch die Verbindung<br />

der medizinischen, therapeutischen und praktischen<br />

Ansätze innerhalb der Gesellschaft. Das<br />

Umfrage<br />

„Barrierefreier<br />

Tourismus“<br />

I<br />

m Rahmen seiner wissenschaftlichen Forschung<br />

führt der Lehrstuhl für Strategisches<br />

Tourismusmanagement an der Universität Trier<br />

eine Online-Umfrage zum Thema „Informationsverhalten<br />

und Barrierefreier Tourismus“<br />

im deutschsprachigen Raum durch. Ziel dieser<br />

Umfrage soll sein, die Besonderheiten des Informationsverhaltens<br />

von Menschen mit einer Beeinträchtigung<br />

bzw. Behinderung in Bezug auf<br />

Anzeige<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

q – querschnitt spezial<br />

wissenschaftliche Programm der Jahrestagung<br />

der DMGP bietet durch die Vielzahl an Vorträgen<br />

sowie die Posterausstellung vielfältige Möglichkeiten<br />

der Weiterbildung und des Gedankenaustausches.<br />

Die wissenschaftliche Leitung übernimmt in diesem<br />

Jahr Dr. med. Klaus Röhl, 1. Vorsitzender<br />

der DMGP und Chefarzt des Zentrums für Rückenmarksverletzte<br />

und der Klinik für Orthopädie<br />

der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost<br />

in Halle. Unter dem Kongressthema<br />

Tetraplegie werden die Schwerpunkte Akutversorgung,<br />

Rehabilitation und Nachsorgekonzepte zur<br />

Debatte stehen. Weitere Information erhalten Sie<br />

im aktuellen Flyer anbei oder auf der Kongresshomepage<br />

www.conventus.de/dmgp<strong>2009</strong>.<br />

das Reisen herauszuarbeiten und so letztlich die<br />

Reise-Situation der Betroffenen zu verbessern.<br />

Die Umfrage richtet sich dabei an alle mobilitäts-<br />

und aktivitätseingeschränkten Menschen<br />

sowie an Menschen, die an der Reiseorganisation<br />

beteiligt sind. Sie wird unterstützt durch<br />

das 5-Sterne Hotel „Bristol Vienna“ und die<br />

Urlaubsplattform „Urlaub am Bauernhof“.<br />

Diese stellen zwei Reisen zur Verfügung, die<br />

unter allen Teilnehmern der Umfrage verlost<br />

werden.<br />

Die Umfrage nimmt etwa 12 bis 15 Minuten in<br />

Anspruch und ist im Internet unter der Adresse<br />

http://tourismus.forschungsfragen.de/ zu fi nden.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ansprechpartner:<br />

Wolfgang Drews<br />

tel 06 51-201-26 76<br />

eMail<br />

umfrage@osm.<br />

uni-trier.de


q – querschnitt spezial<br />

56<br />

wurde das Neurologische Rehabilitationszentrum<br />

Greifswald mit seinem Behandlungszentrum<br />

für Querschnittgelähmte eröffnet. Durch<br />

die umfängliche Kooperation mit dem Universitätsklinikum<br />

Greifswald und dem Berufsbildungswerk<br />

ist seitdem eine komplexe Behandlung<br />

von Querschnittgelähmten im Bundesland<br />

Mecklenburg-Vorpommern möglich. Diese umfasst<br />

die akute Erstversorgung im Universitätsklinikum,<br />

die medizinische Rehabilitation im Behandlungszentrum<br />

für Querschnittgelähmte und<br />

die berufliche Reintegration in Zusammenarbeit<br />

mit dem Berufsbildungswerk.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Neues aus „Meck-Pomm“:<br />

Querschnittgelähmtenzentrum<br />

BDH-Klinik Greifswald<br />

Am 6. Juni findet in der BDH-Klinik Greifswald (ehemals NRZ-Greifswald)<br />

ein Frühlingsfest statt. Die Fördergemeinschaft wird dort mit dem Stützpunkt<br />

Greifswald vertreten sein, FGQ-Berater ist Dirk Weber.<br />

1998<br />

Das erste Zentrum dieser Art in Mecklenburg-<br />

Vorpommern ist auf die Behandlung von derzeit<br />

61 Betten mit unfall- und erkrankungsbedingter<br />

Rückenmarkschädigung ausgelegt. Das Einzugsgebiet<br />

des Behandlungszentrums umfasst<br />

inzwischen Mecklenburg-Vorpommern und die<br />

nördlichen Gebiete Brandenburgs, doch selbst<br />

aus Niedersachsen, Thüringen und Sachsen<br />

kommen Patienten regelmäßig zur Behandlung.<br />

Diese schließt die Erstbehandlung auch<br />

bei Langzeit- und Dauerbeatmungspflicht ein,<br />

die Komplikationsbehandlung und lebenslange<br />

Nachsorge.<br />

Die Ergotherapie arbeitet auf größtmögliche<br />

Selbstständigkeit hin, berät auch bei der Umgestaltung<br />

der Wohnung und der Ausstattung mit<br />

Hilfsmitteln. Wenn die Lähmung auch die Arme<br />

umfasst, sind möglicherweise spezialisierte<br />

Kommunikationshilfen erforderlich. Unterstützt<br />

werden diese therapeutischen Bemühungen<br />

durch ein breites Spektrum physikalischer Anwendungen.<br />

Daneben stehen Angebote der<br />

Sporttherapie, Heilpädagogik, der Logopädie<br />

und Musiktherapie zur Verfügung. Kompetente<br />

Psychologen helfen den Patienten bei der Lösung<br />

individueller Probleme und stehen zur<br />

Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung<br />

bereit. Ein qualifizierter Sozialdienst berät und<br />

unterstützt die Patienten in allen sozialen Problemen.<br />

Gemeinsam mit den Kostenträgern<br />

werden tragfähige Vorschläge zur sozialen Reintegration<br />

im Rahmen von Wiedereingliederungskommissionen<br />

erarbeitet. Ein wesentlicher<br />

Bereich im Querschnittgelähmtenzentrum ist die<br />

Neuro-Urologie, da häufig Harnblase, Mastdarm<br />

und Geschlechtstrakt ebenfalls gelähmt sind.<br />

Für neuro-urologische Untersuchungen und<br />

Behandlungen stehen ein hochmoderner videourodynamischer<br />

Messplatz, ein urodynamischer<br />

Messplatz und ein Eingriffsraum zur Verfügung.<br />

Mit Beendigung der Erstrehabilitation erfolgt die<br />

Überleitung des Patienten in den ambulanten<br />

Bereich. Hierzu stehen erprobte Home-Care-Unternehmen<br />

zur Verfügung. Diese unterstützen<br />

den Patienten nicht nur durch die Bereitstellung<br />

der individuellen Hilfsmittel, sondern stehen auch<br />

nach der Entlassung mit Rat und Tat den Betroffenen<br />

zur Seite. Das Behandlungszentrum bietet<br />

allen Patienten ein lebenslanges, individuell abgestimmtes<br />

Nachsorgekonzept an. Im Rahmen<br />

dieser Nachsorge erfolgen regelmäßige Untersuchungen<br />

im Behandlungszentrum. Ziel ist es,<br />

lähmungsbedingte Komplikationen frühzeitig zu


erkennen, um eine zielgerichtete Therapie einleiten<br />

zu können.<br />

Die komplexe Behandlung Querschnittgelähmter<br />

in der Akutphase, im Rahmen der Komplikationsbehandlung<br />

und auch in der lebenslangen<br />

Nachsorge hat sich in Greifswald über 10 Jahre<br />

bewährt. Auch wenn ab Januar <strong>2009</strong> mit neuem<br />

Namen – BDH-Klinik Greifswald – wollen wir am 6.<br />

Juni Betroffenen und deren Angehörigen im Rahmen<br />

eines Frühjahrsfestes mit Besichtigung, fachlichen<br />

Vorträgen und sportlicher Betätigung das<br />

Querschnittgelähmtenzentrum vorstellen. Hierzu<br />

sind alle Interessierten eingeladen.<br />

Kontakt:<br />

Zusammenarbeit beschlossen:<br />

„<strong>Paraplegiker</strong>“ und<br />

„Radio4Handicaps“<br />

q – querschnitt spezial<br />

BDH-Klinik Greifswald GmbH<br />

Querschnittgelähmtenzentrum<br />

Karl-Liebknecht-Ring 26 a, 17491 Greifswald<br />

tel 0 38 34-87 12 32<br />

fax 0 38 34-87 13 02<br />

eMail sekretariatQ@bdh-klinik-greifswald.de<br />

www.bdh-klinik-greifswald.de<br />

Der „<strong>Paraplegiker</strong>“ – Zeitschrift der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

und „Radio4Handicaps – das Radio für barrierefreie Köpfe“ haben Anfang des<br />

Jahres eine Kooperation beschlossen, um zukünftig ihren Lesern und Hörern, Betroffenen<br />

und Interessierten die Möglichkeiten zu bieten, sich in beiden Medien<br />

allumfassend informieren und austauschen zu können.<br />

R<br />

adio4Handicaps – das Radio für barrierefreie<br />

Köpfe, trägt mit innovativen Sendeformaten,<br />

bei denen zum Beispiel Experten interaktiv per<br />

Mail direkt online kontaktiert werden, zur gesellschaftlichen<br />

und beruflichen Integration von<br />

Menschen mit Behinderung bei. Interaktiver<br />

Austausch, Information und Beratung zu allen<br />

Bereichen des Lebensalltags, von Menschen, die<br />

direkt involviert sind, das ist ein bewährtes Konzept,<br />

das durch die neue Kommunikation noch<br />

ergänzt wird.<br />

Die Mitglieder des Redaktionsteam von Radio-<br />

4Handicaps sind „bunt gemischt“. Männlich /<br />

weiblich, zwischen 18 bis 63 Jahre jung und natürlich<br />

mit und ohne Behinderung (überwiegend<br />

aber mit). Neben dem Redaktions- und Moderatoren-Team<br />

gestalten die Hörer und kooperierende<br />

Vereine und -Verbände das Programm<br />

zum Teil interaktiv mit, indem sie z.B. Musik- und<br />

Themenwünsche einbringen.<br />

Im Zuge der allgemeinen Tagesnachrichten werden<br />

oftmals viele Bereiche abgedeckt, jedoch<br />

das Thema „Behinderung“ und die dazu gehörigen<br />

Bereiche sowie Berichte bleiben oft auf<br />

der Strecke. Es herrscht demnach ein enormer<br />

Informationsbedarf bei der erschreckend schnell<br />

wachsenden Zielgruppe der Betroffenen und deren<br />

Angehörigen.<br />

Sechs Jahre Berichtserstattung und zahlreiche<br />

Produktionen liegen mittlerweile hinter den Mitarbeitern<br />

des Trägervereins des Projektes, dem<br />

als gemeinnützig anerkannten Health-Media<br />

e.V.<br />

Radio4Handicaps berichtet alle zwei Jahre von<br />

den Paralympischen Spielen (2004 Athen / 2006<br />

Turin / 2008 Peking). Auch wenn die Medienberichterstattung<br />

über die Paralympics in Welt-,<br />

Europa- oder Deutsche Meisterschaften in den<br />

letzten Jahren erfreulicherweise umfangreicher<br />

PARAPLEGIKER 1/09 57


q – querschnitt spezial<br />

58<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

geworden ist, so lässt eine regelmäßige Berichtserstattung<br />

über den Behindertensport immer<br />

noch sehr zu wünschen übrig. Vor allem finden<br />

regionale Veranstaltungen und Wettkämpfe<br />

kaum redaktionelle Beachtung in den Medien.<br />

Interessierte Mitarbeiter mit und ohne Behinderung<br />

sind für redaktionelle Beiträge, Internetrecherchen,<br />

Texterstellung und insbesondere für<br />

die Homepage-Bearbeitung jederzeit herzlich<br />

willkommen. Alle Tätigkeiten können von zuhause<br />

durchgeführt werden - PC und Internetanschluss<br />

natürlich vorausgesetzt.<br />

Unter allen Anfragen zur Mitarbeit oder allgemeinen<br />

Fragen zum Sendekonzept oder zur Ko-<br />

operation <strong>Paraplegiker</strong> – Radio4Handicaps, die<br />

bis zum 15.4.<strong>2009</strong> per E-mail an Redaktion@<br />

Radio4Handicaps.eu eingehen, werden drei<br />

Exemplare des Buches „Wie ich das Laufen verlernte“<br />

verlost, in dem R4H Teammitglied Robert<br />

Schneider seine Geschichte erzählt. Robert<br />

ist <strong>Paraplegiker</strong>.<br />

Kontakt :<br />

Radio4Handicaps:<br />

www.Radi4Handi caps.eu<br />

eMail Redaktion@Radio4Handicaps.eu<br />

tel 0 46 61-67 57 73<br />

Neues Zeitschriften-Archiv:<br />

M<br />

it der vorliegenden Ausgabe des <strong>Paraplegiker</strong>s<br />

wird die Tradition eines Forums für Betroffen<br />

Körperbehinderte folgerichtig fortgesetzt,<br />

die 1982 im 1. Erscheinungsjahr des Paraplekgikers<br />

als Organ für Querschnittgelähmte begann<br />

und sich in den Jahren von 2001 bis 2008<br />

mit der Zeitschrift „B“ für alle Körperbehinderte<br />

thematisch erweiterte.<br />

Damit die Beiträge der vergangenen Jahre nicht<br />

ganz vergessen werden und für jeden Interessenten<br />

erhalten bleiben, hat die FGQ Kontaktstelle<br />

Ruhrgebiet ein Archiv aufgebaut. Hier<br />

finden sich zum Nachschlagen alle ehemaligen<br />

Ausgaben des Paraplegigkers und der Zeitschrift<br />

„B“. Das Archiv wird verwaltet durch das<br />

„Servicezentrum für Behinderte“ an der Ruhr-<br />

Universität Bochum im Studierendenhaus der<br />

Ruhr-Universität Bochum. Wer in die gedruckte<br />

Geschichte(n) dieser Zeitschriften eintauchen<br />

möchte kann dies nach vorheriger telefonischer<br />

Anmeldung und Terminabsprache tun.<br />

Interessenten melden sich beim:<br />

Servicezentrum für Behinderte (SZB)<br />

tel 02 34-9 70 23 10<br />

eMail szb@akafoe.de<br />

Universitätstraße 150<br />

44801 Bochum<br />

Wegbeschreibung:<br />

Im Erdgeschoss des Studierendenhauses<br />

Ebene O der Ruhr Universität Bochum


Bundesverdienst-<br />

kreuz für<br />

Winfried Kolibius<br />

In Anerkennung seiner besonderen<br />

Verdienste für seine langjährige und<br />

beispielhafte Arbeit im Förderverein<br />

für die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung<br />

(PRO DSQ) wurde Herr Winfried<br />

Kolibius vom Bundespräsidenten<br />

mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland ausgezeichnet.<br />

A<br />

uszug aus der Laudatio: „ ‚In der gesamten<br />

abendländischen Tradition, sei es aus der Sicht<br />

der klassischen Antike oder der des Christentums,<br />

gehört der individuelle Beitrag zum allgemeinen<br />

Wohl unverzichtbar zu einem sinnerfüllten<br />

Leben.’ Sie, Herr Kolibius, scheinen das<br />

auch gelesen zu haben, denn für Sie war diese<br />

Ehrung unnötig und verzichtbar. Doch genau diese<br />

Haltung prädestiniert Sie besonders als Vorbild<br />

im heutigen Stiftungswesen: Keiner ist so<br />

aktiv wie Sie.<br />

Sie bestimmen maßgeblich die strategische Ausrichtung<br />

der Stiftung mit. Wichtiger ist, dass Sie<br />

mit einem ungeheueren Zeitaufwand einer der<br />

wenigen sind, die tatsächlich auch bei der Umsetzung<br />

unserer Ziele Hand anlegen. Solche Vorbilder<br />

braucht eine Stiftung in der Hoffnung auf<br />

Nachahmer.<br />

Sie waren ein aktiver Stiftungsrat: Tombolas,<br />

Messeauftritte, die Organisation von Veranstaltungen<br />

anlässlich der Verleihung unseres Forschungsförderpreises.<br />

Ihre besonderen Fähigkeiten<br />

in der virtuellen Kommunikation haben<br />

Sie für den internationalen Erfahrungsaustausch<br />

mit russischen Ärzten zur Verfügung gestellt. Die<br />

Präventionskampagne gegen Querschnittlähmung<br />

wäre ohne Sie nie gestartet. Sie haben die<br />

Anlage unseres Stiftungsvermögens wesentlich<br />

verbessert. Ihr Rat im Stiftungsrat, dem obersten<br />

Gremium unserer Stiftung, ist gefragt und nicht<br />

nur in finanziellen Fragen von hoher Kompetenz<br />

geprägt. Die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung<br />

dankt Ihnen für Ihre Leistung!“<br />

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Seit Jahren berät der erfolgreiche Monoskifahrer<br />

Martin Braxenthaler HAAS Fertigbau bei der<br />

Entwicklung barrierefreier Lebensräume. Seine aktive<br />

Lebensweise und sein aufmerksamer Blick für das<br />

Wesentliche liefern wertvolle Kriterien für die<br />

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kultur<br />

Rolli-<br />

Normal ist das nicht<br />

Ein<br />

Donnerstagabend<br />

im März,<br />

Heimspiel<br />

für Mike Al<br />

Becker in seiner<br />

Geburtsstadt<br />

Hagen, in einem<br />

Kellerlokal namens<br />

„Catacombe“. Die<br />

Anreise quer durchs<br />

Ruhrgebiet ist wie üblich<br />

verkehrsreich, aber<br />

jetzt sind wir da, gerade<br />

noch rechtzeitig.<br />

60<br />

ocker Mike Al Becker live:<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Mikes freundlicher Assistent (oder Roadie,<br />

das kommt aufs Gleiche heraus) Heiko<br />

empfängt uns und hilft mir die Treppe runter.<br />

Natürlich ist sein Arbeitgeber in erster<br />

Linie Rockmusiker, aber eben auch Rollstuhlfahrer.<br />

Das ist nichts, was der „Rolli-<br />

mann“, wie er sich in einem seiner frühen<br />

Titel nennt, vergessen kann oder will. Im<br />

Gegenteil, die Behinderung ist Teil des<br />

Programms, wenn nicht sogar ihr wichtigster<br />

Bestandteil.<br />

Natürlich geht es vordergründig um die<br />

Musik, hier knackiger Gitarren-Rock. Vor<br />

dem Autounfall 1987, die den 1961 geborenen<br />

Betriebsschlosser zum hoch gelähmten<br />

Querschnittgelähmten (Tetraplegiker)<br />

macht, spielte auch Mike Al Becker<br />

Gitarre in lokalen Bands. Das konnte er mit<br />

Tetrafi ngern sofort vergessen. Aber singen<br />

konnte er noch, bis heute ist seine Stimme<br />

erstaunlich kräftig, scheint mit der Zeit sogar<br />

stärker zu werden. Dazu kam die Harp,<br />

heute immer noch in der härter gewordenen<br />

Rock-Musik als Akzent genutzt.<br />

Die Botschaft aber steckt in den Texten.<br />

Zwar ist der Sound klarer als früher, eine<br />

bessere Verständlichkeit wäre aber auch<br />

an diesem Abend in Hagen wünschenswert.<br />

Leider ist die Bude auch nicht so voll<br />

wie sie sein könnte, maximal zwei Dutzend<br />

Leute gehen allerdings begeistert mit.<br />

Da wird nichts kaschiert. Zu Beginn heben<br />

Bandmitglieder und Roadies den Chef<br />

nicht nur mit Rolli auf die Bühne, sondern<br />

platzieren ihn oben auf einem Podest, so<br />

dass er mindestens auf Augenhöhe mit<br />

den anderen Musikern ist. Das sind der<br />

Dr. der Psychologie Andy Krombholz am<br />

Bass, Marco Maggiorelli an der Gitarre und<br />

dem Schlagzeuger Michael Gassmann. Die<br />

Band, gelegentlich immer noch als „Die<br />

Simulanten“ bezeichnet oder vom Frontmann<br />

auch schon mal spöttisch als die<br />

„Engel, die mir Flügel verleihen“, versteht<br />

ihr Handwerk und liefert einen soliden mitreißenden<br />

Rock ab, der durch häufi gen<br />

Tempowechsel, Soli und vereinzelt eingestreute<br />

Balladen nie langweilig wird.<br />

Zeit für die Becker’sche Botschaft. Nicht,<br />

dass die mit erhobenem Zeigefi nger (wäre<br />

auch schwierig) oder mit der Moralkeule<br />

serviert würde. Er schafft es durchgehend<br />

sein komplettes Publikum mitzunehmen<br />

ohne sich zu verbiegen. Wichtigste Instrumente<br />

dabei sind Humor, gelegentlich<br />

sehr sarkastischer wie von altgedienten<br />

Rollis bekannt, und Gefühle, nicht selten<br />

negative wie Wut oder Trauer, die aber<br />

nicht bitter kommen, sondern ehrlich


und offen, gelegentlich ruppig. Er fordert<br />

seinesgleichen damit auf, dem eigenen<br />

Schicksal nicht nur die Stirn zu bieten sondern<br />

selbst was zu machen und bietet sich<br />

gleich als Beispiel an. Das bedeutet wohl<br />

kaum, dass alle von der Reha gleich<br />

auf die Rockstar-Bühne wechseln sollen,<br />

aber die Bühne des Lebens bietet<br />

ja genug Möglichkeiten, wichtig nur,<br />

dass man sich nicht hängen lässt, sondern<br />

zu sich selbst findet.<br />

Mike Al Becker ist bei sich angekommen<br />

und kann sich deshalb auch über sich<br />

selbst lustig machen. Er widmet „Hey<br />

Mama“ allen über 40 jährigen, die noch im<br />

Elternhaus wohnen und reimt sich seinen<br />

Lebensweg selbst: „Ich dreh am Rad den<br />

ganzen Tag und fahr voll ab auf Holzbelag.“<br />

Wer ihm dumm kommt, kriegt schon<br />

mal einen mit: „Du Eierdieb, du schwarze<br />

Seele“. Die zentrale Botschaft aber: „Statt<br />

zu Hause rumzusitzen (…) komm komm<br />

komm, Du bist nicht allein (…) Rock’n’<br />

Roll.“ Und manchmal, richtig politisch:<br />

„Normal ist das nicht, hörst Du die Leute<br />

sagen (…) und das ist Dir scheißegal.“ Genau,<br />

denke ich, das ist es.<br />

Das Konzert endet mit Zugaben, über die<br />

der Sänger witzelt: „Ich komm hier eh nicht<br />

so schnell weg.“ Dann trinkt er noch ein<br />

wenig Tee mit Honig, auch Rock’n’Roller<br />

werden älter und vernünftiger, bis dann<br />

auch dieses energiereiche Konzert endet:<br />

„Gute Nacht, John Boy“.<br />

Text & Fotos:<br />

Peter Mand<br />

kultur<br />

Kontakt & Booking:<br />

Mike Al Becker<br />

Fichtenstr. 37<br />

58239 Schwerte<br />

tel 0 23 04-96 31 74<br />

eMail: Rollimann@aol.com<br />

www.rollimann.de<br />

(Da gibts auch die<br />

aktuelle CD!)<br />

PARAPLEGIKER 1/09 61


kultur<br />

Kunst kennt keine Behinderung<br />

62<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Kunst schlägt Brücken. Kunst reißt Barrieren ein. Kunst macht den<br />

Blick frei. Besonders wirksam kann Kunst sein, wenn es um die Beseitigung<br />

von Barrieren in den Köpfen geht. Künstlerisches Schaffen<br />

bietet in besonderem Maße für Menschen mit Behinderungen die<br />

Möglichkeit echter Teilhabe am Leben mit und in der Gesellschaft.<br />

Der Maler Jörg Paul Käse.<br />

„In<br />

was für einer Gesellschaft wollen wir<br />

leben?“ Diese Frage wurde im Rahmen<br />

des Projektes „Die Gesellschafter“ von<br />

Aktion Mensch für ein gerechteres Zusammenleben<br />

gestellt. Vielleicht lässt sie sich<br />

im künstlerischen Handeln und Tun leichter<br />

beantworten als im Alltag. In der Kunst<br />

stellt sich nicht die Frage von Normalität.<br />

Sie hat hier keine Grundlage und keinen<br />

Ansatz sich zu etablieren. Der Gedanke<br />

„Es ist normal verschieden zu sein“ ist<br />

die einzige greifbare Maxime. Die Kunst<br />

allein betreffend ist dies allgemein anerkannt.<br />

Das lässt sich an der Vielfältigkeit<br />

der Kunst- und Kulturlandschaft deutlich<br />

erkennen. Kein Wunder also, dass dieser<br />

gesellschaftliche Teilbereich immer stärker<br />

von Menschen mit Behinderungen genutzt<br />

wird.<br />

Kunst sucht nach Ausdrucks-, nicht nach<br />

Ausgrenzungsformen. Sie muss nichts<br />

kompensieren und ist oft Vorreiter von<br />

gesellschaftlichen Veränderungsprozessen.<br />

Kunst- und Kulturprojekte von und<br />

mit Menschen mit Behinderungen schaffen<br />

auf der Grundlage des künstlerisch<br />

kreativen Ausdrucks Möglichkeiten sich<br />

kennen zu lernen und machen Integration<br />

wirkungsvoll und nachhaltig zum Alltagsthema.<br />

Theaterspielende Menschen, egal ob Laien<br />

oder Profis, ob behindert oder nicht, haben<br />

die Erfahrung gemacht, dass das Theater<br />

per se Erfahrungen mit sich selber und der<br />

Welt beinhaltet. Theaterspielen vermittelt<br />

menschliche Grunderfahrungen: Liebe,<br />

Hass, Wut, Angst, Missgunst, Neid, Nähe,<br />

Distanz. Die unterschiedlichsten Kompe-<br />

tenzen sind gefragt, nicht nur die üblichen<br />

kognitiven und sprachlichen, sondern in<br />

gleichem Maße emotionale, physische


und kreative Fähigkeiten. Theaterspielen bedeutet darüber hinaus<br />

auch die gemeinsame Bewältigung von Arbeit, Stress, Lampenfieber,<br />

Applaus und Kritik. Dennoch bleibt der Aspekt Therapie im<br />

Hintergrund und geschieht als Nebenprodukt des künstlerischen<br />

Vorgangs.<br />

„Barner 16“ beispielsweise bietet Menschen mit Handicaps die<br />

Möglichkeit künstlerischer Arbeit. Von 1991 bis 2004 befand sich<br />

Barner 16 noch unter dem Namen „station 17“ auf dem Gelände der<br />

Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Unter diesem Namen finden sich<br />

heute unterschiedliche Einzelprojekte zusammen; die Band „Station<br />

17“, das Filmkollektiv „von der rolle“, und die Nachwuchsband<br />

„kUNDEkÖNIG“.<br />

Beim „Kongress der Planetenvereinigung“, einer Science-Fiction-Lichtspiel-Operette,<br />

arbeiteten erstmals alle Arbeitsbereiche in<br />

einem Projekt zusammen. Eine überraschende Entdeckung wird gemacht:<br />

Es gibt noch einen unerforschten Planeten namens „Erde“.<br />

Um herauszufinden, ob er für eine Aufnahme in die Planetenvereinigung<br />

geeignet ist, werden Herrmann und seine Forscherkollegen<br />

auf die Erde geschickt. Auf einem Kongress sollen die Ergebnisse<br />

präsentiert werden. Ein Orchester wird hierfür eigens aus dem Tiefschlaf<br />

geweckt. Doch bis zur Entscheidungsverkündung kommt es<br />

zu Komplikationen und die Ereignisse fangen an, sich zu überschlagen.<br />

Schauspieler von „HAJUSOM“, dem Theaterkollektiv jugendlicher<br />

Flüchtlinge aus Afrika und Afghanistan, sowie Lana Cooper<br />

und der Hamburger Musiker Jacques Palminger (Studio Braun) vervollständigten<br />

das Ensemble dieses Multimedia-Spektakels. An diesem<br />

Beispiel wird deutlich wie gehaltvoll integrative Projektarbeit<br />

sein kann.<br />

Ein weiteres Beispiel ist der Maler Jörg Paul Käse (Foto), der Ende<br />

Februar seine vierte Ausstellungseröffnung in Schleswig-Holstein<br />

feiern konnte. Er lebt und arbeitet in Rendsburg-Neuwerk. Für ihn<br />

bedeutet der Schaffensprozess eines Bildes eine intensive Auseinandersetzung<br />

mit sich selbst. Ein Prozess, der für ihn, im persönlichen<br />

Gespräch bemerkt, auch mit Schmerzen verbunden sein kann.<br />

Schmerzen, die er gar nicht näher beschreiben kann und die er mit<br />

einem verschmitzten Lächeln auf sein Alter abwälzt. Er beschreibt es<br />

aber auch als einen Blick in den Spiegel, der nicht unbedingt schön<br />

ist.<br />

Jörg Paul Käse ist aufgrund von Drogengebrauch heute schwerbehindert.<br />

Auf die Frage wie er zum Malen gekommen sei, erinnert<br />

er sich an seinen ersten Schultag, an dem alle Schulanfänger ein<br />

Bild malen sollten. Kreativität und das Schaffen von Kunstwerken<br />

ist fester Bestandteil im Leben des Jörg Paul Käse. Inwieweit Kunst<br />

und Therapie einander bedingen, werde ich in der nächsten Ausgabe<br />

erläutern.<br />

Text & Fotos:<br />

Ralph Büsing<br />

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sport sport<br />

Marios persönlicher Rekord<br />

64<br />

Querschnittgelähmter<br />

Gewichtheber:<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Zwei Minuten unter Hochspannung:<br />

Mario beim Wettkampf.<br />

Mario Hochberg aus Gotha ist Profi-Gewichtheber und hat schon<br />

drei Mal an Paralympischen Spielen teilgenommen. Im Vergleich mit<br />

kord geleistet. Darüber hinaus ist er bester Europäer.<br />

Zwar gewinnt er keine Medaille, aber:<br />

„Mit diesem Ergebnis bin ich zufrieden, denn ich<br />

hatte nur mit einem achten oder neunten Platz<br />

gerechnet“, gibt der 38 jährige zu. Letztendlich<br />

habe aber auch Trainer Thomas Mersdorf seinen<br />

Anteil zu dieser guten Leistung beigetragen: „Wir<br />

sind ein richtiges Gespann und ticken ‚synchron’“<br />

so der querschnittgelähmte Sportler, der 2 000<br />

schon auf den Paralympics in Sydney den elften<br />

Platz errungen hatte und vor vier Jahren auch in<br />

Athen angetreten war, dort aber leider kurzfristig<br />

erkrankte.<br />

Sydney und Athen hat ihn Peking am meisten beeindruckt.<br />

Fünftausend Sportfans aus aller Welt halten gespannt<br />

den Atem an, als Mario Hochberg sich<br />

auf die Bank legt. Der Trainer fixiert die Beine<br />

des Gewichthebers, verlässt die Bühne und der<br />

Versuch beginnt. Nach der Konzentrationsphase<br />

nimmt Mario das Gewicht aus dem Ständer und<br />

hält es mit gestreckten Armen über seine Brust,<br />

wartet auf das Startzeichen des Hauptkampfrichters.<br />

Nun lässt er das Gewicht langsam zur Brust<br />

ab, dort angekommen muss er eine Sekunde<br />

stoppen und danach die Hantel gleichmäßig dynamisch<br />

nach oben hinausdrücken. Nun gibt ihm<br />

der Kampfrichter das Absetzzeichen und Mario<br />

kann die Hantel wieder in die Ständer legen. Vom<br />

Aufruf bis zum Hinlegen und dem Versuch hatte<br />

er nur zwei Minuten Zeit.<br />

Die Spannung löst sich und die Zuschauer klatschen<br />

begeistert Beifall: Mario hat auf den Paralympics<br />

in Peking den fünften Platz im Gewichtheben<br />

der Klasse 100 + erkämpft und auf<br />

internationaler Ebene seinen persönlichen Re-<br />

Peking war für ihn die dritte paralympische Station.<br />

Die Hauptstadt Chinas habe in mancherlei<br />

Hinsicht viele andere Metropolen übertroffen,<br />

vergleicht Mario, der als einziger deutscher Gewichtheber<br />

mit Handikap an internationalen<br />

Wettkämpfen teilnimmt. Er lebt in Gotha am<br />

Thüringer Wald und ist seit frühester Kindheit<br />

begeisterter Sportler: „Wenn ich aus der Schule<br />

kam, warf ich den Ranzen in die Ecke und lief so-


fort zum Sportplatz“, berichtet Mario. Als er sich<br />

nach der Wende beim Kicken am Knie verletzte,<br />

musste er sich neu orientieren: „Ich trat in einen<br />

Kraftsportverein ein und begann, mit Hanteln zu<br />

trainieren.“<br />

Nach der Entlassung aus dem Wehrdienst, kurz<br />

nach der Wende, war gerade der Betrieb geschlossen<br />

worden, in dem Mario als Instandhaltungsmechaniker<br />

gearbeitet hatte. „Deshalb ließ ich mich<br />

zum Zimmermann und Dachdecker umschulen“,<br />

so der Sportler. Aufgrund des Baubooms Anfang<br />

der Neunziger ein Beruf mit goldenem Boden. In<br />

seiner Freizeit trainierte Mario fleißig Hantelkniebeugen,<br />

Bankdrücken und Kreuzheben. 1993 und<br />

das Jahr darauf wurde er Thüringer Landesmeister<br />

im Bankdrücken.<br />

Nach einem Arbeitsunfall im Herbst 1995 war<br />

es zunächst ungewiss, ob Mario jemals wieder<br />

Kraftsport treiben kann: „Ich stürzte vom Dach<br />

und wurde aufgrund einer Querschnittlähmung<br />

sofort in die Zentralklinik Bad Berka eingeliefert“,<br />

berichtet er. Nach der Akutbehandlung folgten<br />

sieben Monate Reha in Kreischa. „Als ich endlich<br />

heimkehren durfte, begrüßten mich alle meine<br />

Freunde, um mit mir zu feiern“, erinnert sich Mario.<br />

Auch Partnerin Melanie stellte sich der Herausforderung:<br />

„Sie sagte mir damals, dass wir<br />

es trotz meines Handikaps gemeinsam schaffen<br />

werden, wenn wir beide nach vorn schauen.“ Melanie<br />

sollte Recht behalten. Kurz nach den Paralympics<br />

2000 kam Sohn Hans zur Welt. Mario: „Er<br />

hat brav bis zu meiner Rückkehr aus Australien<br />

gewartet.“ Im Sommer 2003 heiratete das Paar.<br />

Strenge Disziplin beim Essen<br />

In einer zweiten Umschulung sah der Sportler<br />

keine Perspektiven mehr. „Wir hatten beschlossen,<br />

ein neues barrierefreies Haus zu bauen. Als<br />

Fachmann übernahm ich natürlich bis Ende 1999<br />

selbst die Rolle des ‚Bauleiters’“, berichtet er. Bereits<br />

ein Jahr nach dem Unfall hatte er aber schon<br />

wieder im Heimatverein BFH e.V. zu trainieren<br />

begonnen und 1997 nahm er am Wettkampf für<br />

„aktive“, also nicht behinderte Gewichtheber auf<br />

Landesebene teil. Und gewann prompt die Thüringer<br />

Vize-Meisterschaft. „Die unteren Extremitäten<br />

werden ja bei diesem Sport nicht gebraucht“,<br />

unterstreicht Mario. Aufgrund unkontrollierbarer<br />

Spastiken muss er allerdings auf der Bank seine<br />

Beine fixieren lassen. „Die Muskelreflexe haben<br />

aber auch den Vorteil, dass sie die Rückbildung<br />

der Muskulatur verzögern und die Durchblutung<br />

der Beine anregen“, sieht es der Athlet positiv.<br />

Nicht zuletzt wohl deshalb kenne er einen Dekubitus<br />

zum Glück nur vom Hörensagen.<br />

1996 schloss sich Mario auch dem BiG (Basketball<br />

in Gotha) an, um parallel Rolli-Basketball zu spielen.<br />

Irgendwann erfuhr er, dass es im Deutschen<br />

Behindertensportverband e. V. eine Abteilung für<br />

Gewichtheber mit Handikap gibt, und nahm von<br />

nun an auch im Bad Wildunger Leistungszentrum<br />

an Leistungslehrgängen für Profis teil. Nach der<br />

Qualifikation auf mehreren Thüringer und Deutschen<br />

Meisterschaften startete er 1999 in Budapest<br />

für die Europameisterschaft und belegte mit<br />

einer Leistung von 175 kg den 8. Platz. Nur ein<br />

Jahr später erreichte Mario auf den Paralympics<br />

in Sydney den 11. Platz mit 192,5 kg.<br />

Neben weiteren Meistertiteln auf Landes- und nationaler<br />

Ebene gewann der Sportler auch auf zahlreichen<br />

Europa- und Weltmeisterschaften immer<br />

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<br />

sport sport


sport sport<br />

66<br />

wieder Plätze auf dem Siegertreppchen. Das setzt<br />

natürlich eiserne Disziplin voraus: „Ich trainiere<br />

regelmäßig in meinem Heimatverein“, berichtet<br />

Mario, der mittlerweile auch zum Vizepräsidenten<br />

des BFH e.V. Gotha gewählt worden ist. Alle zwei<br />

Wochen fährt er nach Frankfurt / Main, um sich<br />

unter Anleitung von Trainer und Physiotherapeut<br />

Thomas Mersdorf auf internationale Wettkämpfe<br />

vorzubereiten. Darüber hinaus nimmt der Sportler<br />

an mehreren Leistungslehrgängen in Bad Wildungen<br />

zusammen mit anderen behinderten Gewichthebern<br />

aus ganz Deutschland teil.<br />

Im Gegensatz zu anderen paralympischen Sportarten<br />

gibt es in der Disziplin Gewichtheben keine<br />

Schadensklassen, sondern man unterteilt die<br />

Leistungen in Gewichtsklassen. „Deshalb spielt<br />

die Art der Behinderung keine Rolle“, erklärt<br />

Mario. Weltweit gäbe es in jeder Gewichtsklasse<br />

wohl maximal zwei Querschnittgelähmte. Viele<br />

Gewichtheber mit Handikap seien hingegen<br />

an Polio erkrankt gewesen oder beinamputiert.<br />

„Das Wichtigste bei diesem Sport ist eine einwandfreie<br />

Greiffunktion“, so der Sportler. Neben<br />

ausdauerndem Training sei auch eine ausgewogene<br />

Ernährung ein Erfolgsfaktor. Mario: „Die<br />

Vollwertkost ist eine gute Grundlage. Gewichtheber<br />

sollten nicht zu fett essen und mit Zucker<br />

sparsam umgehen.“ Vor Belastungen sollte der<br />

Sportler allerdings mehr Kohlehydrate zu sich<br />

nehmen, danach sei eine eiweißbetonte Kost angesagt.<br />

„Insbesondere Neueinsteiger sollten aber<br />

nie ohne fachmännischen Rat ihren Speisezettel<br />

zusammenstellen“, empfiehlt Mario.<br />

Auf der Chinesischen Mauer<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Der 1. Platz auf der 2. Internationalen Meisterschaft<br />

in Thessaloniki Anfang des vorigen Jahres<br />

war für ihn das „Sprungbrett“ nach Peking. „In<br />

Griechenland erreichte ich mit 207,5 Kilogramm<br />

meine bis dahin persönliche Bestleistung, die ich<br />

im gleichen Jahr auf der Deutschen Meisterschaft<br />

des Deutschen Behindertensportverbands und<br />

dem Giessener Champions Cup (1. Platz) noch<br />

um 2,5 Kilogramm toppen konnte“, berichtet der<br />

Sportler. Am 25. Juni wurde ihm das Flugticket in<br />

das Reich der Mitte zugeschickt. „Nun wurde es<br />

ernst. Ich richtete mich auf einen regelmäßigen<br />

Tagesablauf ein und beschränkte mich auf das<br />

Wesentliche“, erinnert er sich. Als Mario dann im<br />

Fernsehen die Eröffnung der Olympischen Spiele<br />

sah, glaubte er sich schon fast dabei: „Es hat richtig<br />

gekribbelt. Die Show war wunderschön. So<br />

viel Perfektion hatte ich nie zuvor gesehen“, so<br />

der Sportler begeistert.<br />

Am 4. September startete er mit seinem Trainer<br />

in Frankfurt / Main. „Mein Start war für den 16.<br />

September geplant. Damit die Spannung nicht zu<br />

groß wird, hatte ich beschlossen, lieber so lange<br />

wie möglich zu Hause trainieren“, gibt Mario zu<br />

bedenken. Als das „Gespann“ einen Tag später<br />

in Peking Airport landete, wurde es durch hilfsbereite<br />

„Volunteers“ empfangen. „Die Organisation<br />

war so perfekt wie nirgendwo sonst“, erinnert<br />

sich der Sportler. Thomas Mersdorf hatte<br />

die Stadt schon zwei Jahre vorher besucht. „Er<br />

erkannte sie nicht wieder. Alles picobello sauber,<br />

die Häuser frisch gestrichen und die Menschen<br />

waren auf das große Ereignis eingestellt“, berichtet<br />

der Athlet. Einen Tag nach der Ankunft wurden<br />

die Sportler mit erdgasbetriebenen Bussen zum<br />

Stadion gefahren. Mario: „Es war ein toller Augenblick,<br />

als wir aus den ‚Katakomben’ heraus in<br />

das hell erleuchtete Stadion fuhren und von 90<br />

000 Menschen bejubelt wurden.“<br />

Das Olympische Dorf, das große Zeltrestaurant,<br />

in dem rund um die Uhr internationale Köstlichkeiten<br />

gereicht wurden, sowie die Vorbereitungsräume<br />

für die Sportler seien einfach perfekt gewesen:<br />

„Es gab sogar einen Ruheraum. So etwas<br />

hatte ich auf früheren paralympischen Spielen<br />

nicht gesehen“, schwärmt Mario. Die Chinesen<br />

seien sehr freundliche und fleißige Menschen:<br />

„Wir haben Kontakte mit vielen ‚Volunteers’ ge-


Die Verbotene Stadt kann man auch mit<br />

dem Rolli erleben.<br />

habt. Eine junge Frau sprach sogar akzentfrei<br />

deutsch, obwohl sie nie in Deutschland gewesen<br />

ist.“ Sämtliche Reisebusse, mit denen die Sportler<br />

Ausflüge unternahmen, seien mit Unterflurrampen<br />

ausgestattet gewesen. „Wir konnten sogar<br />

auf einer Rampe die Mauer hinauffahren, um von<br />

dort das wunderschöne Panorama zu genießen“,<br />

berichtet der Sportler.<br />

Chinesen wünschen sich<br />

gute Beziehungen<br />

Auch die „Verbotene Stadt“ sei auf Besucher mit<br />

Handikap eingerichtet: „Über Rampen kann man<br />

auch auf vier Rädern die Tempel befahren und<br />

dort, wo dies einfach nicht möglich war, hatte man<br />

Treppenkulis installiert.“ Richtig genießen konnte<br />

Mario die chinesische Gastfreundschaft allerdings<br />

erst nach dem Wettkampf. „Abends besuchten<br />

wir das ‚Deutsche Haus’, das ein Sponsor für die<br />

Teilnehmer der Paralympics eröffnet hatte. Nun<br />

war der Druck raus und das Freibier floss in Strömen“,<br />

berichtet Mario. Nach der Abschlussfeier<br />

am 17. September flogen die meisten Sportler in<br />

die Heimat zurück.<br />

Genau diesen Zeitpunkt hatten aber der Gothaer<br />

und sein Trainer abgewartet, um endlich China<br />

hautnah erleben zu können. „Zwei ‚Volunteers’<br />

– sie nannten sich ‚Catherine’ und ‚Alex’, weil wir<br />

ihre chinesischen Namen kaum hätten aussprechen<br />

können – zeigten uns die neue Sport-Universität<br />

mit vorbildlichen Anlagen. Auch begleiteten<br />

sie uns einen ganzen Tag lang durch Peking“,<br />

erinnert sich Mario. Abends besuchten sie ein<br />

Restaurant, um landesübliche Gerichte aus dem<br />

„Hot Pot“ zu genießen. „Wir kannten die beiden<br />

Freunde schon aus dem Trainingsraum. Jedes<br />

Mal, wenn wir uns sahen, überreichten sie uns<br />

kleine Geschenke“, berichtet der Sportler. Wer<br />

weiß, vielleicht geht Alex’ Traum, an der Kölner<br />

Sporthochschule zu studieren, irgendwann in Erfüllung.<br />

Auch Catherine hat ehrgeizige Pläne und<br />

würde gern Deutschland kennen lernen.<br />

Mario ist heute noch froh, dass ihn die beiden<br />

freundlichen jungen Leute begleitet haben: „In<br />

Peking spricht kaum jemand Englisch, noch nicht<br />

einmal die Taxifahrer“, hat er beobachtet. Nicht<br />

anders ist es in Shanghai, das wesentlich mehr<br />

vom Westen geprägt ist als die Hauptstadt: „Eine<br />

sehr beeindruckende Stadt mit ihren Hochhäusern<br />

und bis zu sechs Hochstraßen übereinander.“<br />

Trotz der modernen Verkehrswege gäbe es in den<br />

Rush hours regelmäßig ein Chaos. Mario und<br />

sein Trainer haben natürlich auch den Transrapid<br />

getestet: „Vierzig Kilometer von der Innenstadt<br />

zum Flugplatz für 4 €. Die hohe Geschwindigkeit<br />

von über 400 km/h nimmt man im Inneren dieses<br />

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68<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Zugs allerdings überhaupt nicht wahr“, staunt<br />

der Sportler.<br />

In Shanghai seien indessen noch nicht so viele<br />

Barrieren beseitigt worden wie in der Olympiastadt:<br />

„Wir sind problemlos im Aufzug des Oriental<br />

Pearl Tower hochgefahren. Aber die Stadt<br />

hat für Rollifahrer ihre Tücken.“ Mario blieb allerdings<br />

gelassen: „Ich wollte ja fünf Tage die<br />

Seele baumeln lassen und hab deshalb viel Zeit<br />

am Pool unseres Hotels verbracht.“ Das Hotel sei<br />

natürlich superkomfortabel gewesen. Dort war es<br />

auch nicht schwierig, sich zu verständigen. Aber<br />

außerhalb? „Die Concierges haben den Gästen<br />

chinesisch beschriftete Taxikarten gegeben, da-<br />

Eine Patientin berichtet:<br />

mit sie sicher ans Ziel kommen“, berichtet der<br />

Sportler. Nur einmal hatte er außerhalb des Olympischen<br />

Dorfs und des Hotels Gelegenheit, sich<br />

mit Einheimischen auf Englisch zu unterhalten:<br />

„Auf dem Weg zum Peking Airport trafen wir im<br />

Bus Volunteers. Sie hatten natürlich den Knatsch<br />

um den Kontakt Angela Merkels mit dem Dalai<br />

Lama mitbekommen und sagten mir, dass sie sich<br />

wieder bessere Beziehungen zwischen Deutschland<br />

und China wünschen.“<br />

www.mariohochberg.de<br />

Text: Reinhard Wylegalla<br />

Fotos: Privat<br />

Rollstuhlbasketballturnier<br />

in Herdecke<br />

Das 18. Rollstuhlbasketballturnier am Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Herdecke war ein voller Erfolg. Neben<br />

dem sportlichen Ereignis fand sich Gelegenheit zum<br />

sozialen Austausch und für manches Wiedersehen.<br />

Für Verpfl egung war gesorgt und die Sportler und ihre<br />

Fans brachten jede Menge gute Stimmung mit.<br />

E<br />

ine Patientin berichtet: „Viele waren der netten<br />

Einladung von Annette Grave gefolgt. Schon früh<br />

am Morgen (8 Uhr) trafen sich viele Helfer um<br />

Brote zu schmieren und zu verzieren. Außerdem<br />

mussten Tische und Stühle geschleppt und die<br />

Halle für den Spielbetrieb vorbereitet werden.<br />

Um 14 Uhr begann dann das Rollstuhlbasketballturnier<br />

des Gemeinschaftskrankenhauses<br />

Herdecke, an dem jeder Interessierte teilnehmen<br />

konnte. Es hatten sich vor Ort Patienten, Pfl eger,<br />

Therapeuten, Gäste und aktive Spieler gefunden,<br />

aus denen 8 Mannschaften entstanden. Sie gaben<br />

sich phantasievolle Namen wie „Kosmosfl itzer“,<br />

„Silberpfeile“, „Nursing Wheels“, „Friseure 4<br />

West“ und „Sitting Squaws“. Als Gastmannschaft<br />

konnten die Spieler aus Vollmarstein begrüßt werden.<br />

Die 8 Mannschaften wurden in 2 Gruppen<br />

aufgeteilt, 4 Mannschaften spielten gegeneinander<br />

– jeweils 10 Minuten. Es gab ein Halbfi nale<br />

und ein Endspiel.<br />

Viele Besucher und Gäste sowie ehemalige Patienten<br />

säumten das Spielfeld, um die Spieler<br />

anzufeuern Besonderer<br />

Applaus galt den 22 Kindern,<br />

die zum ersten Mal<br />

spielten und einen riesigen Spaß dabei hatten.<br />

Die Atmosphäre war locker und fröhlich. Wir – die<br />

Sitting Squaws – begannen mit dem ersten Spiel<br />

und mussten schon bald feststellen, dass wir einen<br />

starken Gegner hatten. Wir spielten gegen<br />

die Friseure, die in ihren originellen Umhängen<br />

von ihren zahlreichen Fans lautstark angefeuert<br />

wurden. Dieser Übermacht waren wir nicht gewachsen<br />

und das Spiel ging trotz unseres ganzen<br />

Einsatzes verloren. Das Endspiel und damit den<br />

Turniersieg entschieden die “Nursing Wheels”<br />

für sich, den zweiten Platz belegte die Patientengruppe.<br />

Die engagierte Trainerin der Rollstuhlsportgruppe,<br />

Annette Grave, verlieh mit einer netten Ansprache<br />

die gespendeten und hübsch verpackten<br />

Preise an die Teilnehmer. Zum Abend hin schloss<br />

sich ein gemütliches Beisammensein an. Es<br />

stand ein reichhaltiges Büffet bereit, das aus Kuchenspenden,<br />

Salaten und der vom Krankenhaus<br />

bereitgestellten Suppe mit belegten Broten bestand.<br />

Viele ehemalige Patienten tauschten sich<br />

aus und freuten sich wieder zu sehen.“<br />

Auch im nächsten Jahr soll es wieder ein Rollstuhlbasketballturnier<br />

am Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Herdecke geben und es wäre schön,<br />

wenn alle Beteiligten dabei wieder so viel Spaß<br />

haben werden, wie dieses Jahr.


Barrierefrei Planen – Bauen – Wohnen<br />

Neue Messe und professionelle<br />

Beratungsangebote<br />

Wohnen ist menschliches Grundbedürfnis. Und wirft doch manchmal<br />

Fragen auf – erst recht, wenn eine Körperbehinderung beim Planen,<br />

Bauen oder Einrichten einer Wohnung berücksichtigt werden muss.<br />

Qualifi zierte Hilfe kann hier sehr nützlich sein.<br />

I<br />

n der ARGE Bauen und Umwelt der FGQ steht<br />

Dirk Michalski ein kompetenter Ansprechpartner<br />

(selbst Architekt und Rollstuhlfahrer) zur Verfügung.<br />

Die ARGE Bauen und Umwelt möchte in<br />

erster Linie dem noch häufi g bestehenden Informationsdefi<br />

zit bezüglich Barrierefrei Bauen bzw.<br />

Planen und der damit verbundenen Umweltgestaltung<br />

abhelfen. Wobei sich der Begriff „Barrierefrei“<br />

auf alle Behinderungen bezieht und allen<br />

Menschen zugute kommen soll. „Es hat sich gezeigt,<br />

dass die vorhandenen Informationen und<br />

Ressourcen (Fachplaner) häufi g aus Unkenntnis<br />

nicht abgerufen werden. Wo dies wissentlich<br />

nicht berücksichtigt wird, gilt die aktive Einmischung!<br />

Anfragen aller Art, von Betroffenen und<br />

Interessierten (aus welchen Gründen auch immer)<br />

werden so weit wie möglich bearbeitet. Innerhalb<br />

der ARGE werden fachspezifi sche Informationen<br />

gesammelt und zur Verfügung gestellt. Darüber<br />

hinaus wird an der weiteren Verbreitung und stetigen<br />

Verbesserung der bestehenden Literatur<br />

und der DIN Normen gearbeitet.“<br />

In der ARGE Barrierefrei Leben (Kooperationspartner<br />

der FGQ) bietet der Verein „Barrierefrei<br />

Leben e.V.“ deutschlandweit eine kostenlose<br />

Wohnberatung per Internet an. Das Wohnberatungsportal<br />

richtet sich an Menschen, die ihre<br />

Wohnsituation aufgrund von körperlichen Einschränkungen,<br />

z.B. Querschnittlähmung verändern<br />

müssen und dazu Informations- und Beratungsbedarf<br />

haben. Die Onlineberatung umfasst<br />

Unterstützung bei der Suche nach Hilfsmitteln<br />

für die Wohnung, Vorschläge für Wohnungsumbau<br />

bzw. Wohnungsanpassung sowie Sichtung<br />

von Plänen für den barrierefreien Hausbau. Für<br />

die Beratungsanfragen über das Internet wurden<br />

einfache Formulare entwickelt, die es den Rat<br />

suchenden erleichtern, übersichtlich und schnell<br />

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Planungsbüro Peters<br />

Bauen und Wohnen ganz ohne Barrieren<br />

Wir stehen Ihnen zur Seite, wenn Sie Ihren Wohnraum<br />

barrierefrei gestalten möchten oder einen Neubau planen.<br />

Schwellenlose Bäder, rollstuhlgerechte Eingänge und behindertengerechte<br />

Aufzüge, wir erarbeiten speziell für Ihr Handicap<br />

die richtigen Lösungen.<br />

Wir begutachten Ihre Wohnung und entwickeln in Abstimmung<br />

mit den Betroffenen individuelle Wohnkonzepte, die<br />

ein möglichst eigenständiges Leben in den eigenen vier<br />

Wänden ermöglichen. Wir planen Ihren barrierefreien Lebensraum<br />

und begleiten Sie von der ersten Idee bis zum<br />

Einzug in Ihr neues Heim.<br />

Gemeinsam wird es uns gelingen, Ihre Wohn- und Lebenssituation<br />

deutlich zu verbessern und Ihr Lebensumfeld barrierefrei<br />

zu gestalten. Vertrauen Sie unserer langjährigen<br />

Erfahrung.<br />

Wir stehen an Ihrer Seite!<br />

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Zum Rohland 8 | 59872 Meschede<br />

Fon +49 (0) 291 908 749 - 0 | Fax +49 (0) 291 908 749 - 29<br />

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70<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

ihre Problemlagen zum Wohnen darzustellen. Die<br />

Rat suchenden bekommen durch die Experten von<br />

Barrierefrei Leben individuelle Lösungsvorschläge<br />

per E-Mail zugesandt.<br />

Zwei bewährte und eine neue Messe<br />

Informationen kann man selbstverständlich auch<br />

bei den einschlägigen Fach-/Publikumsmessen<br />

einholen, etwa bei der Rehab (7. bis 9. Mai <strong>2009</strong> in<br />

Karlsruhe) oder der Rehacare (14. bis 17. Oktober<br />

<strong>2009</strong> in Düsseldorf), die schon in den letzten Jahren<br />

ihr Profil in punkto „Barrierefreies Wohnen“<br />

geschärft und zusätzliche Angebote aufgenommen<br />

haben. Eine neue Publikumsmesse dieser Art<br />

hat vergangenen Herbst eine erfolgreiche Premiere<br />

hingelegt und steht bereits wieder am Start<br />

für eine Neuauflage (19. bis 21. November <strong>2009</strong> in<br />

Augsburg).<br />

Gut 2 000 Besucher nutzten letzten September die<br />

neue fachliche Orientierungsplattform in der Messe<br />

Augsburg. Deutschlands erste Kongressmesse<br />

für Barrierefreies Bauen, Wohnen und Design<br />

überzeugte durch ein umfassendes Angebot und<br />

kompetent besetzte Kongress- und Forumsbeiträge,<br />

was durch das positive Fazit der rund 60<br />

beteiligten Firmen, Institutionen und Verbände<br />

unterstrichen wird. In enger Abstimmung mit den<br />

Kompetenzpartnern entwickelten die Veranstalter<br />

jetzt ein optimiertes Konzept, wodurch vor allem<br />

parallel laufende Veranstaltungen weitestgehend<br />

vermieden werden. Künftig wird es für jeden Tag<br />

ein übergreifendes Thema geben. So ist der erste<br />

Tag dem Thema „Öffentlicher Raum und Tourismus“<br />

gewidmet, am 20. November folgt „Wohnen<br />

im Alter“ und am letzten Veranstaltungstag steht<br />

„Design für alle“ im Mittelpunkt. Bis Juni soll das<br />

komplette Kongressprogramm zur Verfügung stehen.<br />

„Mit der b_free sind wir unserem Ziel, die Barrieren<br />

in den Köpfen der Menschen abzubauen,<br />

ein gutes Stück näher gekommen“, gab Claudita<br />

Sommer, Sozialverband VdK Bayern, anlässlich<br />

der b_free 2008 zu Protokoll.<br />

Beratung und Datensammlung<br />

Aber auch zahlreiche Verbände und Organisationen<br />

haben sich dem Thema verschrieben. Hier<br />

einige Beispiele: Im Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung<br />

haben sich kompetente Fachleute des<br />

Bauwesens zusammengeschlossen, die den Arbeitskreis<br />

als neutrale Plattform zum Thema „Bauen<br />

im Bestand“ verstehen, deren Ziel es ist, die Erfahrungen<br />

aller Mitglieder und Partner intelligent<br />

zu vernetzen. Die Bayerische Architektenkammer<br />

hat bereits 1984 unter dem Namen „Planen und<br />

Bauen für alte und behinderte Menschen“ eine Beratungsstelle<br />

in München eingerichtet. Seit 1989<br />

gibt es auch eine Beratungsstelle in Nürnberg. Die<br />

Beratungsstelle bietet seit 2000 unter dem Namen<br />

„Beratungsstelle Barrierefreies Bauen“ allen am<br />

Bau Beteiligten – Bauherren, Architekten, Verwaltungen,<br />

Sonderfachleuten und den Nutzern selbst<br />

– eine Fach übergreifende Beratung. Dabei geht es<br />

um Fragen zu Um- und Neubau im Wohnungsbau,<br />

zu öffentlichen Bauten sowie zu Maßnahmen im<br />

öffentlichen Raum. Neben der fachlichen Beratung<br />

findet auch eine begleitende Sozialberatung statt,<br />

in der auch finanzielle Förderungsmöglichkeiten<br />

behandelt werden. Wie durch meist kleinere baulich-technische<br />

Maßnahmen bestehende Wohnungen<br />

an die Bedürfnisse älterer oder behinderter<br />

Menschen angepasst werden können, will die<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung<br />

aufzeigen. Ziel ist es, den selbständigen Haushalt in<br />

dieser Wohnung zu erhalten. Regionale Ansprechpartner<br />

agieren als Informationsverteiler und als<br />

Verbindungsglied zwischen den Beratungsstellen,<br />

Institutionen und der Bundesarbeitsgemeinschaft.<br />

Eine wichtige Aufgabe der Beratung liegt im Er-


kennen des Problems, der Motivation der<br />

Betroffenen und in der Suche nach individuell<br />

angemessenen Lösungsmöglichkeiten.<br />

In seinem Projekt „REHADAT“ sammelt<br />

und veröffentlicht das Institut der deutschen<br />

Wirtschaft in Köln Informationen zu den<br />

Themen Behinderung, Integration und Beruf.<br />

Alle Informationen gibt es kostenlos im<br />

Internet unter www.rehadat.de oder auf CD-<br />

ROM. Mehr als 86 000 Texte und 20 000 Bilder<br />

stehen in REHADAT zur Verfügung. Die<br />

Datenbank enthält Auswertungen von Veröffentlichungen<br />

in Büchern, Fachzeitschriften,<br />

Grauer Literatur, Forschungsberichten,<br />

Online-Publikationen oder audiovisuellen<br />

Medien. Unter anderem kann man dort alle<br />

bisher erschienenen Artikel aus der Serie<br />

„Barrierefrei Planen – Bauen – Wohnen“ aus<br />

der Zeitschrift „B“ abrufen und nachlesen<br />

oder abspeichern bzw. ausdrucken.<br />

Text: Raimund Artinger<br />

Fotos: b_free Messe Augsburg<br />

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Barrierfreie HUGA-Türen erleichtern mit<br />

neu durchdachten Lösungen den Alltag.<br />

Ob mit automatischem Antrieb oder<br />

speziell angepassten Griffen, sie bieten<br />

damit mehr Lebensqualität für alle<br />

Menschen. Dafür garantiert auch die<br />

Mitgliedschaft in der Initiative LoB-<br />

Leben ohne Barrieren.<br />

Kontakte<br />

Fordern Sie weitere Informationen an: architektenservice@huga.de<br />

FGQ:<br />

ARGE Bauen und Umwelt,<br />

Im Hohnsiefen 1,<br />

53819 Neunkirchen,<br />

Dirk Michalski,<br />

tel 0 22 47-60 70,<br />

www.dirkmichalski.de<br />

ARGE Barrierefrei Leben,<br />

Richardstraße 45,<br />

22081 Hamburg,<br />

Wohnberatungsportal<br />

www.online-wohn-beratung.de<br />

Fach-/Publikumsmessen:<br />

b_free, Messezentrum Augsburg,<br />

www.bfree-messe.de<br />

Rehab, Neue Messe Karlsruhe,<br />

www.rehab-messe.de<br />

Rehacare, Messe Düsseldorf,<br />

www.rehacare.de<br />

HUGA · Hubert Gaisendrees GmbH & Co. KG · Osnabrücker Landstraße 139 · 33335 Gütersloh<br />

Tel. +49 (0) 5241/ 973-0 · Fax +49 (0) 5241/ 973-160 · info@huga.de · www.huga.de<br />

bauen & wohnen<br />

Datenbank:<br />

Rehadat Datenbank Literatur,<br />

Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />

e.V., www.rehadat.de<br />

Verbände/Organisationen:<br />

BAKA – Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung<br />

e.V.,<br />

Elisabethweg 10, 13187 Berlin,<br />

tel 0 30-4 84 90 78 55,<br />

www.altbauerneuerung.de<br />

Bayerische Architektenkammer e.V.,<br />

Beratungsstelle Barrierefreies Bauen,<br />

Waisenhausstraße 4,<br />

80637 München,<br />

tel 0 89-13 98 80 31,<br />

www.byak-barrierefrei.de<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Wohnungsanpassung e.V.,<br />

Mühlenstraße 48, 13187 Berlin,<br />

tel 0 30-47 53 17 19,<br />

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markt<br />

72<br />

REHAB <strong>2009</strong> in Karlsruhe:<br />

Marktplatz<br />

der Neuheiten<br />

Was gibt es Neues in Therapie und Rehabilitation, wohin geht die Entwicklung in der<br />

medizinischen Versorgung und bei den orthopädische Hilfsmitteln? Eine Antwort auf diese und<br />

noch viele andere Fragen möchte vom 7. bis 9. Mai die REHAB <strong>2009</strong> geben. Praktisch alle namhaften<br />

Hersteller und Markt führenden Anbieter aus dem gesamten Sortimentsspektrum werden<br />

dort vertreten sein, dazu noch jede Menge Organisationen wie Selbsthilfegruppen, Berufsbildungswerke,<br />

Freizeitveranstalter oder Beratungseinrichtungen.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Gegenüber der Vorveranstaltung von vor zwei<br />

Jahren ist das Angebot noch einmal um weitere<br />

zehn Prozent angewachsen – und das trotz<br />

Gesundheitsreform und Weltwirtschaftskrise.<br />

An die 600 Aussteller werden an den drei Messetagen<br />

ihre Produkt- und Serviceleistungen<br />

präsentieren. Und selbstverständlich wird auch<br />

wieder ausgiebig Gelegenheit zum Testen und<br />

Ausprobieren sein. In den großzügigen Räumlichkeiten<br />

der Karlsruher Neuen Messehallen<br />

und auf dem weitläufigen Freigelände ist ausreichend<br />

Platz für die Einrichtung zahlreicher<br />

Aktionsflächen für Fahrrad-, Rolli- oder einen<br />

Autoparcours.<br />

Der am Oberrhein beheimatete private Rundfunksender<br />

„Radio Regenbogen“ wird wieder<br />

auf seiner Aktionsbühne täglich Unterhaltung<br />

und Informationen anbieten. Erstmals wird auf<br />

einer Aktionsfläche mit dem Namen „Brave Art“<br />

eine Initiative zur Förderung talentierter junger<br />

Künstler mit Behinderungen deren Kunstfertigkeiten<br />

präsentieren. Erheblich ausgeweitet<br />

wurde für dieses Jahr das „Forum Beruf“. Es<br />

versteht sich als Kompetenz-Zentrum für alle<br />

Fragen der beruflichen Rehabilitation und qualifizierten<br />

Aus-, Fort- und Weiterbildung.<br />

Andere Schwerpunkte, die bereits in den letzten<br />

Veranstaltungen Premiere hatten, erleben<br />

ebenfalls eine Aufwertung durch neue Aussteller<br />

und ein noch umfassenderes Angebot. Dazu<br />

gehören „Barrierefreies Bauen & Wohnen“,<br />

„Freizeit & Reise“ oder „Hilfe durch Selbsthilfe“.<br />

Daneben gibt es wieder bewährte Sonderausstellungen<br />

und Gemeinschaftspräsentationen:<br />

„Marktplatz Gehirn“, „rehaKIND“ oder<br />

eine Gemeinschaftspräsentation der in der LAG<br />

Selbsthilfe zusammengeschlossenen Vereinigungen.<br />

Die REHAB ist der Branchentreff im süddeutschen<br />

Raum und angrenzenden europäischen Ländern.<br />

Bewährte Marktführer und kleine, innovative<br />

Newcomer präsentieren interessante Hilfsmittel<br />

und Dienstleistungen aus den Bereichen:<br />

• Mobilität<br />

• Aktiver Reha-Sport und Bewegung<br />

• Freizeit und Reisen<br />

• Barrierefreies Bauen und Wohnen<br />

• Medizinische Rehabilitation<br />

• Rehabilitative Prävention<br />

• Kinder- und Jugendrehabilitation<br />

• Berufliche Rehabilitation<br />

• Berufliche Qualifikation<br />

• soziale Kommunikation<br />

• Hilfe und Selbsthilfe<br />

Wie schon in den letzten Jahren werden während<br />

des gesamten Veranstaltungszeitraumes neben<br />

zahlreichen Foren wieder viele Sonderveranstaltungen,<br />

Seminare und Kongresse durchgeführt,<br />

deren Themen bei Redaktionsschluss noch nicht<br />

vollständig feststanden. In der Aktionshalle und<br />

auf dem großen Freigelände laden zahlreiche Hersteller<br />

und Verbände die Besucher zur aktiven Teilnahme<br />

am bunten Rahmenprogramm ein.<br />

Mit diesem Angebot hat sich die REHAB in den<br />

32 Jahren ihres Bestehens als eine der weltweit<br />

führenden und größten Fachmessen für Rehabilitation<br />

etabliert. Schon 2007 konnten sowohl bei<br />

den Besucher- als auch bei den Ausstellerzahlen


enorme Zuwachsraten registriert werden. Die Veranstalter<br />

werten dies als ein eindeutiges Votum<br />

der Aussteller und Besucher für eine starke, internationale<br />

Messe im Süden Deutschlands.<br />

Das Gesicht der Besucher der REHAB habe sich<br />

in den letzten Jahren gewandelt, schreiben die<br />

Veranstalter. Die Zahl der Betroffenen und deren<br />

Betreuer, die sich aktiv informieren und zur Erreichung<br />

einer besseren Lebensqualität auch privat<br />

in Hilfsmittel und Dienstleistungen investieren,<br />

sei sehr stark gewachsen. Diese von einem neuen<br />

Selbstbewusstsein geprägte Personengruppe<br />

entscheidet selbst und macht inzwischen über 30<br />

% aller REHAB-Besucher aus.<br />

Gut zwei Drittel aller Besucher sind Fachleute<br />

aus medizinischen und therapeutischen Berufen<br />

sowie aus der Pflege. Sie wollen sich mit ihrem<br />

Besuch über die neuesten Entwicklungen und<br />

Möglichkeiten zur Unterstützung ihrer Patienten<br />

informieren. Sie sind die entscheidenden Multiplikatoren<br />

für den Einsatz und die Verschreibung<br />

von Hilfs- und Heilmitteln. Die REHAB ist für sie<br />

einer der wichtigsten Treffpunkte zum Erfahrungsaustausch<br />

zwischen Herstellern, Therapeuten und<br />

Betroffenen. Hier ergeben sich unter dem immer<br />

größer werdenden Zwang zur Kosteneinsparung<br />

neue Impulse für eine erfolgreiche Rehabilitation<br />

und Integration bei gleichzeitiger Verbesserung<br />

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der Lebensqualität für die Menschen mit Behinderung.<br />

Die REHAB <strong>2009</strong> findet statt in dem absolut ebenerdigen,<br />

klar gegliederten und barrierefreien Messegelände<br />

der Neuen Messe Karlsruhe mit mehr<br />

als 4 000 ebenerdigen Parkplätzen direkt neben<br />

den Messehallen.<br />

www.rehab-messe.de<br />

Text: Raimund Artinger<br />

Fotos: Anbieter<br />

Daten & Fakten<br />

Messe Karlsruhe • Messeallee 1 • 76287 Rheinstetten<br />

Anreise mit dem Auto: Von der A5/A8 Ausfahrt Nr. 48<br />

Karlsruhe-Süd, auf die B3 Richtung Rheinstetten,<br />

erste Abfahrt auf die L 566/L606 Richtung Rheinstetten-<br />

Mörsch, auf die B 36 in Richtung Karlsruhe.<br />

Die A 65 geht direkt über in die B10, Ausfahrt Nr. 8<br />

Karlsruhe-Mühlburg Richtung B36, nach 1,3 km an der<br />

Kreuzung rechts auf die B36, nach 4,5 km erreichen<br />

Sie die Messe Karlsruhe.<br />

Anreise mit der S-Bahn: Stadtbahn S2 Richtung<br />

Rheinstetten,<br />

Haltestelle Leichtsandstr./Messe.<br />

Anreise mit der Bundesbahn: Hauptbahnhof Karlsruhe<br />

mit kostenlosem Bustransfer zur Messe.<br />

Eintrittspreis: 10 €, ermäßigt fünf. Gutscheine für ermäßigten<br />

Eintritt können unter www.rehab-messe.de<br />

online bestellt werden. Dieser wird sofort auf den<br />

Namen des Bestellers ausgestellt und kann ausgedruckt<br />

werden. An der Veranstaltungskasse wird<br />

gegen Vorlage dieses Gutscheines eine ermäßigte<br />

Tageskarte ausgegeben.<br />

markt


freizeit<br />

74<br />

Flugzeug, Auto oder Schiff?<br />

Unsere kleine Serie über ferngesteuerte Spielzeuge für Erwachsene beschränkt<br />

sich auf elektrisch angetriebene Modelle, die in Betrieb und Wartung benutzerfreundlicher<br />

und beim Spiel deutlich umweltschonender sind als Verbrenner-<br />

Modelle. Was gibt es für Spielsachen für den infantil gebliebenen, erwachsenen<br />

Menschen? Wie verträgt sich jede einzelne Modellsparte mit dem Rollstuhlfahrerdasein?<br />

Wer meint im Modellbau spiele eine eingeschränkte Mobilität<br />

doch nun wirklich keine Rolle, setzt rasch Hunderte EURO in den Sand. Möchte<br />

man ein Modell outdoor betreiben, offenbart sich, wo überall allein der Rollstuhl<br />

dem ungetrübten Spiel im Weg steht.<br />

Kaum jemand wird völlig orientierungslos zum<br />

Händler gehen und „irgendwas zum Fernlenken“<br />

verlangen. Das Interesse am Modellsport<br />

erwächst meist über das Interesse an einem<br />

bestimmten Modell. Dem Rennboot für den<br />

Adria-Urlaub. Einer Pistenraupe für den Winter.<br />

Zunächst gilt es, die recht klare Entscheidung<br />

zu treffen zwischen Boden-, Wasser- und Luftfahrzeug.<br />

Auch für den ausgefuchsten Stubenhocker<br />

ist heutzutage gesorgt: Vom U-Boot fürs<br />

Aquarium, über den Heli fürs Wohnzimmer bis<br />

zum Miniauto fürs Kinderzimmer gibt es reichlich<br />

fernlenkbares Spielzeug für Drinnen.<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Ferngelenkte Modelle (1):<br />

Weiter muss ich mich fragen: Möchte ich ein<br />

teures, so genanntes Scale-Modell oder nur<br />

ein Zweckmodell? „Scale“ bedeutet Nachbau<br />

eines real existierenden Vorbildes bis zur letzten<br />

Niete hinab. Der Scaler investiert zahllose<br />

Arbeitsstunden und viele Euros, damit sein ehemals<br />

makelloses Modell genauso ramponiert<br />

daherkommt wie das Vorbild. Der Nicht-Scaler<br />

möchte ein funktionierendes Gerät – Optik und<br />

Realitätsnähe interessieren ihn kaum. Hauptsache<br />

das Boot ist schnell, der Heli kunstflugtauglich,<br />

der Segler groß.<br />

Die Frage, welches Modell meinen Wünschen<br />

gerecht wird, klärt sich zusammen mit einem<br />

erfahrenen Händler. Welchen Autotyp möchte<br />

man fernlenken, wenn man sich für die Kategorie<br />

Bodenfahrzeug entschieden hat? Einen<br />

LKW oder lieber einen schnellen 4-WD-Buggy?<br />

Möchte man mit einem großen Fischkutter über<br />

den See tuckern oder lieber mit dem Rennboot<br />

Schwimmer gefährden? Welche Größe soll mein<br />

Modell haben? Werde ich nur mit einem 6-Meter-Segler<br />

glücklich oder gefallen mir die Flugeigenschaften<br />

eines 1-Meter-Motorflugzeuges<br />

besser? Dazu stellt sich die Frage:<br />

Was kann ich?<br />

Wer sagt, schön und gut, spielen tät’ ich ja<br />

schon gern, aber ich habe keinerlei technisches<br />

Verständnis, kein handwerkliches Geschick und<br />

zusammenbauen möchte ich schon gar nichts,<br />

den kann ich trösten: Für jeden Wunsch findet<br />

sich eine nahezu fertig aufgebautes Modell.<br />

Dann heißt es nur noch: Akku laden, rausrollen<br />

und spielen. Der Amateur-Bastler kann Modellbau<br />

heute auch als ein Zusammenstecken,<br />

-schrauben und -kleben vorgefertigter Bauteile


etreiben. Man benötigt keine Maschinenbauausbildung<br />

und keine Werkstatt. Meist liegen<br />

detaillierte Bauanleitungen bei.<br />

Nicht der Zusammenbau ist jedoch relevante<br />

Hürde im Modellsport. „Rumschrauben“ kann<br />

man auch im Rolli. Für das Lenken eines Automodells<br />

benötigt man keine Vorkenntnis, keine schulende<br />

Vorbereitung. Alle Fluggeräte hingegen erfordern<br />

ein Training, BEVOR man das erste Mal<br />

fliegt. Möchte ich mich aber wirklich so intensiv<br />

meinem neuen Hobby widmen?<br />

Was passt zu mir?<br />

Ein Auto fährt nahezu überall, zu jeder Jahreszeit,<br />

bei nahezu jedem Wetter. Das Boot benötigt Wasser,<br />

Flugmodelle einen geräumigen (Flug-)Platz<br />

mit zahlreichen Kriterien. Erreiche ich diesen<br />

See, diese Wiese? Oder würde das Modell nur zu<br />

Hause herumstehen, weil man sich die Mühe des<br />

Outdoor-Spieles fernab der Wohnung nicht antun<br />

wird?<br />

Oft entdeckt man das Modell mit dem man sich<br />

am wohlsten fühlt erst durch Experimente in der<br />

Praxis. Obwohl man mit Überzeugung und Erfolg<br />

den Heliflug anpeilte, fühlt man sich vielleicht<br />

überraschender Weise im Eckchen „Motorsegler“<br />

plötzlich viel heimischer. Weil man das entspannte<br />

Kreisen mit den Vögeln – vormals als total langweilig<br />

abgetan – nun doch der ständig Konzentration<br />

erfordernden Steuerung eines Helis vorzieht.<br />

Apropos Aufwand. Natürlich muss man sich die<br />

Frage stellen: Was passt zu meinem Geldbeutel?<br />

Einfache Modelle, mit denen man durchaus Spaß<br />

haben kann, gibt es heute inklusive Fernsteuerung<br />

schon für unter 100 €. Wer in den Modellbau<br />

tiefer einsteigen möchte, wird mehrere hundert<br />

€ in die Grundausstattung investieren müssen.<br />

Flugzeuge und Helikopter reichen bis in die Preisklassen<br />

von mehreren tausend € hinauf.<br />

Grundsätzlich benötigt man eine Fernsteuerung,<br />

einen Empfänger, verschiedene Servos, die die<br />

Steuerimpulse im Modell umsetzen. Die meisten<br />

Modelle benötigen eine Antriebseinheit, die<br />

über einen Fahrtenregler mit einer Energiequelle<br />

(Akku) verbunden ist. Nicht zuletzt benötigt man<br />

das Modell selbst. Hinzu kommt eine gewisse Peripherie<br />

aus Ersatzteilen, Werkzeugen, Ladegeräten.<br />

Für Flugmodelle ist teils zusätzliche Elektronik<br />

und Spezialwerkzeug zur Trimmung nötig. So genannte<br />

„Starter-Kits“ liefern alles aus einer Kiste.<br />

Oftmals sind solche Fernsteuerungen allerdings<br />

nur mit diesem einen Modell kompatibel. Ein<br />

guter Händler stellt ein individuelles „Starter-Kit“<br />

aus austauschbaren Komponenten zusammen.<br />

Die Bestellung per Internet mag vorteilhaft erscheinen<br />

– bei Problemen steht man allerdings<br />

allein in der Wüste. Ein Händler vor Ort kann die<br />

Kundenwünsche konkret in ein existentes Modell<br />

umsetzen. Wer zugibt zwar ungefähr zu wissen<br />

was er will aber keine Ahnung von der Materie<br />

zu haben, der wird vom Fachhändler eine solide<br />

Fernsteuerungen, vom Spielzeug<br />

bis zur Computer-<br />

Ausführung.<br />

Auch Akkus<br />

gibt’s in vielerlei<br />

Ausführung.<br />

freizeit<br />

PARAPLEGIKER 1/09 75


freizeit<br />

76<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Ausgangsbasis an Ausrüstung und Information<br />

erhalten. Ein fairer Händler wird dabei auch Illusionen<br />

zerstören, ganz hart drauf hinweisen,<br />

dass etwa Helifliegen keine Sache ist, die man an<br />

einem Nachmittag lernt, dass sich die Kundenvorstellung<br />

vom ferngesteuerten Auto mit dem<br />

zur Verfügung stehenden Budget womöglich einfach<br />

nicht realisieren lässt.<br />

Was hat die Behinderung<br />

damit zu tun?<br />

Großes<br />

Auto,<br />

kleines<br />

Modell.<br />

Eine Körperbehinderung setzt Grenzen. Bei der<br />

Erreichbarkeit und Benutzbarkeit eines geeigneten<br />

Spielplatzes, dem Transport des Modell<br />

dort hin und bei der Frage nach der Befähigung<br />

zur Bedienung des Modells. Ein Auto fährt vor der<br />

Haustüre – das Boot benötigt Wasser. In dieses<br />

muss man das Modell einsetzen können. Der Kutter<br />

bleibt schnell mal im Schilf des Uferbereichs<br />

hängen. Wie will der Rollifahrer ihn bergen? Ein<br />

Flugmodell benötigt reichlich Platz. Ein Flugzeug,<br />

das dem Anfänger in den Wald entfleucht muss<br />

er – ohne fremde Hilfe – als Totalverlust abschreiben.<br />

Wie bekomme ich mein Modell zum ausgewählten<br />

„Einsatzort“? Rucksäcke erweisen sich rasch<br />

als zu klein. Der Rolli allein ist in den meisten Fällen<br />

überfordert, weil man auch Fernsteuerung, Akkus<br />

und Werkzeug mitnehmen muss. Ein Handbike<br />

mit zwei Satteltaschen<br />

muss<br />

schon sein<br />

(ein Minitrac<br />

mit<br />

Transportkiste<br />

ist<br />

auch nicht<br />

schlecht; Anm.d.Red.). Wer<br />

im Pkw zum „Einsatzort“ fährt,<br />

muss die Einzelteile noch die letzten Meter<br />

im Handbetrieb transportieren können…<br />

Nicht jede Behinderung lässt die selbstständige<br />

Steuerung eines jeden Modells zu. Für den Helikopterflug<br />

z.B. benötigt man eine sehr verlässliche,<br />

rasche Kopplung dieser Feinmotorik mit<br />

den visuellen Außenreizen, die zu erlernen der<br />

Gesunde Wochen benötigt, zu beherrschen Monate<br />

der Übung braucht. Funktionsstörungen in<br />

der Greiffunktion, starke Fehlsichtigkeit, Spastik<br />

Transportaufgabe gelöst: Autor mit Flieger.<br />

und andere Späße des behinderten Körpers können<br />

dem Modellbauer die Flugtauglichkeit rauben.<br />

Besonders der Rollstuhlfahrer muss also das<br />

was er bedienen und transportieren kann gegen<br />

seine Wunschvorstellungen abwägen.<br />

Trotz alledem ist Modellbau ansprechender als<br />

Wachskerzengießen oder Wände-Anstarren. Er<br />

schult das technische Verständnis, bietet später<br />

die Chance, den Stubenhocker zu konstruktivem<br />

Spiel aus der Bude zu locken. Eingeschränkte motorische<br />

Fähigkeiten der Hände lassen sich über<br />

den Ehrgeiz, das Modellflugzeug DOCH irgendwann<br />

vielleicht selbst lenken zu können motivierter<br />

schulen, als über übliches medizinisches<br />

Greiftraining. Besonders die Fliegerei erzwingt<br />

nahezu den interaktiven Kontakt zu anderen Menschen,<br />

anderen Modellpiloten, bewirkt damit eine<br />

gewisse soziale Integration, da Austausch und gegenseitige<br />

Hilfestellung hier sehr wichtig sind.<br />

Vereine, Clubs und<br />

Versicherungen<br />

Schon mit einem Boot kann man einem Schwimmer<br />

ein Auge ausrammen. Der Ein-Meter-Flieger<br />

kann Personenschäden verursachen. Der Modellhelikopter<br />

kann einen Menschen schwer verletzen.<br />

Deshalb besteht Versicherungspflicht für<br />

ALLE Modellpiloten in Deutschland. Oftmals lohnt<br />

sich allein wegen dieser Versicherung, die man<br />

dort zu besseren Bedingungen bekommt, eine<br />

Mitgliedschaft in einem Modellbauclub. Ein lokaler<br />

Verein bietet womöglich auch ein passendes<br />

Fluggelände, mit helfenden Händen, die manchmal<br />

Möglichkeiten eröffnen, die der Rollifahrer<br />

in sturer Selbstständigkeit nicht bekommt. Wer<br />

zudem detailliertes Insider-Wissen schätzt, ist mit<br />

einer Mitgliedschaft in einem Modellbauclub jedweder<br />

Couleur bestens bedient.


Was veranlasst Zehntausende Menschen in<br />

Deutschland, sich in Vereinen zu organisieren,<br />

kleine Abbilder der Realität zu basteln und mit ihnen<br />

draußen auch noch zu SPIELEN!? Was macht<br />

den Reiz aus, ein Modell aufzubauen, solange<br />

sinnlos herumzufahren, bis es kaputt ist, nur um<br />

es wieder neu aufzubauen, damit man es erneut<br />

kaputtfahren kann? Warum treffen sich „erwachsene<br />

Kinder“, um mit ferngesteuerten Autos, Booten,<br />

Flugzeugen und Helikoptern Wettbewerbe zu<br />

veranstalten?<br />

Ist es die Liebe zum Detail, der Spaß am Nachkonstruieren<br />

der Realität in kleiner, handlicher,<br />

beherrschbarer Form? Ist das Spiel mit dem ferngelenkten<br />

Modell Ersatzhandlung für die, die sich<br />

den echten Porsche nicht leisten können, die den<br />

Heli-Pilotenschein niemals machen könnten, deshalb<br />

auf das Modell ausweichen müssen? Ist es<br />

speziell beim Rollifahrer ein Versuch, die eigene<br />

mangelhafte Mobilität mittels Projektion nach außen<br />

auf ein Modell zu kompensieren? Im Gegensatz<br />

zu ihm selbst ist sein Modell höchst mobil,<br />

schnell, geschickt. Zu Land, zu Wasser oder in der<br />

Luft. Liegt die Faszination in der Fernwirkung begründet<br />

- das Modell als verlängerter Arm? Beim<br />

Modellflug spielt sicherlich die Herausforderung<br />

herein, das Gerät irgendwann einmal überhaupt<br />

irgendwie zu beherrschen, die eigenen Fähigkeiten<br />

vielleicht gar bis hin zur Wettbewerbstauglichkeit<br />

zu schulen. Ist es der stete Nervenkitzel der<br />

Gefahr, ein teures Modell aus der Kontrolle zu verlieren?<br />

Eine Gefahr, die uns Grenzen ausloten, erkennen<br />

und anerkennen lehrt? Gerade Fluggeräte<br />

liefern, erst einmal beherrscht, Selbstbestätigung<br />

zurück. Und – sind wir mal ehrlich – spielt manchmal<br />

nicht vielleicht auch wenig der kindliche Zug<br />

herein, den anderen Mitmenschen zu zeigen, was<br />

man da für ein schönes Spielzeug hat? Besieht<br />

man sich die Szene, wird offenkundig, dass sehr<br />

viele Menschen über dieses Hobby soziale Kontakte<br />

knüpfen möchten, Austausch und Kräftemessen<br />

im Wettstreit suchen.<br />

Mir liegt nichts an Vereinsmeierei, an Wettbewerb<br />

oder gemeinsamen Spiel. Für mich eröffnen sich<br />

über den verlängerten Arm des ferngelenkten Modells<br />

völlig neue Blickwinkel für meine Kameras.<br />

Ich führe Natur und Technik zusammen, wenn ich<br />

Enten auf mein Renn-Boot als Futterquelle konditioniere<br />

und mit meinem Motorsegler zusammen<br />

mit Greifvögeln in zweihundert Metern Höhe über<br />

dem Wald kreise, mich manchmal mit ihnen um<br />

die Nutzung der effektivsten Thermikbärte streite.<br />

Zudem erlebe ich das hemmungslose Herumtoben<br />

in der Luft, das Rollen und Loopingdrehen mit<br />

den Schwalben so, als würde ich selbst dort oben<br />

herumtoben. Fühle mich danach noch einige Zeit<br />

„ausgetobt“, obwohl ich doch nur nahezu bewegungslos<br />

in der Wiese gesessen bin. Warum es<br />

funktioniert – ich weiß es nicht. Aber es funktioniert.<br />

Und es funktioniert immer wieder. Und ich<br />

werde diese Funktion nicht durch Hinterfragen<br />

entzaubern. Wem das Spiel mit der Fernsteuerung<br />

Spaß macht, der sollte nicht nach dem Warum<br />

fragen, sondern einfach spielen.<br />

In den nächsten Texten werde ich Bodenfahrzeuge,<br />

Boote, Flugzeuge und Helikopter vorstellen<br />

und speziell ihre Brauchbarkeit für den Rollstuhlfahrer<br />

beleuchten.<br />

Text & Fotos:<br />

Alexander Epp<br />

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freizeit<br />

<strong>Paraplegiker</strong>_0209


glosse<br />

78<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Selbst und Ständig<br />

Was heißt eigentlich selbstständig? Für meinen Mathelehrer war die Definition<br />

ganz klar: Jeder Blick auf das Heft des Nachbarn war strengstens verboten.<br />

Selbstständig hieß, die Aufgabe ganz alleine, quasi mutterseelenallein zu<br />

lösen. Jegliche Hilfe von außen bedeutete null Punkte. Aufgabe nicht erfüllt,<br />

ganz oder gar nicht – aber ist Mathe wirklich eine Schule fürs Leben? Bei den<br />

paar Muskeln, die mir nach meinem Querschnitt blieben, bekam „Selbstständig“<br />

eine ganz andere Bedeutung, oder besser, ganz viele verschiedene<br />

Bedeutungen. Aber welche ist richtig?<br />

M<br />

it dem Anspruch meines Mathelehrers<br />

ging ich in die Erstreha. Ich verbrachte Stunden<br />

mit dem Anziehtraining. Die Herausforderung,<br />

mit meinen krummen Fingern einen Socken<br />

über die Ferse zu ziehen, erforderte die<br />

Disziplin eines Soldaten, die Geschicklichkeit<br />

eines Hütchen-Spielers und die Geduld eines<br />

Zen-Buddhisten. Und dann, wenn ich schon<br />

zehn Minuten geprockelt hatte, der Strumpf<br />

hoch genug gerutscht war um mit dem entscheidenden<br />

genialen Fingerlupfer den Bund<br />

zum Endsieg über die Ferse zu katapultieren,<br />

genau dann griff meine englische Ergotherapeutin<br />

ein. Sei es, dass sie einen anderen<br />

Termin hatte und wirklich nicht mehr länger<br />

warten konnte, vielleicht konnte sie das Elend<br />

auch einfach nicht länger ertragen – jedenfalls<br />

kam sie mit ihren flinken Fingern, griff beherzt<br />

nach dem Socken und machte mit einer nur<br />

Zehntelsekunden dauernden Hilfsaktion meine<br />

ganze Arbeit zunichte. Der Socken war<br />

oben und mein Selbstwertgefühl am Boden.<br />

Wieder nicht geschafft, setzen – Sechs.<br />

Und was bedeutete eigentlich „selbstständig<br />

angezogen“? Wenn ich es geschafft hatte, die<br />

selbst gestrickten Socken, die viel zu weite<br />

Jogginghose und die Riesenturnschuhe (natürlich<br />

mit praktischem Klettverschluss) am<br />

Körper zu befestigen war ich zwar nicht nackt…<br />

Aber wer traut sich denn so auf die Straße?<br />

Selbstständig schon, aber angezogen? Das


ging doch anders. Warum Anziehtraining mit<br />

Klamotten, mit denen man sich bestenfalls in<br />

der Turnhalle blicken lassen kann?<br />

Mundgerecht<br />

Es dauerte lange, mich von dem „Ganz-oder-<br />

Garnicht-Anspruch“ zu befreien. Das Prinzip<br />

fiel mir bei meinem kalifornischen Gast auf<br />

(amerikanische Tetras neigen zur Faulheit!). Er<br />

wartete jeden Morgen darauf, das Brot mundgerecht<br />

serviert zu bekommen. Er hatte zwar<br />

sehr schwache Arme aber recht gute Fingerfunktion,<br />

was das Pellen eines Eies durchaus<br />

in den Bereich des Möglichen rückte. Aber er<br />

weigerte sich. Das Ei zu pellen war unter seiner<br />

Würde. Sein Argument war, dass das Gesamtwerk<br />

„Frühstück“ für ihn nicht zu stemmen<br />

sei, da sei der Teilerfolg „Ei-gepellt“ eine<br />

nicht relevante Größe. Ich begann gleichzeitig<br />

seine Freundin zu bemitleiden und meinen<br />

Mathelehrer in Frage zu stellen: Geht nicht<br />

auch ein bisschen selbstständig?<br />

Als ich meine Frau kennen lernte, wohnte sie<br />

in einer hübschen Dachgeschosswohnung in<br />

Koblenz. Eine echte Herausforderung für einen<br />

selbstständigen Tetraplegiker! Zehn Minuten<br />

bevor ich bei ihr war, rief ich über Autotelefon<br />

(Handys gab’s noch nicht) die Taxizentrale<br />

und bestellte mir einen besonders kräftigen<br />

Fahrer. Ich zahlte 20 Mark für rauf und 10<br />

Mark für runter. Die meisten fanden das einen<br />

fairen Deal und ich fand mich selbstständig.<br />

Schließlich hatte ich das Geld selbst verdient<br />

und war ohne die Hilfe meiner Freundin oben<br />

angekommen. Hätte mein Mathelehrer dafür<br />

eine Drei gegeben?<br />

Winterfest<br />

Trotzdem legte ich weiter viel Wert auf „Alleine<br />

machen“. Bei zwei Kindern kommt<br />

einem das zu Gute. Wenn wir im Winter mit<br />

zwei Kleinkindern das Haus verlassen wollten,<br />

war das eine ziemliche Anzieherei. Wenn<br />

eine Frau sich selbst und zwei Kinder optisch<br />

einwandfrei und erkältungstechnisch sicher<br />

einpackt – da bleibt viel Zeit für den Tetraplegiker!<br />

Zeit für die unförmigen Bollerboots, die<br />

zusätzlichen Stulpen, die sperrige Winterjacke<br />

und die wärmende Pudelmütze. Der Vorteil:<br />

Man ist gleichzeitig fertig und kann das Haus<br />

verlassen. Die Alternative: Wird zu guter Letzt<br />

noch der Papa angezogen, wird den Kindern<br />

garantiert zu heiß und sie fangen an sich wieder<br />

auszuziehen. Sich als Tetra selbstständig<br />

winterfest anziehen – ein Fall für die versteckte<br />

Kamera. Im Kontext „Familie“ macht es<br />

trotzdem Sinn.<br />

Inzwischen bin ich auch nicht mehr so verbohrt<br />

selbstständig und lasse mir gerne mal<br />

von hilfsbereiten Passanten den Rollstuhl<br />

aus dem Auto holen. Beim Einkauf wende ich<br />

mich Hilfe suchend an die erfahrene Hausfrau,<br />

die mir selbstverständlich das Grün von den<br />

Möhren abdreht oder mir die Äpfel auf die<br />

Waage legt. Auch lass ich mich bergauf mal<br />

schieben, bevor alle auf mich warten müssen,<br />

weil ich so selbstständig bin. Ist nicht zweidrittel<br />

selbstständig Brot schmieren, vierfünftel<br />

selbstständig einkaufen, siebenachtel selbstständig<br />

anziehen auch schon ein guter Wert<br />

Selbstständigkeit?<br />

Ein Freund von mir war auch nicht so gut in<br />

Mathe. Er wurde Koch und Restaurantbesitzer,<br />

ständig klingelt sein Handy, eigentlich arbeitet<br />

er immer. Er hat eine andere Definition:<br />

„Ich bin Selbstständig – selbst und ständig“.<br />

Da kommen wir der Sache schon näher…<br />

Text: Ralf Kirchhoff<br />

Illustration: Kasia<br />

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www.srilanka-rosegarden.de.<br />

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Wo? Im südindischen Kerala. Bei der Buchung<br />

von Flügen sind wir gerne behilflich.<br />

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Rollstuhl- und Allergiker gerechtes Ferienhaus<br />

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tel 0 48 72-29 81, www.Haus-Gretchen.de.<br />

Wer will mich kennen lernen<br />

Ich komme aus dem Kreis Borken/Münsterland, bin 1,75 m<br />

groß und wiege 76 kg, ledig. Ab dem 16. Lebensjahr arbeite<br />

ich als kaufmännischer Angestellter. Ich bin an einer linksseitigen<br />

Lähmung erkrankt, die sich auf mein Gehen auswirkt.<br />

Es wäre schön, wenn die Dame (ab 44 Jahre), die ich suche,<br />

aus dem Kreis Borken kommt. Vielleicht möchte auch eine<br />

Rollstuhlfahrerin, MS, oder die ein anderes Handikap hat, an<br />

meiner Seite stehen. Nun suche ich eine Freundschaft / Partnerschaft,<br />

die auf gegenseitigem Vertrauen, Treue, Ehrlichkeit<br />

Geborgenheit und Liebe aufgebaut ist. Wichtig ist das Herz<br />

am rechten Fleck zu haben, sich gegenseitig zu respektieren<br />

und auch in schlechten Zeiten zueinander zu halten. Wenn<br />

Du an einem treuen, einfühlsamen und positiv denkendem<br />

Herrn in den reiferen Jahren interessiert bist, dann sollten wir<br />

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Behinderte sind kostenlos (Geschäftsanzeigen auf<br />

Anfrage), bitte als eMail an Peter.Mand@t-online.de,<br />

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Fax 0 21 54-95 08 65, Annahme vorbehalten,<br />

ohne Gewähr.<br />

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technik<br />

82<br />

Sonne unterm Schreibtisch<br />

Beim Schreiben dieser Zeilen sitze ich bei 18 Grad am Schreibtisch – mit normaler<br />

Jeans, Baumwollrolli und Pulli – und habe kein Verlangen nach Schal, Mütze oder<br />

Winterjacke. Möglich macht das eine Infrarot-Heizplatte, die unter dem Schreibtisch<br />

lediglich meine Beine und Füße erwärmt. Strahlungswärme statt Heizungswärme<br />

– das hört sich nach Hokuspokus an, ist aber bei näherer Betrachtung eine durchaus<br />

einleuchtende Technologie.<br />

Wer hat nicht schon einmal im Winter bei Minusgraden<br />

in einer geschützten Ecke in der Sonne<br />

gesessen und die wärmenden Strahlen genossen?<br />

Ringsherum ist es klirrend kalt, aber die<br />

Sonnenstrahlen dringen durch die dicksten Pullis<br />

und durchströmen den Körper. Strahlungswärme<br />

hat eine andere Qualität als Heizungswärme.<br />

Die Heizung erwärmt den ganzen Raum<br />

und mit ihm auch alles was sich in dem Raum<br />

befindet, also auch uns. Strahlen, ob nun Sonnenstrahlen<br />

oder die Infrarotstrahlen der vorgestellten<br />

Wärmeplatte, erwärmen die Gegenstände<br />

im Raum und nicht den ganzen Raum. Das<br />

Zimmer muss nicht unbedingt warm sein, aber<br />

in unmittelbarer Nähe der Infrarotplatte werden<br />

Beine, Arme oder Hände langsam aber sicher<br />

aufgewärmt. Man braucht nicht den direkten<br />

Kontakt, wie bei einer Wärmeflasche oder<br />

einem Heizkissen. Daher<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Infrarotplatte:<br />

Trotzdem<br />

entsteht eine<br />

innere, wohlige<br />

Wärme...<br />

minimiert sich die Gefahr<br />

die Haut zu verbrennen.<br />

Trotzdem entsteht eine<br />

innere, wohlige Wärme,<br />

die es einem ermöglicht<br />

selbst in relativ kalten Räumen<br />

entspannt zu arbeiten, und das ohne den<br />

dicken Pullover anziehen zu müssen.<br />

In meinem Fall habe ich die Heizplatte unter<br />

meinem Schreibtisch direkt neben den Computer<br />

gestellt. Die Strahlung selbstverständlich<br />

nicht Richtung Computer sondern in die Richtung<br />

meiner Beine. Da bei dieser Konstellation<br />

ein Bein jeweils das andere verdeckt, schiebe ich<br />

nach einer halben Stunde die Infrarotplatte einfach<br />

auf die andere Seite. Das entspricht nicht<br />

der Bedienungsanleitung, ist bei meinem kleinen<br />

Schreibtisch aber nicht anders möglich. Bei ausreichend<br />

Platz sollte man die Platte möglichst an<br />

der Stirnseite oder direkt unter der Schreibtischplatte<br />

montieren. Die Rückseite der Platte ist<br />

selbstklebend und kann schnell angebracht werden.<br />

Der Abstand der Platte zu den Beinen sollte<br />

nicht zu groß sein. Bei 30 bis 40 cm in meinem<br />

Fall kommt ausreichend Strahlung an.<br />

Der Energieverbrauch der Heizplatte ist überschaubar.<br />

Sie verbraucht in etwa so viel wie eine<br />

100 Watt Glühbirne, was gerade mal ca. 2 Cent/<br />

Stunde bedeutet. Wer sein Büro (wie ich früher)<br />

auf mindestens 23 Grad aufgeheizt hat, der spart<br />

im Jahr so viel Geld an Heizungskosten, dass er<br />

die 140 € Anschaffungskosten für die Infrarotheizplatte<br />

schnell raus hat.<br />

Dass Rollstuhlfahrer so oft frieren liegt an der<br />

fehlenden Bewegung. Wer sich bewegt verbraucht<br />

Energie. Dabei wird Wärme frei und<br />

uns wird warm. Bei vielen von uns ist das Gegenteil<br />

der Fall. Sie bewegen sich kaum oder<br />

gar nicht, da bleibt der innere Ofen aus. Im Laufe<br />

der Jahre kommen eventuell noch Durchblutungsschwierigkeiten<br />

in den Beinen dazu, da<br />

kann einem selbst bei 20 Grad Raumtemperatur<br />

schon mal ganz schön kalt werden.<br />

Viele Rollstuhlfahrer helfen sich mit Wärmekissen.<br />

Ob die traditionelle Wärmflasche, die elektrische<br />

Heizdecke oder das Kirschkernkissen<br />

aus der Mikrowelle, alle Wärmeträger haben<br />

ein Problem: Menschen ohne Sensibilität merken<br />

nicht wenn es zu heiß wird und sie sich die<br />

Haut verbrennen. Nicht wenige Querschnitte<br />

haben sich an zu heißen Wärmflaschen schon<br />

die Beine oder den Bauch verbrannt. Und trotz<br />

sehr heißer Wärmflaschen wird einem oft nicht<br />

so wirklich warm, weil die Wärme punktuell und<br />

oberflächig wirkt. Wer mit diesen traditionellen<br />

Methoden ähnliche Erfahrungen gemacht hat,<br />

der sollte die Strahlungswärme mal ausprobieren<br />

und sich die Sonne unter den Schreibtisch<br />

holen.


Herstellerinfo zu Grundlagen der Infrarotstrahlung:<br />

Infrarotstrahlung (IR-Strahlung) ist Teil der<br />

optischen Strahlung und damit Teil des elektromagnetischen<br />

Spektrums. Sie schließt sich in<br />

Richtung längerer Wellenlängen an das sichtbare<br />

Licht an. Natürliche IR- Strahlungsquellen<br />

sind die Sonne und das Feuer. Der infrarote<br />

Anteil der den Erdboden erreichenden Sonnenstrahlung<br />

beträgt knapp 50 %. Das angenehme<br />

Wärmeempfinden beim Aufenthalt in der Sonne<br />

wird von einem großen Teil der Bevölkerung<br />

geschätzt.<br />

Text: Ralf Kirchhoff<br />

Fotos: Barbara Kirchhoff<br />

Daten:<br />

Größe: 285 mm x 700 mm x 10 mm<br />

Nenn-Leistung: 100 Watt<br />

Raumwärme: bis 3 m²<br />

Unter Schreibtisch: bis 2 m²<br />

Anschluss: 230V/50Hz<br />

Heizkosten: ca. 2 Cent / Std.<br />

Anschlusskabel: 200 cm<br />

Senkrecht<br />

unterm<br />

Computertisch:<br />

Die Infrarot-<br />

Heizplatte<br />

sorgt für<br />

warme Beine.<br />

technik<br />

PARAPLEGIKER 1/09 83


technik<br />

E 220 CDI Kombi<br />

Avantgarde:<br />

Gutes Design –<br />

Praktikabilität<br />

mit anspruchsvoller<br />

Optik.<br />

84<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Mercedes E 220 CDI:<br />

Praktisch, sparsam, sicher<br />

Seinen Unfall hatte Rudolf Beck – den seine Freunde natürlich nur Rudi rufen<br />

– bereits vor 51 Jahren. Damals war er 19 und mit seinem 200er DKW-Motorrad<br />

unterwegs. In einer Kurve platzte der Vorderreifen, Beck landete im Neben-der-<br />

Straße-Nirvana und kam irgendwann wieder zu Bewusstsein. „Gerettet“ und<br />

als „Rückenmark verletzt“ erkannt wurde er erst etliche Stunden später. Die<br />

Erkenntnis der Situation war nach der Klinik-Diagnose „Schädigung des Rückenmarks<br />

im Bereich TH 6“ niederschmetternd.<br />

Der Wunschberuf von Beck war Architekt und<br />

eine der Voraussetzungen dazu war eine abgeschlossene<br />

Maurer-Lehre. Die absolvierte der<br />

15 jährige nach Abschluss der Volksschule –<br />

heute sind das Grund- und Hauptschule – von<br />

1953 bis 1956. Danach arbeitete er als Maurer-<br />

Geselle und begann 1956 mit dem Studium<br />

zum Bauingenieur, was durch den Unfall im<br />

Mai 1957 jäh unterbrochen wurde: Der junge<br />

Mann hatte den deutlichen Tiefpunkt seines Lebens<br />

erreicht. Aber: Von da an ging’s bergauf.<br />

Von 1959 bis 1962 machte er eine Ausbildung<br />

zum Großhandels-Kaufmann, setzte sein Studium<br />

fort, erreichte 1964 seinen Abschluss als<br />

Hochbau-Ingenieur. Er arbeitete von 1962 bis<br />

zum Rentenalter erfolgreich in einem Architekturbüro<br />

und einem Tiefbau-Unternehmen im<br />

nordhessischen Bad Arolsen: „Ich kann sagen,<br />

dass ich durch meine Behinderung<br />

in meinen beruflichen<br />

Aktivitäten nie ein Problem<br />

hatte.“ Als inzwischen<br />

71 jähriger ist er immer noch<br />

freiberuflich aktiv. Wichtig ist<br />

ihm der Sport, den betreibt<br />

er regelmäßig mit Krafttraining<br />

im Fitness-Studio und<br />

auch beim sehenswerten<br />

und teilweise artistisch anmutendem<br />

Tanz mit seiner<br />

attraktiven Lebensgefährtin<br />

Angelika Martin. Die dritte<br />

Sportart des aktiven Rentners<br />

ist das Rollibiken. Dazu wird<br />

ein Speedy-Bike an den Sopur-Easy<br />

gekuppelt. Beides<br />

passt gut in den Kofferraum des Mercedes<br />

E 220 CDI Kombi, womit wir beim Auto von<br />

Rudi Beck sind.<br />

Der Mercedes wurde im November 2007 gekauft.<br />

Damals war der schöne, sichere und<br />

praktische Kombi sechs Monate alt und hat 42<br />

000 € gekostet, der Neupreis lag mit den diversen<br />

Extras bei etwa 65 000. Für Beck ist es<br />

bereits der sechste Mercedes. Der erste wurde<br />

1976 angeschafft, das war ein Coupé, danach<br />

kamen nur noch Kombis in die Garage. Den<br />

Kofferraum des Fünftürers hat der praktisch<br />

veranlagte und handwerklich versierte Architekt<br />

umgebaut, eine zweite Etage eingezogen:<br />

Oben können dann beispielsweise Koffer und<br />

warme Winter-Sportjacken abgelegt werden,<br />

darunter ist Platz für das Bike und die Inliner


der Partnerin. Und so beladen fahren<br />

die beiden dann sehr gerne zu ebenen<br />

und ruhigen Strecken und haben Freude<br />

am gemeinsam betriebenen Sport<br />

an der frischen Luft. Anders sieht die<br />

Beladung natürlich bei den von beiden<br />

sehr geliebten Urlaubsreisen aus,<br />

die meist in den Süden führen.<br />

Als Handbedienung für Gas und<br />

Bremse ist für Beck die von Bruhn entwickelte<br />

und jetzt von Veigel gebaute<br />

das einzig Wahre: „Da kann ich den<br />

Unterarm bequem auf der Mittelkonsole<br />

ablegen und Gas und Bremse<br />

auch gleichzeitig betätigen.“ Er hat<br />

sie von seinem Vorauto übernommen,<br />

die Anpassung und der Einbau waren<br />

kein Problem. Den Lenkrad-Drehknopf hält<br />

Beck aus Sicherheits-Gründen für wichtig, er<br />

ist mit einer Schelle am Lenkrad befestigt.<br />

Mit der Mercedes-Ausstattungslinie „Avantgarde“<br />

in der Farbe „Indium-grau“ mit<br />

schwarz-grauer Innenausstattung in Teilleder<br />

ist Beck absolut zufrieden: „Das Auto gefällt mir<br />

Interessante Technik: Der Rollstuhl wird<br />

hinter dem Fahrersitz verladen.<br />

in dieser Ausstattung sehr gut, dazu kommen<br />

ein sicheres Fahrverhalten und gute Fahrleistungen.<br />

Probleme gibt es keine.“ Durch einen<br />

Verbrauch von sieben bis acht Litern Diesel auf<br />

100 Kilometern sind Tankstopps selten: Der 85-<br />

Liter-Tank ermöglicht Reichweiten von bis zu<br />

1 000 Kilometern.<br />

Den Rolli verlädt Beck hinter seinem Fahrersitz:<br />

Nachdem er im Auto sitzt, legt er das<br />

Sitzkissen hinter sich und faltet den Stuhl zusammen.<br />

Dann fährt er etwas vor, öffnet die<br />

Beifahrertür hinter sich, fährt so weit zurück,<br />

dass die geöffnete Tür den Rollstuhl berührt<br />

und zieht ihn dann in den durch den herausgenommenen<br />

Sitz reichlich großen Platz hinter<br />

sich. Beim Aussteigen passiert all das in umgekehrter<br />

Folge und alles geht routiniert und<br />

schnell.<br />

technik<br />

Der speziell eingerichteteKofferraum<br />

ist geräumig<br />

und leicht zu<br />

beladen.<br />

Rudi Beck<br />

schwört auf<br />

seine alte<br />

Bruhn-Handbedienung,<br />

die jetzt von<br />

Veigel gebaut<br />

wird.<br />

PARAPLEGIKER 1/09 85


technik<br />

Kontakt:<br />

Jürgen Wecke<br />

RoKoDat – Zentrum<br />

für Behinderteninformation<br />

http://<br />

rokodat-katalog.de.ki<br />

Post: Talstr. 3, 76327<br />

Pfi nztal<br />

tel 07 21-4 99 99 01<br />

86<br />

Bedienung<br />

Bedienung<br />

mit Tankstellen Tankstellen<br />

Im<br />

Frühjahr 2008 startete das<br />

„RoKoDat“ Zentrum für Behinderteninformation,<br />

eine FGQ-Kontaktstelle,<br />

die Initiative „Gegen den Service-<br />

Notstand an Deutschlands Tankstellen“. Mit<br />

Erfolg. So konnte z.B. die Deutsche TOTAL als<br />

Betreiber vieler Tankstellen gewonnen werden,<br />

die servicebereit sind. Gleichzeitig wurde die<br />

Information zu Tage gefördert, dass die Deutsche<br />

AGIP schon seit Jahren Service nach Hupen<br />

anbietet. Bei TOTAL wird der Service telefonisch<br />

angefordert. Alle AGIP-Stationen sind<br />

in den RoKoDat-Katalog eingepfl egt. Zudem<br />

war zu erfahren, dass die Deutsche Shell an einer<br />

großen Anzahl von Tankstellen mittlerweile<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Das Auto soll sechs bis acht Jahre gefahren<br />

werden. Und was kommt dann? „Auf jeden Fall<br />

der gleiche Typ, der hat sich bei uns in vielen<br />

Jahren wirklich gut bewährt.“ Etwa 15 000 bis<br />

20 000 km fährt Rudi Beck jährlich mit seinem<br />

Auto, meist sind das Urlaubs- und Wochen-<br />

Ausstattungen<br />

Mercedes E 220 CDI Avantgarde Kombi<br />

- Fünfgang-Automatik, „Tipschaltung“<br />

- automatische Licht Ein- und Ausschaltung<br />

- Reifendruck-Kontrolle<br />

- Scheibenwischer mit „Regensensor“<br />

- Tempomat „Speedtronic“<br />

- Multifunktions-Lenkrad mit vielen Funktionen<br />

- Telefon-Freisprech-Einrichtung<br />

- Navigations-System<br />

- Einpark-Hilfe „Parktronic“<br />

- vielfältig verstellbare, beheizbare Sitze<br />

end-Fahrten, natürlich aber auch die üblichen<br />

Besorgungen. „Und jeder Kilometer ist ein Vergnügen“<br />

– kann man nachempfi nden…<br />

Text& Fotos:<br />

Hermann Sonderhüsken<br />

Technische Daten<br />

Hubraum 2.996 ccm<br />

Leistung 170 PS / 125 kW<br />

Drehmoment 400 Nm bei 2.000 U/min<br />

Zylinderzahl 4<br />

Länge/Breite/Höhe 489/183/150 cm<br />

Leergewicht 1 785 kg<br />

Wendekreis 11,4 m<br />

Spurt auf 100 km/h 9,1 Sekunden<br />

Höchstgeschwindigkeit 220 km/h<br />

wieder Tankwartservice eingeführt<br />

hat. Einen Stationsfi nder zu jedem<br />

der drei Anbieter fi nden Sie unter<br />

der folgenden Adresse: http://rokodat-katalog.<br />

de.ki/d_gesamt.html. Bis alle mitwirkenden<br />

Tankstellen im Katalog zu fi nden sind kann es<br />

allerdings noch einige Zeit dauern, denn noch<br />

liegen nicht alle Informationen vor. Ebenso auf<br />

der RoKoDat-Internetseite (unter „Deutschland<br />

gesamt“): Eine Tabelle der Tankstellen, die<br />

mit „DRS“ ausgerüstet sind. Dieses sinnvolle<br />

Serviceanforderungssystem ist leider sehr vernachlässigt<br />

worden. Deshalb ist fraglich, dass<br />

alle in der Tabelle aufgeführten DRS-Systeme<br />

überhaupt in Betrieb sind.


Neue Beschichtung für hydrophile<br />

Kathetersysteme<br />

M<br />

edical Service bietet Betroffenen hochwertige<br />

urologische Hilfsmittel an. Der Anwender kann je<br />

nach Präferenz zwischen hydrophilen und gelbasierten<br />

Kathetersystemen wählen.<br />

Die hydrophilen Kathetersysteme werden künftig<br />

mit einer neuen verbesserten Beschichtung versehen.<br />

Sie ermöglicht eine längere Gleitfähigkeit<br />

und garantiert dem Anwender damit eine einfache<br />

Handhabung. Durch die schnelle Aktivierung der<br />

Komponenten ist das Kathetersystem für den Betroffenen<br />

in wenigen Sekunden gebrauchsfertig.<br />

Künftig erhalten Sie die neue Beschichtung in den<br />

beiden hydrophilen Kathetersystemen Liquick®<br />

Base und Liquick®.<br />

Außerdem hat Medical Service die Linie der hydrophilen<br />

Kathetersysteme um zwei neue Produktausprägungen<br />

erweitert. Künftig ist das Kathetersystem<br />

Liquick® Base auch mit Tiemann-Kopf<br />

und Nelaton-Kopf erhältlich. Damit ist das Kathetersystem<br />

noch besser an die individuellen Bedürfnisse<br />

angepasst.<br />

Alle Kathetersysteme sind mit dem SafetyCat®<br />

Sicherheitskatheter ausgestattet. Um eine beson-<br />

ders schonende Katheterisierung zu gewährleisten,<br />

verfügt der SafetyCat® Sicherheitskatheter<br />

über innen und außen weich abgerundete Augen.<br />

Damit wird die sensible Harnröhrenschleimhaut<br />

geschont. Der fl exible und dennoch stabile Katheterkopf<br />

(Ergothan-Kopf) passt sich der Anatomie<br />

der Harnröhre optimal an. Damit bietet der SafetyCat®<br />

Sicherheitskatheter alle Voraussetzungen<br />

für eine schonende und sichere Katheterisierung.<br />

Nähere Informationen zu<br />

Liquick® und Liquick® Base sowie kostenlose<br />

Produktmuster sind unter der Servicenummer<br />

0800 – 403 1001 erhältlich.<br />

Medical Service GmbH<br />

Luisenstraße 8 • 75378 Bad Liebenzell<br />

info@medical-service.de<br />

www.medical-service.de<br />

Cranberry + Kürbis + Vitamin C<br />

für eine gesunde Blase<br />

I<br />

n vielen Ländern sind Cranberries (amerikanische<br />

Preiselbeeren) aufgrund ihrer positiven Eigenschaften<br />

zur Stärkung der Blasengesundheit seit<br />

Jahrhunderten bekannt. In einer aktuellen Metaanalyse<br />

der international renommierten, unabhängigen<br />

Cochrane Collaboration wurde die antibakterielle<br />

Wirkung der Cranberry nun auch auf<br />

höchstem wissenschaftlichem Niveau bestätigt.<br />

Spezielle Inhaltsstoffe der Cranberry hüllen die<br />

Bakterien wie einen Mantel ein, so dass diese sich<br />

in der Blase und der Niere nicht mehr festsetzen<br />

können. Werden Cranberries frühzeitig – möglichst<br />

vorbeugend – eingenommen, können nicht<br />

nur Harnwegsinfekte, sondern in vielen Fällen<br />

auch die Anwendung von Antibiotika vermieden<br />

werden.<br />

In Deutschland wurde<br />

mit ‚Cystorenal® Cranberry<br />

plus Kapseln‘ (rezeptfrei,<br />

Apotheke) jetzt<br />

ein Naturprodukt entwickelt,<br />

das neben Cranberry-<br />

und Kürbiskern-<br />

Extrakt auch Vitamin<br />

C enthält. Diese einzigartige Vitalkombination<br />

wirkt dreifach: Der Cranberry-Spezialextrakt<br />

vm36 enthält Proanthocyanidine in ausreichender<br />

Menge, um das Anheften von Keimen an<br />

die Zellen des Harntraktes zu verhindern und die<br />

Harnwege zu beruhigen. Der Kürbiskern-Extrakt<br />

stärkt die Blase sowie die Prostatafunktion beim<br />

Mann und unterstützt die Ausschwemmung der<br />

markt<br />

PARAPLEGIKER 1/09 87


markt<br />

88<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Bakterien. Vitamin C stärkt zusätzlich das Immunsystem.<br />

Weitere Informationen können unter der Quiris<br />

Healthcare-Servicenummer oder per E-Mail kostenlos<br />

angefordert werden.<br />

Kontakt:<br />

Quiris Healthcare GmbH & Co. KG<br />

Servicenummer: 0 800 - 0 78 47 47<br />

eMail info@quiris.de<br />

www.quiris.de<br />

Urlaub ohne Hindernisse im<br />

Dünenhof Ferienhotel<br />

W<br />

eites Deichvorland, eine einzigartige und unberührte<br />

Landschaft, weite Strände und der mit<br />

Heilstoffen wie z. B. Jod angereicherte Wind - allein<br />

die Umgebung ist einmalig wohltuend. Das<br />

Dünenhof Ferienhotel liegt in nahezu unberührter<br />

Landschaft auf einer natürlichen Düne direkt am<br />

Deichvorland und dem Nationalpark Niedersächsisches<br />

Wattenmeer, am südwestlichen Stadtrand<br />

von Cuxhaven. Die herrliche Natur mit Deichvorland,<br />

Küstenwald und Heidelandschaft in direkter<br />

Nähe zu den feinsandigen Sandstränden und dem<br />

ausgedehnten Watt bietet beste Voraussetzungen<br />

für einen unbeschwerten und vielseitigen Urlaub.<br />

Hier fi ndet man Ruhe und Entspannung in intakter<br />

Natur.<br />

Obwohl das Ferienhotel in ruhiger Abgeschiedenheit<br />

in Berensch steht, sind in bequemer Distanz<br />

(ob mit dem Fahrrad, Handbike oder Auto)<br />

viele verschiedene Ziele zu erreichen: Strand von<br />

Sahlenburg, das kleine Dörfchen Nordholz oder,<br />

für etwas fi ttere Fahrer, die Stadt Cuxhaven, die<br />

einiges zu bieten hat. Der Sandstrand in Sahlenburg<br />

ist per Fahrrad in 15 min oder mit dem Auto<br />

in 10 min erreichbar. Man kann das Strandleben<br />

genießen oder den Schiffsverkehr auf der Elbe beobachten.<br />

Attraktive Ausfl ugsmöglichkeiten z.B.<br />

zum Fischereimuseum „Alte Liebe“, dem Deutschen<br />

Schifffahrtsmuseum, dem Auswandererhaus<br />

oder eine Weserrundfahrt in Bremerhaven,<br />

eine Wattwagenfahrt nach Neuwerk sowie eine<br />

Schiffsfahrt zu Deutschlands einziger Hochseeinsel<br />

Helgoland lassen auch außerhalb der Strandtage<br />

keine Langeweile aufkommen.<br />

Als eine der wenigen komplett barrierefreien<br />

Hotelanlagen in Deutschland ist das Dünenhof<br />

Ferienhotel ideales Reiseziel an der Nordsee für<br />

Menschen mit und ohne körperliche Einschränkungen.<br />

Das gesamte Gelände ist so konzipiert,<br />

dass auch für Menschen mit Behinderungen ein<br />

selbstständiger und angenehmer Aufenthalt ermöglicht<br />

wird. Alle Bereiche des Ferienhotels und<br />

die Aufzüge sind mit entsprechenden Türbreiten<br />

ausgestattet und problemlos mit dem Rollstuhl<br />

erreichbar. Jede der wenigen Treppenstufen kann<br />

mit einem Aufzug oder einer Rampe umgangen<br />

werden. Automatisch öffnende Schiebetüren in<br />

Eingangs- und Korridorbereichen sind selbstverständlich.<br />

Die Badezimmer sind geräumig und<br />

behindertengerecht eingerichtet. Vor Ort können<br />

verschiedene Hilfsmittel ausgeliehen werden, wie<br />

z.B. Rollstühle, Handbike, Rollator, Bettlifter, Bettgalgen<br />

uvm. Auf der Urlaubsmesse CMT 2006 in<br />

Stuttgart wurde das Dünenhof Ferienhotel aufgrund<br />

des hochwertigen Angebots für Menschen<br />

mit Behinderung mit dem goldenen Rollstuhl ausgezeichnet.<br />

Im Dünenhof Ferienhotel stehen Hallenbad (mit<br />

Lifter), Sauna, Kegelbahn, Minigolfanlage, Boulebahn,<br />

Sporthalle und Kinderspielplatz für die


kleineren Gäste zur Verfügung. Die Physiotherapeutische<br />

Praxis im Hotel bietet darüber hinaus<br />

Entspannungsmöglichkeiten für den ganzen Körper.<br />

Abends kann der Tag mit einem gemütlichen<br />

Beisammensein in der kleinen Bierstube, am Grillplatz<br />

oder im Billardraum abgerundet werden.<br />

Für Reisegruppen stehen zwei Tagungsräume bis<br />

max. 35 Teilnehmer, ein Mehrzweck Tagungsraum<br />

bis max. 80 Teilnehmer und zwei kleinere Gruppenräume<br />

zur Verfügung. Insgesamt stehen den<br />

Gästen 21 rollstuhlgerechte und 33 für Gehbehin-<br />

derte geeignete Zimmer zur Verfügung. Die Zimmer<br />

besitzen teilweise Balkon oder Terrasse und<br />

sind fast alle mit Sat- TV ausgestattet.<br />

Weitere Informationen zu Ausstattung und Preisen<br />

sowie den Dünenhof Film mit weiteren Informationen<br />

erhalten Sie im Internet unter www.<br />

duenenhof.org, per Telefon 0 47 23-71 90 oder per<br />

eMail ferienhotel@duenenhof.org<br />

Individueller Bungalow von<br />

Haas Fertigbau<br />

H<br />

aas Fertigbau liegt mit seinem neuen Bungalow-Konzept<br />

voll im Trend. Das Wohnen auf<br />

einer Ebene wird für alle Altersgruppen immer<br />

attraktiver, weil sie die Vorteile eingeschossiger<br />

Bauweise erkennen und schätzen. Denn Wohnen<br />

ohne Hindernisse ermöglicht lebenslange<br />

Selbstständigkeit und bietet planbare Sicherheit<br />

auf lange Sicht. Haas Fertigbau zeigt mit seinem<br />

neuen Bungalowprospekt mit attraktiven Grundrissvorschlägen<br />

und individuellen Planungsmöglichkeiten<br />

für jede Lebenssituation die passende<br />

Lösung.<br />

Das Einstiegshaus Bungalow 97 (die Zahl steht<br />

jeweils für die Wohnfläche) ist ein kompakter<br />

moderner Blickfang mit klaren Strukturen. Egal<br />

ob Pult-, Sattel- oder Walmdach, mit Terrassenüberdachung<br />

oder attraktiver farbiger Außenfassade.<br />

Der Bungalow 97 ist optimal für ein Paar<br />

mit dem Anspruch auf Wohnkomfort und Geborgenheit.<br />

Das offene Ambiente im Bereich Küche,<br />

Essen und Wohnen, ein geräumiges Schlafzimmer<br />

mit Ankleide sowie ein großes Bad bringen<br />

97 m² Wohnvergnügen.<br />

Mit 106 m² Wohnfläche zeigt der Bungalow<br />

106 eine funktionelle und dennoch komfortable<br />

Raumaufteilung. Der direkte Weg vom Schlafzimmer<br />

in das großzügige Bad animiert zur Wellness<br />

bei Tag und Nacht. Gerade die Bauherren,<br />

die nachdem die Kinder aus dem Haus sind,<br />

ein zweites mal Bauen, werden die Vorteile und<br />

Wohnideen dieser Bungalow-Variante schätzen.<br />

Bungalow 116: überraschend, welche kreativen<br />

Möglichkeiten in der Architektur dieses Traumhauses<br />

stecken. Bei diesem Hausvorschlag steht<br />

ein geräumiges Zimmer als Kinder, Gäste- oder<br />

Arbeitszimmer bereit, ganz nach Bedarf. Aus<br />

dem großen Schlafzimmer kommt man durch<br />

einen begehbaren Schrank direkt in das Bad. Besonders<br />

praktisch sind die beiden Abstellräume<br />

neben der Terrasse, sie bieten genügend Stauraum<br />

für Gartenmöbel und Gartengrill.<br />

Der Bungalow 131 besticht mit enormer Flexibilität<br />

und höchstem Wohnkomfort. Ein einerseits<br />

getrennter Wohn/Essbereich und eine trotzdem<br />

offen wirkende Raumgestaltung begeistern.<br />

Zwei Bäder, zwei Kinderzimmer oder ein Büro<br />

und ein Gästezimmer stehen zur Wahl.<br />

Ein unverwechselbares Konzept mit exklusivem<br />

Design vermittelt der Bungalowentwurf Bungalow<br />

179 – ausdrucksstark und modern mit Komfort<br />

auf der ganzen Linie. Eine Wohnoase mit offener<br />

Küche, Gästezimmer mit eigenem Bad, Schlafzimmer<br />

mit Zugang zum Badvergnügen, großer<br />

Hauswirtschaftsraum und direkter Zugang von<br />

der Garage in das Haus sind Wohnerlebnis pur.<br />

markt<br />

PARAPLEGIKER 1/09 89


markt<br />

Weitere Infos und<br />

Besichtigungstermine<br />

telefonisch unter<br />

02 21-4 47 05 24<br />

oder www.heibera<br />

tung.com.<br />

90<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Haas Fertigbau, der Bungalowspezialist, hat auf<br />

seinem Werksgelände im niederbayerischen Falkenberg<br />

mit dem Bungalow TOP LINE 510 BF bewiesen<br />

wie modern, funktionell und mit höchstem<br />

Wohnkomfort ausgestattet barrierefreies Bauen<br />

sein kann. Der Bungalow 510 BF wurde zusammen<br />

mit dem siebenfachen Paralympicssieger<br />

Martin Braxenthaler entworfen und gestaltet.<br />

Selbstständiges Wohnen zu jeder Lebenszeit hat<br />

Wohngemeinschaft für beatmete<br />

Menschen in Düsseldorf<br />

E<br />

ndlich ist es soweit. Die Heimbeatmungsservice<br />

Brambring Jaschke GmbH ermöglicht das Zusammenleben<br />

von Menschen mit Beatmungspflicht<br />

oder einem Bedarf an häuslicher Intensivpflege<br />

in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft<br />

in Düsseldorf. Die technische und medizinische<br />

Entwicklung ist soweit fortgeschritten, dass Beatmung<br />

im häuslichen Bereich möglich und wünschenswert<br />

ist. Die Versorgung eines Angehörigen<br />

im häuslichen Umfeld bedeutet für viele betroffene<br />

Familien jedoch eine enorme Belastung, der<br />

sie nicht immer gewachsen sind. Bisher stand nur<br />

eine Alternative zur Verfügung: die Versorgung in<br />

einem Alten- und Pflegeheim.<br />

Diese Einrichtungen sind in der Regel weder vom<br />

Stellenschlüssel noch von der Qualifikation ihrer<br />

Mitarbeiter, auf beatmete und intensivpflegebedürftige<br />

Bewohner eingestellt und können deshalb<br />

verständlicherweise keine bedarfsgerechte<br />

Versorgung und Pflege anbieten. Hier greift das<br />

Konzept der Wohngemeinschaft. Dabei konnte<br />

für alle Menschen einen sehr hohen Stellenwert<br />

– aber besonders für Menschen mit Behinderung.<br />

Keine Türschwellen, keine Stufen, alles in greifbarer<br />

Nähe, rutschfeste Böden, einfach zu bedienende<br />

Fenster, eine unkomplizierte Küche und ein<br />

behindertengerechtes Bad sichern Bewegungsfreiheit<br />

und höchsten Bedienkomfort. Bungalow<br />

und Musterhauspark stehen zur Besichtigung bereit.<br />

Die Bungalowspezialisten von Haas Fertigbau<br />

sind kompetente Partner für Ideen, Wünsche und<br />

Lebensziele beim Hausbau.<br />

die Heimbeatmungsservice GmbH auf die Erfahrungen<br />

bereits bestehender Wohngemeinschaften<br />

zurückgreifen. Das in München beheimatete Unternehmen<br />

betreut bereits Klienten in derartigen<br />

Wohnprojekten in anderen Bundesländern.<br />

In NRW sollten die zukünftigen Bewohner eine<br />

attraktive Wohnmöglichkeit in einer belebten und<br />

interessanten Metropole mit internationalem Flair<br />

vorfinden. Die gibt es jetzt: Über den Dächern von<br />

Düsseldorf, in Rheinnähe und nah am Puls der<br />

Stadt. Im traumhaften Ambiente einer 180 qm-<br />

Wohnung finden zukünftig vier Bewohner neben<br />

einem geschmackvollen, gemeinsamen Wohn-<br />

Essbereich, großzügig geschnittene, helle Zimmer,<br />

die nach eigenen Wünschen und Vorstellungen<br />

eingerichtet werden können. Zwei große und<br />

behindertengerechte Bäder sowie ein Sonnenbalkon<br />

runden das Angebot ab.<br />

Viel Arbeit wurde im Vorfeld geleistet und alle<br />

Beteiligten warten nun mit Spannung auf die ersten<br />

Bewohner/innen. Die Heimbeatmungsservice<br />

Brambring Jaschke GmbH bietet diesen Menschen<br />

eine qualifizierte 24-Stunden Pflege im Assistenzmodell<br />

und ermöglicht damit eine selbstständige<br />

Lebensführung, die den Bewohnern ein Höchstmaß<br />

an Mobilität und Flexibilität bietet. So können<br />

und sollen je nach Befinden und Wünschen<br />

die vielfältigen kulturellen und geschäftlichen<br />

Highlights der Stadt genutzt werden. Ausflüge in<br />

die berühmte Altstadt, Shopping auf der mondänen<br />

Königsallee oder Ausruhen an der schönen<br />

Rheinpromenade gehören ebenso zum Angebot,<br />

wie Besuche der vielen Museen und Theater der<br />

Kultur- und Wirtschaftmetropole Düsseldorf.


ALTEC-Rollstuhlrampe<br />

überwindet Schwellen<br />

ie Firma ALTEC GmbH aus Singen, Produzent<br />

von Aluminium-Auffahrhilfen, stellt als Übergang<br />

von Wohn- und Aufenthaltsraum zur Terrasse oder<br />

Balkon eine mobile, klappbare Schwellenbrücke<br />

her, den Typ BTR. Höhenverstellbare Spindelfüße<br />

ermöglichen den Einsatz an fast jeder Türschwelle.<br />

Durch ein Scharnier kann die Rampe Platz sparend<br />

zusammengelegt werden und verbleibt bei<br />

Nichtgebrauch auf Balkon oder Terrasse. Beim<br />

nächsten Einsatz wird sie einfach wieder auseinandergeklappt<br />

und ist sofort benutzbar.<br />

Inkontinenzaufklärung für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

G<br />

unhild Vieler hatte vor 11 Jahre die Idee ein Unternehmen<br />

zu gründen, das nicht nur Inkontinenzprodukte<br />

vertreibt, sondern eine ganz spezielle<br />

Versorgung anbietet. Von Anfang an hat die Firma<br />

Incocare den Patienten Möglichkeiten gegeben in<br />

mehrtägigen Seminaren die praktische Seite des<br />

Intermittierenden Katheterismus kennen zu lernen.<br />

Die Seminare beginnen am Freitagabend und enden<br />

am Sonntagmittag. Ein speziell ausgebildeter<br />

Krankenpfleger/in beschäftigt sich intensiv mit den<br />

Kindern/Jugendlichen und übt praktisch mit ihnen.<br />

Die entsprechende Pflegeperson hat an diesem Wochenende<br />

nur zwei Patienten zu betreuen, wodurch<br />

gewährleistet ist, dass das Kind viel lernen wird. Die<br />

Eltern haben viele Möglichkeiten sich bei Vorträgen<br />

über Intermittierenden Katheterismus und Möglichkeiten<br />

der Darmentleerung zu informieren und sich<br />

mit anderen Eltern auszutauschen. Weiterhin gibt<br />

es ein fünftägiges Seminarangebot zu speziellen,<br />

praktischen Techniken der Darmentleerung.<br />

Den Kindern wird dabei geholfen die Gesundheit zu<br />

erhalten und ein gutes Körperbewusstsein zu entwickeln.<br />

Zur intensiveren Beratung und für weitergehende<br />

Informationen gibt es folgende Inhalte an<br />

diesen Wochenenden:<br />

Einzelberatung mit Betroffenen und<br />

geschultem Pflegepersonal<br />

Einzelberatung bei Frau Vieler<br />

D<br />

Informationen über Rollstuhlsport etc.<br />

Produktinformation<br />

Freizeit<br />

Psychologische Beratung<br />

Entspannung<br />

Im Team arbeiten Gesundheits- und Krankenpfleger/innen<br />

(vornehmlich aus dem Gebiet der Urologie)<br />

mit den Seminarteilnehmern Hand in Hand,<br />

um einen bestmöglichen Erfolg zu erzielen. Ergänzt<br />

wird das Team durch professionelle Berater und<br />

einen Seminarleiter, Psychologen und Rollstuhlfahrer,<br />

die mit ihrer eigenen Erfahrung und Tipps und<br />

Tricks helfend zur Seite stehen.<br />

Das Seminar selbst ist kostenlos, zu zahlen sind<br />

lediglich persönliche Übernachtungs- und Verpflegungskosten.<br />

Auch im Erwachsenenbereich sind<br />

seit 2008 Seminare im Angebot.<br />

markt<br />

Kontakt:<br />

www.IncoCare.de<br />

PARAPLEGIKER 1/09 91


info info<br />

92<br />

PARAPLEGIKER 1/09<br />

Bundessozialgericht:<br />

Urteile zum „Kraftknoten“<br />

Am Rollstuhl angebrachte „Kraftknoten“ dienen dazu eine optimale Krafteinleitung<br />

sowohl Richtung Fahrzeugboden als auch zum Sicherheitsgurt zu gewährleisten.<br />

Bei Nutzung eines „Behindertentaxis“ sollte auf diese Technik nicht mehr verzichtet<br />

werden. Aber wer trägt die Kosten...<br />

D<br />

ie Krankenkassen verwiesen auf die Sozialhilfeträger,<br />

die Sozialhilfeträger meinten die Krankenkassen<br />

seien zuständig und andere Varianten.<br />

Auch die bisherigen Gerichtsentscheidungen zu<br />

dem Thema fielen unterschiedlich aus. Aber jetzt<br />

hat das Bundessozialgericht (BSG) mit verschiedenen<br />

Urteilen am 20.11.2008 für Klarheit gesorgt!<br />

An diesem Tag verhandelte das BSG drei unterschiedliche<br />

Fälle zum Thema Kraftknoten, in denen<br />

die jeweilige Krankenkasse verklagt wurde.<br />

Im ersten Fall ging es darum, ob der Elektrorollstuhl<br />

des Klägers für Fahrten zu einer Werkstätte<br />

für behinderte Menschen mit einem Kraftknoten<br />

auszustatten ist und wer die Kosten hierfür trägt.<br />

Im zweiten Fall benötigte der Kläger den Kraftknoten,<br />

um den Weg zur Sonderschule zu bewerkstelligen.<br />

Und im dritten Fall ging es um einen so genannten<br />

Erstattungsstreit zwischen der Region Hannover<br />

und einer Krankenkasse. Die Region Hannover war<br />

in Vorleistung gegangen und forderte die Kosten<br />

für den Kraftknoten nun von der Krankenkasse. Es<br />

ging dabei um die Versorgung eines Schülers.<br />

In allen drei Fällen wurde die Krankenkasse verurteilt<br />

die Kosten des Kraftknotens zu tragen. Im<br />

ersten Fall wurde die Krankenkasse verurteilt, die<br />

Kosten für den Kraftknoten zu übernehmen, da sie<br />

nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen<br />

nach § 14 Absatz 1 Satz 2 SGB IX an den nach<br />

ihrer Meinung nach zuständigen Kostenträger weitergeleitet<br />

hat. Daher musste sie den Anspruch<br />

auf den Kraftknoten nach allen Rechtsgrundlagen<br />

prüfen und nicht nur nach dem Recht der Krankenversicherung.<br />

Die Krankenkasse hat damit zu<br />

prüfen, ob es sich um ein Hilfsmittel im Sinne der<br />

Krankenkasse handelt, aber auch ob ein sozialhilferechtlicher<br />

Anspruch besteht. Nach Ablauf der<br />

zweiwöchigen Frist kann sie nicht mehr auf andere<br />

Kostenträger verweisen. Im vorliegenden Fall ergibt<br />

sich der Anspruch des Klägers entweder aus §<br />

33 Abs 1 SGB V (Recht der Krankenversicherung),<br />

falls er als schwerstbehinderter Erwachsener nur<br />

im Rollstuhl sitzend Ärzte und Therapeuten zu erreichen<br />

vermag und ihm deshalb ausnahmsweise<br />

als Basisausgleich seiner Behinderung auch die<br />

Möglichkeit des sicheren Transportes von der Beklagten<br />

zu gewähren ist, oder ansonsten aus den<br />

sozialhilferechtlichen Regelungen zur Eingliederung<br />

von Behinderten in das Erwerbsleben.<br />

In den beiden anderen Fällen wurde die Krankenkasse<br />

zur Zahlung verurteilt, da es sich bei der Versorgung<br />

mit einem Kraftknoten um einen Anspruch<br />

gemäß § 33 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

handelt. Zwar ist das Grundbedürfnis der<br />

Mobilität in aller Regel schon mit der Möglichkeit<br />

zur Erschließung des Nahbereichs der Wohnung<br />

erfüllt, so dass die Versorgung mit den im Einzelfall<br />

in Betracht kommenden Hilfsmitteln – insbesondere<br />

mit einem Rollstuhl – insoweit ausreichend ist.<br />

Kann ein Versicherter zum Schulbesuch jedoch nur<br />

sitzend im Rollstuhl transportiert werden, dann hat<br />

die gesetzliche Krankenversicherung auch die notwendige<br />

und nach dem Stand der Technik erforderliche<br />

Sicherung des Transports durch geeignete<br />

Maßnahmen zu gewährleisten. Aktenzeichen:<br />

Urteile des BSG vom 20.11.2008 zu den Aktenzeichen<br />

B 3 KR 6/08 R; B 3 KR 16/08 R; B 3 KN 4/07 KR R.<br />

RA Jörg Hackstein<br />

Autoreninfo: Rechtsanwalt Jörg Hackstein ist<br />

Vorstand der Schütze & Hartmann Rechtsanwälte<br />

AG in Lünen. Die auf Unternehmen des Gesundheitsmarktes<br />

spezialisierte Kanzlei vertritt<br />

und berät u.a. namhafte Leistungserbringer, Hersteller,<br />

Verbände und Versicherte im Hilfsmittelsektor.


HUMANIS Zeitschriften<br />

umweltfreundlicher:<br />

Papier aus<br />

nachhaltiger<br />

Waldwirtschaft<br />

Unsere Zeitschriften tragen ab sofort<br />

das „PEFC-Siegel“. Grund dafür ist das<br />

Papier, auf dem bei der Firma NINO<br />

Druck GmbH in Neustadt gedruckt wird.<br />

Es stammt aus nachhaltig bewirtschafteten<br />

Wäldern.<br />

Das internationale PEFC-Siegel ist Garantie für Produkte<br />

aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Ausgangspunkt<br />

der Zertifi zierung nachhaltiger Forstwirtschaft<br />

sind Überlegungen, wie man Waldzerstörungen vor<br />

allem in den Tropen aber auch in Nadelwäldern entgegenwirken<br />

kann. Bei der Zertifi zierung wird durch<br />

einen unabhängigen Gutachter festgestellt, ob die Bewirtschaftung<br />

der Wälder nachhaltig erfolgt. Produkte<br />

aus zertifi zierten Wäldern werden mit einem Label gekennzeichnet,<br />

das dem Verbraucher die Herkunft aus<br />

nachhaltig bewirtschafteten Wäldern garantiert. Der<br />

verantwortungsbewusste Verbraucher sollte nur noch<br />

zertifi zierte Produkte kaufen und so letztlich die Anbieter<br />

zwingen auf eine nachhaltige Bewirtschaftung<br />

umzustellen.<br />

International gibt es vor allem zwei Zertifi zierungssysteme:<br />

PEFC (Programme for the Endorsement of Forest<br />

Certifi cation Schemes) und FSC (Forest Stewardship<br />

Council). Die inhaltlichen Unterschiede sind eher gering,<br />

die geforderten Standards sind im Grunde vergleichbar.<br />

Während sich PEFC etwas stärker an den<br />

Waldbesitzern orientiert, wird FSC vor allem von den<br />

großen Umweltschutzorganisationen bevorzugt. Mit<br />

einer zertifi zierten Waldfl äche von mehr als 200 Mio.<br />

Hektar ist PEFC das weltweit größte forstliche Siegel.<br />

Seit der Gründung von PEFC Deutschland im Jahr 1999<br />

wurden mit mehr als 7 Mio. Hektar gut zwei Drittel<br />

der deutschen Waldfl äche zertifi ziert. Die wichtigsten<br />

Standards lauten: Förderung von Mischbeständen aus<br />

standortgerechten Baumarten. Kahlschläge sind verboten.<br />

Pfl anzenschutzmittel sollen vermieden werden.<br />

Unabhängige Zertifi zierungsgesellschaften kontrollieren<br />

in regelmäßigen Abständen die Einhaltung dieser<br />

Vorschriften.<br />

Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe<br />

von Euro<br />

(mindestens 30 Euro)<br />

Querschnittgelähmte 15 Euro, je Familienmitglied 15 Euro<br />

Ich zahle per: Abbuchung Rechnung<br />

Buchen Sie von folgendem Konto ab:<br />

Bank<br />

PARAPLEGIKER – Zeitschrift für<br />

Menschen mit Körperbehinderung<br />

Das offi zielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im<br />

vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung<br />

haben viele gemeinsame Interessen,<br />

deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen<br />

Betroff enheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen<br />

Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung.<br />

Ständige Themen<br />

Werden Sie Mitglied!<br />

Bankleitzahl Konto-Nr.<br />

Datum Unterschrift<br />

Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich<br />

widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />

Datum Unterschrift<br />

Bitte ausschneiden und in einem ausreichend frankierten Umschlag senden an:<br />

Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Silcherstraße 15<br />

67591 Mölsheim<br />

Hilfsmittel Rollstuhl & Co – Test the Best<br />

Pfl ege Organisation, Finanzierung und<br />

Pfl egemittel<br />

Urlaub In Nah und Fern<br />

Auto Solange es rollt – Vom kleinen Flitzer<br />

bis zum großen Van<br />

Recht Tips vom Anwalt<br />

Menschen Behinderte Persönlichkeiten, Sport,<br />

Spaß, Leistung, Reisen<br />

Planen, Barrierefrei und alltagstauglich<br />

Bauen, Wohnen,<br />

Prothetik, Ausbildung und Beruf, Industriereport<br />

Zu unserem Programm gehören auch<br />

»B-kids« für behinderte Menschen,<br />

»K« - Journal Mensch und Krebs,<br />

»FGQ-Info« Informationsbroschüren der Fördergemeinschaft<br />

für Querschnittgelähmte in<br />

Deutschland.<br />

Bei Interesse fordern Sie bitte ein Probeheft an oder<br />

informieren sich telefonisch beim Verlag.<br />

Bestellcoupon rückseitig<br />

Rückseite beachten!<br />

Diesen Abschnitt bitte ausfüllen,<br />

ausschneiden, in einen ausreichend<br />

frankierten Umschlag<br />

geben und einsenden an:<br />

Humanis<br />

Verlag für Gesundheit GmbH<br />

Silcher Straße 15<br />

67591 Mölsheim<br />

oder faxen an:<br />

0 62 43 - 90 35 69<br />

Abotelefon:<br />

0 62 43 - 90 07 04


PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER<br />

JA!<br />

Ich möchte »PARAPLEGIKER«, die Zeitschrift für Menschen mit<br />

Körperbehinderung abonnieren,<br />

4 Ausgaben jährlich für 15 € (Ausland 20 €) inkl. Porto & Versand.<br />

Vorname:<br />

Name:<br />

Straße / Hausnummer:<br />

PLZ / Ort:<br />

bargeldlos durch Bankeinzug<br />

Konto-Nr.:<br />

BLZ:<br />

94<br />

Ja!<br />

Name und Sitz der Bank:<br />

gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten)<br />

Unterschrift<br />

94<br />

Ich möchte Mitglied im Freundeskreis der<br />

Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V. werden.<br />

Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle<br />

laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft unerrichtet. Falls ich durch einen Unfall<br />

eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender<br />

Abstufung bei Teilinvalidität.<br />

Name, Vorname<br />

Geb.-Datum<br />

Straße<br />

PLZ / Wohnort<br />

Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an:<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Ich bin querschnittgelähmt ja nein<br />

Andere Behinderung:<br />

Werden Sie Mitglied!<br />

Spendenkonto 0 179 200, Deutsche Bank Ludwigshafen, BLZ 545 700 94<br />

Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerufen<br />

werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine<br />

2. Unterschrift.<br />

Unterschrift.<br />

Gewünschte Zahlungsweise (bitte ankreuzen)<br />

Beantworten Sie bitte noch diese zwei Fragen bevor Sie die Abo-Karte ausgefüllt<br />

an uns senden:<br />

Wo haben Sie »<strong>Paraplegiker</strong>« kennengelernt?<br />

Welche Ausgabe des »<strong>Paraplegiker</strong>« liegt Ihnen vor?<br />

Rückseite beachten<br />

Rückseite beachten<br />

I M P R E S S U M<br />

PARAPLEGIKER – Zeitschrift für<br />

Menschen mit Körperbehinderung<br />

HUMANIS Verlag GmbH<br />

Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

Telefax: 0 62 43-903 569<br />

info@humanis-verlag.de<br />

www.humanis-verlag.de<br />

ISSN 0723-5070<br />

HERAUSGEBER<br />

Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Roger Kniel<br />

MARKETINGLEITUNG<br />

Gisela Werner<br />

ANZEIGENBETREUUNG<br />

POINT63 Media- und Verlagsservice<br />

Andreas Stoßberg<br />

Telefon: 02 12-2 33 52 65<br />

Telefax: 02 12-2 33 52 66<br />

a.stossberg@arcor.de<br />

ABOBETREUUNG<br />

Probeheft<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

REDAKTIONSLEITUNG<br />

(v.i.S.d.P.) Peter Mand<br />

MITARBEIT AN DIESER AUSGABE<br />

Martin Bopp, Herbert Müller, Klaus Schwarz, Britta Wittmacher, Harry<br />

Baus, Hermann Sonderhüsken, Karin von der Saal, Josef Stöckle,<br />

Barbar Früchtel, Arndt Krödel, Ralph Büsing, Reinhard Wylegalla,<br />

Raimund Artinger, Alexander Epp, Ralf Kirchhoff , RA Jörg Hackstein.<br />

Layout<br />

Eickhoff – Grafi k & Design - Speyer<br />

Druck<br />

NINO Druck GmbH<br />

Im Altenschemel 21<br />

67435 Neustadt/Weinstraße<br />

Erscheinungsweise<br />

vierteljährlich<br />

Anzeigenschluss<br />

3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung<br />

der Auftraggeber.<br />

Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008<br />

BEZUGSBEDINGUNGEN<br />

Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft:<br />

Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4<br />

EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung<br />

gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement<br />

verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8<br />

Wochen vor Ablauf beim Verlag schriftlich gekündigt wurde.<br />

Der gesamte Inhalt der Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt, jede<br />

unzulässige Verwertung ohne Einwilligung des Verlages wird verfolgt.<br />

Die Autoren erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung ihrer<br />

Beiträge einverstanden. Haftung für zugesandte Texte oder Bilder<br />

wird ausgeschlossen.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge stimmen nicht zwangsläufi g<br />

mit Meinung des Verlages und der Redaktion überein.

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