04.03.2013 Aufrufe

8 Machtmissbrauch:

8 Machtmissbrauch:

8 Machtmissbrauch:

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8 <strong>Machtmissbrauch</strong>:<br />

Preisdiskriminierung und unbillige<br />

Behinderung<br />

8.1 Preisdiskriminierung<br />

Definition: Preisdiskriminierung liegt<br />

vor, wenn verschiedene Kunden für die<br />

gleich Ware oder Dienstleistung<br />

systematisch unterschiedliche Preise<br />

zahlen müssen, ohne dass<br />

Preisunterschiede durch entsprechende<br />

Kostenunterschiede gerechtfertigt<br />

werden können.<br />

1


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Relevant vor allem:<br />

§ 19 (4) Nr. 3 GWB (siehe Kapitel 7).<br />

§ 20 (1) (Diskriminierungsverbot):<br />

Marktbeherrschende Unternehmen ... dürfen ein<br />

anderes Unternehmen ... weder unmittelbar noch<br />

mittelbar ... gegenüber gleichartigen Unternehmen<br />

ohne sachlich gerechtfertigten Grund ...<br />

unterschiedlich behandeln.<br />

2


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Auszüge aus dem Gesetz<br />

§20 Diskriminierungsverbot, Verbot unbilliger<br />

Behinderung<br />

(1) Markbeherrschende Unternehmen, Vereinigungen von<br />

Unternehmen im Sinne der §§2-8..., dürfen ein anderes<br />

Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen<br />

Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar<br />

noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber<br />

gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten<br />

Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.<br />

3


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Auszüge aus dem Gesetz<br />

(2) ...es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art<br />

von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem<br />

Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn<br />

dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen<br />

Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten<br />

regelmäßig besondere Vergünstigen erlangt, die<br />

gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.<br />

4


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Auszüge aus dem Gesetz<br />

(4) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren<br />

Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre<br />

Marktmacht nicht dazu auszunutzen, solche<br />

Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu<br />

behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1<br />

liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen Waren oder<br />

gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter<br />

Einstandspreis anbietet, es sei denn, dies ist sachlich gerechtfertigt.<br />

5


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Europa: Artikel 82 EGV:<br />

Satz 2, c: Missbrauch einer marktbeherrschenden<br />

Stellung durch Preisdiskriminierung gegenüber<br />

Unternehmen verboten.<br />

Satz 2, a: Unangemessene Preise als<br />

<strong>Machtmissbrauch</strong> kann auch auf<br />

Preisdiskriminierung gegenüber Endverbrauchern<br />

angewandt werden.<br />

6


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Intention des §20: Weniger Schutz des<br />

Marktes als vielmehr Individualschutz.<br />

Es soll verhindert werden, dass ein einzelnes<br />

kleines Unternehmen von einem anderen<br />

Unternehmen ausgebeutet oder behindert<br />

wird.<br />

§20 (2) ist auf konkreten Marktteilnehmer<br />

bezogen. Insbesondere auf Behinderungsund<br />

Diskriminierungsvorwürfe.<br />

7


8.1.1 Rechtliche Grundlagen<br />

Im Gegensatz zu §19 sind hier Kriterien klar definiert.<br />

Gerichte haben in der Vergangenheit eine Reihe von<br />

Gründen zugelassen, aus denen ein Unternehmen<br />

von einem anderen, nicht marktbeherrschenden<br />

Unternehmen, abhängig sein kann, insbesondere:<br />

Sortimentsbedingte Abhängigkeit von bekannten<br />

Markenartikeln;<br />

Mangelbedingte Abhängigkeit (z.B. während einer Ölkrise);<br />

Unternehmensbedingte Abhängigkeit (Umstellungsprobleme<br />

nach langfristigen Beziehungen).<br />

Anmerkung: Diese Macht kann ein Unternehmen<br />

seit der Novelle von 1989 nur noch gegenüber<br />

kleinen und mittleren Unternehmen haben.<br />

8


8.2 Fallbeispiele<br />

8.2.1 Der Fall Chiquita (1982)<br />

EK stellte fest, dass United Brands (UBC) auf<br />

europäischem Bananenmarkt einen Marktanteil von über<br />

40% hatte.<br />

Preise von UBC zum Teil deutlich über denen von<br />

Konkurrenzprodukten.<br />

Indiz für EK für marktbeherrschende Stellung.<br />

UBC lieferte unreife (grüne) Bananen über eigene<br />

Seeroute nach Rotterdam und Bremerhaven.<br />

Weiterverkauf an Reiferer.<br />

UBC verlangte unterschiedliche Preise von Reiferern in<br />

Rotterdam und Bremerhaven und legte dazu vertraglich<br />

fest, dass Reiferer die Bananen im grünen Zustand nicht<br />

weiterverkaufen dürfen.<br />

9


8.2.1 Der Fall Chiquita (1982)<br />

EK wies nach, dass Kosten der Löschung in beiden<br />

europäischen Häfen gleich waren.<br />

Hauptsächlicher Tatbestand für EK bestand im<br />

Weiterverkaufsverbot (auch Fall von unzulässigem<br />

vertikalen Vertrag, siehe Kap. 9): Einschränkung des<br />

Handels zwischen den Mitgliedsstaaten.<br />

Verstoß von UBC gegen Art. 82.<br />

Kommission verhängte Geldbuße von 1 Mill. ECU.<br />

EuGH bestätigte Urteil im wesentlichen, senkte jedoch<br />

Geldbuße auf 0,85 Mill. ECU wegen Aufhebung anderer<br />

Entscheidungspunkte der Kommission.<br />

10


8.1.2.B Fall Deutsche Bahn (1999)<br />

Kommission ging 1994 wegen Preisdiskriminierung gegen<br />

Deutsche Bahn vor.<br />

Anlass: Beschwerde eines Rotterdamer Hafenunternehmers:<br />

Bahn benachteiligte Transport der Container über<br />

niederländische und belgische Häfen gegenüber dem<br />

Hamburger Hafen.<br />

Kommission fand heraus, dass zwischen 1990 und 1992<br />

Tarife für Transporte von und nach allen deutschen<br />

Regionen über Rotterdam höher lagen als über Hamburg<br />

(obwohl 1/3 der Regionen näher an Rotterdam liegen als an<br />

Hamburg).<br />

11


8.1.2.B Fall Deutsche Bahn (1999)<br />

Preise über Rotterdam 2-77% höher als über<br />

Hamburg.<br />

Kein Zusammenhang zu entstehenden Kosten<br />

erkennbar.<br />

Gleichzeitig wurde ein Kartellvergehen der Deutschen<br />

Bahn zusammen mit den Niederländischen und<br />

Belgischen Bahnen festgestellt.<br />

EuGH bestätigte Geldbuße von 12 Mill. ECU.<br />

12


8.1.2.C Fall Lufthansa<br />

Der in Kapitel 7 beschriebene Fall der Lufthansa-<br />

Strecken Frankfurt – Berlin und Berlin – München<br />

stellt ebenfalls Verstoß gegen<br />

Preisdiskriminierungsverstoß dar.<br />

13


8.1.2.D Der Fall Asbach (1976)<br />

Die Firma Asbach hatte beim Vertrieb ihres Weinbrandes<br />

einem Kreis von 1.527 sogenannten<br />

Bedienungsfachgroßhändlern einen Sonderrabatt von<br />

5% angeboten.<br />

Großhändler mussten sich hierzu verpflichten, nur an<br />

gastronomische Betriebe zu liefern.<br />

Der Vertrag wurde von 1.529 Großhändlern<br />

unterschrieben, während ca. 1.800 andere Großhändler<br />

auf das Privileg verzichteten.<br />

Ein Nichtunterzeichner legte daraufhin beim BKartA<br />

Beschwerde ein, weil ihm die 5% Zusatzrabatt von der<br />

Firma Asbach verweigert worden waren.<br />

14


8.1.2.D Der Fall Asbach (1976)<br />

Das BKartA sah in dieser Verweigerung eine sachlich<br />

nicht gerecht-fertigte unterschiedliche<br />

Behandlung zwischen Asbach-Bedienungsfachhändlern<br />

und den ca. 1.800 Fachgroßhändlern.<br />

15


8.1.2.D Der Fall Asbach (1976)<br />

Das KG hob die Verfügung des BKartA auf.<br />

Begründung: Sonderrabatt sachlich gerechtfertigt,<br />

da der begünstigte Großhandel im Vergleich zum übrigen<br />

Großhandel eine besondere Leistung erbringe.<br />

Das KG hat in anderen Fällen diese Rechtsprechung<br />

fortgeführt, wonach eine unterschiedliche Behandlung<br />

gleichartiger Unternehmen dann gerechtfertigt werden<br />

kann, wenn der Lieferant einem Abnehmer einen Vorteil<br />

zugesteht, der dem Ausgleich einer besonderen Leistung<br />

dient.<br />

16


8.1.2.D Der Fall Asbach (1976)<br />

BGH revidiert dieses Urteil:<br />

Bei Prüfung der Unbilligkeit müsse auf jeden Fall eine<br />

Abwägung der Interessen der beteiligten Unternehmen<br />

vorgenommen werden.<br />

Unrechtmäßige Diskriminierung der Nicht-<br />

Fachgroßhändler läge zwar vor,<br />

aber diese könne behoben werden, indem Sonderrabatt<br />

auf alle Weiterverkäufe an die Gastronomie gewährt<br />

würde.<br />

17


8.1.2.D Der Fall Asbach (1976)<br />

Das BGH bestätigt damit die Zulässigkeit einer<br />

Preisdiskriminierung dritten Grades, ohne dass diese<br />

durch andere Gründe gerechtfertigt werden muss.<br />

Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht spricht im Prinzip nichts<br />

gegen Preisdiskriminierung dritten Grades gegenüber<br />

Endverbrauchern wohl aber gegenüber Firmen, die selbst<br />

Marktmacht haben (vgl. Abschnitt 8.1.3)<br />

Das Urteil des BGH widerspricht jedoch eindeutig dem<br />

§19(4) Nr. 3, nach dem eine solche Ausbeutung explizit<br />

verboten ist.<br />

18


8.1.2.E Der Fall Effem<br />

Die Tochter Effem des amerikanischen Konzerns Mars<br />

hatte 1980 einen Marktanteil von 70% an Fertignahrung<br />

für Hunde und Katzen.<br />

Effem räumt einigen seiner Kunden einen Rabatt ein,<br />

der vom gesamten Jahresumsatz von Effem-Produkten<br />

abhing, schaffte dadurch Anreiz, den gesamten Bedarf<br />

bei Effem zu beziehen.<br />

19


8.1.2.E Der Fall Effem<br />

BKartA ging gegen dieses Rabattschema mit §19 und 20<br />

vor und warf Effem sowohl einen Missbrauch seiner<br />

marktbeherrschenden Stellung als auch unbillige<br />

Diskriminierung der beim Rabatt benachteiligten<br />

Abnehmer vor.<br />

KG gab BKartA fast Recht.<br />

Argument marktbeherrschender Stellung wurde bestätigt.<br />

Kurzfristige Rabattdiskriminierung aufgrund unterschiedlicher<br />

Bestellungen sei jedoch zulässig.<br />

20


8.1.2.F Fall Michelin<br />

Michelin hatte in den Niederlanden missbräuchliches<br />

Rabattsystem entwickelt.<br />

Problem der EK war die Marktabgrenzung:<br />

PKW- versus LKW und Bus-Reifen.<br />

Michelin versuchte seinen Marktanteil kleinzureden,<br />

indem es argumentierte, man müsse auch<br />

runderneuerte Reifen einbeziehen.<br />

Dies wurde jedoch abgelehnt. Die Marktabgrenzung<br />

bestand dann im Markt für neue LKW- und Bus-<br />

Reifen, wo Michelin Anteile zwischen 57% und 65%<br />

hielt.<br />

21


8.1.3 Theorie der Preisdiskriminierung<br />

Man unterscheidet:<br />

Preisdiskriminierung 1.Grades= totale Preisdiskriminierung<br />

nach Zahlungsbereitschaft.<br />

Preisdiskriminierung 3.Grades (nach Verbrauchergruppen)<br />

Preisdiskriminierung 2. Grades: (Nichtlineare Tarife,<br />

Verbraucher mit hoher und niedriger Nachfrage sortieren<br />

sich selbst).<br />

Preisdiskriminierung 1.Grades zwar unrealistisch aber<br />

effizient: zeigt dass Preisdiskriminierung nicht<br />

grundsätzlich ineffizient sein muss.<br />

22


8.1.3.1 Preisdiskriminierung durch Monopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Bei Preisdiskriminierung 3.Grades setzt Unternehmen bei<br />

jeder Verbrauchergruppe i :<br />

pi − c Di( pi)<br />

1<br />

=− =<br />

pi pD i i'( pi) εi(<br />

pi)<br />

wobei D( p ) die Nachfrage der Verbrauchergruppe i ist.<br />

i i<br />

Bei einheitlichem Preis gilt dagegen:<br />

p− c D( p)<br />

1<br />

=− =<br />

p pD'( p) E( p)<br />

wobei (bei zwei Verbrauchergruppen):<br />

D( p) = D ( p) +<br />

D ( p)<br />

1 2<br />

23


8.1.3.1 Preisdiskriminierung durch Monopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Nun gilt aber:<br />

pD [ 1'( p) + D2'( p)] pD1'( p) pD2'( p)<br />

− E( p)<br />

= = +<br />

D1( p) + D2( p) D1( p) + D2( p) D1( p) + D2( p)<br />

pD1'( p) D1( p) pD2'( p) D2( p)<br />

= ⋅ + ⋅<br />

D1( p) D1( p) + D2( p) D2( p) D1( p) + D2( p)<br />

=−αε ( p) −[1 −α]<br />

ε ( p)<br />

mit:<br />

0< α <<br />

1<br />

1 2<br />

Hieraus folgt aber:<br />

ε ( p) < E( p) < ε ( p)<br />

1 2<br />

24


8.1.3.1 Preisdiskriminierung durch Monopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Nun gilt aber:<br />

pD [ 1'( p) + D2'( p)] pD1'( p) pD2'( p)<br />

− E( p)<br />

= = +<br />

D1( p) + D2( p) D1( p) + D2( p) D1( p) + D2( p)<br />

pD1'( p) D1( p) pD2'( p) D2( p)<br />

= ⋅ + ⋅<br />

D1( p) D1( p) + D2( p) D2( p) D1( p) + D2( p)<br />

=−αε ( p) −[1 −α]<br />

ε ( p)<br />

mit:<br />

0< α <<br />

1<br />

1 2<br />

Hieraus folgt aber:<br />

ε ( p) < E( p) < ε ( p)<br />

1 2<br />

25


8.1.3.1 Preisdiskriminierung durch Monopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Preiserhöhung für erste Verbrauchergruppe erhöht Gewinn<br />

um<br />

D ( p) + ( p−c) D '( p)<br />

1 1<br />

Wann ist dieser Gewinnzuwachs positiv?<br />

p−c 1<br />

D1( p) + ( p− c) D1'( p)<br />

> 0 ⇔ <<br />

p ε ( p)<br />

Da aber im Gewinnoptimum (bei nicht-Preisdiskriminierung<br />

gilt:<br />

p− c 1 1<br />

= <<br />

p E( p) ε ( p)<br />

führt Anheben des Preises bei Verbrauchergruppe mit<br />

weniger elastischer Nachfrage zu Gewinnsteigerung.<br />

1<br />

1<br />

26


8.1.3.1 Preisdiskriminierung durch Monopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Analog führt Preissenkung bei Verbrauchergruppe mit<br />

höherer Nachfrage-Elastizität ebenfalls zu<br />

Gewinnsteigerung.<br />

Konsumenten mit inelastischer Nachfrage verlieren,<br />

Konsumenten mit elastischer Nachfrage gewinnen durch<br />

Preisdiskriminierung.<br />

Gesamt-Effekt?<br />

Man kann zeigen, dass Preisdiskriminierung die Wohlfahrt<br />

erhöht (senkt), wenn die Gesamtversorgung steigt (sinkt).<br />

Bei linearer Nachfrage sinkt Wohlfahrt, wenn beide<br />

Konsumentengruppen ohne Preisdiskriminierung positive<br />

Mengen konsumieren!<br />

27


M<br />

p<br />

Beispiel, dass Wohlfahrt durch<br />

Preisdiskriminierung steigen kann:<br />

Nachfrage von<br />

Verbrauchergruppe 1<br />

Gesamtnachfrage<br />

M<br />

p2<br />

Nachfrage von<br />

Verbrauchergruppe 2<br />

28


8.1.3.2 Preisdiskriminierung durch Oligopolisten<br />

gegenüber Endverbrauchern<br />

Im Oligopol senkt Preisdiskriminierung die Preise!<br />

Preisdiskriminierung muss dort also nicht verboten<br />

werden!<br />

Aber: Preisdiskriminierung senkt<br />

Unternehmensgewinne, selbst bei einseitiger<br />

Preisdiskriminierung durch ein einziges<br />

Unternehmen.<br />

Fazit: Im Oligopol wollen die Unternehmen gar<br />

nicht Preis-diskriminieren!<br />

29


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

In der Praxis versuchen Markt-starke<br />

Unternehmen oft gegenüber anderen<br />

Unternehmen Preisdiskriminierung zu betreiben<br />

(vgl. Fälle Asbach, Effem).<br />

Frage: ist Preisdiskriminierung gegenüber<br />

Unternehmen gut oder schlecht?<br />

Antwort: eher schlecht !<br />

Dazu einfaches Modell:<br />

Monopolist verkauft Gut weiter an zwei Duopolisten:<br />

Duopolisten sind unterschiedlich effizient.<br />

30


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

Monopolist<br />

Duopolist 1 Duopolist 2<br />

p<br />

w1 2<br />

aq aq<br />

1 1 2 2<br />

q1 2 q<br />

Endverbraucher<br />

w<br />

p<br />

31


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

Lineare Nachfrage auf Endverbrauchermarkt:<br />

P( q1, q2) = A− b[ q1+ q2]<br />

Duopolisten sind unterschiedlich effizient: Unternehmen i<br />

benötigt aq i i Einheiten des Vorproduktes.<br />

wi<br />

sei der Preis, den der Monopolist von Unternehmen i<br />

verlangt.<br />

Kosten von Unternehmen i:<br />

C ( q ) = waq<br />

i i i i i<br />

Mengen im Cournotgleichgewicht (vgl. Kap 2):<br />

c A + aw − 2aw c A+ aw−2aw q1 ( w1, w2) = , q2 ( w1, w2)<br />

=<br />

3b 3b<br />

2 2 1 1 1 1 2 2<br />

32


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

Beachte: Die Nachfrage der Duopolisten hängt nun von<br />

beiden Preisen ab (im Gegensatz zum reinen<br />

Endverbrauchermodell)!<br />

Gewinn des monopolistischen Zulieferers:<br />

A + aw 2 2 − 2aw 1 1 A+ aw 1 1−2aw 2 2<br />

[ w1− c] a1 + [ w2 −c]<br />

a2<br />

3b 3b<br />

Maximierung bzgl. w1 und 2 liefert (Übung!):<br />

A c<br />

wi<br />

= +<br />

2a2 w<br />

i<br />

33


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

Fazit: Das ineffizientere Unternehmen bekommt den<br />

niedrigeren Preis (dies muss ineffizient sein!!).<br />

Falls a1 < A/(4 c)<br />

, bezieht das ineffizientere Unternehmen<br />

auch die größere Menge (Effizienz verlangt aber genau das<br />

Umgekehrte!)<br />

Frage: Ist Preisdiskriminierung gut oder schlecht für die<br />

Endverbraucher?<br />

Dazu: Bestimmung des Gewinn maximierenden<br />

Einheitspreises:<br />

0 Aa ( 1+ a2) c<br />

w = +<br />

2 2<br />

4( a + a −aa<br />

) 2<br />

1 2 1 2<br />

34


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

0<br />

Die zugehörige Menge sei q .<br />

Für geeignete Parameterkonstellation ist schon der<br />

niedrigere Preis bei Preisdiskriminierung höher als der<br />

Gewinn-maximierende Einheitspreis.<br />

Man kann weiterhin zeigen, dass<br />

0 C C<br />

q > q1 +<br />

q2<br />

Hieraus folgt: Preisdiskriminierung ist schädlich und sollte<br />

auf jeden Fall verboten werden.<br />

Das Ergebnis gilt auch, falls eines der beiden Unternehmen<br />

das Gut selbst produzieren oder woanders beziehen kann.<br />

35


8.1.3.3 Preisdiskriminierung gegenüber<br />

oligopolistischen Unternehmen<br />

Fazit: Monopolistischen Zulieferern anderer<br />

Unternehmen sollte Preisdiskriminierung auf jeden<br />

Fall verboten werden.<br />

Deutsche und europäische Gesetzgebung ist also<br />

ökonomisch vernünftig!<br />

Offene Frage: Gilt dies auch für Oligopolisten?<br />

Bei Oligopolisten ist allerdings die Gefahr der Missbrauchs<br />

geringer, da für die Unternehmen Ausweichmöglichkeiten<br />

bestehen!<br />

36


8.2 Verweigerung des Netzzugangs<br />

Verweigerung des Zugangs zu Netzen und anderer<br />

Infrastruktur durch eine Marktbeherrschendes<br />

Unternehmen gegen angemessenes Entgelt seit Novelle<br />

von 1999 nach § 19 (4), Satz 4 explizit verboten, wenn<br />

dieser Zugang nötig ist, um auf vor- oder nachgelagerten<br />

Markt als Wettbewerber aufzutreten.<br />

Die Frage, was Marktbeherrschung in diesem<br />

Zusammenhang ist, ist nicht geklärt.<br />

Unklar, was angemessene Entgelte sind. (Z.B.: Dürfen<br />

solche Entgelte Knappheitsrenten enthalten?)<br />

In einigen Sektoren gibt es Extra-Gesetze und<br />

Regulierungsbehörden, so dass GWB nicht anwendbar ist.<br />

37


8.3 Liefersperre<br />

Liefersperren sind die wichtigsten Fälle illegaler<br />

Diskriminierung nach §20(1).<br />

Der <strong>Machtmissbrauch</strong> steht jedoch in Konkurrenz mit dem<br />

Recht der Unternehmen, ihre Vertriebsform selbst zu<br />

wählen.<br />

Es ist allgemein anerkannt, dass Unternehmen ein<br />

objektiv selektives Vertriebssystem aufbauen darf.<br />

Es darf jedoch keine willkürlichen Benachteiligungen<br />

bestimmter Unternehmen geben.<br />

38


8.3 Liefersperre<br />

Problematisch ist z.B. der Vertrieb von Luxusartikeln, bei<br />

dem Produkte oft nur über subjektiv ausgewählte<br />

Unternehmen abgegeben werden.<br />

(Legitim, solange eine Liefersperre nicht als Drohmittel<br />

gegen abhängige Unternehmen benutzt wird).<br />

Allerdings hat das Verbot von Liefersperren seit der<br />

vorletzten Novelle an Wichtigkeit verloren (früher schärfere<br />

Version).<br />

39


Der Fall Adidas<br />

8.3 Liefersperre<br />

Das Handelsunternehmen SB-Kauf hatte Adidas<br />

verklagt, seine SB-Warenhäuser Divi mit Turnschuhen zu<br />

beliefern, die es in besonderen Abteilungen mit<br />

geschultem Verkaufspersonal anbieten wollte.<br />

Das LG weist Klage ab, OLG gibt Klage statt.<br />

Der BGH sah Adidas als marktstarkes Unternehmen.<br />

Klage von SB-Kauf wurde jedoch als zu unbestimmt<br />

abgewiesen.<br />

Der Klägerin wurde allerdings ein berechtigtes Interesse<br />

an der Feststellung einer Belieferungspflicht<br />

zugesprochen.<br />

40


Der Fall Adidas<br />

8.3 Liefersperre<br />

Die Liefersperre sei unbillig, da Adidas in der<br />

Vergangenheit vergleichbare Warenhäuser mit<br />

Sportschuhen beliefert habe.<br />

Ein selektives Vertriebssystem, das ein berechtigtes<br />

Interesse an der Liefersperre rechtfertigen könne, sei<br />

nicht erkennbar.<br />

Im übrigen definiert der BGH den Fachhandel und<br />

Warenhäuser mit Sportfachabteilungen als gleichartige<br />

Unternehmen.<br />

41


Fall Arzneimittel (1995):<br />

8.3 Liefersperre<br />

Pharmagroßhändler hatten sich geweigert, reimportierte<br />

Arzneimittel in ihr Sortiment aufzunehmen. (Gewinnspanne<br />

extrem gering). BKartA ging daraufhin gegen drei<br />

Pharmagroßhändler (Andreas Noris Zahn-AG, Gehe-AG und<br />

Sanacorp e.G.) vor.<br />

Argument: Verhalten der Pharmagroßhändler wirke sich als<br />

Marktzutrittssperre für Re- und Parallelimporteure aus.<br />

KG hebt Beschluss auf, BGH dagegen bestätigt BKartA.<br />

42


8.4 Boykott (§21)<br />

Nach §21 (1) GWB ist die Organisation eines Boykotts als<br />

schärfste Form der Behinderung eines Unternehmens<br />

verboten.<br />

Die Teilnahme an einem Boykott ist bereits eine<br />

Verletzung des §20(1), wenn der Boykottierer marktstark<br />

ist.<br />

Nach §21(1) ist jedoch auch der Aufruf zu einem solchen<br />

Boykott verboten.<br />

43


8.4 Boykott (§21)<br />

Zur Verletzung dieser Vorschrift gehören 3 verschiedene<br />

Akteure:<br />

ein Verrufer (Boykottierer), der zum Boykott (Liefer- oder Bezugssperren)<br />

auffordert und nach dem GWB als einziger bestraft<br />

werden kann,<br />

ein Verrufener (der zu Boykottierende),<br />

ein Adressat (Sperrer).<br />

Dramatische Fälle sind nicht bekannt (aus offensichtlichen<br />

Gründen, da Fälle leicht aufdeckbar).<br />

44


8.5 Eintrittsvergütungen<br />

Gelegentlich wenn auch selten versuchen Unternehmen<br />

Markteintrittsgebühren zu erheben:<br />

Der Fall Metro: Eintrittsvergütung<br />

1983 verbietet BKartA der Metro, von ihren 700 Lieferanten<br />

eine besondere Vergütung für die Aufnahme<br />

neuer Produkte in Sortiment zu verlangen.<br />

Fall erledigte sich jedoch ohne Urteil, weil BGH 1986<br />

in einem anderen Fall die Marktabgrenzung des<br />

BKartA verwirft.<br />

45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!