<strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong> <strong>Gut</strong> <strong>Holz</strong> Der Warenverkehr per <strong>Dhau</strong> stellt vor allem in den Emiraten noch heute einen beträchtlichen Wirtschaftsfaktor dar. Auch in der Fischereiindustrie werden sie eingesetzt, sie sind beliebt bei Touristen und seit neuestem sind sie hoch begehrt als „Mutterschiffe“ für Piraten. Text: Barbara Schumacher | Fotos: Barbara Schumacher, Shutterstock DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 21
■ <strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong> <strong>Die</strong> archaisch anmutenden <strong>Dhau</strong>s begegnen jedem Reisenden auf der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel. Früher fuhren sie unter Segeln – heute sind die massiven <strong>Holz</strong>schiffe mit Motoren und modernen Navigationsgeräten ausgerüstet. Geschichte, Modelle und Routen <strong>Dhau</strong>s befahren das Rote Meer, den Persischen Golf und den westlichen Teil des Indischen Ozeans seit Hunderten von Jahren. Besondere Bedeutung und Aufmerksamkeit der Bevölkerung erlangten sie im Rahmen der Anfang des 20. Jahrhunderts Existenz sichernden Perlenfischerei bei den Austernbänken, die meist fern der Häfen der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel lagen, sodass es über Bootsbau der verschiedenen <strong>Dhau</strong>arten, besonders berühmte <strong>Dhau</strong>s, die schrecklichen Unwettern trotzten, und mutige <strong>Dhau</strong>- Kapitäne viele Geschichten gibt. <strong>Dhau</strong>s spielten die Hauptrolle in Aufsehen erregenden Reiseberichten, wie z. B. Alan Villiers „Sons of Sindbad“, die nicht nur die seemännischen Künste der Seeleute und berühmter <strong>Dhau</strong>-Kapitäne auf abenteuerlichen Fahrten schildern, sondern auch die Seetüchtigkeit und Schönheit dieser Schiffe, die bis heute genau so namentlich bekannt sind wie deren Besitzer. <strong>Die</strong> meistgebaute <strong>Dhau</strong> ist die „boum“, ein Schiff das perfekt für den Handel zwischen den Staaten der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel, Iran, Indien und Ostafrika geeignet ist – damals wie heute. Erstaunlich ist, dass die <strong>Dhau</strong>-Bauer bis heute nur mit „Auge und Hand“ arbeiten, Zeichnungen und Pläne waren und sind bei den <strong>Dhau</strong>-Bauern unbekannt. Trotzdem sind noch heute berühmte Meisterwerke, meist aus indischem Teakholz hergestellt, deren Erbauer sich ebenfalls eines Platzes in der Geschichte der <strong>Dhau</strong>-Baukunst bis heute sicher sind, unvergessen. Und dank der Forschungstätigkeit engagierter Kenner in den einzelnen Golfstaaten ist die Tradition des <strong>Dhau</strong>-Baus in allen ihren Facetten dokumentiert – ob es sich um eine Boum, Baghlah, Sambuk, oder ein anderes Modell – jedes für einen speziellen Zweck gebaut – handelt. Eine gute Gelegenheit, sich mit der Geschichte der <strong>Dhau</strong>s zu befassen, bieten die Nationalmuseen in den Golfstaaten, unter denen das 2009 eröffnete Maritime Museum in Sharjah (VAE) im Stadtteil Al Khan, direkt am Al Khan Creek durch seine besonders gelungenen Präsentationen herausragt. Als ausgezeichneter Kenner der Materie gilt Dr. Ya’qub Yusuf Al-Hiiji, der 1947 in der Altstadt 22 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN von Kuwait City geboren wurde, in einem kleinen Haus, das direkt an der Küste stand, wo sich heute die Corniche befindet. Seine Universitätsstudien führten ihn nach Beirut, London, Ohio und Boston und bis 1990 lehrte er Hydrogeologie an der Universität Kuwait. „Mein Interesse an der Welt der <strong>Dhau</strong>s und der Kunst des <strong>Dhau</strong>-Baus begann 1976, als ich die <strong>Dhau</strong>-Werften von Kuwait besuchte und einige spannende Reiseberichte las, darunter das legendäre Buch ‚Sons of Sindbad’. <strong>Die</strong>ses Buch hatte auf mich eine unwiderstehliche Anziehungskraft, denn der Autor, der Australier Alan Villiers (1903-1982) schildert darin seine abenteuerlichen Fahrten auf einer traditionellen, kuwaitischen, 150 Tonnen Boum Handelsdhau, die damals noch unter Segeln fuhren. 1938 bestieg er die <strong>Dhau</strong> in Aden, segelte entlang der ostafrikanischen Küste über Mogadischu (Somalia) und Mombasa (Kenia) bis südlich von Sansibar und zurück und dann um die <strong>Arabische</strong> Halbinsel von Jaizan in Saudi-Arabien über Aden und Mukalla (Jemen), Muscat/Muttrah (Oman), Qatar, Bahrain bis nach Kuwait – insgesamt etwa 1 Jahr lang. Das Buch, das 1940 veröffentlicht wurde, enthält 50 seiner eigenen s/w Fotografien, die ein einmaliges Zeugnis der jahrhundertealten Tradition der Seeleute und ihres seemännischen Könnens darstellen.“ Tatsächlich ist Alan Villiers bis heute eine berühmte Persönlichkeit – nicht nur in Kuwait - und sein Buch gehört zur klassischen arabischen Reiseliteratur. Dabei sind die Parallelen zu seinem britischen Zeitgenossen Sir Wilfred Thesiger interessant: Beide Männer waren angezogen von arabischen Traditionen, legten ihr Schicksal in die Hände der Einheimischen – Beduinen bzw. Seeleute - schrieben darüber und hielten sie in Bildern fest. Während Thesiger (1910 – 2003) in den 40-er Jahren die Wüsten der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel auf dem Rücken eines „Wüstenschiffs“ erforschte, von seinen abenteuerlichen Reisen ebenfalls historische Fotodokumente anfertigte und sich mit seinem 1959 veröffentlichten Buch „Arabian Sands“ ein literarisches Denkmal setzte, hatte Alan Villiers solche Pioniertaten bereits hinter sich: an Bord einer <strong>Dhau</strong> in den Gewässern um die <strong>Arabische</strong> Halbinsel. Villiers hat allerdings nie die Popularität von Thesiger erreicht, man nennt ihn oft den „Thesiger der <strong>Arabische</strong>n See“. <strong>Die</strong> Originale der Fotos beider Abenteurer haben sich Museen in England gesichert: Thesiger’s Fotos befinden sich im Ashmolean Museum in Oxford und Villiers’s Fotos im National Maritime Museum in Greenwich. Während die Fotos von Thesiger in Ausstellungen schon vor Jahrzehnten um die Welt gingen wurden die Fotos von Villiers unter Verschluss gehalten und erst 2006 in einem Fotoband veröffentlicht. Bei der Auswahl der tausenden von Fotos war Dr. Ya’qub Yusuf Al-Hiiji beteiligt. Noch heute schreibt er regelmäßig Artikel für lokale Tageszeitungen sowie die Fachpresse und ist Autor des Buches „The Art of <strong>Dhau</strong>-Building in Kuwait“, in dem er in Wort und Bild ausführlich die Geschichte der <strong>Dhau</strong>s, die <strong>Dhau</strong>-Arten, die für den in Handarbeit erfolgten <strong>Dhau</strong>-Bau notwendigen Werkzeuge, die verschiedenen <strong>Holz</strong>arten und vieles mehr festhält. Das Buch ist – Dank seiner guten Beziehungen zum National Maritime Museum in Greenwich - mit zahlreichen Fotos von Villiers ausgestattet. Besonders interessant sind die detaillierten Informationen über den Bau einer Hochsee-Boum mit Zeichnungen, die extra für das Buch angefertigt wurden, da beim tatsächlichen Bau nie Zeichnungen benutzt wurden. <strong>Dhau</strong>werften und Fischerdhaus In Kuwait werden keine <strong>Dhau</strong>s mehr gebaut. Für Saudi-Arabien, Bahrain und Qatar gilt das Gleiche. In Oman kann man in der Hafenstadt Sur noch beim <strong>Dhau</strong>-Bau zusehen. In der Nähe der Fähre, die eine Lagune zum Ortsteil Al-Ayqa durchquert, befindet sich die <strong>Dhau</strong>- Werft. Hier werden, genau wie vor hunderten von Jahren, große, traditionelle <strong>Dhau</strong>s gebaut. <strong>Die</strong> auf hohen Gerüsten arbeitenden Männer stört es nicht, wenn Besucher ihnen zuschauen. <strong>Die</strong> <strong>Dhau</strong>s entstehen in traditioneller Handarbeit. Der Direktor der Werft erklärt: „Das <strong>Holz</strong> für die <strong>Dhau</strong>s kommt aus Indien, genauer gesagt aus Kerala und aus Calicut. Es ist Teakholz. Das <strong>Holz</strong> wird nach Muscat verschifft und auf Lastwagen nach Sur transportiert. <strong>Die</strong> meisten <strong>Dhau</strong>s, die wir bauen, sind Fischer-<strong>Dhau</strong>s, aber manchmal gibt es Aufträge von wohlhabenden Privatleuten für größere <strong>Dhau</strong>s, die dann meist als Party- und Ausflugsschiffe benutzt werden. Auch Sultan Qaboos besitzt eine große <strong>Dhau</strong>, die in Muttrah vor Anker liegt.“ Tatsächlich gehört diese <strong>Dhau</strong> zu den beliebtesten Fotomotiven in Muttrah und ihr ist es zu verdanken, dass diesen Teil des Hafens noch ein wenig das Flair von den Seefahrerabenteuern vergangener Zeiten umgibt. „Das <strong>Holz</strong> der <strong>Dhau</strong>s wird mit Haifisch- Öl bearbeitet, damit es wasserresistent wird. Neben der Fischindustrie ist die <strong>Dhau</strong>-Werft ein wichtiger Arbeitsplatzgarant in Sur. <strong>Die</strong> Arbeiter stammen aus Oman und aus Indien.