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Gut Holz - Die Arabische Dhau - Dubai Media AG

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■ <strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong><br />

20 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN


<strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong><br />

<strong>Gut</strong> <strong>Holz</strong><br />

Der Warenverkehr per <strong>Dhau</strong> stellt vor allem in den<br />

Emiraten noch heute einen beträchtlichen Wirtschaftsfaktor<br />

dar. Auch in der Fischereiindustrie werden sie eingesetzt,<br />

sie sind beliebt bei Touristen und seit neuestem sind<br />

sie hoch begehrt als „Mutterschiffe“ für Piraten.<br />

Text: Barbara Schumacher | Fotos: Barbara Schumacher, Shutterstock<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 21


■ <strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong><br />

<strong>Die</strong> archaisch anmutenden <strong>Dhau</strong>s<br />

begegnen jedem Reisenden auf<br />

der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel. Früher<br />

fuhren sie unter Segeln – heute<br />

sind die massiven <strong>Holz</strong>schiffe mit Motoren und<br />

modernen Navigationsgeräten ausgerüstet.<br />

Geschichte, Modelle und Routen<br />

<strong>Dhau</strong>s befahren das Rote Meer, den Persischen<br />

Golf und den westlichen Teil des Indischen<br />

Ozeans seit Hunderten von Jahren. Besondere<br />

Bedeutung und Aufmerksamkeit der Bevölkerung<br />

erlangten sie im Rahmen der Anfang des<br />

20. Jahrhunderts Existenz sichernden Perlenfischerei<br />

bei den Austernbänken, die meist fern<br />

der Häfen der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel lagen, sodass<br />

es über Bootsbau der verschiedenen <strong>Dhau</strong>arten,<br />

besonders berühmte <strong>Dhau</strong>s, die schrecklichen<br />

Unwettern trotzten, und mutige <strong>Dhau</strong>-<br />

Kapitäne viele Geschichten gibt. <strong>Dhau</strong>s spielten<br />

die Hauptrolle in Aufsehen erregenden<br />

Reiseberichten, wie z. B. Alan Villiers „Sons of<br />

Sindbad“, die nicht nur die seemännischen<br />

Künste der Seeleute und berühmter <strong>Dhau</strong>-Kapitäne<br />

auf abenteuerlichen Fahrten schildern,<br />

sondern auch die Seetüchtigkeit und Schönheit<br />

dieser Schiffe, die bis heute genau so namentlich<br />

bekannt sind wie deren Besitzer. <strong>Die</strong><br />

meistgebaute <strong>Dhau</strong> ist die „boum“, ein Schiff<br />

das perfekt für den Handel zwischen den Staaten<br />

der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel, Iran, Indien und<br />

Ostafrika geeignet ist – damals wie heute. Erstaunlich<br />

ist, dass die <strong>Dhau</strong>-Bauer bis heute nur<br />

mit „Auge und Hand“ arbeiten, Zeichnungen<br />

und Pläne waren und sind bei den <strong>Dhau</strong>-Bauern<br />

unbekannt. Trotzdem sind noch heute berühmte<br />

Meisterwerke, meist aus indischem<br />

Teakholz hergestellt, deren Erbauer sich<br />

ebenfalls eines Platzes in der Geschichte der<br />

<strong>Dhau</strong>-Baukunst bis heute sicher sind, unvergessen.<br />

Und dank der Forschungstätigkeit engagierter<br />

Kenner in den einzelnen Golfstaaten<br />

ist die Tradition des <strong>Dhau</strong>-Baus in allen ihren<br />

Facetten dokumentiert – ob es sich um eine<br />

Boum, Baghlah, Sambuk, oder ein anderes<br />

Modell – jedes für einen speziellen Zweck gebaut<br />

– handelt. Eine gute Gelegenheit, sich mit<br />

der Geschichte der <strong>Dhau</strong>s zu befassen, bieten<br />

die Nationalmuseen in den Golfstaaten, unter<br />

denen das 2009 eröffnete Maritime Museum<br />

in Sharjah (VAE) im Stadtteil Al Khan, direkt<br />

am Al Khan Creek durch seine besonders gelungenen<br />

Präsentationen herausragt.<br />

Als ausgezeichneter Kenner der Materie gilt Dr.<br />

Ya’qub Yusuf Al-Hiiji, der 1947 in der Altstadt<br />

22 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

von Kuwait City geboren wurde, in einem kleinen<br />

Haus, das direkt an der Küste stand, wo<br />

sich heute die Corniche befindet. Seine<br />

Universitätsstudien führten ihn nach Beirut,<br />

London, Ohio und Boston und bis 1990 lehrte<br />

er Hydrogeologie an der Universität Kuwait.<br />

„Mein Interesse an der Welt der <strong>Dhau</strong>s und<br />

der Kunst des <strong>Dhau</strong>-Baus begann 1976, als ich<br />

die <strong>Dhau</strong>-Werften von Kuwait besuchte und<br />

einige spannende Reiseberichte las, darunter<br />

das legendäre Buch ‚Sons of Sindbad’. <strong>Die</strong>ses<br />

Buch hatte auf mich eine unwiderstehliche<br />

Anziehungskraft, denn der Autor, der Australier<br />

Alan Villiers (1903-1982) schildert darin<br />

seine abenteuerlichen Fahrten auf einer traditionellen,<br />

kuwaitischen, 150 Tonnen Boum<br />

Handelsdhau, die damals noch unter Segeln<br />

fuhren. 1938 bestieg er die <strong>Dhau</strong> in Aden, segelte<br />

entlang der ostafrikanischen Küste über<br />

Mogadischu (Somalia) und Mombasa (Kenia)<br />

bis südlich von Sansibar und zurück und dann<br />

um die <strong>Arabische</strong> Halbinsel von Jaizan in Saudi-Arabien<br />

über Aden und Mukalla (Jemen),<br />

Muscat/Muttrah (Oman), Qatar, Bahrain bis<br />

nach Kuwait – insgesamt etwa 1 Jahr lang. Das<br />

Buch, das 1940 veröffentlicht wurde, enthält<br />

50 seiner eigenen s/w Fotografien, die ein einmaliges<br />

Zeugnis der jahrhundertealten Tradition<br />

der Seeleute und ihres seemännischen<br />

Könnens darstellen.“ Tatsächlich ist Alan<br />

Villiers bis heute eine berühmte Persönlichkeit<br />

– nicht nur in Kuwait - und sein Buch gehört<br />

zur klassischen arabischen Reiseliteratur. Dabei<br />

sind die Parallelen zu seinem britischen Zeitgenossen<br />

Sir Wilfred Thesiger interessant: Beide<br />

Männer waren angezogen von arabischen Traditionen,<br />

legten ihr Schicksal in die Hände der<br />

Einheimischen – Beduinen bzw. Seeleute -<br />

schrieben darüber und hielten sie in Bildern<br />

fest. Während Thesiger (1910 – 2003) in den<br />

40-er Jahren die Wüsten der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel<br />

auf dem Rücken eines „Wüstenschiffs“<br />

erforschte, von seinen abenteuerlichen Reisen<br />

ebenfalls historische Fotodokumente anfertigte<br />

und sich mit seinem 1959 veröffentlichten<br />

Buch „Arabian Sands“ ein literarisches Denkmal<br />

setzte, hatte Alan Villiers solche Pioniertaten<br />

bereits hinter sich: an Bord einer <strong>Dhau</strong><br />

in den Gewässern um die <strong>Arabische</strong> Halbinsel.<br />

Villiers hat allerdings nie die Popularität<br />

von Thesiger erreicht, man nennt ihn oft den<br />

„Thesiger der <strong>Arabische</strong>n See“. <strong>Die</strong> Originale<br />

der Fotos beider Abenteurer haben sich Museen<br />

in England gesichert: Thesiger’s Fotos befinden<br />

sich im Ashmolean Museum in Oxford<br />

und Villiers’s Fotos im National Maritime<br />

Museum in Greenwich. Während die Fotos von<br />

Thesiger in Ausstellungen schon vor Jahrzehnten<br />

um die Welt gingen wurden die Fotos von<br />

Villiers unter Verschluss gehalten und erst 2006<br />

in einem Fotoband veröffentlicht. Bei der Auswahl<br />

der tausenden von Fotos war Dr. Ya’qub<br />

Yusuf Al-Hiiji beteiligt. Noch heute schreibt er<br />

regelmäßig Artikel für lokale Tageszeitungen<br />

sowie die Fachpresse und ist Autor des Buches<br />

„The Art of <strong>Dhau</strong>-Building in Kuwait“, in dem<br />

er in Wort und Bild ausführlich die Geschichte<br />

der <strong>Dhau</strong>s, die <strong>Dhau</strong>-Arten, die für den in<br />

Handarbeit erfolgten <strong>Dhau</strong>-Bau notwendigen<br />

Werkzeuge, die verschiedenen <strong>Holz</strong>arten und<br />

vieles mehr festhält. Das Buch ist – Dank seiner<br />

guten Beziehungen zum National Maritime<br />

Museum in Greenwich - mit zahlreichen<br />

Fotos von Villiers ausgestattet. Besonders interessant<br />

sind die detaillierten Informationen<br />

über den Bau einer Hochsee-Boum mit Zeichnungen,<br />

die extra für das Buch angefertigt<br />

wurden, da beim tatsächlichen Bau nie Zeichnungen<br />

benutzt wurden.<br />

<strong>Dhau</strong>werften und Fischerdhaus<br />

In Kuwait werden keine <strong>Dhau</strong>s mehr gebaut.<br />

Für Saudi-Arabien, Bahrain und Qatar gilt das<br />

Gleiche. In Oman kann man in der Hafenstadt<br />

Sur noch beim <strong>Dhau</strong>-Bau zusehen. In der<br />

Nähe der Fähre, die eine Lagune zum Ortsteil<br />

Al-Ayqa durchquert, befindet sich die <strong>Dhau</strong>-<br />

Werft. Hier werden, genau wie vor hunderten<br />

von Jahren, große, traditionelle <strong>Dhau</strong>s gebaut.<br />

<strong>Die</strong> auf hohen Gerüsten arbeitenden Männer<br />

stört es nicht, wenn Besucher ihnen zuschauen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Dhau</strong>s entstehen in traditioneller<br />

Handarbeit. Der Direktor der Werft erklärt:<br />

„Das <strong>Holz</strong> für die <strong>Dhau</strong>s kommt aus Indien,<br />

genauer gesagt aus Kerala und aus Calicut. Es<br />

ist Teakholz. Das <strong>Holz</strong> wird nach Muscat verschifft<br />

und auf Lastwagen nach Sur transportiert.<br />

<strong>Die</strong> meisten <strong>Dhau</strong>s, die wir bauen, sind<br />

Fischer-<strong>Dhau</strong>s, aber manchmal gibt es Aufträge<br />

von wohlhabenden Privatleuten für größere<br />

<strong>Dhau</strong>s, die dann meist als Party- und Ausflugsschiffe<br />

benutzt werden. Auch Sultan Qaboos<br />

besitzt eine große <strong>Dhau</strong>, die in Muttrah vor<br />

Anker liegt.“ Tatsächlich gehört diese <strong>Dhau</strong> zu<br />

den beliebtesten Fotomotiven in Muttrah und<br />

ihr ist es zu verdanken, dass diesen Teil des<br />

Hafens noch ein wenig das Flair von den<br />

Seefahrerabenteuern vergangener Zeiten umgibt.<br />

„Das <strong>Holz</strong> der <strong>Dhau</strong>s wird mit Haifisch-<br />

Öl bearbeitet, damit es wasserresistent wird.<br />

Neben der Fischindustrie ist die <strong>Dhau</strong>-Werft<br />

ein wichtiger Arbeitsplatzgarant in Sur. <strong>Die</strong><br />

Arbeiter stammen aus Oman und aus Indien.


<strong>Die</strong> Inder sind gute Tischler. Früher fuhren die<br />

<strong>Dhau</strong>s von hier bis nach Indien, Sansibar,<br />

Mombasa und Daressalam; so weite Strecken<br />

fahren sie heute nicht mehr, obwohl sie dazu<br />

in der Lage wären. <strong>Die</strong> meisten <strong>Dhau</strong>s werden<br />

heute für den Fischfang eingesetzt. <strong>Die</strong> Fischer<br />

fahren mit ihnen am Nachmittag zwischen 15<br />

und 17 Uhr hinaus und kommen am nächsten<br />

Morgen zwischen 5:30 und 8:00 Uhr zurück.<br />

<strong>Die</strong> Fischgründe in der Tiefsee sind sehr gut,<br />

vor allem Thunfisch und Haie werden gefangen.<br />

In den Lastwagen der Fischfabriken werden<br />

die Fische in großen Kühlboxen nach<br />

Muscat, Salalah und in die Vereinigten <strong>Arabische</strong>n<br />

Emirate transportiert. Eine Spezialität in<br />

Sur ist Trockenfisch. Vom Hai wird alles verwendet:<br />

<strong>Die</strong> Haut, die Flossen und das Öl für<br />

die <strong>Dhau</strong>s.“ <strong>Die</strong> lange Tradition der Nutzung<br />

der <strong>Dhau</strong>s zum Fischen ist in Oman auch auf<br />

der Insel Masira noch lebendig, wo zahlreiche,<br />

große Fischerdhaus ihre Netze im Indischen<br />

Ozean auswerfen.<br />

In den Emiraten befindet sich in Abu Dhabi<br />

(Al Bateen) die letzte <strong>Dhau</strong>werft der Emirate<br />

„in den allerletzten Zügen“, und es werden -<br />

wie in der Al Boom Marina in Ajman - nur<br />

noch einzelne <strong>Dhau</strong>s „auf Bestellung“ gebaut.<br />

Innerhalb des Zayed Hafens von Abu Dhabi<br />

mit seinen 21 Docks, in denen jährlich über<br />

900.000 Tonnen Fracht von Containern und<br />

großen Schiffen umgeschlagen werden, hält<br />

sich ein Fischereihafen mit vielen Fischerdhaus,<br />

die bis heute täglich aufs Meer hinausfahren.<br />

Handelsdhaus in <strong>Dubai</strong> und Sharjah<br />

Auf der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel gibt es<br />

Handelsdhau-Schifffahrtshäfen mit nennenswertem<br />

Umsatz nur noch in den Vereinigten<br />

<strong>Arabische</strong>n Emiraten. Traditionell blüht der<br />

Handel am <strong>Dubai</strong> Creek und auch an der<br />

Corniche in Sharjah geht es hoch her. Hier<br />

werden im Rahmen der Handelsdhau-Schifffahrt<br />

Geschäfte im Wert von vielen Milliarden<br />

Dirham gemacht und bei der Löschung der<br />

Ladung, der Anlieferung von Gütern aller Art<br />

und dem Verstauen der Waren in den Bäuchen<br />

und auf den Decks der <strong>Dhau</strong>s verschiedener<br />

Größen kann jeder Besucher, der gerade vorbeikommt,<br />

zuschauen. <strong>Die</strong> Kapitäne und Besatzungen<br />

der Schiffe aus Iran, Indien, Pakistan<br />

und Somalia sind neugierigen Touristen<br />

gegenüber ausgesprochen freundlich und höflich,<br />

sie scheinen zu verstehen, dass ihr exotischer<br />

Anblick und der Anblick der sich in einem<br />

scheinbar gigantischen Chaos stapelnden<br />

<strong>Dhau</strong>s werden heute nur mehr auf besondere Bestellung gefertigt.<br />

Einzigartig: Handelsdhaus am <strong>Dubai</strong> Creek<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 23


■ <strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong><br />

Kühlschränke, Getränkekartons, Kisten mit<br />

Konservendosen aller Art, Mehl-, Zucker- und<br />

Salzsäcke, Möbel, Matratzen, Ketchup, Fahrräder,<br />

Kinderwagen, … aus China, Malaysia,<br />

Thailand, den Golfstaaten,… auf dem Kai<br />

unmittelbar vor der Kulisse der nicht minder<br />

exotisch und abenteuerlich aussehenden <strong>Dhau</strong>s<br />

Neugier weckt. Durch das scheinbare Chaos<br />

lasse man sich nicht täuschen: Hier geht wie<br />

eh und je alles seinen professionellen Gang. Für<br />

eine Fortsetzung dieses Spektakels auch in der<br />

Zukunft scheint trotz der modernen Häfen Port<br />

Rashid und Jebel Ali in <strong>Dubai</strong> und ihrem etwas<br />

kleineren „Bruder“ in Sharjah gesorgt zu<br />

sein: <strong>Die</strong> über hundert Jahre alte Tradition des<br />

<strong>Dhau</strong>-Handels in diesen Handels-Drehscheiben<br />

soll erhalten bleiben, denn die Zahlen sprechen<br />

für sich: so stehen heute z. B. dem jährlichen<br />

Handel von über 1,5 Mio Tonnen Warencontainern<br />

in den modernen Häfen <strong>Dubai</strong>s<br />

immerhin 720.000 Tonnen im <strong>Dhau</strong>hafen am<br />

Creek gegenüber. Besonders der rege Handel<br />

mit Iran hat es in sich. Durch die Sanktionspolitik<br />

der USA gerät er immer wieder in die<br />

Diskussion, denn manche Waren sind nicht so<br />

unschuldig wie sie auf den ersten Blick erscheinen:<br />

im Jahr 2008 waren Gegenstände<br />

darunter, die sich als mögliche Komponenten<br />

eines Atomreaktors entpuppten, aber von der<br />

wachsamen emiratischen Polizei rechtzeitig<br />

entdeckt wurden. „In Iran brauchen wir alles“,<br />

so meint ein iranisches Besatzungsmitglied einer<br />

<strong>Dhau</strong>. „Wir schaffen die verschiedensten<br />

Waren dorthin, meist kommen wir leer hierher,<br />

selten mit lebenden Schafen und Ziegen.“<br />

<strong>Dubai</strong> Creek<br />

<strong>Die</strong> erfolgreiche Geschichte des modernen<br />

<strong>Dubai</strong> ist eng mit den Aktivitäten am <strong>Dubai</strong><br />

Creek verbunden. Als der Creek in den 1950er<br />

Jahren ins Binnenland verlängert wurde, gelang<br />

es, durch die erweiterten, von Ebbe und<br />

Flut unabhängigen, Bewegungsmöglichkeiten<br />

der Schiffe, das benachbarte Sharjah zu übertreffen.<br />

<strong>Die</strong> handelsfreundliche Politik (damals<br />

wie heute) des Großvaters und Vaters von<br />

Sheikh Mohammed bin Rashid al Maktoum<br />

war so erfolgreich, dass bereits in den 1960er<br />

Jahren die Notwendigkeit eines neuen Hafens<br />

klar wurde: Port Rashid wurde 1972 eröffnet<br />

und danach Jebel Ali – mit dem bis heute funktionierenden,<br />

höchst erfolgreichen Konzept,<br />

mehr Raum für einen florierenden Handel und<br />

für eine Erweiterung der bestehenden<br />

Geschäftsmöglichkeiten zu schaffen – unter<br />

Beibehaltung des traditionellen <strong>Dhau</strong>-Hafens<br />

am Creek.<br />

24 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

Das Ambiente am <strong>Dubai</strong> Creek ist einmalig:<br />

Der Hafen für die kleineren <strong>Dhau</strong>s bietet von<br />

der gegenüberliegenden Abra-Station einen<br />

Anblick, der sich in den letzten Jahrzehnten<br />

nicht viel verändert hat – vor der Kulisse von<br />

Windturmhäusern und Moschee. Etwas weiter<br />

im Innern des Creek sieht es an Land schon<br />

moderner aus. Dort stehen mit Solarenergie<br />

betriebene Parkuhren und eine Abrastation mit<br />

Souveniershop sowie das open air Creek View<br />

Restaurant ziehen Touristen aus aller Welt an.<br />

Hier liegen – vor der Kulisse von Bauten aus<br />

den 70er und 80er Jahren die großen, bis zu<br />

800 Tonnen Ladung fassenden <strong>Dhau</strong>s, vor<br />

Anker – in einem von insgesamt acht Häfen:<br />

in Dreier- oder Viererreihen. <strong>Die</strong> Versuchung<br />

ist groß: „Darf man die Leiter hinaufkommen?“<br />

– mit entsprechender Handbewegung ausgedrückt,<br />

denn die wenigsten Seeleute sprechen<br />

Englisch. Freundliches Kopfnicken und einladendes<br />

Handzeichen machen Mut: <strong>Die</strong><br />

Metallleiter dieser größten <strong>Dhau</strong> weit und breit<br />

erweist sich als stabil. Einer der Besatzungsmitglieder<br />

führt durch die Ladung zwischen<br />

meterhoch gestapelten Kisten und Gebrauchtwagen<br />

mit bewegter Vergangenheit und über<br />

Bretter, die über dem Abgrund des Schiffsbauchs<br />

liegen: zum Bug der <strong>Dhau</strong>, von dem<br />

der Blick über die kleineren Schiffe und deren<br />

Ladung und ein Gewusel von Kisten, Säcken<br />

und Paketen schleppenden Seeleuten gleitet,<br />

deren Arbeit von Kränen unterstützt wird. Von<br />

der Ladefläche eines Lastwagens werden von<br />

zwei Arbeitern in bemerkenswertem Tempo bei<br />

30 Grad im Schatten Mehlsäcke in ein am<br />

Boden liegendes, am Kran hängendes Netz<br />

geworfen. Mit etwa 80 Säcken ist das Netz voll<br />

und der Kran hievt die Ladung aufs Schiff. Eines<br />

der Besatzungsmitglieder kann etwas Englisch:<br />

„Sobald wir voll beladen sind, fahren wir<br />

nach Somalia, wo die Ladung gelöscht wird.<br />

<strong>Die</strong> gesamte Schiffsbesatzung stammt aus Somalia.<br />

<strong>Die</strong> Fahrt dauert 10 Tage.“ Wieder auf<br />

festem Boden angekommen, ist einer der<br />

Besatzungsmitglieder dabei, den „Papierkram“<br />

zu erledigen: Auf dem Boden sitzend bearbeitet<br />

er dazu geduldig eine vor ihm stehende betagte<br />

mechanische Schreibmaschine. Weitere<br />

Besatzungsmitglieder bieten Tee und Kekse an<br />

und balancieren unter großem Gelächter einen<br />

1,50 m großen Plüschteddy – Maskottchen<br />

oder Ware?<br />

Natürlich bekommen die Kapitäne und Schiffsbesatzungen<br />

Gerüchte mit, die von einer<br />

Machbarkeitsstudie sprechen, den <strong>Dubai</strong> Creek<br />

weiterzuentwickeln, evtl. neue Sicherheits-<br />

maßnahmen in Ras Al Khor einzuführen und<br />

ein neues Offshore-Zollamt einzurichten. <strong>Die</strong><br />

meisten stört das nicht: Sie wissen, dass der<br />

Fortschritt nicht aufzuhalten ist und sind sicher,<br />

dass das Geschäft in jedem Fall weitergehen<br />

wird, denn in dieser Männerwelt müssen<br />

die Männer Geld verdienen, um ihre Familien<br />

zu ernähren. Der Creek ist ein gewachsener<br />

Mikrokosmos in <strong>Dubai</strong>, weit weg von den<br />

Wolkenkratzern und 5-Sterne-Hotels. Hier<br />

verdienen Emiratis, Gastarbeiter und ausländische<br />

Schiffsbesatzungen gutes Geld: vom<br />

Schiffskoch, der winzige Summen nach Hause<br />

schickt, über die Händler, Agenten und Mittelsmänner,<br />

die von den Kommissionen leben,<br />

bis zum emiratischen <strong>Dhau</strong>-Eigner. Und auch<br />

für die Besucher gibt es Attraktionen: <strong>Die</strong><br />

schwimmenden <strong>Dhau</strong>-Restaurants und die<br />

<strong>Dhau</strong>s, die Kreuzfahrten anbieten, wobei die<br />

„Dinner-Cruise“ sich besonders bei Gruppen<br />

großer Beliebtheit erfreut.<br />

Sharjah Corniche<br />

Unter den strengen Augen der Hafenpolizisten<br />

auf dem strahlend blauen Polizeiboot „Abu<br />

Musa“ drängen sich die kleinen und mittelgroßen<br />

<strong>Dhau</strong>s direkt an der Corniche. <strong>Die</strong> meisten<br />

sind im Einsatz für den Warenhandel nach<br />

Iran und zu ihren Zielen gehören die Häfen<br />

von Bandar Abbas und Bushehr. Hamid Reza,<br />

Kapitän einer <strong>Dhau</strong> spricht etwas Englisch: „Ich<br />

bin mit meinem Schiff für vier Tage hier. In<br />

dieser Zeit laden wir alle möglichen Waren, z.<br />

B. Zucker, Kühlschränke, Motoren, Getränke<br />

aller Art – vor allem Fruchtsäfte. <strong>Die</strong> Überfahrt<br />

nach Bandar Abbas dauert 18 Stunden.<br />

<strong>Die</strong>ses Mal bin ich ohne Ladung gekommen,<br />

aber manchmal bringe ich Salz oder lebende<br />

Schafe und Ziegen aus Iran“. Da der Abend<br />

naht, gibt er Anweisung, die noch auf dem Kai<br />

stehenden Säcke und Kartons mit<br />

orangefarbenen Plastikplanen abzudecken.<br />

„<strong>Die</strong> meisten <strong>Dhau</strong>s fahren in den Iran, die<br />

<strong>Dhau</strong>s nach Jemen, Somalia, Dschibuti,<br />

Bangladesh, Indien und Pakistan werden in<br />

Sharjah immer weniger“, so Ahmed Al Abed,<br />

Emirati aus Sharjah, der früher einmal Besitzer<br />

einer <strong>Dhau</strong> war. Er gehört zu der<br />

Männerrunde von etwa dreißig einheimischen<br />

Emiratis, Geschäftsleute aus Sharjah, die in<br />

ihrem eigenen Emirat in der Minderheit sind.<br />

Sie treffen sich täglich nach Sonnenuntergang<br />

zum Rauchen der Wasserpfeife in dem Café<br />

zwischen Corniche und Arts Area – mit Blick<br />

auf die <strong>Dhau</strong>s und sind – durch ihre Kleidung<br />

der blütenweißen Dishdashas schon von wei-


tem sichtbar – ein „Hingucker“ an der von Indern<br />

und Iranern geprägten Corniche. Offenbar<br />

sind noch weitere ehemalige <strong>Dhau</strong>besitzer<br />

anwesend, aber sie wollen über das Thema<br />

nicht sprechen. „Ich bin jetzt pensioniert und<br />

kümmere mich um meinen Laden im Souq Al<br />

Arsa in der Heritage Area. Früher gab es viele<br />

Emiratis als <strong>Dhau</strong>besitzer, aber es werden<br />

immer weniger. Sie sterben aus, denn junge<br />

Emiratis streben heute andere Berufe an“, meint<br />

Ahmed.<br />

Am Abend geht es auf den <strong>Dhau</strong>s und entlang<br />

der Corniche gemütlich zu. <strong>Die</strong> Männer spielen<br />

an Bord Domino, trinken Tee, hängen<br />

Wäsche zum Trocknen auf und kümmern sich<br />

um das Abendessen. Einige liegen auf dem Gras<br />

des Mittelstreifens der Corniche unter Palmen<br />

oder besuchen die iranische Moschee gleich<br />

gegenüber. Wenige Schiffe machen sich zur<br />

Abfahrt bereit, die entstehenden Lücken sind<br />

am nächsten Morgen wieder gefüllt, wenn sie<br />

gemeinsam holzknarrend am Kai dümpeln.<br />

Schon früh morgens beginnt die hektische Betriebsamkeit.<br />

Obwohl sich die zum Transport<br />

bereitgestellten Waren schon meterhoch an der<br />

Corniche stapeln, kommen immer mehr<br />

Pickups und Lastwagen aus <strong>Dubai</strong> und Sharjah<br />

und bringen neue Kisten, auf denen „Made in<br />

China“ und „Made in Thailand“ steht. Per<br />

Kran werden hier die wenigsten Schiffe beladen,<br />

meist geht es über ein schwankendes Brett<br />

vom Kai auf das Schiff – die Kisten mannhaft<br />

geschultert in der Hoffnung, dass der Balanceakt<br />

klappt. Beim Laden ist jedes Besatzungsmitglied<br />

gefordert, die harte Arbeit ist für die<br />

Männer Routine. In dem scheinbaren Chaos<br />

sorgen die Lieferanten und Händler mit Mobiltelefon,<br />

Rechnungsblocks und Kugelschreiber<br />

für Ordnung, denn schließlich dient der ganze<br />

Aufwand einem Ziel: Geld zu verdienen. Bis<br />

zum Islamischen Museum, einem lang gestreckten<br />

Bau direkt an der Corniche, reiht sich ein<br />

Laden an den anderen. <strong>Die</strong>se Läden dienen<br />

auch als Zwischenlager für Lebensmittel wie<br />

Reis, Zucker, Salz, Mehl, etc. in großen Säcken,<br />

sodass diese Güter nur einen kurzen Transportweg<br />

auf die <strong>Dhau</strong>s haben.<br />

Etwa in der Höhe der Iranischen Moschee legen<br />

kleine Fischerdhaus an, die die Besatzung<br />

der großen <strong>Dhau</strong>s von der gegenüberliegende<br />

Seite des Hafens zur Corniche transportieren.<br />

Auch diese erwartet hier kein Hafennachtleben,<br />

sondern nur der Grünstreifen für eine Nacht<br />

unter Palmen oder die Moschee. Solche Fisch-<br />

<strong>Die</strong> <strong>Dhau</strong> ist gleichzeitig<br />

Transportmittel und Wohnstätte.<br />

<strong>Die</strong> Beladung ist oftmals<br />

ein Trapezakt.<br />

Jeder Milimeter wird genützt.<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 25


■ <strong>Die</strong> <strong>Arabische</strong> <strong>Dhau</strong><br />

erdhaus nehmen Touristen mit auf eine Hafenrundfahrt,<br />

die sich wirklich lohnt. Der Kapitän<br />

fährt auch mit nur einer Person: die 1stündige<br />

Fahrt kostet dann 100 Dirham = 20<br />

Euro).<br />

<strong>Dhau</strong>s im Visier von Piraten<br />

<strong>Die</strong> meisten Handelsdhaus, die von <strong>Dubai</strong>,<br />

Sharjah und – in geringem Umfang – von<br />

Ajman starten, haben als Ziel Iran. Aber auch<br />

andere Länder wie Pakistan und Somalia werden<br />

angesteuert. Besonders in den Gewässern<br />

vor Somalia kann es bekanntermaßen für Schiffe<br />

und Besatzung gefährlich werden und so<br />

kommt es etwa einmal pro Monat zu einem<br />

entsprechenden Überfall auf eine emiratische<br />

<strong>Dhau</strong>. <strong>Die</strong>se Überfälle kamen zu ihrem vorläufigen<br />

Höhepunkt Ende März 2010. Neben<br />

einem größeren emiratischen Handelsschiff<br />

wurden sieben <strong>Dhau</strong>s vor Somalia innerhalb<br />

weniger Tage von Piraten überfallen. Meist<br />

berichten die Medien nur, wenn größere Schiffe<br />

gekapert werden. Aber eine solche Häufung von<br />

Überfällen auf <strong>Dhau</strong>s war dann doch eine<br />

Meldung wert. „<strong>Die</strong> Al Khaderi, eine grün/weiß<br />

gestrichene 500-Tonnen <strong>Dhau</strong> ist auf dem<br />

Rückweg nach Sharjah gekidnappt worden.<br />

Meine Mannschaft hat keine Waffen und die<br />

<strong>Dhau</strong>s sind niedrig und daher leicht zu entern,<br />

11 Besatzungsmitglieder können das nicht verhindern“,<br />

so Ghani Khanani, der Besitzer.<br />

„Bisher wurden schon drei meiner Schiffe von<br />

Piraten gekapert, aber ich habe sie jedes mal<br />

nach 10-12 Tagen – freilich ohne Ladung und<br />

Navigations- bzw. Kommunikationsgeräte -<br />

zurückbekommen, sobald die Nahrungs- und<br />

Benzinvorräte an Bord knapp wurden. Auch<br />

Jagdip Ayachi, Eigentümer der <strong>Dhau</strong> „Sea<br />

Queen“ wurde Opfer der Piraten: „Obwohl<br />

mehrere <strong>Dhau</strong>s im Konvoi fuhren, hat es nichts<br />

genützt. Unsere <strong>Dhau</strong>s kommen von Somalia<br />

mit <strong>Holz</strong>kohle zurück und transportieren nach<br />

26 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

Somalia alles von Fernsehern bis Autos, Lebensmittel<br />

und lebende Tiere, sowie Baumaterial,<br />

Reifen und Elektronikgüter und sind schon<br />

länger im Visier der Piraten, weil sie nämlich<br />

als „Mutterschiffe“ für Überfälle auf große<br />

Schiffe und Tanker dienen.“ <strong>Die</strong> jüngste Häufung<br />

der Überfälle hat ein Embargo der <strong>Dhau</strong>-<br />

Besitzer für Somalia zur Folge. „Wir üben<br />

dadurch Druck auf unsere somalischen Geschäftspartner<br />

aus und hoffen, dass sie entsprechenden<br />

Einfluss auf die Piraten nehmen. Solange,<br />

bis sich die Situation entspannt und<br />

unsere <strong>Dhau</strong>s herausgegeben sind, werden keine<br />

<strong>Dhau</strong>s mehr nach Mogadischu oder den<br />

südlicher gelegenen Hafen Kismayo fahren. <strong>Die</strong><br />

Piraten sind auf ihren kleinen Booten schwer<br />

bewaffnet. Sie haben einerseits offenbar keine<br />

Angst vor dem Tod und sind andererseits bereit,<br />

zu töten. Sie kennen sich gut mit GPS und<br />

den Informationssystemen auf unseren <strong>Dhau</strong>s<br />

aus und können so verhindern, dass die entführten<br />

<strong>Dhau</strong>s Informationen senden. Da die<br />

Gewässer um Somalia von Marineschiffen kontrolliert<br />

werden, sind die Piraten gezwungen,<br />

immer weiter in den Indischen Ozean vorzudringen<br />

und dazu werden die „Mutterschiffe“<br />

gebraucht. Piraten sind wie Guerillakämpfer –<br />

sie passen sich schnell neuen Gegebenheiten<br />

an und nutzen alle sich bietenden Gelegenheiten.<br />

Da die <strong>Dhau</strong>s aus <strong>Holz</strong> gebaut sind, erscheinen<br />

sie oft nicht auf den Radarschirmen<br />

der Marineschiffe und daher sind besonders die<br />

Handels-<strong>Dhau</strong>s die perfekte Tarnung und ein<br />

optimaler Ausgangspunkt auf offener See, um<br />

Tanker und große Handelsschiffe aus aller Welt<br />

zu überfallen.“<br />

<strong>Dhau</strong>s im <strong>Die</strong>nst von Touristen<br />

Am <strong>Dubai</strong> Creek liegen einige <strong>Dhau</strong>s vor Anker,<br />

die als Restaurants eingerichtet sind. An<br />

vielen Orten in den Golfstaaten dümpeln<br />

<strong>Dhau</strong>s an Anlegeplätzen für Ausflugsfahrten zu<br />

<strong>Dhau</strong>s werden an vielen Orten am Persischen Golf auch<br />

gerne für Ausflugsfahrten oder als<br />

Restaurant-Schiffe eingesetzt<br />

Inseln und es werden <strong>Dhau</strong>fahrten in den Sonnenuntergang<br />

mit anschließendem Abendessen<br />

angeboten. Zu den schönsten Erlebnissen<br />

gehören Tagestouren mit einer <strong>Dhau</strong>, die zu<br />

landschaftlich besonders attraktiven Gegenden<br />

führen. Solche Fahrten werden z. B. auf dem<br />

Inlandsee in Qatar, nahe der Grenze zu Saudi-<br />

Arabien, durchgeführt. <strong>Die</strong>ser See wird durch<br />

einen schmalen Zugang zum Meer mit Salzwasser<br />

gespeist und liegt inmitten hoher Dünen,<br />

fernab von jeglicher menschlichen Zivilisation.<br />

Zu den spektakulärsten <strong>Dhau</strong>-Erlebnissen auf<br />

der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel gehört die Shim Fjord<br />

<strong>Dhau</strong>-Cruise in den 16 km ins Landinnere ragenden<br />

Shim Fjord der zu Oman gehörenden<br />

Halbinsel Musandam - professionell gesteuert<br />

von einem in Musandam geborenen <strong>Dhau</strong>-<br />

Kapitän, der sich besonders gut auskennt und<br />

keine Antwort schuldig bleibt. In diesem Fjord<br />

ragen die Felswände bis zu 800 m senkrecht<br />

aus der türkisfarbigen Meeresfläche, aus der<br />

Felseninseln wachsen und Rastplatz für Vögel<br />

sind. In kleinen Buchten sieht man Fischerdörfer,<br />

nur mit dem Boot erreichbar. <strong>Die</strong> Fischer<br />

leben vom Thunfisch- und Kingfischfang.<br />

Vogelliebhaber kommen auf ihre Kosten und<br />

können tausende von Kormoranen, auf den<br />

Felsen, dicht an der Küste sitzend, beobachten.<br />

Kommt die <strong>Dhau</strong> zu nahe, glänzen die<br />

Flügel der gleichzeitig auffliegenden Vogelscharen<br />

in der Sonne. Winzige Bergdörfer, deren<br />

Häuser an den Felsen „kleben“ beherbergen<br />

Bewohner, die ein karges Leben als Ziegenzüchter<br />

gewohnt sind. Bei einem Stopp an einer<br />

Insel mit interessanter britischer Vergangenheit<br />

können Schnorchler und Taucher die<br />

Vielfalt der Unterwasserwelt erleben. Eine von<br />

vielen Attraktionen dieses Ausflugs sind die<br />

Delfine, die die <strong>Dhau</strong> begleiten, unter sie hindurchtauchen<br />

und mit ihren Sprüngen begeistern.<br />

Auch beim Maritime<br />

Museum in Sharjah<br />

liegt eine <strong>Dhau</strong><br />

vor Anker


Bau von Modelldhaus<br />

Schon immer waren kleine <strong>Dhau</strong>modelle beliebte<br />

Souvenirs für Besucher. Der Bau größerer<br />

Modelle erfolgt auf der <strong>Arabische</strong>n Halbinsel<br />

in nennenswertem Umfang nur noch in<br />

Sur (Oman). <strong>Die</strong> Stadt ist dafür berühmt und<br />

hat diese Berühmtheit ins 21. Jahrhundert gerettet.<br />

Der bekannteste Modellbauer in Sur ist<br />

Hassun Hassan Ismail Al Areima. Sieht man<br />

<strong>Dhau</strong>-Modelle in Museen in Oman, in den<br />

omanischen Botschaften weltweit, oder bei<br />

kulturellen Ausstellungen im Rahmen der<br />

Omanischen Woche, die jährlich in verschiedenen<br />

Ländern der Welt veranstaltet wird, dann<br />

kann man mit großer Sicherheit vermuten, dass<br />

sie aus der Werkstatt von Hassan stammen. Sein<br />

sehenswertes Atelier liegt an der Ausfallstraße<br />

von Sur nach Muscat. Wenn er nicht gerade<br />

an einem Regierungsauftrag arbeitet, baut er<br />

auch Truhen und fertigt Bilderrahmen. „Ich bin<br />

in Sur geboren und verheiratet“, erzählt er. „<strong>Die</strong><br />

Kunst des <strong>Dhau</strong>-Modellbaus habe ich von<br />

meinem Vater gelernt und meinem Vater hat<br />

es mein Großvater beigebracht. Um mich in<br />

diesem Kunsthandwerk zu perfektionieren,<br />

habe ich in Kuwait studiert. In den letzten Jahren<br />

habe ich eigene Dekorationselemente entwickelt.<br />

Ich fertige nur Auftragsarbeiten, d. h.<br />

alles, was Sie im Atelier sehen, ist unverkäuflich<br />

für Passanten, denn jedes Stück ist bereits<br />

für einen bestimmten Auftraggeber vorgesehen.<br />

Aber jeder kann sein Wunschmodell bestellen<br />

- in jeder beliebigen Größe. Ich habe schon<br />

<strong>Dhau</strong>s von über 2 m Länge gebaut, die sogar<br />

seetüchtig waren.“<br />

<strong>Dhau</strong>s in der Kunst<br />

In Dichtung, Malerei und Fotografie der Golfstaaten<br />

spielen <strong>Dhau</strong>s eine große Rolle. Während<br />

der Zeit der Perlenfischerei entwickelte<br />

sich eine besondere Art von Dichtung und<br />

Gesang, bei der es um das harte und entbehrungsreiche<br />

Leben der Perlenfischer ging. Sie<br />

arbeiteten in der heißesten Zeit des Jahres in<br />

jedem Jahr für mehrere Monate an Bord einer<br />

<strong>Dhau</strong> – fernab von ihren Familien und dem<br />

Geschick des <strong>Dhau</strong>kapitäns anvertraut. <strong>Die</strong>se<br />

<strong>Dhau</strong>s fuhren unter Segeln und waren für die<br />

Auch in Dichtung, Fotografie und Malerei spielen auf der <strong>Arabische</strong>n<br />

Halbinsel <strong>Dhau</strong>s tradtionell eine gewichtige Rolle. Hier ein Kunstwerk<br />

des emiratischen Malers Abdulqader Al Rais.<br />

Perlentaucherei besonders ausgestattet – vor<br />

allem mit Seilen, an denen sich die Taucher –<br />

mit Vogelknochenklammern auf der Nase und<br />

einem weißen Baumwolloverall bekleidet, ohne<br />

Tauchausrüstung zu den Austernbänken herabließen.<br />

In vielen Museen, vor allem im Museum<br />

im Al Fahidi Fort in <strong>Dubai</strong> ist dies<br />

besonders anschaulich authentisch nachgestellt.<br />

Damit Gedichte und Lieder aus der Zeit der<br />

Perlenfischerei nicht völlig in Vergessenheit<br />

geraten, kümmern sich kulturelle Organisationen<br />

um die Dokumentation dieses nur mündlich<br />

überlieferten Kulturguts. In Abu Dhabi ist<br />

dies die Kulturbehörde, die jährlich zu diesem<br />

Thema eine internationale Konferenz abhält.<br />

Früher wie heute sind <strong>Dhau</strong>s beliebte Malmotive<br />

– ob realistisch oder abstrakt, sie sind<br />

stets beeindruckende Darstellungen.<br />

Auch für Abdulqader Al Rais, den berühmtesten,<br />

stark den Traditionen verhafteten Kunstmaler<br />

der Emirate sind <strong>Dhau</strong>s ein lohnendes<br />

Motiv, das im Laufe seiner über 20-jährigen<br />

künstlerischen Tätigkeit einen Teil seiner Gemälde<br />

ausmacht. ■<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 27

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