150 Jahre Polysius - Vom Schraubstock zum Großanlagenbau
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1933 kommen die Nationalsozialisten an die Macht. Die Wirtschaft wird durch<br />
staatliche Programme angekurbelt. Pro Jahr werden jetzt allein über 40 LEPOL -Öfen<br />
in alle Welt ausgeliefert (Bild 5).<br />
Mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Viele<br />
internationale Geschäftsbeziehungen sind jäh unterbrochen. Das Dessauer Werk<br />
muss auf Rüstungsproduktion umstellen. Statt Zementanlagen werden jetzt<br />
Maschinenteile für die Luftwaffe und das Lok- und Panzerprogramm geliefert.<br />
1944 wird Dessau in Schutt und Asche gelegt. Die Produktion kann – trotz großer<br />
Beeinträchtigungen – weiterlaufen. Nach Kriegsende wird das Werk durch die<br />
sowjetischen Besatzungsbehörden enteignet.<br />
Die Geschichte der Firma G. <strong>Polysius</strong> verläuft in Zukunft geteilt: Die ehemalige<br />
<strong>Polysius</strong> AG, Dessau, wird 1946 in eine Sowjetische AG umgewandelt und nach<br />
1953 als VEB Zementanlagenbau geführt. In Neubeckum entwickelt sich aus der<br />
1946 gegründeten WESTPOL GmbH die <strong>Polysius</strong> GmbH.<br />
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Kriegsende und Enteignung<br />
Gustav <strong>Polysius</strong> erlebt im März 1945 die Luftangriffe auf Dessau. Nach Kriegsende<br />
besetzen erst amerikanische, dann sowjetische Truppen Dessau. Er hofft, das<br />
Unternehmen für die Familie retten zu können. In Briefen an die Militärverwaltung<br />
betont er: Niemand in der Familie sei in der NSDAP gewesen, das Unternehmen<br />
gehöre allein der Familie und keiner NS-Organisation.<br />
Das Werk soll Reparationen in die UdSSR liefern. Ein Schwiegersohn von Max<br />
<strong>Polysius</strong>, Dr. Curt Prüssing, gründet in der Westzone eine Einkaufsgesellschaft: die<br />
WESTPOL GmbH. Durch diese Zulieferung kann Gustav <strong>Polysius</strong> die ersten<br />
Zementanlagen in der UdSSR errichten.<br />
Gustav <strong>Polysius</strong> bleibt in Dessau, will nicht in die Westzone übersiedeln. Im Juli 1946<br />
ist es zu spät. Die G. <strong>Polysius</strong> AG wird enteignet und Gustav <strong>Polysius</strong> verhaftet. Er<br />
kommt in ein sowjetisches Speziallager im ehemaligen KZ Buchenwald. Dort stirbt er<br />
am 9. März 1947 an Hunger und Entbehrungen.<br />
„Trotz der Enteignung des Werkes in Dessau lebt <strong>Polysius</strong> in der WESTPOL GmbH<br />
in Neubeckum weiter. Sobald wir können, werden wir wieder liefern“, schreibt die<br />
WESTPOL GmbH 1946 an Kunden und Geschäftsfreunde in aller Welt. Unter<br />
schwierigsten Verhältnissen startet die junge Firma in Neubeckum. Zwei Räume im<br />
Souterrain der Spiekerstraße 14 sind das erste Büro für vier Mitarbeiter (Bild 6a).<br />
Improvisationstalent ist gefragt. Tische, Stühle und eine Schreibmaschine werden<br />
geliehen. Papier, Bleistifte, Radiergummis sind oft nur auf dem Schwarzmarkt zu<br />
bekommen.<br />
Auf dem Gelände der Zementfabrik Germania dürfen die Westpoler eine Pappel<br />
schlagen. Mit vereinten Kräften wird sie gefällt und zersägt: Holz im Austausch für<br />
das erste Reißbrett der jungen Firma.