PRAXIS Besser Filmen] Trick 1 Richtig filmen bei Gegenlicht Trick 2 ...
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CLEVERE TRICKS<br />
FÜR KAMERALEUTE<br />
58 | CHIP FOTO · VIDEO digital<br />
FOTO: B. RABE, CHIPIMAGES; T. WILLEMSEN, LOKOMOTIV; GETTYIMAGES<br />
Noch nie war <strong>Filmen</strong> so<br />
einfach wie heute. Aber <strong>bei</strong><br />
Dämmerlicht und anderen<br />
Widrigkeiten erreichen die<br />
Automatiken schnell ihre<br />
Grenzen. Wir zeigen,<br />
welche Einstellung Sie<br />
vornehmen müssen, wenn<br />
es darauf ankommt.<br />
Von Martin Biebel<br />
<strong>Trick</strong> 1 <strong>Richtig</strong> <strong>filmen</strong> <strong>bei</strong> <strong>Gegenlicht</strong><br />
r Die <strong>Gegenlicht</strong>taste gehört zu den wenigen<br />
Knöpfen auf Camcordergehäusen, die<br />
die Hersteller noch nicht wegrationalisiert<br />
oder ins Display-Menü verlagert haben.<br />
Das so genannte »Backlight« dient dazu,<br />
eines der häufigsten Probleme zu lösen, die<br />
<strong>bei</strong>m Drehen in Innenräumen auftreten:<br />
Bei Schwenks wird das Bild sofort drastisch<br />
dunkler, sobald im Hintergrund ein helles<br />
Fenster auftaucht. Die Folge: Gesichter<br />
„saufen ab“, wie der Fachmann sagt.<br />
Woher das kommt? Die Belichtungsautomatik<br />
analysiert das einfallende Licht und<br />
versucht, die Bildhelligkeit auf einen Mittelwert<br />
zu korrigieren. Dominiert im Bild ein<br />
sonnendurchflutetes Fenster, ist es logisch,<br />
dass der Camcorder die Blende schließt. Die<br />
<strong>Gegenlicht</strong>taste hebt nun die Bildhelligkeit<br />
um einen festen Wert an, meist eine halbe<br />
oder ganze Blende. Natürlich zeigt sich der<br />
1<br />
AUFGEHELLT: Die <strong>Gegenlicht</strong>taste steigert die<br />
Bildhelligkeit um eine Blendenstufe.<br />
<strong>Trick</strong> 2 Belichtungsprogramme nutzen<br />
r Mit den AE-Programmen (Automatic<br />
Exposure) können Filmer kreativ ar<strong>bei</strong>ten,<br />
ohne sich gleich dem Risiko komplett manueller<br />
Bedienung auszusetzen. »Spotlight«<br />
etwa hilft, Bühnenszenen belichtungstechnisch<br />
besser in den Griff bekommen. In dieser<br />
Einstellung berücksichtigt die Automatik<br />
nicht den ganzen Bildausschnitt, sondern<br />
konzentriert sich auf den Sänger im gleißenden<br />
Scheinwerferlicht. Die Bühne selbst<br />
bleibt schwarz – so können die Licht effekte<br />
optimal zur Geltung kommen.<br />
<strong>PRAXIS</strong> <strong>Besser</strong> <strong>Filmen</strong>]<br />
Helligkeitssprung im Videobild, sobald die<br />
Taste gedrückt wird. Aber zumindest lässt<br />
sich der Rest der Szene noch verwenden.<br />
Die <strong>Gegenlicht</strong>taste bietet gute Soforthilfe<br />
in der Not. Schwierige Lichtsituationen<br />
lassen sich jedoch mit einer manuellen<br />
Blendenkorrektur qualitativ besser lösen<br />
(siehe <strong>Trick</strong> 4).<br />
Manche Camcorder-Automatiken sind<br />
übrigens ab Werk zu hell oder zu dunkel<br />
eingestellt. Da trifft es sich gut, wenn die<br />
Blende die Funktion »AE-Shift« bietet, mit<br />
der sich die Grundeinstellung der Iris ins<br />
Helle oder Dunkle verschieben lässt, ohne<br />
die Automatik als solche abzuschalten.<br />
Achtung: Bei manchen Camcordern bleibt<br />
die <strong>Gegenlicht</strong>funktion auch dann noch<br />
aktiv, wenn das Gerät ausgeschaltet und<br />
Tage später wieder eingeschaltet wird. Das<br />
hat schon so manchen Urlaubsfilm ruiniert.<br />
2<br />
ABGEDUNKELT: Der Modus »Spotlight« setzt den<br />
Frontmann richtig in Szene.<br />
Ähnlich wie »Backlight« (siehe <strong>Trick</strong> 1) funktioniert<br />
die AE-Funktion »Sand & Snow«.<br />
Auch hier soll eine dunkle Person vor hellem<br />
Umfeld gefilmt werden. Der Modus<br />
»Porträt« wiederum hebt eine Person vom<br />
Hintergrund ab. Um die Schärfentiefe zu<br />
verringern, öffnet der Camcorder die Blende<br />
möglichst weit. Manche AE-Funktionen<br />
greifen nicht nur in die Blendenautomatik<br />
ein, sondern auch in die Verschlusszeit:<br />
»Sports« verkürzt die Shutter-Zeit, damit die<br />
Einzelbilder der Akteure scharf bleiben.<br />
CHIP FOTO · VIDEO digital | 59
[Praxis•<strong>Besser</strong> <strong>Filmen</strong>]<br />
<strong>Trick</strong> 3 Mehr Dynamik durch Zooms<br />
r Manche Amateurfilmer gehen mit dem<br />
Zoom <strong>bei</strong> laufendem Film auf Motivsuche.<br />
Da wird rangezoomt, erst mal scharf gestellt,<br />
ein kleiner Schwenk, dann wieder zurück. In<br />
ruckelnden Bewegungen, denn das oft zu<br />
klein geratene Zoom-Hebelchen bietet den<br />
schweißnassen Fingern kaum Halt.<br />
Der Zoom ist eine wichtige Gestaltungshilfe,<br />
allerdings sollte er bewusst eingesetzt<br />
werden. Die Veränderung der Brennweite<br />
bringt Spannung in zu ruhige, beschauliche<br />
Einstellungen. Einen Aha-Effekt <strong>bei</strong>m<br />
Zuschauer erzielen <strong>bei</strong>spielsweise Sequenzen,<br />
die zunächst ein kleines Detail zeigen<br />
und sich dann zum Panorama öffnen. Sehr<br />
wirkungsvoll ist das <strong>bei</strong>spielsweise <strong>bei</strong> Skylines.<br />
Umgekehrt kann der Filmer von der<br />
Gesamtheit auf das Besondere zoomen, et-<br />
60 | CHIP FOTO · VIDEO digital<br />
wa von einer Wiese zur Biene auf der Blüte.<br />
Jeder Zoom sollte doppelt gedreht werden:<br />
erst als Hinfahrt, dann als Rückfahrt. Beim<br />
Schnitt am PC freut man sich, wenn man<br />
<strong>bei</strong>de Richtungen zur Auswahl hat. Natürlich<br />
können viele Videobear<strong>bei</strong>tungs-Programme<br />
die Zoomrichtung auch umdrehen.<br />
Aber das fällt spätestens dann auf, wenn<br />
Fußgänger rückwärts durch den Park rasen.<br />
Übrigens ist auch <strong>bei</strong> Camcordern der<br />
Digital-Zoom mit Vorsicht zu genießen.<br />
Aktuelle Modelle bieten Rekordwerte von<br />
bis zu 800facher Vergrößerung. Das geht<br />
natürlich auf Kosten der Bildqualität, denn<br />
erstens müssen <strong>bei</strong> diesem Zoomfaktor<br />
Pixel interpoliert werden, und zweitens<br />
kann dann auch der beste Stabilisator den<br />
Ausschnitt nicht mehr ruhig stellen.<br />
ANSICHTSSACHE: Bei Motiven wie aus »Lawrence von Arabien« ist ein Zoom auf die<br />
Totale Pflicht. Nichts als Hitze, Sand und Einsamkeit.<br />
<strong>Trick</strong> 4 Kreativ <strong>filmen</strong> mit manueller Blende<br />
r Für ambitionierte Filmer ist die manuelle<br />
Blende ein wichtiges Gestaltungsmittel, um<br />
die Schärfentiefe zu beeinflussen. Leider ist<br />
sie meist nur <strong>bei</strong> teureren Camcordern zu<br />
finden, und dort auch nur gut versteckt<br />
unter Bezeichnungen wie »Iris« oder »Exposure«,<br />
manche haben eine eigene Taste.<br />
Ist die Blende geschlossen (Blendenstufe<br />
8, 11 oder 16), stellt die Kamera das Motiv<br />
von vorne bis hinten scharf dar. Wer näher<br />
heranzoomt und die Blende öffnet, provoziert<br />
einen kleinen Schärfentiefenbereich.<br />
Dieser Effekt lässt sich nutzen, um <strong>bei</strong>spielsweise<br />
<strong>bei</strong>m Porträt einen Kopf vor unscharfem<br />
Hintergrund herauszumodellieren. So<br />
kann der Betrachter nicht von Details abgelenkt<br />
werden. Auch gezielte Schärfeverlagerungen<br />
kann der Kameramann mit offener<br />
Blende leichter realisieren.<br />
Das Spiel mit der Schärfentiefe lässt sich<br />
natürlich nur dann spielen, wenn die Kamera<br />
genügend Licht hat: Bei Dämmerung<br />
oder bedecktem Himmel muss die Blende<br />
zwangsweise offen bleiben.<br />
3<br />
REKORD: Von allen Consumer-Camcordern bietet der<br />
Panasonic GS35 (ca. 400 Euro) den längsten Zoom –<br />
und eine Brennweite von 35 bis 1.072 Millimeter.<br />
Einkaufstipp: Wer sich einen neuen Camcorder<br />
zulegt, sollte weniger auf den maximalen<br />
Zoomfaktor oder enorme Tele-Wirkung<br />
achten. Viel wichtiger ist eine ordentliche<br />
Anfangsbrennweite – sonst passt <strong>bei</strong> Innenaufnahmen<br />
nicht mal eine kleine Tischrunde<br />
ins Bild. Viele Hersteller bieten für ihre Modelle<br />
auch Konverter an, welche die Brennweite<br />
nach unten ausbauen. Universal-Konverter<br />
gibt es auch von Händlern wie Hama.<br />
MITTELPUNKT: Ich bin hier der Star! Mit geschlossener Blende<br />
konzentriert sich die Schärfe auf eine Hauptperson.<br />
Spezialeffekt: Die manuelle Blende lässt sich<br />
auch für das im Spielfilm so beliebte „Day<br />
for night“ nutzen: Das Objektiv wird so weit<br />
geschlossen, dass der Eindruck entsteht, die<br />
Szenerie würde nachts spielen. Doch Vorsicht:<br />
Viele Camcorder koppeln die Blende<br />
an die Verschlusszeit (Shutter), um immer<br />
die nötige Belichtung sicherzustellen. Das<br />
gilt vor allem für die Belichtungsart »Blendenvorwahl«.<br />
Nur <strong>bei</strong> frei einstellbarer<br />
Blende riskiert man keine abgehackten Bewegungen<br />
durch zu kurze Shutter-Zeiten.<br />
4<br />
<strong>Trick</strong> 5 Überbelichtung immer im Griff<br />
r Bei intensivem Sonnenlicht ist die Einstellung<br />
der richtigen Belichtung schwierig.<br />
Die harten Kontraste überfordern die meisten<br />
Aufnahme-Chips, wodurch sehr helle<br />
Objekte kaum mehr Zeichnung aufweisen.<br />
Dummerweise fällt das meist erst auf, wenn<br />
das Filmmaterial am PC gesichtet wird.<br />
WARNUNG: Das »Zebra« zeigt: Ohne manuelle<br />
Korrektur wird der Camcorder die schraffierten<br />
Bildelemente viel zu hell aufzeichnen.<br />
5 6<br />
ZU GRELL? Um die Tropensonne abzumildern,<br />
schalten Regisseure den Graufilter vor.<br />
<strong>Trick</strong> 6 Helle Bilder ohne Grießeln<br />
r Als die Objektive der Videokameras noch<br />
lichtschwächer waren als heute, konnte nur<br />
eine künstliche Verstärkung der Bildhelligkeit<br />
zu dunkle Szenen retten. Die Funktion<br />
»Gain« lässt sich in Stufen von 3 Dezibel<br />
(dB), 6 dB und 12 dB zuschalten. Bei modernen<br />
Camcordern ist der Gain-Einsatz<br />
nicht mehr nötig, es sei denn, es handelt<br />
sich um kleine Modelle mit winzigen und<br />
damit lichtschwachen Bildwandlern. Bei<br />
Profis ist der Verstärkungseinsatz verpönt,<br />
da er das Bild rauschen erhöht.<br />
Ein Profi müsste nochmal zum Drehort fahren<br />
und die Szene zum zweiten Mal aufnehmen<br />
– eine teure Angelegenheit. Um solche<br />
Patzer zu vermeiden, bieten die meisten<br />
Highend-Camcorder eine Funktion, die sich<br />
»Zebra« nennt. Ist sie aktiviert, schraffiert<br />
das Sucher- oder Displaybild alle Bildpartien<br />
schwarz-weiß, deren Helligkeit einen<br />
bestimmten Wert (<strong>bei</strong>spielsweise 70 oder<br />
100 Prozent) übersteigt. Wenn die Gefahr<br />
einer Überbelichtung besteht, kann der Profi<br />
immer noch einen Graufilter vorschalten,<br />
um das Motiv künstlich abzudunkeln.<br />
Spezialeffekt: Die Zebra-Funktion lässt sich<br />
aber auch kreativ einsetzen, wenn der Filmemacher<br />
<strong>bei</strong>spielsweise Traumszenen oder dramatische<br />
Explosions-Effekte realisieren will.<br />
Dann wird das Zuschalten von »Zebra« zu<br />
einer Art Kontrollmesser für die Intensität<br />
der absichtlichen Fehlbelichtung.<br />
ZWIELICHT: Bei schwachem Licht kann es durch<br />
Verstärkung zu Bildgrießeln kommen.<br />
Bei Dämmerlicht schalten Camcorder eigenmächtig<br />
die Gain-Verstärkung zu. Wer nicht<br />
in die Rausch-Falle der künstlichen Aufhellung<br />
tappen möchte, muss die Verstärkung<br />
kontrollieren, indem er den Data Code in<br />
Sucher und Display einblenden lässt.<br />
Oft sind im TV stark grießelnde Szenen<br />
zu sehen, deren überdeutlich angehobenes<br />
Rauschen den Dokumentations-Charakter<br />
oder eine Ausnahmesituation symbolisieren<br />
soll. Dieser Effekt wird aber erst in der<br />
Nachbear<strong>bei</strong>tung hinzugefügt.<br />
ANALOGE UND DIGITALE ANSCHLÜSSE<br />
Der Preis eines Camcorders lässt sich auch an der Zahl<br />
der Anschlüsse ablesen. Die Investition in ein gut ausgestattetes<br />
Modell lohnt, wenn Sie keine Kompromisse<br />
<strong>bei</strong> der Qualität eingehen und sich alle Optionen <strong>bei</strong><br />
der Weiterverar<strong>bei</strong>tung offen halten wollen.<br />
Für den Videoschnitt: Über den digitalen Video-<br />
Ausgang (DV-Out) wandern Videos vom Speicherband<br />
auf den Rechner, wo sie geschnitten und auf DVD<br />
gebrannt werden. Diese Aufgabe übernehmen in<br />
der Regel Firewire-Schnittstellen (auch als iLink<br />
oder IEE 1394 bezeichnet), manche Hersteller bauen<br />
inzwischen auch USB-2.0-Schnittstellen ein.<br />
Masterbänder erstellen: Eine DV-In-Buchse ist für<br />
jeden zu empfehlen, der sein Videomaterial in der<br />
bestmöglichen Qualität als Masterband konservieren<br />
möchte. Über DV-In können die geschnittenen Filme<br />
zurück auf den Camcorder gespielt werden. Auf einer<br />
DVD haben die Filme nur in komprimierter Form Platz,<br />
was mit Informationsverlust einhergeht.<br />
SONDERAUSSTATTUNG: Nur teure Modelle<br />
wie der Canon XM2 (ca. 2.050 Euro) sind mit der<br />
blauen Lanc-Buchse ausgestattet. Sie dient zur<br />
Fernsteuerung des Camcorders.<br />
Camcorder als Videorecorder: Mit einem Analog-<br />
Eingang (AV-In) verwandelt sich ein Camcorder in<br />
einen Digitalrecorder. Camcorder mit DV-In/AV-In<br />
gibt es zum Teil schon in der Einsteigerklasse, etwa<br />
den JVC GR-D270E für rund 380 Euro. Wer keinen<br />
Camcorder mit AV-In besitzt, kann seine analogen<br />
Filme (VHS, S-VHS, Video8, Hi8) immer noch mit<br />
einem DV-Konverter als DV-Signal an den Schnittcomputer<br />
weitergeben – zur Bear<strong>bei</strong>tung oder als<br />
Vorstufe zum Brennen auf DVD.<br />
Professioneller Ton: Preiswerte Camcorder<br />
zeichnen Ton über das integrierte Mikrofon auf. Mit<br />
der Folge, dass das laute Sirren der Kopftrommel<br />
und Motorengeräusche von Autofokus und Zoom<br />
auch daheim am Fernseher zu hören sind. Zur optimalen<br />
Sound-Produktion gehört deshalb unbedingt<br />
eine Mikrofonbuchse, an die man ein Zusatz- oder<br />
Aufsteckmikrofon anschließen kann.<br />
Eine Buchse für den Kopfhörer-Anschluss ist ge -<br />
nauso wichtig. Nur so lässt sich schon <strong>bei</strong>m Dreh<br />
klären, ob das Mikro funktioniert oder leere Batterien<br />
respektive ein defektes Kabel den Camcorder komplett<br />
stumm schalten. Denn das interne Mikro wird sofort<br />
abgeschaltet, wenn ein Kontakt in der Mikrobuchse<br />
steckt – egal, ob der ein Signal liefert oder nicht. Wenn<br />
Sie die Mikro- oder Kopfhörerbuchse auf Anhieb nicht<br />
finden: Oft müssen sich die Anschlüsse die Buchse mit<br />
der AV-In- oder der AV-Out-Schnittstelle teilen.<br />
CHIP FOTO · VIDEO digital | 61
TREND: MENÜ STATT KNÖPFE<br />
Laut Marktforschung wünschen sich Hobbyfilmer<br />
ihren Camcorder klein, leicht und einfach zu bedienen.<br />
Das hat zur Folge, dass sich die Anzahl der<br />
Tasten und Schalter auf den Gehäusen inzwischen<br />
drastisch reduziert hat. Selbst essenzielle Funktionen<br />
wie die manuelle Scharfstellung oder<br />
Belichtung haben Hersteller inzwischen ins Menü<br />
verlagert. Schade eigentlich.<br />
KNOPFARBEIT: Wichtige<br />
Tasten des Profi-Camcorders XL2<br />
von Canon (ca. 4.500 Euro) sind gut<br />
erreichbar im Haltegriff untergebracht.<br />
Versteckte Funktionen: Der Trend zur<br />
Vereinfachung führt paradoxerweise dazu, dass<br />
sich ein Camcorder-Neubesitzer erst mal ins<br />
umfangreiche Menü einar<strong>bei</strong>ten muss, damit<br />
er im Ernstfall weiß, wo die benötigte Funktion<br />
sitzt. Zu allem Überdruss wurden Modelle älterer<br />
Generationen oft mit englischsprachigem Menü<br />
ausgeliefert – selbst für den deutschen Markt.<br />
Diese Unart ist inzwischen passé. Auch die drögen<br />
Kommandozeilen wurden grafisch aufgemotzt.<br />
Sony hat sich etwas einfallen lassen und seine<br />
Camcorder mit zusätzlichen Tasten ausgestattet –<br />
allerdings mit virtuellen, die auf dem Touchscreen<br />
angezeigt werden. Das hat jedoch einen Nachteil:<br />
Bei starkem Sonnenlicht sind die Buttons auf dem<br />
Bildschirm kaum mehr zu erkennen.<br />
Für Profis: Nur Gehäuse voluminöser Highend-<br />
Modelle werden noch mit vielen Tasten bestückt.<br />
Profis haben es nicht so mit verschachtelten<br />
Menüs, <strong>bei</strong> ihnen muss es schnell gehen. Sonst ist<br />
die Action vor<strong>bei</strong>, bis der Filmer den manuellen<br />
Fokus gefunden hat.<br />
KOMFORTABEL: Sony-Camcorder wie der DCR-<br />
HC1000 (ca. 1.450 Euro) werden fast ausschließlich<br />
über den Touchscreen bedient.<br />
62 | CHIP FOTO · VIDEO digital<br />
<strong>Trick</strong> 7 Farbechte Bilder in jeder Situation<br />
r Im Tagesverlauf ändert sich die Farbtemperatur<br />
des Sonnenlichts von wenigen<br />
tausend bis hin zu zigtausend Grad Kelvin.<br />
Unser Gehirn ist in der Lage, diese Unterschiede<br />
zu kompensieren, die Kameratechnik<br />
jedoch nicht. Deshalb gibt es in der<br />
analogen Fotografie Filme für Tages- und<br />
Kunstlicht. In der digitalen Fotografie und<br />
Filmerei sorgt der automatische Weißabgleich<br />
(auch »Whitebalance«) dafür, dass<br />
sich die Farbstimmung trotz ständig wechselnder<br />
Farbtemperatur nicht ändert.<br />
Perfektionisten machen vor jeder Szene<br />
einen voll manuellen Weißabgleich, indem<br />
sie den Camcorder auf ein weißes Blatt<br />
Papier einmessen. Viele Kamera-Model le<br />
erledigen den Weißabgleich jedoch ausschließlich<br />
automatisch. Das gelingt in der<br />
Regel ganz gut, es sei denn, die Drehar<strong>bei</strong>ten<br />
finden <strong>bei</strong> Mischlicht statt, etwa <strong>bei</strong><br />
7 8<br />
KITSCHIG: Bei einem Sonnenuntergangsfoto ist ein<br />
Rotstich durchaus erwünscht.<br />
<strong>Trick</strong> 8 Verschlusszeit manuell regeln<br />
r Technisch gesehen entspricht der Shutter<br />
der Verschlusszeit, also der Zeitspanne,<br />
in der das Licht auf den Film durchgelassen<br />
wird. Genau betrachtet gibt es <strong>bei</strong> digitalen<br />
Camcordern gar keinen Verschlussmechanismus<br />
mehr. Die Angabe bezeichnet jetzt<br />
die Zeitspanne, in der die Ladung des bilderzeugenden<br />
Chips ausgelesen wird.<br />
Die Camcorder-Automatik stellt den<br />
Shutter immer im Verhältnis zur Blende ein.<br />
Im manuellen Betrieb lässt sich dieser Wert<br />
gestalterisch einsetzen. Kurze Verschluss-<br />
Innenauf nahmen. Bei manchen Camcordern<br />
reicht schon ein einfacher Rundumschwenk<br />
im Zimmer, um die Farbstimmung<br />
des Videos sichtbar von kühl nach warm<br />
driften zu lassen. Das lenkt den Betrachter<br />
ab – und zerstört im schlimmsten Fall die<br />
Wirkung einer Szene. Abhilfe schafft die<br />
»Hold«-Funktion, welche die einmal getroffenen<br />
Far<strong>bei</strong>nstellungen für den Verlauf der<br />
Szene einfriert. Alternativ bieten gut ausgestattete<br />
Kamera-Modelle Festwerte für<br />
Kunst- und Tageslicht.<br />
Tipp: In der Regel sorgt die Weißabgleichautomatik<br />
für ein neutrales, weißes Licht.<br />
Das ist aber nicht immer erwünscht. Um<br />
<strong>bei</strong>spielsweise die warmen Rottöne eines<br />
Sonnenuntergangs zu verstärken, hilft ein<br />
Blick in die AE-Menüs: Wenn es hier eine<br />
»Sunset«-Einstellung gibt, ist diese der<br />
Automatik vorzuziehen.<br />
OHNE KUNSTLICHT: In dunklen Räumen hilft es,<br />
die Shutter-Zeiten zu verlängern.<br />
zeiten (Highspeed-Shutter) empfehlen sich<br />
für Sportaufnahmen, denn Standbild- oder<br />
Zeitlupenwiedergabe („War das wirklich ein<br />
Elfer?“) machen nur Sinn, wenn das Einzelbild<br />
nicht an Bewegungsunschärfe krankt.<br />
Ein Low- oder Slowspeed-Shutter sorgt<br />
durch die Verlängerung der Belichtungszeit<br />
dafür, dass man auch in Museen oder Kirchen<br />
drehen kann. Allerdings darf sich das<br />
Motiv nicht bewegen, und auch Schwenks<br />
sind tabu – es sei denn, man will geisterhafe<br />
Wischsequenzen als Effekt einsetzen.<br />
<strong>Trick</strong> 9 Mit NightShot & Co. <strong>filmen</strong> – fast ohne Licht<br />
r Dank Infrarotlicht und Entwicklung empfindlicher<br />
Bildsensoren ist zum <strong>Filmen</strong> fast<br />
kein Licht mehr nötig. Spezielle 0-Lux-Funktionen<br />
wie »NightShot« bringen selbst da<br />
Details aufs Band, wo alle Katzen grau sind.<br />
Die Resultate erinnern an den Blick durch<br />
ein Nachtsichtgerät: monochrom, grünlich,<br />
verwaschen. Wer den Ratten in seiner Garage<br />
<strong>bei</strong>m nächtlichen Fangen spielen zusehen<br />
möchte, wird daran Gefallen finden. Wer<br />
seine Freundin <strong>bei</strong>m Nachtspaziergang in<br />
einen Zombie mit grasgrüner Hautfarbe und<br />
stechendem Blick verwandelt, wird wohl<br />
weniger Bewunderung ernten. Für Undercover-Dokumentaristen<br />
ist der NightShot<br />
aber gut geeignet. Und gerade unter Jungfilmern<br />
findet das Infrarot<strong>filmen</strong> auf Partys<br />
eine ständig wachsende Fangemeinde.<br />
FOTO-PIRSCH: Wer nachtaktiven Tieren auf der Spur ist, kann das geheime<br />
Treiben mit einer Infrarot-Aufnahme dokumentieren.<br />
<strong>Trick</strong> 10 Bildstabilisator zuschalten<br />
r Der Bildstabilisator (oder Antiwackelsystem)<br />
sorgt dafür, dass extreme Tele-Einstellungen<br />
nicht völlig verwackeln. Rein technisch<br />
gibt es zwei Prinzipien der Stabilisierung:<br />
Beim elektronischen Antiwackelsystem<br />
werden Randbereiche des Aufnahme-Chips<br />
als „Rangierfläche“ zur Korrektur der Zitterwirkung<br />
genutzt. Beim optischen Verfahren<br />
sorgt ein ausgeklügeltes Linsensystem für<br />
den Ausgleich. Da ein optischer Stabilisator<br />
eine voluminösere Konstruktion erfordert,<br />
findet er sich nur <strong>bei</strong> größeren Modellen.<br />
Um mehr Farbe ins Bild zu bringen, hat Sony<br />
einen »Super NightShot plus« entwickelt,<br />
der das Wärmebild sequenziell zuschalten<br />
kann – mit brauchbaren Ergebnissen:<br />
Die Objekte verlieren <strong>bei</strong> einsetzendem<br />
Schwachlicht nicht völlig ihre Farbe.<br />
Andere Nachtaufnahme-Funktionen wie<br />
»Colour Night View« versehen Objekte mit<br />
geisterhaften Nachziehstreifen. Bei diesen<br />
Systemen wird lediglich der Shutter auf<br />
1/12 oder 1/6 Sekunde verlängert. Standbilder,<br />
<strong>bei</strong>spielsweise in dämmrigen Museen,<br />
wirken damit überzeugend.<br />
Tipp: Die goldene Regel heißt trotz aller<br />
Nachtaufnahme-Schaltungen noch immer:<br />
Beleuchten Sie das Motiv. Mehr als 100 Lux<br />
sollten es schon sein; das entspricht einer<br />
klassischen Esszimmerbeleuchtung.<br />
9<br />
War früher ein optischer Stabilisator dem<br />
elektronischen Pendant vorzuziehen, trifft das<br />
heute nur bedingt zu: Auch mit elektronischem<br />
Bildstabilisator lassen sich ruhige Bilder<br />
erzielen. Hochauflösende Chips reduzieren<br />
hier den früher kritisierten Schärfeverlust.<br />
Schlechte Bildstabilisatoren entlarven<br />
sich übrigens dadurch, dass sie am Ende<br />
eines Schwenks noch etwas „nachlaufen“.<br />
Und <strong>bei</strong>m Zoomen oder <strong>bei</strong> wenig Licht<br />
funktionieren manche der minderwertigeren<br />
Varianten ebenfalls nicht.<br />
<strong>PRAXIS</strong> <strong>Besser</strong> <strong>Filmen</strong>]<br />
3 x FILMEN FAST OHNE LICHT<br />
GANZ NAH RAN: Für extreme Tele-Einstellungen ist ein Stativ Pflicht.<br />
Der Bildstabilisator bietet sich nur als zweitbeste Lösung an.<br />
ANTI-WACKEL-HILFE:<br />
Bei Einsteiger-Camcordern<br />
wie dem JVC D270 (ca. 380<br />
Euro) sorgt ein elektronischer<br />
Bildstabilisator für<br />
scharfe Bilder.<br />
COLOR NIGHT-<br />
VIEW: Bei verlängerter<br />
Shutter-Zeit kann<br />
das Ergebnis leicht<br />
unscharf wirken.<br />
NIGHTSHOT:<br />
Dank der Infrarot-<br />
Funktion sind Details<br />
selbst <strong>bei</strong> 0 Lux gut<br />
zu erkennen.<br />
SUPER NIGHT-<br />
SHOT PLUS: Der<br />
weiterentwickelte<br />
NightShot berücksichtigt<br />
auch die<br />
Wärmestrahlung.<br />
10<br />
Achtung: Beim <strong>Filmen</strong> mit Stativ sollte der<br />
Bildstabilisator auf jeden Fall deaktiviert<br />
werden (Vorsicht: Im Automatik-Modus ist<br />
er oft standardmäßig mit von der Partie!).<br />
Sonst kommt es zu unschön ruckelnden<br />
Bildern, wenn sich der Stabilisator <strong>bei</strong>m<br />
Schwenk gegen die vermeintlichen Verwacklungen<br />
stemmt.<br />
CHIP FOTO · VIDEO digital | 63