Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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schulte.josefine23
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04.03.2013 Aufrufe

»Weiß.« Vielleicht hatte es auch schwarze oder rote zur Auswahl gegeben, aber so etwas trug eine Sowjetfrau nicht. Ihr Geschmack war eher konservativ. Nach dem Abendessen ließ Oleg Frau und Kind in der Küche zurück und setzte sich im Wohnzimmer vor den Fernseher. In den Nachrichten wurde – wie jedes Jahr um diese Zeit – gemeldet, dass man mit der Ernte begonnen habe und die tüchtigen Arbeiter der Kolchosen in den nördlichen Landesteilen den ersten Sommerweizen schnitten. Das Ernteergebnis sei sehr gut, hieß es. Na prima, dachte Oleg, kein Brotmangel im Winter... hoffentlich. Man konnte nie sicher sein, ob das, was im Fernsehen gemeldet wurde, auch tatsächlich zutraf. Der nächste Bericht führte Beschwerde gegen die Stationierung amerikanischer Nuklearwaffen in Europa, obwohl doch die sowjetische Regierung an die Vernunft appelliert und den Westen von einer derartig unnötigen, provozierenden und destabilisierenden Maßnahme eindringlich abgeraten habe. Zaitzew wusste, dass andernorts sowjetische SS-20 in Stellung gebracht wurden, und die waren natürlich überhaupt nicht destabilisierend. Zur lehrreichen Unterhaltung stand für den heutigen Abend eine weitere Folge von »Wir dienen der Sowjetunion« auf dem Programm. Heute sollte von jungen, vorbildlichen Soldaten die Rede sein, die in Afghanistan ihre »internationale Pflicht« erfüllten. Über dieses Thema wurde in den sowjetischen Medien sonst nur sehr selten berichtet. Oleg war entsprechend gespannt auf das, was er nun zu sehen bekam. Manchmal wurde im Büro während der Mittagspause über den Krieg in Afghanistan diskutiert. Statt sich an diesen Gesprächen zu beteiligen, hörte er lieber zu, zumal ihm der Militärdienst erspart gebl ieben war, was er nicht im Geringsten bedauerte. Er hatte viele scheußliche Geschichten über Willkür und Gewalt innerhalb der eigenen Truppen gehört. Außerdem waren die Uniformen der Infanteristen alles andere als attraktiv. Er fand es peinlich genug, eine KGB-Uniform tragen zu müssen. Im Übrigen waren Fotos aussagekräftiger als tausend Worte, und er hatte ein Auge für Details, schon von Berufs wegen. »In Kansas wird auch Jahr für Jahr Weizen geerntet«, sagte Ed Foley zu seiner Frau. »Aber hast du je gehört, dass in den Abendnachrichten von NBC darüber berichtet worden wäre?« 87

»Dass sie das Volk ernähren können, ist doch wohl eine stattliche Leistung, oder?«, antwortete Mary Pat. »Wie ist dein Büro?« »Klein.« Er machte eine abwehrende Handbewegung, als wollte er sagen, dass er zu diesem Thema nichts Interessantes zu erzählen habe. Bald würde sie mit dem Auto in der Stadt herumfahren und nach bestimmten Zeichen und Hinweisen Ausschau halten müssen. Einer ihrer wichtigsten Aufträge hier in Moskau war es, mit KAR­ DINAL Kontakt aufzunehmen. Der würde, wie der Colonel wusste, mittlerweile unter anderer Führung stehen. Die notwendigen Vorkehrungen für ein Rendezvous zu treffen würde gerade deshalb eine ziemlich heikle Angelegenheit sein, aber genau darin war Mary Pat Experte. 88

»Weiß.« Vielleicht hatte es auch schwarze oder rote zur Auswahl<br />

gegeben, aber so etwas trug eine Sowjetfrau nicht. Ihr Geschmack<br />

war eher konservativ.<br />

Nach dem Abendessen ließ Oleg Frau und Kind in der Küche<br />

zurück und setzte sich im Wohnzimmer vor den Fernseher. In den<br />

Nachrichten wurde – wie jedes Jahr um diese Zeit – gemeldet, dass<br />

man mit der Ernte begonnen habe und die tüchtigen Arbeiter der<br />

Kolchosen in den nördlichen Landesteilen den ersten Sommerweizen<br />

schnitten. Das Ernteergebnis sei sehr gut, hieß es. Na prima,<br />

dachte Oleg, kein Brotmangel im Winter... hoffentlich. Man konnte<br />

nie sicher sein, ob das, was im Fernsehen gemeldet wurde, auch<br />

tatsächlich zutraf. Der nächste Bericht führte Beschwerde gegen die<br />

Stationierung amerikanischer Nuklearwaffen in Europa, obwohl<br />

doch die sowjetische Regierung an die Vernunft appelliert und den<br />

Westen von einer derartig unnötigen, provozierenden und destabilisierenden<br />

Maßnahme eindringlich abgeraten habe. Zaitzew<br />

wusste, dass andernorts sowjetische SS-20 in Stellung gebracht<br />

wurden, und die waren natürlich überhaupt nicht destabilisierend.<br />

Zur lehrreichen Unterhaltung stand für den heutigen Abend eine<br />

weitere Folge von »Wir dienen der Sowjetunion« auf dem Programm.<br />

Heute sollte von jungen, vorbildlichen Soldaten die <strong>Red</strong>e<br />

sein, die in Afghanistan ihre »internationale Pflicht« erfüllten. Über<br />

dieses Thema wurde in den sowjetischen Medien sonst nur sehr selten<br />

berichtet. Oleg war entsprechend gespannt auf das, was er nun<br />

zu sehen bekam. Manchmal wurde im Büro während der Mittagspause<br />

über den Krieg in Afghanistan diskutiert. Statt sich an diesen<br />

Gesprächen zu beteiligen, hörte er lieber zu, zumal ihm der Militärdienst<br />

erspart gebl ieben war, was er nicht im Geringsten bedauerte.<br />

Er hatte viele scheußliche Geschichten über Willkür und Gewalt<br />

innerhalb der eigenen Truppen gehört. Außerdem waren die Uniformen<br />

der Infanteristen alles andere als attraktiv. Er fand es peinlich<br />

genug, eine KGB-Uniform tragen zu müssen. Im Übrigen<br />

waren Fotos aussagekräftiger als tausend Worte, und er hatte ein<br />

Auge für Details, schon von Berufs wegen.<br />

»In Kansas wird auch Jahr für Jahr Weizen geerntet«, sagte Ed<br />

Foley zu seiner Frau. »Aber hast du je gehört, dass in den Abendnachrichten<br />

von NBC darüber berichtet worden wäre?«<br />

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