Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

schulte.josefine23
von schulte.josefine23 Mehr von diesem Publisher
04.03.2013 Aufrufe

auch. Und offizielle Kanäle können gar nicht so gut funktionieren wie die inoffiziellen. Es gibt ein ungarisches Sprichwort, das mir sehr gefällt: A nagy kapu meliert, mindig van egy kis kapu. In der Nähe eines großen Tors ist immer eine kleine Tür. Diese kleine Tür sorgt dafür, dass hier Verschiedenes funktioniert.« »Und ich werde durch sie hindurchgehen.« »So ist es.« Andy trank seinen Wein aus und verzichtete auf ein zweites Glas. Er hatte in der Nacht noch eine ordentliche Strecke zu fahren, in der Dunkelheit, auf Nebenstraßen. Stattdessen zündete er sich eine Zigarre an. Ryan nahm sich auch eine. »So etwas habe ich noch nie zuvor getan, Andy.« »Ängstlich?« »Ja«, gab Jack ohne Umschweife zu. »Ja, ich habe Angst.« »Das erste Mal fällt es niemandem leicht. Dafür waren in meinem Haus noch nie Leute mit Maschinenpistolen, das nur zu Ihrem Trost.« »Als Unterhaltungsprogramm nach dem Dinner gefällt mir ein solcher Auftritt auch nicht«, entgegnete Jack mit einem schiefen Lächeln. »Aber wir sind zum Glück heil davongekommen.« »Ich glaube nicht an Glück... nun ja, höchstens manchmal. Das Glück sucht sich jedenfalls keinen Idioten, Sir John.« »Kann schon sein.« Ryan dachte wieder an jene schreckliche Nacht. Das Gewicht der Uzi in seiner Hand. Der Schuss musste sein Ziel erreichen. Eine zweite Chance in diesem Ballspiel gab es nicht. Er ließ sich auf ein Knie nieder, zielte und... traf. Den Namen des Burschen in dem Boot kannte er nicht. Merkwürdig, dachte er. Wenn du schon einen Mann direkt neben deinem Haus umbringst, solltest du wenigstens seinen Namen kennen. Ryan hatte sein Ziel damals getroffen. Er hatte es geschafft. Also würde er sein Ziel jetzt ebenfalls erreichen. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es würde noch etwas dauern, und er brauchte nicht zu fahren. Es sprach also nichts dagegen, noch ein Glas Wein zu trinken. Aber dann war auch für ihn Schluss. Im Astoria brachten die Zaitzews ihre Tochter zu Bett. Oleg bestellte beim Zimmerservice Wodka. Er war nach russischem Vorbild gebrannt, das Getränk der Arbeiterklasse. Die Halbliterflasche 587

krönte ein Ve rschluss aus Alufolie, die im Grunde nur den Zweck hatte, den Besitzer dazu zu zwingen, den Inhalt in einer einzigen Sitzung zu verbrauchen. In dieser Nacht war das nicht die schlechteste Idee. Zaichik war schon eingeschlafen. Oleg saß auf dem Bett, seine Frau in einem der Polstersessel. Sie tranken aus den Wassergläsern, die sie im Bad vorgefunden hatten. Vor Oleg Iwan’tsch lag noch eine schwierige Aufgabe. Seine Frau ahnte immer noch nichts von seinen Plänen. Er wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde. Aber er wusste, dass sie unglücklich war. Diese Reise konnte der Höhepunkt ihrer Ehe werden. Irina verabscheute ihren Job im GUM und sehnte sich nach den feineren Dingen des Lebens. Aber war sie deshalb gleich dazu bereit, ihrem Heimatland den Rücken zu kehren? Russische Frauen genossen nicht sehr viele persönliche Freiheiten, ob sie nun verheiratet waren oder nicht. Normalerweise taten sie das, was ihre Ehemänner von ihnen verlangten. Irina liebte Oleg und vertraute ihm. In den letzten Tagen hatte er gezeigt, wie schön das Leben sein konnte. Nein, sie würde ihn nicht im Stich lassen. Aber er wollte noch etwas warten, ehe er es ihr sagte. Warum sollte er alles verderben, indem er jetzt schon ein Risiko einging? Genau gegenüber auf der anderen Straßenseite lag die KGB-Agentur von Budapest. Wenn dort irgendjemand von seinen Plänen auch nur ein Sterbenswörtchen erfuhr, war er hundertprozentig ein toter Mann. In der britischen Botschaft hoben die Sergeants Bob Small und Rod Truelove die Plastiksäcke an und trugen sie zu dem anonymen Botschaftslieferwagen – die offizielle Beschriftung war entfernt worden. Die beiden Männer bemühten sich, den Inhalt der Säcke zu ignorieren. Anschließend gingen sie zurück, um den Kanister mit dem Alkohol, eine Kerze und einen leeren Milchkarton zu holen. Dann waren sie bereit. Sie hatten an diesem Abend jeder nur ein Glas Bier getrunken, zu ihrem großen Bedauern. Kurz nach Mitternacht fuhren sie davon und nahmen sich genügend Zeit, das Ziel zu erkunden und die Vorgehensweise noch einmal zu besprechen. Am schwierigsten würde es sein, den richtigen Parkplatz zu finden, aber sie waren zuversichtlich, dass früher oder später einer auf sie warten würde. 588

krönte ein Ve rschluss aus Alufolie, die im Grunde nur den Zweck<br />

hatte, den Besitzer dazu zu zwingen, den Inhalt in einer einzigen<br />

Sitzung zu verbrauchen. In dieser Nacht war das nicht die schlechteste<br />

Idee. Zaichik war schon eingeschlafen. Oleg saß auf dem Bett,<br />

seine Frau in einem der Polstersessel. Sie tranken aus den Wassergläsern,<br />

die sie im Bad vorgefunden hatten.<br />

Vor Oleg Iwan’tsch lag noch eine schwierige Aufgabe. Seine Frau<br />

ahnte immer noch nichts von seinen Plänen. Er wusste nicht, wie sie<br />

darauf reagieren würde. Aber er wusste, dass sie unglücklich war.<br />

Diese Reise konnte der Höhepunkt ihrer Ehe werden. Irina verabscheute<br />

ihren Job im GUM und sehnte sich nach den feineren Dingen<br />

des Lebens. Aber war sie deshalb gleich dazu bereit, ihrem Heimatland<br />

den Rücken zu kehren?<br />

Russische Frauen genossen nicht sehr viele persönliche Freiheiten,<br />

ob sie nun verheiratet waren oder nicht. Normalerweise taten<br />

sie das, was ihre Ehemänner von ihnen verlangten. Irina liebte Oleg<br />

und vertraute ihm. In den letzten Tagen hatte er gezeigt, wie schön<br />

das Leben sein konnte. Nein, sie würde ihn nicht im Stich lassen.<br />

Aber er wollte noch etwas warten, ehe er es ihr sagte. Warum<br />

sollte er alles verderben, indem er jetzt schon ein Risiko einging?<br />

Genau gegenüber auf der anderen Straßenseite lag die KGB-Agentur<br />

von Budapest. Wenn dort irgendjemand von seinen Plänen auch<br />

nur ein Sterbenswörtchen erfuhr, war er hundertprozentig ein toter<br />

Mann.<br />

In der britischen Botschaft hoben die Sergeants Bob Small und Rod<br />

Truelove die Plastiksäcke an und trugen sie zu dem anonymen Botschaftslieferwagen<br />

– die offizielle Beschriftung war entfernt worden.<br />

Die beiden Männer bemühten sich, den Inhalt der Säcke zu<br />

ignorieren. Anschließend gingen sie zurück, um den Kanister mit<br />

dem Alkohol, eine Kerze und einen leeren Milchkarton zu holen.<br />

Dann waren sie bereit. Sie hatten an diesem Abend jeder nur ein<br />

Glas Bier getrunken, zu ihrem großen Bedauern. Kurz nach Mitternacht<br />

fuhren sie davon und nahmen sich genügend Zeit, das Ziel zu<br />

erkunden und die Vorgehensweise noch einmal zu besprechen. Am<br />

schwierigsten würde es sein, den richtigen Parkplatz zu finden, aber<br />

sie waren zuversichtlich, dass früher oder später einer auf sie warten<br />

würde.<br />

588

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!