Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf
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als einmal angeboten, ein Klavier zu kaufen, doch sie hatte abgelehnt und gesagt, das sei einfach nicht dasselbe. Sissy Jackson spielte drei Stunden oder länger, und das jeden Tag. Aber sie tat es, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das zweite Brandenburgische Konzert war kürzer als das erste und schon nach etwa zwölf Minuten vorbei. Das dritte folgte unmittelbar im Anschluss. Bach musste die Geigen mehr als alle anderen Instrumente geliebt haben, und dieses Streichorchester war wirklich gut. Unter anderen Umständen hätte Jack sich wahrscheinlich dem Augenblick überlassen und die Musik aufgesogen, doch an diesem Abend hatte er Wichtigeres vor. Alle paar Sekunden wanderte sein Blick zur Familie Rabbit hinüber. Das Brandenburgische Konzert Nummer 3 endete, ungefähr eine Stunde nachdem das erste begonnen hatte. Die Lichter gingen an, es war an der Zeit für eine Pause. Ryan beobachtete, wie sich Mr und Mrs Rabbit von ihren Plätzen erhoben. Der Grund war offensichtlich. Klein Bunny musste dringend zur Toilette, und wahrscheinlich würde auch Papa die entsprechenden Örtlichkeiten aufsuchen. Hudson sprang auf die Füße, verließ die Loge und trat hinaus auf den Flur. Tom Trent folgte ihm auf den Fersen. Die beiden Männer nahmen die Treppe hinunter in die Lobby und wandten sich Richtung Herrentoiletten, während Ryan in der Loge blieb und versuchte, sich zu entspannen. Der Einsatz war nun in vollem Gange. Weniger als fünfzig Meter entfernt hatte sich Oleg Iwan’tsch in der Schlange vor der Toilette eingereiht. Hudson gelang es, sich unmittelbar hinter ihm zu postieren. Die Lobby war mit dem üblichen Gesumme vieler Stimmen erfüllt. Einige Leute gingen zum Tresen, um sich mit Getränken zu versorgen. Andere rauchten Zigaretten, während etwa zwanzig Männer darauf warteten, endlich ihre Blasen zu erleichtern. Die Schlange bewegte sich zügig vorwärts – Männer sind in dieser Hinsicht viel schneller als Frauen –, und bald standen Zaitzew und Hudson in dem gekachelten Raum. Die Urinale waren ebenso elegant wie das übrige Gebäude und offenbar aus Carrara-Marmor gehauen. Hudson hoffte, dass seine Kleidung ihn nicht als Ausländer entlarvte. Kaum hatte er die Tür 581
aus Holz und Glas im Rücken, holte er tief Luft, beugte sich nach vorn und sprach den Russen an. »Guten Abend, Oleg Iwanowitsch«, sagte er leise. »Drehen Sie sich nicht um.« »Wer sind Sie?«, flüsterte Zaitzew. »Ihr Reiseleiter. Sie wollen doch eine kleine Reise unternehmen.« »Wohin denn?« »Oh, in westliche Richtung. Sie machen sich Sorgen wegen der Sicherheit, nicht wahr?« »Sind Sie von der CIA?« Zaitzew konnte die Abkürzung nur zischend hervorstoßen. »Ich habe in der Tat ein ungewöhnliches Aufgabengebiet«, gab Hudson vage zurück. Im Augenblick hatte es keinen Sinn, den Burschen zu verwirren. »Also, was haben Sie mit mir vor?« »Schon bald werden Sie in einem anderen Land sein, mein Freund«, sagte Hudson und fügte hinzu: »Gemeinsam mit Ihrer Frau und Ihrer reizenden kleinen Tochter.« Hudson beobachtete, wie Zaitzew die Schultern hängen ließ. Erleichterung oder Furcht? fragte sich der britische Agent. Wahrscheinlich beides. Zaitzew räusperte sich und flüsterte erneut: »Was soll ich tun?« »Zuerst müssen Sie mir bestätigen, dass Sie Ihren Plan weiter verfolgen.« Ein winziges Zögern, aber dann: »Da. Wir machen weiter.« »Dann erledigen Sie jetzt erst mal Ihr Geschäft.« Sie standen nun beinahe am Anfang der Schlange. »Anschließend genießen Sie den Rest des Konzertes und kehren dann ins Hotel zurück. Gegen halb zwei sprechen wir uns wi eder. Können Sie das einrichten?« Ein kurzes Nicken und eine hervorgepresste einzelne Silbe: »Da.« Oleg Iwan’tsch war nun dringend auf ein Urinal angewiesen. »Bleiben Sie ganz ruhig, mein Freund. Es ist alles bis ins Kleinste vorbereitet. Es wird klappen«, sagte Hudson. Der Mann brauchte nun Sicherheit und Vertrauen. Dies war vermutlich der furchterregendste Augenblick in seinem Leben. Zaitzew gab keine Antwort und machte die drei Schritte bis zum nächsten freien Marmorurinal, öffnete den Reißverschluss seiner 582
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und gesagt, das sei einfach nicht dasselbe. Sissy <strong>Jack</strong>son spielte<br />
drei Stunden oder länger, und das jeden Tag. Aber sie tat es, um sich<br />
ihren Lebensunterhalt zu verdienen.<br />
Das zweite Brandenburgische Konzert war kürzer als das erste<br />
und schon nach etwa zwölf Minuten vorbei. Das dritte folgte<br />
unmittelbar im Anschluss. Bach musste die Geigen mehr als alle<br />
anderen Instrumente geliebt haben, und dieses Streichorchester war<br />
wirklich gut. Unter anderen Umständen hätte <strong>Jack</strong> sich wahrscheinlich<br />
dem Augenblick überlassen und die Musik aufgesogen,<br />
doch an diesem Abend hatte er Wichtigeres vor. Alle paar Sekunden<br />
wanderte sein Blick zur Familie <strong>Rabbit</strong> hinüber.<br />
Das Brandenburgische Konzert Nummer 3 endete, ungefähr eine<br />
Stunde nachdem das erste begonnen hatte. Die Lichter gingen an,<br />
es war an der Zeit für eine Pause. <strong>Ryan</strong> beobachtete, wie sich Mr<br />
und Mrs <strong>Rabbit</strong> von ihren Plätzen erhoben. Der Grund war offensichtlich.<br />
Klein Bunny musste dringend zur Toilette, und wahrscheinlich<br />
würde auch Papa die entsprechenden Örtlichkeiten aufsuchen.<br />
Hudson sprang auf die Füße, verließ die Loge und trat<br />
hinaus auf den Flur. <strong>Tom</strong> Trent folgte ihm auf den Fersen. Die beiden<br />
Männer nahmen die Treppe hinunter in die Lobby und wandten<br />
sich Richtung Herrentoiletten, während <strong>Ryan</strong> in der Loge blieb<br />
und versuchte, sich zu entspannen. Der Einsatz war nun in vollem<br />
Gange.<br />
Weniger als fünfzig Meter entfernt hatte sich Oleg Iwan’tsch in der<br />
Schlange vor der Toilette eingereiht. Hudson gelang es, sich unmittelbar<br />
hinter ihm zu postieren. Die Lobby war mit dem üblichen<br />
Gesumme vieler Stimmen erfüllt. Einige Leute gingen zum Tresen,<br />
um sich mit Getränken zu versorgen. Andere rauchten Zigaretten,<br />
während etwa zwanzig Männer darauf warteten, endlich ihre Blasen<br />
zu erleichtern. Die Schlange bewegte sich zügig vorwärts –<br />
Männer sind in dieser Hinsicht viel schneller als Frauen –, und bald<br />
standen Zaitzew und Hudson in dem gekachelten Raum.<br />
Die Urinale waren ebenso elegant wie das übrige Gebäude und<br />
offenbar aus Carrara-Marmor gehauen. Hudson hoffte, dass seine<br />
Kleidung ihn nicht als Ausländer entlarvte. Kaum hatte er die Tür<br />
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